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Deutsches Notarinstitut
GUTACHTEN
Dokumentnummer:
letzte Aktualisierung:
14179
21.02.2005
EGBGB Art. 15, 17, 18
Portugal: Ehevertrag; Erbvertrag
portugiesischer Eheleute
und
Erb-
und
Pflichtteilsverzicht
deutsch-
I. Sachverhalt
Die Ehefrau ist portugiesische Staatsangehörige, der Ehemann ist deutscher Staatsangehöriger. Die Ehegatten möchten einen Ehevertrag mit Gütertrennung vereinbaren.
Darüber hinaus wollen sie einen Erbvertrag abschließen sowie einen Erb- und
Pflichtteilsverzicht.
II. Fragen
1.
Welches Recht findet auf das eheliche Güterrecht der Eheleute Anwendung und können
die Eheleute die Gütertrennung nach deutschem Recht vereinbaren?
2.
Kann für den Erbvertrag die Anwendung des deutschen Rechts vereinbart werden und
ist, falls dies nicht möglich ist, ein Erbvertrag bei Beteiligung einer portugiesischen
Staatsangehörigen zulässig?
3.
Ist ein gegenseitiger Erb- und Pflichtteilsverzicht durch die Eheleute zulässig, ggf. auch
über eine Rechtswahl zum deutschen Erbrecht?
III. Zur Rechtslage
1.
Güterrechtsstatut und Vereinbarung von Gütertrennung
a) Deutsches IPR
Gem. Art. 15 Abs. 1 EGBGB beurteilt sich der Güterstand der Eheleute nach dem
bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebenden Recht.
Mangels einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit unterliegen die allgemeinen Ehewirkungen gem. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 EGBGB dem Recht des Staates, in
dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben bzw. dem Recht des
Staates, mit dem sie gemeinsam am engsten verbunden sind, wenn das allgemeine
Ehewirkungsstatut nicht gem. Art. 14 Abs. 3 EGBGB durch Rechtswahl festgelegt
wurde. Vorliegend hatten die Eheleute ihren gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der Eheschließung in Deutschland bzw. haben ihren ersten ehelichen WohnDeutsches Notarinstitut • Gerberstraße 19 • 97070 Würzburg • Telefon 09 31/3 55 76-0 • Telefax 09 31/3 55 76-2 25
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sitz in Deutschland genommen, so dass das deutsche Recht jedenfalls über Art. 15
Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 EGBGB zur Anwendung gelangt. I. ü.
ist aber auch gem. Art. 15 Abs. 2 Nr. 1-3 EGBGB die Wahl des deutschen Ehegüterrechts zulässig.
b) Portugiesisches IPR
Aus der Sicht des portugiesischen Rechts ist als Ehegüterstatut (Art. 53 Abs. 2
CC) vorliegend ebenfalls das deutsche Recht berufen. Art. 53 f. CC bestimmen im
Wortlaut:
ARTIGO 52.º(Relações entre
os cónjuges)
Artikel 52 (Beziehungen zwischen den Ehegatten)
1. Salvo o disposto no artigo
seguinte, as relações entre os
cónjuges são reguladas pela lei
nacional comum.
1. Vorbehaltlich der Regelung
im folgenden Artikel werden
die Beziehungen zwischen den
Ehegatten durch das gemeinsame Heimatrecht geregelt.
2. Não tendo os cónjuges a
mesma
nacionalidade,
é
aplicável a lei da sua residência
habitual comum e, na falta
desta, a lei do país como qual a
vida famíliar se ache mais
estreitamente conexa.
2. Haben die Ehegatten nicht
dieselbe Staatsangehörigkeit,
so ist das Recht ihres gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts und mangels eines solchen das Recht des Staates anwendbar, mit dem das Familienleben die engste Verbindung
aufweist.
ARTIGO
53.º(Convenções
antenupciais e regime de
bens)
Artikel 53 (Voreheliche Vereinbarungen und Güterstand)
1. A substância e efeitos das
convenções antenupciais e do
regime de bens, legal ou
convencional, são definidos
pela lei nacional dos nubentes
ao tempo da celebração do
casamento.
1. Der Gegenstand und die
Wirkungen der vorehelichen
Vereinbarungen und des gesetzlichen oder vereinbarten
Güterstandes werden durch das
Heimatrecht der Eheschließenden zum Zeitpunkt der Eheschließung bestimmt.
2. Não tendo os nubentes a
mesma
nacionalidade,
é
aplicável a lei da sua residência
habitual comum à data do
casamento e, se esta faltar
também, a lei da primeira
residência conjugal.
2. Haben die Eheschließenden
nicht dieselbe Staatsangehörigkeit, so ist das Recht ihres gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts im Zeitpunkt der Eheschließung anwendbar, und
wenn ein solcher ebenfalls
fehlt, das Recht des ersten ehelichen Wohnsitzes.
3. Se for estrangeira a lei
aplicável e um dos nubentes
tiver a sua residência habitual
em território português, pode
ser covencionado um dos
regimes
admitidos
neste
código.
3. Wenn das anwendbare Recht
ein ausländisches ist und einer
der Eheschließenden seinen gewöhnlichen Aufenthalt auf
portugiesischem Gebiet hat,
kann einer der in diesem Gesetzbuch zugelassenen Güter-
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stände vereinbart werden.
ARTIGO 54.º(Modificações
do regime de bens)
Artikel 54 (Änderungen des
Güterstandes)
1. Aos cónjuges é permitido
modificar o regime de bens,
legal ou convencional, se a tal
forem autorizados pela lei
competente nos termos do
artigo 52.º.
1. Den Ehegatten ist gestattet,
den gesetzlichen oder vereinbarten Güterstand zu ändern,
wenn sie hierzu durch das nach
Art. 52 anwendbare Recht ermächtigt werden.
2. A nova convenção em caso
nenhum terá efeito retroactivo
em prejuizo de terceiro.
2. Die neue Vereinbarung hat
in keinem Fall Rückwirkung
zum Nachteil eines Dritten.
(Gesetzestext aus Riering, IPR-Gesetze in Europa, 1997, S. 124 ff.)
c) Vereinbarung der Gütertrennung
Zwar lässt das portugiesische Recht (Art. 53 Abs. 1 CC) grundsätzlich nur
voreheliche Vereinbarungen im Hinblick auf den Güterstand zu, jedoch ist es den
Eheleuten nach Art. 54 Abs. 1 CC gestattet, den gesetzlichen oder vereinbarten
Güterstand zu ändern, wenn sie hierzu durch das nach Art. 52 CC anwendbare
Recht, vorliegend also das deutsche Recht, ermächtigt werden. Nach dem
deutschen Recht können die Eheleute jederzeit durch Ehevertrag aus dem
Güterstand der Zugewinngemeinschaft in den Güterstand der Gütertrennung
wechseln.
Die Eheleute können somit hier sowohl aus der Sicht des deutschen als auch aus der
Sicht des portugiesischen Rechts bedenkenlos den Güterstand der Gütertrennung
vereinbaren.
2.
Erbstatut und Erbvertrag
a) Erbstatut
Gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB richtet sich die Rechtsnachfolge von Todes wegen
grundsätzlich nach dem Heimatrecht des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes,
vorliegend also hinsichtlich der portugiesischen Staatsangehörigen nach
portugiesischem Recht und hinsichtlich ihres deutschen Ehemannes nach
deutschem Recht.
Gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB ist der Verweis auf eine fremde Rechtsordnung
grundsätzlich als sog. Gesamtverweisung zu verstehen, so dass zunächst das IPR
der berufenen Rechtsordnung daraufhin untersucht werden muss, ob es eine Rückoder Weiterverweisung ausspricht.
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Art. 62 portugiesischer Código Civil (CC) bestimmt:
ARTIGO
competente)
62.
(Lei
A sucessão por morte é
regulada pela lei pessoal do
autor da successão ao tempo do
falecimento deste, competindolhe também definir os poderes
do administrador da herança e
do executor testamentário.
Artikel 62
Recht)
(Anwendbares
Die Erbfolge wird durch das
Personalstatut des Erblassers
zum Zeitpunkt seines Todes
geregelt, wobei dieses auch zur
Bestimmung der Befugnisse
des Erbschaftsverwalters und
des
Testamentsvollstreckers
anwendbar ist.
(Text und Übersetzung aus Riering, S. 128 ff.).
Nach Art. 31 CC ist das Personalstatut einer Einzelperson das der
Staatsangehörigkeit. Portugal nimmt also vorliegend die Verweisung auf das
portugiesische Recht hinsichtlich der Ehefrau an und kommt auch aus seiner Sicht
zur
Anwendung
des
materiellen
portugiesischen
Erbrechts.
Eine
Rechtswahlmöglichkeit sieht das portugiesische Recht nicht vor.
Aus der Sicht des deutschen IPR (Art. 25 Abs. 2 EGBGB) kann ein Erblasser für
im Inland belegenes unbewegliches Vermögen in der Form einer Verfügung von
Todes wegen deutsches Recht wählen. Die Zulässigkeit, der Inhalt und die
Tragweite der Rechtswahl richten sich insoweit ausschließlich nach deutschem
Recht und sind unabhängig von der Zustimmung der abgewählten Rechtsordnung
(Schotten, Rn. 291). Durch eine entsprechende Rechtswahl käme es ggf. zu einer
Nachlassspaltung: Die portugiesische Staatsangehörige würde aufgrund einer
entsprechenden Rechtswahl hinsichtlich ihres in Deutschland belegenen unbeweglichen Vermögens nach deutschem Recht beerbt, während es für die Beurteilung der
Erbfolge in den übrigen Nachlass bei dem gesetzlichen Erbstatut, vorliegend also
bei dem portugiesischen Recht als ihrem Heimatrecht bliebe. Die vom deutschen
Recht zugelassene Rechtswahl würde zwar, da das portugiesische Erbstatut die
Möglichkeit einer Rechtswahl nicht vorsieht, in Portugal voraussichtlich keine
Anerkennung finden, jedoch ist dies insoweit unerheblich, als sie nur das in
Deutschland belegene unbewegliche Vermögen betrifft.
b) Statthaftigkeit und Form einer gemeinschaftlichen letztwilligen Verfügung
aa) Anwendbares Recht
Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Erbvertrag bzw. ein
gemeinschaftliches Testament zulässig ist, bestimmt sich aus deutscher Sicht
nach dem Errichtungsstatut, Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB (MünchKomm-Birk,
3. Aufl. 1998, Art. 26 EGBGB Rn. 100, 133). Maßgeblich ist danach das
Recht, das zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung auf die Rechtsnachfolge
von Todes wegen anzuwenden wäre. Die Frage der Zulässigkeit des
Erbvertrags/gemeinschaftlichen Testaments unterliegt somit gem. Art. 26
Abs. 5 i. V. m. Art. 25 Abs. 1 EGBGB dem Recht des Staates, dem der
Erblasser im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Testamentserrichtung
angehörte, hinsichtlich des deutschen Ehemannes also deutschem Recht,
hinsichtlich der portugiesischen Ehefrau portugiesischem Recht. Bei Unterschiedlichkeit der Statute - wie vorliegend - werden kumulativ beide Rechte
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angewendet. Es entscheiden dann die Vorschriften des strengeren Rechts
(MünchKomm-Birk, Art. 26 EGBGB Rn. 103, 134). Es ist somit zu fragen, ob
das portugiesische Erbrecht den Erbvertrag bzw. das gemeinschaftliche
Testament zulässt.
Auch das portugiesische Kollisionsrecht (vgl. Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB) lässt
auf die Frage der Zulässigkeit gemeinschaftlicher letztwilliger Verfügungen
das Heimatrecht zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung zur
Anwendung gelangen. Dies folgt aus Art. 64 CC:
ARTIGO 64. (Interpretação
das disposições; falta e vicios
da vontade)
Artikel 64 (Auslegung der
Verfügungen; Fehlen und
Mängel des Willens)
É a lei pessoal do autor da
herança
ao
tempo
da
declaração que regula:
Das Personalstatut des Erblassers zum Zeitpunkt seiner Erklärung regelt:
a) A
interpretação
das
respectivas
cláusulas
e
disposições salvo-se houver
referência expressa ou implícita
a outra lei;
a) die Auslegung der jeweiligen Klauseln und Verfügungen, es sei denn, es liege eine
ausdrückliche oder stillschweigende Bezugnahme auf ein anderes Recht vor;
b) A falta e vicios da vontade;
b) das Fehlen und Mängel des
Willens;
c) A
admissibilidade
de
testamentos de mão comum ou
de pactos sucessórios, sem
prejuízo, quanto a estes, do
disposto no art. 53.°.
c) die Zulässigkeit gemeinschaftlicher Testamente oder
von Erbverträgen, hinsichtlich
letzterer vorbehaltlich der Regelung des Art. 53.
(Riering, S. 130 f.)
Das portugiesische IPR beruft also ebenfalls hinsichtlich der portugiesischen
Staatsangehörigen für die Frage der Statthaftigkeit der gemeinschaftlichen
letztwilligen Verfügung das portugiesische Erbrecht.
bb) Zulässigkeit von Erbverträgen nach portugiesischem Recht
Während nach deutschem Recht gegen die Zulässigkeit eines Erbvertrages
keine Bedenken bestehen (§§ 2274 ff. BGB), sind Erbverträge nach
portugiesischem Recht nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Art.
2028 Abs. 2 CC bestimmt:
ARTIGO 2028
contratual)
(Sucessão
(2) Os contratos sucessórios
apenas são admitidos nos casos
previstos na lei, sendo nulos
todos os demais, sem prejuízo
do disposto no n.° 2 do artigo
946.°
Artikel 2028
Erbfolge)
(Vertragliche
(2) Erbverträge sind nur in den
vom Gesetz vorgesehene Fällen
zugelassen, wobei alle anderen
nichtig sind mit Ausnahme des
in Ziff. 2 des Art. 946 Vorgesehenen (Anm. der Übersetzerin: Art. 946 CC regelt die
Schenkung von Todes wegen).
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Nach Art. 1700 CC sind Erbverträge nur als Teil eines vorehelichen Ehevertrages zulässig (Hayton, European Succession Laws, 1998, Portugal, 12.47).
Nach der Eheschließung kann demnach nach portugiesischem Recht ein
Erbvertrag nicht mehr geschlossen werden. Diese Rechtsauffassung wurde uns
auch auf telefonische Rücksprache von der portugiesischen Botschaft bestätigt.
Der Abschluss eines Erbvertrages kommt vorliegend somit hier nicht mehr in
Betracht.
cc) Zulässigkeit eines gemeinschaftlichen Testaments nach portugiesischem
Recht
Das gemeinschaftliche Testament ist in Art. 2181 CC geregelt. Art. 2181 CC
bestimmt im Wortlaut:
ARTIGO 2181. (Testamento
de mão comum)
Artikel 2181 (Gemeinschaftliches Testament)
Não podem testar no mesmo
acto duas ou mais pessoas, quer
em proveito recíproco, quer em
favor de terceiro.
In ein und derselben Urkunde
können nicht zwei oder mehr
Personen testieren und zwar
weder, um sich gegenseitig zu
bedenken, noch um einen
Dritten zu begünstigen.
(eigene Übersetzung)
Das gemeinschaftliche Testament ist danach nicht zugelassen (vgl. auch
Staudinger/Dörner, Neubearb. 2000, Anh. zu Art. 25 EGBGB Rn. 541).
Die Wirkungen dieses Verbots hängt davon ab, ob es auf inhaltlichen
Überlegungen oder nur auf Formgründen beruht. Im ersten Fall entscheidet das
Errichtungsstatut über seine Berücksichtigung, im zweiten Fall das Formstatut
(MünchKomm-Birk, Art. 26 EGBGB, Rn. 100).
Art. 64 CC unterstellt die Zulässigkeit des gemeinschaftlichen Testaments dem
Heimatrecht des Erblassers zur Zeit seiner Errichtung, qualifiziert also das
Verbot eines solchen Testaments nicht als eine Frage der Form, sondern als
eine des Inhalts (Baptista Machado, Lições de Direito Internacional Privado, 2.
Aufl., S. 447: "O problema de qualificação é directamente resolvido pelo
legislador"). Für portugiesische Staatsangehörige gilt somit insoweit
portugiesisches Recht, welches das gemeinschaftliche Testament verbietet.
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Es fragt sich aber, ob vorliegend die Ausnahme des Art. 31 Nr. 2 CC eingreift:
ARTIGO 31. (Determinação
da lei pessoal)
Artikel 31 (Bestimmung des
Personalstatuts)
1. A lei pessoal é a da
nacionalidade do individuo.
1. Das Personalstatut ist das
Recht der Staatsangehörigkeit
des Einzelnen.
2. São, porém, reconhecidos
em Portugal os negócios
juridicos celebrados no país da
residência
habitual
do
declarante, em conformidade
com a lei desse país, desde que
esta se considere competente.
2. Jedoch werden in Portugal
die Rechtsgeschäfte anerkannt,
welche in dem Land des gewöhnlichen Aufenthalts des
Erklärenden in Übereinstimmung mit dem Recht dieses
Landes vorgenommen worden
sind, soweit dieses Recht sich
als anwendbar ansieht.
(Riering, S. 116 f.)
Diese Vorschrift zielt darauf ab, im Sinne eines favor negotii wohlerworbene
Rechte, welche die lex domicilii gewährt, anzuerkennen (Jayme, Nochmals:
Zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments durch portugiesische
Eheleute im Ausland, IPRax 1983, S. 308, 309). Lässt also das Recht am
gewöhnlichen Aufenthalt eines Portugiesen das gemeinschaftliche Testament
zu, so müsste es nach dem Wortlaut des Art. 31 Nr. 2 CC, der in der
portugiesischen Doktrin extensiv ausgelegt wird, wirksam sein (Jayme, unter
Berufung auf Ferrer Correia, A codificação do direito internacional privado,
1979, S. 256). Mit letzter Sicherheit kann dies jedoch hier nicht entschieden
werden. Von der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments muss daher
abgeraten werden.
c) Form der letztwilligen Verfügung
Aus deutscher Sicht findet grundsätzlich hinsichtlich der Frage der bei Testamentserrichtung einzuhaltenden Form das Haager Übereinkommen über das auf die Form
letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht vom 5.10.1961 Anwendung.
Art. 1a des Haager Testamentsübereinkommens lässt die Einhaltung der Ortsform
genügen. Das Haager Testamentsübereinkommen findet zwar auch auf gemeinschaftliche Testamente Anwendung (Art. 4), nicht jedoch auf Erbverträge. In der
Bundesrepublik Deutschland wird die Nichtgeltung des Haager Testamentsübereinkommens allerdings durch Art. 26 Abs. 4 EGBGB, der mit Art. 1 Abs. 1a des Haager Testamentsübereinkommens inhaltsgleich ist, aufgefangen.
Anderes gilt aus der Sicht Portugals. Portugal ist dem Haager Testamentsübereinkommen nicht beigetreten, so dass die allgemeinen Formvorschriften des portugiesischen Kollisionsrecht zur Anwendung gelangen. Art. 65 CC bestimmt hierzu:
ARTIGO 65. (Forma)
Artikel 65 (Form)
1. As disposições por morte,
bem como a sua revogação ou
modificação, serão válidas,
quanto
à
forma,
se
corresponderem as prescrições
1. Die Verfügungen von Todes
wegen sowie ihr Widerruf oder
ihre Änderung sind hinsichtlich
der Form gültig, wenn sie den
Rechtsvorschriften des Ortes
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da lei do lugar onde o acto for
celebrado, ou às da lei pessoal
do autor da herança, quer no
momento da declaração, quer
no momento da morte, ou ainda
às prescrições da lei para que
remeta a norma de conflitos da
lei local.
entsprechen, an dem die
Rechtshandlung vorgenommen
wurde, oder den Vorschriften
des Personalstatuts des Erblassers, sei es im Zeitpunkt der
Erklärung oder im Zeitpunkt
des Todes, oder auch den Vorschriften des Rechts, auf das
die Kollisionsnorm des Ortsrechtes verweist.
2. Se, porém, a lei pessoal do
autor da herança no momento
da declaração exigir, sob pena
de nulidade ou ineficácia, a
observância de determinada
forma, ainda que o acto seja
praticado no estrangeiro, será a
exigência respeitada.
2. Wenn indessen das Personalstatut des Erblassers im
Zeitpunkt der Erklärung bei
Folge der Nichtigkeit oder Unwirksamkeit die Beachtung einer bestimmten Form auch für
den Fall fordert, dass die
Rechtshandlung im Ausland
vorgenommen wird, so wird
das Erfordernis beachtet.
(Riering, S. 130 f.)
Danach reicht für die Form des Testaments grundsätzlich ebenfalls die Einhaltung
des Ortsrechtes aus, nicht jedoch, soweit das Personalstatut des Erblassers zwingend eine bestimmte Form vorschreibt (Art. 65 Abs. 2 CC). Es ist insofern für die
portugiesische Ehefrau Art. 2223 CC zu beachten. Danach ist das von einem portugiesischen Staatsangehörigen im Ausland unter Beachtung des zuständigen ausländischen Gesetzes errichtete Testament in Portugal nur dann wirksam, wenn eine
feierliche Form bei seiner Errichtung oder Genehmigung beachtet worden ist
(Neuhaus/Rau, Das Internationale Privatrecht im neuen portugiesischen Zivilgesetzbuch, RabelsZ 32 (1968), 513, 524). Nach aktueller Auskunft des portugiesischen Ministerio de Justica - Direção Geral dos Registos e do Notariado - ist die
nach Art. 2223 CC vorgeschriebene forma solene auch dann gewahrt, wenn das
Testament vor einem deutschen Notar errichtet worden ist (vgl. auch Rau, Letztwillige Verfügungen portugiesischer Staatsangehöriger in Deutschland, ZVglRWiss
80 (1981), 241, 249 f.).
d) Inhalt der letztwilligen Verfügung
portugiesisches Pflichtteilsrecht
nach
portugiesischem
Das Pflichtteilsrecht ist in Art. 2156 ff. CC geregelt:
ARTIGO 2156 (Legítima)
Artikel 2156 (Pflichtteil)
Entende-se por legítima a
porção de bens de que o
testador não pode dispor, por
ser legalmente destinada aos
herdeiros legitimários.
Als Pflichtteil versteht sich der
Anteil an den Gütern, über die
der Testator nicht verfügen
kann, da sie von Gesetzes wegen den Pflichtteilsberechtigten
zustehen.
(eigene Übersetzung)
Recht
–
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Die Pflichtteilsberechtigten werden in Art. 2157 CC abschließend aufgezählt:
ARTIGO 2157
legitimários)
(Herdeiros
São herdeiros legitimários o
cônjuge, os descendentes e os
ascendentes, pela ordem e
segundo as regras estabelecidas
para a sucessão legítima.
Artikel 2157
rechtigte)
(Pflichtteilsbe-
Pflichtteilsberechtigte sind der
Ehepartner, die Abkömmlinge
und die Vorfahren, nach der
Ordnung und entsprechend den
Regeln, wie sie für die gesetzliche Erbfolge aufgestellt sind.
(eigene Übersetzung)
Der Pflichtteil des Ehegatten und der Kinder ist in Art. 2159 CC festgelegt:
ARTIGO 2159 (Legítima do
cônjuge e dos filhos)
Artikel 2159 (Pflichtteil des
Ehepartners und der Kinder)
(1) A legítima do cônjuge e dos
filhos, em caso de concurso, é
de dois terços da herança.
(1) Der Pflichtteil des Ehepartners und der Kinder beträgt im
Konkurrenzfall 2/3 der Erbschaft.
(2) Não havendo cônjuge
sobrevivo, a legítima dos filhos
é de metade ou dois terços da
herança, conforme exista um só
filho ou existam dois ou mais.
(2) Ist kein überlebender Ehegatte vorhanden, beträgt der
Pflichtteil der Kinder die Hälfte
oder 2/3 der Erbschaft, je
nachdem ob nur ein Kind oder
zwei oder mehr Kinder existieren.
(eigene Übersetzung)
Der Pflichtteil der Eltern schließlich ist in Art. 2161 CC bestimmt:
ARTIGO 2161 (Legítima do
cônjuge e dos ascendentes)
Artikel 2161 (Pflichtteil des
Ehepartners und der Vorfahren)
(1) A legítima do cônjuge e dos
ascendentes, em caso de
concurso, é de dois terços da
herança.
(1) Der Pflichtteil des Ehegatten und der Vorfahren beträgt
im Konkurrenzfall 2/3 der Erbschaft.
(2) Se o autor da sucessão não
deixar
descendentes
nem
cônjuge sobrevivo, a legítima
dos ascendentes é de metade ou
de um terço da herança,
conforme forem chamados os
pais ou os ascendentes do
segundo grau e seguintes.
(2) Wenn der Erblasser keine
Abkömmlinge und auch keinen
überlebenden Ehegatten hinterlässt, beträgt der Pflichtteil
der Vorfahren die Hälfte oder
1/3 der Erbschaft, je nachdem,
ob es sich um die Eltern oder
um Vorfahren des zweiten oder
nachfolgender Grade handelt.
(eigene Übersetzung)
Festzuhalten ist, dass über den Teil des Nachlasses, welcher für die Pflichtteilsberechtigten reserviert ist, testamentarisch nicht verfügt werden kann (Hayton, Portugal, Rn. 12.38). Es handelt sich also um ein echtes Noterbrecht.
Seite 10
e) Hinweis und Belehrungspflichten des Notars
Zu den Hinweis- und Belehrungspflichten des Notars bei Auslandsberührung wird
auf die Ausführungen von Zimmermann im Beck’schen Notarhandbuch (S. 1092 ff.
– in Kopie anbei) Bezug genommen.
3.
Gegenseitiger Erb- und Pflichtteilsverzicht der Eheleute
a) Qualifikation und anwendbares Recht
Auch wenn der Pflichtteilsverzicht keine Verfügung von Todes wegen darstellt,
wirkt er jedoch verändernd auf die zu erwartende gesetzliche Erbfolge ein. In
Anbetracht dieser Rechtswirkungen wird der Verzicht erbrechtlich qualifiziert und
daher gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB grundsätzlich dem Heimatrecht des Erblassers,
welchem gegenüber verzichtet wird, unterstellt (Staudinger/Dörner, Neubearb.
2000, Art. 25 EGBGB Rn. 373). Auf das Personalstatut des Verzichtenden kommt
es hingegen nicht an.
Hinsichtlich des Anknüpfungszeitpunktes wendet die h. M. Art. 26 Abs. 5 S. 1
EGBGB analog an, so dass das Recht berufen ist, das im Zeitpunkt der Verfügung
auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden wäre (Staudinger/Dörner,
Art. 25 EGBGB Rn. 374 m. w. N.).
Vorliegend wird also der Erb- und Pflichtteilsverzicht gegenüber dem deutschen
Ehemann nach deutschem Recht beurteilt. Für den Erb- und Pflichtteilsverzicht des
Ehemannes gegenüber seiner Ehefrau gilt das portugiesische Recht einschließlich
des portugiesischen Kollisionsrechts (Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB).
Aus portugiesischer Sicht ist die Zulässigkeit des Erb- bzw. Pflichtteilsverzichts als
Unterfall des Erbvertrags ebenfalls nach dem Errichtungsstatut, Art. 64 C.c.
(Machado, Lições de Direito Internacional Privado, 3. ed., Coimbra 1995, S. 448: A
„admissibilidade ... deve ser decidida pela ley pessoal do hereditando do tempo da
declaraçao“). Errichtungsstatut ist danach das Personalstatut der Erblasserin zum
Zeitpunkt der Erklärung, hier also das portugiesische Recht.
Das portugiesische Recht lässt den Verzicht auf die Erbfolge zu Lebzeiten des
Erblassers nicht zu (vgl. Art. 2028 Abs. 2 CC). Ein Verzicht des deutschen
Ehemannes nach seiner portugiesischen Ehefrau wäre damit nicht zulässig. Im
Ergebnis kann also nur die Ehefrau nach ihrem Ehemann auf ihr Erb- und
Pflichtteilsrecht verzichten, ein gegenseitiger Verzicht ist nicht möglich. Etwas
anderes würde nur dann gelten, wenn die Ehefrau für ihr in Deutschland belegenes
unbewegliches Vermögen das deutsche Erbrecht gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB
wählen würde. Insoweit würde sich dann auch der Erb- und Pflichtteilsverzicht des
Ehemannes auf sein diesbezügliches Erbrecht nach der Ehefrau nach deutschem
Recht richten und wäre der Erb- und Pflichtteilsverzicht in der Folge möglich.
Seite 11
b) Form des Pflichtteilsverzichts
Form des Pflichtteilsverzichtsvertrags beurteilt sich aus deutscher Sicht nach h. M.
nach dem Formstatut, Art. 11 EGBGB (Staudinger/Dörner, Art. 25 EGBGB
Rn. 381). Nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB gelten alternativ die Geschäftsrechtsform
oder die Ortsform. Nach deutschem Recht ist § 2348 BGB zu beachten.
Welches Recht auf die Form eines Erbverzichtsvertrags aus portugiesischer Sicht
anzuwenden ist, regelt das portugiesische Kollisionsrecht nicht. Art. 65 C.c.,
welcher das auf die Form von Verfügungen von Todes wegen anwendbare Recht
bestimmt, hat folgenden Wortlaut:
ARTIGO 65.º(Forma)
Artikel 65 (Form)
1. As disposições por morte,
bem como a sua revogação ou
modificação, serão válidas,
quanto
à
forma,
se
corresponderem as prescrições
da lei do lugar onde o acto for
celebrado, ou às da lei pessoal
do autor da herança, quer no
momento da declaração, quer
no momento da morte, ou ainda
às prescrições da lei para que
remeta a norma de conflitos da
lei local.
1. Die Verfügungen von Todes
wegen sowie ihr Widerruf oder
ihre Änderung sind hinsichtlich
der Form gültig, wenn sie den
Rechtsvorschriften des Ortes
entsprechen, an dem die
Rechtshandlung vorgenommen
wurde, oder den Vorschriften
des Personalstatuts des Erblassers, sei es im Zeitpunkt der
Erklärung oder im Zeitpunkt
des Todes, oder auch den Vorschriften des Rechts, auf das
die Kollisionsnorm des Ortsrechtes verweist.
2. Se, porém, a lei pessoal do
autor da herança no momento
da declaração exigir, sob pena
de nulidade ou ineficácia, a
observância de determinada
forma, ainda que o acto seja
praticado no estrangeiro, será a
exigência respeitada.
2. Wenn indessen das Personalstatut des Erblassers im Zeitpunkt der Erklärung bei Folge
der Nichtigkeit oder Unwirksamkeit die Beachtung einer
bestimmten Form auch für den
Fall fordert, dass die Rechtshandlung im Ausland vorgenommen wird, so wird das Erfordernis beachtet.
Nach Auffassung in der portugiesischen Literatur findet diese Vorschrift auch auf
Erbverträge Anwendung (Machado, S. 451) und damit möglicherweise auch auf
den Erbverzichtsvertrag. Damit würde auch aus portugiesischer Sicht die
Einhaltung der deutschen Formvorschriften als ausreichend hinsichtlich der Form
angesehen werden.
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