MINHASP MINHASP MEIN SÃO PAULO MINHA SÃO PAULO MY SÃO PAULO Sponsoren Patrocinadores Sponsors Vorwort 07 M I N H A S P – Mein São Paulo São Paulo ist eine Liebe frühestens auf den dritten Blick. Der erste Blick schreckt ab: Die Größe der Stadt, die Distanzen, die Zeit und Nerven kosten, der Verkehrslärm und die Luftverschmutzung, die latente Kriminalität – das soll schön, interessant und lebenswert sein? Der zweite Blick läßt dann durchscheinen, daß São Paulo auch Qualitäten hat. Wenn man Teil dieser Stadt wird, erahnt man die ihr eigene Schönheit der Dynamik und die Bedeutung der kleinen Dinge in und an ihr. Der dritte Blick schließlich erkennt die Werte, die im Zusammenleben ihrer Bewohner sichtbar werden. Man empfindet Zerbrechlichkeit und Standhaftigkeit, warmherzige Umarmung und Schutz. Dann ist man gefesselt von einer Stadt, die unbeschreibbar wäre, würde man sich ihr nur mit Statistik und Geschichte nähern. São Paulo, das sind ihre Gerüche, ihre Geschmäcker und ihre Geräusche, ihre kleinen Besonderheiten und skurrilen Schätze. Vor allen Dingen sind das die Menschen mit ihren Geschichten. vatjets und privaten Helikoptern, den größten Ferrari-Händler der Welt und den größten Verbrauch an Romaneé Conti, Champagner Krug Rosé, Cristal und La Grande Dame. São Paulo, 1554 von Jesuiten gegründet, ist die größte und am dichtesten besiedelte Stadt Südamerikas und das siebtgrößte Ballungsgebiet der Erde. Andere Quellen sprechen von der drittgrößten oder der viertgrößten urbanen Agglomeration. Wie auch immer: Circa 12 Millionen Paulistanos sollen in der Stadt leben, im Großraum um die 22 Millionen – oder 24 Millionen? Wer weiß das schon genau zu sagen. Und was wüßte man? Man staunt und schaudert zugleich. São Paulo ist mit 1.530 Quadratkilometern Gesamtfläche so groß wie Kuba. Die Megastadt ist ein Modell globalisierter Lebensweisen zwischen Luxusquartier und Favela – und ein Schmelztiegel verschiedener Nationalitäten. Die drittgrößte italienische Stadt der Welt, die größte japanische Stadt außerhalb Japans und die größte portugiesische Stadt außerhalb Portugals ist auch der größte deutsche Wirtschaftsstandort außerhalb Deutschlands. Doch trotz Einwanderergeschichte und multikultureller Einflüsse herrscht wenig Tradition und Geschichtsbewußtsein. São Paulo ist das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum Brasiliens mit einem Angebot von mehr als 100 Theaterstücken pro Woche und rund 1.500 nationalen und internationalen Banken. Ein Viertel aller Autos Brasiliens (circa 5,5 Millionen) fahren hier. In der Stadt gibt es 70 Shopping-Center mit mehr als 30 Millionen Kunden im Monat, die weltweit größte Anzahl von Pri- M I N H A S P – Mein São Paulo ist nach New York, Moskau, Aleppo und Tokio der fünfte Band in der Reihe der Stadtlesebücher zu internationalen Metropolen. Die Photos zweier Reportage-Photographen aus Deutschland (Britta Radike) und Brasilien (Iatã Cannabrava), die 2011 aufgenommen wurden, zeigen das breite Spektrum des Lebens in São Paulo, die Anstrengung seiner Bewohner zu (über-)leben, aber auch das Talent, alles zu einem meist guten Ende zu führen. Sie versuchen die faszinierende Dynamik und schier endlose Energie, die in der Stadt spürbar ist, ebenso zu erfassen wie das unerträgliche Verkehrschaos, aber auch die Rückzugsorte ihrer Einwohner. Bei aller Kritik ist „Sampa“ für viele seiner Bewohner die wunderbarste Stadt der Welt. São Paulo hat etwas, das man erfahren muß: Dies zu beschreiben ist das Ziel des Bandes. 72 Autorinnen und Autoren – ungefähr zur Hälfte aus Brasilien und aus Deutschland – haben einen Beitrag zu einem der Photos verfaßt. Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen und Berufen, mit verschiedenen Erfahrungswelten und Lebenswirklichkeiten, denen eines gemeinsam ist – ein bewußtes Verhältnis zur Stadt. Daraus entstand ein vielfältiges und spannendes Stadtportrait in persönlichen Geschichten, Erlebnissen und Gefühlen, in denen sich die Besonderheiten São Paulos zeigen und sich ein Puzzle der Stadt zusammensetzt. Eine Stadt wie ein Land, Stadtviertel von der Größe europäischer Städte, Straßen mit Bewohnerzahlen einer Kleinstadt. So oder ähnlich steht es in einer Vielzahl von Büchern über São Paulo. Nicht falsch, aber auch nicht aussagekräftig genug, um diese Stadt wirklich zu beschreiben. Will man aber den Sog der Megalopolis, ihre Faszination und ihre Widersprüche verstehen, dann muß man die Details betrachten, die Hinterhöfe der Stadt und die Lebensgeschichten der Paulistanos, ihr Alltagswissen und ihre Erfahrung kennenlernen. Und wenn man einiges weiß und noch täglich dazulernt, dann ist die Stadt fast einfach und vertraut, ja einnehmend und anziehend. São Paulo ist alles und immer auch das Gegenteil. Vergliche man den Band mit einer Speise, so wäre es kein Menü, kein Fertiggericht, nichts Typisches. Es würde sich eher um kleine Häppchen handeln, Delikatessen, Appetitanreger, Leckerbissen – oft süß, manchmal auch sauer. So sehr sich Perspektiven und Meinungen mitunter auch widersprechen – sie sind Teile einer ganzen Wahrheit. Einige Beiträge drehen sich um die wenigen, aber um so wichtigeren Fixpunkte der Stadt wie das Copan-Gebäude von Oscar Niemeyer, das als eines der wenigen Gebäude im vertikalen Stadtbild eine architektonische Identität besitzt. Andere Beiträge erzählen eher aus abstrakter oder analytischer Perspektive, manche mit historischen Reminiszenzen, einige sind „nur“ kleine, oft unspektakuläre Alltagsgeschichten wie über das Leben als Homosexueller oder das Gefühl als Autofahrer im grauenvollen Verkehr. Natürlich fehlen unzählige Aspekte – eigentlich müßte jede Einwohnerin und jeder Einwohner der Stadt eine Geschichte schreiben. Und auch dann wäre das noch nicht das wirkliche São Paulo. Man wird diese Stadt nie ganz begreifen und doch genau deshalb schätzen und bewundern. Das normale Leben ist der tägliche Ausnahmezustand. Man muß sich São Paulo immer wieder aufs Neue erobern. Und die Stadt zwingt ihren Bewohner, Position zu beziehen, zu sagen, was man von ihr hält, ob man für oder gegen sie ist. Pars pro toto – das muß die Methode eines Stadtportraits sein, und auch ein Vorwort kann nicht alle Aspekte bündeln, sondern nur zum Lesen auffordern. Dieser Band ist kein Buch, das man an einem Stück liest. Es ist eher ein Begleiter, wenn man einem Gedanken zu dieser Stadt folgen, den Weg einer Autorin oder eines Autors mitgehen, in Nebengassen abschweifen, in Gesichter sehen oder über Geschichten staunen will. São Paulo ist eine Odyssee – eine lange, lange Reise. Zum Abschluß danke ich allen, die zum Gelingen dieses Buches beigetragen haben. Im besonderen den Verlegern, in Zusammenarbeit mit Estevão Azevedo und Mary Lou Paris von Terceiro Nome, den Photographen Britta Radike und Iatã Cannabrava, Carminha Gongora, Joachim Bernauer, Beate Althuon und Martina Merklinger für die Hinweise zu Autoren sowie natürlich allen Autorinnen und Autoren. Ronald Grätz 08 Prólogo M I N H A S P – Minha São Paulo São Paulo é um amor que só acontece à terceira vista, não antes. O primeiro olhar para a cidade assusta: seu tamanho, as distâncias que custam tempo e saúde, o trânsito barulhento e o ar poluído, a criminalidade latente – como pode ser bom, interessante e digno viver em São Paulo? O segundo olhar deixa então transluzir que a cidade também tem suas virtudes. Se nos tornamos parte dela, é possível intuir a beleza própria de sua dinâmica e o significado de suas pequenas coisas. O terceiro olhar reconhece enfim seus valores, que se tornam visíveis pela convivência com seus habitantes. Sente-se fragilidade e firmeza, acolhimento afetuoso e proteção. Aí já fomos cativados por uma cidade que seria indescritível, caso se tentasse alguma aproximação apenas por meio de história e estatísticas. São Paulo com seus cheiros, sabores, sons, seus mínimos detalhes e seus tesouros esquisitos. Antes de tudo, com suas pessoas e suas narrativas. Fundada em 1554 por jesuítas, São Paulo é a maior e mais populosa cidade do hemisfério sul, a sétima maior aglomeração urbana do mundo. Outras fontes dizem que seria a terceira ou quarta. De todo modo, cerca de 12 milhões de paulistanos devem viver na cidade. Se incluirmos a região metropolitana, são por volta de 22 milhões – ou seriam 24 milhões? Não é possível dizer ao certo. E o que se ganharia com isso? É de admirar e de arrepiar. Com 1.530 quilômetros quadrados de extensão, São Paulo é tão grande como Cuba. A megacidade é um exemplo do modo de vida globalizado entre bairros de luxo e favelas – e um cadinho de diversas nacionalidades. A terceira maior cidade italiana do mundo, a maior cidade japonesa fora do Japão e a maior cidade portuguesa fora de Portugal é também o maior polo econômico alemão fora da Alemanha. Mas também por causa de tantas histórias de imigração e influências multiculturais impera pouca tradição e consciência histórica. São Paulo é o centro econômico e cultural do Brasil com uma oferta de mais de cem peças de teatro por semana e por volta de 1.500 bancos nacionais e internacionais. Um quarto de todos os carros do Brasil (cerca de 5,5 milhões) transitam aqui. A cidade tem setenta shoppings com mais de 30 milhões de clientes por mês, a maior quantidade de jatinhos e helicópteros privados do mundo, o maior revendedor de Ferrari do mundo e o maior consumo de Romanée Conti, champanhe Krug Rosé, Cristal e La Grande Dame. Uma cidade que é um país, um bairro do tamanho de cidades europeias, ruas com uma quantidade de moradores de uma cidadezinha. Isso ou algo parecido aparece numa infinidade de livros sobre São Paulo. Não está incorreto, mas também não é suficiente para descrever de fato a cidade. Quem quiser entender a atração da megalópole, seu fascínio e suas contradições, precisa conhecer o pormenor, o recôndito, a história de vida dos paulistanos, sua sabedoria do dia a dia, suas experiências. E quando já se sabe alguma coisa e ainda se aprende diariamente um pouco mais, então a cidade torna-se quase simples e familiar, até encantadora e aprazível. São Paulo é tudo e ao mesmo o contrário. M I N H A S P – Minha São Paulo – depois de Nova York, Moscou, Alepo e Tóquio, São Paulo é tema do quinto volume da coleção sobre metrópoles internacionais. As fotos de dois repórteres fotográficos, da alemã Britta Radike e do brasileiro Iatã Cannabrava, tiradas em 2011, mostram um amplo espectro da vida em São Paulo, as dificuldades de seus habitantes para (sobre)viver, mas também seu talento para conduzir tudo em geral a um bom termo. Ambos tentam alcançar tanto a dinâmica fascinante da cidade emanando energia quase infinita quanto o insuportável trânsito caótico ou os lugares de refúgio de seus habitantes. Apesar de todas as críticas, “Sampa“ é para muitos a cidade mais maravilhosa do mundo. São Paulo tem algo que é preciso experimentar: descrevê-lo é o objetivo deste livro. 72 autoras e autores – aproximadamente metade do Brasil e metade da Alemanha – criaram um texto a partir de uma foto. Pessoas com as mais diversas bagagens e profissões, com distintos universos de experiências e realidades de vida, mas com algo em comum – uma relação consciente com a cidade. Daí surgiu um retrato diversificado e interessante de São Paulo em suas histórias pessoais, vivências e sentimentos, nos quais as particularidades da cidade se mostram e se complementam como num quebracabeça. Comparado ao universo da alimentação, este volume não seria uma refeição completa, nem comida pronta, nem um prato típico. Seria antes um petis- co, uma iguaria, um aperitivo, um antepasto – com frequência doce, às vezes amargo. Isso pelo tanto que as perspectivas e opiniões se contradizem entre si – elas todas são parte da verdade. Alguns textos voltam-se para os reduzidos, mas igualmente importantes, pontos fixos da cidade, como o Edifício Copan, de Oscar Niemeyer, um dos poucos prédios com identidade arquitetônica na imagem vertical de São Paulo. Outros ao contrário narram de perspectivas abstratas e analíticas, muitos a partir de reminiscências históricas, muitos são “apenas” relatos curtos do cotidiano, frequentemente sem nada de espetacular, como o texto sobre a vida como homossexual ou o sentimento do motorista no trânsito deprimente. Sem dúvida, faltam incontáveis aspectos – seria preciso que toda e todo habitante da cidade escrevesse uma história. E ainda assim não seria São Paulo de verdade. São Paulo nunca será compreendida por inteiro, mas justo por isso pode ser estimada e admirada. Aqui a vida normal é o estado de exceção diário. São Paulo precisa ser conquistada constantemente, de novo, sempre. E a cidade obriga seus cidadãos a tomarem posição, a dizerem o que pensam, se são contra ela ou estão a seu favor. Pars pro toto – a parte pelo todo, esse foi decerto o método para retratar a cidade. E do mesmo modo, um prefácio não pode conjugar todos os aspectos, apenas convidar à leitura. Este volume não é um livro que se lê de uma vez só. Ele é um guia quando se quer seguir uma ideia da cidade, acompanhar o caminho de uma autora ou um autor, desviar pelas ruelas, olhar nos rostos das pessoas ou surpreender-se com suas histórias. São Paulo é uma odisseia, uma longa longa viagem. Por fim, agradeço a todos que contribuíram para que este livro fosse possível. Em especial aos editores, em trabalho conjunto com Estevão Azevedo e Mary Lou Paris da Terceiro Nome, aos fotógrafos Britta Radike e Iatã Cannabrava, a Carminha Gongora, Joachim Bernauer, Beate Althuon e Martina Merklinger pelas indicações importantes, bem como, naturalmente, a todos os autores e autoras. Ronald Grätz Prologue 09 M I N H A S P – My São Paulo São Paulo is love at third sight at the earliest. The first sight scares you: the size of the city, the distances, which cost time and hassle, the traffic noise and the air pollution, the latent crime – that is supposed to be beautiful, interesting, and worth living? The second view shines through then, that São Paulo also has qualities. If you become a part of this city, you guess the its own beauty of dynamic and the meaning of the small things in it and on it. The third look finally recognizes the values that become visible in the coexistence of its people. You feel fragility and fortitude, warm embrace and protection. Then you are captivated by a city that would be indescribable if you approached it only with statistics and history. São Paulo, that is its smells, its tastes and its sounds, its small peculiarities and whimsical treasures. Above all, these are the people with their stories. São Paulo, founded by the Jesuits in 1554, is the largest and most densely populated city in South America and the seventh largest metropolitan area in the world. Other sources speak of the third largest and the fourth largest urban agglomeration. Whatever the case may be, approximately 12 million Paulistanos are supposed to live in the city, in the region around it, 22 million – or 24 million perhaps? Who knows exactly? And if you knew? You marvel and shutter at the same time. With 1,530 square kilometers of land area, São Paulo is as big as Cuba. The mega-city is a model of globalized lifestyles between luxury quarters and favela – a melting pot of different nationalities. It is the third largest Italian city of the world, the largest Japanese city outside Japan, and the largest Portuguese city outside of Portugal is also the largest German business location outside of Germany. Yet, despite its history of immigration and multi-cultural influences, there is little sense of history and tradition. São Paulo is the cultural and economic center of Brazil with an offer of more than 100 theater productions per week and around 1,500 national and international banks. A quarter of all of Brazil’s cars (about 5.5 million) are driven here. In the city there are more than 70 shopping centers with more than 30 million customers a month, the world’s largest number of private jets and private helicopters, the world’s largest Ferrari dealerships and the greatest consumption of Romaneé Conti, Champagne Krug Rosé, Cristal and La Grande Dame. A city like a country, a city quarter of the size of European cities, streets with populations of a smaller city. Or so it is in a variety of books about São Paulo. It is not wrong, but it is not significant enough to really describe this city. But, if you really want to understand the pull of this megalopolis, its fascination and its contradictions, then you have to look at the details, get to know the backyards of the city and the life stories of the Paulistanos, their everyday knowledge and experience. And if you know something and are still learning more every day, the city is almost simple and familiar, so engaging and appealing. São Paulo is everything and always the opposite just as well. M I N H A S P – My São Paulo is the fifth volume in a series of city readers on international metropolitan cities after New York, Moscow, Aleppo and Tokyo. The photographs of two documentary photographers from Germany (Britta Radike) and Brazil (Iatã Cannabrava), which were taken in 2011, show the broad spectrum of life in São Paulo, the effort of its residents to survive and live, but also the talent of leading everything to a mostly satisfactory conclusion. They attempt to capture the fascinating dynamic and sheer endless energy that can be felt in the city, as well as the intolerable traffic chaos, but also the places its residents retreat to. For all its criticism, “Sampa” is, for many of its residents, the most wonderful city of the world. São Paulo has something that you must experience: Describing this is the aim of this book. 72 authors – about half from Brazil and half from Germany – have written articles each on one of the photos. People with different backgrounds and professions, experience with various worlds and realities of life that have one thing in common – a conscious relationship to the city. The result is a diverse and exciting city portrait in personal stories, experiences, and feelings in which the peculiarities of São Paulo are shown and comprise a puzzle of the city. If you compared this volume with a food, it would not be a single entrée, a ready meal, or anything typical. Instead, it would be more like a snack, a delicacy, an appetizer, a treat – often sweet, but sometimes sour as well. As much as perspective and opinions also contradict one another – they are parts of a whole truth. Some articles revolve around the few, but important fix points of the city like the Edifício Copan designed by Oscar Niemeyer, which is one of the few buildings in the vertical view of the city that has an architectural identity. Other articles tell more from an abstract or analytical perspective, some with historical reminiscences, others are “only” short, often unspectacular stories of daily life as a homosexual or the feelings of a motorist in the horrible traffic. Of course, countless aspects are missing – actually, every resident of the city would have to write his or her own story. And even then that would still not be the real São Paulo. You will never completely understand this city and yet this is exactly why you appreciate it and admire it. Normal life is the daily state of emergency. You have to conquer São Paulo again and again. And the city forces its residents to take a stand, to say what they think of it, if they are for or against it. Pars pro toto – this must be the method of a city portrait, and also a foreword cannot tie together all aspects, but only challenge the reader to read on. This volume is not a book you read at one sitting. It is more of a companion, if you want to follow a thought to this city, go along the path of an author, digress onto side streets to see faces or want to marvel at stories. São Paulo is an odyssey – a long, long journey. Finally, I would like to thank all who have contributed to the success of this book, in particular, the publishers, in collaboration with Estevão Azevedo and Mary Lou Paris from Terceiro Nome, the photographers Britta Radike and Iatã Cannabrava, Carminha Gongora, Joachim Bernauer, Beate Althuon, and Martina Merklinger for information on authors as well as all the authors. Ronald Grätz IC Ich und die Stadt, die Stadt und ich Eu mais a cidade, a cidade mais eu I And The City, The City And I 12 Ich bin fester als die Stadt, aber auch einsamer. Die Gebäude streben aufeinander zu, wachsen entsprechend der Formbarkeit ihrer Träger, Armierungen und Scheiben zusammen und versuchen, Kontakt mit den Balkonen und Terrassen der anderen Gebäude aufzunehmen. Manchmal bedienen sie sich dabei wunderschöner Konstruktionen, doch manchmal geschieht dies auch völlig chaotisch in Form unerwarteter Auskragungen und Anbauten, die wie architektonische Geschwüre und Wucherungen neuen Wohnraum fordern. Oft kommt es bei diesem ständigen Bestreben nach Annäherung auch zu Sprunghaftigkeiten – gegen diese verzweifelten Aktionen kämpfen ich und andere besorgte Bauherren an. Ich bin zarter als die Stadt, aber auch flinker. Viel oder wenig Regen, das macht keinen Unterschied: Die Dächer führen ihre Tränen entweder in anständiger Weise über Rinnen zu dem dafür vorgesehenen Ort oder sie schlucken sie herunter. Letzteres führt dann oft zu Mißstimmungen und Anfeindungen der dafür unempfänglichen Bewohner. In schweren Fällen kann das Hinunterschlucken der Tränen eine mental bedingte physische Schwäche auslösen, die unbehandelt unweigerlich zum Ableben führt, was von der stabileren Nachbargemeinschaft dann oft mit Erleichterung aufgenommen wird. Diesem Trauerspiel entfliehe ich durch mein ständiges Umherirren von Stadt zu Stadt. Ich bin deutlicher als die Stadt, aber auch unsichtbarer. Es sind nicht die Planeten, nicht die Kontinente und nicht die Staaten – nein, die Städte sind unsere sichtbaren Grenzen. Ihre Körper sind nicht so groß, als daß sie scheinbar kein Ende nähmen, und sie sind nicht so klein, als daß sie sich bei näherer Betrachtung auflösten. In dem Maß, in dem sie wachsen und von Ruß bedeckt werden, bekommen sie auch immer mehr Falten, treten ihre Poren zutage und wächst ihre gebaute Behaarung immer unkontrollierter. Ich bin nur die scharf gezeichnete Laus in diesem Pelz. Ich bin nicht so komplex wie die Stadt, aber ich bin vielfältiger. Die Stadt hat keine ausreichend große Reflexionsfläche. Vielleicht könnte ein Spiegel aus Wasser über einem vollen Mond die Stadt mit sich selbst bekannt machen, wer weiß. Da dies aber noch nicht möglich ist, verfügt die Stadt nur über mikroskopische Fragmente ihres eigenen Bildes. Ein Gebäude, das sich in einem Wasserbassin oder im Glas eines anderen Gebäudes spiegelt, und dieser winzige Bruchteil der Skyline, der sich in einem Tropfen bricht, geben niemals den Blick auf das Ganze frei. Meine Einfachheit bewirkt, daß ich mein eigenes Abbild erkenne. Eu sou mais sólido que a cidade, mas também mais só. Os edifícios desejam tocar-se, toda viga, concreto armado, todo vidro, varanda, terraço, toda coluna administra a deformação imposta por essa sua natureza, e eles, sempre que podem, crescem uns em direção aos outros, ora harmoniosamente, servindo-se de belíssimos projetos, ora de maneira desordenada, por meio de protuberâncias imprevistas ou anexos inesperados, de tumores arquitetônicos ou da proliferação benigna de cômodos. No afã desse contato cabe até a queda, e é contra essa medida desesperada que lutamos eu e os construtores preocupados. Eu sou mais frágil que a cidade, mas também mais ágil. De poucas ou muitas águas, não importa: os telhados guiam suas lágrimas e conduzem-nas decorosamente por calhas até os locais adequados, ou as engolem, acarretando, no mínimo, dissabores aos insensíveis habitantes, que esbravejarão contra as goteiras; no máximo, fraqueza física de origem emocional e que não tratada acabará por levá-los a ruir, e nesse último suspiro ao menos o alívio da comunhão com seus vizinhos mais estáveis. A mim sempre cabe fugir da tristeza, errando de cidade em cidade. Eu sou mais nítido que a cidade, mas também mais invisível. Não há planeta, não há continentes, não há países, não há estados ou províncias, as cidades é que detêm o monopólio das fronteiras visíveis, corpos nem tão grandes que pareçam não ter fim, nem tão pequenos que perto de mim desapareçam, das cidades por mais que cresçam e se esfumacem se veem as rugas, se veem os poros e seus pêlos edificados e neles sou só o piolho de bem delineados traços. Eu sou mais simples que a cidade, mas também mais múltiplo. A cidade, não há superfície refletora que lhe baste. Uma lua não árida e sobre ela um límpido espelho d’água quem sabe pudesse presenteá-la com a visão de sua invertida identidade. Não sendo isso ainda possível e talvez nem necessário, dispõe a complexa cidade apenas de fragmentos microscópicos de sua própria imagem, um edifício refletido no lago ou nas lentes de outro edifício, e essa fração ínfima de cordilheira refletida na gota não poderá nunca dar a imaginar o todo. Eu, porque simples, logro ver a miragem de minha própria imagem. I am more solid than the city, but also lonelier. The buildings reach out to each other, grow together according to how moldable their supporting beams, structural concrete and windows are and try to make contact with the balconies and terraces of other buildings. In doing so, they sometimes use beautiful constructions, but sometimes this also occurs in a completely chaotic way in the form of unexpected protuberances or annexes, which, like architectural sores and growths demand new living space. With this constant striving for closeness there are often leaps and it is against these desperate measures that I and other concerned builders fight against. I am frailer than the city, but also more agile. It does not matter if there is little or plenty of water: Roofs guide their tears either through gutters in a decent way to the appropriate places for them, or they swallow them. The latter then often leads to displeasure and hostilities of the inhabitants who are insensitive to it. In difficult cases, swallowing the tears can cause a physical weakness of emotional origin that, if left untreated, will inevitably end up in death, which is often accepted, then, with relief by the more stable community of neighbors. I escape this sadness by constantly wandering from city to city. I am clearer than the city, but also more invisible. It is not the planets, nor the continents, nor the countries – no, it is the cities that are our visible borders. Their bodies are not so big as to appear endless nor so small that they disappear when looked at more closely. As much as they grow and become smoky and their wrinkles visible, their pores and raised hairs are visible and within them I am only a lice in the fur with well-drawn features. I am not as complex than the city, but I am more diverse. No reflecting surface is enough for the city. Perhaps pool of water reflecting a non-arid moon could make the city more known to itself, who knows? But, because this is not yet possible, the complex city only has microscopic fragments of its own image, a building reflected in a water basin or in the glass of another building, and this tiny fraction of the skyline, broken in a drop of water, never allows the view of the whole. My simplicity has the effect that I recognize my own reflection. 13 Estevão Azevedo Estevão Azevedo Estevão Azevedo 16 Mein São Paulo Das Häusermeer von São Paulo ist beeindruckend: wie ein Wirklichkeit gewordenes Metropolis aus Fritz Langs Film von 1927. In der baulichen Silhouette der größten brasilianischen Stadt verschwinden die vereinzelten Hochhäuser meiner Heimatstadt Frankfurt am Main wohl einige hundert Mal. Vor 500 Jahren begann alles ganz anders: Klöster und Kirchen im brasilianischen Barock standen für die frühe Missionierung der indianischen Urbevölkerung. Erst um 1900 begann der Aufschwung São Paulos: Ausgelöst vom Jahrhundert des Kaffees kommt es zu starker Einwanderung aus Asien und Europa und zum ersten nachhaltigen Industrialisierungsboom Brasiliens. In weiteren Wellen folgen zuerst die Italiener um die Jahrhundertwende, die sich im Viertel Bixiga ansiedeln, dann mit dem leidvollen Datum 1933 die europäischen Juden, die sich im zentrumsnahen Viertel Bom Retiro sammeln. Die Japaner bevölkern den Stadtteil Liberdade. Bürgerliche Stadtteile entstehen, die die Architekturgeschichte Europas mit Neuer Sachlichkeit, Jugendstil und Bauhaus widerspiegeln. Mit den europäischen Migranten kommt es zur Gründung von Theatern, Museen, Tanzhäusern und Vereinen. Institutionen entstehen in São Paulo, die bald nationale und internationale Ausstrahlung erreichen, wie das von Lina Bo Bardi entworfene Museum MASP oder der von Oscar Niemeyer entworfene Pavillon der Kunstbiennale mit dem Kunstmuseum MAM und dem wirkungsvoll gestalteten Ibirapuera-Park des Gartenarchitekten Burle Marx. Nach dem zweiten Weltkrieg folgt die Binnenwanderung: Millionen von verarmten Landarbeitern aus dem Nordosten Brasiliens suchen ihr Glück in der Metropole São Paulo und siedeln sich in einem riesigen Armutsgürtel um die wachsende Stadt an. Favelas entstehen, mit oft prekärer Versorgung von Wasser und Energie, Mangel an Krankenhäusern und Bildungseinrichtungen. Kriminalität und Gewalt werden Dauerthemen und bringen São Paulo eine traurige weltweite Berühmtheit ein. Könnten wir heute wie der Sabiá, der Vogel der Liebe, oder der für seinen Schrei berühmte Bem-tevi (Schön, dich zu sehen!) von oben in die Straßen, Hinterhöfe und Plätze, Parks und Gärten São Paulos eintauchen, so würden wir zuerst in den gigantischen Baumwipfeln der blau oder lila blühenden Quaresmeira landen, oder in den Kronen der Bougainvillea, die dort „Frühling“ heißt, oder der Oleanderbüsche, und könnten beobachten, was sich in den Straßen abspielt: Übergewichtige Damen würden wir sehen, deren Schulterbreite nicht mit der Hüftbreite konkurrieren könnte und deren Hinterteil von Männern respektlos „poupança“ (Sparkonto) gerufen wird. Wir würden Gruppen von Taxifahrern sehen, die vor lauter Manneskraft permanent mit der Faust der einen Hand in die Handfläche der anderen schlagen, oder Damen der Gesellschaft und ihre Hausangestellten mit Hunden aller Rassen an der Leine und der Plastiktüte in der Hand, um das tägliche Hundehäuflein, das „cocozinho“, nach vollbrachter Tat einzusammeln. Und vor jedem Geschäft und Restaurant der bürgerlichen Viertel würden wir die Wachmänner treffen mit ihren übergroßen Jacketts. Und am Freitagabend erschienen dort, nach Mann und Frau getrennt, die Gruppen und Familien orthodoxer Juden, viele der Männer mit den übergroßen Pelzmützen des chassidischen Ritus Osteuropas. Und die Fußgänger mit ihren arg gebeutelten und verbogenen Regenschirmen, wenn es wieder gießt? Die müßten waten und warten und den Herrgott bitten, daß die Autofahrer die Zebrastreifen endlich respektieren, die es auch in São Paulo gibt und die oft nur als Vorschlag verstanden werden. Und die Fahrradfahrer? Ja, die gibt es auch: Einige haben die ersten Fahrversuche außerhalb der autofreien Sportzonen des Wochenendes überlebt und kämpfen sich auf den Autostraßen São Paulos durch den Verkehr. Aber viele sind es noch nicht. An jeder Kasse in Märkten, Tankstellen und Restaurants lautet bei der Bezahlung die Standardfrage an die Kunden: „Débito ou crédito?“ (Cash oder Kreditkarte?). Und in der Regel antworten die Kunden: „Crédito!“ Und so wird es wohl dem Paulistaner gehen, wenn er dereinst an die Himmelspforte klopft. Da wird der Erzengel Michael öffnen und die entscheidende Frage stellen: „Débito ou crédito?“ Und der eingeschüchterte Paulistano wird wie gewohnt antworten: „Crédito!“ Und der Erzengel mit dem Flammenschwert in der Hand wird zurück auf die entfernt liegende Stadt São Paulo weisen und den Satz sprechen: „Zurück nach São Paulo, mit Schulden kommst du mir nicht in den Himmel!“ Michael de la Fontaine Minha São Paulo O mar de prédios de São Paulo é impressionante: como a Metropolis do filme de 1927 de Fritz Lang transformado em realidade. Na silhueta estrutural da maior cidade brasileira, os altos prédios isolados da minha Frankfurt natal certamente desaparecem algumas centenas de vezes. Há 500 anos tudo começou bem diferente: havia mosteiros e igrejas no estilo barroco brasileiro, usados para a evangelização precoce da população indígena. O desenvolvimento de São Paulo só começou por volta de 1900. Desencadeada pelo século do café, dá-se uma forte onda imigratória proveniente da Ásia e da Europa, e ocorre o primeiro boom de industrialização sustentável do Brasil. Em outras ondas imigratórias, chegam primeiro os italianos, em torno da virada do século, e se estabelecem no bairro do Bixiga; depois, com a pesarosa data de 1933, entram os judeus europeus, que se fixam no bairro do Bom Retiro, nas imediações do centro. Os japoneses povoam o bairro da Liberdade. Surgem regiões urbanas de classe média, que espelham a história arquitetônica da Europa com nova objetividade, Jugendstil e Bauhaus. Com a chegada dos imigrantes europeus surgem teatros, museus, salões de baile e associações em São Paulo. Criam-se instituições que logo adquirem projeção nacional e internacional, como o museu MASP, concebido por Lina Bo Bardi, ou o Pavilhão da Bienal de Arte, com o museu de arte MAM criado por Oscar Niemeyer, além do Parque do Ibirapuera, configurado de modo eficaz pelo arquiteto paisagista Burle Marx. Após a Segunda Guerra Mundial começa a imigração interna: milhões de camponeses empobrecidos do nordeste brasileiro tentam a sorte na metrópole e se estabelecem na periferia, formando um enorme cinturão de pobreza em torno da cidade em crescimento. Surgem as favelas, muitas vezes com abastecimento precário de água e luz, carência de hospitais e instituições de ensino. A criminalidade e a violência se transformam em temas perenes e conferem a São Paulo uma triste fama mundial. Se hoje fosse possível mergulhar como o sabiá, o pássaro do amor, ou o bem-te-vi, famoso pelo seu grito, nas ruas, quintais, praças, parques e jardins de São Paulo, aterrissaríamos primeiro na gigantesca copa da quaresmeira de flores azuis ou lilás, ou na coroa da buganvília, que lá se chama Primavera, ou do arbusto oleandro, e poderíamos observar o que se passa nas ruas: Veríamos senhoras acima do peso, cujos ombros não poderiam concorrer em largura com os quadris e cuja parte traseira é desrespeitosamente chamada de “poupança” pelos homens. Veríamos motoristas de táxi, em grupos que, de pura virilidade, ficam permanentemente batendo o punho de uma mão na palma da outra mão, ou senhoras da sociedade e suas empregadas guiando cães de todas as raças e mantendo um saco plástico de prontidão para recolher o cocozinho diário de seus bichinhos. E, em frente a cada loja ou restaurante dos bairros de classe média, encontraríamos os seguranças com seus paletós demasiado largos. E na sexta-feira à noite surgiriam por ali, separados entre homens e mulheres, os grupos e famílias de judeus ortodoxos, vários dos homens portando os enormes chapéus de pele do costume hassídico do Leste Europeu. E os pedestres com seus guarda-chuvas em estado deplorável, quando chove novamente aos cântaros? Esses se locomoveriam com dificuldades e pediriam a Deus que os motoristas finalmente começassem a respeitar as faixas de pedestres, que, apesar de existirem também em São Paulo, muitas vezes são vistas como meras sugestões. E os ciclistas? Sim, esses também existem: alguns sobreviveram às primeiras tentativas de pedalar fora das zonas exclusivas de ciclistas do fim de semana e forçam o seu caminho por entre o trânsito das ruas de São Paulo. Mas ainda não são muitos. Em todas as caixas dos supermercados, postos de combustível e restaurantes se ouve a frase padrão dirigida ao cliente: “Débito ou crédito?” E, comumente, os clientes respondem: “Crédito!” E o mesmo acontecerá com o paulistano quando ele finalmente chegar aos portões do céu. O arcanjo Miguel abrirá a porta e fará a pergunta decisiva: “Débito ou crédito?” E o intimidado Paulistano responderá como de costume: “Crédito!” E o arcanjo, empunhando a espada flamejante e apontando para a longínqua cidade de São Paulo, dirá: “Volte para São Paulo, com dívidas você não entra no céu!” Michael de la Fontaine My São Paulo The sea of houses of São Paulo is impressive: like a Metropolis that has become a reality from Fritz Lang’s movie in the year 1927. The scattered skyscrapers of my hometown Frankfurt on the Main probably disappear a few hundred times in the building silhouette of Brazil’s largest city. It all began quite differently 500 years ago: Monasteries and churches in Brazilian Baroque style stood for the early Christian mission to the indigenous peoples. It was only around the year 1900 that the boom of São Paulo began: Triggered by the century of coffee, there was stronger immigration from Asia and Europe and for the first sustainable industrial boom in Brazil. In successive waves around the turn of the century, first the Italians come, who settle in the Bixiga district, then after the painful date of 1933, the European Jews gather close to the center district of Bom Retiro. The Japanese inhabit the district of Liberdade. Middle-class districts arise that reflect the history of architecture in Europe with New Objectivity, Art Nouveau, and Bauhaus. With the European immigrants, there is the establishment of theaters, museums, dance houses and clubs. Institutions arise in São Paulo that soon achieve national and international attention, such as the MASP Museum designed by Lina Bo Bardi, or Pavilion of the Biennale designed by Oscar Niemeyer with the MAM Art Museum, and the Ibirapuera Park effectively created by landscape architect Burle Marx. After World War II, domestic migration follows: Millions of impoverished farm workers from northeastern Brazil seek their fortune in the city of São Paulo and settle in a vast belt of poverty around the growing city. Favelas arise, often with a precarious supply of water and energy, a lack of hospitals and educational institutions. Crime and violence become permanent issues and make São Paulo a sad global celebrity. Today, if we could dive from high above into the streets, courtyards, squares, parks, and gardens of São Paulo like the sabiá, the love bird known for its famous call bem-te-vi (nice to see you), then we would first land in the gigantic treetops of the blooming blue and lilac Quaresmeira, or into the crowns of the Bougainville, which is called “spring“ there, or in the oleander bushes, and we could observe what is happening in the streets: We would see overweight ladies, whose shoulder width could not compete with the width of their hips, whose backsides are disrespectfully called “poupança” (savings account) by men. We would see taxi drivers in groups who permanently beat the fist of one hand into the hand of the other out of sheer vigor, or the society ladies and their domestic workers with dogs of all breeds on the leash and plastic bags in their hands to scoop up the dog’s daily manure, the “cocozinho”. Finally, in front of every shop and restaurant of the middle-class district we would meet the security guards with their oversize jackets. Also, on Friday evening, groups and families of Orthodox Jews would appear there, separately for men and women, many of the men with the oversize fur hats of the Hasidic rite of eastern Europe. And the pedestrians with their badly battered and bent umbrellas when it is pouring again? They would have to wade and wait and ask God to make drivers finally respect the crosswalk, which they also have in São Paulo, yet is often only understood as a suggestion. And cyclists? Yes, they are there as well: Some have survived the first attempts to ride outside the car-free zones of the weekend and are fighting their way through car traffic on the streets of São Paulo. But, there are not that many yet. When paying at every cash register in markets, gas stations, and restaurants, the standard question asked of customers is: “Débito ou crédito?” (debit or credit card?). Customers usually respond with: “Crédito!” That is probably the way it will be for the Paulistano when he knocks on Heaven’s door one day. The archangel Michael will open it and ask the crucial question: “Débito ou crédito?” And the intimidated Paulistano will answer as usual: “Crédito!” With flaming sword in his hand the archangel will point back to the distant city of São Paulo and say: “Back to São Paulo, you cannot come to Heaven to me with debts!” Michael de la Fontaine 17 IC IC Moloch Verkehr Letzter Abend in São Paulo – nach knapp drei Jahren als deutscher Botschafter in Brasilien. Das Amt bringt es mit sich, daß man die Flugstrecke vom Regierungssitz Brasília ins Wirtschaftszentrum São Paulo wie seine Westentasche kennt: den morgendlichen Start über das trockene, rote Umland der Hauptstadt, den Flug über die Stauseen und Agrarflächen von Minas Gerais und dann weiter über die São Paulo umgebenden Hügel und die bis zum Horizont reichende Hochhaus-Wüste der größten Stadt Südamerikas. Schließlich den Sinkflug zwischen den Hinterzimmern und Wäschebalkonen der Anlieger und ein mehr oder weniger hartes Aufsetzen auf dem Inlandsflughafen Congonhas. Im Umkehrschub aufheulende Triebwerke. Jedesmal das Stoßgebet, daß die Landebahn ausreicht, was leider im Juli 2007 nicht der Fall war: Eine Maschine aus Porto Alegre kam von regennasser Piste ab, raste in eine Gepäckhalle und ging in Flammen auf. Über 150 Tote waren beim größten Unglück in der brasilianischen Luftfahrtgeschichte zu beklagen. Nach einer Schamfrist wurde die Piste wieder freigegeben. Aber reden wir vom Juni 2004, von meinem Abschiedsbesuch in São Paulo. Zwischen zahlreichen Terminen und einem offiziellen Abschiedsessen in der Residenz des Generalkonsuls ergab sich eine unverhoffte Pause. Meine Frau und ich waren „vor Fahrplan“ in unser Hotel am Rio Pinheiros zurückgekommen. So hatten wir Zeit zum Bestaunen des täglich neuen Chaos: Rush-hour auf den vielspurigen Uferstraßen auf beiden Seiten des Flusses Tietê. Das regnerische Himmelsgrau des späten Nachmittags ging über ins abendliche Dunkel. Aber um so einprägsamer war der Blick auf die tausenden sich auf dem nassen Asphalt spiegelnden weißen und roten Lichter, mal stockend, mal sich langsam vorwärts schiebend. Hinter den schallgedämpften Scheiben im 14. Stock des Hotels fühlten wir uns wie in einem Stummfilm. Zwischen den Doppelstrahlern der Autos drängten und schlängelten sich eine Vielzahl Lichtpunkte: die Scheinwerfer von Motorrädern. Hier wurde wieder einmal vorexerziert, was man über die Jahre von São Paulo und seinen „Motoboys“ gehört und selbst gesehen hatte. Diese „reitenden Boten“ befördern in den auf dem Gepäckträger montierten Kisten alles, was kein anderes Verkehrsmittel, und erst recht nicht die Post, so schnell von Ort zu Ort bringen kann. Von der Pizza über Medikamente und Ersatzteile, über Laborproben, anwaltliche Schriftsätze, Behördenanträge und Baupläne – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Sie fahren mit hohem Tempo und Risiko – wir konnten es an diesem regnerischen Abend vielfach beobachten. Kärglich für den einzelnen Auftrag bezahlt, müssen sie ihr Motorrad selbst stellen (oder zu ausbeuterischen Bedingungen mieten), betanken und warten. Sie rasen unter dem Radar von Steuer und Versicherung. Und sie fühlen und agieren als Zunft. Wenn ein Mitglied verunglückt, sammeln sich wie auf Verabredung – oder durch Handy mobilisiert – hilfreiche Kameraden. Sie schirmen den Unfall vom tosenden Verkehr ab, sorgen für den Verletzten. Zum Glück passierte an diesem Abschiedsabend kein Unglück. Doch das Faszinosum des paulistaner Verkehrs bleibt haften: der tägliche Zeitverschleiß der Menschen auf dem Weg zur Arbeit oder zu Geschäftsterminen; die langsamen, unzuverlässigen und zum Teil unsicheren Stadtbusse; ein quälend langsamer U-Bahn-Bau; und – Spiegelbild des sozialen Gefälles – das Privileg der Reichen, die angeblich nach New York höchste Dichte privater Hubschrauber mit den dazugehörigen Landeplätzen auf den Dächern der Hochhäuser. Dazu das Gefühl von Ineffizienz: Wieviele oder wie wenige Termine kann man, von auswärts kommend, in einen Tag pressen? Die Erinnerung an Pannen: „Blut-und-Wasser-Schwitzen“ und verpaßte Termine, wenn man mit einer deutschen Delegation im Stau festsaß. Und an kleine Siege: eine Rekordfahrt vom Internationalen Flughafen zum Inlandsflughafen Congonhas in 41 Minuten (während dann der Flug nach Rio de Janeiro 45 Minuten dauerte). Der Verkehr in São Paulo ist eine Herausforderung der Paulistaner im Alltag und Fluch ihres Wochenendes, wenn sich Hunderttausende an die Küste quälen. Und er bewegt sich doch! Um so größer ist die Hochachtung für seine Helden: die „Motoboys“. Ihr waghalsiger Einsatz hilft, daß die Metropole pulsiert. Uwe Kaestner Trânsito molochiano 28 Última noite em São Paulo – após pouco menos de três anos como diplomata alemão no Brasil. A função faz com que se acabe conhecendo a rota aérea da sede do governo, em Brasília, ao centro econômico, São Paulo, como a palma da mão: o amanhecer sobre as cercanias da capital, o voo por sobre os lagos artificiais e as áreas agrícolas de Minas Gerais e depois, mais adiante, sobre as colinas que envolvem São Paulo e o mar de arranha-céus que alcança o horizonte da maior cidade da América Latina. Finalmente, a descida entre os quartinhos dos fundos e as áreas de serviço dos moradores da região, e um pouso mais ou menos duro no aeroporto doméstico de Congonhas, com as engrenagens rangendo pela reversão dos motores. Toda vez, a breve oração pedindo que a pista seja longa o suficiente, o que infelizmente em julho de 2007 não foi o caso. Um avião proveniente de Porto Alegre desviou da pista encharcada e se chocou contra um prédio da empresa aérea e pegou fogo. A maior tragédia da aviação brasileira deixou um saldo de quase duzentos mortos. Depois de um prazo decente, a pista foi novamente liberada. Mas falemos de junho de 2004, da minha visita de despedida à São Paulo. Entre inúmeros compromissos e um jantar oficial de despedida na residência do Cônsul Geral, tivemos uma folga inesperada. Minha mulher e eu tínhamos voltado antes do previsto ao nosso hotel próximo ao Rio Pinheiros. Assim, tínhamos tempo de nos assombrar com o novo caos diário: hora do rush em ambas as direções da via expressa que ladeia o rio. O céu cinzento e chuvoso do entardecer foi sendo substituído pela escuridão da noite. Mas isso tornou ainda mais impressionante a visão dos milhares de luzes vermelhas e brancas que se espelhavam no asfalto molhado, por vezes imóveis, por vezes se arrastando vagarosamente à frente. Por detrás dos vidros com isolamento acústico no 14° andar do hotel, tínhamos a impressão de estar em um filme mudo. Por entre os faróis duplos dos automóveis, uma grande quantidade de pontos de luz se espremia e se contorcia: os faróis das motocicletas. Aqui novamente se demonstrou na prática o que ouvimos e vimos nós mesmos ao longo dos anos sobre São Paulo e seus motoboys. Esses “mensageiros montados” carregam, nas caixas de seus bagageiros, tudo aquilo que nenhum outro meio de transporte, sobretudo não o correio, consegue transportar de um local para o outro. São pizzas, medicamentos, peças de reposição, testes de laboratório, processos jurídicos, requerimentos oficiais ou plantas de obras – a fantasia não conhece limites. 29 30 31 Eles dirigem em alta velocidade e correm grandes riscos – pudemos observar isso muitas vezes nessa noite chuvosa. Recebendo muito pouco por cada corrida, eles têm de disponibilizar as motos (ou então alugá-las a condições extorsivas), encher o tanque e pagar por eventuais consertos. Eles correm por debaixo do radar de impostos e seguros. E eles sentem e agem como irmandade. Quando um membro sofre um acidente, camaradas solícitos se juntam rapidamente, como para um encontro previamente combinado, ou então são mobilizados por meio do celular. Eles formam um escudo em torno do acidentado e cuidam da vítima. Felizmente não ocorreu nenhum acidente nessa noite de despedida. No entanto, a fascinação do trânsito paulistano perdura: o desperdício de tempo diário das pessoas a caminho do trabalho ou de compromissos profissionais; os ônibus urbanos vagarosos, pouco confiáveis e em parte inseguros; a construção arrastada de linhas de metrô; e – reflexo do retrocesso social – o privilégio dos ricos, a pretensa maior frota de helicópteros particulares, depois de Nova York, com os respectivos pontos de pouso nas coberturas dos edifícios. E para completar, a sensação de ineficiência: quantas reuniões podem ser marcadas ou não podem ser marcadas para um dia? As lembranças dos sufocos: situações de suar frio e o vexame de perder o compromisso, presos no trânsito com uma delegação alemã. E de pequenas vitórias: uma viagem recorde do aeroporto internacional ao aeroporto doméstico de Congonhas em 41 minutos (quando então o voo ao Rio levou 45 minutos). O trânsito de São Paulo é o desafio dos paulistas no dia a dia e a sua maldição nos fins de semana, quando centenas de milhares deles se torturam nas estradas a caminho da praia. E, no entanto, ele se move! Tanto mais alta é a consideração pelos seus heróis: os motoboys. A ação destemida desses trabalhadores ajuda a metrópole a pulsar. Uwe Kaestner Traffic Juggernaut Last night in São Paulo – after almost three years as German ambassador to Brazil. The office brings with it that you know the flight route from the seat of government in Brasília to the economic center São Paulo like your vest pocket: the morning takeoff over the dry, red countryside around the capital, the flight over reservoirs and agricultural areas of the Minas Gerais and then farther over the hills surrounding São Paulo and the high-rise desert of the largest city in South America that reaches to the horizon. Finally, the descent between the back rooms and wash balconies of the residents and a more or less hard landing at the domestic Congonhas Airport to the howling of reverse thrusting engines. Everytime there is the quick prayer that the runway is sufficient, which was not, unfortunately, the case in July 2007: An aircraft from Porto Alegre came off the rainy runway, raced into a baggage hall and burst into flames. Over 150 dead were to be mourned in the greatest disaster in Brazilian aviation history. After an off period, the runway was opened for use again. But, we are speaking of June 2004, of my farewell visit to São Paulo. Between numerous events and an official farewell dinner at the residence of the Consul General himself, there was an unexpected break. My wife and I had returned to our hotel on the Rio Pinheiros “before planned arrival”. So we had time to admire the new daily chaos: rush hour on the multi-laned roads on both sides of the Tietê River. The rainy gray sky of the late afternoon went on into the evening darkness. But, even more memorable was the view of the thousands of white and red lights reflecting off of the wet asphalt, sometimes haltingly, sometimes slowly pushing forward. Behind the soundproof windows on the 14th floor of the hotel, we felt like we were in a silent movie. A great number of points of light pressed and snaked their way between the dual headlights of the cars: the motorcycle headlights. This was an example once again of what we had heard and seen for ourselves over the years about São Paulo and its “motoboys“. These “riding couriers” carry in the boxes mounted on their luggage racks everything that no other means of transportation, and certainly not the postal service, can bring so quickly from place to place. From pizza to medications and replacement parts, to laboratory samples, legal briefs, government applications, and building plans – there are no limits to the imagination. They ride at high speed and risk – we could watch it many times on this rainy evening. Meagerly paid for each order, they must provide their own motorcycles (or rent them under exploitative conditions), refuel and service them. They race under the radar of taxes and insurance and they feel and act as a guild. If a member has an accident, they mobilize for him by cell phone as if agreed upon – useful comrades. They shield the accident from the thundering traffic and care for the injured. Fortunately, no accident happened on that farewell evening. But, the fascination of Paulistana traffic stays with you: the daily loss of time of the people on their way to work or to business appointments; the slow, unreliable, and, in part, unsafe city buses; a painfully slow subway construction; and – a mirror image of the social difference – the privilege of the rich, the highest density after New York, allegedly, of private helicopters with the corresponding landing pads on the roofs of skyscrapers. Besides this, there is this feeling of inefficiency: Coming from out of town, how many or how few appointments can you squeeze in a day? There is the memory of breakdowns: “sweating blood and water” and missed appointments, when you were stuck in traffic with a German delegation. Then, there are small victories: a record drive from the international airport to the domestic airport Congonhas in 41 minutes (while the flight to Rio de Janeiro took 45 minutes). The traffic in São Paulo is a challenge to the Paulistas in everyday life and a curse of their weekend, when hundreds of thousands make a torturous trip to the coast. But, it moves! The greater the respect for its heroes: the “motoboys“. Their reckless effort keeps the metropolis pulsating. Uwe Kaestner IC IC Kreative Wirrnis Schon bevor es São Paulo gab, siedelten die Tupi an den Ufern des Pi-iêrê. Fluß und Siedlung wurden von den Portugiesen später fast gleichlautend „Pinheiros“ genannt, was auch gut zu dem großen Bestand an Brasilkiefern paßte (pinheiro-do-paraná). 1890 wurde die erste Dorfbäckerei eröffnet, ab 1909 konnte man bereits mit der Straßenbahn vom Zentrum São Paulos bis zum Largo de Pinheiros fahren. Erst 102 Jahre später folgte die U-Bahn. Mein São Paulo ist „mein“ Pinheiros. In diesem Viertel habe ich sechs Jahre gelebt, gestaunt, gewohnt und gearbeitet. Beeindruckend für den Neubewohner sind die Straßenzüge voller Möbel- oder Musikläden. Besonders faszinierte mich die selbstverwaltete Müllsammelstelle. Unbeeindruckt von Autolawinen, Buskolonnen und „Motoqueiros“, ziehen die Abfallsammler ihre folkloristischen Wagen durch die Straßen. Sie tragen windgegerbte, würdevolle Gesichter, als steuerten sie Karavellen zu hoher See. Fußgänger lesen die Stadt auf eigene Weise, weil zumindest in Pinheiros das Begehen des Bürgersteigs einer kulturanthropologischen Entdeckungsreise gleichkommt: Vor jedem Grundstück ist die Oberfläche anders gestaltet. Beliebt sind schwarzweiße Keramikfliesen, mit denen die Rhombenform des Bundesstaats São Paulo symbolisiert wird. Noch beliebter aber ist Zement, der meist mit einem Fußabdruck signiert, bunt bemalt und poetisch brüchig wie alternde Haut ist. Auf einem meiner Lieblingsabschnitte der Rua Teodoro Sampaio waren unzählige Schlüssel in den Zement gedrückt, die im Sonnenlicht glitzerten, bevor die Politik entschied, ein monotones Betonband als Bürgersteig zu verlegen. Die Wände dieser Stadt sprechen. Auf der grauen Haut der Stadtbibliothek ist in gigantischen Lettern das Wort „Poesie“ zu lesen. Sobald ein Laden seinen Besitzer wechselt, erhalten die Wände eine neue Farbe und einen Slogan. An der Ecke Rua Cardeal Arcoverde und Rua Francisco Leitão standen gerade noch Sofas vor der Tür: „Wir führen Aufträge für Polsterarbeiten jeglicher Art aus, einschließlich Autos.“ Dann zog ein Secondhand-Laden ein: „Floh. Hier gibt es alles für den, der keine Banalitäten liebt.“ Nur ein halbes Jahr später bot ein Wunderheiler seine Dienste an: „Glaube. Heilung unheilbarer Krankheiten durch den Glauben. Kostenlose Behandlung.“ Ein unfreiwillig komischer Satz, denn grammatisch stand eigentlich da: „Unheilbare Heilung von Krankheiten durch den Glauben“. Die großen Künstler der Wandgestaltung allerdings sind die „Pixadores“. Über Nacht gelingt es ihnen, die gesamte Fassade eines Hochhauses mit ihren urbanen Runen zu beschriften. Das macht einen verwegenen Eindruck. Aus dem Stadtbild verschwun- den sind hingegen die gigantischen „Outdoors“, Werbetafeln, welche die Größe von Handballfeldern erreichen konnten. Die Stadt erließ ein Gesetz gegen ‚visuelle Verschmutzung‘, und es geschah, was keiner glaubte: Das Gesetz „klappte“, wie man in São Paulo sagt (die meisten Gesetze klappen nicht). Bruchbuden, Bäume und ganze Kirchen kamen hinter den abmontierten „Outdoors“ zum Vorschein. Der Himmel wird nun wieder vom Kabelchaos geprägt, das in der Nähe von Transformatoren bizarre Formen annehmen kann. Vielleicht würde man die kreative Wirrnis der Leitungen in anderen Städten erst recht als ‚visuelle Verschmutzung‘ einstufen. Hier gehört sie zur Identität. Joachim Bernauer Confusão criativa 32 Antes de São Paulo existir, os índios Tupi já povoavam as margens do rio Pi-iêrê. Mais tarde, rio e povoado receberam o nome quase homônimo de “Pinheiros”, o que também combinava bem com a grande quantitade de pinheiros do paraná na região. Em 1890 surgiu a primeira padaria e a partir de 1909 já era possível ir de bonde do centro da cidade ao Largo de Pinheiros. O metrô surgiria somente 102 anos mais tarde. Minha São Paulo é “meu“ Pinheiros. Nesse bairro vivi, me surpreendi, morei e trabalhei durante seis anos. O que impressiona o novo morador são ruas inteiras com lojas coladas umas às outras, ora só de móveis, ora só de instrumentos musicais. Fascinava-me especialmente o posto independente de coleta de lixo reciclável. Pouco se importando com as avalanches de carros, filas de ônibus ou motoqueiros, os catadores seguem puxando suas carroças folclóricas pelas ruas. Sustentam seus rostos dignos castigados pelo vento como se conduzissem caravelas em alto mar. Os pedestres leem a cidade à sua maneira porque, ao menos em Pinheiros, caminhar pelas calçadas equivale a se aventurar numa viagem de descoberta antropológico-cultural: o tipo de calçamento muda a cada lote. As cerâmicas em preto e branco simbolizando o formato do contorno do Estado de São Paulo são muito apreciadas. Mas a calçada mais popular é de cimento, frequentemente assinada por uma pegada, colorida e poeticamente quebradiça como pele envelhecida. Num dos meus trechos favoritos da rua Teodoro Sampaio havia inúmeras chaves incrustadas no cimento que brilhavam à luz do sol, antes de a política decidir substituir a calçada por uma monótona faixa de concreto. As paredes dessa cidade falam. Na pele cinza da Biblioteca Municipal, lê-se em letras gigantescas, a palavra “Poesia”. Assim que uma loja muda de proprietário, as paredes recebem uma nova cor e um slogan. Na esquina das ruas Cardeal Arcoverde e Francisco Leitão há pouco ainda havia sofás diante da porta: “Executamos serviços de estofamento em geral, inclusive de carros”. Depois virou uma loja de produtos de segunda mão: “Brechó. Tem de tudo para quem não gosta de lugar comum”. Passado apenas meio ano, um curandeiro oferecia seus serviços: “Fé. Cura de doenças incurável pela fé. Serviço Gratuito”. Uma frase involuntariamente engraçada, pois na verdade a gramática indica que a própria cura seja incurável. Sem dúvida, os grandes artistas das paredes são os pichadores. Durante a madrugada, conseguem inscrever suas runas urbanas em toda a fachada de um prédio. Isso causa uma impressão de ousadia. Por sua vez, desapareceram da cidade os outdoors 33 34 35 gigantes, placas com anúncios que poderiam chegar ao tamanho de quadras de handebol. A cidade promulgou uma lei contra a “poluição visual” e aconteceu o que ninguém esperava: a lei “pegou”, como se diz em São Paulo (a maior parte das leis não pega). Construções toscas, árvores e igrejas inteiras surgiram atrás dos outdoors desmontados. O céu volta a ser impregnado por um caos de cabos, o que pode tomar formas bizarras na proximidade dos transformadores. Talvez em outras cidades, mais que tudo, a confusão criativa das instalações elétricas fosse classificada como “poluição visual”. Aqui ela faz parte da identidade. Joachim Bernauer Creative Chaos Even before there was São Paulo, the Tupi tribe settled on the banks of the Pi-iêrê River. The river and settlement were later called almost the same, “Pinheiros”, by the Portuguese, which was also fitting due to the vast amount of pine trees (pinheirodo-paraná). The first bakery was opened in 1890 and from 1909 onward, you could already take the tram from downtown São Paulo to the Largo de Pinheiros. It was not until 102 years later that the subway arrived. My São Paulo is “my“ Pinheiros. I lived, worked and was repeatedly amazed in this neighborhood for six years. Impressive for new residents are some streets completely filled with furniture or music shops. What really fascinated me was the self-managed garbage collection site. Undeterred by avalanches of cars, bus convoys and “motoqueiros“, the garbage collectors pull their folkloric carts through the streets. They have dignified faces tanned by the wind as if they were steering caravels out in the sea. Pedestrians read the city in their own way because, at least in Pinheiros, walking on the sidewalk is the equivalent of a cultural anthropological expedition: The surface in front of every building is designed differently. Black and white ceramic tiles symbolizing the diamond shape of the state of São Paulo are popular. But, even more popular is cement, which is usually signed with a footprint, painted in bright colors and poetically fragile like aging skin. On one of my favorite sections of the Rua Teodoro Sampaio, countless keys had been pressed into the cement and glittered in the sunlight, before politics turned the sidewalk into one monotonous band of concrete. The walls of this city talk. You can read the word “poetry” in gigantic letters on the gray skin of the city library. Once the owner of a shop changes, the walls get a new color and slogan. At the corner of Rua Cardeal Arcoverde and Rua Francisco Leitão sofas were still standing in front of the door. “We do upholstery work of any kind, including cars.” Then, a second hand shop moved in: “Flea. Something for everyone who does not love the ordinary.” Only a half a year later a miracle healer offered his services: “Faith. Healing incurable diseases by faith. Free treatment.” An unintentionally funny sentence, as it read grammatically: “Incurable healing of diseases by faith.” But the great artists of wall decoration are the “pixadores“. Overnight they manage to label the entire façade of a high-rise building with their urban Runic. This makes a daunting impression. What has disappeared from the cityscape, however, are the gigantic “outdoors”, billboards that could reach the size of handball courts. The city passed a law against “visu- al pollution”, and something happened that nobody could believe: the law “stuck”, as they say in São Paulo (most laws do not stick). Shacks, trees, and whole churches came to light from under the dismantled “outdoors“. The sky is again dominated by the cable mess that around transformers can take on bizarre shapes. Perhaps you might justifiably classify this creative chaos of power lines in other cities as “visual pollution”. Here, it is part of the identity. Joachim Bernauer BR Sampa Sampa Sampa 46 Was mich an meiner Geburtsstadt fasziniert, ist das CHAOS! Architektonisches Chaos, StromleitungsChaos, Verkehrs-Chaos, modernes, pulsierendes und lebendiges Chaos, Chaos sogar in der Liebe! Ganz nah und doch völlig autonom lebt in São Paulo eine Vielzahl von Kulturen zusammen, und obwohl das Denken und Handeln der einzelnen Gruppen sich oft diametral voneinander unterscheidet, toleriert man sich oder ignoriert man sich zumindest. Hier hat die Zukunft schon begonnen, hier gibt es die reinste und lapidarste Moderne: der Stadt-Helikopter, der überfüllte Omnibus, der sagenhaft Reiche und der wahrhaft Arme, der „Bobo“ und der „Raver“, der Schwule und der Hetero, der Gläubige und der Atheist ... São Paulo hat schon heute, was Europa erst im 22. Jahrhundert haben wird: intensiv gelebtes Leben, rund um die Uhr und an jeder Ecke; ambitionierte Architektur und Favelas in direkter Nachbarschaft; die Auflösung staatlicher Dienstleistungen; Gigantismus als natürlicher Zustand der Nichtregierbarkeit; einen Beton-Kraken, der seine Tentakeln nach allen Seiten ausstreckt; die Unmöglichkeit zu planen; die totale Unvorhersehbarkeit und Unbeherrschbarkeit – „São Paulo, Erschütterung meines Lebens!“ (Mario de Andrade) O que me fascina na minha cidade natal é o CAOS! Caos arquitetônico, caos de fios, caos de postes, caos de trânsito, caos moderno, caos pulsante, caos vivo, caos amoroso até! Em São Paulo muitas “tribos” convivem em completa autonomia, quase que se tocando nas ruas, mesmo sendo diametralmente opostas em atos e pensamentos, se tolerando ou se ignorando. Aqui está o futuro, aqui há a modernidade mais pura e mais lapidar: o helicóptero e o ônibus superlotado, o rico-riquíssimo e o pobre-paupérrimo, o “mauricinho” e o “clubber”, o gay e o hetero, o evangélico e o ateu... São Paulo é já hoje em dia o que a Europa só será no século XXII. Vida vivida intensamente 24 horas em qualquer de suas esquinas. Formas muito sofisticadas de moradia, vizinhas a favelões intermináveis. A entropia do Estado como provedor de serviços. A gigantibilidade como Natureza ingovernável. A selva de concreto que se expande tentacularmente. A impossibilidade de planejamento. A imprevisibilidade total. A ingovernabilidade. “São Paulo, comoção de minha vida!“ (Mario de Andrade) What fascinates me in my home town is the CHAOS! Architectural chaos, chaotic utility lines, chaotic traffic, modern, pulsating, and lively chaos, even romantic chaos! A large number of cultures live together in complete autonomy in São Paulo, almost touching each other on the street, despite being completely opposed in acts and thoughts, tolerating or at least ignoring one other. Here the future has already begun, here is the purest and the most lapidary modernity: the helicopter city and the overcrowded city bus, the fabulously rich and the truly poor, the “playboy” and the “clubber”, the gay and the hetero, the believer and the atheist ... Today São Paulo already has what Europe will only be in the 22th century: lives lived intensely 24 hours a day on any of its street corners, very sophisticated architecture right next to favelas, the end of public service, gigantism as a normal state of ungovernability, a concrete jungle expanding its tentacles on all sides, the impossibility of planning, the total unpredictability and ungovernability – “São Paulo, the commotion of my life!“ (Mario de Andrade) 47 Alex Flemming Alex Flemming Alex Flemming BR Edifício Copan – ein Symbol für das Leben in São Paulo! 30. Juni 1980 in Rio de Janeiro. Es ist später Nachmittag. In einer ruhigen, mit Bäumen bestandenen Straße in der Nähe des Botanischen Gartens sind die letzten Vorbereitungen für den großen Umzug in die Megacity abgeschlossen. Es soll der Beginn eines neuen Lebens sein und so macht sich der schwer beladene weiße Käfer auf den 400 Kilometer langen Weg von der Stadt mit dem Beinamen „die Wunderbare“ nach São Paulo. Mitternacht am gleichen Tag. Ankunft in der Riesenstadt. Es ist stockfinster und nur wenige Menschen sind auf der Straße. In der Dunkelheit kann ich weder Bäume noch Grünanlagen ausmachen – ich sehe nur Häuser, Häuser und noch mehr Häuser. Dennoch läßt sich das Edifício Copan leicht finden. Mit seinen 32 Stockwerken und der ungewöhnlichen, wellenförmigen Architektur des weltberühmten Oscar Niemeyer ragt es aus der Masse der anderen Gebäude heraus. Von seinem Anblick war ich zunächst einmal geschockt. Sollte ich etwa hier einziehen? Von einem kleinen, zweistöckigen und von acht Parteien bewohnten Haus im Grünen in diesen schmucklosen Wohnkomplex mit Tausenden von Mitbewohnern inmitten von Beton und aufgetürmten Steinen? Wie sollte ich hier überleben, wo ich mich hier in dieser Nacht doch auf Anhieb so unwohl fühlte? Mir lief es eiskalt den Rücken herunter und ich hätte am liebsten auf dem Absatz kehrt gemacht, um in die anheimelnde Wärme des Bekannten und Überschaubaren zurückzukehren. Aber dann nahm ich entschlossen mein Gepäck und betrat einen der zwanzig Aufzüge. Das Beste, was ich in dieser Situation machen konnte, war: nicht allzuviel nachdenken. Ich hatte mich für ein Leben in São Paulo entschieden, also mußte ich auch dem Neuen, Unbekannten ins Auge sehen. Der zweite Schock: Ein Aufzug für 50 Personen, in dem ich ganz allein bis ins 17. Stockwerk fuhr. Ein riesiger, grauer Korridor, der sich vor mir auftat. Türen und noch mehr Türen. Ich ging langsam und stellte mir vor, wie das Leben an einem solchen Ort wohl sei, unter so vielen Menschen, mitten in São Paulo. Ich betrat mein Ein-Zimmer-Apartment. Überwältigt blieb ich vor dem Fenster stehen, das man mit fünf Schritten erreichen konnte, denn von dort aus sah ich die Tausende Lichter der umliegenden Gebäude – eine fantastische Aussicht. Inmitten der wellenförmigen Betonfassade erschien es mir, als ob mir die Lichter zuzwinkerten und ins Ohr flüsterten: Nur Mut, Mädchen! Das Leben hier ist gar nicht so schlecht. Es gibt ein Licht in der Finsternis, das deinen Weg erhellt. Das Edifício Copan ist mit 115 Metern Höhe und 120.000 Quadratmetern bebauter Fläche die größte Beton-Konstruktion Brasiliens. Es ist in sechs Blöcke mit insgesamt 1.160 Apartments unterteilt, in denen geschätzte 5.000 Bewohner leben. Hinzu kommen 70 Läden und Geschäfte. Das Gebäude hat sogar eine eigene Postleitzahl – die 01066-900. In den 50er Jahren wurde das Haus geplant und steht für eine Epoche, in der São Paulo sich mit großer Dynamik veränderte und in beängstigender Weise wuchs (Medonça, 1999). Mit dem Wachstum der Industrie weit über die urbanen Grenzen hinaus und einer großen Spekulation im Stadtkern expandierte die Stadtfläche bei gleichzeitiger Verdichtung und Vertikalisierung des Zentrums (Piccini, 1999). São Paulo erweiterte seine Grenzen, die Wirtschaft gewann an Stärke und die Stadt bereitete sich darauf vor, eine große Metropole zu werden. Mit seiner grandiosen Konstruktion und den ausladenden Formen wurde das Edifício Copan zu einer repräsentativen Ikone der nach Größe strebenden Stadt. Die abgerundeten Formen, die den rechten Winkel meiden, sind das Markenzeichen des Architekten Oscar Niemeyer, der die Kurven liebt und dazu schrieb: „Es ist nicht der rechte Winkel, der mir gefällt, auch nicht die gerade, harte und unflexible Linie – was mich reizt, ist die freie und sinnliche Kurve (…)“ (Niemeyer, 1998). Um São Paulo zu beschreiben, gibt es kein besseres Symbol als das Edifício Copan. Seit über 30 Jahren bin ich in dieser Stadt und habe sie mir in dieser Zeit „zu eigen“ gemacht, zu „meinem“ São Paulo. In den drei Monaten, in denen ich dort lebte, hat mich das Edifício Copan gelehrt, daß sich auch in Umgebungen, die auf den ersten Blick widrig erscheinen, menschlicher Kontakt und harmonisches Zusammenleben ergeben kann. Egal ob es im Foyer, vor dem Aufzug oder in den Läden, Restaurants, Kosmetiksalons, Kinosälen und Andachtsräumen der öffentlichen Bereiche war – wie in vielen anderen Punkten der Stadt trafen sich dort Familien, Senioren und Jugendliche aller gesellschaftlichen Schichten und mit unterschiedlichster Herkunft. Sie lebten und erlebten auf friedliche Weise eine Vielfalt, die typisch ist für São Paulo. Auch wenn die Umgebung noch so schroff erscheint, das Edifício Copan zeigt mit seiner einzigartigen Architektur, daß man auch an solchen Orten eine gewisse Leichtigkeit erleben kann. In dieser Stadt stehen wir täglich vor der Herausforderung, kalten Beton mit sinnlichem Vergnügen zu verbinden. Es hängt an jedem einzelnen Bewohner dieser Stadt, diese Gegensätze aufzuheben und eine humane, lebendige Stadt zu schaffen. Beate Althuon Edifício Copan – um símbolo do que é viver em São Paulo! Rio de Janeiro, 30 de junho de 1980. Final de tarde. Numa rua tranquila e arborizada, próximo ao Jardim Botânico, estavam acontecendo os últimos preparativos para uma grande mudança: deixar o Rio de Janeiro e iniciar uma nova vida na megalópole São Paulo. Com a “fusqueta” branca lotada de bagagem, inicio a viagem de 400 quilômetros que separam a “cidade maravilhosa” de São Paulo. Meia noite do mesmo dia. Chegada em São Paulo. Tudo escuro, poucas pessoas nas ruas, não vislumbro árvores nem canteiros floridos, somente prédios, prédios e mais prédios. Encontrar o Edifício Copan foi fácil, apesar do adiantado da noite. Afinal, é um prédio único, com seus 32 andares e com uma arquitetura inusitada, em forma de ondas, projetada pelo famoso e mundialmente conhecido arquiteto Oscar Niemeyer. Parada em frente ao prédio, estava em estado de choque. Era aqui que eu iria morar nos próximos meses? Saí de um pequeno prédio de apenas quatro andares, com oito apartamentos, numa região com muito verde e muito tranquila, para um senhor edifício frio, seco, áspero, no meio de concreto, cimento e pedras sobre pedras, com no mínimo cinco mil moradores? Como é que iria sobreviver num lugar desses, que naquele adiantado da noite me passava dureza, frieza e mal-estar? Senti um frio na espinha, a vontade era de sair correndo, voltar para o aconchego do conhecido e palpável. Resoluta, peguei minha bagagem e entrei em um dos vinte elevadores. O melhor que poderia fazer era não pensar muito na minha situação atual. Havia decidido viver em São Paulo, portanto teria que enfrentar o novo, o desconhecido. Segundo choque: um elevador para 50 pessoas, de uma vez só. Sozinha, subi até o 17° andar. Um imenso corredor cinza descortinou-se à minha frente. Portas e mais portas. Fui andando devagar, imaginando como deveria ser viver num lugar destes, com tanta gente, no centro de São Paulo. Entrei no meu apartamento, de um quarto. Surpresa, fiquei parada em frente à janela, que alcancei com cinco passos, e olhei para fora. À minha frente, milhares de luzes oriundas dos prédios à volta. A vista, fantástica. Entre as “ondas” de concreto, as luzinhas como que piscavam para mim, sussurrando no meu ouvido: coragem, menina! A vida aqui não é tão ruim assim. Onde há escuridão, também há luzes a iluminar o seu caminho. O Edifício Copan tem a maior estrutura de concreto armado do país, com 115 metros de altura e 120 mil metros quadrados de área construída. É dividido em seis blocos, com um total de 1.160 apartamentos 48 49 50 51 de tamanhos variados, numa estimativa de 5 mil residentes e mais de setenta estabelecimentos comerciais. Até tem um CEP especial, o 01066-900. O prédio foi projetado na década de 50, num período em que a cidade de São Paulo apresentava uma dinâmica de transformação e crescimento espantosos (Mendonça, 1999). Com o avanço da industrialização para fora dos limites da cidade juntamente com a grande especulação imobiliária em torno do centro, houve uma intensa expansão da malha urbana e um adensamento populacional com verticalização da área central (Piccini, 1999). São Paulo ampliava seus limites, a economia paulistana se fortalecia e São Paulo preparava-se para ser uma grande metrópole. O Edifício Copan tornou-se, assim, um ícone representativo da grandeza da cidade, por sua grandiosidade estrutural e forma arrojada. A forma sinuosa do Copan quebrando ângulos retos tem a marca de seu criador. O gosto pela linha curva é característica de Oscar Niemeyer, que escreveu: “não é o ângulo reto que me atrai, nem a linha reta, dura, inflexível... o que me atrai é uma curva livre e sensual...” (1998). Não poderia haver símbolo melhor do que o Edifício Copan para descrever São Paulo. Vivo em São Paulo há mais de trinta anos, e “adotei” esta cidade como meu lar, a minha cidade, a “minha“ São Paulo. O Edifício Copan, nos três meses em que nele vivi, me mostrou que é possível a convivência e o contato humano, mesmo em condições aparentemente adversas. Assim como no Edifício Copan, onde as pessoas se encontram nos saguões, à espera do elevador, ou no térreo, onde existem muitas lojas, restaurantes, salões de beleza, cinema e até uma igreja, encontram-se e convivem idosos, famílias, crianças, adolescentes, pessoas das mais diferentes origens, culturas e condições sócio-econômicas, também na cidade há constantes encontros e desencontros. Diversidade é a palavra chave. E esta palavra traduz o que é viver em São Paulo: viver, diariamente, a diversidade, de forma pacífica. O Edifício Copan, com sua arquitetura única, mostra que é possível viver com leveza, ainda que a cidade seja, como o próprio edifício, dura e áspera. Conciliar a beleza, a leveza, a sensualidade, a fragilidade e o prazer com a dureza, a aspereza, a firmeza e a diversidade é o grande desafio que esta cidade diariamente impõe aos que nela optam, ou são obrigados, a viver. Depende de cada um dos habitantes conciliar os opostos tornando esta cidade humana e possível. Beate Althuon Edifício Copan – A Symbol Of What It Is To Live In São Paulo! Rio de Janeiro, June 30, 1980. Late afternoon. On a quiet and tree-lined street close to the Botanical Gardens, the last preparations for the big move to the mega city were completed. It would be the beginning of a new life and so the white VW Beetle packed with luggage started on the 400 kilometers way from the “marvelous city” to São Paulo. Midnight of the same day. Arrival in the giant city. São Paulo arrival. Everything is dark, few people walk the streets and I cannot make out trees or flower beds, I only see buildings, buildings and more buildings. Finding the Edifício Copan was easy. With its 32 floors and unusual architecture, shaped like waves, designed by world famous architect Oscar Niemeyer, it stands out from the mass of other buildings. When I first saw it, I was in a state of shock. Was I supposed to be moving in here? From a small, twostorey building with eight apartments, in a green area, to a undecorated apartment with thousands of residents in the middle of concrete, and rocks upon rocks? How was I supposed to survive here on this night, when I immediately felt such unease? I felt a chill down my spine and would have most liked to have turned right around and returned to the homey warmth of the well-known and manageable. But then, resolute, I carried my luggage and entered one of the twenty elevators. The best I could do was not to think too much about my current situation. I had decided to live in São Paulo, so I also had to look the new and the unknown in the eye. The second shock: In an elevator that could carry 50 people at once I rose alone to the 17th floor. An immense gray corridor was ahead of me. Doors and more doors. I walked slowly, imagining how life in a place like that could be good, with so many people, in downtown São Paulo. I entered my one bedroom apartment. Overwhelmed, I stopped in front of the window that I could reach with five steps. From there I saw the thousands of lights from the buildings around – the view was fantastic. Between concrete “wave-like” façade, the lights seemed to flicker for me and whisper to my ear: Be brave, girl! Life here is not so bad. There is a light in the darkness that will clear your way. The Copan is the largest concrete structure in the country, 115 meters high and with 120,000 square meters of built area. It is divided in six blocks, with a total of 1,160 apartments of varied sizes, with an estimated 5,000 residents. There are also over 70 shops and businesses. It even has its own zip code, 01066-900. The building was designed in the 1950s and stands for an era when São Paulo was changing with a great dynamism and grew in a terrifying way (Mendonça, 1999). With the growth of industry far beyond the urban limits together with intense real-estate speculation over the downtown area, the urban area underwent an intense expansion with a growing densification and verticalization of the downtown area (Piccini, 1999). São Paulo expanded its limits, the local economy gained in strength and the city was preparing to become a big metropolis. With its grandiose construction and the protruding forms, the Edifício Copan became a representative icon of the city‘s striving for greatness. The rounded off shapes, breaking from straight angles, are the trademark of the architect Oscar Niemeyer, who loves curves and once wrote: “It is not the straight angle that I like, nor the straight line, harsh, inflexible […] what really attracts me is the free and sensual curve ...” (1998). There is no better symbol to describe São Paulo than the Edifício Copan. I have been in São Paulo for over thirty years and “adopted” this city in this time and made it my own, “my“ São Paulo. The Edifício Copan, in the three months I inhabited it, showed me how human contact and harmonious coexistence are possible, even in conditions that seem contradictory at first sight. Whether it is in the foyer in front of the elevator or in the stores, restaurants, beauty parlors, movie theaters and chapel rooms of the public areas – like in many other spots in the city, families, senior citizens, and young people of all classes of society and with the most diverse backgrounds met there. They lived and experienced in a peaceful way a diversity that is typical for São Paulo. Even when the surroundings may appear so rough, the Edifício Copan, with its unique architecture, shows it is possible to live lightly even in places like this. In this city, we are confronted daily with the challenge of combining cold concrete with sensual, pleasure. It depends on each inhabitant to remove these contradictions and to create a city with human dignity and dynamism. Beate Althuon Andrea Piccini: Cortiços na cidade: conceito e preconceito na reestruturação do centro urbano de São Paulo (Ed. Anna Blume, São Paulo 1999) Denise Xavier de Mendonça / Carlos Ferreira Martins: Arquitetura metropolitana de São Paulo na década de 50: análise de 4 edifícios – Copan; sede do jornal O Estado de São Paulo; Itália; Conjunto Nacional (São Carlos, São Paulo 1999) Oscar Niemeyer: As curvas do tempo (Revan, Rio de Janeiro 1998) BR Copan. São Paulo-Tagebuch Wieder habe ich begonnen zu zeichnen. Erste Versuche. Trost für Idioten. Zeugnis von Existenz? Das Café Floresta führt mich in die Welt zurück, die die einfachen und wichtigen Handlungen des Lebens erfordern: Anziehen, auf den Fahrstuhl warten und in dem hellbraunen Resopal-Holzimitat mit der gleichmäßigen künstlichen Maserung von glänzend polierten Messingleisten umrahmt in die Tiefe schaukeln. „Um café media con leite e um sanduíche.“ Reine Routine, die ich gelassen demonstriere. 5 Reais, 30 Centavos. Danach ins Taxi, in den Tag. Zuviel Realität in der Stadt, zuviel geschundene Natur am Rand, zu viele Gegenstände, zu viele Hände. Die physische Präsenz unaufhörlicher Bewegung, die stetige Anwesenheit von Menschen überall. Sie liegen auf den Straßen, auf den Bänken, zwischen den parkenden Autos, in den Metro-Eingängen, sie sind erschöpft und müde vom Leben. Sie sitzen auf der Straße, vor den Geschäften, auf den Märkten, in den Parkanlagen. Überall sitzen sie und warten auf das Ende des Wartens, auf das Ende des Tages, auf ein Ereignis, das ihnen Gelegenheit und Anlaß böte, aufzustehen. Wohin sollten sie gehen? Sie sprechen in den Tag, stehen vor den Geschäften. Sie laufen zwischen den wartenden Autos vor den Ampeln und warten geduldig, daß man ihnen eine unnötige Kleinigkeit abkauft. Sie stehen vor den Eingängen der Garküchen und den zahllosen kleinen Lanchonete. Jemand bittet um eine Zigarette. Die Stadt schiebt mich durch die Straßen, ich gleite an allem vorbei. Auch die Autos schieben sich aneinander vorbei, fließen träge durch die Hauptschlagadern Consolação, Rebouças, Henrique Schaumann, Avenida Brasil, Avenida Ipiranga. Überall sind die Menschen scheinbar beschäftigt, legen Hand an Teile, die zum einmaligen Austausch vorgesehen sind und geben ihnen mehrfache Leben. Kein Ding, das nicht nutzbar wäre, nichts ohne Wiederkehr in den Zyklus der uneingeschränkten Verwendbarkeit. Sie schleppen Früchte, ziehen Karren, vergraben sich in die Wühltische der Billigwaren, bewachen die Eingänge der Banken, die Shopping-Center, den Supermarkt, die Metro-Eingänge. Für alles steht jemand bereit und jeder Jemand hat tausend Ersatzmänner, die nie zum Einsatz kommen. Inmitten dieser allgegenwärtigen Bereitschaft, in der das Warten das Leben ausmacht als Zeichen willigen Bemühens und zugleich die gespannte Erwartung des Unmöglichen bedeutet, verwirrt die sich unendlich multiplizierende Verfügbarkeit aller die Sinne. Unaufdringlicher Überfluß passiver Muskeln. Zu viel Körper, zu viel Haut. Feste Brüste in kleinen elastischen Tops, üppige Frauen, sehnige Männer. Die Sinne verfangen sich in der Gegenwart der Tatsachen, kleben an den wirklichen Formen. Alles erscheint literarisch, direkt, wirklich, hier, in diesem Moment, vor mir, in mir. Kein Ausweg. Kein Raum für die Vorstellung. Alles stellt sich selbst vor, ist ständig anwesend, zeigt sich tausendfach ungewünscht, bedrängt mich und dringt in mich. Die Lichter gehen nicht aus, der Lärm umgibt mich wie monoton tosende Brandung, stetiger Kreislauf der Naturgewalt der Zivilisation: das Gedächtnis des Ortes und die Erinnerung, in die er sich ruft, mir als Zeichen der Bestimmung meiner gegenwärtigen Koordinaten. Was bleibt der Zeichnung, wenn der Raum besetzt und umstellt ist? Kein Entrinnen, selbst der Himmel ist erfüllt von der Stadt. Jürgen Partenheimer Copan. São Paulo-diário 52 De novo, comecei a desenhar. Primeiras tentativas. Consolo para idiotas. Testemunho da existência? O Café Floresta me reconduz ao mundo que as ações simples e importantes da vida requerem: se vestir, esperar pelo elevador e sacolejar ao fundo com a fórmica marrom clara imitando madeira de granulação uniforme emoldurada com frisos brilhantes de latão polido. “Um café média com leite e um sanduíche“. Pura rotina, que eu demonstro resignado. 5 reais e 30 centavos. Depois de táxi, para o dia. Na cidade, realidade demais, natureza no entorno maltratada demais, coisas demais, mãos demais. A presença física de movimento incessante, a presença constante de pessoas por toda parte. Deitadas nas ruas, nos bancos, entre os carros estacionados, nas entradas do metrô, estão esgotadas e cansadas da vida. Estão sentadas na rua, diante das lojas, nas feiras livres, nos estacionamentos. Estão sentadas em todos os lugares esperando pelo fim da espera, pelo fim do dia, por um acontecimento que lhes ofereça oportunidade e motivo para levantar. Para onde deveriam ir? Falam para dentro do dia, parados diante dos estabelecimentos comerciais. Correm entre os carros que aguardam o sinal abrir e esperam pacientemente que se compre deles uma bugiganga. Ficam em frente às barracas de comida quente e às inúmeras pequenas lanchonetes. Alguém pede um cigarro. A cidade me empurra pelas ruas, passo deslizando por tudo. Os carros também passam empurrando uns aos outros, fluem lentamente pelas vias principais, Consolação, Rebouças, Henrique Schaumann, Avenida Brasil, Avenida Ipiranga. Em todos os lugares as pessoas parecem ocupadas, colocam as mãos em coisas previstas para serem trocadas uma vez só e dão a elas múltiplas vidas. Não há nada que não seja útil, nada sem retorno ao ciclo da disponibilidade irrestrita. Carregam frutas, puxam carretos, enterram-se nas mesas de promoções de mercadorias de segunda, vigiam as entradas de bancos, de shoppings, de supermercados, as entradas do metrô. Para tudo há alguém disponível e para cada um existem mil substitutos que nunca chegam a ser empregados. Em meio a essa prontidão onipresente, em que a espera faz diferença na vida como sinal de um empenho obediente e, ao mesmo tempo, significa a expectativa tensa do impossível, a disponibilidade de todos, multiplicada infinitamente, confunde os sentidos. Discreta abundância de músculos passivos. Excesso de corpos, excesso de pele. Seios firmes em pequenos tops flexíveis, mulheres voluptuosas, homens tendinosos. Os sentidos se embaralham na presença dos fatos, aderem às verdadeiras formas. Tudo se manifesta de maneira literária, direta, ver- 53 54 55 dadeira, aqui, nesse momento, diante de mim, em mim. Não tem saída. Não há espaço para a imaginação. Tudo se apresenta como é, está sempre presente, mostra-se mil vezes indesejável, me oprime e me penetra. As luzes nunca se apagam, o ruído me cerca como o marulhar monótono da rebentação, ciclo contínuo do poder da natureza da civilização: a memória do lugar e a lembrança na qual ele ecoa é, para mim, como um sinal da determinação das minhas atuais coordenadas. O que resta ao desenho se o espaço está ocupado e cercado? Não há escapatória, até o céu está preenchido de cidade. Jürgen Partenheimer Copan. São Paulo Diary I started drawing again. First attempts. Consolation for idiots. Certificate of existence? The Café Floresta leads me back into the world that requires the simple and important acts of life: getting dressed, waiting for the elevator and, framed in the light brown Formica imitation wood with uniform artificial grain of shiny polished brass strips, rocking down the elevator shaft. “Um café media con leite e um sanduíche.” Pure routine that I quietly demonstrate. 5 Reais, 30 Centavos. Then, it’s into the taxi and into the day. Too much reality in the city, too much oppressed nature on the edges, too many objects, too many hands. The physical presence of perpetual motion, the constant presence of people everywhere. They are on the streets, on the benches between parked cars, in the metro entrances, they are exhausted and tired of life. They sit on the street in front of shops, markets, in the parks. Everywhere they sit and wait for the end of waiting for the end of the day, for an event that would offer them the opportunity and occasion to get up. Where should they go? They speak into the day, stand outside the shops. They walk between the cars waiting at the traffic lights and wait patiently that someone will buy from them a trifle. They stand at the entrances of food stands and the countless small Lanchonete. Someone asks for a cigarette. The city shoves me through the streets, I glide by everything. Even the cars slide past one another, flowing lazily through the major traffic arteries Consolação, Rebouças, Henrique Schaumann, Avenida Brasil, Avenida Ipiranga. Everywhere the people seem busy, laying hands on parts that are meant for one time exchange and give them multiple lives. There is not anything that is no longer usable, nothing that does return to the cycle of unlimited usability. They drag fruits, pull carts, bury themselves in the bargin bins of cheap goods, guard the entrances of banks, the shopping center, the supermarket, the metro entrances. People are ready for everything and every person has a thousand replacements who never see any action. Amid this ever-present readiness, in which waiting is a part of life as a sign of consent and, at the same time, means the tense expectation of the impossible, confuses the endlessly multiplying availability of all the senses. Unobtrusive abundance of passive muscles. Too much body, too much skin. Firm breasts in small elastic tops, voluptuous women, wiry men. The senses become entangled in the presence of facts, stick to the real forms. Everything seems literary, direct, real, here, in this moment, in front of me, in me. No way out. No room for imagination. Everything presents itself, is constantly present, shows itself a thousand fold undesirable, harasses me and penetrates me. The lights do not go out, the noise around me like a monotonous pounding surf, a continuous cycle of the nature force of civilization: the memory of the place and the memory, in which it calls to me as a sign of defining my present coordinates. What remains of the drawing when the room is occupied and surrounded? No escape, even when the sky is filled by the city. Jürgen Partenheimer IC Sem fim Eine Fläche, gegliedert von 123 horizontalen Lamellen, jeweils circa 150 Zentimeter tief und mit Mosaiksteinchen belegt, 3 Lamellen pro Geschoß, auf Boden- bzw. Deckenhöhe, als Brüstung und als präziser Rahmen der Aussicht. Eine Fassade als rationales Konstrukt, die Klarheit einer Idee, jedoch überlagert vom Leben: hinter den Lamellen die Vielfalt der Bewohner und ihrer Wohnvorstellungen. Genau aus dieser Überlagerung entsteht die Faszination Copan, eine Art Moiré aus Licht und Schatten, aus Regel und Freiheit, die Vielfalt eines Dorfes, vertikal organisiert, mitten im „Centro“ von São Paulo, Avenida Ipiranga 200, gleich neben der Praça da República. Der Raum ist klein, der Ausblick jedoch unendlich, gegliedert von tiefen Lamellen. Ich sitze an einem großen Arbeitstisch im 24. Geschoß, Apartamento 245, für die nächsten zwei Monate meine kleine Wohnung im Copan. Unglaublich, unfaßbar. Vor mir São Paulo, ohne Ende – sem fim. Edifício Copan, ein sinusförmig geschwungener Baukörper, 140 Meter hoch, 32 Stockwerke, die Fassade völlig verglast, und davor diese 124 Betonlamellen als Sonnenschutz. Zwei Geschosse ohne Lamellen gliedern den Baukörper. 5.000 Menschen leben auf 116.000 Quadratmetern Wohnfläche in 1.160 Wohnungen mit Flächen zwischen 26 und 350 Quadratmetern. Auch heute noch ist es das größte Wohngebäude, ein sozialer Mikrokosmos, ein „Dorf“ in der Metropole von 11 Millionen Einwohnern – die eigene Postleitzahl unterstreicht die Größe und Einzigartigkeit des Edifício Copan. Die Dorfstraße ist das öffentliche Erdgeschoß mit seinen unzähligen Friseurgeschäften, kleinen Modeund Schuhboutiquen, die an das verflossene Jahrhundert zu erinnern scheinen, neueren Läden, einer Wäscherei und Filmausleihe, Restaurants und Cafés et cetera. Der Boden folgt, als sanfte Rampe ausgebildet, den Niveau-Unterschieden der natürlichen Topographie und hebt damit die Grenze zwischen Gebäude und Straßenraum auf. Der Raum scheint zu „fließen“, von innen nach außen, von außen nach innen. Der Raum der Avenida Ipiranga erweitert sich in das öffentliche Erdgeschoß des Copan. Wo hört die Stadt auf, wo beginnt das Private? Die Schwelle ist tagsüber nicht spürbar, nur nachts, wenn die Tore geschlossen werden. Es gibt das Private nicht, sondern nur verschiedene Grade der Öffentlichkeit, erinnere ich mich in einem Interview mit Mendes da Rocha gelesen zu haben, wie er über das Verschieben von Grenzen, von innen und außen spricht. Das ist es, was das Leben im Copan auszeichnet. Man wird Teil der Stadt, lebt in ihr und mit ihr. Man kann sich nicht abgrenzen, man kann die Stadt nicht ausgrenzen. Auch als Bewohner auf Zeit fühle ich mich als Teil des Ganzen, oben in meinem kleinen Apartment, den Blick frei über ganz São Paulo oder im Erdgeschoß, das ich als meinen Schwellenraum bezeichnen würde. Der Tag beginnt in meinem Lieblingscafé Floresta, ein „café solo“ und ein „pão de queijo“ zum Frühstück. Ein freundliches Lächeln, ein kurzes Gespräch, der Tag beginnt mit einer gewissen Leichtigkeit – und genau hier, an diesem Tresen wird er auch enden, mit einem „café com leite“, einem freundlichen Lächeln, kurzen Gesprächen. Das Café ist ein öffentlicher Raum und gleichzeitig auch mein Raum. Ich teile ihn mit ganz vielen anderen Menschen, zufällig oder bewußt. Das Café Floresta als Ort, wo sich viele Wege kreuzen – und manchmal verändern und beeinflussen sie sich sogar gegenseitig. Die Stadt bestimmt meinen Lebensrhythmus, ein Teil meines Wohnens verlagert sich in den öffentlichen Raum, und der öffentliche Raum wird Teil meines Wohnens. Ich verlagere Abläufe des Privaten in die Stadt und erobere mir dafür Orte der Stadt, wie Zellen, die ich über die Stadt verteile. Ich niste mich in sie ein, und von Tag zu Tag wird São Paulo, diese Megapolis, immer mehr zu meiner Adresse. Ich erobere mir ihren Raum, ich bewohne sie. Daß das Copan als Wohnanschrift so begehrt ist, mag dieses Gefühl sein, mittendrin zu leben, aufgehoben zu sein und doch den Raum in seiner Unendlichkeit zu spüren – sem fim! Myriam Claire Gautschi Ein Tipp: Auf Voranmeldung kann wochentags die Dachterrasse besucht werden – auf 140 Meter Höhe, wenn Horizont und Häusermeer in der Ferne eins werden, werden dieses Gefühl und diese Faszination vielleicht begreifbar. Sem fim 56 Uma área dividida em 123 lamelas horizontais, cada uma com cerca de 150 centímetros de profundidade e revestida por mosaicos de pedrinhas; três lamelas por andar, do chão ao teto, como parapeito e como enquadramento perfeito da vista. Uma fachada como construto racional, a clareza de uma ideia, mas a que se justapõe vida: atrás das lamelas os vários moradores e suas concepções de casa. Exatamente a partir dessa justaposição surge o fascínio do Copan, uma espécie de moiré de luz e sombra, liberdade e norma, a diversidade de uma vila organizada verticalmente no centro de São Paulo, na Avenida Ipiranga, número 200, quase ao lado da praça da República. O espaço é pequeno, a vista, ao contrário, infinita, dividida pelas longas lamelas. Estou sentada a uma mesa de trabalho grande, no 24° andar, apartamento 245, minha casinha no Copan pelos próximos dois meses. Inacreditável, indescritível. Diante de mim, São Paulo sem fim. Edifício Copan, uma construção de formas curvas e sinuosas, com 140 metros de altura, 32 andares, a fachada toda coberta de vidro, diante do qual estão essas 124 lamelas de concreto como proteção contra o sol. Dois andares sem lamelas dividem o prédio. Cinco mil pessoas moram em 116 mil metros quadrados de área útil, em 1.160 apartamentos de 26 a 350 metros quadrados. Continua a ser o maior prédio residencial, um microcosmos social, uma “vila” na metrópole de 11 milhões de habitantes – o CEP próprio destaca a grandeza e a singularidade do Edifício Copan. A rua da vila é o andar térreo público com seus incontáveis salões de cabelereiros, suas lojinhas de roupa e sapato que lembram o século passado, suas lojas novas, uma lavanderia, uma locadora, restaurantes, cafés et cetera. Desenvolvido como rampa suave, o chão segue os desníveis da topografia natural, suprimindo com isso a fronteira entre o prédio e a rua. O espaço parece “fluir” de dentro para fora, de fora para dentro. A Avenida Ipiranga expande-se no térreo aberto do Copan. Onde termina a cidade, onde começa o privado? O limiar não pode ser percebido ao longo do dia, apenas à noite quando os portões são fechados. O privado não existe, apenas diferentes graus do público; lembrei-me de ter lido numa entrevista com Mendes da Rocha como ele falava em transpor as fronteiras, internas e externas. É isso o que distingue a vida no Copan. Tornar-se parte da cidade, viver nela e com ela. Não é possível delimitar-se, não é possível limitar a cidade. Mesmo como moradora temporária, sinto-me como parte do todo, aqui em cima em meu apartamentinho, com o olhar livre sobre São Paulo, ou no térreo, que eu designaria como o meu espaço limiar. 57 58 59 O dia começa no meu café favorito, o Floresta, um expresso e um pão de queijo de café da manhã. Um sorriso amistoso, uma conversa breve, e o dia inicia-se com certa leveza – também aqui neste balcão ele vai terminar com um café com leite, um sorriso amistoso, conversas breves. O café é um espaço público e ao mesmo tempo meu espaço. Eu o divido com muitas outras pessoas, por acaso ou intencionalmente. Como lugar, o Café Floresta é onde muitos caminhos se cruzam – às vezes se transformam e até se influenciam de modo recíproco. A cidade determina meu ritmo de vida; parte do meu domicílio muda-se para o espaço público, e o espaço público torna-se parte do meu domicílio. Desloco o transcorrer do privado para a cidade e assim conquisto seus lugares como se fossem células que espalho por ela. Eu me aninho na cidade e dia após dia São Paulo, essa megalópole, torna-se mais meu endereço. Eu conquisto seu espaço, eu a habito. O fato de ser assim tão cobiçado morar no Copan deve ter a ver com essa sensação de viver no meio de tudo, de estar suspenso mas sentir o espaço em sua infinitude – sem fim! Myriam Claire Gautschi Uma dica: marcando horário com antecedência é possível visitar o terraço durante a semana – a 140 metros de altura, onde o horizonte e o mar de casas ao longe unem-se, e esse sentimento, esse fascínio podem talvez se tornar compreensíveis. Sem fim It is an area divided by 123 horizontal slats, each about 150 centimeters deep and tiled with mosaic stones, 3 slats per floor at floor or ceiling height, as a parapet and as a precise frame of the view. It is a façade as a rational construct, the clarity of an idea, but overlaid by life: behind the slats, the diversity of the residents and their ideas of living. Precisely from this overlay comes the fascination of Copan, a kind of light and shadow moiré, of rule and freedom, the diversity of a village, organized vertically, right in the “Centro“ of São Paulo, Avenida Ipiranga 200, right next to the Praça da República. The room is small, but the view is endless, divided by deep slats. I sit at a large desk on the 24th floor, Apartment 245, my small apartment in the Copan for the next two months. Unbelievable, incredible. In front of me, São Paulo, without end – sem fim. Edifício Copan, a sinusoidal curved building, 140 meters high, 32 floors, fully glazed façade, and in front of these 124 concrete slats for sun protection. Two stories without slats make up the parts of the structure. 5,000 people live on 116,000 square meters in 1,160 apartments with areas ranging from 26 to 350 square meters. Even today, it is the largest apartment building, a social microcosm, a “village” in the metropolis of 11 million people, – its own postal code emphasizes the size and uniqueness of the Edifício Copan. The main street of the village is the public ground floor with its countless barber shops, small clothing and shoe boutiques that seem to remind us of the bygone century, modern shops, a laundry and movie rental shop, restaurants and cafés, et cetera. Designed as a gentle ramp, the floor follows the level differences of the natural topography and thus removes the boundary between buildings and street space. The room appears to “flow” from the inside to the outside, from outside to inside. The room of the Avenida Ipiranga expands into the public ground floor of the Copan. Where does the city end, where does the private sphere begin? The threshold is not noticeable during the day, only at night, when the gates are closed. There is no private sphere, but only different degrees of the public sphere, I remember to have read in an interview with Mendes da Rocha, how he speaks about the shifting of boundaries, from inside and outside. This is what makes life in the Copan what it is. You become part of the city, you live in it and with it. You cannot separate yourself, you cannot exclude the city. Even as a temporary resident, I feel part of the whole, up in my little apartment, with a clear view over all of São Paulo or on the ground floor, which I would describe as my threshold space. The day begins at my favorite Café Floresta with a “café solo“ and a “pão de queijo“ for breakfast. A friendly smile, a brief conversation, the day begins with a certain ease – and right here at this desk it will also end, with a “café com leite“, a friendly smile, brief conversations. The café is a public space and also, at the same time, my space. I share it with a lot of other people, accidentally or deliberately, the Café Floresta, as a place where many paths cross – and sometimes they even change and influence each other. The city sets my rhythm of life, a part of my living shifts into the public space, and the public space becomes a part of my living. I shift operations of the private sphere into the city and occupy for myself places of the city, like cells, which I distribute over the city. I settle into it, and day by day São Paulo, this megapolis, becomes more and more like my home. I conquer its space, I live in it. That the Copan is so popular as a residential address is what this feeling may be, living right in the middle of it, lofty, and yet feeling the space in its infinity – sem fim! Myriam Claire Gautschi Some advice: You can make an appointment to visit the roof terrace on weekdays – at a height of 140 meters, and when the horizon and the sea of houses in the distance become one, this feeling and this fascination perhaps become understandable. IC BR Mein São Paulo – meine Sprache Metropolis – Nekropolis. Eine spiegelt sich in der anderen. Als ob die Lebenden und die Toten miteinander reden wollten. Das setzt eine gemeinsame Sprache voraus. Die Stadt ist, wie ein Historiker sagt, die wertvollste Erfindung der Zivilisation; in der Vermittlung von Kultur wird sie jedoch von der Sprache übertroffen. Wenn also eines Tages diese Gräber zu Staub zerfallen sind – und auch jene Hochhäuser mit ihrer triumphierenden, doch vergänglichen Vertikalität – dann wird von dieser Stadt nur ihre Sprache bleiben. Es ist die Sprache, die uns mit den ersten Metropolen in der Geschichte der Menschheit verbindet, mit einer Stadt wie Ur, deren Name in „Urbs“ und „urban“ nachklingt. Wir besitzen in der Stadt São Paulo ein Museum der Portugiesischen Sprache, aber müssen wir nicht tiefer graben? Laßt uns suchen nach dem kosmopolitischen Charakter unserer Stadt, die romanische, germanische, slawische, afrikanische und asiatische Völker vereinigt hat mit den Indigenen, die über eine „allgemeine Sprache“ verfügten. Diese war wohl die Inspiration für den großen Erfinder einer neuen brasilianischen Sprache im 20. Jahrhundert, für João Guimarães Rosa, der „alles“ wollte: „den Dialekt von Minas Gerais, das Brasilianische, das Portugiesische, das Lateinische – vielleicht sogar die Sprache der Eskimos und der Tartaren“. Er wollte „die vor Babel gesprochene Sprache“. Wenn ich auf diese Metropole schaue, in der ich seit nunmehr 47 Jahren lebe – das ist ein Zehntel ihres Lebensalters –, so fühle ich den Wunsch, Schlüsselwörter aus ihrer Geschichte zu sammeln, angefangen bei der ATROCADUCAPACAUSTI ... CITYCIDADECITÉ (Augusto de Campos) unserer Tage bis zu dem „Chor des schwarzen Goldes der Kaffeesäcke“ in der „Wahnsinnsstadt“ der 1920er Jahre, mit ihren Festen, „Delirien aus leuchtendem Fleisch“ (Mário de Andrade). Und von dort zurück zum Beginn des 19. Jahrhunderts, als die deutschen Forschungsreisenden Spix und Martius bei den Paulistanern das Nachdenken und die Neigung zu subtilen Untersuchungen hervorhoben. Und weiter zurück in die frühe Kolonialzeit, um die Predigten der Jesuiten zu hören, die Kommandos der Bandeirantes (der Expeditionstrupps), die Unterhaltungen der Viehtreiber und die Gespräche der Indianer. Und noch weiter zurück, bis zur Ursprache, die diese kosmopolitische Stadt von den ersten Städten übernommen hat: bis zum Indoeuropäischen, der gemeinsamen Wurzel meiner Muttersprache und der meiner Wahlheimat. Hier werde ich nur eine kleine Konstellation dieser Urworte zusammenstellen können, wo das Deutsche mit dem Lateinischen und dem Portugiesischen zusammentrifft. Mit ihnen möchte ich hier ein Miniaturportrait unserer Paulicéia skizzieren. Beginnen wir mit dem Wort dhghem-, welches „terra” (Erde) bedeutet. Daher stammen das germanische *gumon = „Mann” und das lateinische „humus” und „homo”. Das indoeuropäische gen- ergab im Germanischen „Kind” und im Lateinischen „gens” = Rasse, Clan, an das Wort „gentío“ erinnernd, mit dem man die Indios bezeichnetet. Kei- (liegen, Bett, Unterkunft) ist der Ursprung von deutsch „Heimat” und lateinisch „civis” = Bewohner, Bürger. Leicht zu merken ist mater-, die Wurzel von „Mutter”, „mãe” und griechisch „méter”, daher „Metropolis”. Pelund die Variante *ple- (füllen, Überfluß) ergaben „voll” und „plenus”, außerdem „plebes” = Menschenmenge. Außerdem haben wir op- (arbeiten) und seine Ableitungen „opus” (Werk), „operários” (Arbeiter), „ofícios” (Berufe); sowie teks- (weben, herstellen), daher das griechische „tekhné” und unsere „Technik”. Von wegh- (gehen, transportieren) kommen „Weg” und „veículo(s)“ (Wagen). Von diesen zählt unsere Megastadt mehr als sieben Millionen. Aber nun muß ich aufhören. Was für ein Wahn, was für eine „Manie“ (von men- = denken, daher auch „mens” und „memoria”), daß ich in diesen Ozean unserer Ursprache eingetaucht bin! Ich schließe mit einem magischen Wort. Dem geduldigen Leser reiche ich, dem Schauplatz des Photos entsprechend, einen „Nektar”: von nek- (= Tod; vgl. „nekros“ = Leichnam) und ter- /*tar- = vorübergehen; das heißt, einen Trunk der Götter, mit dem man „über den Tod hinwegschreitet”. Willi Bolle Minha São Paulo – minha língua 60 Metrópole – Necrópole. Uma se espelha na outra. Como se os vivos e os mortos quisessem falar uns com os outros. Isso pressupõe uma língua comum. A cidade, como diz um historiador, é a descoberta mais preciosa da civilização; na transmissão da cultura, no entanto, ela é sobrepujada pela língua. Quando então um dia esses túmulos tiverem virado cinzas – e também aqueles arranha-céus com sua verticalidade triunfante, mas transitória – restará desta cidade somente a sua língua. É a língua que nos conecta com a primeira metrópole da história da humanidade, com uma cidade como “Ur”, cujo nome ecoa em “Urbs” e “Urban”. Temos em São Paulo um Museu da Língua Portuguesa, mas será que não é preciso escavar mais fundo? Procuremos o caráter cosmopolita da nossa cidade, que uniu povos romenos, germânicos, eslavos, africanos e asiáticos com os índios, que forneceu a base para uma “língua geral”. Essa deve ter sido a inspiração para o grande descobridor de uma nova língua brasileira no século XX, João Guimarães Rosa, que queria “tudo”: “o dialeto de Minas Gerais, o brasileiro, o português, o latino – talvez até mesmo a língua dos esquimós e dos tártaros”. Ele queria “a língua que se falava antes de Babel”. Quando olho para essa metrópole, na qual vivo há 47 anos – que representa um décimo da idade dela –, sinto o desejo de colecionar palavras-chave de sua história, a começar por ATROCADUCAPACAUSTI... CITYCIDADECITÉ (Augusto de Campos) dos nossos dias até o “coro de ouro das sacas de café” na “Paulicéia Desvairada” dos anos de 1920, com suas festas, delírios “em carnagens de luz” (Mário de Andrade). E dali de volta ao início do século XIX, quando os exploradores alemães Spix e Martius destacaram a capacidade de reflexão e a tendência a sutis análises que viram nos paulistanos. E, retrocedendo mais ainda, aos primórdios do período colonial, para ouvir as pregações dos jesuítas, os comandos dos bandeirantes, as falas dos boiadeiros e as conversas dos índios. E, voltando mais ainda, até a língua matriz que esta cidade cosmopolita tomou emprestada das primeiras cidades: até ao indo-europeu, a raiz comum da minha língua materna e da pátria que escolhi. Só posso aqui reunir uma pequena constelação dessas primeiras palavras originais em que o idioma alemão se encontra com o latim e com o português. Com elas pretendo aqui esboçar um retrato em miniatura da nossa Pauliceia. Comecemos com a palavra dhghem-, que significa “terra”. Derivam dela o germânico *gumon = “Mann” (homem) e o latim “humus” e “homo”. O indo-europeu gen- resultou no germânico “Kind” 61 62 63 (criança) e no latim “gens” = raça, clã, que remete à palavra “gentio”, com a qual os índios eram denominados. Kei- (deitar, cama, abrigo) é a origem do alemão “Heimat” (pátria) e do latim “civis” = habitante, cidadão. Fácil de lembrar é mater-, raiz de “Mutter”, “mãe” e do grego “méter”, vem daí “Metrópole”. Pel- e a variante *ple- (encher, abundância) resultaram em “voll” e “plenus” (cheio), além de “plebes” = multidão. Temos, além disso, op- (trabalhar) e sua derivação “opus” (obra), “operários”, “ofícios”; bem como teks- (tecer, fabricar), dali o grego “tekhné” e a nossa “técnica”. De wegh- (andar, transportar) vêm “Weg” (caminho) e “veículo(s)”. Desses, nossa megacidade conta com mais de sete milhões de unidades. Mas agora preciso parar. Que loucura, que “mania” (de men- = pensar, daí também “mens” e “memória”) eu ter mergulhado nesse oceano da nossa língua-mãe! Finalizo com uma palavra mágica. Ao leitor paciente, de acordo com o cenário da foto, um “néctar”: de nek- (= morte; comp. nekros = cadáver) e ter/*tar- = transitar, transitório; ou seja, uma bebida dos deuses, com a qual se pode “passar por cima da morte”. Willi Bolle My São Paulo – My Language Metropolis – Necropolis, one is reflected in the other, as if the living and the dead wanted to speak to each other. This requires a common language. The city is, as one historian says, the most valuable invention of civilization; but, in the transmission of culture, it is surpassed by language. So, if one day these graves are turned to dust – and those high-rise buildings with their triumphant, but transitory verticality – then the only thing that will remain from this city is its language. It is language that connects us with the first cities in the history of mankind, with a city like “Ur“ whose name resonates in the words “urbs” and “urban”. We have a Museum of the Portuguese Language in the city of São Paulo, but must we not dig deeper? Let us search for the cosmopolitan character of our city, which has joined the Romance, Germanic, Slavic, African, and Asian peoples with the indigenous, who possessed a “common language”. This was probably the inspiration for the great inventor of a new Brazilian language in the 20th century, for João Guimarães Rosa, who wanted “everything”: “the dialect of Minas Gerais, the Brazilian, the Portuguese, the Latin – maybe even the language of the Eskimos and the Tartars.” He wanted “the language spoken before Babel”. When I look at this metropolis where I have lived for the past 47 years – that is one-tenth its age – I feel the desire to collect keywords from its history, beginning with the ATROCADUCAPACAUSTI ... CITYCIDADECITÉ (Augusto de Campos) of our days to the “choir of the black gold of the coffee sacks” in the “crazy city” of the 1920s, with its festivals, “deliria of glowing flesh” (Mário de Andrade). And from there back to the early 19th century, when the German explorers Spix and Martius raised reflection and the inclination to subtle investigations among the Paulistanos. And further back in the early colonial period, to listen to the sermons of the Jesuits, the commandos of the bandeirantes (the expeditionary troops), the conversations of the drivers and the discussions of the Indians. And even further back, to original language, which this cosmopolitan city took from the first cities: to the Indo-European, the common root of my mother tongue and that of my adopted home. Here, I will be able to put together only a small cluster of these original words, where the German meets the Latin and the Portuguese. With them, I would like to sketch a miniature portrait of our Paulicéia. Let’s start with the word dhghem-, which means “terra” (earth). From it stems the Germanic *gumon = “man” and the Latin “humus” and “homo”. The Indo-European gen- resulted in the Germanic “Kind“ (child) and in the Latin “gens” = race, clan, reminiscent of the word “gentío”, which the Indios were called. Kei- (lie, bed, lodging) is the origin of the German word “Heimat“ (home) and the Latin “civis” = resident, citizen. Easy to recognize is mater-, the root of “mother”, “mãe” and the Greek “méter”, from which comes “Metropolis”. Pel- and the variants *ple- (fill, abundance) yield “full” and “plenus”, also “plebes” = multitude. In addition, we have op- (work) and its derivatives “opus” (work), “operários” (workers), “ofícios” (service, business); as well as teks- (weave, produce), thus, the Greek “tekhné” and our “technology”. From wegh- (go, transport in a vehicle) come “way” and “veículo(s)“ (wagon). From these our mega city counts more than seven million. But, now I must stop. What craziness, what a “mania” (from men- = thinking, therefore, also “mens” and “memoria”) that I have submerged in this ocean of our original language! I conclude with an magic word. I submit to the patient reader, corresponding to the location of the photo, a “nectar”: from nek- (= dead; cf. nekros = corpse) and ter- /*tar- = cross over; i.e., a drink of the gods for “overcoming death”. Willi Bolle IC Stadt der Mauern Von oben betrachtet, ist São Paulo manchmal sogar schön. Von der Dachterrasse meines 25-stöckigen Wohnhauses ist der Blick nach Jardins, dem Villenviertel, spektakulär und für São Paulo ungewöhnlich: Soviel Grün bekommt das Auge in dieser Stadt sonst nie zu sehen. Unten jedoch sieht es ganz anders aus. Endlose Mauern ziehen sich durch Jardins. Die Gärten hinter diesen Mauern kann man nur erahnen. Private Wachschützer, an jeder Straßenecke postiert, beäugen jeden Fußgänger mißtrauisch. Wer zu Fuß geht, ist verdächtig, denn er hat offensichtlich kein Geld, sich ein Auto zu leisten. Und wer kein Geld hat und nicht Auto fährt, ist noch zu ganz anderen Verbrechen fähig. Hier, im Westen der Stadt, gibt es vieles, was hinter Mauern verborgen und geschützt werden muß: übermäßig große Autos, stil- und geschmacklose Häuser mit obligatorischem Swimmingpool und natürlich deren Bewohner, die gelegentlich von hochprofessionell agierenden Banden überfallen, entführt und ausgeraubt werden. Am anderen Ende der Stadt, in der Zona Leste, der Ostzone, ist weniger zu holen. Fast dreißig Kilometer lang reihen sich hier kleine, verschrumpelte Buden südlich des Tietê-Flusses aneinander: Wohnhäuser, Autowerkstätten, Garagen, kleine Läden, Bars. Mehr oder weniger armselig und gesichtslos kommt die Ostzone daher, mehr oder weniger gefährlich ist es dort. Was die Ostzone mit dem Westen verbindet, sind die Mauern. Auch hier wird der ungleich geringere Besitz mit allem verteidigt, was die Sicherheitstechnik bietet. Am beliebtesten ist nach wie vor die gute alte Mauer. Mindestens drei Meter hoch muß sie sein, gerne höher. Wenn das Geld nicht für einen Elektrozaun auf dem Sims reicht, wird die Oberseite der Mauer mit Glasscherben oder Stacheldraht bewehrt. Die Mauern sind grau, häufig unverputzt, und in ihrer Erbärmlichkeit repräsentieren sie ihre triviale Funktion adäquat. Wenn es Graffiti nicht schon gäbe, müßte man es für die Mauern von São Paulo erfinden. Leider gibt es viel zu wenige bemalte Mauern in der Stadt. Graffiti gilt in Brasilien als Kapitalverbrechen, und das private Sicherheitspersonal ist dabei nicht zimperlich: Einige „Graffiteiros“ sind bei der Verschönerung der Stadt schon erschossen worden. Ein deutlicher Hinweis, was passiert, wenn man versucht, die Mauern zu „überwinden“. Nicht die zehntausende Wolkenkratzer, die kanalisierten, zu Kloaken degenerierten Flüsse, die wahnwitzigen Autounter- und -überführungen, die einen an Fritz Langs Metropolis oder Ridley Scotts Blade Runner erinnern, sind das Merkmal von São Paulo. Es sind die Mauern: Hunderttausende von ihnen machen die Stadt einzigartig. In New York gibt es noch Zäune, die zumindest einen Blick auf die zu beschützenden Gebiete zulassen. In Tokio sind die Häuser so dicht aneinander gebaut, daß es keinen Platz für Mauern gibt. São Paulo verschwindet vom Erdboden aus betrachtet hinter einer grauen Wand. Wer mit seiner Fantasie spielt, kann sich beim Betrachten der immer gleichen, unendlichen Mauerflächen fragen, ob es die Stadt dahinter überhaupt gibt. Die Mauern signalisieren Angst: Sie zeigen die radikale Trennung des Privatbesitzes von etwas, was man nicht als öffentlichen Raum bezeichnen kann. In São Paulo ist der Ort außerhalb der Mauern ein angstbeladener Raum, der am liebsten so schnell wie möglich in einem gepanzerten Geländewagen durchfahren wird. Wer eine von Mauern gesäumte Straße entlang läuft und einen Unfall hat oder überfallen wird, braucht nicht auf Hilfe von der anderen Seite der Mauern zu hoffen. Auch das auf der Straße patrouillierende Sicherheitspersonal fühlt sich nicht zuständig. Es sorgt seinem Auftrag entsprechend ausschließlich für die Sicherheit hinter den Mauern. Wer sich davor oder dazwischen ohne Auto aufhält, ist selber schuld. Wie können die Bewohner der Mauerstadt das ertragen? Die meisten kennen es nicht anders, sie halten es für den normalsten Zustand der Welt, sich hinter Mauern aufzuhalten. Sport-Clubs, Shopping-Center und Gated Communities sind die bevorzugten Orte der Mittelklasse, alles Einrichtungen, die durch hohe Mauern abgegrenzt werden. Die Bewohner der Weststadt bewegen sich in ihren Panzerwagen von einem ummauerten Ort zum nächsten. Wenn es irgendwo auf der Welt eine „Mauer in den Köpfen“ gibt, dann hier in São Paulo. Noch häßlicher als die sichtbaren sind die unsichtbaren Mauern der Stadt. Von meinen Nachbarn, alle weißer Hautfarbe und nicht unvermögend, war noch nie jemand in der Ostzone. Sie halten es dort für gefährlich – und überhaupt, was sollten sie dort? In der Ostzone wohnen die Arbeiter, Schwarze und Pardos, viele von ihnen zugereist aus dem armen Nordosten des Landes. Im Westen sieht man sie nur als Portiers, Putzkräfte, Supermarktpersonal oder als mit Sicherheitsdiensten betraute Eckensteher. Abends auf der Straße und ohne Dienstuniform gelten sie als verdächtig, vor allem, wenn sie jung sind. Auch in den Amüsierbetrieben im Stadtteil Vila Madalena ist die soziale Mauer nicht schwer zu erkennen. Das Amüsiervolk ist vorwiegend weiß, die Kellner sind schwarz. Dabei ist es hier nicht in erster Linie eine Frage der Hautfarbe, wer wen bedient – sondern auf welcher Seite der unsichtbaren Mauer man aufgewachsen ist. Wer in Serviceberufen arbeitet, kommt fast immer aus der Ostzone. Und kommt von dort auch nicht weg. Mit dem erbarmungswürdigen Minimallohn, den die West-Paulistaner ihrem Personal in der Regel zahlen, läßt sich in den „besseren“ Teilen der Stadt noch nicht einmal eine Besenkammer anmieten. Manchmal frage ich mich, warum ich ausgerechnet in diese Stadt gezogen bin. Ich kam aus Berlin, der Stadt, die eine Zeitlang die berühmteste Mauer der Welt hatte. Jetzt laufe ich wieder jeden Tag an endlosen Mauern entlang. Nur daß hier die Gefahr nicht erst bei dem Versuch, über die Mauer zu steigen, beginnt. Martin Gegner 78 79 80 Cidade de muros Olhando de cima, São Paulo às vezes até parece bonita. Da cobertura de meu apartamento no 25° andar, a vista para os Jardins, o bairro das mansões, é espetacular e pouco comum para a cidade: quase nunca os olhos alcançam tanto verde. Mas em baixo, tudo é bem diferente. Muros infinitos alongam-se pelos Jardins. E os jardins atrás dos muros ficam só na imaginação. Vigias particulares, postados a cada esquina, examinam desconfiados todos os passantes. Quem anda a pé é suspeito, pois evidentemente não tem dinheiro para comprar um carro. E quem não tem dinheiro e não anda de carro é capaz de cometer qualquer outro crime. Aqui, na zona oeste da cidade, muita coisa deve ser escondida e protegida atrás dos muros: carros demasiado grandes, casas sem estilo e de mau gosto, obrigatoriamente com piscina, e claro moradores, vez ou outra atacados, sequestrados e roubados por bandos que agem de modo altamente profissional. No outro extremo da cidade, na zona leste, há pouco que ver. Ao longo de quase trinta quilômetros ao sul do rio Tietê enfileiram-se pequenos barracos ressequidos, colados uns nos outros: casas, oficinas mecânicas, garagens, lojinhas, bares. Mais ou menos pobre e sem rosto, essa é a zona leste, lá é mais ou menos perigoso. O que une a zona leste e a zona oeste são os muros. Também aqui a propriedade, desproporcionalmente menor, é defendida com tudo que a tecnologia de segurança oferece. Mas o bom e velho muro como sempre é o preferido. E deve ter pelo menos três metros, se for mais alto, melhor. Caso o dinheiro não dê para uma cerca eletrificada sobre a cornija, a parte de cima do muro é reforçada com cacos de vidro ou arame farpado. Os muros são cinza, quase sempre sem reboco, e nesse estado miserável cumprem sua função trivial de modo adequado. Se não houvesse o grafite, seria preciso inventá-lo para os muros de São Paulo. Pena que existam tão poucos muros pichados na cidade. Grafite no Brasil é considerado crime capital, e os seguranças particulares não têm pudor: alguns grafiteiros já levaram tiros enquanto embelezavam a cidade. Um aviso claro do que pode acontecer quando se tenta “ultrapassar” os muros. Milhares de arranha-céus, os rios canalizados e transformados em esgoto, os túneis e viadutos absurdos que lembram o Metropolis, de Fritz Lang, ou o Blade Runner, de Ridley Scott, não são as características mais marcantes de São Paulo. São os muros. Milhões de muros tornam a cidade algo singular. Em Nova York ainda existem as grades, mas pelo menos permitem olhar a área que deve ser protegida. Em Tóquio as casas são construídas tão próximas umas das outras que não há espaço para muros. São Paulo desaparece atrás de uma parede cinza, ao ser observada da terra. Quem gosta de brincar com a imaginação, poderia se perguntar, contemplando as superfícies infinitas, sempre iguais dos muros, se existe mesmo uma cidade atrás deles. Os muros sinalizam medo: mostram a separação radical da propriedade privada de algo que não se pode designar como espaço público. Em São Paulo o lado de fora do muro é um espaço carregado de medo, que precisa ser atravessado o mais rápido possível, de preferência num jipe blindado. Quem passa por uma rua arrematada por muros e sofre um acidente ou é assaltado não deve esperar ajuda vinda do lado de lá do muro. Os seguranças que patrulham a rua tampouco se sentem autorizados a isso. De acordo com o contrato, devem zelar exclusivamente pela segurança atrás dos muros. Azar de quem se demorar em frente ou entre os muros sem carro. Como os habitantes dessa cidade amuralhada aguentam? A maioria não conhece outra coisa, consideram o estado mais normal do mundo morar atrás de muros. Clubes, shoppings e condomínios fechados são os lugares preferidos da classe média, todos construções delimitadas por muros altos. Os habitantes da zona oeste movem-se em seus tanques de guerra de um espaço com muros para outro. Se existe algum lugar no mundo onde as pessoas têm um “muro na cabeça”, esse lugar deve ser São Paulo. Mais feios ainda que os muros visíveis são os muros invisíveis da cidade. Entre meus vizinhos, todos brancos e nada desabastados, nenhum deles já esteve na zona leste. Consideram perigoso – e afinal o que iriam fazer lá? Na zona leste moram os trabalhadores, os pretos e pardos, muitos deles vindos do nordeste pobre do país. Na parte oeste são vistos apenas como porteiros, empregados domésticos, caixas de supermercado ou desocupados, incumbidos de serviços de segurança. À noite, na rua e sem o uniforme de serviço, passam por suspeitos, sobretudo se são jovens. Também na parte mais divertida da cidade, o bairro da Vila Madalena, não é difícil reconhecer o muro social. As pessoas que se divertem são principalmente brancas, os garçons, negros. Mas a questão central aqui não é a cor da pele, quem serve a quem – e sim de que lado do muro invisível foram criadas. Quem trabalha no setor de serviços vem quase sempre da zona leste. E não consegue sair de lá. Com o salário mínimo miserável com que os paulistanos da zona oeste em geral pagam os empregados não dá para alugar nem um armário na despensa na parte “melhor” da cidade. Às vezes eu me pergunto por que motivo foi mesmo que me mudei para cá. Eu venho de Berlim, a cidade que por muito tempo teve o muro mais famoso do mundo. Agora eu passo de novo todos os dias por muros infinitos. Só que aqui o perigo não começa exatamente quando se tenta subir no muro. Martin Gegner City Of Walls Viewed from above, São Paulo is sometimes even beautiful. From the rooftop of my 25-story apartment building, the view to Jardins, the district of villas, is spectacular and unusual for São Paulo: The eye almost never gets to see so much green in this city. Below, however, it looks quite different. Endless walls run through Jardins. You can only imagine the gardens behind these walls. Private security guards, stationed at every street corner, eye every pedestrian suspiciously. If you walk there, you are a suspect because you obviously do not have any money to afford a car. And if you do not have money and do not drive a car, you are quite capable of other crimes. Here, on the west side of the city, there is much that must be hidden and protected behind walls: excessively big cars, houses without style and taste with obligatory swimming pools and, of course, their residents, who are occasionally attacked, kidnapped, and robbed by highly professional active gangs. At the other end of the city, in the Zona Leste, the East Zone, there is a lot less to get. For nearly thirty kilometers, small, shriveled booths are lined up south of the Tietê River: houses, car repair shops, garages, small shops, bars. The East Zone is more or less poor and faceless, it is more or less dangerous there. What connects the East Zone with the West are the walls. Again, the unequally fewer possessions are defended with everything that security technology offers. But, the most popular means of protection is still the good old wall, which must be at least three meters high or even higher. If there is not enough money for an electronic fence on the ledge, the top of the wall is reinforced with broken glass or barbed wire. The walls are gray, often roughcast, and in their wretchedness, they represent their trivial function adequately. If graffiti is not already there, you would have to invent it for the walls of São Paulo. Unfortunately, there are far too few painted walls in the city. Grafitti is considered as a capital offense in Brazil and the private security personnel do not go easy on this: Some “graffiteiros“ have even been shot dead in the beautification of the city. It is a clear sign of what happens when you try to “overcome” the walls. Not the tens of thousands of skyscapers, the canalized rivers degenerated into cesspools, the crazy car tunnels and overpasses that remind you of Fritz Lang‘s Metropolis or Ridley Scott’s Blade Runner, are the mark of São Paulo. It is the walls: hundreds of thousands of them make the city unique. In New York, there are still fences, which at least let you have a look at the areas to be protected. In Tokyo, the houses are built so close together that there is no place for walls. São Paulo disappears from the face of the earth viewed from behind a gray wall. If you let your imagine go, you can always wonder when you look at the same, endless wall surfaces, if there really is a city behind them at all. The walls indicate fear: They show the radical separation of private property from something that you cannot call public space. In São Paulo the place outside the walls is a fear-laden space, which is driven through best as quickly as possible in an armored SUV. If you walk along a street lined with walls and have an accident or you are attacked, then you cannot hope to be helped by somebody on the other side of the walls. Even the security guards patrolling in the streets do not feel responsible. They only provide security behind the walls, according to their jobs. If you stand in front of them or between them without a car, it is your own fault. How can the residents of the walled-in city stand it? Most do not know anything different, they think it is the most normal condition of the world to stay behind walls. Sports clubs, shopping centers and gated communities are the preferred places of the middle class, all facilities that are separated by high walls. The residents of the west side move in their armored vehicles from one walled city to the next. If there ever was a “wall in the minds” of people anywhere in the world, it is here in São Paulo. Even uglier than the visible walls are the invisible walls of the city. None of my neighbors, all white and not without some means, had ever been to the East Zone. They all think it is dangerous there – and why should they go there anyway? In the East Zone live the workers, blacks, and pardos, many of whom have moved there from the poor northeastern part of the country. On the west side, you only see them as porters, cleaners, supermarket staff, or as low level security personnel. At night on the street and without service uniforms, they are considered suspicious, especially if they are young. Even in the amusement places in the Vila Madalena district, the social barrier is not difficult to recognize. The people entertained are predominantly white, the waiters are black. Here, it is not primarily a question of skin color, who serves whom – but on which side of the invisible wall you grew up. People who work in service professions almost always come from the East Zone, and you also cannot ever get out of that area. With the pitiful minimum wage the West Paulistanos pay their staff in general, you still cannot even rent a closet in the “better” parts of town. Sometimes I ask myself why I moved to this city, of all cities. I am from Berlin, the city which, for a time, had the most famous wall of the world. Now I walk along the endless walls every day again, except that here, the danger does not begin in attempting to climb over the wall. Martin Gegner 81 BR Einem Halm gleich / kraftlos / unter Schutz-Last / Rose Como um caule / exausto / sob copa teme- / rosa Like A Stalk / Exhausted / Under Protection-Load / Rose Ricardo Domeneck in: Carta aos anfíbios, 2005 November machen müde. Der Kalender ist der Anfang aller Last. Die Verpflichtungen der kommenden Weihnacht, das Neue Jahr als bevorzugtes Thema, als ob die erneute Belebung noch gültiges Zahlungsmittel wäre. Das Spiel mit der Veränderung als einzig Verbleibende, die uns vom Endgültigen befreit. „Ohne Antrag faßt Du mich nicht an“, die Lust der Enthüllung (trommelt gegen die Brust) bei Darlene Glória in Toda Nudez Será Castigada (Jede Blöße wird bestraft), doch die Angst ist da. Schon früh lernen wir, zu investieren. Niemals entblößen, solange man Verantwortung trägt. Du bist hier, darin steckt das Versprechen zu bleiben, für immer. Die Anforderungen erwachsen den Erwartungen, an meine fehlenden Rechte. Der Asphalt der Rua Augusta, er ist klatschnaß in diesem seltsamen Frühling des 7. November 2003 (in ungeraden Jahren bin ich überzeugt, daß der Tod existiert) die Grenzen geschlossen, die Invasion der Barbaren bevorstehend, die Kapriolen des Klimas gesellen sich deinen Störungen an. Wann ruft alles in mir nach Beständigkeit? Der Mund, der spricht: „Wenn ich bliebe wäre es sinnlos, das universelle Wahlrecht“. Man meldet sich am Telefon nie mit der gleichen Stimme, man bricht das Brot, und es ist immer das erste Mal. 82 83 84 85 Novembro cansa. O calendário é o início de todo cansaço. As obrigações de natal por vir, o ano novo o tópico favorito como se fosse ainda moeda corrente a regeneração. O jogo da transição o único restante e isenta -nos do definitivo. “Só toca em mim casando”, vontade de expor (as mãos batendo contra o peito) como Darlene Glória em Toda Nudez Será Castigada, mas o medo. Desde cedo aprendemos sobre investimentos. Nunca desnudar-se antes da isenção de responsabilidade. Você está aqui, é implícita a promessa de estar sempre. As exigências nascem da expectativa, da minha falta de direitos. O asfalto na Augusta encharcado nesta primavera estranha de 07 de novembro de 2003 (em anos ímpares me convenço de que a morte existe) as fronteiras fechadas, as invasões bárbaras às portas, as disfunções do clima vêm unir-se à sua intermitência. Quando tudo em mim conspira pela constância? Seu rosto que diz “se eu ficasse não faria mais sentido o sufrágio universal.” Atende-se ao telefone nunca a única voz, parte-se o pão e é sempre a primeira vez. November makes you tired. The calendar is the start of all fatigue. The obligations of the coming Christmas, the New Year as a favorite topic, as if renewal were a valid currency. The game of transformation as the only thing that remains, that frees us from the finality. “Just touch me when you marry,” the desire to reveal (beating hands on the breast) like Darlene Glória in Toda Nudez Será Castigada (All Nudity Will Be Punished), but the fear. Early on we learn about investments. Never expose yourself to the liberation of responsibility. You are here and with it, the promise to be eternal. The requirements grow with the expectations, with my lack of rights. The soft asphalt on Rua Augusta of this spring is strange, on November 7, 2003 (in odd years, I am convinced that death exists) the borders are closed, the invasion of the barbarians at the gate, the climatic disturbance combined with the state of emergency. When everything in me calls for dependability? His face says “If I stayed, universal suffrage would be pointless.” You never answer the phone as the only voice, you share the bread and it is always the first time. BR BR O Parque Ibirapuera – ein Park ohne Stillstand Wenn in vielen anderen Parkanlagen der Stadt am Abend die Tore geschlossen werden, bricht im Ibirapuera-Park so mancher Läufer erst zu seinen nächtlichen Runden auf. Am besten bleibt man dabei auf den beleuchteten Wegen, damit man nicht über eine der oft langen und verschlungenen Wurzeln der zum Teil wuchtigen Baumriesen stolpert – und auch sonst keine böse Überraschung herausfordert. Regelmäßige Trainingsläufe, alleine oder in einer „Grupo de Corrida“, sowie meinen ersten Wettkampflauf verbinde ich mit dem Ibirapuera-Park im südlichen Stadtgebiet von São Paulo. Jedes Jahr am 25. Januar macht sich eine zunehmend größere Anzahl Läufer auf, um den Gründungstag der Stadt 1554 zu „begehen“. Dieser Lauf ist zwar von bescheidener Länge; für mich aber war es der erste Straßenlauf und gleichzeitig der Ausgangspunkt für namhaftere Läufe in derselben Stadt und in Berlin. Zur 400-Jahr-Feier der Stadt 1954 angelegt, wirkt der Ibirapuera-Park nicht nur beim Spazierengehen oder bei sportlicher Nutzung, also bei Nahsicht, sondern vor allem auch aus der Vogelperspektive beeindruckend. Wie eine große Figur mit spitz zulaufenden Extremitäten verbindet eine Betonmarkise die einzelnen Gebäude des von Oscar Niemeyer konzipierten Architekturensembles und fällt uns beim Anflug auf den Stadtflughafen Congonhas sofort ins Auge. Das Grün sorgt für den nötigen Kontrast zum Betonmeer der Stadt, von dem sich der ausladende Gebäudekomplex des Parks sonst nur schwer absetzen könnte. Erst vor wenigen Jahren durch das sogenannte Niemeyer-Auditorium erweitert, finden dort größere Musikveranstaltungen statt, deren nach außen orientierte Bühne die Klänge auch zu den Spaziergängern transportiert. Der Ibirapuera-Park wird von vielen Paulistanern in ihrer Freizeit genutzt, zu sportlichen und geselligen Zwecken, aber auch für kulturelle. Die Kunstbiennale, „A Bienal de São Paulo“, hat dabei die längste Geschichte. Seit ihrer zweiten Ausrichtung im Jahre 1953/54 findet sie in dieser weitläufigen Parkanlage statt, zuerst in den beiden kleineren Gebäuden, seit der IVª Bienal 1957 im heutigen Matarazzo-Pavillon. Fest installiert sind auch das MAM und die vom MAM betreuten Außenskulpturen bekannter und weniger bekannter Künstler, die mir als Läuferin im Park schnell vertraut waren. Mary Vieiras Skulptur zu Ehren des Politikers Pedro de Toledo war mir immer wieder eine Verschnaufpause wert, zumal die Künstlerin ja Intervention wünschte. Den Scheiben der Skulptur verhalf ich durch behutsames Drehen des öfteren zu neuen Konstellationen. Das indianische Wort „ibirapuera“ bedeutet morsches Holz; tatsächlich ist es ein baumreicher Park, den nicht nur die Menschen genießen. Kaninchen, Gambás, große und kleine Echsen, Quero-Queros, also Kiebitze, Bem-te-vis, Maritacas und anderes exotisches Gefieder geben der Anlage das tropische Flair, das besonders wir Europäer genießen – auch wenn es immer wieder durchbrochen wird durch weniger exotische Beispiele der Fauna: Menschen trainieren und dressieren ihre vierbeinigen Lieblinge auf einem vor allem sonntags gut besuchten Hundeübungsplatz. Die fast pausenlose Dynamik des Parks, der nur selten eine weite Oase der Ruhe ist, macht uns staunen. Staunen machen uns auch die stämmigen Bäume, wie die Ficus-Art auf dem Bild, dank deren massiger Breite sie uns dann doch einen Eindruck von Stillstand und Ruhe vermitteln. Martina Merklinger O Parque Ibirapuera – um parque sem parada À noite, quando a maioria dos parques da cidade tranca seus portões, muitos corredores chegam ao parque Ibirapuera para sua corrida noturna. É preferível se manter nos caminhos iluminados para não tropeçar numa raiz longa e entrelaçada das imponentes árvores gigantes e também evitar qualquer surpresa desagradável. Associo as corridas regulares, sozinha ou em grupo, e a minha primeira competição, ao Parque Ibirapuera, na região sul de São Paulo. Todos os anos, no dia 25 de janeiro, um número cada vez maior de corredores participa da corrida em comemoração à fundação da cidade de São Paulo, em 1554. Na verdade, essa corrida é de distância modesta. Para mim, porém, foi a primeira corrida de rua e, ao mesmo tempo, o ponto de partida para corridas mais importantes, na mesma cidade e também em Berlim. Criado em 1954, em homenagem ao quarto centenário da cidade, o Parque Ibirapuera impressiona não apenas durante as caminhadas e o uso esportivo, ou seja, quando visto de perto, mas a vista da perspectiva dos pássaros é particularmente especial. Como uma grande figura com extremidades pontiagudas convergentes, um toldo de concreto conecta os diversos edifícios do conjunto arquitetônico projetado por Oscar Niemeyer que chama atenção quando se sobrevoa o parque na aterrissagem no Aeroporto de Congonhas. O verde oferece o contraste necessário ao mar de concreto da cidade, do qual o projeto do complexo arquitetônico do parque de outro modo dificilmente se destacaria. Complexo ampliado há poucos anos, com o chamado Auditório Ibirapuera, onde importantes eventos musicais têm lugar, com seu palco voltado para fora transportando os acordes também para os que por ali passeiam. O Parque Ibirapuera é utilizado por muitos paulistanos em seu tempo livre, para fins desportivos, sociais e também culturais. A Bienal de São Paulo, a bienal das artes, tem a mais longa história. Desde a sua segunda edição, nos anos 1953/54, é realizada nesse espaçoso parque, inicialmente em dois edifícios menores e desde a 4ª Bienal, em 1957, no atual pavilhão Matarazzo. Também o MAM (Museu de Arte Moderna) e suas esculturas ao ar livre de artistas conhecidos e menos conhecidos rapidamente se tornaram familiares para mim como corredora. A escultura de Mary Vieira em homenagem ao político Pedro de Toledo para mim sempre representou um momento de respiro, especialmente porque a artista desejava uma intervenção. Ajudei girando seus discos suavemente formando novas constelações. 86 87 88 89 A palavra indígena “ibirapuera” significa madeira podre; na verdade, é um parque arborizado, apreciado não somente pelas pessoas. Gambás, lagartos grandes e pequenos, coelhos, quero-queros, bem-te-vis, maritacas e outras aves de plumagem exótica emprestam ao lugar um toque tropical tão apreciado pelos europeus, mesmo quando quebrado por exemplos menos exóticos da fauna: pessoas treinando e adestrando seus queridos quadrúpedes num local para treinamento de cães bastante visitado, especialmente aos domingos. A dinâmica quase incessante do Parque, que só raramente é um grande oásis de tranquilidade, é admirável. Também nos surpreendem as árvores robustas, como este Ficus da imagem, que graças à sua enorme largura, dão-nos uma impressão de calma e de estagnação. Martina Merklinger O Parque Ibirapuera – A Park That Does Not Stand Still When the gates are closed in many other parks of the city in the evening, some runners are first starting out on their nightly runs in the Ibirapuera Park. It is best to stay on the illuminated paths so you do not stumble on one of the often long and tangled roots of the, in part giant trees – and it also does not challenge you with any bad surprise. Regular training runs, alone or in a “Grupo de Corrida“, as well as my first race, I associate with the Ibirapuera Park in the southern city area of São Paulo. Every year on January 25, an increasingly large number of runners races to “celebrate” the founding date of the city in 1554. This race is of modest length; but, for me, it was the first road race and, at the same time, the starting point for more famous races in the same city and in Berlin. Created in 1954 for the 400th anniversary of the city, Ibirapuera Park is not only impressive while walking or doing sports, but also from a bird’s eye view as well. As a major figure with pointed extremities, a concrete awning connects the individual buildings of the architecture ensemble designed by Oscar Niemeyer and catches our eye immediately when arriving at the city airport Congonhas. The greenery provides for the necessary contrast to the sea of concrete of the city, which the sprawling building complex of the park could only with an effort separate itself from. It was expanded by the so-called Niemeyer Auditorium only a few years ago and larger musical events take place there, where the sounds are also transported from the stage to the walkers. Ibirapuera Park is used by many Paulistanos in their leisure time for sports and social purposes, but also for cultural events. The Art Biennial, “A Bienal de São Paulo“, has the longest history. Since its second exhibition in the year 1953/1954, it has been held in this spacious park, first in the two smaller buildings, since the IVª Bienal in 1957 in today’s Matarazzo Pavilion. Permanently installed are also the MAM and the MAM supervised outdoor sculptures by known and lesser known artists who were quickly known to me as a runner in the park. Mary Vieira‘s sculpture in honor of the politician Pedro de Toledo was always worth taking a breather at, as far as the artist wished an intervention. I helped her discs by gently turning them frequently into new configurations. The Indian word “ibirapuera” means rotten wood; actually, it is a tree-filled park, enjoyed not only by people. Rabbits, prawns, large and small lizards, quero-queros, that is lapwings, bem-te-vis, maritacas and other exotic feathers give the park the tropi- cal flair that we Europeans particularly enjoy – even when it is always interrupted again by less exotic examples of fauna: people train their four-legged friends at a dog training area, especially well-attended on Sundays. The almost ceaseless dynamic of the park, which is rarely a wide oasis of tranquility, makes us marvel. The thick trees also make us wonder how the kind of sycamore trees (ficus) on the picture, thanks to their massive width, still communicate to us an impression of rest and relaxation. Martina Merklinger BR Zum Beleléu* Ich hasse São Paulo. Früher mochte ich es, als ich herkam, um die Konzerte der Vanguarda Paulista** zu sehen und Baß spielen lernte; und ich hatte einige Onkel in São Paulo, die Musiker waren; und ich wollte auch Musiker sein; und ich ging abends mit einem Onkel aus, der Freunde hatte, die zur Avantgarde gehörten und darunter auch Itamar Assumpção; und nachts war es kalt und ich trug elegante Sakkos und dies aber nur, wenn ich São Paulo besuchte, weil ich dachte, São Paulo wäre so wie New York; und ich ging in verschiedene Bars und ins Teatro Municipal, um Macunaíma von Antunes Filho zu sehen; und ich wurde dort aus tiefstem Herzen ein Paulista. Ich war in Rio de Janeiro auch mit avantgardistischen Leuten zusammen. Ich stand auf São Paulo. Um richtig dort zu leben, kam ich im Jahr 1992 nach São Paulo; ich kam aus Deutschland zurück, und ich hatte kein Geld; und São Paulo ist eine Stadt, die erfunden wurde, um Geld zu verdienen; und ich dachte, daß sich São Paulo und Berlin, die Stadt, die mir am besten gefällt, sehr ähnlich wären; aber es gab in São Paulo keine Avantgarde mehr, sondern nur noch Menschen, die Geld verdienten; und auch ich gehörte nicht mehr zur Avantgarde und hatte einen deprimierenden Job; und die Leute aus meiner Firma und in der Straße Faria Lima hatten keine scheiß dezente Unbeholfenheit ***; und durch die schlechte Luft brannten meine Augen, und alle waren nur am arbeiten und am Geld verdienen und am Feierabend-Bier trinken; und diese Paulistas waren alle so spießig mit ihren Kurzhaar-Frisuren, die die Chefs der Firmen so mochten; und diese spießigen Frauen, die man mittags mit spießigen Kostümen auf der Avenida Paulista trifft, wo sie in spießige Restaurants mit Selbstbedienung gehen; und ich hatte solche Sehnsucht nach Rio und nach meinen avantgardistischen Freunden und nach dem avantgardistischen São Paulo von früher; und ich fuhr viel im Omnibus und verbrachte wie die anderen Paulistas auch viel Zeit im Verkehr; und ich wohnte in einer Straße, in der es nur altes Eisen und hinter meinem Haus eine fade Favela gab, sogar sie war spießig; und nirgendwo war es so wie in Berlin und ich hatte Lust, zu weinen, wenn ich nur ein Bild von Rio im Fernsehen sah; und ich kannte niemanden nirgendwo; und ich sah niemals mehr ein Konzert von Itamar Assumpção; und ich verbrachte die Jahre ausschließlich mit: arbeiten, im SelbstbedienungsRestaurant essen, Geld verdienen – und ich hasse Geld verdienen. Ich liebe São Paulo. Früher haßte ich es, weil ich dachte, daß Rio viel besser sei – bis ich verstand, daß ich immer andere Städte besser fand als diejenigen, in denen ich gerade lebte; und ich begann, die guten Dinge an São Paulo wahrzunehmen; die Rua Augusta und die Avenida Paulista, wenn sie an Winterabenden hell erleuchtet ist; ich mochte den Umstand, daß São Paulo eine der größten Städte der Welt und eine ganze Welt für sich ist, die zu groß und zu kompliziert ist, um sie ganz zu begreifen; daß das Stadtzentrum der Wahnsinn ist und daß Provinzialität manchmal auch modern sein kann, wenn man in der Kassenschlange zu einem Godard-Film steht, für den sich außer mir nur die engstirnig-modernen Paulistas interessieren; und die Songs über São Paulo um Mitternacht von Itamar Assumpção alias Beleléu; und die orangefarbene Sonne, die hinter dem Häusermeer untergeht, das den Blick auf den Horizont verstellt; und das Luftschiff, das an meinem Fenster vorbeizieht; und die Ruhe der Feiertage; und die orangenen Nächte und die orangenen Ausfallstraßen im Morgengrauen; und die Einsamkeit, die mich so plagte, daß ich dachte, daß alles voller Poesie sei und daß Beleléu gestorben ist; und São Paulo war um Mitternacht so einsam; und ich und São Paulo – wir beide – waren so einsam; und das Universum war so einsam; und die Poesie ist etwas für Einsame; und ich mochte es, diese Einsamkeit in meinem Herzen zu spüren in São Paulo. André Sant’Anna * beleléu – koboldhafte Figur des Totenreichs ** Vanguarda Paulista – avantgardistische Kulturszene der 70er / 80er Jahre im Club „Lira Paulistana“ *** a deselegância discreta de tuas meninas – die „dezente Unbeholfenheit deiner Frauen“ aus dem Lied „Sampa“, einer musikalischen Hommage an São Paulo von Caetano Veloso Pro Beleléu 98 Detesto São Paulo. Antes eu gostava quando eu vinha pra São Paulo ver show da Vanguarda Paulista e eu estava aprendendo a tocar contrabaixo e eu tenho uns tios que moram em São Paulo e eles são músicos e eu queria ser músico e eu saía de noite com o meu tio que tinha uns amigos que eram da Vanguarda Paulista e tinha o Itamar Assumpção e de noite fazia frio e eu botava uns casacos que eram muito elegantes que só dava pra eu usar quando eu vinha pra São Paulo e eu achava que São Paulo era igual Nova York e eu ia em vários bares e eu ia no Teatro Municipal ver o Macunaíma do Antunes Filho e aí eu fiquei sendo paulista de coração. Eu tinha um grupo de vanguarda no Rio de Janeiro. Eu adorava São Paulo. Eu vim morar em São Paulo em 1992 quando eu voltei da Alemanha e eu estava sem dinheiro e São Paulo é uma cidade que foi inventada só pra se fazer dinheiro e eu achava que São Paulo era a cidade mais parecida com Berlim que é a cidade que eu mais gosto, mas aí não tinha mais Vanguarda Paulista, só tinha gente ganhando dinheiro e eu não era mais de vanguarda e eu trabalhava numa firma deprimente e as paulistas da firma e da Faria Lima não tinham deselegância discreta porra nenhuma e a poluição fazia meus olhos ficarem ardendo e todo mundo ficava só trabalhando e ganhando dinheiro e bebendo chops depois do trabalho e aqueles paulistas eram todos muito caretas com aqueles cortes de cabelo caretas que os chefes das firmas gostam, e aquelas mulheres caretas com aqueles conjuntinhos caretas de andar na Avenida Paulista na hora do almoço, indo para aqueles restaurantes de quilo caretas e eu sofria tanto com a saudade do Rio e dos meus amigos cariocas de vanguarda e de São Paulo quando São Paulo era de vanguarda e eu andava tanto de ônibus e ficava tanto tempo no trânsito com aqueles paulistas e eu morei numa rua que só tinha ferro velho e tinha uma favela sem charme atrás da casa onde eu morava e até a favela de São Paulo era careta e eu não via Berlim em lugar nenhum e dava vontade de chorar só de ver uma imagem do Rio na televisão e eu não conhecia ninguém em lugar nenhum e eu nunca mais vi um show do Itamar Assumpção e eu passei muitos anos assim: só firma, só restaurante de quilo, só dinheiro e eu detesto dinheiro. 99 Adoro São Paulo. Antes eu detestava quando eu achava que o Rio era muito melhor até que eu percebi que eu sempre preferia outra cidade do que aquela cidade na qual eu estava morando e eu comecei a reparar nas coi- 100 101 sas boas de São Paulo, que nem a Rua Augusta e a Avenida Paulista iluminada de noite no inverno e o fato de São Paulo ser uma das maiores cidades do mundo e ser um mundo tão grande e tão impossível de conhecer inteiro e o centro da cidade que é muito louco e o provincianismo que chega a ser até moderno na fila pra ver filme do Godard que só eu e uns paulistas provincianos modernos gostamos e as músicas do Beleléu, que é o Itamar Assumpção, falando de São Paulo à meia-noite e o sol alaranjado morrendo atrás dos prédios que nunca acabam no horizonte sem oceano e o zeppelin que fica passando na minha janela e o silêncio dos feriados e a noite alaranjada e as avenidas marginais alaranjadas na madrugada e a solidão que dói tanto e eu fico sentindo que há poesia em toda parte e o Beleléu morreu e São Paulo ficou tão sozinha à meia-noite e eu e São Paulo somos tão sozinhos e o universo é tão sozinho e a poesia é uma coisa dos sozinhos e eu gostando de sentir essa solidão no meu coração em São Paulo. André Sant’Anna To The Beleléu* I hate São Paulo. I liked it before when I would come to São Paulo to see the Vanguarda Paulista** show and was learning to play the bass and I had some uncles living in São Paulo who were musicians and I wanted to be a musician too and went out at night with my uncle who had some friends from the Vanguarda Paulista and there was Itamar Assumpção and it was chilly at night and I would wear some very elegant coats that I could only wear when visiting São Paulo and I thought São Paulo was the same as New York and went to several bars and to the Municipal Theater watch Macunaíma by Antunes Filho and that is when I became a real Paulista. I had an avant-garde group in Rio de Janeiro. I loved São Paulo. To really live there I came to São Paulo in 1992 when I returned from Germany and was out of money and São Paulo is a city invented only to make money and I thought that São Paulo was a city more similar to Berlin, which is the city I like the most, but then there was no Vanguarda Paulista anymore, only people making money and I was not avant-garde anymore and worked in a depressing firm and the Paulistas of the firm and Faria Lima Street had absolutely no freaking discreet elegance*** and the pollution burned my eyes and everybody only wanted to work and they were all very square with those square (short) haircuts that the firm‘s bosses liked, and those square (manicured) women with square outfits to walk the Paulista Avenue during lunch hour, going to those square (bourgeois) buffet restaurants and I suffered a lot from missing Rio and my carioca avantgarde friends and São Paulo when it was avant-garde and I rode the bus so much and spent so much time in traffic with those Paulistas and lived in a city that only had junkyards and a charmless slum behind the house I resided but now even slums were square (bourgeois) in São Paulo and I could not see Berlin anywhere and felt like crying just seeing Rio on TV and did not know anybody anywhere and never attended an Itamar Assumpção concert and spent many years like that: just the firm, buffet restaurants, only money and I hate money. I love São Paulo. Before I hated it when I thought Rio was much better and then I realized that I always preferred another city to where I was living. So I started to pay attention to the good things in São Paulo, like the Augusta Street and the Paulista Avenue lit up during a winter night. I liked the fact that São Paulo is one of the largest cities in the world and is such a big world itself and that it is so impossible to know en- tirely, that the city‘s downtown is very crazy and that provincialism can sometime even be modern, when you stand in the lines to see the Godard movie that only I and some modern provincial Paulistas enjoy and the songs of the Beleléu, which are by Itamar Assumpção, which was only his nickname, talking about São Paulo at midnight and the orange sun dying behind the buildings that never end in the oceanless skyline that blocks the view of the horizon, and the airship that passes by my window, the quiet of the holidays, the orange nights and the orange service roads at dusk, and the solitude that hurts so much and I keep thinking that there is poetry everywhere and that Beleléu has died. São Paulo was so lonely at midnight, São Paulo and I both were so lonely and the universe is so alone and poetry is a thing for the lonely and I like to feel that loneliness in my heart in São Paulo. André Sant’Anna * beleléu – elfish figure of Hades ** Vanguarda Paulista – avant-garde cultural scene of the 70s / 80s in the club “Lira Paulistana“ *** a deselegância discreta de tuas meninas – the ”subtile clumsiness of your women” from the song “Sampa”, a musical tribute to São Paulo by Caetano Veloso BR IC Grenzen des Wachstums Ein unendliches Meer aus Hochhäusern, ein undurchdringlicher Zement-Dschungel, der sich am Horizont verliert, eingehüllt in eine Dunstglocke, die in der Abendsonne romantisch schön, aber auch bedrohlich schimmert. Das Bild spiegelt die Wahrnehmung von São Paulo, wenn man mit dem Flugzeug auf einen der Flughäfen zusteuert, treffend wider. Anders als Rio de Janeiro ist São Paulo kein emblematischer Touristenort, der Vorstellungen von tropischer Exotik und Schönheit evoziert. São Paulo steht vielmehr für die geballte und faszinierend dynamische Wirtschafts- und Finanzkraft des globalen Südens. Denn die Metropolregion São Paulo ist nicht nur das führende Wirtschaftszentrum Brasiliens, sondern auch das größte industrielle Ballungsgebiet Lateinamerikas und einer der wichtigsten Industriestandorte weltweit. São Paulo ist mehr als eine Stadt. Es ist eine verdichtete Metropolregion mit einer Gesamtfläche von 7.947 Quadratkilometern und einer Bevölkerung von 20,5 Millionen Einwohnern (2010), die neben der eigentlichen Stadt São Paulo mit 11,11 Millionen Einwohnern (2010) als Kernzone noch 38 weitere Städte umfaßt. Während São Paulo für die einen das Sinnbild von Entwicklung und Fortschritt in einer zunehmend verflochtenen, multipolaren Welt ist, so ist es für andere ein paradigmatisches Beispiel für die Grenzen des ökonomischen Wachstums. Denn im Alltag der Stadt werden uns die ökologischen Folgen einer einseitigen Wachstumslogik deutlich vor Augen geführt. Das rapide Wachstum der Metropolregion, die hohe Industriedichte und Verkehrskonzentration gehen mit zahlreichen Umweltproblemen einher, die das Alltagsleben der Menschen prägen und ihre Lebensqualität beeinträchtigen. Am deutlichsten spürt man die Lärmbelästigung durch den Verkehr und die Schadstoffbelastung der Luft. Die Luftqualität São Paulos ist eine der schlechtesten weltweit. War früher die Industrie der Hauptverursacher von Emissionen, ist es jetzt der Verkehr. Der Kraftfahrzeugbestand der Metropolregion São Paulo ist in den letzten Jahrzehnten deutlich angewachsen. Er umfaßte 2011 circa 7 Millionen PKW, LKW oder Omnibusse, was etwa das Siebenfache von 1970 darstellt. Weitere gravierende Umweltprobleme sind die Verschmutzung der Gewässer, die Entsorgung von Müll und Abwasser sowie die Versiegelung von Flächen und das Verschwinden von Grünflächen. So weist etwa die Hälfte der Stadt überhaupt keine Form von Vegetation mehr auf. Aufgrund der fehlenden Stadtund Raumplanung hat die rapide Urbanisierung zu einem hohen Maß an Umweltdegradation geführt. Bei der UN-Konferenz Rio + 20 im Juni 2012 in Rio de Janeiro stellte der WWF-Brazil die neuesten Ergebnisse einer Studie zum ökologischen Fußabdruck („ecological footprint“) der Metropolregion São Paulo vor. Unter dem ökologischen Fußabdruck wird die Fläche auf der Erde (= globale Hektar) verstanden, die notwendig ist, um den Lebensstil und Lebensstandard eines Menschen unter Fortführung heutiger Produktionsbedingungen dauerhaft zu ermöglichen. Es ist eine Maßeinheit für die Menge an Umweltressourcen, die für Herstellung, Gebrauch und Entsorgung eines Gutes oder einer Dienstleistung verbraucht werden. Die WWF-Brazil-Studie zeigte, daß die Bewohner São Paulos einen ökologischen Fußabdruck von 4,38 globalen Hektar haben. Das heißt, wir bräuchten 2,5 mal den Planeten Erde, wenn jeder Mensch auf der Welt den gleichen Lebensstil wie die Bewohner São Paulos hätte und dementsprechend genausoviel „Umwelt“ konsumieren würde. Im Vergleich dazu betragen der brasilianische Durchschnitt 2,93 globale Hektar pro Person (1,6 mal den Planeten Erde) und der Weltdurchschnitt 2,7 globale Hektar pro Person (1,5 mal den Planeten Erde). Der „Umweltkonsum“ der Einwohner von São Paulo ist sehr stark ihren Ernährungsgewohnheiten geschuldet, insbesondere dem Fleischkonsum. Denn Nahrung ist die Kategorie von Gütern, die am stärksten, nämlich fast zur Hälfte, zur Größe des ökologischen Fußabdruckes beiträgt. Jedoch verdeutlichte die Studie auch, daß die Umweltkosten mit höherem Einkommen steigen. Diejenigen Familien in São Paulo, deren Einkommen höchstens doppelt so groß wie das Mindesteinkommen ist, haben einen ökologischen Fußabdruck von 2,46 globalen Hektar; diejenigen mit einem hohen Einkommen einen von 11,5 globalen Hektar. Dies weist auf das hohe Maß an sozial-ökologischen Ungleichheiten in São Paulo hin. Denn nicht nur haben die wohlhabenderen Bevölkerungsschichten einen Lebensstil, der höhere Umweltkosten verursacht – sie können sich auch besser gegen die negativen Auswirkungen und die Risiken der Umweltveränderungen wappnen. Das unendliche Meer aus Hochhäusern, in dem und unter dem die Flüsse unsichtbar geworden sind, der undurchdringliche Zement-Dschungel, der den grünen Urwald verdrängt hat, sind eine Herausforderung für uns alle; sie bringen auf den Punkt, daß wir unsere Welt anders denken müssen, um eine Zukunft zu haben. Barbara Göbel Limites do crescimento 108 Um mar sem fim de arranha-céus, uma selva impenetrável de cimento que se perde no horizonte, envolto em uma mortalha de névoa que, no sol do entardecer, resplandece lindamente romântica e ao mesmo tempo ameaçadora. A imagem espelha de modo certeiro a percepção que se tem de São Paulo quando se chega de avião em um de seus aeroportos. Diferentemente do Rio de Janeiro, São Paulo não é um local turístico emblemático que evoca noções de exotismo e beleza tropical. São Paulo representa muito mais o Brasil como um todo. Pois a região metropolitana de São Paulo não é só o principal centro econômico do Brasil, mas também a maior região industrial densamente povoada da América Latina e um dos centros industriais mais importantes do mundo. São Paulo é mais que uma cidade. Ela é uma densa região metropolitana com 7.947 quilômetros quadrados de extensão e uma população de 20,5 milhões de habitantes (2010), que, além da cidade de São Paulo propriamente dita, com 11,11 milhões de habitantes (2010), ainda engloba 38 cidades adicionais. Enquanto para uns São Paulo é símbolo de desenvolvimento e progresso em um mundo cada vez mais integrado e multipolar, para outros a cidade é um exemplo paradigmático do limite do crescimento econômico. Pois no dia a dia da cidade, nossos olhos se deparam com as claras consequências ambientais de uma lógica econômica unilateral. O rápido crescimento da região metropolitana, a alta densidade industrial e de concentração de trânsito são acompanhados de numerosos problemas ambientais que marcam a vida cotidiana das pessoas e prejudicam a sua qualidade de vida. O que se faz sentir de modo mais intenso é o incômodo do ruído do trânsito e a poluição do ar. A qualidade do ar de São Paulo é uma das piores do mundo. Se antigamente o principal responsável pelas emissões eram as indústrias, hoje é o trânsito. A frota de veículos motorizados da região metropolitana de São Paulo aumentou sensivelmente na última década. Em 2011, ela abrangia cerca de 7 milhões de automóveis de passeio, caminhões e ônibus, sete vezes mais que em 1970. Outros problemas ambientais graves são a poluição das águas, a eliminação de resíduos e do esgoto, o excesso de pavimentação e o desaparecimento das áreas verdes. Praticamente metade da cidade já não dispõe de nenhuma forma de vegetação. Em virtude da falta de planejamento urbano e espacial, a rápida urbanização acarretou uma alta taxa de degradação ambiental. Na conferência da ONU Rio + 20 em junho de 2012, no Rio de Janeiro, a WWF-Brasil apresentou os últi- 109 110 111 mos resultados de um estudo sobre a pegada ecológica da região metropolitana de São Paulo. O que se entende por pegada ecológica é a área da Terra (= hectares global) necessária para sustentar o estilo e o padrão de vida de uma pessoa com a continuidade das condições atuais de produção. Trata-se de uma unidade de medida que objetiva quantificar os recursos ambientais gastos na produção, no uso e na eliminação de um bem ou serviço. O estudo da WWF-Brasil mostra que a pegada ecológica dos habitantes de São Paulo é de 4,38 hectares globais. Em outras palavras, precisaríamos de 2,5 vezes o planeta Terra se cada pessoa sobre o planeta levasse o mesmo estilo de vida que os habitantes de São Paulo e consumisse quantidade equivalente de “meio ambiente”. Na comparação, a média brasileira é de 2,93 hectares globais por pessoa (1,6 vezes o planeta Terra), e a média mundial é de 2,7 hectares globais (1,5 vezes o planeta Terra). O consumo de “meio ambiente” dos habitantes de São Paulo decorre em larga medida de seus hábitos alimentares, especialmente do consumo de carne. Pois a alimentação é a categoria de bens que mais contribui – praticamente a metade – para o tamanho da pegada ecológica. Mas o estudo também esclareceu que os custos ambientais crescem com o aumento da renda. A pegada ecológica das famílias de São Paulo cuja renda é no máximo duas vezes mais alta que a renda mínima é de 2,46 hectares globais; a pegada das famílias cuja renda é classificada como alta, é de 11,5 hectares globais. Isso demonstra a alta desigualdade socioecológica de São Paulo. Pois as camadas mais abastadas da população não somente levam um estilo de vida que gera altos custos ambientais – elas também podem se proteger melhor contra as consequências negativas e os riscos decorrentes das mudanças climáticas mundiais. O mar sem fim de edifícios, nos quais e debaixo dos quais os rios se tornaram invisíveis, e a selva impenetrável de cimento, que expulsou a floresta verde, constituem desafios para todos nós na medida em que nos levam a um ponto em que precisamos repensar o nosso mundo para ter um futuro. Barbara Göbel Limits To Growth An endless sea of highrises, an impenetrable cement jungle that is lost on the horizon, shrouded in a haze shimmers romantically beautiful, but also threatening in the evening sun. The image aptly reflects the perception of São Paulo, when heading to one of the airports by plane. Unlike Rio de Janeiro, São Paulo is not an emblematic tourist destination, which evokes the images of tropical exoticism and beauty. São Paulo represents rather the concentrated and fascinating dynamic economic and financial strength of the global South. This is because the metropolitan region of São Paulo is not only the leading business hub of Brazil, but also the largest industrial conurbation in Latin America and one of the most important industrial locations worldwide. São Paulo is more than a city. It is a dense metropolitan region with a total area of 7,947 square kilometers and a population of 20.5 million inhabitants (2010), which, besides the actual city of São Paulo as the core zone with 11.11 million inhabitants (2010), includes even 38 more cities. While São Paulo is for some the symbol of development and progress in an increasingly interdependent, multi-polar world, it is for others a paradigmatic example of the limits of economic growth. This is because the environmental consequences of a onesided logic of growth are clearly demonstrated in the everyday life of the city. The rapid growth of the metropolitan area, the high density of industry and traffic concentration are associated with numerous environmental issues that shape the daily lives of people and limt their quality of life. You feel most clearly the noise pollution from traffic and air pollution. The air quality of São Paulo is one of the worst in the world. Industry used to be the main cause of emissions in the past, but now it is the traffic. The amount of motor vehicles in the metropolitan region of São Paulo has increased significantly in recent decades. In 2011, it numbered about 7 million cars, trucks, or buses, which is about seven times that of 1970. More serious environmental problems are water pollution, the disposal of garbage and sewage, as well as the sealing of surfaces and the disappearance of green spaces. Thus, about half of the city no longer has any form of vegetation at all. Due to lack of urban and area planning, rapid urbanization has led to a high level of environmental degradation. At the UN conference Rio + 20 in June 2012 in Rio de Janeiro, the World Wide Fund For Nature (WWF)Brazil presented the latest results of a study on the ecological footprint of the metropolitan region of São Paulo. The global footprint is understood as the surface of the earth (= global hectares) that is ne- cessary to make possible permanently the lifestyle and standard of living of a person under current production conditions. It is a unit of measure for the amount of environmental resources that are consumed for production, use, and disposal of a product or service. The WWF Brazil study showed that the inhabitants of São Paulo have an ecological footprint of 4.38 global hectares. That is, we would need 2.5 times the planet Earth, if every person in the world had the same lifestyle as the inhabitants of São Paulo and therefore consumed as much of the “environment”. By comparison, the Brazilian average amount is 2.93 global hectares per person (1.6 times the planet Earth), and the world average is 2.7 global hectares per person (1.5 times the planet Earth). The “environmental consumption” of the inhabitants of São Paulo is very strong due to their eating habits, especially the consumption of meat. This is because food is the category of goods that contribute the strongest, almost half, to the size of the ecological footprint. However, the study also made clear that the environmental costs rise with higher incomes. Those families in São Paulo whose incomes were, at the most, twice as large as the minimum income, have an ecological footprint of 2.46 global hectares; those with a higher income, 11.5 global hectares. This points to the high degree of socialenvironmental inequalities in São Paulo. For not only the wealthier strata of the population have created a lifestyle of higher environmental costs – they can also better guard against the negative effects and risks of environmental change. The endless sea of skyscrapers, where and under which the rivers have become invisible, the impenetrable cement jungle that has replaced the green forest, are a challenge for us all – they point out clearly that we must think differently about our world to have a future. Barbara Göbel IC Gemischte Wohnquartiere in São Paulo Die gemischte Bebauung in den InnenstadtrandQuartieren von São Paulo mit horizontalen und vertikalen Stadtbausteinen kann man als Zeitzeugen einer dynamischen Einwohnerentwicklung lesen. Noch 1870 hatte São Paulo, gegründet im 16. Jahrhundert, nur 31.000 Einwohner und überschritt die Siedlungsgrenzen der ehemaligen Kolonialstadt nicht. Die Stadt bestand aus geschlossenen Bauzeilen an Straßen oder Gassen, zwei- und dreigeschossig mit Ziegeldächern, oft Patio-Häuser mit dahinterliegenden Gärten, und war von weiträumigen Kaffee-Plantagen umgeben. Die Einwohnerzahl erhöhte sich erst mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze aufgrund der wachsenden Kaffee-Nachfrage aus Europa und mit der Abschaffung der Sklaverei in Brasilien 1888 drastisch. Die Stadt selbst blieb jedoch wie viele lateinamerikanische Städte dicht und geschlossen nach europäischen Vorbildern. Ab 1880 wurde São Paulo nach einem ersten Kaffee-Boom zur Stadt der Arbeit suchenden Einwanderer aus Europa. Zwei Drittel der Einwanderer aus Portugal, Italien und Deutschland, der Ukraine, später auch Japaner, blieben in São Paulo. 1900 lag die Einwohnerzahl von São Paulo bei 240.000. Die Zuwanderung beschleunigte sich nach dem ersten Weltkrieg nochmals, 1920 waren es bereits 580.000 Menschen, die hier wohnten und arbeiteten. Der Kaffee-Boom endete mit der Weltwirtschaftskrise von 1929. Danach begann eine Industrialisierung mit Investitionen aus den Gewinnen des Kaffee-Anbaus, der zunächst in die Textilindustrie floß, später in die Auto-, Maschinenbau-, Elektro- und Finanzindustrie. 1950 überschritt die Einwohnerzahl von São Paulo nach einer weiteren Einwanderungswelle aus Europa und Japan infolge des zweiten Weltkriegs bereits die 2-Millionen-Grenze. Beim Ausbau der neuen Großstadt verzichtete die StadtRegierung zunächst auf den Bau eines Metro-Netzes (dieses entstand erst nach dem zweiten Weltkrieg eher halbherzig) zugunsten des Straßenausbaus zur Förderung einer weiteren Industrialisierung. Durch VW und Mercedes-Benz entstanden große Fabriken, und der PKW-Verkehr nahm unglaublich zu – schneller als der Hochstraßen- und Stadtautobahnbau folgen konnte. Heute leben circa 17 Millionen Menschen in den kommunalen Grenzen, und zusammen mit den sich daran anschließenden Gemeinden leben und arbeiten circa 24 Millionen Menschen im Großraum São Paulo, 10 Prozent davon überwiegend in Favelas. Die genauen Zahlen sind unbekannt, da die „Favelados“ sich bei den Behörden nicht anmelden. Die Favelas entstehen inzwischen aus der brasilianischen Binnenwanderung, den „Nordestinos“, die aus dem trockenen und unterentwickelten Norden Brasiliens nach São Paulo strömen, weil sie hier auf Arbeit, Schule für ihre Kinder und medizinische Versorgung hoffen. Alle Neuankömmlinge benötigen Wohnraum, und neue Wohnviertel werden oft ohne Stadtplanung in die Parzellenstruktur und die Grenzen der ehemaligen Kaffee-Plantagen der Umgebung hineingebaut. Seit den 20er und 30er Jahren entstanden im alten Zentrum der Stadt mit den sich explosiv erweiternden Großstadtaufgaben Geschäftshäuser nach amerikanischen Vorbildern als Hochhäuser mit bis zu circa 20 Stockwerken, in deren oberen Geschossen bereits in den 30er Jahren sehr erfolgreich Wohnetagen gebaut wurden. Mit dem weiteren Einwanderungs-Boom der 50er und 60er Jahre und stets zu knappen Grundstücken entstanden reine Wohnhochhäuser mit 20 bis 22 Geschossen. Dafür kauften Kapitalgesellschaften ganze Quartiere mit Wohnzeilen des 19. Jahrhunderts am Innenstadtrand auf, um sie abzureißen und entsprechend nachzuverdichten. Inzwischen ist die Notwendigkeit eines Denkmalschutzes, der die alten Wohnzeilen, die die Straßenräume am tradierten Innenstadtrand prägen, erhält, auch in der Stadtverwaltung erkannt worden. So werden neue Hochhaus-Quartiere erst hinter den alten Häuserzeilen zugelassen, so daß selbst die provisorisch erscheinenden Leitungsmasten in den früher einfachen Vierteln erhalten bleiben können. In den Wohnhochhäusern leben jetzt der Mittelstand und die „Besserverdienenden“. Es sind in der Regel vertikale „Gated Communities“, sichtbar eingezäunt und mit Pförtnerloge am Eingang. Eine Wohnung erstreckt sich inklusive des Zimmers für das Hausmädchen, die „Empregada“, oft über ein ganzes Geschoß, es gibt jedoch auch 2 bis 3 Wohnungen je Etage mit Aufzug und Feuertreppenhaus im Inneren. Beliebte Standorte für diese Hochhäuser sind die Hügelkuppen mit weitem Ausblick in der gewellten Topographie São Paulos. Hans-Joachim Aminde Quarteirões residenciais mistos em São Paulo 112 A mistura de construções nos quarteirões do centro da cidade de São Paulo, com blocos urbanos horizontais e verticais, pode ser vista como testemunha do dinamismo do desenvolvimento habitacional. Fundada no século XVI, São Paulo tinha meros 31.000 habitantes em 1870 e não ultrapassava os limites da antiga cidade colonial. A cidade consistia de fileiras de casas fechadas em ruas ou vielas, com dois ou três andares e telhados de telhas, não raro casas com quintais e jardins na parte de trás, e era circundada por vastas plantações de café. O número de habitantes somente começou a crescer consideravelmente com a criação de novos postos de trabalho devido à crescente demanda por café na Europa e com o fim da escravidão no Brasil em 1888. A cidade propriamente dita, no entanto, continuou compacta e fechada, seguindo os padrões europeus, como também aconteceu com outras cidades latinoamericanas. A partir de 1880, depois de um primeiro boom cafeeiro, São Paulo passa a ser a cidade dos imigrantes europeus em busca de trabalho. Dois terços dos imigrantes vindos de Portugal, da Itália, da Alemanha, da Ucrânia e, mais tarde, também do Japão, permaneceram em São Paulo. Em 1900, São Paulo já contava 240.000 habitantes. Após a Primeira Guerra Mundial, a imigração tomou um novo impulso, e, em 1920, já havia 580.000 pessoas vivendo e trabalhando em São Paulo. O boom do café chegou ao fim com a crise econômica mundial de 1929. A partir dali teve início uma fase de industrialização, com investimentos provenientes dos lucros do café, aplicados inicialmente na indústria têxtil e, mais tarde, nas indústrias automobilística, de engenharia mecânica, elétrica e financeira. Em 1950, depois de uma nova onda de imigrantes europeus e japoneses como consequência da Segunda Guerra Mundial, a população da cidade já passava de dois milhões de pessoas. Nos planos de expansão da nova metrópole, o governo municipal primeiramente renunciou à construção de uma rede de linhas de metrô (essa só surgiu mais tarde, e sem grande entusiasmo), em favor da ampliação de ruas e avenidas, a fim de promover uma industrialização adicional. Grandes fábricas foram construídas pelas empresas Volkswagen e Mercedes-Benz, e o trânsito de automóveis de passeio aumentou em proporções inacreditáveis – num ritmo que a construção de vias elevadas ou expressas não conseguia acompanhar. Hoje, os limites urbanos abrigam cerca de 17 milhões de habitantes e, juntando-se as comunidades adjacentes, vivem e trabalham aproximadamente 24 milhões de pessoas na Grande São Paulo, 10 por cento dessas morando, sobretudo, em favelas. Não se conhecem os números exatos, uma vez que os 113 114 115 “favelados“ não são registrados pelas autoridades. Hoje em dia, as favelas surgem com a chegada de migrantes internos, principalmente nordestinos, que vêm a São Paulo fugindo do Norte seco e subdesenvolvido, esperançosos de encontrar trabalho, escola para os filhos e assistência médica. Todos os recémchegados precisam de espaço para viver; assim, novos bairros são inseridos nos loteamentos, muitas vezes sem nenhum planejamento urbano, ocupando áreas nos limites das antigas plantações de café. Desde os anos de 1920 e 1930, com a explosão das funções de uma cidade grande, surgiram no centro velho estabelecimentos comerciais nos padrões americanos, em edifícios com até 20 andares, e já nos anos de 1930 foram construídos com grande sucesso apartamentos residenciais nos andares superiores. Com mais um boom imigratório nos anos 50 e 60, e em vista do tamanho reduzido dos terrenos disponíveis, começaram a surgir edifícios totalmente residenciais de 20–22 andares. Empresas de capital adquiriam quarteirões inteiros com fileiras de casas do século XIX nas regiões em torno do centro, demolindo-os a fim de promover a concentração populacional. No meio tempo, até o governo municipal reconheceu a necessidade de realizar o tombamento das velhas fileiras de casas que caracterizam o espaço urbano do tradicional centro velho da cidade. Assim, é permitido construir novos quarteirões de prédios altos somente atrás das velhas fileiras de casas, de modo que até mesmo os postes de luz de aspecto provisório dos bairros anteriormente modestos sejam preservados. Os edifícios residenciais são habitados hoje pela classe média e pelas pessoas de melhor poder aquisitivo. Em regra, tratam-se de “comunidades fechadas”, visivelmente cercadas e com guarita na entrada. Um apartamento abrange muitas vezes todo um andar, incluindo o quarto de empregada, mas também existem 2–3 apartamentos por andar com elevador e escada de incêndio interna. Os locais preferidos para esses prédios altos são os topos dos morros, com ampla vista para a ondulada topografia de São Paulo. Hans-Joachim Aminde Mixed Residential Neighborhoods In São Paulo The mixed development in the inner suburban neighborhoods of São Paulo, with horizontal and vertical city building blocks, can be read as witnesses of a dynamic population development. Yet, in 1870, São Paulo, founded in the 16th century, had only 31,000 inhabitants and did not exceed the settlement boundaries of the former colonial city. The city consisted of closed building lines on roads or streets, two and three story houses with tiled roofs, often patio homes with gardens behind them, and the complex was surrounded by vast coffee plantations. The population first increased with the creation of new jobs due to the coffee-growing demand from Europe and dramatically with the abolition of slavery in Brazil in 1888. However, the city itself was, like many Latin American cities, dense and closed like European models. From 1880, after the first coffee boom, São Paulo became the city of the immigrants from Europe looking for work. Two-thirds of the immigrants from Portugal, Italy, and Germany, from the Ukraine, later also Japanese, remained in São Paulo. In 1900, the population of São Paulo was 240,000. Immigration accelerated after World War I again and in 1920, there were already 580,000 people who lived and worked here. The coffee boom ended with the Great Depression of 1929. Later, industrialization began with investments from the profits of coffee production, which first went into the textile industry, later into the automotive, mechanical engineering, electrical engineering and financial industries. In 1950 the population of São Paulo already exceeded the two million mark after a further wave of immigration from Europe and Japan as a result of World War II. In expanding the new metropolis, the city government initially decided not to build a metro system (this occurred, rather half-heartedly, only after World War II) in favor of road expansion to promote further industrialization. With VW and Mercedes-Benz large factories arose and car traffic increased unbelievably – faster than the construction of highways and freeways could follow. Today, about 17 million people live in the municipal boundaries and, along with the adjoining communities, about 24 million people live and work in the greater metropolitan São Paulo area, 10 percent of them mainly in favelas. The exact figures are unknown, as the “favelados” do not register with the authorities. The favelas now arise from domestic Brazilian migration, the “Nordestinos”, who flow from dry and underdeveloped northern Brazil to São Paulo because they hope here for work, school for their children, and medical care. All new arrivals need housing and new residential areas are often built without urban planning into the plot structure and the boundaries of the former coffee plantations of the area. Since the 1920s and 1930s, office buildings according to American models have arisen as high-rise buildings of up to 20 stories in the old downtown area of the city with the explosively expanding tasks of a big city. Already in the 1930s apartments were very successfully built on the upper floors. With the further immigration boom of the 1950s and 1960s and a constant shortage of available property, purely residential highrises emerged with 20–22 stories. Investment companies bought entire neighborhoods with rows of houses from the 19th century at the edge of the downtown area, to tear them down and fill them back up again accordingly. In the meantime, the need for historic preservation that keeps the old residential lines that define the street spaces at the traditional edge of downtown, has also been recognized by the city administration. For example, new high-rise districts are only allowed behind the old rows of houses so even the power line poles, that look so temporary, can still be kept in the simple historic neighborhoods. The middle class and the “better off” now live in the residential towers. They are usually vertical gated communities, visibly fenced in and with a gatehouse at the entrance. An apartment covers, including the room for the maid, the “empregada“, often over an entire floor, but there are also 2–3 apartments on each floor with elevator and fire escape inside. Popular locations for these high-rise buildings are the hilltops with sweeping views of the undulating topography in São Paulo. Hans-Joachim Aminde BR Leben wie im Club Mediterranée Die zahlreichen Privatsiedlungen oder „Condomínios Fechados“, die seit den 1980er Jahren an der Peripherie brasilianischer Großstädte entstehen, sind exklusive Wohnquartiere mit einer weitreichenden Autonomie. Alphaville ist der größte und bekannteste Cluster solcher „Gated Communities“ in São Paulo. Die Zone liegt 25 Kilometer westlich vom Stadtzentrum und umfaßt 33 Wohngebiete mit über 20.000 Einfamilienhäusern und Villen, in denen rund 50.000 Menschen leben. An strategischen Stellen haben sich Geschäfts- und Bürozentren, Privatschulen, Universitäten, Kliniken und Freizeitparks angesiedelt. Eine hervorragende Versorgung ist damit sichergestellt, der tägliche Verkehrsstau zeigt aber, daß die Edge City im Hinblick auf qualifizierte Arbeitsplätze weiterhin von der Kernstadt abhängig ist. Privatsiedlungen sind „Condomínios“, das heißt, die gesamte Anlage gehört einer Eigentümergemeinschaft. Es gibt einen gewählten Vorstand oder „Colegiado“ und einen „Presidente“, die sich um finanzielle Aspekte und um das soziale und kulturelle Quartiersleben kümmern. Für den Alltagsbetrieb ist eine private Verwaltung verantwortlich. Große Privatsiedlungen beschäftigen oft einige hundert Angestellte, die eine Vielzahl von Dienstleistungen erbringen: Wachdienst, Reinigung, Wartung der Gebäude und Infrastruktur, Gärtnerei sowie der Betrieb der gebietsinternen Freizeit-Clubs, Restaurants, Spiel- und Sportflächen, Kindergärten und Schulen. Hinzu kommen private Hausmädchen und sonstige Hilfskräfte in den Familien, die auf eigene Rechnung angestellt sind. Dies erklärt, warum in den „Condomínios Fechados“ die Zahl der Hilfskräfte und Angestellten die Zahl der Einwohner oft übersteigt. Ein aufwendiger Sicherheitsapparat innerhalb und außerhalb der Wohnsiedlungen ist selbstverständlich: Mauern und Eingangskontrollen, Video-Überwachung, patrouillierende Privatpolizei. Die Stadt gilt als gefährlich und die Sorge um die Sicherheit begleitet die Bewohner auf Schritt und Tritt. Darüber hinaus gibt es viele andere Gründe, warum sich die Mittelschicht zunehmend in die „Selbst-Segregation“ der abgeschlossenen Privatsiedlungen zurückzieht: Prestige und Lebensstil, soziale Homogenität und Identifikation, Wohnen im Einfamilienhaus und Werterhaltung der Immobilie. Fern vom metropolitanen Chaos und Dauerstreß scheint die Welt in den „Gated Communities“ noch oder wieder in Ordnung. Kollektiv kann sich die Mittelschicht den Lebensstil und die Statussymbole leisten, die sonst der Oberschicht vorbehalten sind. Allerdings erreichen die Wohnkosten oft schon die Schmerzgrenze: Nicht nur das Haus oder Apartment müssen bezahlt werden, sondern auch der kom- plette Service, den diese Siedlungen bieten. Teuer sind natürlich auch die Privatschulen, Privatuniversitäten, Privatkliniken und mehrere Autos, die selbstverständlich zum gehobenen Lebensstil gehören. Ärger bereiten oft die gelangweilten Jugendlichen, die mit Lärm, Graffiti und Vandalismus die Bewohner erschrecken. Auch Drogen finden ihren Weg durch die Sicherheitskontrollen zu den Garten- und PoolParties der Privilegierten. Es gibt sogar Einbrüche und Überfälle innerhalb der Siedlungen, an denen gelegentlich der eigene Sicherheitsdienst beteiligt ist. Die Angst vor Entführungen ist groß, weil das Dienstpersonal aus den armen Stadtteilen und Favelas kommt und den Lebensrhythmus – und damit die Sicherheitslücken – der Bewohner aufs Genaueste kennt. Trotz dieser Einschränkungen ist die Zufriedenheit der Bewohner hoch, auch weil es kaum Alternativen gibt. Die Immobilienfirmen verstärken den Trend mit aggressiver Werbung, weil die Vermarktung von peripheren Privatsiedlungen lukrativer ist als Stadtumbau und Altstadtsanierung. Die Stadtverwaltung erteilt problemlos die Genehmigungen, weil der private Städtebau die Stadtkasse entlastet, auch wenn es später an übergreifenden Erschließungs- und Versorgungsnetzen fehlt. Abgeschottete Privatsiedlungen tauchen auch zunehmend in kleinen Städten auf, wo es noch kaum Sicherheitsprobleme gibt, ebenso sind einfache „Condomínios“ für die untere Mittelschicht im Angebot. Der gegenwärtige Wirtschaftsboom schafft vor allem in São Paulo neuen Wohlstand und eine wachsende Mittelschicht, was die reiche Peripherie im Westen ständig wachsen läßt. Damit verschieben sich auch die kommerziellen Zentren und die Schwerpunkte des Stadtlebens, während in anderen Zonen die Armut in die Stadt vordringt. Zwar gibt es innovative Projekte, um die fortschreitende Segregation und Fragmentierung der Stadt aufzuhalten. Ob es aber gelingt, die „zementierte Ungleichheit“ aufzubrechen und in eine pluralistische Stadtgesellschaft zu verwandeln, muß die Zukunft zeigen. Eckhart Ribbeck Viver como no clube Mediterranée 116 Os numerosos loteamentos particulares ou condomínios fechados que vem surgindo na periferia das grandes cidades brasileiras desde os anos 1980 são distritos residenciais com grande autonomia. Alphaville é a maior e mais conhecida unidade desses condomínios em São Paulo. A área localizada a 25 quilômetros a oeste do centro de São Paulo abrange 33 loteamentos residenciais com mais de 20 mil habitações unifamiliares e vilas em que vivem cerca de 50 mil pessoas. Centros comerciais e escritórios, escolas particulares, universidades, clínicas e parques de diversões se instalaram em pontos estratégicos. Com isso garante-se um excelente abastecimento, porém o congestionamento diário mostra que a Edge City continua dependendo da cidade em termos de postos de trabalho qualificado. Loteamentos privados são condomínios, ou seja, todo o loteamento pertence a uma comunidade de proprietários. Há um conselho eleito ou colegiado e um presidente que se ocupam das questões financeiras e da vida social e cultural do local. Grandes loteamentos privados frequentemente empregam algumas centenas de funcionários, que oferecem uma variedade de serviços como: segurança, limpeza, manutenção das residências e da infraestrutura, jardinagem, bem como o funcionamento dos clubes, restaurantes, quadras esportivas, jardins de infância e escolas. Soma-se a isso as empregadas domésticas e demais serventes das famílias que são contratados por conta própria. Isso explica porque o número de empregados e funcionários nos condomínios fechados muitas vezes ultrapassa o número de habitantes. Naturalmente, há um dispendioso aparato de segurança dentro e fora dos conjuntos habitacionais: muros e controles de entrada, vídeo vigilância, patrulhamento da polícia privada. A cidade é considerada perigosa e a preocupação com a segurança acompanha os residentes a cada passo. Além disso, há muitas outras razões para que a classe média cada vez mais se recolha à “auto-segregação” dos condomínios fechados: prestígio e estilo de vida, homogeneidade social e identificação, viver em casa unifamiliar, mantendo o valor da propriedade. Longe do caos metropolitano e do stress constante, o mundo nos condomínios, nas “gated communities“ ainda ou novamente parece estar em ordem. Coletivamente, a classe média pode manter o estilo de vida e o status usualmente reservados à classe superior. No entanto, os custos de habitação muitas vezes atingem o limiar da dor: não só a casa ou apartamento devem ser pagos, mas também o completo serviço que esses núcleos habitacionais oferecem. Naturalmente, as escolas privadas, uni- 117 118 119 versidades privadas, clínicas privadas e os diversos carros, que certamente fazem parte do estilo de vida de alto padrão, também são caros. Os jovens entediados frequentemente atormentam os moradores assustando-os com barulho, grafites e vandalismo. Também as drogas conseguem ludibriar os controles de segurança e penetrar nas festas realizadas nos jardins e nas piscinas dos privilegiados. Até arrombamentos e assaltos ocorrem nas dependências dos condomínios, e por vezes o próprio serviço de segurança está envolvido. O medo de sequestro é grande, porque os funcionários vêm dos bairros mais pobres e das favelas e conhecem muito bem o ritmo de vida e, portanto, as vulnerabilidades dos moradores. Apesar dessas limitações, a satisfação dos moradores é alta, até porque há poucas alternativas. As empresas imobiliárias reforçam a tendência com marketing agressivo, porque os condomínios privados periféricos são mais lucrativos que a restauração e o saneamento urbanos. A prefeitura concede a licença facilmente porque as obras privadas alimentam os cofres municipais, mesmo se mais tarde faltarem redes de suprimentos e de distribuição. Loteamentos privados isolados também são cada vez mais frequentes nas cidades pequenas, onde os problemas de segurança ainda são poucos, e cresce a oferta de condomínios simples para a classe média baixa. O atual boom econômico cria principalmente novas riquezas e uma classe média crescente, especialmente em São Paulo, provocando uma constante expansão da periferia rica da região oeste. Com isso também se deslocam os centros comerciais e as prioridades da vida da cidade, enquanto em outras zonas a pobreza avança. Com efeito, existem projetos inovadores para deter a segregação e a fragmentação em curso. O futuro dirá se vão conseguir romper a “desigualdade cimentada” e transformá-la numa sociedade urbana pluralista. Eckhart Ribbeck Life Like The Club Mediterranée The numerous private settlements or “condomínios fechados“, that have arisen since the 1980s at the periphery of Brazilian big cities, are exclusive residential areas with a far-reaching autonomy. Alphaville is the largest and best-known cluster of such gated communities in São Paulo. The zone is situated 25 kilometers west of the city center and includes 33 residential areas with over 20,000 single family homes and villas where about 50,000 people live. At strategic locations, business and office centers, private schools, universities, clinics, and amusement parks have settled. An excellent supply of goods and services is ensured, but the daily traffic jam shows that the Edge City is still dependent on the central city with regard to qualified jobs. Private settlements are “condomínios“, that is, the entire plant belongs to an owners‘ association. There is an elected board or “colegiado“ and a „presidente“, who takes care of financial aspects and of the social and cultural district life. A private management company is responsible for the everyday business. Large private settlements often employ several hundred employees who provide a variety of services: security, cleaning, maintenance of the buildings and infrastructure, nursery as well as the operation of internal leisure clubs, restaurants, playgrounds and sports areas, kindergartens, and schools. There are also private maids and other assistants in the family who are employed on their own account. This explains why, in the “condomínios fechados“, the number of assistants and employees often exceeds the number of residents. An elaborate security apparatus within and outside the residential areas is a given: walls and gate checks, video surveillance, patrols, private police. The city is considered dangerous and the concern for the safety of the residents accompanies the residents at every step. In addition, there are many other reasons why the middle class is increasingly withdrawing into the “self-segregation” of the closed private settlements: prestige and lifestyle, social homogeneity and identification, living in a single family house, and maintaining the property value. Far from the metropolitan chaos and constant stress, the world in the gated communities still seems or is again in order. Collectively, the middle class can afford the lifestyle and the status symbols which are usually reserved for the upper class. However, housing costs often reach the pain threshold: Not only the house or apartment must be paid, but also the complete service which these settlements offer. The private schools, private universities, private hospitals, and having several cars, which, of course are all part of the upscale lifestyle, are also expensive. Often bored teenagers get into trouble scaring the residents with noise, graffiti, and vandalism. Even drugs find their way through the security checks to the gardens and pool parties of the privileged. There are even burglaries and robberies within settlements, where occasionally the own security service is involved. The fear of kidnappings is great because the service staff comes from the poor neighborhoods and favelas and knows the rhythm of life – and the vulnerabilities – of the residents very well. Despite these limitations, the satisfaction of the residents is great, also because there are hardly any alternatives. The real estate companies reinforce the trend with aggresive advertising because the marketing of peripheral private settlements is more lucrative than private urban redevelopment and urban renewal. The city administration grants permits without any problems because the private urban development eases the city’s treasury, even when it later lacks cross-indexing and supply networks. Private insular settlements are also increasingly appearing in small cities, where there are hardly any security problems; there are also simple “condomínios“ offered for the lower middle class. The current economic boom creates mainly in São Paulo a new wealth and a growing middle class, which allows the rich periphery in the West to grow constantly. With this, the commercial centers and priorities of city life also shift, while poverty advances into the city in other zones. There are innovative projects to halt the progressive segregation and fragmentation of the city. But, whether they succeed in breaking up the “cemented inequality” and turn it into a pluralistic urban society, the future will show. Eckhart Ribbeck IC Bücher der Welt in São Paulo Páginas do mundo em São Paulo Pages Of The World In São Paulo 120 Mein São Paulo hofft immer noch, daß die Augen seiner verlorengegangenen Leser es noch einmal beachten. Als sie damals die Grenzen und Ozeane überwanden, hatten diese Augen die unterschiedlichsten Formen und Farben. Sie kamen hierher, um dem Apostel Paulus, dem Heiligen der neuen Stadt, ihre Tränen, Ängste und Hoffnungen anzuvertrauen ... und ihre Bücher. – Wie haben sie bloß in die hastig für das neue Leben gepackten Koffer gepaßt? Die in São Paulo geborenen Enkel wiederum, die mit den angestaubten Bibliotheken ihrer Großeltern nichts mehr anzufangen wußten, packten die Relikte der alten Zeit zusammen und brachten sie in die Antiquariate. So verwundert es nicht, daß es in dieser Stadt, in der alles so schnell altert, fast mehr gebrauchte als neue Bücher zu kaufen gibt. Aus allen Stadtteilen kommen heute die Bände, so wie früher aus allen Ecken der Welt, und finden sich in den gut gefüllten Regalen wieder. Eine richtige Ordnung existiert nicht, wer kann sie schon lesen, all die unverständlichen Titel? Grob unterteilt mit von Hand geschriebenen Schildern, fügen sie sich Buchdeckel an Buchdeckel in ihr neues Zuhause ein: englische Klassiker neben billigen Bestsellern und technischen Handbüchern; vergilbte französische Taschenbücher – in Paris einmal topaktuell; deutsche Bücher, deren Eigentümer überlebende Juden, untergetauchte Nazis und blauäugige Blondinen waren; nur wenige italienische Bücher, denn die Landarbeiter kannten ihren Dante auswendig; arabische, russische und hebräische Bücher, die aufgrund ihrer ungewöhnlichen Schrift im selben Regal altern; Bücher mit Zeichen aus Fernost – die alteingesessenen Japaner werden hier von Neuankömmlingen aus Korea und China verdrängt; schließlich und bloß vereinzelt finden sich auch Bücher unserer spanischsprachigen Nachbarn – sie sind uns so nah und doch so entfernt. Im Labyrinth der riesigen und ungeordneten Regale, das an den Gebäude-Wildwuchs draußen erinnert, birgt jedes Buch zwischen seinen Deckeln unzählige Träume und Alpträume, die sich weder um den Preis noch um die Motten scheren. Der aufmerksame Blick kann hier noch immer Schätze entdecken: Erstausgaben, signierte Werke, Widmungen aus Übersee, vergessene Fotos, manchmal eine getrocknete Blume als Zeichen einer großen Liebe. Am Eingang wartet der sympathische, aus dem Nordosten Brasiliens stammende Angestellte auf neue Leser. Stolz präsentiert er auf seiner Kleidung den Slogan „Unsere Bücher sind zwar gebraucht – aber nicht verstaubt“. Die wohlgeformten Beine einer Baudelaireschen Passantin überqueren das altbekannte Wahrzeichen der großstädtischen Intellektuellen, was selbst Kafka schmunzeln ließe. Es war einmal in Amerika ... Minha São Paulo ainda pede para ser lida nos olhos de seus leitores perdidos. Olhos antigos, de incontáveis formas e cores, que atravessaram oceanos e fronteiras para oferecer ao santo da nova cidade suas lágrimas, medos, esperanças... e livros. Como couberam nas malas apressadas de toda uma vida? Os netos paulistanos, incomodados com as bibliotecas empoeiradas de seus avós, juntam as páginas do passado em caixas de papelão, e as mandam para os sebos. Nessa cidade, onde o novo envelhece tão rapidamente, há mais sebos do que livrarias. Os volumes chegam de todos os bairros, como outrora vieram de todos os cantos do mundo, e se reencontram nas estantes organizadas caoticamente. Quem seria capaz de decifrar o sentido de tantos títulos incompreensíveis? Lado a lado, sob pequenas plaquetas escritas à mão, os livros aprendem a conviver na diversidade da bagunça. Clássicos em inglês rodeados por manuais técnicos e best-sellers baratos. Brochuras franceses amareladas, que um dia foram as últimas novidades de Paris. Livros em alemão do sobrevivente judeu, do nazista escondido e da lourinha de olhos azuis. Poucos livros em italiano, os camponeses sabiam Dante de cor. Com suas letras inauditas, obras em árabe, russo e hebraico envelhecem na mesma prateleira. Ideogramas orientais anunciam os novos tempos: japoneses mais antigos, abrindo espaço para os recém-chegados coreanos e chineses. Alguns poucos livros em espanhol, vizinhos tão próximos e tão distantes. No labirinto de estantes imensas e desalinhadas, como a selva de prédios lá fora, cada livro esconde entre as capas uma história de sonho ou pesadelo, indiferente aos preços e às traças. O olhar atento ainda consegue encontrar tesouros: primeiras edições, obras autografadas, dedicatórias de além-mar, fotos esquecidas, eventualmente uma flor ressecada, último alento de uma história de amor. Ao lado da vitrine, o simpático funcionário nordestino aguarda, orgulhoso, os futuros leitores. Nossos livros são usados, mas não têm pó, diz sem palavras o avental impecável. Sob as pernas esbeltas de uma passante baudelairiana, antigo emblema dos encontros e desencontros da cidade grande, até mesmo Kafka esboça um sorriso. A América um dia foi aqui... My São Paulo still asks to be read on the eyes of its lost readers. Ancient eyes, of uncountable shapes and colors, that crossed oceans and frontiers to offer to the saint of the new city their tears, fears, hopes ... and books. How could they fit in the hurried suitcases of an entire life? The native grandchildren, bothered by the dusty libraries of their grandparents, gather the pages of the past in cardboard boxes and send them to secondhand book shops. In this city, where the new ages so fast, there are more second-hand shops than bookstores. The volumes arrive from all neighborhoods, similarly to how they once arrived from all corners of the world, and meet again in chaotically organized shelves. Who would be capable of deciphering the meaning of so many incomprehensible titles? Side by side, under small handwritten plaques, the books learn to live in the diversity of disorganization. English classics surrounded by technical manuals and cheap best-sellers. Yellowed French paperbacks that one day were Parisian novelties. Books in German from the Jewish survivor, the hidden Nazi and the blue-eyed blonde. Few books in Italian, the peasants must have known Dante by heart. With their unspoken letters, works in Arabic, Russian and Hebrew age in the same shelf. Oriental ideograms announce new times: Older Japanese works give space to recently arrived Korean and Chinese. A few books in Spanish, so distant and yet so close neighbors. Within the labyrinth of huge and unaligned shelves, like the jungle of buildings outside, each book hides in its cover the history of a dream or nightmare, indifferent to prices and moths. The focused eye still can find treasuries: first editions, autographed works, dedications from distant lands, forgotten photographs, sometimes a desiccated flower, the last remnant of a love story. Sitting beside the shop window, the friendly employee from Brazil‘s Northeastern region proudly awaits future readers. Our books are used but not dusty, the impeccable apron wordlessly expresses. Under svelte legs of a Baudelairean passerby, an old symbol of the matches and mismatches of the big city, even Kafka tries a smile. Once upon a time America was here ... 121 Jorge de Almeida Jorge de Almeida Jorge de Almeida Eine Stadt aus Luft Licht und Beton (São Paulo) Eine Stadt eine Stadt die mich nicht sehen hören und doch umarmen kann Uma Cidade de Ar Luz e Concreto (São Paulo) Eine große Stadt mit einem nachtblinden schlingernden Motorquietschen als Herzschlag bis zu ihren Grenzen ach ... ohne Grenzen Ein gedankenloses Herz hat sie selbstbezogen doch ohne Selbst umschließt vereinnahmt sie alles und meine Wenigkeit wird Teil ihrer Größe A City Made Of Air, Light, And Concrete (São Paulo) Tanja Dückers Das Herz der Stadt ist transparent unter einer Schicht von Schmutz verstecktes Herz allgegenwärtig in der Luft im Licht den Mauern im Straßenpflaster im endlosen Kreisen der Autos und auch vermute ich in den Zwillings-Drillings-Hundertlings-Hochhäusern – wie Pilze im Stadtwald vermehrungsfreudig wie Kaninchen Und ich kann verschwinden in dieser Stadtlandschaft irgendwo in einer Umarmung aus Luft Licht und Beton flüchtiger und fester als die üblichen aus Blumen Kino und Schmerz Am Abend erst macht sich Sonnenbrand bemerkbar Der Himmel über São Paulo wird rot und schwer und immer ahnte ich daß Luft ein Gewicht hat nur die Hochhäuser sind leicht wie Mobiles am Himmel drapiert Uma cidade uma cidade que não pode me ver nem me escutar mas que ainda assim pode me abraçar Uma cidade grande com um rangido derrapante de motor sofrendo de cegueira noturna como batimentos cardíacos até seus limites ah... sem limites Um coração insensato o dela ensimesmado mas sem egoísmo abraça e aceita a todos e minha insignificância se torna parte de sua grandeza O coração da cidade é transparente debaixo de uma camada de sujeira coração escondido onipresente No ar na luz nos muros no pavimento das ruas no infinito circular dos carros e também presumo eu nos prédios geminados-trigeminados-centezigeminados como cogumelos no bosque loucos para se reproduzir como coelhos E eu posso desaparecer nessa paisagem urbana em algum lugar num abraço de ar luz e concreto mais fugaz e firme como os outros de flores cinema e dores Só de noite o queimado de sol se torna visível O céu sobre São Paulo se torna vermelho e pesado e eu sempre soube que o ar tem um peso só os arranha-céus são leves como móbiles guarnecendo o céu A city, a city that cannot see me and hear me, and yet can embrace A big city with a night-blind lurching engine squeal as a heartbeat to its limits oh ... without borders A thoughtless heart it has self-centered but without self it surrounds and captures it all and my humble self becomes a part of its size The city’s heart is transparent under a layer of dirt a hidden heart ever-present in the air in the light on the walls in the pavement in the endless circles of cars and also I suspect in the twin- triple- hundredfold high-rise buildings – like mushrooms in the city forest as prolific as rabbits And I may disappear somewhere in this city landscape in an embrace of air, light, and concrete more elusive and stronger than the usual from flowers, cinema, and pain A sunburn only becomes noticeable in the evening The sky above São Paulo becomes red and hard and I always suspected that air has a weight only the skyscrapers are as light as mobiles draped in the sky 130 131 BR Verbrechen und Strafe Crime e castigo Crime And Punishment 134 Bis sie anfingen, ganze Gebäudeteile abzutragen, war es eigentlich eine ganz respektable Wohnanlage gewesen. Zuerst wurde der Marmor der Treppenstufen und Eingänge entfernt, dann das Aluminium der Fahrstühle, die Gas- und Kupferleitungen, die Feuerwehrschläuche, die veredelten Metalle der Türklinken und Handläufe, wolframhaltige Glühbirnen und sogar der in der Garage gelagerte Metallschrott. Alles verschwand bei Nacht und Nebel vor den gestreßten und übermüdeten Augen des Wachpersonals. Der Hausverwalter drohte damit, den Kriminellen, so er gefaßt werden sollte, ohne Ansehen der Person wegen besonders schweren Raubes anzuzeigen. In der Zwischenzeit ließ er die entwendeten Gegenstände auf Kosten der Bewohner ersetzen und bildete dafür neue Rücklagen, was zu bösem Blut führte. Die Spannungen steigerten sich, als die zwar sündhaft teuren, aber dafür energiesparenden Überwachungskameras, die bei der Überführung der Diebe helfen sollten, noch in der Nacht ihrer Installation geklaut wurden, ohne etwas Verdächtiges aufnehmen zu können. Der Hausverwalter rief schließlich die Polizei zu Hilfe. Die Untersuchungsbeamten hatten einige Angestellte im Verdacht und gingen einer Spur von Auftragsdiebstählen nach, die auf einen Schattenmarkt mit Gebrauchtwaren hindeutete. Sie stellten Fragen, führten Verhöre durch und übten Druck aus, doch festgenommen wurde niemand. Dann wurden auch die Gemeinschaftsräume geplündert: Zuerst das Metall und die Einrichtung in den Bädern und Toiletten und gleich darauf die Bänke und Pflanzen im Garten; aus dem Pool wurde das Wasser abgelassen und plötzlich fehlten auch noch die Feuerschutz-Türen, was ein Sicherheitsproblem nach sich zog. Das Feuer ließ dann nicht lange auf sich warten. Es kam rasch und vernichtete den Wohnkomplex bis auf die Grundmauern. Wundersamerweise konnten alle Bewohner, in der Mehrzahl alte und gebrechliche Leute mit wenig Geld, rechtzeitig fliehen oder befanden sich außerhalb des Hauses, so daß niemand ernsthaft verletzt wurde. Eine schreckliche Sache, dachte der Hausverwalter – aber ganz gut gemacht. Era um condomínio considerado de respeito, quando começaram a sumir porções da edificação. Subtraíam os mármores das escadas e dos salões, o alumínio dos elevadores, os tambores de gás, os bicos de cobre das mangueiras de incêndio, as mangueiras de incêndio, os corrimãos e maçanetas de ferro niquelado, lâmpadas de tungstênio e até mesmo o lixo de metal reciclável desaparecia da garagem, na calada da noite, diante dos vigias e porteiros noturnos, sonolentos e estressados. O síndico ameaçava processar o criminoso por furto qualificado em abuso de confiança, fosse quem fosse e quando o pegasse, enquanto repunha tudo o que era levado e cobrava dos moradores, administrando um fundo de obras que vivia criando inimizades. Para aumentar a tensão, as câmeras de segurança, que gastavam pouca energia, mas eram caríssimas e instaladas em diversos pontos do local para flagrar a presença dos ladrões, foram furtadas na mesma noite em que entraram em funcionamento e sem gravar nada de suspeito ao seu redor. O síndico finalmente chamou a polícia. Os investigadores perguntaram, interrogaram e pressionaram, desconfiando de alguns funcionários e de encomendas do mercado negro das lojas de demolição, mas ninguém foi preso. Então depenaram as áreas comuns: primeiro os metais sanitários, as louças e o piso dos banheiros; mas logo foram os bancos e as plantas do jardim; a água da piscina foi drenada e até mesmo as portas cortafogo foram arrancadas, deixando expostas as saídas de emergência. Não demorou e o fogo veio. Veio rápido e consumiu o edifício de apartamentos de alto a baixo. Milagrosamente, todos os que viviam nele, na maioria gente idosa, empobrecida e com dificuldade de locomoção, puderam sair, ou já estavam fora e ninguém se feriu com gravidade. Um fato terrível, sem dúvida, mas que o síndico achou bem feito. The co-op building was considered respectable until parts of the edifice started to go missing. The marble from the stairs and hallways began to be stolen, the aluminum from the elevators, the gas canisters, the copper tips of the fire hoses, the fire hoses themselves, the nickel-plated handrails and the door handles, the tungsten lamps and even the recyclable metals started to disappear in the dead of night, in the view of nocturnal, somnolent and stressed doormen and watchmen. The building manager threatened to prosecute the criminal for aggravated theft with breach of confidence, whoever it was, meanwhile replacing everything that was stolen and charging the residents, managing a construction fund that was a constant source of enmity. Adding to the tension, the security cameras, which drew little power but were very expensive and installed in several locations to catch the thieves, were stolen the same night they were put in operation and without recording anything suspicious in the surroundings. The building manager finally called the police. The investigators asked, interrogated and pressured several suspicious employees and traced a lead of black-market orders from demolition stores, but nobody was arrested. Then the thieves started cleaning up the common areas: First the bathroom pipes, sink, toilets and tiles; but soon they were taking the garden benches and plants; the pool water was drained and even the fire doors were jolted, leaving emergency exits exposed. It did not take long for the fire to arrive. It appeared fast and destroyed the entire apartment building. Miraculously, all residents, mostly impoverished and mobility challenged seniors, were able to leave or were already outside and nobody was seriously hurt. A terrible thing, the building manager thought, but it was well done. 135 Fernando Bonassi Fernando Bonassi Fernando Bonassi BR Florett oder schwerer Säbel? Ganz so wie zwei behelmte Krieger wirken der Mann und die Frau in den beiden gegenüberliegenden offenen Telephonzellen mitten in São Paulo. Und die Häuserschlucht des Photos erscheint noch abweisender, noch aggressiver, ganz so wie in weiten Teilen des vermodernden, alten Zentrums mit seiner gotischen, festungsartigen Kathedrale und den vielen Obdachlosen. Die Berliner Mauer, ist sie nach São Paulo gereist? Nichts von der brasilianischen „Casa da Ternura“, der Zärtlichkeit, nichts von einem Samba-Schritt – nein, die Szene erinnert eher an den preußischen Stechschritt. Kommunikation kann hier jedenfalls, so meint man, nicht gelingen. Auch nicht das berühmte „Jeitinho“, die Patentlösung, mit der die Probleme so gern in Brasilien umdribbelt werden. Oder vielleicht doch? Das dunkle Grün der wenigen Bäume und die hochaufgerichtete Palme erinnern an die tropische Vegetation Brasiliens, an seine Weite, an sein Klima, das im Frühling betörend wie eine Liebkosung sein kann. Und an seine Menschen, die gerne vor dem Denken sehen, hören, riechen und fühlen. Mit ihrer leichten geschmeidigen Aussprache sollte Verständigung möglich sein, ganz im Sinne des Floretts und nicht des geschwungenen Säbels, der eher zu typisch deutschen Diskussionen paßt und den anderen niederwalzt. Und das ganz besonders in den paulistaner Cafés von heute oder gestern. Zum Beispiel in dem berühmten Künstlercafé Celestino Paraventis in der Rua XV de Novembro. Mitte der 30er Jahre hatte Paraventi, ein junger, schwerreicher und unkonventioneller Unternehmer gerade den letzten Schrei eingeführt: eine Espressomaschine! Seine Kundschaft, Schauspieler, Sänger, Schriftsteller und Politiker, exzentrische Bohemiens wie er, bestellten an den runden Marmortischen nur noch eins: „Espressi“. Stundenlang schlürften sie die schwarze Droge, schauten den Passanten nach, natürlich besonders gern den hübschen Mädchen. Bereit, die erspähte Beute zu erobern, das waren sie. Und sie redeten miteinander. Sie verstanden sich und vergaßen Zeit und Welt. Ein glücklicher Zustand voller Lebensfreude, der nicht nach gestern und morgen fragte. An einem Samstagabend, Paraventi hatte gerade für einen Radiosender italienische Chansons gesungen, stand Olga Benario in seinem Café vor ihm. Eine damals siebenundzwanzigjährige, attraktive und elegant gekleidete Deutsche. Sie sprach ihn mit ihrem schweren, bleiernen Akzent an. Olga Benario war eine deutsche Jüdin, die in Moskau zur Agentin ausgebildet und von der Komintern zu Luiz Carlos Prestes, dem „Ritter der Hoffnung“, als Helferin für den geplanten kommunistischen Putsch in Rio im November 1935 abkommandiert worden war. Sie begleitete Prestes wie ein Schatten. Nach abenteuerlicher Reise unter Decknamen wie Antonio Vilar und Maria Bergner Vilar, ein wohlhabendes Paar aus Lissabon in den Flitterwochen, waren sie von Moskau über Paris, New York, Miami, Kuba, Peru und Chile heimlich in Brasilien angekommen und suchten Hilfe, Geld und Unterschlupf. Und die Verständigung gelang – trotz Olgas vokalfressender Aussprache. Paraventi begriff sehr schnell, wer vor ihm stand und für wen sie sprach – daß Prestes in Brasilien angekommen war. Er versteckte die beiden sofort in seinem Landhaus in Santo Amargo am Stausee Guarapiranga. Sein Haus war das ihre. Nach der gescheiterten Revolte im November 1935 wurden Luiz Carlos Prestes und Olga einige Monate später entdeckt und gefangengenommen. „Nicht schießen, er ist unbewaffnet“, mit diesen Worten warf sich Olga bei der Verhaftung vor Prestes und rettete ihm damit das Leben. Die Soldaten hatten den Auftrag, ihn zu töten. Die leichte, fast leichtfertige Verständigung wie mit Paraventi war vergessen, jetzt standen sich mit der brasilianischen Regierung und den beiden zwei unerbittlich feindliche Lager gegenüber, Kommunikation fand auch ansatzweise nicht mehr statt. Im Gegenteil, die schwangere Olga wurde sogar gegen die brasilianische Verfassung nach Deutschland ausgeliefert, als Jüdin in den sicheren Tod. Ihre Tochter Anita brachte sie noch im Berliner Frauengefängnis Barnimstraße zur Welt. Kommunikationsstörungen, die bis heute in Deutschland, besonders in Westdeutschland, aber auch in Brasilien anhalten. Deutschland will von Olgas Schicksal immer noch nichts hören, und in Brasilien heißt ein Plenar-Saal im Kongreß immer noch nach Olgas Häscher Felinto Müller – abgesehen davon, daß Getulio Vargas, der für Olgas Abschiebung verantwortlich war, 1953 das Bundesverdienstkreuz erhielt, natürlich die höchste Klasse. Namen, Spuren, Verantwortlichkeiten, die das Photo aus São Paulo in mir aufgerufen haben. Die nicht vergessen werden dürfen. Dieter Strauss Florete ou sabre pesado? 136 O homem e a mulher parecem ser dois guerreiros com elmos, parados sob as duas cabines de telefone abertas, uma oposta à outra, no centro de São Paulo. E o despenhadeiro de casas da foto parece ainda mais repulsivo, mais agressivo, do mesmo modo como muitas partes do deteriorado centro velho, com a sua catedral gótica imitando uma fortaleza, e os muitos desabrigados. Será que o muro de Berlim veio para São Paulo? Nada se vê da “Casa da Ternura” brasileira, nada de ternura, nada de passos de samba – não, a cena lembra antes um passo de parada prussiano. Ao que parece, a comunicação aqui não pode ser bem sucedida. Tampouco o famoso “jeitinho”, a solução mágica com que se procura driblar os problemas no Brasil. Ou será que sim? O verde escuro de algumas árvores e a alta palmeira ereta remetem à vegetação tropical do Brasil, à sua vastidão, ao seu clima, que na primavera pode ser encantador como uma carícia. E ao seu povo, que antes de pensar, prefere ver, ouvir, cheirar e sentir. Com sua pronúncia leve e suave, o entendimento deveria ser possível, no espírito do florete e não no do sabre curvado, que antes combina com as discussões típicas de alemãs e esmaga o outro. E especialmente nos cafés paulistanos de hoje ou de ontem. Por exemplo, o famoso café de artistas, o Celestino Paraventis, na rua XV de Novembro. Na metade dos anos 1930, Paraventi – um jovem extremamente rico e empreendedor nada convencional, acabara de introduzir no país o mais novo trend : uma máquina de café expresso! Sua clientela – atores, cantores, escritores, políticos e boêmios excêntricos como ele, reunidos em volta das mesas de mármore, passaram a pedir somente os “espressi”. Ficavam horas sorvendo a droga preta, olhando para os transeuntes, especialmente para as meninas bonitas, é claro. Estavam prontos para conquistar suas presas, isso sim. E conversavam. Se entendiam e esqueciam do tempo e do mundo. Um estado feliz, cheio de alegria de viver, que não perguntava sobre ontem, nem sobre amanhã. Numa noite de sábado, Paraventi tinha acabado de cantar canções italianas para uma estação de rádio, Olga Benario ficou parada diante dele no Café. Era uma moça alemã de vinte e sete anos, atraente e bem vestida. Ela o abordou com seu pesado sotaque. Olga Benario era uma judia alemã que fora treinada em Moscou para a função de agente e tinha sido destacada pelo Comintern para auxiliar Luiz Carlos Prestes, o “Cavaleiro da Esperança”, no planejado golpe comunista no Rio de Janeiro, em novembro de 1935. Ela acompanhava Prestes como uma sombra. Depois de uma viagem de aventura, usando os 137 138 139 pseudônimos de Antonio Vilar e Maria Bergner Vilar, passando-se por um casal rico de Lisboa em viagem de lua de mel, chegaram de Moscou via Paris, Nova York, Miami, Cuba, Peru e Chile secretamente ao Brasil e procuravam ajuda, dinheiro e abrigo. E a comunicação deu certo – apesar da pronúncia de Olga, que “engolia” as vogais. Paraventi entendeu muito rapidamente quem estava diante dele e em nome de quem ela falava – e que Prestes havia chegado ao Brasil. Ele escondeu os dois imediatamente em sua fazenda em Santo Amaro, na represa de Guarapiranga. Sua casa passou a ser a deles. Após a revolta fracassada de novembro de 1935, Luiz Carlos Prestes e Olga foram descobertos e presos poucos meses depois. “Não atirem, ele está desarmado.” Com essas palavras, Olga se postou na frente de Prestes no momento de sua prisão, e assim salvou-lhe a vida. Os soldados tinham ordens para matá-lo. A comunicação fácil, quase leviana, como a que se deu com Paraventi estava esquecida; opunham-se agora dois campos implacavelmente hostis, o governo brasileiro e os dois, e não havia mais comunicação, nem mesmo de modo rudimentar. Ao contrário, em violação à Constituição brasileira, Olga foi deportada grávida para a Alemanha, e, como judia, a deportação significava morte certa. Ainda pôde dar à luz a sua filha Anita no presídio feminino de Barnimstraße, em Berlim. Os distúrbios de comunicação perduram até hoje na Alemanha, especialmente na Alemanha Ocidental, mas também no Brasil. A Alemanha continua não querendo saber do destino de Olga, e, no Brasil, um salão de plenário no Congresso continua com o nome de Filinto Müller – além do fato de que Getúlio Vargas, que foi responsável pela deportação de Olga, ter recebido, em 1953, a Cruz de mérito federal, naturalmente da classe da mais alta distinção. Tudo isso são nomes, pistas, responsabilidades que a foto de São Paulo resgatou dentro de mim. E que não devem ser esquecidos. Dieter Strauss Foil Or Heavy Saber? Just like two helmeted warriors, that is what the man and the woman look like in the two opposite open phone booths in downtown in São Paulo. And the street canyon of the photo looks even more repulsive and more aggressive, just as in many parts of the decaying old center with its Gothic, fortress-like cathedral and many homeless. The Berlin Wall, has it gone to São Paulo? None of the Brazilian “Casa da Ternura”, the tenderness, no Samba step – no, the scene reminds you more of the Prussian goose step. You think there is no way communication can succeed here. Not even the famous “jeitinho”, the miracle solution, with which problems are so often dribbled around in Brazil. Or maybe so? The dark green of the few trees and the highly erect palms are reminiscent of the tropical vegetation of Brazil, its space, its climate that can be as enchanting as a caress in the spring. And its people, who like to see, hear, smell, and feel before thinking. With their ease of pronunciation, understanding should be possible, all in the sense of the foil and not the curved sword, which fits more to typical German discussions and knocks the other person down. And especially in the Paulistano cafés of today or yesterday. For example, in the famous artists’ café Celestino Paraventis on Rua XV de Novembro. In the mid-1930s, Paraventi, a young, very rich, and unconventional entrepreneur has just introduced the latest craze: an espresso machine! His clientele, actors, singers, writers, and politicians, eccentric Bohémiens as he, only order one thing at the round marble tables: “Espressi”. For hours, they sip the black drug, watch passersby, especially pretty girls, of course. Ready to conquer the spotted prey, that is what they were. And they chatted together. They had a good time together and forgot time and the world. It was a happy state full of the joy of living, not thinking about yesterday or tomorrow. On a Saturday evening, after Paraventi had just sung Italian songs for a radio station, Olga Benario stood in front of him in his café. Then, a twenty-seven year-old attractive and elegantly-dressed German, she addressed him with her heavy leaden accent. Olga Benario was a German Jewess, who was trained as an agent in Moscow and assigned by the Comintern to Luiz Carlos Prestes, the “Knight of Hope”, as a helper for the planned Communist coup in Rio in November 1935. She accompanied Prestes like a shadow. After an adventurous journey under code names such as Antonio Vilar and Maria Bergner Vilar, a wealthy couple from Lisbon on their honeymoon, they had secretly arrived in Brazil from Moscow via Paris, New York, Miami, Cuba, Peru, and Chile and sought help, money, and shelter. And communication was successful – despite Olga’s vowel consuming pronunciation. Paraventi understood very quickly who was standing in front of him and who she was speaking for – that Prestes had arrived in Brazil. He hid the two immediately in his villa in Santo Amargo at the Guarapiranga Reservoir. His house was theirs. After the failed revolt in November 1935, Luiz Carlos Prestes and Olga were later discovered and taken as prisoners a few months later. “Don‘t shoot, he is unarmed,” with these words, Olga added in the arrest before Prestes and thereby saved his life. The soldiers had orders to kill him. The easy, almost flippant understanding, as it was with Parventi, was forgotten. Now the two stood against the Brazilian government as two implacable enemy camps and communication did not take place any more, not to any extent. On the contrary, contrary to the Brazilian constitution, pregnant Olga was even extradited to Germany, which, as a Jew, meant certain death. But, she still bore her daughter Anita in the Women’s Prison Barnimstraße in Berlin. Communication breakdowns occur to this day in Germany, especially in western German, but also in Brazil. Germany wants to hear nothing about Olga’s fate and in Brazil, there is a plenary hall in Congress still called after Olga’s catchpole Felinto Müller – except that Getulio Vargas, who was responsible for Olga’s deportation, was awarded the Federal Merit Cross in 1953, of course, the highest class. The photo of São Paulo has evoked in me names, traces, and responsibilities, which may not be forgotten. Dieter Strauss BR BR Von Perdizes aus Es ist sieben Uhr abends und bald kommen die Freunde zum Abendessen. Der Tisch ist gedeckt, die Töpfe im Ofen, die Getränke auf der Theke und die dekorierten Schüsseln stehen bereit. Mit einem Espresso sitze ich auf der Terrasse und genieße die wohlverdiente Pause im magischen Moment des Sonnenuntergangs, wenn sich das langsam erlöschende Tageslicht mit den künstlichen Lichtern der Stadt vermischt. Ich koste die Aromen der wunderbaren Kaffeemischung, die ich in der Rösterei Santo Grão erstanden habe. Weit fliegen die Gedanken, wenn man vom nordwestlich gelegenen Stadtteil Perdizes aus den schönen Blick auf die üppige Vegetation im Norden genießt, den Horizont beobachtet, dem Nachtgesang der Vögel lauscht, das Erwachen der Grillen vernimmt und die Avenida Paulista und die südlich gelegenen Stadtteile Higienópolis und Vila Madalena betrachtet. Eine weitere unbeschwerte Nacht liegt vor uns – wie dankbar ich dafür bin. Ich erinnere mich, daß ich einmal in den ersten beiden Monaten nach meiner Ankunft in der Rua Augusta auf zwei Mädchen traf, die mich nach dem Omnibus nach Perdizes fragten – es war zufällig auch meiner. Auf der Fahrt freundeten wir uns an und seitdem sind wir unzertrennlich. Ich baute mir ein Netzwerk aus Freunden auf, das ich bis heute pflege und das die Einsamkeit in der ersten Zeit vertrieb, die ich damals, trotz der unzähligen Veranstaltungen zum 450. Jahrestag von „Sampa” verspürte. Rasch vergingen acht intensive Jahre, in denen ich zunächst vor der Herausforderung einer neuen Arbeitsstelle stand und ohne Verwandte in der Nähe auskommen mußte. Ich hatte nur diese Freunde, und in der großen, kosmopolitischen Stadt einte uns die Neugier und der Wunsch, die Orte, die Geschichten, die Kunst und die Gastronomie Sampas zu entdecken. Wir waren alle so weit von unseren Herkunftsorten entfernt, daß wir unser Zuhause hier neu erfinden mußten und ständig zusammenhingen. Da wir alle gern und mit großem Genuß aßen, riefen wir ein sonntägliches Gourmet-Treffen ins Leben, bei dem wir die Köstlichkeiten unserer verschiedenen Herkunftsländer – auch der portugiesischsprachigen – zubereiten. Gelegentlich improvisieren und kombinieren wir die typisch brasilianischen Gerichte mit denen aus den anderen Teilen der Welt. Wir amüsieren uns wie Kinder, genießen stundenlang und reden dabei über das Leben und die aktuellen Themen aus Wirtschaft, Politik, Religion oder Fußball. Wir prosten uns mit allem möglichen zu: mit brasilianischem Cachaça, ausländischem Wodka, mit Wein aus Argentinien oder Europa, mit Sekt und natürlich auch mit den wunderbaren lokalen Fruchtsäften. Wir besuchen unsere Lieblings-Museen (die Pinakothek, das Kunstmuseum MASP oder die Museen in Ibirapuera) und sehen Filme, Theaterstücke und Konzerte. Wir haben so viele unterschiedliche Seiten São Paulos gesehen: Festivals, Marathon-Läufe, Karneval, Paraden, die prächtige Weihnachtszeit, zwei Fußballweltmeisterschaften. São Paulo verändert sich ständig und ist wie New York eine Stadt, die niemals schläft. Dabei gibt es auch die Schattenseiten, wie jene Obdachlosen, die inmitten von Nobelvierteln schlafen oder die heruntergekommenen Kneipen. Manche haben hier die Hände voller Geld und gleich daneben zeigt sich die Armut – als ob sich daran niemals etwas ändern würde. So sind wir unterwegs, zu Fuß, mit der Metro, dem Zug oder dem Auto und immer darauf aus, die Stadt zu entdecken und uns – wenn möglich – für sie zu begeistern. Der süße Duft des Jasmins bringt mich zurück in die Gegenwart und auf meine Terrasse. Ich freue mich auf all die Gäste. Die vielen Zungenschläge des brasilianischen Portugiesisch werden zu hören sein: aus Maranhão, Manaus, Ceará, Bahia, Rio de Janeiro, Espírito Santo, Minas Gerais, Paraná, Goiás und São Paulo. Dazu kommen noch die Sprachen der Welt: aus Peru, Kolumbien, Costa Rica, Venezuela, Equador, Porto Rico, den USA, Chile, Argentinien und Uruguay, Deutschland, Frankreich, Italien, Portugal, Griechenland, Spanien, Angola, Mosambik, Südafrika, Malaysia, Singapur, China, Korea, Indonesien und Thailand! Wir sind alle eng miteinander verbunden, unsere Lebenslinien kreuzen sich überall! Das Telephon klingelt, die ersten Gäste kommen. Wie wunderbar, ich werde sie jetzt empfangen! Irene González Pino Desde Perdizes São sete da noite e chegarão em breve os amigos para jantar. A mesa está pronta, as assadeiras no forno, as travessas sobre o balcão, e as guarnições nas panelas. Estou no terraço com um café de uma mistura maravilhosa que comprei no Santo Grão, curtindo um merecido descanso na hora mágica do pôr do sol, em que lentamente começam a se extinguir as luzes do dia para dar lugar às da cidade. O pensamento voa longe, observando o horizonte desta bela vista de Perdizes e sua exuberante vegetação, ouvindo os adeuses dos pássaros e o despertar dos grilos, apreciando a Paulista, Higienópolis e a Vila Madalena. Mais uma noite feliz diante de nós, grata por tê-los em minha vida. Lembrei de que, ainda nos dois primeiros meses de minha chegada à cidade, na Rua Augusta, havia topado com duas moças latinas que me perguntaram qual ônibus tomar, e coincidentemente era o que eu tomaria. De lá pra cá nunca nos separamos. Assim iniciou-se uma rede de amigos que mantenho até hoje e que atenuou a solidão daqueles dias, não mitigada nem pelos eventos culturais permanentes durante o 450° aniversário de Sampa. Oito anos intensos passaram muito rápido por conta de um novo desafio de trabalho, da falta de laços familiares próximos. Somente esses amigos, unidos pela curiosidade e vontade de descobrir lugares, pessoas, histórias, cultura, arte, música e gastronomia. Nós éramos inseparáveis, estávamos todos tão longe de onde nascemos procurando construir nosso lar aqui. Nós sempre tínhamos planos, sempre propiciávamos encontros. Unidos pelo prazer da comida, criamos o nosso domingo gourmet, em que cozinhávamos as iguarias de nossos países, seguíamos as culinárias dos países de língua portuguesa, e, às vezes, improvisávamos misturas de pratos típicos brasileiros com toques de outros cantos do mundo. Nos divertimos feito crianças, foram horas e horas degustando, mastigando e falando da vida, e sempre tentando debater alguns tópicos quentes e atuais de economia, política, religião e futebol. Brindamos com tudo, cachaças brasileiras, vodcas estrangeiras, vinhos rio-platenses e europeus, espumantes, e lógico, maravilhosos sucos de frutas locais. Tantos quantos eventos artísticos surgiram, nós os conferimos: na Pinacoteca, no MASP e nos museus no Ibirapuera, nos cinemas, teatros e nas casas de show. Quantas viradas paulistanas, aniversários de Sampa, maratonas, carnavais, paradas diversas, enfeites do Natal, duas Copas do Mundo de futebol vivenciamos! Quantas mudanças na cidade, suas festas, suas estações, seus dias e noites, comprovando que ela nunca dorme, como Nova York. Vimos 140 141 142 143 seu lado bom e seu lado ruim. De repente, em um bairro nobre, dormem os sem-teto e sobrevivem os antigos e pobres botecos. Muito dinheiro em algumas mãos e a pobreza por perto. Era assim e continua a ser. Andamos muito a pé, de metrô, de trem, de carro, sempre prontos a descobrir a cidade e nos encantar. O cheiro doce de uma dama-da-noite me traz ao presente, no terraço, e sorrio, pois em breve minha casa estará cheia. Muitos sotaques virão: Maranhão, Amazonas, Ceará, Bahia, Rio de Janeiro, Espírito Santo, Minas Gerais, Paraná, Goiás e São Paulo! Peru, Colômbia, Costa Rica, Venezuela, Equador, Porto Rico, Estados Unidos, Chile, Argentina e Uruguai! Alemanha, França, Itália, Portugal, Grécia e Espanha! Angola, Moçambique e África do Sul! Malásia, Cingapura, China, Coreia, Indonésia e Tailândia! Todos nós somos parte do mesmo tecido, com linhas se cruzando em todos os sentidos! O telefone toca, estão chegando os primeiros. Ótimo, beleza, vou recebê-los! Irene González Pino From Perdizes It is 7:00 PM and soon friends will arrive for dinner. The table is ready, the baking trays are in the oven, the drinks are on the counter, the side dishes are in the pans. I am on the balcony with a cup of coffee from a wonderful blend I purchased from Santo Grão, enjoying a well-deserved rest in the magic sunset hour. My thoughts wander, watching the horizon of this beautiful Perdizes view from the northwest side of town to the north with its exuberant vegetation, hearing the birds sing goodbye and crickets waking up, enjoying the view of Paulista Avenue, Higienópolis on the southside and Vila Madalena. Another happy night awaits us and I am happy to have them in my life. I recalled that in the first two months after I arrived in São Paulo, we ran into two Latino women at Augusta Street who asked me which bus to take, and coincidentally it was mine too. We have never separated since then. That is how I started a network of friends that I keep to this day and that soothed the loneliness of those days, unmitigated by the never ending cultural events of Sampa‘s 450th anniversary. Eight intense years passed very fast due to a new work challenge and absence of close family links. Only those friends, united by curiosity and the wish to discover places, people, histories, culture, art, music and dining. We were all so far away from home that we had to rediscover our home here and always stick together. United by the pleasure of food, we created our gourmet Sunday, in which we prepared the delicacies of our countries, followed the culinary arts of Portuguese-speaking countries and sometimes improvised blends of typical Brazilian dishes with a touch from other corners of the world. We had fun like children, spending many hours savoring, chewing and talking about life, politics, religion and football. We toasted with everything, Brazilian cachaças, foreign vodkas, wines from the Rio de la Plata region of Argentina, bubbly wines and, of course, marvelous local fruit juices. As much artistic events as there were, we went to all of them: at the Pinacotheca, at the São Paulo Museum of Art and the Ibirapuera Museum, Sampa anniversaries, marathons, carnivals, different parades, Christmas decorations, two World Cups! How many changes in the city, its parties, seasons, days and nights proving it never sleeps, just like New York. We saw its good and bad sides. Suddenly, in a rich neighborhood, homeless are sleeping and old and flimsy bars still survive. There is a lot of money in some hands while there is plenty of poverty around. That is how it was and still is. Many times we walk- ed, took the subway, train, car, always ready to discover the city and be charmed. The sweet smell of a night jasmine brings me back to the present, to the balcony, and I smile, since soon my house will be filled. Many accents will come: Maranhão, Amazonas, Ceará, Bahia, Rio de Janeiro, Espírito Santo, Minas Gerais, Paraná, Goiás and São Paulo! Peru, Colombia, Costa Rica, Venezuela, Ecuador, Puerto Rico, the United States, Chile, Argentina and Uruguay! Germany, France, Italy, Portugal, Greece and Spain! Angola, Mozambique and South Africa! Malaysia, Singapore, China, Korea, Indonesia and Thailand! We are all part of the same fabric, with lines intersecting in every direction! The phone rings and the first guests are arriving. Great, beautiful, I am off to receive them! Irene González Pino IC BR São Paulo oberirdisch São Paulo unterirdisch Der Raum dazwischen Zwei Annäherungen 1 Es war eine bewußte Entscheidung der Jesuiten, São Paulo 1554 circa 70 Kilometer weit vom Meer entfernt auf einem Hochplateau auf circa 800 Meter Meereshöhe in der Gabelung der beiden Flüsse Tietê und Pinheiros zu gründen. Die beiden Flüsse formten die Landschaft und bestimmten ihre Entwicklung. Die Stadt entstand nicht auf einer Ebene, sie wurde nicht „auf“ die Landschaft gesetzt, sondern ihr Thema war und ist die Topographie, eine scheinbar nie enden wollende Sequenz von Höhen und Senken. Heute zeichnet die Architektur die Landschaft nach und überhöht sie. Entstanden ist, zum Beispiel vom Copan aus geschaut, ein Meer an Gebautem, eine Stadtlandschaft, die Gewachsenes und Erdachtes verbindet, São Paulo als Konstrukt. 2 São Paulo bedeutet aber auch eine nie endende Bewegung, ein steter Fluß ohne Anfang und ohne Ende, ob zeitlich oder räumlich gesehen, horizontal oder vertikal. Die Stadt ist spontan, vital, bar jeder akademischen Planung, vielmehr ein Patchwork aus Raumfragmenten, geprägt durch den Verkehr. Ein Verkehr, der sich mittlerweile 24 Stunden lang durch die Stadt zieht und weder Tageszeiten noch Nachtstunden kennt. Auch wenn die Metro weiter ausgebaut wird, eine 5. Linie, die Gelbe, dazukommt, wird sich vermutlich wenig daran ändern, werden sich die Staus kaum auflösen, denn das Auto gehört zum Statussymbol. Zwölf Millionen Menschen leben in São Paulo, sie fahren mehr als 7 Millionen Fahrzeuge und jeden Tag kommen 700 neue hinzu. An manchen Tagen staut sich der Verkehr auf 300 Kilometern. Eine neue Metrolinie zu bauen ist ein weiterer, kleiner Schritt, diesen Staus eine Alternative entgegenzusetzen, das Problem des Verkehrs als Netz neu zu definieren. So transformiert sich São Paulo ständig selbst. Wie beschreibt Stefan Zweig so schön in seiner Liebeserklärung an Brasilien: „São Paulo gibt kein Bild, weil es seinen Rahmen ständig erweitert, weil es zu unruhig ist in seiner rapiden Veränderung; man zeigt es am besten als Film und zwar als einen, der von Stunde zu Stunde rascher abrollt“. Stefan Zweig vergleicht den Rhythmus der Stadt mit dem starken und heftigen Herzschlag eines Läufers, der ständig vorwärts rennt und sich an der eigenen Geschwindigkeit berauscht. Ja, was ihr an Schönheit fehlt, macht sie durch ihre Energie wett, „denn diese Stadt weiß, daß sie sich ihre Form erst erobern muß“. Und dies tut sie, in der Art und Weise, wie sie Raum gestaltet, ihn als formbare Masse betrachtet. Es fasziniert mich immer wieder, wie die Escola Paulista das Erdgeschoß als Thema konsequent entwickelt hat und der Raum sich in das Kontinuum des Ortes einschreibt. Wer einmal die FAU USP, die Architekturfakultät von Vilanova Artigas auf dem Universitätsgelände, besucht hat, wird diesen Raum kaum je vergessen können. Man betritt ein Gebäude und öffnet dabei keine Tür. Der ganze Raum fließt, alle Geschosse sind miteinander verbunden und werden Teil des Ortes. Das freie Erdgeschoß entwickelt sich ähnlich einer Topographie unter dem Baukörper hindurch, gibt den Blick nach oben und unten frei. Die Raumbegrenzung als Thema tritt in den Hintergrund. Diese Art, „Raum zu bauen“, verlangt eine Haltung, um ihn so überhaupt denken zu können. Es ist eine Grundhaltung, das Leben als einen Fluß zu betrachten, den Raum dazu aber bewußt zu gestalten, mit Einblicken, Ausblicken und Durchblicken, immer als Teil eines Ganzen und doch als winzigen Punkt in der Karte von São Paulo. Und so irritiert auch die formale Ausgestaltung eines Metroabgangs nicht. Die geschwungenen Linien mögen vielleicht mit der üppigen Vegetation verglichen oder dem Hang zur freien Form begründet werden, sie wollen jedoch immer nur eines, das „Fließen“ unterstützen. Neben diesen eher populären Betrachtungen können aber tatsächlich Beziehungen zum Barock hergestellt werden. Der Raum des Barock ist bewegt, die Perspektive beginnt sich aufzulösen. Es gibt keinen idealen Standpunkt mehr, vielmehr wird der Betrachter aufgefordert, sich im Raum zu bewegen. São Paulo ist für mich im Sinne von Umberto Eco und seinen Ausführungen zum Barock in Das offene Kunstwerk eine Einladung, mich zu bewegen, mit seinen Räumen zu interagieren, sie in meiner Vorstellung zu komplettieren, „um das Werk unter immer neuen Aspekten zu sehen, so als ob es in ständiger Umwandlung begriffen wäre“. Alle diese Assoziationen kann ein Bild einer Metrostation hervorrufen. Dies ist in meinen Augen der Reichtum nicht nur São Paulos, sondern ganz Brasiliens. Myriam Claire Gautschi São Paulo vista de cima São Paulo vista de baixo O espaço no entremeio Duas aproximações 1 Sábia foi a decisão dos jesuítas ao fundar São Paulo em 1554 a cerca de 70 quilômetros de distância da praia, num planalto aproximadamente 800 metros acima do nível do mar, na bifurcação do Tietê e do Pinheiros. Ambos os rios davam forma à paisagem e determinaram o desenvolvimento da cidade. Ela não surgiu numa planície, não foi colocada “na” paisagem, e sim seu tema foi e é a topografia, uma sequência de subidas e decidas que parece não querer acabar. Hoje a arquitetura copia a paisagem e a idealiza. Quando se olha do Copan, por exemplo, vê-se que surgiu um mar de prédios, uma paisagem urbana que une o orgânico e o imaginado, São Paulo como construto. 2 Mas São Paulo também significa um movimento que nunca termina, um fluxo incessante sem começo nem fim, seja considerado de modo temporal ou espacial, vertical ou horizontal. Na cidade tudo se dá de um jeito involuntário, vital, sem planejamento acadêmico algum, São Paulo é muito mais um patchwork de fragmentos espaciais, marcado pelo trânsito. Um trânsito que nos últimos tempos se estende pela cidade 24 horas e não conhece diferença entre dia e noite. Mesmo que o metrô continue a ser construído, uma quinta linha, a amarela, seja acrescentada, é provável que pouca coisa mude, que os congestionamentos quase não diminuam, pois o carro está entre os símbolos de status. Doze milhões de pessoas vivem em São Paulo, dirigem mais de sete milhões de automóveis, aos quais se somam 700 novos todos os dias. Muitas vezes, o congestionamento chega a 300 quilômetros. Construir uma nova linha de metrô é um próximo passo, pequeno, de apresentar alguma alternativa ao trânsito, de definir o problema da mobilidade de maneira nova, interligada. E assim São Paulo transforma-se a si mesma o tempo inteiro. Como descreveu Stefan Zweig de maneira tão linda na sua declaração de amor ao Brasil: “É difícil ter uma imagem estática de São Paulo porque a cidade está constantemente se ampliando, porque é demasiado irrequieta em sua rápida transformação. A melhor maneira de mostrá-la seria através de um filme, um daqueles filmes que de hora em hora se fosse acelerando”. Stefan Zweig compara o ritmo da cidade à batida do coração, forte e impetuosa, de um passante que sempre avança correndo e inebria-se com a própria velocidade. Sim, o que falta a 148 149 150 151 São Paulo em beleza é compensado por sua energia, pois “essa cidade sabe que ainda precisa conquistar a sua forma”. E isso São Paulo faz no modo pelo qual configura o espaço, considerando-o como massa a ser formada. Toda vez que vou à Escola Paulista fico fascinada pelo desenvolvimento consequente do tema no andar térreo, inscrevendo o espaço no continuum do lugar. Quem já visitou a Faculdade de arquitetura e urbanismo de Vilanova Artigas no campus da Universidade de São Paulo, dificilmente vai se esquecer. Entramos numa construção sem ter que abrir portas. O espaço inteiro flui, todos os andares estão interligados e se tornam parte do lugar. O andar térreo livre desenvolve-se por toda parte debaixo da construção, semelhante a uma topografia, libertando o olhar para cima e para baixo. A delimitação do espaço como tema fica em segundo plano. Esse modo de “construir o espaço” exige um posicionamento para que seja possível sequer pensar nele. É um posicionamento básico, que considera a vida como fluxo, o espaço aí incluído, mas para ser configurado com consciência, visto de dentro, de fora, sob vários ângulos, sempre como parte de um todo e mesmo assim como um ponto minúsculo no mapa de São Paulo. E assim nem o arranjo formal de uma saída de metrô incomoda. Talvez as linhas curvas possam ser comparadas à vegetação opulenta ou justificadas pela inclinação à forma livre, mas querem sempre a mesma e única coisa: sustentar o “fluir”. Contudo, mais além dessas observações bem comuns podem ser estabelecidas de fato relações com o barroco. O espaço do barroco é móvel, a perspectiva começa a se dissolver. Não há mais ponto de vista ideal, o observador é antes convidado a se movimentar no espaço. Para mim São Paulo é um convite a me movimentar, interagir com seus espaços, completá-los em minha imaginação, no sentido de Umberto Eco e suas considerações sobre o barroco em Obra abierta, “ver a obra sob diferentes e sempre novos aspectos, como se ela pudesse ser compreendida numa transformação constante”. Todas essas associações podem ser evocadas por uma imagem numa estação de metrô. No meu modo de ver, essa é a riqueza não só de São Paulo, mas de todo o Brasil. Myriam Claire Gautschi São Paulo Aboveground São Paulo Underground The Space In Between Two Approaches 1 It was a conscious decision by the Jesuits to found São Paulo in the year 1554 about 70 kilometers from the sea on a high plateau of about 800 meters above sea level at the fork of two rivers, the Tietê and the Pinheiros. The two rivers formed the landscape and defined its development. The city did not arise on a plain, it was not set “on” the landscape, but its theme was and is topography, a seemingly never-ending sequence of peaks and valleys. Today, the architecture sketches the landscape and raises it. Seen from the Copan, for example, a sea of buildings has arisen, an urban landscape that links what has grown up and what has been planned, São Paulo as a construct. 2 But, São Paulo also means a never-ending movement, a steady flow without beginning and without end, whether seen in time or space, horizontally or vertically. The city is spontaneous, lively, devoid of academic planning, but, rather, a patchwork of space fragments, dominated by traffic. It is a traffic that, in the meantime, runs through the city 24 hours a day and knows neither day nor night-time hours. Even if the metro is further expanded, a 5th line, the yellow, is coming, little is likely to change because the traffic jams are unlikely to be opened up as the car is part of the status symbol. Twelve million people live in São Paulo, they drive more than seven million vehicles and 700 new ones are added to the number daily. On some days, the traffic is backed up for 300 kilometers. Building a new metro line is a further, smaller step to put forth an alternative to these traffic jams, to redefine the problem of traffic as a network. Thus, São Paulo is continually transforming itself, as Stefan Zweig describes so beautifully in his declaration of love for Brazil: “São Paulo is not a picture because it is constantly expanding its frame, it is too restless in its rapid change. It is shown best as a movie and as one that rolls on more quickly from hour to hour.” Stefan Zweig compares the rhythm of the city with the strong and fierce heartbeat of a runner, who constantly runs forward and is intoxicated by his own speed. Yes, what it lacks in beauty, it makes up through its energy, “because this city knows that it must conquer its own form first.” And this it does, in the way it manages space, considering it as a malleable mass. It always fascinates me how the Escola Paulista has developed the ground floor consistently as a theme and space inscribes itself in the continuum of the place. Anyone who has ever visited the FAU USP, the Department of Architecture of Vilanova Artigas on the university campus, will hardly ever forget this space. You enter a building and do not open any door. The whole room flows, all the floors are interconnected and become part of the place. The open ground floor (first floor) develops throughout similar to a topography beneath the building, offers a clear view up and down. Space limitation goes into the background as an issue. This kind of “constructing space” requires an attitude to be able to think of in this way at all. It is a basic attitude of looking at life as a river, but consciously designing the interior, with insights, views, and perspectives, always as part of a whole and yet as a tiny dot on the map of São Paulo. And in this way, the formal design of a metro exit also does not irritate you. The curved lines may perhaps be compared with lush vegetation or be based on the tendency to free form. However, they always only want one thing, to support the “flow”. But, besides these more popular considerations, actual connections to the Baroque can be made. Baroque space is moved and perspective begins to dissolve. There is no more ideal point, instead, the viewer is challenged to move within the space. For me, São Paulo is, in terms of Umberto Eco and his remarks on the subject of the Baroque in The Open Work, an invitation to move, to interact with its spaces, to complete it in my imagination, “to always see the work in ever new aspects as if it were understood in constant transformation.” An image of a metro station can call forth all these associations. In my eyes, this is the wealth not only of São Paulo, but all of Brazil. Myriam Claire Gautschi BR BR Metro Ich fahre lieber Metro in São Paulo als U-Bahn in Berlin. Wie soll ich das meinen brasilianischen und deutschen Freunden erklären? São Paulo: Ich überzeuge deutsche Kollegen, auf das Taxi zu verzichten und mit mir die Metro zu nehmen. Sie sperren ihre Uhr in den Hotelsafe, verstecken das Papiergeld im Schuh, bis auf die 30 Dollar für den Überfall. Und was sehen sie im Abteil? Frauen mit Ringen, Kettchen, Armbanduhren und schicken Handtaschen, Yuppies mit iPhone, Menschen, die ihnen in die Augen schauen, den Blick halten, sie anlächeln, ansprechen. Ist das die Erotik, die in Brasilien angeblich in der Luft liegt? Berlin: Brasilianische Freunde wollen unbedingt mit der berühmten U-Bahn-Linie 1 fahren, in der es im Grips-Theater-Musical von Volker Ludwig so fröhlich zugeht. Und was sehen sie? Blasse Gesichter, verbitterte Mienen, schlecht gekleidete Menschen, die den Blick abwenden, einen Alkoholiker, der den zähnefletschenden Schäferhund seines Kumpels in den Schwitzkasten nimmt und erwürgen will. Ist das Berlin: arm, aber sexy? Vielleicht sind dies nur Klischees meiner verzerrten Wahrnehmung eines Wanderers zwischen den Welten, der das Eigene mies macht und das Fremde schönredet, der „Sampa“ als seine zweite Heimat verklärt, der nicht täglich im Menschenstrom durch stickige Tunnels geschoben, übernächtigt und überarbeitet in Waggons gepreßt, gequetscht und in der Vorstadt ausgespuckt wird. Ich bin mit Ignácio de Loyola Brandão in seinem italienischen Lieblingsrestaurant verabredet. „Metropolis lernst Du am besten kennen, wenn Du die öffentlichen Verkehrsmittel nimmst!“ Ignácio hat als DAAD-Stipendiat in Berlin gelebt und sich in unsere Stadt verliebt, noch vor dem Mauerfall. Er ist der Autor von Zero, einem der besten Romane über São Paulo, einem der wichtigsten Großstadtromane der Literaturgeschichte. Er instruiert mich: „Du nimmst die Metro und steigst an der Station Sumaré aus, dann gehst Du am Jüdischen Kulturzentrum vorbei, von dort aus sind es nur noch ein paar Meter …“ Ich steige also in Sumaré aus und blicke unvermittelt auf überlebensgroße Schwarzweißphotos, die auf dem Bahnsteig über der Stadtautobahn an riesigen Glaswänden angebracht sind. Zunächst denke ich an eine Benetton-Reklame. Doch es handelt sich um Kunst im öffentlichen Raum, Serigraphien mit eingesprenkelten Schriftzeichen, Brustbilder von jüngeren Frauen und Männern – Schwarze, Weiße, Farbige. Es sind Gesichter des Alltags, die dem aufmerksamen Betrachter Geschichten und Geschichte erzählen, private und politische, wie Paßphotos, wie Standphotos im Vergnügungspark. Aber sie wecken auch Assoziationen an die Erinnerungskultur eines Christian Boltanski, an Gerhard Richters Fahndungsphotos von Terroristen der RAF in Deutschland, an die Steckbriefe der Stadt-Guerilla in Brasilien, an Dokumente des Kolonialismus und Rassismus. Der Künstler heißt Alex Flemming. Er lebt und arbeitet in Berlin und São Paulo. Wie könnte es anders sein. Er kommentierte seine künstlerische Arbeit einmal mit folgenden Worten: „Meine gesamte Arbeit ist politisch, gegen Folter, gegen Krieg … Alle Menschen müssen gleich sein. Wir müssen die Unterschiede akzeptieren.“ Vielleicht gibt es, um dies zu zeigen, keinen besseren Ort als eine Metrostation. Henry Thorau Metrô 152 Prefiro andar de metrô em São Paulo do que em Berlim. Como explicar isso aos meus amigos brasileiros e alemães? São Paulo: eu convenço colegas alemães a desistir do táxi e seguir comigo de metrô. Eles guardam os relógios no cofre do hotel, enfiam as notas de dinheiro no sapato, exceto os trinta dólares do assaltante. E o que eles veem no vagão? Mulheres com anéis, colarzinhos, relógios de pulso e bolsas chiques, yuppies com iPhone, pessoas que olham nos seus olhos, que mantêm o olhar, sorriem para eles, conversam com eles. Será este o erotismo que supostamente paira no ar do Brasil? Berlim: amigos brasileiros querem por que querem andar com a linha 1 de metrô, em que no musical do Grips-Theater de Volker Ludwig é tudo tão alegre. E o que eles veem? Rostos pálidos, fisionomias carrancudas, pessoas mal vestidas, que desviam o olhar, um alcoólatra que agarra o pescoço do pastor alemão do companheiro, querendo enforcá-lo. É essa a Berlim: pobre, mas sexy? Talvez sejam apenas clichês da minha percepção deturpada de viajante entre os mundos, que despreza o que é seu e enaltece o que é do outro, que transforma Sampa em sua segunda pátria, mas que não é empurrado diariamente pela torrente humana através de túneis abafados, que, esgotado e fatigado, é espremido e esmagado nos vagões, para depois ser “cuspido” no subúrbio. Combinei um encontro com Ignácio de Loyola Brandão no restaurante italiano predileto dele. “O melhor jeito de conhecer uma metrópole é pegando o transporte público.” Ignácio viveu em Berlim como bolsista do DAAD e se apaixonou pela cidade, ainda antes da queda do muro. Ele é o autor de Zero, um dos melhores romances sobre São Paulo, um dos mais importantes romances de cidade grande da história da literatura. Ele me instrui: “Você pega o metrô e desce na estação Sumaré, aí você passa pelo Centro de Cultura Judaica e dali são só mais alguns metros...” Então eu desço na estação Sumaré e dou de cara com as fotos em branco e preto, em tamanho maior que o natural, fixadas nas enormes paredes de vidro da plataforma sobre a avenida. Primeiramente penso em anúncios da Benetton. Mas trata-se de exposição de arte em espaço público, serigrafias com caracteres desenhados, retratos de bustos de homens e mulheres jovens – pretos, brancos, de cor. São rostos do cotidiano que contam ao espectador atento, histórias e mais histórias, privadas e políticas, tais como fotos de passaporte, fotos no Parque de diversões. Mas também despertam associações com a cultura da lembrança de um Christian Boltanski, com as fo- 153 154 155 tos de terroristas da RAF na Alemanha tiradas por Gerhard Richter, com os cartazes de captura dos guerrilheiros urbanos no Brasil, com documentos do colonialismo e do racismo. O artista é Alex Flemming. Vive e trabalha em Berlim e em São Paulo. Não poderia ser diferente. Certa vez comentou sobre seu trabalho artístico usando as seguintes palavras: “Todo meu trabalho é político, contra a tortura, contra a guerra... Todas as pessoas devem ser iguais. Temos de aceitar as diferenças”. Talvez não exista lugar melhor do que uma estação de Metrô para demonstrar isso. Henry Thorau Metro I prefer taking the metro in São Paulo than the subway in Berlin. How can I explain that to my Brazilian and German friends? São Paulo: I convince my German colleagues to do without the taxi and to take the metro with me. They lock their watches in the hotel safe, hide their bills in their shoes, except for the $30 in case of attack. And what do they see on the train? Women with rings, bracelets, watches, and chic handbags, yuppies with iPhones, people who look them in the eye, gaze, smile at them, speak to them. Is this the eroticism that is supposedly in the air in Brazil? Berlin: Brazilian friends really want to take the famous subway line 1, which is so cheerful in the Grips theater musical by Volker Ludwig. And what do they see? Pale faces, embittered facial expressions, poorly dressed people who avoid eye contact, an alcoholic who gets the snarling German shepherd dog of his buddy in a headlock and wants to strangle it. Is this Berlin: poor, but sexy? Maybe these are only stereotypes of my distorted perception of a vagabond between two worlds, who makes his own poor and speaks well of what is foreign, who glorifies “Sampa” as his second home, who is not pushed by crowd of people daily through stuffy tunnels, pressed bleary-eyed and overworked into train cars, crushed, and spat out in the suburbs. I have an appointment with Ignácio de Loyola Brandão in his favorite Italian restaurant. “The best way to get to know a metropolis is to take public transportation!” Ignácio lived in Berlin as a DAAD scholarship recipient and fell in love with our city, even before the fall of the wall. He is the author of Zero, one of the best novels about São Paulo, one of the most important urban novels in literary history. He instructed me: “You take the metro and you get off at Sumaré station, then you walk by the Jewish Cultural Center, from there, it is only a few meters ...“ So, I get off in Sumaré and look right at the larger than life black and white photographs that are mounted on the giant glass windows on the train platform above the freeway. At first, I think of a Benetton advertisement. But, it is art in a public space, serigraphs with sprinkled characters, busts of young women and men – black, white, colored. These are the faces of everyday life that tell stories and history to the attentive observer, private and political, like passport photos, like stills in the amusement park. But, they arouse also associations with the cultural memory of one Christian Boltanski, of Gerhard Richter’s mug shots of RAF terrorists in Germany, of the wanted posters of the city – of the characteristics of urban guerillas in Brazil in the documents of colonialism and racism. The artist’s name is Alex Flemming. He lives and works in Berlin and São Paulo. How could it be otherwise. He once commented on his artistic work with the following words: “My whole work is political, against torture, against war ... all people must be equal. We need to accept the differences.” Maybe there is no better place than a metro station to show this. Henry Thorau Die Toten regieren die Welt In den meisten Städten vergräbt man elektrische Leitungen unter der Erde. In São Paulo dagegen werden sie zur Schau gestellt und verteilen sich energiegeladen in alle Richtungen: entlang der metropolitanen Venen und Arterien, entlang der über 50.000 Stadtautobahnen, Hauptstraßen, Nebenstraßen, Hochstraßen und Gassen, die zumeist den Namen von längst verstorbenen Persönlichkeiten tragen. Es ist 5 Uhr morgens, Gisele macht sich auf ihren Weg zur Haltestelle, der sie die Avenida entlang und die Straße herunter führt. Sie hat Glück und kann gleich in dem ersten Zug, der am Bahnsteig hält, einen Platz ergattern. Nachdem sie eingestiegen ist und an der gegenüberliegenden Wagenseite im Gedränge steht, sieht sie einen Zug, der auf der anderen Seite mit rasender Geschwindigkeit entgegenkommt. Sie fühlt sich schlecht, was jedesmal passiert, wenn sie daran denkt, wie schnell ihr Leben in den letzten 36 Jahren vergangen ist. Sie und die halbe Stadtbevölkerung würden jetzt gerne an einem anderen Ort sein, an dem sie den Blicken der anderen nicht so früh und so unmittelbar ausgesetzt wären. Durch Giseles düstere Gedanken dringt die graue, unansehnliche Landschaft der Vororte, der beißende Geruch des Zuges und die Zeiger ihrer Uhr, die sich schneller fortzubewegen scheinen als sie selbst. Die Fahrt scheint kein Ende zu nehmen. Doch schließlich kann Gisele aussteigen und weiter zur Metro gehen. Ein blitzsauberer Korridor führt zu einem blitzsauberen Bahnsteig, an dem die überfüllte Metro hält, die den Untergrund der Stadt in gerade Linien zerschneidet. Dunkelheit umgibt den Wagen, die fehlende Aussicht zwingt Gisele dazu, sich im Wagen umzusehen. Ein sitzender Junge liest ein Buch und erinnert sie daran, daß sie nie Lust hatte zu lesen. Wenn sie besser gelernt hätte, hätte sie vielleicht auch einen guten Job. Aber jetzt ist es zu spät. Sie muß zu dem Familienhaus, in dem sie als Haushaltshilfe arbeitet. Gisele verläßt die Metrostation und geht einige Straßenblöcke entlang. Anstatt sich wie sonst über den chaotischen Verkehr und den unaufhörlichen, durchdringenden Lärm, den dieser verursacht, zu ärgern, bemerkt sie zum ersten Mal in ihrem Leben die Straßen und das Wirrwarr der an Pfosten aufgehängten Stromleitungen, das sie durchzieht. Obwohl sie sie nicht kennt, ziehen die Personen, nach denen die Straßen benannt sind, ihre Aufmerksamkeit auf sich. Wie diese Leitungen hat sich auch die Stadt in kürzester Zeit zu einem wirren Gebilde entwickelt. 1915 hatte São Paulo rund 500.000 Einwohner und kaum ein halbes Jahrhundert später muß sich Gisele ihre Wege mit 10,9 Millionen anderen Bewohnern teilen. Als sie die Straße überquert denkt sie, daß es doch cool wäre, wenn eine dieser Straßen Gisele Bündchen hieße! Genauso sollte diese Straße heißen: hübsch, berühmt, reich und mit dem gleichen Namen wie ihrer! Wenn es nur nicht Rio Grande do Sul gewesen wäre, wo sie – Gisele Bündchen – geboren ist. Gisele, die in Rio Grande do Norte geboren ist, hat weder Familie noch Kinder und war noch nie verreist. Seit sie als kleines Kind nach São Paulo kam, denkt sie ständig daran, in ihren Heimatort zurückzukehren. Ganz in Gedanken versunken, geht sie weiter durch das Viertel und stellt sich vor, daß nie eine Straße so heißen wird wie sie. Obwohl sie die Personen nicht kennt, nach denen die Straßen benannt sind, hat sie doch das Gefühl, daß diese Leute ihr Schicksal und das vieler anderer Menschen bestimmen. Am Ende des Tages hat Gisele weder Interesse noch Zeit, um die Leitungspfosten und die Straßennamen zu betrachten. Wie immer folgt sie eilig und abgespannt ihrem vorgezeichneten Weg hin zum Stadtrand, inmitten vieler Menschen wie sie, nach denen nichts und niemand benannt ist – außer vielleicht ihre Kinder. Zu Hause angekommen, macht sie den Fernseher an, schaut die Telenovela, ißt irgend etwas und legt ihre Sachen für den nächsten Tag zurecht, der wieder früh beginnt, am anderen Ende der Stadt. Ohne sich um die Welt der Lebenden zu sorgen, schläft sie schnell ein und träumt, sie wäre Gisele Bündchen ... Fernando Spaziani Quem manda no mundo são os mortos 156 Na maior parte das cidades os fios elétricos são enterrados. Em São Paulo são expostos e correm energicamente em todas as direções junto das veias e artérias da metrópole, formadas por suas mais de 50 mil ruas, avenidas, ruelas, corredores, viadutos e becos batizados, em boa parte, com o nome de gente que já morreu. São 5 horas da manhã quando Gisele percorre rua e avenida até chegar à estação do trem. Por sorte cabe no primeiro comboio que para na plataforma. Logo que entra e fica espremida no outro lado do vagão, repara no trem que vem apressado no sentido contrário, o que lhe causa uma sensação de enjôo experimentada toda vez em que pensa como sua vida correu rápido nos últimos 37 anos. Assim como a metade da população da cidade, Gisele preferia morar em outro lugar e não ter de encarar, a curta distância e tão cedo, os olhares dos outros passageiros daquele vagão barulhento. O desconforto é de tal ordem que seus pensamentos são desviados para a paisagem cinza e feia da periferia, pelo cheiro de embreagem e pelos ponteiros do relógio que insistem em andar mais rápido que o trem. Quando a viagem parece interminável, ela desce e parte para a transferência para o metrô. Um corredor limpo demais conduz a uma plataforma e trilhos limpos demais, onde corre o trem, que cheio de gente, rasga o subsolo da cidade em linhas retas. Não há paisagem, só o escuro abraça o vagão, o que força Gisele a olhar em volta. Um rapaz sentado lê um livro e a faz lembrar-se que nunca teve vontade de se dedicar à leitura. Se tivesse estudado mais, talvez tivesse um bom emprego. Mas agora é tarde e já está chegando à casa de família onde trabalha como diarista. Ao sair da estação, Gisele caminha algumas quadras e em vez de se incomodar com o trânsito caótico e o barulho incessante e agitado que ele impõe à cidade, pela primeira vez na vida ela repara na quantidade de fios trançados nos postes, no emaranhado suspenso acima de sua cabeça, correndo por ruas com nomes de pessoas que ela não conhece e que estranhamente também estão desviando sua atenção. Assim como os fios, a metrópole se espalha sem planejamento e muito rapidamente, formando um gigantesco tecido urbano. Se em 1915 abrigou cerca de 500 mil habitantes, menos de um século depois Gisele compartilha seus caminhos com outros 10,9 milhões de habitantes. Ao atravessar a rua, ela pensa que seria legal se uma delas se chamasse Gisele Bündchen! Esta sim merecia ser nome de rua: linda, famosa, rica e com o mesmo nome que o dela! 157 158 159 Nem que fosse lá no Rio Grande do Sul, onde ela nasceu. A Gisele nascida no Rio Grande do Norte não tem família nem filhos e nunca viajou para lugar algum desde que chegou pequena a São Paulo, mas sempre pensa em voltar para sua cidade natal. Envolta neste pensamento, continua desfilando pelo bairro e imagina que ela nunca vai ser nome de rua. Embora não saiba quem são as pessoas que dão nomes às ruas, sente que essa gente guia o seu rumo e de muitas outras pessoas. No fim do dia Gisele não tem interesse e nem tempo para voltar a reparar nos postes e nos nomes das ruas e avenidas. Ela segue apressada e desatenta repetindo seu desenho rumo à margem da cidade, cheio de gente como ela, que não dá nome a nada nem ninguém, a não ser, quem sabe, a seus filhos. Ao chegar em casa liga a tevê, assiste à novela enquanto come alguma bobagem e arruma suas coisas para o dia seguinte, que começa cedo de novo, em outra parte da cidade. Sem se preocupar com o mundo dos vivos, adormece rápido e sonha que é Gisele Bündchen... Fernando Spaziani The Dead Really Rule The World Power lines are buried in most cities. In São Paulo they are exposed and run energetically in all directions with the veins and arteries of the metropolis, formed by its more than 50,000 streets, avenues, lanes, corridors, viaducts and alleys named mostly after the deceased. It is 5:00 AM when Gisele walks on the street and avenue to reach the train station. Luckily she finds a seat on the first train that stops at the platform. As soon as she enters and is squeezed to the other side of the car, she notices another train going fast in the opposite direction, causing her to feel the nausea experienced every time she thinks how her life has gone by so fast in the last 37 years. As half of the city‘s population, Gisele would rather live somewhere else and not have to face, so closely and early, the stares of other passengers of that noisy car. The discomfort is such that her thoughts wander to the gray and ugly suburban landscape, to the smell of gears and the watch‘s hands that insist on moving faster than the train. When the trip seems it would never end, she hops off and goes to the subway transfer. A corridor that is too clean leads to platform and tracks that are too clean, where trains filled with people cut the city‘s underground in straight lines. There is no landscape and only darkness surrounds the car, forcing Gisele to look around. Seated, a young man reads a book and inspires the thought that she never wanted to dedicate herself to reading. If she had studied more, perhaps she would have a better job. But now is late and she is arriving at the household where she works as a housekeeper. After leaving the station, Gisele walks a couple of blocks and instead of being bothered by the chaotic traffic and the incessant and agitated noise it imposes on the city, for the first time she realizes the amount of wires threaded into posts, suspended in thickets above her head and running through streets named after people she does not know and that strangely also steal her attention. Like the wires, the metropolis spreads unplanned and very rapidly to create a huge urban fabric. While it hosted around 500,000 residents in 1915, less than a century later Gisele shares her path with another 10.9 million inhabitants. When crossing the street, she thinks it would be cool if one of them was named Gisele Bündchen! That would be a real street name: beautiful, famous, rich and sharing her name! Even if it were located all the way in Rio Grande do Sul, where she was born. The Gisele born in Rio Grande do Norte has no family or children and never traveled anywhere since arriving in São Paulo, but always thinks about going back to her hometown. Filled with that thought, she continues parading through the neighborhood and contemplates that she never will be a street name. While she does not know who are the people naming the streets, she feels they guide her path and that of many other people. By the end of the day Gisele has no interest or time to again observe the poles and the street and avenue names. She follows hurriedly and distractedly while tracing her way to the margins of the city, filled with people like her, who never name anything or anybody but maybe their children. She turns on the TV after arriving home, watches the soap opera while eating a little something and prepares her things for the next day, that again starts early in another part of town. Not worrying about the world of the living, she quickly falls asleep dreaming she is Gisele Bündchen ... Fernando Spaziani BR Herr Mirador Senhor Mirador Mr. Mirador 160 Ich bin nur ein Polizist. Meine Wache war auf der Praça Roosevelt. Die Praça Roosevelt ist ein häßlicher und schiefer Ort. Ein Ort, an dem alles am falschen Platz zu sein scheint, sogar die Bäume, und ich kann nicht sagen, daß ich ihn liebe. In der Mitte des Platzes eine Backsteinkirche, an ihrem Eingangsportal vorbei eine vierspurige Straße. Linker Hand von der Kirche unsere Wache, eine Baracke aus Beton, rechter Hand eine Tiefgarage. Die Platanen um die Kirche hat man stehenlassen. Da wohnen die Dealer. Sie wohnen auf den Bäumen, sie schlafen dort und hängen ihre Kleider in die Äste, und manchmal, wenn einer von den Anwohnern unter den Bäumen vorbeigeht, spucken sie ihm auf den Kopf, sie spucken dir oder pinkeln dir auf den Kopf. Sie haben ihre Verstecke unter dem Trottoir, in den Gängen, die sich in die Kanalisation verzweigen. Vor aller Augen heben sie die Kanaldeckel und lassen die Tüten mit der Ware hinunter, wo sie sie von den Bäumen aus beobachten können, aber niemand, nicht die Kinder, auch nicht die Bonbonverkäuferin, keiner von denen, die sich in einer der unterirdischen Nischen eine vorübergehende Heimat eingerichtet haben, würde wagen, irgend etwas von ihnen zu stehlen. In den Plattenbauten rund um den Platz findest du die Bordelle. Mit den Bordellen ist es so: Nehmen wir an, ein Haus hat 18 Stockwerke. Du gehst also zum Eingang, sagen wir um neun oder zehn Uhr abends, und zahlst sagen wir 50 Reais. Du fährst mit dem Lift in den 18. Stock. Und dann suchst du dir ein Zimmer mit einem Mann oder einer Frau, oder einer Frau, die ein Mann ist oder einem Mann, der eine Frau ist, oder mit beidem, du kannst dir in jedem Stockwerk etwas anderes, jemand anderen aussuchen. Und so vögelst du dich langsam nach unten durch, durch alle 18 Stockwerke, bis du um sieben Uhr früh wieder im Erdgeschoß ankommst. Sou apenas um policial. Meu posto ficava na Praça Roosevelt. A Praça Roosevelt é um lugar feio e torto. Um lugar, onde tudo parece estar fora do lugar, até as árvores, e eu não posso dizer que a amo. No meio da praça tem uma igreja de tijolos e em frente à porta de entrada passa uma avenida de quatro pistas. O nosso posto, uma barraca de concreto, fica à esquerda da igreja e à direita de um estacionamento subterrâneo. Deixaram as árvores de plátano em volta da igreja. Ali moram os traficantes. Eles moram nas árvores, dormem ali e penduram suas roupas nos galhos e, às vezes, quando algum dos moradores passa embaixo das árvores, eles cospem na cabeça dele, cospem ou mijam na sua cabeça. Seus esconderijos ficam debaixo da calçada, nas galerias onde a canalização se bifurca. Levantam as tampas do esgoto, na cara de todo mundo e descem os pacotes com a mercadoria, em lugares que podem vigiar do alto das árvores, mas ninguém, nem criança, nem a vendedora de bombons, ninguém, nem aqueles que moram nos nichos subterrâneos, que se instalaram ali, num lar passageiro, ousaria roubar qualquer coisa deles. Nos prédios, ao redor da praça, ficam os bordéis. Nos bordéis é assim: vamos supor que tenha dezoito andares. Então, você vai até a entrada, digamos que lá pelas nove ou dez da noite e paga, digamos uns 50 reais. Você pega o elevador até o 18° andar. Aí você procura um quarto com uma mulher ou um homem, ou uma mulher que é homem ou um homem que é mulher, ou com os dois, em cada andar você pode escolher outra coisa ou outra pessoa. E aí você vai trepando devagar descendo por todos os dezoito andares até chegar ao térreo às 7 horas da manhã. I am just a policeman. My watch was on the Praça Roosevelt. The Praça Roosevelt is an ugly and crooked place, a place where everything seems to be in the wrong place, even the trees, and I cannot say that I love it. In the middle of the square, there is a brick church, across its entrance, a four-lane road. On the left side of the church is our watch, a barracks of concrete, on the right side, a parking garage. They left the plantain trees around the church standing. That is where the dealers live. They live in the trees, they sleep there and hang their clothes on the limbs, and sometimes, when one of the residents passes by under the trees, the spit on his head, they spit on you, or they pee on your head. They have their hiding places under the sidewalk, in the corridors that branch out in the sewer line. In front of everyone, they lift the manhole cover and let the bags with the goods down, where they can watch them from the trees, but no one, not the children, not even the candy shop assistant, none of them who have set up a temporary home in one of the subterranean niches, would dare to steal anything from them. In the slab buildings all around the square, you find the brothels. With the brothels, it is like this: Suppose a building has 18 floors. So you go to the entrance, say at nine or ten o’clock in the evening, and you pay, let us say, 50 Reais. You take the elevator up to the 18th floor. And then you look for a room with a man or a woman or a woman who is a man, or a man who is a woman, or with both, you choose something different, somebody different on each floor. And so you bonk your way slowly down all 18 floors until you arrive again early at seven o’clock back on the ground floor. 161 Dea Loher Dea Loher de: Das Leben auf der Praça Roosevelt (A vida na Praça Roosevelt ) © Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 2004 taken from: Das Leben auf der Praça Roosevelt (Life on the Praça Roosevelt) © Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 2004 Dea Loher aus: Das Leben auf der Praça Roosevelt © Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 2004 BR Die Zukunft von São Paulo nähren Gastronomisch setzt die Stadt São Paulo weltweit Maßstäbe, vielleicht ist sie sogar „der“ Maßstab. Um die Intensität, mit der man in São Paulo leben könnte, zu veranschaulichen, erkläre ich es für diejenigen, die die Stadt nicht kennen, gewöhnlich so: Stellen Sie sich einen Ort vor, wo man jede kulinarische Spezialität der Welt zu jeder Tageszeit essen kann. Das ist São Paulo. Nicht umsonst wird die Stadt seit 2002 international nach Zahl und Vielfalt ihrer Restaurants als die gastronomische Hauptstadt der Welt anerkannt: Unter ihnen sind Lokale von 52 Ethnien zu finden. Und manche sagen, daß viele Spezialitäten sogar besser schmecken als in ihren Heimatländern! Jedoch gibt es in derselben gastronomischen Metropole eine genauso traurige wie – im Kontrast dazu – erschreckende Realität. Viele Menschen, darunter viele Kinder, wissen nicht, ob sie überhaupt zu irgendeiner Zeit des Tages irgendeine „Spezialität“ zu sich nehmen können! Und vielleicht noch größer als die Unsicherheit des Kindes ist der Schmerz des Vaters oder der Mutter, die von ihrem Sohn oder ihrer Tochter nach Essen gefragt werden. Daher sieht man in São Paulo häufig jene, die keine Möglichkeit zu essen haben, beim Betteln bei denen, die nicht wissen, welche Möglichkeit sie wählen sollen. Bei der Bildung setzt sich dieser Widerspruch fort, bei der geistigen „Nahrung“ wiederholt sich dieselbe Realität. Eine der renommiertesten öffentlichen Universitäten der Welt ist in São Paulo angesiedelt – die USP – und für die Ausbildung der größten Zahl von Absolventen des Planeten mit Masterabschluß oder Doktortitel verantwortlich. Jedoch, während die Mehrheit der Studierenden an den exzellenten öffentlichen Universitäten São Paulos aus dem gleichermaßen anerkannten brasilianischen Privatschulsystem kommt, zeigen 95 Prozent der Schulabgänger der öffentlichen Schulen in Mathematik Leistungen unter dem Mindestniveau. Und diese Gegensätze in der Bildung beginnen schon in der Kindheit. Die Stadt São Paulo leidet zum Beispiel unter dem fehlenden Zugang zu Kinderbetreuungseinrichtungen. Die Wartezeit für einen Platz kann 2 bis 3 Jahre betragen. Das kann sogar dazu führen, daß ein Kind erst gar nicht in die Kita kommt, da dort nur Kinder bis zum Alter von 3 Jahren aufgenommen werden. Was könnte also dafür getan werden, um für eine Zukunft ohne Gegensätze in dieser Stadt zu sorgen, die auf gastronomischem, intellektuellem, wirtschaftlichem, kulturellem oder künstlerischem Gebiet so reich und vielversprechend ist? Die Herausforderung ist immens! Wir sprechen hier von der nach Einwohnerzahl sechstgrößten Stadt der Welt mit einem starken Ungleichgewicht bei der Einkom- mensverteilung. Die zu bewältigenden Probleme sind Gleichungen mit vielen Unbekannten aufgrund zahlreicher Faktoren, die hineinspielen, und dem enormen Ausmaß. São Paulo ist zwar „nur“ eine Stadt, jedoch mit der Bevölkerungsdichte und wirtschaftlichen Bedeutung eines ganzen Landes und den Schwierigkeiten eines ganzen Kontinents. Die Lösungen sind gleichermaßen komplex. So möchte ich diese Reflexion in eine Einladung an alle verwandeln, die diese Stadt lieben, darüber nachzudenken, wie diese Widersprüche gemindert werden können. Jeder kann seinen Teil zu diesem großen Unterfangen beitragen. Und wenn alle, die Zugang zu dieser breiten Palette kulinarischer Möglichkeiten haben, eine Kleinigkeit für diejenigen unternehmen würden, die über keine Möglichkeiten verfügen, würde sich die Situation schnell ändern. Lassen Sie mich ein Beispiel anführen: Was würde passieren, wenn jeder Mensch, der die kulinarische Bandbreite São Paulos genießen kann, täglich den Gegenwert nur eines pão francês (etwa ein französisches Baguette-Brötchen, eines der am meisten gegessenen Lebensmittel vieler Familien São Paulos) an jemanden spenden würde, dem das „versagt“ ist? Rafael Haddad Como nutrir o futuro de São Paulo 164 Na gastronomia, a cidade de São Paulo é referência mundial, talvez seja até “a” referência. Para que as pessoas que não conhecem a cidade possam fazer uma ideia dela, eu costumo explicar assim: imaginem um lugar em que se pode saborear qualquer especialidade culinária do mundo a qualquer hora do dia. Esse lugar é São Paulo. Não é à toa que desde 2002 a cidade é reconhecida internacionalmente como a capital gastronômica do mundo por conta da quantidade e variedade de seus restaurantes. Dentre esses, encontram-se locais com comida de 52 etnias diferentes. E muitos dizem que diversas especialidades são até melhores aqui que em seus países de origem! No entanto, nessa mesma metrópole gastronômica existe uma realidade contrastante que é tão triste quanto chocante. Muitas pessoas, incluindo muitas crianças, não sabem se conseguirão ter acesso, em algum momento do dia, a qualquer “especialidade” que seja. E, talvez, maior ainda que a insegurança das crianças seja o sofrimento dos pais ou das mães, quando os filhos lhes pedem comida. Assim, não é raro ver em São Paulo aqueles que não têm opções para comer pedindo esmolas àqueles que não sabem quais das opções escolher. Na educação, essa contradição se repete; na “nutrição” intelectual, a realidade é a mesma. Uma das universidades públicas mais renomadas do mundo – a USP – encontra-se em São Paulo, e é responsável pela graduação do maior contingente de mestres e doutores do planeta. Contudo, enquanto a maioria dos estudantes das excelentes universidades públicas de São Paulo vem do igualmente renomado sistema de escolas particulares de São Paulo, o desempenho de 95 por cento dos alunos que se formam pelas escolas públicas fica abaixo do nível mínimo. E esses contrastes na formação começam a se desenhar já na infância. A cidade de São Paulo sofre, por exemplo, com a falta de creches. A espera por um lugar pode ser de dois a três anos. Pode acontecer que uma criança nem chegue a entrar na creche, uma vez que lá só se admitem crianças de até três anos de idade. Diante desse quadro, o que poderia ser feito em prol de um futuro sem contrastes nessa cidade tão rica e tão promissora do ponto de vista gastronômico, intelectual, econômico, cultural e artístico? O desafio é imenso! Está-se falando aqui da sexta maior cidade do mundo em população e que apresenta um forte desequilíbrio quando se trata da distribuição de renda. Os problemas a serem superados são equações com muitas incógnitas devido à influência de numerosos fatores e à enorme dimensão da cidade. Embora São Paulo seja “só” uma cidade, possui 165 166 167 a densidade populacional e a relevância econômica de todo um país e enfrenta dificuldades de todo um continente. As possíveis soluções são igualmente complexas. Assim, eu gostaria de transformar essa reflexão em um convite a todos que amam esta cidade, para que reflitam sobre como essas contradições podem ser diminuídas. Cada um pode dar a sua contribuição no enfrentamento desse enorme desafio. E se todos aqueles que têm acesso a esse amplo leque de possibilidades culinárias fizessem só um pouquinho em prol daqueles que não dispõem de nenhuma possibilidade, a situação se reverteria rapidamente. Vou dar um exemplo: O que aconteceria se cada pessoa com condições de desfrutar do amplo leque culinário de São Paulo doasse diariamente o valor equivalente a um pãozinho francês a alguém a quem isso é negado? Rafael Haddad Feed The Future Of São Paulo The city of São Paulo sets global standards, it is perhaps even “the” standard. To illustrate the intensity with which one could live in São Paulo, I usually explain it to those who do not know the city like this: Imagine a place where you can eat every culinary specialty of the world at any time of day. This is São Paulo. No wonder the city has been recognized internationally since 2002 for the number and diversity of its restaurants as the gastronomic capital of the world. Among them restaurants of 52 ethnic groups can be found. And some say that many dishes are even better than in their home countries! However, in the same gastronomic metropolis, there is also a just as sad – in contrast – as well as terrifying reality. Many people, including many children, do not know if they can take any “specialty” at any time of the day at all! And perhaps even greater than the uncertainty of the child is the pain of the father or the mother who are asked by their son or daughter for food. Therefore, you often see in São Paulo those who have no possibility to eat begging from those who do not know which possibility to choose. In education, this contradiction continues, the same reality is repeated with intellectual “nourishment”. One of the most prestigious public universities is located in São Paulo – the USP – and is responsible for the education of the largest number of graduates of the planet with master’s degrees or doctorates. Still, while the majority of the students at the excellent public universities of São Paulo come from the likewise recognized Brazilian private school system, 95 percent of the graduates of the public schools show results below the minimum level in mathematics. And these contrasts in education begin already in childhood. The city of São Paulo suffers, for example, from the lack of access to childcare facilities. The waiting period for a space can take two to three years. This can even mean that a child does not even get into nursery school because only children up to three years old are accepted. So, what could be done to provide for a future without contradictions in this city that is so rich and promising in the gastronomic, intellectual, business, cultural, or artistic field? The challenge is immense! We are talking about sixth most populous city in the world with a strong imbalance in the distribution of income. The problems to be overcome are equations with many unknown variables due to numerous factors that come into play and the enormous extent. São Paulo is “only” a city, but with the population density and economic importance of a whole country and the difficulties of an entire continent. The solutions are equally complex. Therefore, I would like to turn this reflection into an invitation to all who love this city to think about how these inconsistencies can be reduced. Anyone can contribute his part to this great endeavor. And when all who have access to this wide range of culinary possibilities would do a little something for those who have no options, the situation would quickly change. Let me give you an example: What would happen if every person who can enjoy the culinary variety of São Paulo would give daily to someone who is “denied” it the equivalent of only one pão francês (like a French baguette roll, one of the foods most widely eaten by many families in São Paulo)? Rafael Haddad BR Kleine Küche Vorbereitungen, Vorbereitungen, Vorbereitungen ... Wie macht man in einer kleinen Küche mit kleinem Geschirr für 60 Leute schwäbische Maultaschen – original schwäbische Maultaschen? Und natürlich auch die Frage: Wo gibt es alle Zutaten? Keine Frage, eine logistische und eine sprachliche Herausforderung. Die Zeit, die uns bleibt, ist dann kostbar, wenn sie intensiv und bewußt wahrgenommen wird. Nur zwei, fünf oder gar sechs Wochen in São Paulo, in Brasília, in Brasilien überhaupt hinterlassen Spuren, besondere Erinnerungen. Viele dieser Erinnerungen sind privat und bleiben es auch. Manche Erinnerungen entstanden durch die Nähe zu Menschen, die ich kennenlernen durfte. Aus der Distanz sehen und aus der Nähe erfahren. Brasilien ist ein großes Land. Wenn man dort ist, erfährt man einen Kontinent. Natürlich ist São Paulo aus der Distanz groß, aber der Alltag ist ein Dorf, man kennt sich, läuft dieselben Wege zur Arbeit, geht zum Frisör, der Portier grüßt. Morgens ist die Bar der erste Fixpunkt dieser Nähe. Jeder kennt jeden, was machst Du, woher kommst Du? Ich bin Teil des Dorfes, solange ich da, quasi „vor Ort“ bin. Wer nicht da ist, ist einfach nicht da. Einfach? Gewiß nicht, denn wir können ja nur mit unseren Nachbarn sprechen, arbeiten, feiern. Nur, und das ist faszinierend: Wenn man wiederkommt, war man nie weg. Freunde und Familie fordern manchmal viel Nähe und Aufmerksamkeit. Wir haben unsere Freunde und deren Familie in Brasilien auch gefordert, allein schon durch unsere Präsenz, durch unsere intensive Arbeitsdisziplin. Sie mußten es aushalten, und sie haben das auch manchmal staunend genossen. Wie wir selbst manches erstaunt genossen haben. Bei Proben einer Tanzgruppe (aus meiner Perspektive als Gast) zuzuschauen und zuzuhören wäre ohne die uns umfangende Nähe der Tänzer nur halb so beeindruckend geworden. Schokolade aus Europa hat den Mund geöffnet, schmilzt im Gaumen und wärmt die Herzen. Der Ort – teatro oficina – selbst ist schon ein Versprechen, Straßentheater, Welttheater. Lina Bo Bardi antizipiert Raum als soziales Kunstwerk. Ach ja, bevor ich es vergesse – wir waren ja wegen der Architektur dort. Aber die kann man nur sehen, muß man gesehen haben, nicht beschreiben. Von meinen 5.000 Nachbarn habe ich nur zwei im Aufzug getroffen. So einsam kann das größte Wohnhaus der Welt sein, das Copan. Architektur ist eine private Leidenschaft, die Ergebnisse sind für jedermann sichtbar. Das Copan und viele andere Gebäude, die ich sah, haben eine sehr feine Stimmung, eine brasilianische. Manchmal kocht man für Freunde. Auch ich tat das. Für etwa 60 Personen. Für die Portiers, die Mitarbeiter, deren Freunde und Eltern. Maultaschen. Ein etwas exotisches Essen, denn einem unauslöschlichen Klischee zufolge gibt es in Deutschland ja nur Kartoffeln. Deshalb, um die Vorurteile nicht ganz zu zerstören, gab es wenigstens Kartoffelsalat. Mit Sé zum Mercado – Gemüse, Mehl, Eier, Fleisch. Eine riesige Tütenlandschaft in unserem Taxi. Brät in São Paulo? Woher? Klar, vom Metzger. Nur, was ist Brät? Nach Proben aufgeschnittener Bratwürste schienen wir fündig geworden zu sein. Und jetzt in die Küche – kleine Küche, kleine Töpfe. Teig kneten, Teig rollen, Teig über Nacht ruhen lassen. Teig auswellen. Füllung machen, Koriander, Lauch, Zwiebel schneiden. Wasser in einem Topf kochen lassen. Im anderen Topf Fleischbrühe ansetzen, sechs Maultaschen ins Wasser, sechs Maultaschen herausnehmen, mit Brühe in einen Topf und servieren. Dieses Procedere wiederholte sich drei Stunden lang, bis schließlich alle satt waren und eine neue Erfahrung mitgenommen haben. Der Vorteil einer kleinen Küche mit kleinen Töpfen? Es ist auch nur ein kleiner Aufwand nötig, alles wieder in Ordnung zu bringen. Wenn ich in zwei Jahren wieder dort sein werde, in São Paulo, werde ich nie weg gewesen sein. Josef Lenz Mein – traditionelles – Maultaschenrezept 178 Zutaten für 4 Personen: Nudelteig 275 g Mehl 3 Eier Salz 179 Füllung: 1 Brötchen vom Vortag 25 g Speck 50 g Zwiebeln 50 g glatte Petersilie 125 g Blattspinat 125 g Koriander Salz, Knoblauch 250 g Hackfleisch (nur Rinderhack!) 125 g Bratwurstbrät (in São Paulo waren es aus der „Not“ heraus Würste) 75 ml Schlagsahne weißer Pfeffer 4 Blätter Liebstöckel 1 l Rinderbrühe 4 El Zwiebeln 1 El Schnittlauch-Röllchen Zubereitung: 1. Mehl, Eier, Salz zu einem glatten Teig kneten und in Klarsichtfolie 2–3 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen. 2. Das Brötchen 10 Minuten in warmem Wasser einweichen, ausdrücken. Speck und Zwiebeln in feine Würfel schneiden, 4 Minuten unter Rühren dünsten. Abkühlen lassen. Petersilie hacken. Spinat waschen, putzen, in kochendem Salzwasser blanchieren, abschrecken, ausdrücken und hacken. 3. Die Zutaten mit dem Hack, Bratwurstbrät, Sahne, Salz, Pfeffer und etwas Liebstöckel in eine große Schüssel mit Messer geben. Zu einer glatten Masse verarbeiten. Kalt stellen. 4. Teig zu einer 1–2 Millimeter dünnen Bahn von 80 x 20 Zentimetern ausrollen. Füllung mit einer Palette darauf streichen. 5. Den Teig von den Längsseiten zur Mitte überlappend einklappen. Die Nudelrolle wenden, damit die Naht unten liegt. In 12 gleich große Stücke schneiden. 6. Maultaschen in kochendes Salzwasser geben, 10 Minuten ziehen lassen. Abtropfen lassen. 7. Maultaschen in wenig Rinderbrühe (die separat zubereitet werden muß) mit geschmälzten Zwiebeln und Schnittlauch servieren. 180 Cozinha pequena Preparação, preparação, preparação... Como fazer legítimos “Schwäbische Maultaschen“ (“raviólis“ da Suábia) numa cozinha pequena e com pouca louça, para sessenta pessoas? E naturalmente a pergunta: onde conseguir todos os ingredientes? Sem dúvida, um desafio logístico e de linguística. O tempo que resta passa a ser precioso quando é vivenciado de maneira intensa e consciente. Apenas duas, cinco ou mesmo seis semanas em São Paulo, em Brasília, aliás, no Brasil deixam rastros e lembranças especiais. Muitas delas são privadas e irão ficar assim. E algumas surgiram pela proximidade com as pessoas que eu pude conhecer. Ver de longe e de perto. O Brasil é um país grande. Quando estamos lá, experimentamos um continente. É claro, São Paulo é grande do ponto de vista da distância, mas o cotidiano é o de uma vila, as pessoas se conhecem, percorrem o mesmo caminho para o trabalho, vão ao cabeleireiro, o porteiro as cumprimenta. Todas as manhãs, o bar é o primeiro ponto fixo dessa proximidade. Todo mundo conhece todo mundo, o que você faz, de onde vem? Eu sou parte da vila enquanto eu estou aqui, alguém quase “local”. Quem não está simplesmente não está. Fácil? Certamente não, porque só podemos falar, trabalhar, comemorar com nossos vizinhos. Só que, e isto é fascinante, quando você voltar, você nunca foi embora. Amigos e família, às vezes, exigem muita proximidade e atenção. Também exigimos bastante dos nossos amigos e de seus familiares no Brasil, já pela nossa presença, por nossa disciplina de trabalho intensivo. Eles tinham de suportá-la e, às vezes, também surpreendidos, apreciaram-na. Assim como nós também nos surpreendemos, apreciando muitas coisas. Assistir os ensaios de um grupo de dança (a partir de minha perspectiva como convidado) não teria sido tão impressionante sem a proximidade dos bailarinos. Chocolate da Europa faz a boca abrir, derrete na boca e aquece os corações. O local de encontro, o Teatro Oficina, já é em si uma promessa, teatro de rua, teatro do mundo. Lina Bo Bardi antecipou o espaço como obra social da arte. Ah sim, antes que eu esqueça, estivemos lá por causa da arquitetura. Mas essa só pode ser vista, tem de ser vista, não descrita. Dos meus 5 mil vizinhos, conheci apenas dois no elevador. A maior casa do mundo, o Copan, pode ser bem solitária. A arquitetura é uma paixão particular, os resultados são visíveis a todos. O Copan e muito outros edifícios que eu vi têm um humor refinado, brasileiro. Às vezes, cozinhamos para os amigos. Eu também fiz isso. Para cerca de sessenta pessoas. Para os porteiros, os funcionários, seus amigos e pais. “Maultaschen”. Um prato um pouco exótico, considerando o clichê indelével de que na Alemanha só comem batatas. Assim, para não acabar com os preconceitos completamente, ao menos havia salada de batatas. Com o Zé para o Mercado – legumes, farinha, ovos, carne. Uma paisagem enorme de sacolas em nosso táxi. “Brät“ em São Paulo? Onde? Lógico, no açougue. Mas, o que é “Brät“? Depois de experimentar salsichas fatiadas começamos a nos entender. E agora a cozinha – cozinha pequena, panelas pequenas. Sovar a massa, enrolar a massa, deixar descansar durante a noite. Esticar a massa. Fazer o recheio, coentro, cebolinha, cebolas cortadas. Deixar a água ferver em uma panela. Em outra, esquentar o caldo de carne, colocar seis “Maultaschen” na água, tirar os seis ”Maultaschen”, colocar numa panela com caldo e servir. Esse procedimento foi repetido por três horas, até que finalmente todos estavam satisfeitos e felizes com a nova experiência. A vantagem de uma cozinha pequena com panelas pequenas? Dá pouco trabalho para arrumar e colocar tudo no lugar. Quando eu voltar a São Paulo, daqui a dois anos, nunca terei estado fora. Josef Lenz Minha receita tradicional de “Maultaschen“ Ingredientes para quatro pessoas: Massa de macarrão 275 g de farinha 3 ovos Sal Recheio: 1 pão amanhecido 25 g de bacon 50 g de cebola 50 g de salsinha 125 g de folhas de espinafre 125 g de coentro Sal, Alho 250 g de carne moída (só bovina!) 125 g de “Bratwurstbrät“ (em São Paulo usamos emergencialmente salsicha) 75 ml de creme de leite Pimenta branca 4 folhas de levístico 1 l caldo de carne 4 colheres de sopa de cebola 1 colher de sopa de cebolinha Preparo: 1. Misture em uma massa uniforme a farinha, os ovos, o sal e deixe descansar em película plástica transparente por 2–3 horas na geladeira. 2. Amoleça o pão em água morna por 10 minutos, esprema. Corte o bacon e a cebola em cubos pequenos e cozinhe por 4 minutos, mexendo. Deixe esfriar. Pique a salsinha. Lave o espinafre, escalde-o em água fervente com sal, passar na água fria e picar. 3. Misture os ingredientes com a carne moída, a salsicha, o creme de leite, sal, pimenta e o levístico em uma tigela grande. Processe em uma massa lisa. Leve à geladeira. 4. Estique a massa na espessura de um 1–2 milímetros, num tamanho de 80 x 20 centímetros. Espalhe sobre ela o recheio com uma espátula. 5. Dobre a massa da borda para o centro. Corte em 12 pedaços iguais. 6. Cozinhe os “raviólis” na água fervente por 10 minutos. Escorra. 7. Sirva os “raviólis” com um pouco de caldo de carne bovina (que tem de ser preparado separadamente) e acrescente cebolas douradas e salsinha. Small Kitchen Preparations, preparations, preparations ... How do you make Swabian ravioli – homemade Swabian ravioli for 60 people in a small kitchen with small dishes? And of course, there is also the question: Where will you get all the ingredients? No question about it, it is a logistical and a linguistic challenge. The time we have left is then very precious if it is experienced in an intense and conscious way. Only two, five, or even six weeks in São Paulo, in Brasília, anywhere in Brazil leave behind traces, special memories. Many of these memories are personal and will remain that way. Some memories were made by the proximity to people I got to know. Seen from a distance and experienced up close, Brazil is a big country. When you are there, you experience a continent. Of course, São Paulo is big from the distance, but everyday life is a village. People know each other, walk the same paths to work, go to the hairdresser, the doorman greets you. In the morning, the bar is the first fixed point of this area. Everyone knows everyone, what are you doing, where are you from? I am a part of the village as long as I am there, practically “on-site”. If you are not there, you are just not there. Simple, is it not? Certainly not, because we can only speak, work, and celebrate with our neighbors. Only with them and this is fascinating: When you come back, it is like you have never been gone. Sometimes friends and family require much closeness and attention. We also required this of our friends and their families in Brazil, simply by our presence, by our intensive work discipline. They had to endure it and sometimes they also were amazed to enjoy it – just as we ourselves were amazed to enjoy some things. Watching and listening at the practices of a dance group (from my perspective as a guest) would have only been half as impressive without the enveloping closeness of the dancers. Chocolate from Europe opened mouths, melted in mouths, and warmed hearts. The place – teatro oficina – itself is already a promise, street theater, world theater. Lina Bo Bardi anticipates space as a social work of art. Oh yes, before I forget it – we were there because of the architecture. But, you can only see it, you have just got to see it, not describe it. Of my 5,000 neighbors, I only met two on the elevator. The Copan, the world’s largest apartment building, can be that lonely. Architecture is a personal passion, but the results are visible for everyone. The Copan and many other buildings that I saw have a very fine mood, a Brazilian one. Sometimes you cook for friends. I did that as well, for about 60 people, for the doormen, the employees, their friends and parents. I made Swabian ravioli, a somewhat exotic food because, according to an indelible cliché, there are only potatoes in Germany. Therefore, in order not to destroy the prejudices entirely, there was at least potato salad. With Sé to the market – vegetables, flour, eggs, meat. There are shopping bags all over our taxi. Sausage meat in São Paulo? Where do you get it? From the butcher, of course. So, what kind of sausage meat? After trying several sliced up sausages, we seemed to have found the right one. And now, into the kitchen – small kitchen, small pots. Knead the dough, roll the dough, let the dough rise over night. Roll out the dough. Make the filling, cut up coriander, leeks, and onions. Boil water in a pot. Make a meat broth in another pot. Put six ravioli into the water, take out the six ravioli with broth in a pot and serve. The procedure was repeated three hours long until finally, all were full and had taken a new experience with them. The advantage of having a small kitchen with small pots? There is also less effort necessary to put everything back into order. If I am there again in two years, in São Paulo, I will never have been away. Josef Lenz My Traditional Recipe For Swabian Ravioli Ingredients for 4 persons: Dough 275 g of flour 3 eggs salt Filling: 1 day-old breakfast roll 25 g of bacon grease 50 g of onions 50 g of parsley 125 g of spinach leaves 125 g of coriander salt, garlic to taste 250 g of ground meat (only ground beef!) 125 g of sausage meat (São Paulo sausages were made from the “emergencies”) 75 ml of cream white pepper 4 lovage leaves 1 l of beef stock (bouillon) 4 tablespoon of onions 1 tablespoon of chives rolls Preparation: 1. Knead the flour, eggs, and salt into a smooth dough, wrap it into clear foil and cool in the refrigerator for 2–3 hours. 2. Soak the roll in warm water for 10 minutes, squeeze the water out of it. Cut the bacon and onions into fine cubes, sauté for 4 minutes while stirring. Let it cool. Chop parsley. Wash spinach, clean, and blanch in boiling salt water, rinse, squeeze, and chop. 3. Add the ingredients to the ground beef, sausage meat, cream, salt, pepper, and some lovage in a large bowl with a knife. Process until smooth. Cool. 4. Roll out the dough into a thin 1–2 millimeters sheet of 80 x 20 centimeters. Spread filling onto it with a palette-knife. 5. Fold the dough in from the long sides overlapping towards the center. Turn the rolling pin so the seam is on the bottom. Cut into 12 equal pieces. 6. Place ravioli into boiling water and let them cook for 10 minutes. Remove and drain. 7. Serve the ravioli in a bit of beef broth (which must be prepared separately) with onions and chives. 181 Kennenlernen – Erschrecken – Eintauchen – Lieben Nach Urlaub in Brasilien und Heirat mit einer Brasilianerin hatte ich den Wunsch, das Land näher kennenzulernen. Das Lehramtsstudium hatte ich beendet – aber als Lehrer nach Brasilien? Vielleicht keine so gute Idee. Also versuchte ich es in meinem ersten Beruf als Bankkaufmann. Und es klappte! Die Deutsche Bank suchte einen Ausbildungsbeauftragten für São Paulo: Bewerbung abgeschickt, Vorstellungsgespräch, 3 Monate Probezeit und ein schönes Apartment in der Rua Frei Caneca. Jeden Tag fuhr ich in die Rua 15 de Novembro, dem Sitz der Bank im Zentrum, in der Nähe der Praca da Sé, verbrachte den Tag mit Sitzungen, Gesprächen, Zielvorgaben und Planungen. Eine dieser Sitzungen endete in lockerer Runde mit Canapés und importierten Getränken, in guter Stimmung. Ende gegen 21 Uhr, Fahrstuhl, raus ... Und da stolperte ich über eine ganze Familie, die im Eingang der Bank „wohnte”. Erschrocken hielt ich kurz inne, ging in Richtung Metro und begann an meinem Leben zu zweifeln. Wie sollte es weitergehen? Konnte ich mit diesen Widersprüchen leben? Nein! So nicht! Ich beendete die Probezeit und verlängerte meinen Vertrag nicht – erst einmal kehrte Ruhe ein, emotional und rational. Doch nun wollte ich mehr wissen und bewarb mich als Lehrer unter brasilianischen Bedingungen. Das erste Jahr hielt ich durch, danach verbesserten sich die Konditionen und ich blieb. Ich tauchte ins Alltagsleben ein und fand Kontakt zu brasilianischen Familien – die Widersprüche blieben. Aber ich fand einen Weg, diese für mich zu lösen: Nicht die Verhältnisse würde ich ändern können, doch Hilfe in „kleinen Dingen” bewirkte etwas, mal war es materiell, mal ideell. Dadurch lernte ich die warmherzige Seite der Menschen kennen und tauchte in die „Lösungsstrategien” der nicht so betuchten Familien ein. Wie sie sich gegenseitig halfen und gemeinsam feierten, die Samba und den Fußball, Churrasco, Cerveja und Cachaca genossen und den Alltag ein wenig zu vergessen versuchten – driblar o dia-dia! Viele andere Widersprüche blieben wie die riesige Schere zwischen Arm und Reich, korrupte Politiker, die häufige „Abwesenheit“ des Staates. Denn Anspruch und Wirklichkeit von Demokratie und Rechtsstaat klaffen bis heute in Brasilien weit auseinander! Doch ich hatte meinen Weg gefunden und blieb für 16 Jahre. Demnächst werde ich wohl meinen Lebensabend dort verbringen, denn ich liebe dieses Land – sem jeito. Weil ich das Volk, o povão, lieben lernte und nicht die, die Macht haben und diese zum Teil brutal ausüben. Ich stehe auf der Seite derjenigen, die trotz vieler Ungerechtigkeiten täglich ver- suchen, ihr Leben lebenswert zu gestalten, sich ihre Fröhlichkeit zu bewahren und sich nicht „auf hohem Niveau” zu beschweren. Und selbst ein Moloch wie São Paulo läßt in mir das Gefühl von Sehnsucht aufkommen – auch wenn mir Rio de Janeiro und der Strand in Angra dos Reis näher sind! Heinz-Ewald Schiewe Conhecer – assustar-se – mergulhar – amar Depois de passar férias no Brasil e de me casar com uma brasileira, tive o desejo de conhecer o país mais de perto. Eu terminara os estudos de pedagogia, mas lecionar no Brasil? Talvez não fosse uma boa ideia. Então tentei meu primeiro emprego como funcionário num banco. E deu certo! O Deutsche Bank procurava um encarregado do treinamento para São Paulo: inscrição enviada, conversa de apresentação, três meses de experiência e um belo apartamento na Rua Frei Caneca. Todos os dias eu ia de carro até a Rua 15 de Novembro, na agência central do banco, nas proximidades da Praça da Sé, passava o dia fazendo reuniões, em conversas, elaborando metas e fazendo planejamentos. Uma dessas reuniões terminou numa roda informal, com canapés e bebidas importadas, em alto astral... Ao final, por volta das 21 horas, peguei o elevador, saí... Foi quando tropecei em uma família que “morava” na entrada do banco. Assustado, parei um instante, segui na direção do metrô e passei a questionar a minha vida. Como deveria continuar? Eu conseguiria conviver com essas contradições? Não! Assim, não! Concluí o período de experiência e não prorroguei meu contrato – num primeiro momento, senti uma paz emocional e racional. Mas agora eu queria saber mais e me candidatei a professor sob condições brasileiras. Eu aguentei o primeiro ano, depois as condições melhoraram e eu fiquei. Eu mergulhei na vida cotidiana e entrei em contato com as famílias brasileiras – as contradições permaneceram. Mas eu encontrei uma maneira de resolvê-las para mim: eu não mudaria as condições, mas mudaria algo se ajudasse em “pequenas coisas”, às vezes materialmente, às vezes espiritualmente. Com isso conheci o lado caloroso do povo e mergulhei nas “soluções estratégicas” de famílias menos ricas. Como eles ajudam uns aos outros e celebram juntos o samba e o futebol, apreciam churrasco, cerveja e cachaça tentando esquecer um pouco o dia a dia, “driblar o dia a dia”! Muitas outras contradições permaneceram, como o enorme fosso entre ricos e pobres, políticos corruptos, a costumeira “ausência” do Estado. Porque a pretensão e a realidade da democracia e do Estado de Direito até hoje no Brasil estão muito distantes uma da outra. Mas eu encontrei o meu caminho e fiquei por dezesseis anos. Possivelmente, em breve, viverei o ocaso da minha vida lá, porque eu amo este país “sem jeito”. Porque eu aprendi a amar o povo, o povão, e não aqueles que têm o poder e exercem-no, em parte, brutalmente. Eu estou do lado daqueles que tentam, a cada dia, apesar das muitas injustiças, fazer a vida valer a pena, preservar a alegria e que 182 183 184 185 não deixam de se queixar “com propriedade”. E até mesmo um rolo compressor como São Paulo consegue provocar em mim um sentimento de saudade, ainda que o Rio de Janeiro e a praia de Angra dos Reis me sejam mais próximos! Heinz-Ewald Schiewe Getting Acquainted – Shock – Immersion – Love After a vacation in Brazil and marriage to a Brazilian woman I had the desire to get to know the country better. I was finished with my teacher’s degree – but should I go to Brazil as a teacher? Maybe that was not such a good idea. Therefore, I tried it in my first profession as a banker. And it worked! The Deutsche Bank was looking for a training officer for São Paulo: I sent off my application, had an interview, went through the three-months provisional time, and got a nice apartment in Rua Frei Caneca. Every day I drove to Rua 15 de novembro, the headquarters of the bank in downtown, near Praca da Sé, spent the day in meetings, conversations, targets, and planning. One of these meetings ended in a relaxed atmosphere with Canapés and imported drinks, in a good mood. It ended around 9:00 PM, then we left ... And I stumbled across a whole family that “lived” in the entrance to the bank. Startled, I paused, walked towards the metro and began to have doubts about my life. How could it go on? Could I live with these contradictions? No! Not like that! I finished the provisional period and did not extend my contract – once again peace returned, emotionally and rationally. But now I wanted to know more and so I applied as a teacher under Brazilian conditions. I held on for the first year, later the conditions improved and I stayed. I immersed myself into everyday life and made contact with Brazilian families – the contradictions remained. But, I found a way to solve this for myself: I would not be able to change the conditions, yet help in “small things” made a difference, sometimes it was materially, other times it was matter of ideals. In doing so, I got to know the warm side of the people and dove into the “solution strategies” of the not so well off families. How they helped one another and jointly celebrated the samba and the soccer, enjoyed churrasco, cerveja, and cachaca, and tried to forget everyday life a little – driblar o dia-dia! Many other contradictions remained as the huge gap between rich and poor, corrupt politicians, the frequent “absence” of the state. It is because expectations and reality of democracy and the rule of law differ widely today in Brazil. But, I had found my way and remained for 16 years. Soon I will probably spend my retirement there because I love this country – sem jeito. Because I learned to love the people, o povão, and not those who have power and exercise it, in part, brutally. I am on the side of those who, despite many injustices daily, try to make their lives worth living, to preserve their happiness, and do not complain “at a high level”. And even a juggernaut like São Paulo arouses in me the feeling of longing – even if Rio de Janeiro and the beach in Angra dos Reis are closer to me! Heinz-Ewald Schiewe BR BR Unfall – Überfall – Bluff? Acidente – Assalto – Blefe? Accident – Robbery – Bluff? 188 Für Aufregung in der Familie sorgte eine kleine Kriminalgeschichte, die sich im Juli 2006 ereignete. Es war ein ganz normaler Tag. Ich fuhr vormittags gegen 10 Uhr in unserem VW Saveiro auf der Avenida Santo Amaro zum Martius-Staden-Institut, als neben mir das Handy klingelte. Es war meine Tochter Sarah, die mit etwas ängstlicher Stimme fragte, wie es mir gehe und wo ich sei. Ich wunderte mich über diese seltsam-selbstverständliche Frage und gab kurz Auskunft. Dann brach das Gespräch auch schon ab. Was war geschehen? Zu Hause in Caucaia hatte es einen Anruf gegeben, den unsere Hausangestellte Simone entgegengenommen hatte: Was für einen Wagen der Hausherr heute fahre, so wurde gefragt. Ja, richtig, ein grauer Saveiro sei dabei – und der Mann selber heiße doch – ja, ja, tatsächlich, Joaquim sei unter den Toten und Verletzten des schweren Auffahrunfalls. Der Anruf komme von der Polizei, man müsse die Opfer identifizieren und die Angehörigen benachrichtigen. Simone, in Tränen, rief unsere Tochter Julia und gab ihr das Telefon. Nun begann die Geschichte von Neuem und lief ganz anders. Von der Polizei war nicht mehr die Rede: Es gehe um ein „Sequestro“, eine Entführung – man habe ihren Vater in der Hand. Er habe viel geweint („muito chorou“), und sie werde ihn nur wiedersehen, wenn sie sofort 15.000 Reais per Internet zahle. Doch da schon lief das Gespräch sich fest. Julia mußte erklären, daß das nicht möglich sei, es fehlten ihr die dafür erforderlichen Schlüsselzahlen, und ob man das Geld nicht auch irgendwo direkt überreichen könne. In diesem Augenblick trat Sarah dazwischen und verkündete, daß der Papa wohlauf sei und auf dem Wege ins Institut. So daß Julia den Leuten auf der anderen Seite nur anraten konnte, sich die nötigen Dummen doch woanders zu suchen. In den folgenden Tagen erfuhr man, daß es mehrere Anrufe dieser Art gegeben hatte, und die Telefonrechnungen zeigten später, daß sie offenbar aus Gefängnissen in Rio gekommen waren. A emoção da família ficou por conta de um pequeno incidente criminal, que ocorreu em julho de 2006. Era um dia como os outros. Em torno das dez da manhã, eu dirigia nossa perua VW Saveiro pela Avenida Santo Amaro para ir ao Instituto Martius Staden, quando o celular ao meu lado tocou. Era minha filha Sarah, perguntando com uma voz assustada se eu estava bem e onde eu estava. Fiquei surpreso com essa pergunta óbvia e respondi rapidamente. Então a conversa foi interrompida. O que tinha acontecido? Lá em casa, em Caucaia a nossa empregada Simone atendeu uma chamada telefônica em que perguntaram com que carro o patrão estaria hoje. Sim, certo, era uma Saveiro cinza – e o homem se chamava, – sim, sim, realmente, Joaquim estava entre os mortos e feridos no grave acidente. A chamada seria da polícia e deveriam reconhecer as vítimas e notificar parentes. Simone, aos prantos, chamou nossa filha Julia e deu-lhe o telefone. Agora a história começou novamente e já era bem diferente. Já não se falava mais em polícia: trata-se de um sequestro, – estamos com o seu pai. Ele chorou muito e vocês só irão vê-lo novamente se pagarem 15 mil reais imediatamente pela internet. Mas aí a conversa andou. Julia tinha que explicar que isso não dava, porque ela não tinha a senha, e se não era possível entregar o dinheiro diretamente em algum lugar. Nesse momento, Sarah entrou no meio e avisou que o pai estava bem e a caminho do Instituto. Então Julia aconselhou as pessoas do outro lado da linha a procurarem trouxas em outro lugar. Nos dias seguintes, soube-se que tinha havido várias chamadas desse tipo e as contas de telefone mostraram que aparentemente foram feitas de prisões do Rio de Janeiro. A small crime story that occurred in July 2006 brought excitement in our family. It was a very normal day. I was driving in our VW Saveiro to the Martius Staden Institute on Avenida Santo Amaro in the morning around 10 o’clock when my cell phone next to me rang. It was my daughter Sarah, who asked me with a bit frightened voice how I was and where I was. I wondered about this strange self-explanatory question and answered her briefly. Then the conversation ended right there. What had happened? At home in Caucaia, there was a phone call which our maid Simone had taken: What kind of a car was the owner of the house driving today, she was asked. Yes, right – it was a gray Saveiro – and the man himself was – yes, yes, in fact, Joaquim was among the dead and injured of the terrible car accident. The call came from the police, one had to identify the victims and notify relatives. Simone, in tears, called our daughter Julia and handed her the telephone. Now, the story began anew and went quite differently. There was no more talk of the police: This was about a “sequestro“, a kidnapping – they had her father in their hands. He was crying a lot (“muito chorou”), and she would only see him again if she paid immediately 15,000 reais via internet. But, the conversation was already fixed. Julia had to explain that this was not possible, that she lacked the necessary pin numbers, and if the money could not also be handed over somewhere directly. At that moment Sarah stepped in and announced that Dad was doing well and was on the way to the Institute, so that Julia could only advise the people on the other hand of the line to find the stupid people they were looking for elsewhere. In the days after, we learned that there had been several calls of this kind and that the phone bills showed later that they had apparently come from prisons in Rio. 189 Joachim Tiemann Joachim Tiemann Joachim Tiemann BR Auf dem Weg nach Hause No caminho de casa On The Way Home 190 Rua da Consolaçâo, links die Kirche gleichen Namens, rechts die Avenida Ipiranga und die Rua Rego Freitas, sommerlicher Feierabendverkehr im Zentrum der 20-Millionen-Stadt. Ich stehe mit vielleicht zweihundert weiteren Autos an der roten Ampel. Es ist warm, das Fenster auf der Fahrerseite ist offen. Vereinzelt drängen sich Fußgänger vorbei. Plötzlich stehen vier Jungen neben meinem Wagen. Ein vielleicht 15-Jähriger bei mir an der Tür, drei etwas jüngere hinter ihm, jeder mit einem langen Messer in der Hand. Der Große zieht ein böses Gesicht, die Kleineren lächeln. Und schon greift der Große durch das offene Fenster an mir vorbei nach dem Autoradio. Er knurrt einige drohende Worte und macht sich daran, den Apparat herauszureißen. Das paulistaner Normalverhalten in solch einer Situation: machen lassen, vielleicht sogar nachhelfen – um den Schaden gering zu halten und Gewalttätigkeit zu vermeiden. Anders der deutsche Schulmeister. Den packt die Wut, er greift zur Fensterkurbel und dreht die Scheibe hoch. Sein Gegenspieler hat das wohl nicht erwartet. Er zieht, etwas verspätet, die Hand zurück und gerät dabei in die Klemme. Schreiend und mit ein paar blutigen Schrammen reißt er sich los und rennt davon, sein Gefolge hinter ihm her. Und da setzt sich auch schon – die Ampel zeigt Grün – der Verkehr wieder in Bewegung. Niemand hat etwas gesehen. War was? An den Vorfall erinnert nur ein Messer, das neben mir im Wagen liegt. Rua da Consolação, a Igreja homônima à esquerda, à direita a Avenida Ipiranga e a Rua Rego Freitas, tráfego da hora do rush no verão, no centro da cidade de 20 milhões. Estou parado com cerca de duzentos outros carros no sinal vermelho. Está quente, a janela do lado do motorista está aberta. De vez em quando, passam pedestres se espremendo entre os carros. De repente, há quatro rapazes do lado do meu carro. Um deles, talvez com uns quinze anos, para do lado na minha porta, três mais novos atrás dele, cada um com uma longa faca na mão. O grande faz cara de mal, os menores sorriem. E num segundo o grande já enfiou o braço pela janela aberta e está agarrando o rádio do carro. Ele rosna algumas palavras ameaçadoras e torna a puxar o aparelho. O comportamento normal do paulistano em tal situação: deixar fazer, quem sabe até ajudar para minimizar os danos e evitar a violência. Já o professor alemão faz o contrário. Tomado pela raiva, vira a manivela da janela e fecha o vidro. Seu adversário certamente não contava com isso. Ele puxa a mão com certo atraso e com isso fica preso. Aos gritos e com algumas escoriações sangrentas ele se solta e foge; os seguidores vão atrás dele. E o tráfego volta a andar, o sinal ficou verde. Ninguém viu nada. Aconteceu alguma coisa? Do incidente, apenas uma faca ao meu lado no carro faz lembrar. Rua da Consolaçâo, to the left, the church of the same name, on the right, the Avenida Ipiranga and the Rua Rego Freitas, summer rush hour traffic in the center of the city of 20 million. I stand with maybe two hundred other cars at a red light. It is warm, the window on the driver’s side is open. Individual pedestrians push on by. Suddenly, four boys stand next to my car. Maybe a 15 year-old is next to me at the door, three slightly younger ones behind him, each one with a long knife in his hand. The big one makes an evil face, the little one smiles. And the big one is already reaching through the open window past me for the car radio. He growls some threatening words and sets about to tear out the radio. Normal Paulistano behavior in such a situation: Let him do it, perhaps even help him out, to minimize the damage and to avoid violence. The German schoolmaster thinks differently. He gets angry, reaches for the window crank and rolls up the window. His opponent has probably not expected that. He pulls his hand back a bit too late and it gets caught in the window. Screaming and with a few bloody scrapes he breaks free and runs away, his entourage behind him. And there it is already as well – the light turns green – the traffic back in motion again. Nobody saw anything. Did anything happen? Just a knife lying next to me in the car is the only thing that reminds of the incident. 191 Joachim Tiemann Joachim Tiemann Joachim Tiemann BR IC Lebendiger Lehm Geleia viva Living Clay 202 Ich träumte von einer Ausgrabung. Nicht wie in Athen oder Rom. Es gab keinen unerwarteten archäologischen Fund, der Verzögerungen beim Bau der Metro zur Folge gehabt hätte. Nein, ich träumte, daß ein großes, lehmiges Erdloch gegraben wurde und frischer, noch rötlicher Ton zum Vorschein kam, eine lebendige, formbare Masse. Wir sind Kinder des Lehms, des ungeformten Tons, eines weichen, gestaltlosen Materials. Auch der Beton ist aus weichem, gestaltlosem Material – aus Sand, Kies und Wasser – und mit beiden betonieren wir das Land, die Luft und die Wolken. Rohe Gedanken, Betonwissenschaft. Lévi-Strauss schrieb Mitte der 1950er Jahre, daß in den südamerikanischen Städten – und vor allem in São Paulo – die vergehende Zeit keine Besserung mit sich bringt, sondern nur Dekadenz. „Hier sieht alles noch nach Rohbau aus, dabei sind es schon Ruinen“, ergänzte Caetano Veloso vier Jahrzehnte später mit Blick auf die Megacity. Die Opulenz von São Paulo hat es nicht vermocht, die Stadt in ein Monument zu verwandeln. Es ist ein Bauen, das in sich selbst versinkt: im Ur-Magma, im Ton, aus dem sich die Kinder nicht befreien können, so sehr sie es auch versuchen. Die Beton-Ur-Suppe. Die Serra Pelada-Mine im Norden Brasiliens (... mein Traum geht weiter). São Paulo in Form eines menschlichen Ameisenhaufens. Die Leute streben zum frisch entdeckten Gold, um ihr Glück zu versuchen: Alles wird mitgenommen, nichts wird dagelassen. Der rote Ton verteilt sich auf Körper und Gesicht, trocknet aus und haftet auf der Haut. „Wir schauen dem Tode nicht mehr ins Gesicht, denn jetzt ist er ein Teil von uns selbst.“ Im Land der lebenden Toten sind wir die vom Weltherrscher Kronos gefressenen Kinder, die in dessen Bauch wie Kaulquappen herumschwimmen und sich an die weichen Wände schmiegen. Und wenn wir die Luft und die Wolken betonierten? Vielleicht ist das eine Lösung. Dann wären nicht nur wir diejenigen, die nicht mehr ans Licht kämen, denn auch die anderen würden in der braungrauen Masse versinken. Alle würden hineinsinken, zusammen mit uns, und würden die Wunder der Dauerhaftigkeit erkennen. Es gäbe keinen Regen, keine Vögel und auch keinen Wind mehr. Alles wäre ein strahlend neues Grau: anscheinend träge, aber sehr lebendig – mit Millionen von Mikroorganismen, die im Inneren eingeschlossen brodelten. Wir sind ein junges und fleißiges Volk. Wir sind bereit, die Welt zu verändern. Sonhei com um buraco. Não como Atenas, ou Roma. Não tinha um sítio arqueológico imprevisto a atrapalhar a construção do metrô. Era um buraco só lama, sem nada embaixo. O barro novo, nunca antes escavado, ainda vermelho, como geleia viva. Nós, os filhos do barro, da lama indistinta, matéria mole e indiferenciada, a mesma que faz o concreto. Ou melhor, os filhos do concreto – areia, água e brita moída –, querendo concretar a terra, o ar, as nuvens. Pensamento selvagem, ciência do concreto. Lévi-Strauss escreveu, em meados dos anos 50, que nas cidades da América – e sobretudo em São Paulo – a passagem do tempo não é uma promoção, e sim uma decadência. “Aqui tudo parece que é ainda construção e já é ruína”, completou Caetano Veloso quatro décadas depois, com os olhos postos na capital paulista. A opulência de São Paulo não consegue monumentalizá-la. É construção que afunda em si mesma, no magma primevo, no barro de onde os filhos não se descolam por mais que tentem nascer. A sopa concreta. Serra Pelada, o formigueiro humano (... continua o sonho). São Paulo como um garimpo. As pessoas chegam para tentar a sorte. É tudo objeto de saque. Saque sem dádiva. O barro vermelho é passado no corpo, na cara, depois endurece e fica colado à pele. “E já não enfrentamos a morte, de sempre trazê-la conosco”. Na terra dos mortos-vivos somos girinos na barriga de Cronos, apenas alisando suas paredes moles. E se concretarmos o ar e as nuvens? Talvez seja uma solução. Assim não seremos nós os que não nasceram, e sim os outros a afundar também na lama marrom acinzentada. Virão todos para dentro, para junto de nós, e perceberão as maravilhas da continuidade. Não haverá mais chuva nem pássaros, nem vento. Tudo será de um gris reluzente, novo, parecendo inerte, mas muito vivo, com milhões de microorganismos fervilhando lá dentro. Somos um povo novo e operoso. Estamos prontos para mudar o mundo. I dreamed about a hole. Not like Athens or Rome. There was no unexpected archaeological site frustrating subway construction. It was a hole with only mud, without anything inside. The new clay, never dug before, still red, as if it were a living jelly. We are children of the clay, of the indistinct clay, soft and undifferentiated clay, the same that makes concrete. Or even better, the children of concrete – sand, water and crushed rock – wanting to set the land, the air and the clouds in concrete. The science of concrete is a savage way of thinking. Lévi-Strauss wrote in the mid-50s that in the cities of the American continent – and especially in São Paulo – the passage of time is not a promotion but decadence. “Everything here seems still under construction and already ruined,” concluded Caetano Veloso four decades later, with his eyes on the São Paulo capital. São Paulo‘s opulence is unable to make it monumental. It is construction sinking into itself, in the primeval magma, in the clay children cannot leave as much as they are trying to be born. The concrete soup. Serra pelada, the human anthill (... the dream continues). São Paulo is like a mining pit. People arrive to try their luck. Everything can be sacked. Sacked without having to give something back. The red clay is spread on the body, the face, later hardening and sticking to the skin. “And we are not facing death anymore, always bringing it within us.” In the land of the living dead we are tadpoles in the belly of Chronos, only caressing its soft walls. And what if we set the air and the clouds in concrete? Perhaps that is a solution. That way we will not be the unborn, but others also sinking in the ashen brown clay. All will come in, near us, and realize the wonders of continuity. There will not be any rain or birds, nor wind. Everything will be a brilliant gray, brand new, seemingly inert, but very alive, with millions of microorganisms simmering inside. We are a new and industrious people. We are ready to change the world. 203 Guilherme Wisnik Guilherme Wisnik Guilherme Wisnik BR Nova Paraisópolis 3. November 2008 Die Favela Nova Paraisópolis wird umgebaut. Bauarbeiter mit Helmen, blauen und orangefarbenen Arbeitsanzügen gehören schon seit längerem zum Straßenbild. Sollen all diese Häuser und „spontan“ gebauten Hütten Wohntürmen weichen? Maria Teresa Diniz, Projektleiterin für die Urbanisierung von Paraisópolis, einer der größten Favelas São Paulos, blickt selbstbewußt und nicht ohne Stolz auf die neu angelegten Straßen und Kanaltrassen. „Wir müssen die Arbeiten zügig voranbringen. Die abgerissenen Häuser in den ‚Risiko-Gebieten‘ werden sonst schnell über Nacht wieder aufgebaut. Die illegale Besetzung von freien Stellen ist hier an der Tagesordnung. In Paraisópolis zu wohnen, ist sehr beliebt ...“ Umsäumt von den bewachten Condomínio-Hochhäusern der Mittel- und Oberklasse liegt Paraisópolis im Bezirk Morumbí. Nach offiziellen Angaben wohnen hier über 60.000 Einwohner. An manchen Stellen trennt eine hoch aufragende Mauer die beiden Welten. Auf welcher Seite man sich befindet, bestimmt die Klassenzugehörigkeit. Einige der Bewohner leben hier schon seit vierzig Jahren. Damals gab es in der Gegend noch keine Hochhäuser, der Fluß war sauber, man konnte sogar angeln. Heute ist der Antonico-Fluß überbaut, und an den wenigen Stellen, die noch freigeblieben sind, blickt man auf offenes Abwasser. „Sie können hier wohnen bleiben, die Stadt baut neue Wohneinheiten in Paraisópolis ... Condomínio-Apartments mit verbessertem Standard“, erklärt Elisabete França, Direktorin des Sekretariats für Wohnungsbau der Stadtverwaltung. Die Bewohner blicken ungläubig. Sie wollen die neuen Wohnungen zuerst sehen, bevor sie ihre Häuser aufgeben. Die Bauarbeiten dafür haben aber schon längst begonnen. „In Paraisópolis sollen die besten Architekturbüros aus São Paulo und aus der ganzen Welt zeigen, wie man sinnvoll und nachhaltig mit diesen ‚Gebieten‘ umgeht. Die Favela, die informelle Stadt, ist mit ihrer Bevölkerungsdichte und ihrem lebendigen Straßenhandel die Stadt der Zukunft.“ Während die umliegenden Wohntürme nach den Gesetzen des Marktes nach immer gleichen Standards endlos reproduziert werden, soll die informelle Stadt nun von Stadtexperten neu gedacht werden. 25. Oktober 2012 Der starke Regenfall hat einige Häuser im unteren Bereich des Flußlaufes zum Einstürzen gebracht. Es gibt wieder eine neue Baustelle in Paraisópolis. Gilson Rodrigues, der 26 jährige Präsident der Bewohnervereinigung, könnte dies zum Anlaß nehmen, den Kontakt mit den Leuten der Prefeitura wieder aufzunehmen. Der talentierte Politiker hat Paraisópolis zum Erfolg verholfen, da er dem Kleinhandel freie Hand ließ. Seither hat sich die Einkommensstruktur in der Favela drastisch verändert. Durch ihren gestiegenen Wohlstand hat sich die untere Mittelklasse, mittlerweile Brasiliens stärkstes Bevölkerungssegment, in dem Gebiet breitgemacht. Von Gilson fehlt jedoch jegliche Spur. Der Stellvertreter des Präsidenten meint, daß es ein äußerst ungünstiger Zeitpunkt für ein Treffen sei. Ausgelöst durch den Regierungswechsel im Stadtparlament, kam es zu Tumulten. In Paraisópolis gab es Schießereien. Die Situation sei gerade sehr angespannt. Die Stadtverwaltung werde nach dem Wechsel gerade ausgetauscht. Was bedeutet das für die Maßnahmen der letzten acht Jahre, in denen die Probleme dieser vernachlässigten Gebiete in Angriff genommen wurden? Was passiert mit den visionären Entwürfen der beauftragten Architekten? Für den Weiterbau der „informellen Stadt“ werden von der neuen Regierung keine ausreichenden Mittel mehr zur Verfügung gestellt. Es bleibt die Hoffnung, daß die Pläne zu einem späteren Zeitpunkt aus der Schublade geholt werden. In der Zwischenzeit wird das Leben in Paraisópolis weiter von den Hoffnungen einer aufstrebenden Unterschicht bestimmt – von dem Alltag der belebten Straßen und engen Gassen, dem Baile Funk und Forró, den Straßendealern, den Bauarbeitern und den Gewohnheiten populärer brasilianischer Kultur. Gibt es noch eine andere Zukunft für Paraisópolis – eine Zukunft, die hält, was der Name verspricht? Rainer Hehl Nova Paraisópolis 204 3 de novembro de 2008 A favela Nova Paraisópolis está sendo reconstruída. Operários da construção civil usando capacetes e macacões azuis ou laranja já há tempo fazem parte da cena local. Todas essas casas e casebres construídos de modo “espontâneo” darão lugar a torres residenciais? Maria Teresa Diniz, diretora do projeto responsável pela urbanização de Paraisópolis, uma das maiores favelas de São Paulo, contempla confiante e não sem orgulho as ruas e canalizações recém-instaladas. “Temos de andar rápido com os trabalhos. De outro modo, as casas derrubadas nas áreas de risco serão reerguidas da noite para o dia. A ocupação ilegal de áreas livres está na ordem do dia aqui. Morar em Paraisópolis é algo bastante cobiçado...”. Circundada pelos vigiados prédios de condomínios das classes média e alta, Paraisópolis fica no Morumbi. Segundo dados oficiais, 60 mil pessoas moram aqui. Em alguns lugares, os dois mundos são separados por um alto muro. O lado do muro em que a pessoa se encontra é determinado pela classe social à qual ela pertence. Alguns dos habitantes já vivem aqui há quarenta anos. Naquela época, ainda não havia altos edifícios na região e o rio era tão limpo que se podia até pescar nele. Hoje, o córrego do Antonico praticamente desapareceu debaixo das construções, e nos poucos lugares que ainda ficaram abertos, apresenta esgoto a céu aberto. “Você pode continuar morando aqui, a cidade está construindo novas unidades residenciais em Paraisópolis... Apartamentos em condomínios e com padrão melhor”, esclarece Elisabete França, chefe da Superintendência de Habitação Popular da Prefeitura da cidade. Os moradores parecem céticos. Eles querem ver os novos apartamentos antes de entregar suas casas. Mas as obras nesse sentido já começaram faz tempo. “Em Paraisópolis, os melhores escritórios de arquitetura de São Paulo e do mundo inteiro deverão mostrar de que modo se podem gerenciar áreas dessa natureza de forma sensata e sustentável. A favela, a cidade informal, com sua densidade populacional e seu vigoroso comércio ambulante, representa a cidade do futuro”. Enquanto as torres residenciais adjacentes são reproduzidas à exaustão de acordo com as leis do mercado e seguindo o mesmo padrão, espera-se, da cidade informal, que ela seja repensada pelos especialistas. 205 25 de outubro de 2012 A forte chuva causou o desabamento de algumas casas na parte inferior do curso do rio. Mais uma vez, há um novo canteiro de obras em Paraisópolis. Gilson Rodrigues, 26 anos, presidente da associação 206 207 de moradores, poderia aproveitar a oportunidade para retomar o contato com o pessoal da Prefeitura. O talentoso político ajudou a transformar Paraisópolis em um sucesso por ter dado carta branca ao comércio varejista. Desde então, o padrão de renda da favela mudou drasticamente. Em virtude da melhora de sua renda, a classe média baixa, atualmente o maior segmento populacional do Brasil, espalhouse pela região. Mas de Gilson não se têm notícias. Segundo o representante do presidente, a época seria especialmente desfavorável para uma reunião. A troca de governo na câmara municipal causara tumultos. Em Paraisópolis haviam ocorrido tiroteios. A situação estaria bastante tensa. A autoridade municipal estaria sendo trocada no momento. O que isso significa para as medidas dos últimos oito anos, durante os quais os problemas dessa região foram combatidos? O que vai ser dos projetos visionários da arquiteta encarregada? Para a continuação das obras na “cidade informal”, o novo governo já não disponibiliza recursos suficientes. Resta a esperança de que os planos sejam tirados da gaveta em ocasião futura. Enquanto isso, a vida de Paraisópolis continua sendo determinada pelas esperanças de uma classe baixa ascendente – pelo dia a dia das ruas movimentadas e dos becos estreitos, pelos bailes funk, pelo forró, pelos vendedores ambulantes, pelos operários da construção e pelos costumes da cultura popular brasileira. Existe ainda um outro futuro para Paraisópolis – um futuro que cumprirá o que o nome promete? Rainer Hehl Nova Paraisópolis November 3, 2008 The favela Nova Paraisópolis is being rebuilt. Construction workers with helmets and blue and orange overalls have long been part of the streetscape. Should all these houses and “hastily thrown up” huts give way to residential towers? Maria Teresa Diniz, project manager for the urbanization of Paraisópolis, one of the largest favelas, looks self-confident and not without pride at the newly created streets and sewer lines. “We need to bring the work forward, otherwise the demolished houses in the ‘risk areas’ will quickly be rebuilt overnight.” The illegal occupation of vacant areas is commonplace here. Living in Paraisópolis is very popular ... “Surrounded by the gated condominium high-rise buildings of the middle and upper class, Paraisópolis is located in the district of Morumbí. According to official statistics, over 60,000 people live here. In some places, a towering wall separates the two worlds. Class membership is determined which side you are on. Some residents have lived here for forty years. At that time there were no high-rise buildings in the area, the river was so clean you could even go fishing there. Today, the Antonico River is built over and in the few places that are still vacant, you look at open sewage. “You can continue to live here, the city is building new housing units in Paraisópolis ... condominium apartments with an improved standard,” explains Elisabete França, Director of the City Housing Office of the city administration. The residents look incredulously. They want to see the new apartments first before they give up their homes. But, the construction work for them has long since begun. “In Paraisópolis, the best architectural offices from São Paulo and from around the world ought to show how meaningful and sustainable you deal with these ‘areas’. The favela, the informal city, with its population density and vibrant street trading, is the city of the future.” While the surrounding residential towers are reproduced endlessly by the laws of the market, always according to the same standards, the informal city now ought to be re-thought by city experts. October 25, 2012 The heavy rainfall has caused some houses in the lower part of the river course to collapse. There is another new construction site in Paraisópolis. Gilson Rodrigues, the 26 year-old president of the resident’s association, could take this opportunity to make contact again with people of the Prefeitura (prefecture-county government). The talented politician has helped Paraisópolis to success because he gave free rein to retail trade. Since then, the income structure in the favela has changed drastically. Due to their increased wealth, the lower middle-class, now Brazil’s strongest segment of the population, has expanded in the area. But, there is no trace of Gilson anywhere. The vice-president thinks it is a very bad time for a meeting. Riots were triggered by the change of government in the city parliament. There were shootings in Paraisópolis. The situation was just very tense. There is now a turnover in the city administration. What does this mean for the actions of the last eight years in which the problems of these neglected areas have been addressed? What will happen to the visionary designs of the architects in charge? Not enough funding will be provided by the new government for the continued construction of the “informal city”. The hope remains that the plans will be taken out of the drawer at a later date. In the meantime, life in Paraisópolis is further determined by the hopes of an emerging lower-class – by the everyday life of the busy streets and narrow lanes, the baile funk and forró, by the street dealers, the construction workers, and the habits of Brazilian popular culture. Is there any other future for Paraisópolis – a future that keeps what the name promises? Rainer Hehl IC IC Die Monster Os monstros The Monsters 220 Nach der Festnahme in der Pension, die das Monster ereilte, als es gerade auf dem Sofa vor dem Fernseher saß, wurde es im gepanzerten Wagen mit einer Eskorte zur Haftanstalt geführt, wo es von der Bevölkerung mit einem Pfeifkonzert empfangen wurde. Ein schrecklicher Verdacht lag auf dem perversen Häftling, und das unnötig grausame Vorgehen rief selbst bei den Beamten Abscheu hervor, die an die Bestialitäten, die Menschen einander antun, gewöhnt waren. Sie wollten ihn nicht einmal berühren. Entkleidet, photographiert und aufgenommen wurde er in der Gewißheit, daß er das Gefängnis nicht mehr lebend verläßt; so er überlebte, würde er dahinvegetieren. Er bekam Kleidung, Bettlaken, Decke, Bezüge und ein Tablett; um sein Erscheinungsbild oder seinen Schlafkomfort waren sie dabei nicht besorgt. In Handschellen wurde er zu der für ihn bestimmten Zelle geführt, die mit dem immer gleichen Photo vollgehängt war. Es war sein eigenes, und das Strafregister hing gleich daneben. Es waren abscheuliche Straftaten; selbst an dem Ort, an dem er sich jetzt befand, waren sie schwer zu tolerieren. Auf wundersame Weise hatte sich die Information aus den vertraulichen Anstaltsakten wie ein Lauffeuer in der Anstalt verbreitet: „Er kommt!“, stand auf einer Art Steckbrief unter einem gezeichneten Totenschädel, der kopiert und weitergegeben wurde. Er wußte genau, was ihm blühte. Wie anders läßt sich erklären, daß er, als ihn eine Gruppe von Mithäftlingen verfolgte, überhaupt keinen Widerstand leistete; er hat sich nicht umgedreht oder versucht, wegzurennen. Er war noch beladen mit den Sachen, die ihm ausgehändigt wurden, als er den ersten Stich bekam. Die Klinge verschwand tief in der Rückenmuskulatur. Seine Beine versagten. Bevor er zu Boden ging, wurde er noch von sechs weiteren Stichen durchbohrt. Immer von hinten. Sie wollten ihm nicht ins Gesicht sehen, und als ob er keine weiteren Umstände machen wollte, blieb er artig auf dem Bauch liegen, als sie noch weitere dreiunddreißig Mal auf ihn einstachen. Die Messer ließen sie im Körper stecken, als ob man damit niemals mehr etwas schneiden könne. Hier auf dem steinernen Obduktionstisch der Anstalt gibt der Tote, mit all dem, was aus ihm herausgequollen ist, ein furchtbares Bild ab. Eine Untersuchung wurde eingeleitet; sie wird wohl ohne Ergebnis bleiben. Die Herausgabe der Leiche wurde nicht beantragt. Sie wird eingeäschert, um die Überreste an einem unbekannten Ort zu verstreuen. Após ser capturado enquanto assistia à televisão no sofá da pensão onde residia, o monstro foi levado em carro blindado, cercado de batedores por todos os lados e sob os apupos da população, para a casa de custódia do Estado. Pairavam sobre o facínora detido as piores acusações, com todas aquelas agravantes desnecessárias e que causavam o repúdio dos policiais mais acostumados às animalidades praticadas por um ser humano. Não queriam nem tocar nele. Foi despido, fotografado e fichado como quem seria sepultado atrás das grades; abandonado, enquanto sobrevivesse, ao seu instinto mais nocivo. Ganhou uniforme, um lençol, um cobertor, fronha e travesseiro; não porque se preocupassem com a sua apresentação ou com o conforto de sua cama. Foi conduzido algemado e o caminho percorrido para a cela que lhe designaram estava repleto da mesma foto. Era a mesma fotografia dele. Com o prontuário dos seus delitos arrolados logo abaixo. Eram muitos e gravíssimos; algo difícil de tolerar, até mesmo onde ele se encontrava agora. A informação tinha milagrosa e instantaneamente migrado do sigiloso arquivo penitenciário e sido copiada para ser distribuída como um cartaz de “procurase” nas galerias: “ele vem aí!“ A inscrição advertia embaixo do desenho de uma caveira. Advertido de tudo isso, o criminoso estava. Tanto que quando os outros detentos se juntaram caminhando por trás dele, não ofereceu resistência; não virou a cabeça e nem fez menção de correr. Estava abraçado aos pertences consentidos pela direção do estabelecimento quando tomou a primeira estocada. A lâmina desceu fundo pelos seus músculos posteriores. E lhe faltaram as pernas. Antes que caísse, no entanto, tinha sido perfurado em outros seis lugares. Sempre pelas costas. Não queriam nem olhar na sua cara. E como se ele também não quisesse aumentar o constrangimento de todos, fez o favor de ficar de bruços enquanto era esfaqueado outras trinta e três vezes e morrer. As facas eram abandonadas no corpo, como se nunca mais pudessem ser reutilizadas para cortar nada. O aspecto do morto agora, com tudo aquilo pendurado, é o pior possível, ali exposto na pedra do necrotério da prisão. Um inquérito foi aberto, mas nada será apurado. O cadáver também não será reclamado por ninguém. Cremado, as cinzas serão descartadas em lugar desconhecido. After being captured while watching TV on the couch of the rooming house where he lived, the monster was taken in an armored car, surrounded by motorcycle escorts and under the hoots of the population, to the state‘s jail hospital. Over the malefactor hovered the worst accusations, with all of the necessary aggravating aspects that fueled the scorn of police officers more used to the animalities committed by human beings. They refused to touch him. He was undressed, photographed and booked as someone that would be buried behind bars; abandoned, while surviving, to his most dangerous instincts. He received a uniform, sheets, blankets, pillowcase and pillow; not that they were worried about his presentation or the comfort of his bed. He was led handcuffed and the path to the designated cell was filled with the same picture. It was a picture of him. With his crimes listed below. They were many and serious; something difficult to tolerate, even where he now found himself. The information had migrated miraculously from the secret jail file and copied to be distributed as a “wanted” poster through the corridors: “He is coming!,“ warned the inscription under the drawing of a skull. The criminal had been warned to all of that. So much so that when other prisoners gathered to walk behind him, he offered no resistance; he did not turn his head or tried to run. He was hugging the belongings allowed by the place‘s management when he received the first stab. The blade dug deep through his back muscles. His legs failed him. But before he fell, he had been stabbed in six other places. Always in the back. They did not even want to face him. And as if he did not want to increase the embarrassment of the others, he did the favor of lying on his stomach while being stabbed another thirty-three times and dying. The knives were abandoned by the body, as if they could never be used to cut anything else again. The body‘s condition now, with everything hanging out, is the worst possible. Nobody will claim the body. After cremation, the ashes will be discarded at an unknown location. 221 Fernando Bonassi Fernando Bonassi Fernando Bonassi Degeneration Degeneração Degeneration 224 Vor den Augen der Nachbarn kommt die krüppelhafte Gestalt um die Ecke ihres heimischen Viertels. Sie hat zu tief ins Glas geschaut und schwankt, auf der Suche nach ihrem Gleichgewicht, in Schlangenlinien die Straße entlang. Der Kampf gegen die angeborene Sucht ist verloren. Ziel ist nun – dunkel kann sie sich daran erinnern – das traute Heim, das man eigentlich schon lange nicht mehr als solches bezeichnen kann. Unsicher auf den geschwollenen Füßen stehend, glaubt die Gestalt voranzukommen, und taumelt doch immer weiter zurück. Im Chaos der Gefühle und Körperfunktionen versucht sie psychotisch allem, was sich bewegt, auszuweichen. In phantasmagorische Sphären abgehoben, ist sie für diese ganzen Sack-Gesichter nur ein grotesker Clown und eine durchgedrehte Wildsau, die sich vor allen Leuten in ihrer Hinfälligkeit suhlt und wie die Karikatur des mit einem zerbrochenen Regenschirm in der Gosse tanzenden Trinkers erscheint. Unter dem einen Arm klemmt ein angenagtes Sandwich, während der andere erfolglos nach Halt sucht. Durch das Entlanghangeln an den Wänden sind beide Seiten des Gesichtes zerschürft und blutig, immer wieder entleeren sich Magen und Darm. Ein Fleck breitet sich aus über der Hose, dann läuft der Urin in die Schuhe und rinnt schließlich über den Gehsteig. Die Gestalt ist ein praller Sack, der nur darauf wartet, ein paar Fäuste abzubekommen. Das ist fast schon eine Einladung. Hunde haben sich in die Schnürsenkel der Gestalt verbissen, was riskante Trippelschritte zur Folge hat. Der Bordstein wird zu einem unüberwindlichen Hindernis; Tascheninhalt, Geldbeutel und Würde verteilen sich auf dem Asphalt, bis die Kreatur schließlich zusammenklappt. Zur Freude der herbeigeeilten Kinder-Gang, die nur auf eine Gelegenheit gewartet hat, ihre unschuldige Grausamkeit auszuleben. Du schaust nach, was da los ist; mischst dich unter die Kinder, von denen einige bereits Steine sammeln und sich bereitmachen, dem Alten voll eins auf die Zwölf zu geben. Es entsteht ein rauschhaftes Gedränge, jeder will nach vorne kommen, um den Wehrlosen zu verfluchen, anzuspucken oder ihm eine zu verpassen. Bis schließlich du an der Reihe bist und du plötzlich merkst, daß du vor deinem Vater stehst. É o bairro conhecido, a rua da sua casa, na frente dos vizinhos. Dobra a esquina aquele vulto estropiado e recém-vencido pelo copo, troço torto teimando em equilíbrio, andando a esmo pela via pública; torcendo – pelo que se lembra vagamente – para chegar à segurança de sua própria residência, mas perdendo para a gravidade do vício congênito, um lugar que não pode chamar de lar há muito tempo, é verdade, oscilando nos pés redondos, voltando para trás, cada vez mais para trás enquanto pensa que segue em frente, se escondendo de qualquer coisa em movimento, em desordem sentimental, muscular e psiquiátrica, girando feito corpo celeste por eixos imaginários e fantasmagóricos, mas é apenas o palhaço burro, o porco lunático e o bode expiatório que teima em chapinhar a sua decadência à vista de todos os fodidos, interpretando a caricatura do bêbado dançando na sarjeta com um guarda-chuva quebrado. Tem um sanduíche carcomido enfiado debaixo de um braço, a inútil procura por apoio no outro. O rosto sangrando raspado dos dois lados pelas paredes perseguidas como cego, palmo a palmo, entre vômitos e caganeiras mal contidos. Enquanto isso, a mancha de urina se alastra pela calça, encharca os sapatos e se esvai no passeio. É um saco pronto para pancada. E dá vontade de bater. Os cachorros mordiscando os seus cadarços, obrigandolhe esses dribles arriscados; a guia é uma barreira gigantesca; os bolsos, a carteira e a dignidade reviradas no asfalto, onde finalmente ele desaba, para deleite da criançada inimiga, ávida por uma oportunidade como aquela para o exercício da crueldade de sua inocência. Você se aproxima para o que der e vier ali entre elas, junta-se com elas quando algumas pegam pedras e se preparam para atingir o velho em cheio, formam filas e se empurram para xingar, cuspir ou dar um tapa na cara dele que seja, excitados com o bagaço de sujeito. Até que chega sua vez. E você está diante de seu pai. In the well-known neighborhood, on his street and in front of the neighbors a mangled figure turns the corner, recently overcome by drinking, a crooked thing stubbornly trying to keep his balance, walking the street aimlessly; rooting – from what he recalls vaguely – to reach the safety of his own residence, but losing to the gravity of his congenital addiction, a place he has not been able to call home for a long time, truly, wavering on top of his round feet, going back while thinking he is going ahead, hiding from any moving thing, in a sentimental, muscular and psychiatric disarray, spinning like a celestial body through imaginary and phantasmagorical axes, but he is only the dumb clown, the lunatic pig and the scapegoat stubbornly touting his decadence in view of all their decrepitness, interpreting the caricature of the drunk dancing in the gutter with a broken umbrella. There is a nibbled on sandwich under one warm, the useless search for support with the other. The bleeding face scratched on both sides by walls pursued like a blind man, inch by inch, in between ill-contained vomits and bowel movements. Meanwhile, the urine stain spreads through the pants, soaking the shoes and emptying on the pavement. He is a bag ready to be punched. And you feel like punching it. Dogs nibble at his shoelaces, forcing him to do risky dribbles; the curb is an impassable barrier; pockets, wallet and dignity are thrown on to the asphalt, where he finally collapses, for the delight of the child enemies, avid for such an opportunity to exercise the cruelty of their innocence. You come closer, ready for everything among them, even join them when some pick up stones and prepare to hit the old man, they form lines and push each other to curse, spit or slap his face, excited by the human leftover. Until it is your turn. And you are facing your father. 225 Fernando Bonassi Fernando Bonassi Fernando Bonassi 228 São Paulo – ein Champion der Moderne São Paulo – die Stadt der technischen Intelligenz. Europäische Intellektuelle, von Stefan Zweig bis Max Bense, haben in Brasilien „ein Land der Zukunft“ (Zweig, 1941) gesehen, im Gegensatz zu Europa, das eine unermeßlich große und lange Tradition hat, aber dem wegen seiner totalitären Regime im 20. Jahrhundert wenig Zukunft beschieden wurde. Die brasilianische Moderne, symbolisiert durch die geschwungene und kurvige Linie der Architektur Oscar Niemeyers, verkörpert für viele Europäer eine technische Utopie und eine neue Ästhetik jenseits der Entfremdung. Deswegen entstand um 1960 ein reger Austausch zwischen der deutschen und der brasilianischen Moderne, der sich an der Hochschule für Gestaltung in Ulm (Max Bill) und um die Technische Hochschule in Stuttgart (Max Bense) zentrierte. In der Literatur entstand aus dieser Begegnung die Kunst der konkreten Poesie (Eugen Gomringer, Haroldo de Campos, Décio Pignatari, Augusto de Campos et cetera). In der Kunst und im Design führte das zur Bekanntschaft mit Lucia Clark, Mira Schendel, Almir da Silva Mavignier, Clarice Lispector, João Cabral de Melo Neto und Gui Bonsiepe. Max Bense hat 1965 in seinem Buch Brasilianische Intelligenz die Verbindung von Rationalität und Sensibilität, von Abstraktion und Sinnlichkeit – mit einem Wort, die schöpferische Kraft von Brasilien gerühmt, wie zuvor Stefan Zweig, der im Kapitel „Blick auf die brasilianische Kultur“ seines Buches Brasilien. Ein Land der Zukunft (1941) schreibt, das Brasilianische sei eine schöpferische Umwandlung des Europäischen. Brasilien ist also nicht nur eine Ansammlung von „Tropicana“ und Amazonas, ist also nicht nur das Land des Dschungels und der Indios, sondern auch das Land der Selbstbehauptung der Moderne, zum Beispiel in der Landeshauptstadt Brasília (1960) durch Lúcio Costa und Oscar Niemeyer. São Paulo, seit den 1920er Jahren der größte industrielle Motor Brasiliens, ist noch heute das wichtigste Wirtschafts-, Finanz- und Kulturzentrum sowie der größte Verkehrsknotenpunkt des Landes. Mit 20 Millionen Einwohnern gehört São Paulo zu den größten Metropolregionen der Welt, multikulturell – hochkulturell. São Paulo ist in Brasilien der Champion der industriellen Moderne und der Kultur. Aber São Paulo ist auch ein Champion des Massenmediums Sport. Denn durch die Globalisierung ist São Paulo aus dem Sektor der Produktion in den Sektor der Dienstleistung gedrängt worden, so daß die Armut zunimmt, wie der Gürtel der Favelas und die ubiquitäre Atmosphäre der Kriminalität belegen. Deswegen gibt es ein anderes São Paulo, das São Paulo der Entrechteten und Geknechteten. Es sind nicht die Intelligenz und die akademische Welt, die an den urbanen Rändern São Paulos ein adäquates Medium des sozialen Aufstiegs und der persönlichen Verwirklichung bieten. Die Befreiung aus der Armut gelingt im Medium des Sports. Deshalb gehört der FC São Paulo zu den größten Fußballvereinen Brasiliens. Der berühmteste Fußballer São Paulos war der Deutsch-Brasilianer Arthur Friedenreich (1892–1969), dessen Karriere bezeichnenderweise im Sportclub Germania begann. Der kulturelle Austausch zwischen Deutschland und Brasilien spiegelt sich auch im Sport. 70.000 Zuschauer sahen in den 1940er Jahren regelmäßig dem Spiel von Leônidas da Silva, genannt der „Schwarze Diamant“, zu. Sócrates (1954–2011), der nach seiner Zeit als Fußballer als Kinderarzt arbeitete, war das Enfant terrible des brasilianischen Fußballs. Zu seinen Verdiensten gehört es, während der Militärdiktatur den Fußballplatz zu politischen Demonstrationen benutzt zu haben, beispielsweise trug er im Spiel ein Trikot mit der Aufschrift „Demokratie jetzt“. In den 1990er Jahren wurde der SPFC endgültig zu einem der ganz Großen des Weltfußballs, wurde mehrfacher Meister von Brasilien und 2005 FIFA-Klub-Weltmeister. Neben dem Fußball bilden Autorennen das Medium des sozialen Aufstiegs. Zu den legendären Weltmeistern der Formel 1 gehören die Brasilianer Emerson Fittipaldi, Nelson Piquet, Ayrton Senna. England hat vierzehn Mal den Weltmeister gestellt, Deutschland neun Mal und Brasilien acht Mal. Auch hier sieht man wiederum eine Parallele. Bezeichnend für die brasilianische Moderne im Zeichen des Aufstiegswillens ist der berühmte Satz von Ayrton Senna: „If you can control your car, you are not driving fast enough.“ Senna fuhr offensichtlich in seinem Sinne schnell genug, brasilianisch genug, denn beim Großen Preis von San Marino 1994 auf dem Kurs von Imola verunglückte er aufgrund eines technischen Fehlers tödlich. Der dreifache Weltmeister wurde zwischen 2004 und 2009 immer wieder von einer 77-köpfigen Jury, bestehend aus Formel1-Piloten, Teamchefs, Ingenieuren und Journalisten, zum schnellsten Formel-1-Fahrer der Geschichte gewählt. Brasilianische Intelligenz ist Schnelligkeit, denn nur der Schnelle erwischt die Beute. Dies lehrte schon der Urwald. Die Erfindung des Konkreten und die Erfindung der Schnelligkeit bilden also die beiden Pole von São Paulo. Peter Weibel São Paulo – um campeão da Modernidade São Paulo – a cidade de inteligência técnica. Intelectuais europeus, de Stefan Zweig a Max Bense, viram no Brasil “um país do futuro” (Zweig, 1941), em contraste com a Europa, que possuía uma enorme e longa tradição, mas à qual, em razão de seu regime totalitário no século XX, se atribuía pouco futuro. O Modernismo brasileiro representado pelas linhas onduladas e curvas da arquitetura de Oscar Niemeyer, além do estranhamento, encarna para muitos europeus uma utopia técnica e uma nova estética. Por esse motivo, por volta dos anos 1960, estabeleceu-se um ativo intercâmbio entre o Modernismo alemão e o brasileiro, centralizado na Hochschule für Gestaltung em Ulm (Max Bill) e a Technische Hochschule em Stuttgart (Max Bense). Na literatura, esse encontro resultou na arte da poesia concreta (Eugen Gomringer, Haroldo de Campos, Décio Pignatari, Augusto de Campos et cetera). Na arte e design revelou Lucia Clark, Mira Schendel, Almir da Silva Mavignier, Clarice Lispector, João Cabral de Melo Neto e Gui Bonsiepe. Em seu livro Brasilianische Intelligenz (Inteligência brasileira ), de 1965, Max Bense enalteceu a ligação da racionalidade com a sensibilidade, da abstração com a sensualidade – em uma palavra, a força criativa do Brasil, como antes havia feito Stefan Zweig, no capítulo “Olhar sobre a cultura brasileira” em seu livro Brasilien. Ein Land der Zukunft (Brasil, um país do futuro, 1941), onde ele afirma que o “ser” brasileiro é uma transformação criativa do “ser” europeu. O Brasil não é apenas um ajuntamento de “Tropicana“ e Amazonas, não é apenas a terra da selva e dos índios, mas também a terra da autoafirmação do Modernismo como, por exemplo, a capital do país, Brasília (1960) de Lúcio Costa e Oscar Niemeyer. Desde a década de 1920, São Paulo é o maior motor industrial do Brasil e continua sendo o mais importante centro econômico, financeiro e cultural e o maior centro de transportes do país. Com 20 milhões de habitantes, São Paulo pertence às maiores regiões metropolitanas do mundo; é multicultural e culturalmente elevada. São Paulo é o campeão da modernidade industrial e da cultura no Brasil. Mas São Paulo também é um campeão na mídia de massas “esporte”; pois com a globalização, São Paulo foi levado do setor de produção para o setor de serviços, de modo que a pobreza está aumentando, bem como o cinturão de favelas e a atmosfera onipresente do crime. Por isso há outra São Paulo, a São Paulo dos marginalizados e subjugados. Não é a inteligência e o mundo acadêmico que fornecem um meio adequado de promoção social e a realização pessoal na periferia urbana de São Paulo. A libertação da pobreza é bem sucedida no meio do esporte. Por isso, o São Paulo Futebol Clube (SPFC) é um dos maiores clubes de futebol no Brasil. O jogador de futebol mais famoso de São Paulo foi o alemão-brasileiro Arthur Friedenreich (1892–1969), cuja carreira se destacou no clube Germania. O intercâmbio cultural entre Brasil e Alemanha se reflete também no esporte. Setenta mil espectadores assistiam regularmente na década de 1940 o jogo de Leônidas da Silva, conhecido como o “diamante negro”. Sócrates (1954–2011), que trabalhou como pediatra desde seu tempo como jogador, foi o enfant terrible do futebol brasileiro. Entre seus méritos, consta ter usado o campo para manifestações políticas durante a ditadura militar, como por exemplo, a camiseta com a inscrição “democracia já”. Na década de 1990, o SPFC tornou-se definitivamente um dos grandes nomes do futebol mundial, tendo sido diversas vezes campeão do Brasil e em 2005 tornando-se campeão do campeonato mundial da FIFA. Ao lado do futebol, as corridas de automóveis formam o meio de promoção social. Entre os lendários campeões da Fórmula 1, os brasileiros incluem Emerson Fittipaldi, Nelson Piquet e Ayrton Senna. A Inglaterra foi campeã do mundo por quatorze vezes. A Alemanha nove e o Brasil oito. Aqui novamente também é possível traçar um paralelo. A famosa frase de Ayrton Senna “If you can control your car, you are not driving fast enough” (se você for capaz de controlar o seu carro, é porque você não está correndo suficientemente) é indicativa da modernidade brasileira simbolizando o desejo de ascensão. Parece que Senna, em seu sentido, foi suficientemente rápido, suficientemente brasileiro, porque no Grand Prix de San Marino, em 1994 no circuito de Imola, ele sofreu um acidente mortal devido a um erro técnico. Entre 2004 e 2009, o tricampeão continuou sendo repetidamente eleito o piloto de Fórmula 1 mais rápido da história por um júri de 77 membros formado por pilotos de Fórmula 1, chefes de equipe, engenheiros e jornalistas. A inteligência brasileira é velocidade, porque o veloz alcança a presa. Já a selva ensinou isso. A invenção do concreto e a invenção da velocidade formam os dois polos de São Paulo. Peter Weibel São Paulo – A Champion Of Modernism São Paulo – the city of technical intelligentsia. European intellectuals, from Stefan Zweig to Max Bense, have seen in Brazil “a country of the future” (Zweig, 1941), in contrast to Europe, which has an immensely great and long tradition, but was, because of its totalitarian regime, fated little future in the 20th century. Brazilian modernity, symbolized by the swinging and curvy line of the architecture of Oscar Niemeyer, embodies for many Europeans a technical utopia and a new aesthetic beyond alienation. This is why a lively exchange arose around 1960 between German and Brazilian modernism, which was centered at the Hochschule für Gestaltung (Academy of Design) in Ulm (Max Bill) and around the Technische Hochschule (Technical College) in Stuttgart (Max Bense). In literature, from this meeting arose the art of concrete poetry (Eugen Gomringer, Haroldo de Campos, Décio Pignatari, Augusto de Campos, et cetera). In art and in design this led to the acquaintance with Lucia Clark, Mira Schendel, Almir da Silva Mavignier, Clarice Lispector, João Cabral de Melo Neto, and Gui Bonsiepe. In his book Brasilianische Intelligenz (Brazilian Intelligence) in 1965, Max Bense praised the link of rationality and sensibility, of abstraction and sensuality – in a word, the creative power of Brazil, like Stefan Zweig before him, who writes in the chapter “View to the Brazil Culture” of his book Brasilien. Ein Land der Zukunft (Brazil. A Country of the Future, 1941), that the Brazilian was a creative transformation of the European. Brazil is, therefore, not just a collection of “Tropicana“ and Amazonas, that is, is not just the land of jungles and Indios, but also the land of the self-assertion of modernity, such as in the country’s capital Brasília (1960) by Lúcio Costa and Oscar Niemeyer. São Paulo, since the 1920s the greatest industrial motor of Brazil, is still today the most important business, finance, and cultural center as well as the biggest transport hub of the country. With a population of 20 million, São Paulo is one of the greatest metropolitan regions of the world, multi-cultural – culturally high. In Brazil, São Paulo is the champion of industrial modernity and culture. But, São Paulo is also a champion of the mass medium of sports. It is because globalization has pushed São Paulo out of the production sector into the service sector so that poverty increases, as the belt of favelas and the ubiquitous atmosphere of crime show. Therefore, there is another São Paulo, the São Paulo of the disenfranchised and the enslaved. It is not the intelligentsia and the academic world that offer an adequate medium of social advancement and personal fulfillment at the urban edges of São Paulo. The liberation from poverty succeeds in the medium of sports. This is why the FC São Paulo is one of the greatest soccer clubs of Brazil. The most famous soccer player of São Paulo was the German-Brazilian Arthur Friedenreich (1892–1969), whose career began significantly in the Sportclub Germania. The cultural exchange between German and Brazil is also reflected in sports. In the 1940s, seventy thousand fans watched regularly the play of Leônidas da Silva, nicknamed the “black diamond”. Sócrates (1954– 2011), who worked as a pediatrician after his time as a soccer player, was the enfant terrible of Brazilian soccer. To his merits was the fact that, during the military dictatorship, he used the soccer field for political demonstrations; for example, he wore in a game a jersey with the writing on it “Democracy Now”. In the 1990s, the SPFC finally became one of the really greats of world soccer, becoming Brazilian champion several times and the 2005 FIFA World Champion. Besides soccer, car racing is another medium of social advancement. Among the legendary world champions of Formula 1 racing are the Brazilians Emerson Fittipaldi, Nelson Piquet, and Ayrton Senna. England has placed the world champion fourteen times, Germany nine times, and Brazil eight times. Again you see here also a parallel. Characteristic for Brazilian Modernism marked by the rise of will is the famous sentence of Ayrton Senna: “If you can control your car, you are not driving fast enough.” Senna drove apparently fast enough in his mind, Brazilian enough, because at the Grand Prix of San Marino in 1994 on the track of Imola, he was killed due to a technical error. Between 2004 and 2009, the three-time world champion was selected again and again as the fastest Formula 1 driver of history by a 77-member jury consisting of Formula 1 drivers, team managers, engineers, and journalists. Brazilian intelligence is quickness because only the fast catches the prey. This is what the jungle taught. The invention of the concrete and the invention of speed thus form the two poles of São Paulo. Peter Weibel 229 BR Gooool ... – Passou! / Toooor ... – Vorbei! Gooool... – Passou! Gooool ... – Passou! / Goooal ... – Over! 230 Knapp daneben! Die Spannung, die Hoffnung, das Adrenalin – alles ist da und auf den Ball konzentriert. Er tritt, der Ball fliegt, nimmt alles mit sich, und das Tor bewegt sich, er ist drin ... Nein, er ist drauf. Als würde ein innerer Ballon zerplatzen: Argh!!! Eigentlich ist es immer ein großartiger Einstieg. Ankunft am Flughafen Guarulhos, rein ins Taxi, und dann auf dem langen Weg in die Stadt ein paar wesentliche Infos vom Taxifahrer: das Wetter, der Verkehr – und natürlich Fußball. Diesmal verraten die Aufkleber am Taxi das Team des Fahrers: Santos aus der Hafenstadt im Bundesstaat. Bei Santos spielt doch Naymar, der den Hit „Ai si eu te pego“ erst richtig berühmt gemacht hat, weil er nach jedem Tor dazu tanzt. „Mh, Naymar, kostet Santos jede Menge Geld, aber der hat ja nur noch Zeit für die Nationalelf. Ist auch nicht schlecht, aber Santos tut das nicht gut.“ Aber im Vorfeld der Copa, der WM 2014 in Brasilien, ist die Nationalelf doch auch wichtig. Der Taxista reagiert anders als erwartet. „Ob die WM gut ist für São Paulo, muß sich erst noch zeigen. Das ganze Theater mit dem Stadion. Gerade erst hatten sie das Morumbi-Stadion neu gemacht, und dann war es nicht gut genug für die FIFA. Dabei passen da ordentlich Leute rein, fast 150.000. Super-Stadion, da spielt Santos auch schon mal. Jetzt kriegen die Corinthians ein Stadion, ausgerechnet. Das liegt ewig weit draußen, ist nur halb so groß und kostet einen Haufen Geld. Keiner weiß so genau, wo das Geld herkommt. Corinthians soll bezahlen, woher denn? Sind zwar auch viele Fans, aber die haben doch kein Geld. Und so ein kleines Stadion als WM-Stadion und dann auch noch für die Eröffnung! Ein schlechter Witz.“ Jetzt ist kein Halten mehr: „In Itaquera! Das ist ja ewig weit draußen! Und dann diese Absurdität, daß die Stehplätze abgeschafft werden sollen, die FIFA sagt ‚aus Sicherheitsgründen‘. Zu nah an den Spielern. Zu nah an den Spielern geht doch gar nicht. Wer kann denn dann überhaupt noch rein ins Stadion? Kann sich doch keiner mehr leisten. Bloß die, die anreisen, für die die teuren Hotels gebaut werden. Es sollen eine Menge Leute umgesiedelt worden sein für die Hotels. Und die Zeit! Wer kommt denn überhaupt hin zum Stadion? Bei dem Stau und dann auch wieder zurück.“ Aus dem Taxi raus sind wir benebelt und erst einmal sprachlos. Das war wohl die andere Seite der Medaille. Fußball. Die WM 2014 steht vor der Tür. Wenn Brasilien siegt, werden all die Flüche, die Proteste, der Zorn vergessen sein, aber wenn nicht ... Por pouco! A tensão, a esperança, a adrenalina está toda concentrada na bola. Ele chuta, a bola voa, leva tudo com ela e o gol se move, entrou... Não – foi na trave. É como se um balão interno estourasse: argh!!! Na verdade, é sempre uma grandiosa iniciação. Chegada no Aeroporto de Guarulhos, entrar no táxi e, depois, durante o longo caminho para a cidade, colher algumas informações essenciais do motorista de táxi: o tempo, o tráfego e, claro, o futebol. Dessa vez, o adesivo no táxi entrega o time do motorista: Santos, o time da cidade portuária do estado. No Santos joga o Neymar, que popularizou ainda mais o hit “Ai se eu te pego”, porque ele dança depois de cada gol. “Mh, o Neymar custa muito dinheiro ao Santos, mas só tem tempo para a seleção. Não é ruim, mas para o Santos não é bom.” Mas antes da Copa, a Copa do Mundo 2014 no Brasil, a seleção também é importante. O taxista reage de forma diferente do que se espera. “Vamos ver se a Copa do Mundo é boa para São Paulo. Todo esse teatro com o estádio. O estádio do Morumbi acabou de ser reformado e não é suficientemente bom para a FIFA. E cabem quase 150 mil pessoas. É um super estádio, o Santos joga lá, às vezes. Agora justo o Corinthians recebendo um estádio. Fica distante demais, só tem a metade do tamanho e custou um monte de dinheiro. Ninguém sabe exatamente de onde vem o dinheiro. O Corinthians vai pagar como? Apesar dos muitos fãs, o clube não tem dinheiro. E um estádio pequeno assim para uma Copa do Mundo, e ainda mais para a festa de abertura! É uma piada de mau gosto.” Agora não tem mais jeito: “Itaquera! Fica eternamente longe! E depois, esse absurdo de que os lugares em pé devam ser abolidos. A FIFA diz: “por razões de segurança”. Ficariam muito próximos aos jogadores. Muito perto dos jogadores, isso nem é possível. Quem afinal vai poder entrar no estádio? Ninguém tem esse dinheiro. Só os que vêm de fora, para quem estão sendo construídos os hotéis caros. Um monte de gente foi desalojada por causa dos hotéis. E o tempo! Quem é que consegue chegar até o estádio? Com todo esse engarrafamento, e depois ainda ter de voltar.” Descemos do táxi atordoados e sem palavras. Certamente esse foi o outro lado da medalha. Futebol. A Copa do Mundo 2014 está diante da porta. Se o Brasil ganhar, todos os xingamentos, os protestos, a raiva serão esquecidos, mas se não ganhar... Just missed! The tension, the hope, the adrenaline – it is all there and concentrated on the ball. He kicks, the ball flies, takes everything along with it, and the goal shakes, it is in ... No, it is over the bar. It is as if an inner balloon burst: Aaah!!! Actually, it is always a great introduction. Arrival at Guarulhos Airport, into the taxi, and then on the long way into town, a few important bits of information from the taxi driver: the weather, the traffic, – and, of course, soccer. This time, the bumper stickers on the taxi tell me the driver’s team: Santos from the port city in the state. But, Naymar plays for Santos, the guy who first made the hit “Ai si eu te pego” really popular because he dances to it after every goal. “Mm, Naymar costs Santos a whole lot of money, but he takes his time for the national team. That is also not bad, but it is not good for Santos.” But, ahead of the Copa, the World Cup in 2014 in Brazil, the national team is also important. The taxi driver reacts differently than expected. “Whether or not the World Cup is good for São Paulo, has yet to be seen. The whole mess with the stadium. They had just finished renovating Morumbi Stadium and then that was not good enough for FIFA. Really a lot of people will fit in it, almost 150,000. It is a super stadium, because Santos also plays there. Now even the Corinthians are even getting a new stadium. It is really far away, is only half as big, and costs a bunch of money. Corinthians is supposed to pay for it, how then? There are a lot of fans, but they do not have any money. And such a small stadium is supposed to be the World Cup stadium and then also for the opening game? What a joke!” There is no holding back now: “In Itaquera! That is way outside the city! And then this absurdity that the standing room should be done away with ‘for security reasons’, as FIFA says. Too close to the players. It cannot be too close to the players. So, who can even get into the stadium? Nobody can even afford it. Just those who travel in, who the expensive hotels are built for. A bunch of people are supposed to be resettled for the hotels. And the time! Who will come at all to the stadium? With the traffic and then back again.” Out of the taxi we are fuddled and at first speechless. That was probably the other side of the coin. Soccer. The World Cup of 2014 is just around the corner. If Brazil wins, all the curses, the protests, the anger will be forgotten, but if not ... 231 Annette von Schönfeld / Kim Carlotta von Schönfeld Annette von Schönfeld / Kim Carlotta von Schönfeld Annette von Schönfeld / Kim Carlotta von Schönfeld BR Das Spiel hört erst auf, wenn es zu Ende ist Mehr als ein rollendes, mit Luft gefülltes Objekt auf einem grünen Rasenstück in den Abmessungen 100 x 60 Metern, ist der Fußball ein symbolischer Raum der Möglichkeiten. Dies wird schon von der Kugelform des Balls selbst suggeriert, die in vielen Kulturen Kosmos und Zeit versinnbildlicht und kein Ende kennt. Während man in der sogenannten „Alten Welt“ das 20. Jahrhundert nach Weltkriegen bemißt, teilt man in Brasilien die letzten hundert Jahre in Vierjahresintervalle ein, die den Terminen der Fußballweltmeisterschaften entsprechen. Diese alternative Geschichtsschreibung erinnert uns Europäer daran, daß alles, was wir für gegeben halten, auch ganz anders hätte sein können. Sollte ein simples Ballspiel in der Lage sein, das im 18. Jahrhundert gescheiterte utopische Projekt der jesuitischen Missionen im Dreiländereck von Argentinien, Paraguay und Brasilien zu vollenden, und könnte vielleicht das Spielerisch-Artistische des Fußballs gar dabei helfen, den notorischen Teufelskreis aus Armut und Unterentwicklung zu durchbrechen? Auch für den Rest der Welt, einschließlich jener Länder, die nicht unmittelbar am Geschehen teilnehmen, wird die globale Lingua franca des Fußballs als unüberhörbares Orakel Aufschluß geben über den Zustand der Welt, über ihre Großzügigkeit und ihr Ressentiment, ihre Verzweiflung und ihr Glücksversprechen. Theoretiker und Kulturkritiker auf beiden Seiten des Atlantiks werden nicht müde, im Fußball einen Katalysator nationaler Eigenheiten zu sehen. Auf der einen Seite, in Europa, vermutet man die nüchterne „Prosa”, das heißt eine geradlinige Art, die nur das Ergebnis im Blick hat, auf der anderen, südamerikanischen, vor allem brasilianischen Seite die berauschende „Poesie” des Spiels mit ihren scheinbar zwecklosen Schnörkeln und ziellosen Abschweifungen in weiten, leeren Räumen, in denen sich jedes Kalkül und jede Abwehr verliert. Das barocke Erbe mit seinen Ellipsen ist also nicht nur im Karneval oder der tiefen Religiosität präsent, sondern vielleicht noch mehr im brasilianischen Fußball mit dem verblüffenden Trompe l’oeil schwindelerregender Dribblings und sogenannten „pedaladas” (Übersteiger). Diese unterschiedliche Ästhetik mag auch darauf beruhen, daß in den germanischen Sprachen „Fußball“ oder „Football“ zwangsläufig mit einem gewöhnlichen, wenig attraktiven Körperteil in Verbindung gebracht wird, während das Lehnwort „Futebol-fútbol“ in den romanischen Sprachen keinerlei physische Bedeutung impliziert, sondern ungebundene geistige Assoziationen zuläßt. Daraus entsteht in Südamerika ein gewisses jugendliches Laissez-faire und eine Ungezwungenheit, die weit in andere Bereiche der Gesellschaft hineinreicht. Eine derartige Übung in Freiheit, gepaart mit Euphorie, hat Brasilien, wo der Fußball wie vielleicht nirgends sonst eine authentische Form der kollektiven Selbstfindung und ein herrschaftsfreies Verständigungsmittel zwischen den unterschiedlichsten Menschen und Klassen sein kann, weltweite Sympathie und wachsendes Selbstbewußtsein eingetragen. Und wenn der kometenhafte Aufstieg des Landes von der Welt nicht mißtrauisch beäugt, sondern beklatscht wird, dann liegt das vielleicht auch am symbolischen Kapital und Goodwill, den der Fußball angehäuft hat. Im Fall Brasilien ist dieser nämlich auch ein Vehikel kultureller Differenz auf der Basis einer triethnischen (mit Einflüssen aus Europa, Afrika und dem indigenen Amerika) Kultur. Dieser Vorzug ist in einer Welt, deren Bild- und Zeichensprache immer monotoner wird, nicht hoch genug zu bewerten. Alfons Hug O jogo só acaba quando termina 232 Mais que um objeto preenchido de ar que rola sobre uma área gramada de 100 x 60 metros, a bola de futebol é um espaço simbólico de possibilidades. Isso já é sugerido até pela própria forma redonda da bola, que em várias culturas representa o cosmo e o tempo e que não conhece fim. Enquanto no chamado “Velho Mundo” o tempo do século XX é medido pelas guerras mundiais, no Brasil os últimos cem anos são divididos em intervalos de quatro anos, que correspondem às datas de realização das copas do mundo de futebol. Essa historiografia alternativa nos faz lembrar que tudo o que nós europeus temos como líquido e certo também poderia ter sido bem diferente. Será que um simples jogo de futebol teria conseguido levar a bom termo o malogrado projeto utópico das missões que os jesuítas quiseram implantar no século XVIII no triângulo geográfico formado por Argentina, Paraguai e Brasil? Será que a divertida arte do futebol não poderia ajudar de algum modo a romper o notório círculo vicioso de pobreza e subdesenvolvimento? Também para o restante do mundo, incluindo aqueles países que não participam diretamente dos acontecimentos, a linguagem global comum do futebol fará revelações – como um oráculo que não pode ser ignorado – sobre o estado das coisas no mundo, sobre sua generosidade e seu ressentimento, seu desespero e sua promessa de felicidade. Teóricos e críticos culturais de ambos os lados do Atlântico não se cansam de ver no futebol um catalisador de particularidades nacionais. Em um dos lados, na Europa, supõe-se a “prosa” lúcida, ou seja, uma forma linear que só objetiva o resultado; no outro lado, na América do Sul, sobretudo no lado brasileiro, a “poesia” inebriante do jogo, com suas espirais aparentemente sem propósito e suas digressões sem objetivo em espaços amplos, vazios, nos quais todo cálculo e toda defesa se perdem. A herança barroca com suas elipses não está presente, portanto, só no carnaval ou na profunda religiosidade do povo, mas, sobretudo, no futebol brasileiro com o surpreendente trompe l’oeil de seus vertiginosos dribles e nas assim chamadas “pedaladas”. Essa estética diversificada possivelmente também se deve ao fato de que nas línguas germânicas as palavras “Fußball“ ou “Football“ são inevitavelmente relacionadas a uma parte comum e pouco atraente do corpo, enquanto que a palavra emprestada “Futebol-fútbol“ nas línguas românicas não implica qualquer significado físico, mas permite fazer as mais diversas associações. A partir disso surgem, na América do Sul, certo laissez-faire jovial e uma 233 234 235 informalidade que também permeiam amplamente outros setores da sociedade. Uma prática de liberdade dessa natureza, aliada à euforia, trouxe a simpatia de todo o mundo e uma crescente autoconfiança para o Brasil, país em que o futebol chega a representar uma forma autêntica de autodescobrimento coletivo e um meio de comunicação livre de opressão entre as diversas pessoas e classes, de uma maneira como provavelmente não existe em nenhum outro lugar do mundo. E se a ascensão meteórica do país não é encarada com ceticismo, mas sim aplaudida pelo mundo, isso talvez se deva também ao capital simbólico e à boa vontade que o futebol acumulou. No caso do Brasil, o futebol é também um veículo para as diferenças culturais com base em uma cultura triétnica (com influências da Europa, da África e dos indígenas). Essa vantagem, em um mundo cuja comunicação por imagens e sinais fica cada vez mais monótona, tem um elevado valor. Alfons Hug The Game Stops Only When It Is Over More than a rolling object filled with air on a green lawn with the dimensions 100 by 60 meters, soccer is a symbolic space of possibilities. This is already suggested by the spherical form of the ball itself, which in many cultures symbolized the cosmos and time and knows no end. Whereas in the so-called “old world”, the 20th century is divided by world wars, the last hundred years in Brazil are divided into intervals of four years, which correspond to the World Cup soccer championships. This alternative history reminds us Europeans that everything we take for granted could have also been much different. Would a simple ball game be able to accomplish the utopian project of the Jesuit missionaries in the border region of Argentina, Paraguay, and Brazil that failed in the 18th century and could the playful artistry of soccer perhaps even help break through the notorious vicious cycle of poverty and underdevelopment? Also for the rest of the world, including those countries that do not participate directly in the events, the global lingua franca of soccer, as an unmistakable oracle, sheds light on the state of the world, on its generosity and on its resentment, its despair and its promise of happiness. Theorists and cultural critics on both sides of the Atlantic do not tire of looking at soccer as a catalyst of national pecularities. On the one hand, in Europe, people presume the sober “prose”, that is, a straightforward way, that only has the result in view. On the other hand, the South American, especially the Brazilian side, the intoxicating “poetry” of the game with their seemingly aimless flourishes and aimless digressions into vast empty spaces in which each calculation and every defense loses. The Baroque heritage with its ellipses is no only present in Carnival or in the deep religiosity, but perhaps even more in Brazilian soccer with the amazing trompe l’oeil dizzying dribbles and so-called “pedaladas” (stepovers). These different aesthetics may also be due to the fact that, in the Germanic languages, “soccer“ (or “football“) is invariably connected to an ordinary, less attractive body part, whereas the loan word “futebol-fútbol“ implies no physical meaning at all in the Romance languages, but allows unbound free mental associations. This creates in South America a certain youthful laissez-faire and an informality which extends far into other areas of society. Brazil has such an exercise of freedom, coupled with euphoria, where soccer can be, as perhaps nowhere else, an authentic form of collective self-discovery and a non-hierarchical medium of understanding between the most different kinds of people and classes, bringing in worldwide sympathy and growing self-awareness. And if the meteoric rise of the country is not regarded with distrust by the world, but is applauded, then it is perhaps also due to the symbolic capital and good will that soccer has amassed. In the case of Brazil, this is also, namely, a vehicle of cultural difference on the basis of a triethnic (with influences from Europe, Africa, and the indigenous Americas) culture. This preference, in a world where the language of images and signs is becoming more monotonous, cannot be rated high enough. Alfons Hug IC The Night When Mooca Went To War – Story Of An Immigrant Family A noite em que a Mooca entrou em guerra As the daughter of Spanish and Italian immigrants, I was born in 1939 in an apartment block on a street called Tamarataca in the Mooca district. Four families lived there. It was a world of its own in the backyard: Turks, Yugoslavs, Russians, Romanians, Spaniards, Portuguese, and Italians. And they all lived together in perfect harmony. The backyard consisted of paving stones and every night the women gathered to scrub it. They brought water from the well, as there was no running water. There were just as few gas and pressure cookers. There were few radios. And telephones ... well, I do not remember a single one in the area. On Christmas we visited a nearby manger scene, which made me happy because it was mechanical. On December 31st there was a festival in which the children of the neighborhood took to the street, beat pots, and sang: “Zé Pereira bum bum bum. Amanhã é dia um. Zé Pereira bum bum bum. Amanhã é dia um.” (Tomorrow is the first). In 1943 we moved out of the apartment block and moved onto Game Street, still in Mooca. My father worked in the Minete Gambá, a flour mill, which today is Moinho Santo Antônio. My mother helped my father by washing and ironing in other people’s homes. Times were hard. World War II had begun. Brazilian soldiers were sent to war. They were sad on their departure day, there was no class at schools, and the radios played the hymns of the messengers. We all suffered from the war. We had rationing stamps to buy bread and stamps for sugar. Everything was rationed. My mother and my aunt traded places several times as they spent nights standing in lines to buy a half a kilo of meat. Each family got a half a kilo as a ration. There was no wheat flour and salt. If you could, you bought on the black market. One night we were really scared: the day before Japan was bombed and we were all upset by the news about the atomic bombs. About eight o’clock in the evening the sky over the Mooca district was lit up. It was red. A lot of people started running around like crazy and people were shouting desperately: “It is a bomb, it is a bomb, it is the Americans, there is war!” It did not take long before we realized that Brazil had not been transformed into a theater of World War II, but that there had “only” been a major fire in a factory building nearby. Time passed, but everything remained in my memory: the children playing in the street, the afternoons with chairs on the sidewalk, the conversations, and the neighbors who helped one another, and my innocent and happy childhood. Filha de um imigrante espanhol e uma imigrante italiana, nasci em 1939 em um cortiço da Mooca, na rua Tamarataca. Lá moravam quatro famílias. Era um mundo naquele quintal: turcos, iugoslavos, russos, romenos, espanhóis, portugueses e italianos. E todos viviam em perfeita harmonia. O quintal era de paralelepípedos, e todas as noites as mulheres se reuniam para lavá-lo. Puxavam água do poço, pois não havia água encanada; também não gás ou panelas de pressão. Rádios, eram poucos. E telefone, então, nem lembro de um pela redondeza. No Natal visitávamos um presépio lá perto, que me encantava por ser mecânico. No dia 31 de dezembro era uma festa, as crianças da vizinhança saíam pelas ruas batendo panela e cantando: “Zé Pereira bum bum bum. Amanhã é dia um. Zé Pereira bum bum bum. Amanhã é dia um.” Em 1943, mudamos do cortiço. Passamos a morar na rua Game, ainda na Mooca. Meu pai trabalhava na indústria Minete Gambá, fábrica de farinha, onde hoje é o Moinho Santo Antônio. Minha mãe o ajudava lavando e passando roupas para fora. Os tempos eram difíceis. A Segunda Guerra Mundial estava acontecendo. Os pracinhas brasileiros foram mandados para a guerra. No dia da partida estavam tristes, não houve aula nas escolas, e nas rádios só se ouvia a Canção do Expedicionário. Com a guerra, todos sofríamos. Tínhamos cartão para comprar pão, selo para comprar açúcar. Tudo era racionado. Várias vezes minha mãe e minha tia se revezavam e passavam noites nas filas para comprar meio quilo de carne, que era a cota de cada família. Farinha de trigo e sal não tinha. Quem podia, comprava no mercado negro. Uma noite levamos um grande susto: no dia anterior, o Japão tinha sido bombardeado, e todos estavam impressionados com as notícias da bomba atômica. Mais ou menos às oito da noite, o céu clareou lá para os lados da Mooca. Ficou tudo vermelho. Foi um corre-corre, todos gritando desesperados: “foi a bomba, foi a bomba, são os americanos, é a guerra”. Não demorou muito e descobrimos que, ao invés de o Brasil ter se transformado em palco da Segunda Guerra, era apenas – com o perdão do “apenas” – um enorme incêndio numa indústria do bairro. O tempo passou, tudo ficou na lembrança: as crianças brincando na rua, as tardes com as cadeiras na calçada, a conversa que era uma terapia e minha infância inocente e feliz. Ilka von Borries-Harwardt Ilka von Borries-Harwardt 239 240 241 Die Nacht, in der Mooca in den Krieg zog – Geschichte einer Einwandererfamilie Als Tochter spanischer und italienischer Immigranten kam ich 1939 in einem Wohnblock in einer Straße namens Tamarataca im Stadtteil Mooca zur Welt. Dort wohnten vier Familien. Es war eine eigene Welt in diesem Hinterhof: Türken, Jugoslawen, Russen, Rumänen, Spanier, Portugiesen und Italiener. Und alle lebten sie zusammen in perfekter Harmonie. Der Hinterhof bestand aus Pflastersteinen und jede Nacht versammelten sich die Frauen, um sie zu schrubben. Sie holten das Wasser aus dem Brunnen, da es kein Leitungswasser gab. Ebensowenig wie Gas oder Schnellkochtöpfe. Radios gab es wenige. Und Telefone ... Nun, ich erinnere mich an keins in der Umgebung. Weihnachten besuchten wir eine nahegelegene Weihnachtskrippe, die mir Freude machte, da sie mechanisch war. Am 31. Dezember gab es ein Fest, an dem die Kinder der Nachbarschaft auf die Straße gingen, auf Töpfe schlugen und sangen: „Zé Pereira bum bum bum. Amanhã é dia um. Zé Pereira bum bum bum. Amanhã é dia um.” (Morgen ist der Erste.) 1943 sind wir aus dem Wohnblock weggezogen. Wir sind in die Straße Game gezogen, immer noch in Mooca. Mein Vater arbeitete in der Minete Gambá, einer Mehlfabrik, wo heutzutage Moinho Santo Antônio ist. Meine Mutter half meinem Vater, indem sie für fremde Haushalte wusch und bügelte. Die Zeiten waren hart. Der zweite Weltkrieg hatte begonnen. Die brasilianischen Soldaten wurden in den Krieg geschickt. Am Abreisetag waren sie traurig, es gab keinen Unterricht in den Schulen, und die Radios spielten die Hymne der Gesandten. Wir litten alle unter dem Krieg. Wir hatten Marken, um Brot zu kaufen, und Marken für Zucker. Alles war rationiert. Mehrere Male wechselten sich meine Mutter und meine Tante damit ab, nächtelang in der Schlange zum Kauf eines halben Kilos Fleisch anzustehen. Ein halbes Kilo war für jede Familie als Ration vorgesehen. Weizenmehl und Salz gab es nicht. Wer konnte, kaufte auf dem Schwarzmarkt. Eines Nachts erschraken wir sehr: Am Vortag wurde Japan bombardiert und wir alle waren von der Nachricht über die Atombombe aufgewühlt. Ungefähr um acht Uhr Abends erhellte sich der Himmel über dem Viertel Mooca. Er wurde rot. Es gab eine Rennerei, und Menschen schrien verzweifelt: „Es war eine Bombe, es war eine Bombe, das sind die Amerikaner, es ist Krieg.“ Es dauerte nicht lange, da merkten wir, daß sich Brasilien nicht in einen Schauplatz des zweiten Weltkriegs verwandelt hatte, sondern, daß es „lediglich“ ein Großbrand in einem Fabrikgebäude in der Nähe war. Die Zeit verging, aber alles blieb in der Erinnerung: die spielenden Kinder auf der Straße, die Nachmittage mit Stühlen auf dem Gehsteig, die Unterhaltungen und gegenseitige Hilfe unter den Nachbarn und meine unschuldige und glückliche Kindheit. Ilka von Borries-Harwardt BR Jeder Geldbeutel klingt anders! Um som pra cada bolso! A Sound For Each Pocket! 242 Egal ob reich, ob arm, ob Mittel- oder Oberklasse: In São Paulo hat jedes Viertel seinen eigenen Klang. Auf eine gut demokratische Weise verrät er uns, in welchem Milieu wir uns aufhalten. São Paulo hat in erster Linie ein großes Mundwerk, das offene Ohr ist weniger ausgeprägt … Du läufst durch die Vorstadt und wirst mit der grauenhaft lauten Musik, welche die Leute hören, zugedröhnt. Daß der Alkohol das Gehör beeinträchtigt, ist ja bekannt – der Betrunkene muß deshalb ja auch viel lauter sprechen! Da aber nicht alle betrunken sein können, frage ich mich, was die alten Gebrauchtwagen mit ihren kofferraumfüllenden Musikanlagen, die voll aufgedrehten Fernseher und die ohrenbetäubenden Predigten der Evangelikalen mit ihren immer ausgefeilteren Klangsystemen sollen? Die kurze Antwort lautet: Musik ist für die Leute in der Vorstadt keine Privatsache, sondern eine öffentliche Veranstaltung. Ich erinnere mich an eine Begebenheit im Jahr 1995, als ich in Stuttgart war, um zusammen mit dem brasilianischen Tänzer Ismael Ivo und dem österreichischen Choreographen Johann Kresnik die Musik für das Ballett Othello zu schreiben. Ich war ganz begeistert, weil ich endlich eine lange gesuchte CD von Frank Zappa gefunden hatte, und als ich diese an einem Samstagnachmittag in gemäßigter Lautstärke genießen wollte … Waren es fünf Minuten, die es dauerte, bis sich ein Nachbar bei mir beschwerte??? Das würde mir in São Paulo nie passieren. Da könnte ich entweder meinen Zappa ungestört genießen oder würde mir eben eine Kugel einfangen. Das ist der Unterschied zwischen São Paulo und einer europäischen Stadt: Entweder wirst du ignoriert (was in einer großen Metropole, in der man sich zuweilen auch zusammenraufen muß, durchaus auch ein zivilisatorischer Akt ist), oder die Kugel in deinem Kopf löst das Problem ein für allemal. Ein Spaziergang durch die Straßen der Stadt kann ein Klangvergnügen der anderen Art sein, bei dem man sich auf die Geräusche konzentrieren und mit den Ohren sehen kann: Prediger, durchdringend piepsende Billig-Wecker, lautstarke Gespräche, eine Party. Ich habe das Orchester der Straßenmusiker von São Paulo gegründet, in dem Einheimische zusammen mit zugewanderten Musikern spielen. So mischen sich die Klänge der Straße mit den Kulturen Japans, Paraguays, Mexikos, Boliviens et cetera. Wir sind ein Abbild dieser Stadt, die hier jeder haßt, aber keiner verläßt! O som nessa cidade é assim, um pra pobre, outro pra classe média, outro pra classe média metida a besta, outro pra rico. Assim, de uma forma bem democrática o que se ouve demonstra de onde vens. São Paulo é sobretudo uma grande boca, mais que um grande ouvido... Voce anda pela periferia da cidade e se intriga porque eles ouvem música tão alto. A gente sabe que o álcool inibe a audição, e que o bêbado escuta mais baixo, por isso ele fala alto! Mas não são todos bêbados, então surgem na cabeça algumas hipóteses para entender por que se ouve música tão alto na periferia, no carro (geralmente velho com mais de dez anos) com aquele sonzão no porta-malas, a TV colocada tão alto, do alto, de um púlpito que mais parece um altar, as igrejas evangélicas onde todos gritam e os sistemas de som são cada vez mais sofisticados e potentes. Enfim, a música é um evento público. Me recordo que, em 1995, em Stuttgart na Alemanha, quando estava criando a música para Othello, com o bailarino brasileiro Ismael Ivo e o coreógrafo austríaco Johann Kresnik, estava empolgado porque finalmente havia encontrado o CD do Frank Zappa, e comecei a ouvir, não muito alto, num sábado à tarde... Não é que um vizinho em cinco minutos ja estava me ligando para reclamar??? Isso nunca aconteceria em São Paulo, ou eu curtiria o meu Zappa em paz ou levaria um tiro! Essa é a diferença entre São Paulo e uma cidade europeia, por exemplo. Ou sou ignorado (um certo fator de civilidade, afinal vivemos numa grande cidade, uma metrópole, e precisamos conviver, conceder) ou levo logo um tiro na testa e acaba o problema. Andar pelas ruas da cidade é outro prazer sonoro, você pode andar de ouvido. Ou seja, ir acompanhando as coisas pelo som. Tem pregador, relógio despertador paraguaio soando na orelha, gente gritando, uma festa. Criei a Orquestra de Músicos das Ruas de São Paulo reunindo músicos de rua e músicos imigrantes. As sonoridades da rua e das culturas de outros povos como japoneses, paraguaios, mexicanos, bolivianos, et cetera. Somos um retrato dessa cidade que todo mundo por aqui odeia, mas não larga! The sounds of this city are like that, one for the poor, another for the middle class, another for the stuckup middle class, another for the rich. That way, very democratically, what you hear shows where you come from. São Paulo is especially a big mouth, more than a big ear ... You can walk through the city‘s outskirts and be intrigued by why they hear music so loud. We know that alcohol inhibits hearing, and that drunks listen less, that is why he speaks so loud! But they are not all drunk, so some hypotheses come to mind to understand why music is listened to so loud in the outskirts, inside cars (usually older models with over ten years) with big sound systems in the trunk, with the TV posted up so high, from up above, from bully pulpits that seem more like altars, from evangelical churches where everybody screams and sound systems are increasingly sophisticated and powerful. In short, music is a public event. I remember that in 1995, in Stuttgart, Germany, when I was creating music for Othello, with the Brazilian ballet dancer Ismael Ivo and Austrian choreographer Johann Kresnik, I was especially thrilled to find a Frank Zappa album and started to listen, not very loud, on a Saturday afternoon ... Was it only five minutes later that a neighbor was already calling me to complain??? That would never happen in São Paulo, where I would enjoy my Zappa in peace or would be shot! That is the difference between São Paulo and a European city, for instance. Either I am ignored (with a certain civilized factor, since after all we live in a big city, a metropolis, and we need to live together, to yield) or soon I am shot in the face and the problem is over. Walking the city‘s street is another resonant pleasure, you can walk it by ear. In other words, you can follow things by their sounds. There is the preacher, the Paraguayan alarm clock ringing the ears, people screaming, a real party. I created the São Paulo Street Musicians Orchestra by gathering street and immigrant musicians. The sounds of the street and of the culture of other peoples like the Japanese, Paraguayan, Mexicans, Bolivians, et cetera. We are a portrait of this city that everybody around here hates, but cannot leave! 243 Livio Tragtenberg Livio Tragtenberg Livio Tragtenberg BR So tanzt São Paulo Es war 22 Uhr. Samstagnacht. Wir kamen mit der Metro in Belenzinho an und trafen am Ausgang der Station gleich auf Jugendliche, die sich entlang einer Mauer formierten. Wir gingen an der Menschenkette vorbei und steuerten die Chic Show, das Ziel unseres damaligen Abends, an. Jetzt erst merkte ich, daß all die Leute für genau dieselbe Veranstaltung Schlange standen. Wir steckten damals, 1991, mitten in der Produktion des Dokumentarfilms Como dança São Paulo (So tanzt São Paulo), der vom städtischen Kulturamt gefördert wurde. Vor der Chic Show hatten wir schon im Forró do Pedro Sertanejo im Stadtteil Brás, im Clube da Saudade in Lapa, im Lambar in Itaim und in anderen Tanzhallen der Stadt gefilmt. Es fehlten auch noch andere Aufnahmen, aber diesen Abend zu filmen war für uns eine besondere Herausforderung. Die Chic Show stellt eine Weiterentwicklung der „Gafieira“ genannten Samba-Veranstaltungen dar, die in den Räumen des São Paulo Chic im Stadtteil Barra Funda stattfinden und allen Gesellschaftsschichten offenstehen. Die Kinder und Enkel der dort aktiven Samba-Tänzer haben die Musik ihrer Väter und Großväter mit neuen, zumeist nordamerikanischen Rhythmen angereichert und wurden damit so erfolgreich, daß sie in Belenzinho eigene Räume eröffnen konnten. An diesem Abend tanzten dort mehr als viertausend Menschen zu Samba-Rock, Soul und Charm: Von der Bühne aus hatte ich den Eindruck, ich könnte ganz São Paulo beim Feiern zusehen. Wenig später filmten wir den Tanz der Samba-Schule „Camisa Verde e Branco“ aus Barra Funda, die wir bei ihrer letzten Probe wenige Tage vor Beginn des Karnevals begleiteten. Es regnete und es war heiß, als der „Mestre-sala“ und die „Porta-bandeira“ – die aus der Zeit gefallenen höfischen Figuren des Großzeremonienmeisters und der Fahnenträgerin – als Anführer ihres Zuges mit ihrer energiegeladenen Tanz-Choreographie auftraten. Das blaublütige Paar auf dem Photo gehört übrigens zur Samba-Schule „Pérola Negra“ aus dem Stadtteil Vila Madalena. In den 21 Jahren, die seit der Erstaufführung der Dokumentation im Jahr 1991 vergangen sind, haben sich zwar die Rhythmen und das Leben verändert, die Zahl der Leute, die in São Paulo jeden Tag das Tanzbein schwingen, ist jedoch beständig gewachsen. Ausgangspunkt der Dokumentation waren zwei Recherchen für eine im Centro Cultural São Paulo beheimatete Forschungsgruppe für darstellende Kunst. Meine erste Untersuchung stützte sich auf Photographien von Gal Oppido, die zweite hatte einen Film von Aluisio Raulino zur Grundlage. Die Idee der Dokumentation war, den Tanz aus der Sicht derjenigen zu zeigen, die ihn fröhlich, enthusiastisch und durchaus mit Methode aufführen, ohne daraus einen Beruf zu machen. Anders als viele glauben, wird in São Paulo genauso fleißig getanzt wie gearbeitet. An allen möglichen Orten und auf sehr unterschiedliche Art und Weise bewegen sich die Paulistaner zur Musik – auf der Bühne, im Saal, auf öffentlichen Plätzen, in der Disco, in der Metrostation oder am Bahnhof. Die Tanzstile kommen und gehen: Der Lambada, den wir in Como dança São Paulo (So tanzt São Paulo) dokumentierten, ist fast verschwunden, an seine Stelle ist der Forró universitário und der Hip-Hop getreten. So wird der Rhythmus der Stadt – von dem viele denken, daß er nur durch Straßen, Gebäude, Handel, Dienstleistungen und Fabriken bestimmt wird – auch durch den Tanz geprägt. Die Gründe für die Freude am Tanz sind vielfältig: Die Leute tanzen aus Vergnügen, aus Leidenschaft, Gruppengefühl oder Gewohnheit, um sich mit anderen zu verbinden und zugleich allein mit ihrem Körper zu sein, aus Freude am Rhythmus, an der Musik und an der Bewegung oder einfach nur, um Teil einer reichen und vielschichtigen Kultur zu sein. Hinzu kommen noch die Profis – die Choreographen und Tänzer, die mit ihrer Kunst die ganze Bandbreite der menschlichen Gefühle vermitteln. Ihre Aufführungen erzählen uns – ganz ohne Worte – von den Themen und Geschichten unserer Zeit. Die Profis sind die Verbindung zwischen all den Tänzern der Stadt und werden jedes Jahr auch durch die „Mestre-salas“ und „Porta-bandeiras“ repräsentiert, die das Sambódromo – das große Festgelände des Karnevals – zum Kochen bringen. Cássia Navas Como dança São Paulo 244 São Paulo, 22 horas. Saímos da estação de metrô Belenzinho, em um sábado à noite. Percebe-se o final de uma fila de jovens que se organiza ao longo de um muro junto à saída do metrô. Começamos a andar ao lado da fila e quando chegamos ao Chic Show, casa de dança para onde nos dirigimos, percebo que a fila é para comprar os ingressos. A noite vai ser animada, a pesquisa se misturando à aventura. Neste dia de 1991, estamos em meio à produção do documentário Como dança São Paulo, produzido pela Secretaria Municipal da Cultura. Até a ida ao Chic Show, já tínhamos filmado o Forró do Pedro Sertanejo, no Brás, o Clube da Saudade da Lapa, a Nation, nos Jardins, o Lambar, no Itaim, e outras casas de dança da cidade. Faltavam ainda algumas tomadas, mas o desafio de documentar um baile do Chic Show seria grande. Nascido nas salas da gafieira São Paulo Chic, na Barra Funda, o evento fora crescendo depois que netos e filhos dos “bambas” do samba do lugar resolveram criar um baile para outros ritmos, principalmente aqueles que vinham nas asas do blues norte-americano. Quando o tamanho do público aumentou, espraiaram-se para o salão do Belenzinho. Dentro do Chic Show, a multidão dançava sambarock, rock, soul, charm. Mais de quatro mil pessoas passariam por ali naquela noite, e de cima do palco eu observava uma “São Paulo que dança”. Pouco depois, filmaríamos outra tribo dançante, a do samba, representada no filme e na pesquisa pelo ensaio final da Escola de Samba Camisa Verde e Branco, na Barra Funda, dias antes do Carnaval. Chovia e fazia calor, povo dançando em torno do mestre-sala e da porta-bandeira, duo que nos apresenta a realeza de cada escola de samba, carregando o estandarte da escola nas mãos e a energia nos passos coreografados. Como na foto do “casal real” da Escola de Samba Pérola Negra, da Vila Madalena. 21 anos se passaram da estreia do documentário, mudaram os ritmos, mudou a vida, mas a quantidade de pessoas que dançam a cada dia em São Paulo só fez crescer. No documentário de 1991 – produzido a partir de duas pesquisas que realizei na Equipe de PesquisaArtes Cênicas / Centro Cultural São Paulo, a primeira vez pelos registros fotográficos de Gal Oppido e, no filme, com direção de Aluisio Raulino – a proposta era mostrar a dança pelo lado de quem, com paciência, método, alegria e entusiasmo, não tem a arte como uma profissão. Desde sempre, e diferentemente do que muitos pensam, dança-se muito em São Paulo, tão laboriosamente quanto se trabalha. Em muitos cantos 245 246 247 e espaços – palco, salão, quadra, boate, desvão de estação de metrô ou trem – cidadãos movem-se em dança, e de variadíssimas maneiras. Os gêneros destas danças vão e vêm, a lambada que documentamos no Como dança São Paulo já quase não existe. Apareceu o forró universitário, as danças do hip hop se fortaleceram e se multiplicaram, e a pulsação do povo de uma cidade – que muitos pensam só se mover pelas ruas, prédios, comércio, serviços e fábricas – continua a se fazer pela dança. Uma multidão de pessoas dança em São Paulo. Por prazer, por paixão, pela importância de estar em comunidade, pela coerção do rito, pela alegria da pertencer a um ritmo, movimento, cadência. Para mesmo em companhia estar sozinho controlando seu corpo em uma cultura rica de significados. Individualidades somadas resultando em culturas grupais. A todos estes atores, agregam-se aqueles que fazem da dança sua profissão – coreógrafos e bailarinos que, para além da ocasião, rito, celebração ou ato social, a partir da arte comunicam conhecimento humano através da escrita coreográfica. Estão nos espetáculos de dança, pelos quais nos contam – sem palavras – temas, sensações, histórias e emoções de nossos tempos. Pulsando junto com a cidade, estabelecem conexões com toda a dança que se faz por aqui, todo dia e a cada momento, e estão representados no balé de cada dupla de porta-bandeira e mestre sala que rasga o sambódromo, a cada ano. Cássia Navas How São Paulo Dances São Paulo, 10:00 PM. We leave the Belenzinho subway station one Saturday night. A line of young people is visible organizing itself along a wall by the subway exit. We start to walk the line and when we reach Chic Show, the dancing club we are going to, I realize the line is for buying tickets. The night is going to be good, research mixing with adventure. In that day in 1991, we were in the middle of production for the documentary Como dança São Paulo (How São Paulo Dances), produced by the Municipal Office of Culture. Before going to Chic Show, we had already filmed Forró do Pedro Sertanejo in Brás, at the Clube Saudade da Lapa, at the Nation in Jardins, at the Lambar in Itaim, and at many other of the city‘s dancing clubs. We still were missing some takes, but the challenge of documenting a Chic Show party would be big. Born in the ballrooms of “Gafieira“ club São Paulo Chic, in Barra Funda, the event grew after grandchildren and children of the place‘s samba kings decided to create a ballroom for other rhythms, especially those coming from the wings of the North American blues. When the audience grew, it spilled to the Belenzinho ballroom. Inside Chic Show, the crowd was dancing samba rock, rock, soul, and charm. Over four thousand people would pass through there that night, and from the stage I watched a “dancing São Paulo”. Moments later, we would film another dancing tribe, the samba one, represented in the film and the research by the final rehearsal of Samba School Camisa Verde e Branco, in Barra Funda, a few days before Carnival (Mardi Gras). It was hot and rainy, and people danced around the “mestre-sala” (the “master of the room” and the “porta-bandeira” (flag bearer), a duo that presents the royalty of each samba school, carrying the school‘s flag and energy in their choreographed steps. Like the photograph of the “royal couple” of Samba School Pérola Negra, in Vila Madalena. Twenty-one years have passed since the debut of the documentary, the rhythms changed, life changed, but the amount of people dancing in São Paulo every day only grows. In the 1991 documentary – produced from two surveys I made at Research Group-Scenic Arts / São Paulo Cultural Center, initially with the photographic records of Gal Oppido and in the movie with the direction of Aluisio Raulino – the proposal was to show the dancing experience from the viewpoint of those that, with patience, method, cheerfulness and enthusiasm, do not have the art as their profession. Ever since, and differently from what many would think, there is a lot of dancing in São Paulo, with as much effort as it is work life. In many corners and spaces – stages, ballrooms, fields, clubs, the gaps of subway or train stations – citizens move in dance, and in the most varied forms. The genres of those dances come and go, the lambada we documented in Como dança São Paulo (How São Paulo Dances) is almost gone now. College forró appeared, the hip-hop dances strengthened and multiplied, the pulse of a city‘s people – that many think only moves through the streets, buildings, shops, services and factories – continues to be sensed through dance. A multitude of people dance in São Paulo. For pleasure, for passion, for the importance of being part of a community, for the happiness of belonging to a rhythm, movement, cadence. To be alone even when accompanied, controlling their bodies in a richly meaningful culture. Individualities added up to create group cultures. All of those players are joined by those that make dancing their trade – choreographers and ballet dancers which, beyond the occasion, rite and celebration of a social act, use the art to communicate knowledge through choreography writing. They are in the dance shows, where they tell us – without words – the themes, feelings, histories and emotions of our times. Pulsing with the city, they establish connections with all of the dancing taking place here, every day and every moment, and are represented in the ballet of each duo of “porta-bandeira“ and “mestre-sala“ that every year tears up the Sambódromo (the largest venue of Carnival). Cássia Navas IC Das Lächeln der Großstadt Was für eine große Eingebung hatten die Jesuiten, als sie São Paulo tauften! Beeinflußt von der jüdischen, hellenischen und lateinischen Tradition, war der Apostel Paulus – Namensgeber der Stadt – ein wahrhaft multikultureller Heiliger. Möglicherweise war er es, der die kleine Siedlung in ein modernes Babylon verwandelte, in dem der größte Kippa-Verkäufer Sohn eines Ägypters und Ehemann einer Japanerin ist. Denke ich an São Paulo, so denke ich vor allem an ihre großzügigen, aufgeschlossenen und warmherzigen Einwohner. An Überlebenskünstler mit so unterschiedlichen Wurzeln. An Seemänner, die Salzsteine in den Augen und die Sehnsucht nach fernen Ländern in der Brust tragen. An lebenslustige Geschichtenerzähler, in deren Seelen stets die Provinz schlummert. Es sind Menschen wie Benedito, ein Müllsammler aus Piauí, der neben dem größten Gemüsemarkt der Stadt wohnte. Mit einem unverwechselbaren Lederhut auf dem Kopf schob er seinen Müllwagen durch den dichten Straßenverkehr und deklamierte dabei volkstümliche Poesie. Seine Hündin „Neguinha“ konnte sprechen. Zu jeder Mahlzeit durfte sie etwas von seinem Zuckerrohrschnaps trinken. Es war die wahrhaftigste Liebe, von der ich je erfahren habe. Oder Egbert, ein in Österreich geborener Taxifahrer. Er war so ein großer Elvis-Fan, daß er sich als Siebzigjähriger die Haare pechschwarz färben und das Gesicht liften ließ. Im Auto sorgte er eigenstimmig für die musikalische Unterhaltung und beantwortete die Fragen der neugierigen Passagiere mit ausführlicher Gründlichkeit. Mein Jugendfreund Silvinho lebt bis heute im alten Dorfkern von Carapicuiba. Als Kind verkaufte er selbstgemachtes Eis, um die Familie zu unterstützen. Sein Herz war so groß, daß er das Eis oft an die gesamten Nachbarschaftskinder verschenkte. Den leeren Styroporkarton ließ er auf dem Boden liegen und ging Fußball spielen. Zu Hause gab es dann Kopfnüsse von der Mutter. Heute bringt er Straßenkindern das Fußballspielen bei. Crisone machte aus mir einen treuen Anhänger des Fußballteams Corinthians und begeisterten Roberto Carlos-Hörer. Sein Traum war es, einen Lastwagen zu besitzen. Er starb im Fahrerhaus seines LKWs. Dr. Ulysses, ein berühmter Pathologe und großartiger Geschichtenerzähler, benützte zum Duschen in der Pathologie oft die Flipflops der Verstorbenen. Im Juni vermisse ich die traditionelle „Festa Junina” der Peo. Die Pädagogin aus Bahia nützte eine grüne Oase der Stadt, um einen Montessori-Kindergarten aufzubauen. Es gab Maiskuchen, funkelnde Kinderaugen, bunte Laternen und das einmalige Lächeln von Dona Eunice (einer beleibten schwarzen Köchin, die alle Personen stets mit „criatura“ anredete). Und wie könnte ich die Hausgehilfin Marlete vergessen, die vor der Trockenheit in Ceará floh, um ein neues Leben in der Metropole zu suchen? Immer wenn es regnete, ging sie auf die Straße und segnete jeden einzelnen Regentropfen. Inmitten der Hektik und grauen Anonymität der Großstadt sind diese Menschen wohltuende Schutzhäfen, Einladungen zur Besinnung auf das Echte und Spiegel der eigenen Seele. In einer subtilen und bescheidenen Art und Weise geben sie den ganzen Zauber des Lebens wieder. Wo immer ich bin, trage ich diese Leute in mir. Sie haben mir die Bedeutung der Authentizität, die Wichtigkeit der Warmherzigkeit und den Wert eines gemischten Miteinanders gezeigt. Sie haben mir beigebracht, nicht alles so ernst zu nehmen und mir die Gewißheit geschenkt, daß das wahrhaft Gelebte immer überlebt. Möge der Heilige Paulus sie alle beschützen! Tim Wegenast O sorriso da cidade grande 248 Que grande intuição tiveram os jesuítas na hora de batizar São Paulo. Influenciado pela tradição judaica, helênica e latina, o apóstolo Paulo – patrono da cidade – foi um santo verdadeiramente multicultural. Talvez tenha sido ele mesmo quem transformou o pequeno vilarejo nessa babilônia moderna em que o maior vendedor de kipá é filho de epípcio e marido de japonesa. Quando penso em São Paulo, lembro de sua gente. Um povo sorridente, dado à conversa, de espírito leve, generoso, mestre na arte de sobreviver e de origens bastante ecléticas. Como marinheiros, trazem pedras de sal nos olhares e a saudade de terras distantes no coração. Na alma de cada um, dorme a província. São pessoas como o Seu Benedito, catador de lixo do Piauí, que morava do lado do Ceasa. Sempre de chapéu de couro, dirigia sua carroça recitando poesia popular. Mantinha uma linguagem secreta com a sua cachorra “neguinha” e, na hora do almoço e do jantar, dividia a pinga com a companheira. Foi o amor mais verdadeiro de que já tive notícia. O Sr. Egbert, um taxista nascido na Áustria, gostava tanto de Elvis Presley que – aos 70 anos de idade – resolveu pintar o cabelo de preto e fazer plástica no rosto. Respondia às perguntas curiosas dos passageiros com minuciosa precisão um simpático sotaque austríaco. Amigo de infância, Silvinho até hoje vive na Aldeia de Carapicuiba. Quando criança, vendia “geladinho” para ajudar a família. De coração muito generoso, distribuia o sorvete caseiro de graça para a molecada da vizinhança. Largava o isopor vazio no chão e ia jogar bola. Ao voltar para a casa, sempre tomava bronca da mãe. Hoje ensina futebol a crianças carentes. Crisone me ensinou a gostar do Corinthians e a cantar músicas de Roberto Carlos. Seu sonho sempre foi ser caminhoneiro. Morreu dentro da boléia de um caminhão. Dr. Ulysses, um famoso patologista e grande contador de histórias, usava os chinelos dos defuntos para tomar banho no instituto de patologia. Edgar era boliviano e, aos 73 anos de idade, passava o dia jogando tênis e paquerando as mulheres no clube. De noite, bebia uísque. Que saudades das festas juninas da Peo, uma baiana que construiu uma escola infantil de filosofia Montessori em meio ao verde paulistano. Tinha bolo de milho, olhos de crianças cintilantes, lanternas coloridas, uma fogueria enorme e o sorriso único de Dona Eunice (uma cozinheira negra que chamava todo mundo de criatura e deixava as crianças lamberem forma de bolo na cozinha). E como esquecer da Marlete, empregada doméstica que fugiu da seca cearense para tentar a vida na metrópole? Quando chovia, agrade- 249 250 cia a Deus e saia na rua para se molhar. Morria de medo de lagartixas e insistia em querer me ensinar canções religiosas. Diante da correria e do anonimato cinzento da cidade grande, essas pessoas sao refúgios amenos, descansos na loucura e espelhos da própria alma. De forma sutil e despretenciosa, refletem toda a magia da vida. Por onde ando, levo essa gente dentro de mim. Mostraram-me a importância da autenticidade, o valor de um coração brando e a riqueza de um convívio misturado. Ensinaram-me a não levar tudo tão a sério e que o verdadeiramente vivido sempre sobrevive. Que São Paulo os abençoe! Tim Wegenast The Smile Of The Big City What a major inspiration the Jesuits had when they named São Paulo! The apostle Paul – namesake of the city and influenced by the Jewish, Hellenistic (Greek), and Latin tradition – was a truly multi-cultural saint. Maybe it was he who transformed the small settlement into a modern Babylon, in which the biggest kippah seller is the son of an Egyptian and the husband of a Japanese woman. When I think of São Paulo, I think especially of its generous, open-minded, and warm-hearted inhabitants, of survivalists with so many different roots. I think of mariners who have salt stones in their eyes and carry the longing for distant lands in their breasts. I think of fun-loving storytellers, in whose souls the province always slumbers. It is people like Benedito, a garbage collector from Piauí, who lived next to the largest vegetable market in the city. With a distinctive leather hat on his head, he pushed his garbage cart through the dense traffic and declaimed his popular poetry. His dog “Neguinha” could talk. At every meal she was allowed to have a drink of his rum. It was the truest love I have ever experienced. Or Egbert, an Austrian-born taxi driver. He was such a big Elvis fan that he dyed his hair jet black and got a facelift when he was a seventy year-old. In the car, he provided solo musical entertainment and answered the questions of curious passengers with detailed thoroughness. My childhood friend Silvinho still lives in the old village center of Carapicuiba. As a child he sold homemade ice cream to support the family. His heart was so big that he often gave free ice cream to all the neighborhood kids. He left the empty styrofoam box on the ground and went to play soccer. At home, his mother clobbered him. Today, he teaches the street kids how to play soccer. Crisone made me a loyal fan of the Corinthians soccer team and an enthusiastic listener of Roberto Carlos. His dream was to own a commercial truck. He died in the cab of his truck. Dr. Ulysses, a famous pathologist and great storyteller, often used the flipflops of the deceased to shower in the pathology department. In June, I miss the traditional “Festa Junina” of the Peo. The teacher from Bahia used a green oasis of the city to build a Montessori kindergarten. There was corn cake, the sparkling eyes of children, colorful laterns, and the unique smile of Dona Eunice (an obese black cook who always addressed everybody with “criatura”). And how could I forget Marlete the housemaid who fled the drought in Cearás to seek a new life in the metropolis? Whenever it rained, she went out into the street and blessed every drop of rain. Amidst the hustle and gray anonymity of the big city, these people are soothing shelters, invitations to reflect on what is real and a mirror of one’s own soul. In a subtle and humble way, they give all the magic of life. Wherever I am, I carry these people in me. They have shown me the meaning of authenticity, the importance of warmth, and the value of a mixed interaction. They have taught me not to take everything so seriously and given me the certainty that what is truly lived always survives. May Saint Paul protect them all! Tim Wegenast BR Schatten am Lichtbahnhof Denn die einen sind im Dunkeln Und die anderen sind im Licht. Und man siehet die im Lichte Die im Dunkeln sieht man nicht. (Bertolt Brecht, Dreigroschenoper ) Daß die im Dunkeln gelegentlich doch gesehen werden, bezeugen seit Jahrhunderten die präzisen und verstehenden Blicke mancher Dichter, Maler, Photographen auf Außenseiter: Herumlungerer, Eckensteher, Huren, Zuhälter, Glückspieler, Bettler, Drogensüchtige, Straßenverkäufer, Handlanger und andere, die auf der Schattenseite des Lebens stehen. Wie hier auf Menschen an der Rückwand des berühmten Bahnhofs Luz, wenige Meter über der labyrinthischen Unterwelt der U-Bahn-Station Luz, nahe dem Park Jardim da Luz und dem Kloster Luz – dies alles im Stadtviertel desselben freundlichen Namens, der „Licht“ bedeutet. Ein ungleich und ungerecht verteiltes Licht, trotz seines frommen Ursprungs, kommt es doch von der im 17. Jahrhundert erbauten Igreja Nossa Senhora da Luz – Mariä Lichtmeß-Kirche – Kernzelle des Klosters aus dem folgenden Jahrhundert, das heute vom Orden der unbefleckten Empfängnis geführt wird und ein bedeutendes Museum für Sakralkunst beherbergt. Entworfen wurde der spätbarocke und dennoch schlichte Bau, eines der ganz wenigen architektonischen Zeugnisse der Kolonialzeit in São Paulo, vom Franziskanerpater Antônio Galvão, der im Symboljahr der Staatsgründung 1822 starb und hier bestattet wurde. Täglich besuchen Pilger das Grab dieses Freundes der Armen, der als bisher einziger Brasilianer heiliggesprochen wurde, weil er Pillen erfand, die aus mit Gebeten beschriebenen Zetteln bestehen und im Volk bis heute als Rettungsmittel gelten. Wo sonst in der Welt verleiben sich Menschen das geschriebene Wort so wörtlich ein, und wo sonst entfaltet es so umweglos eine heilsame Wirkung? Eine Eucharistie sehr eigener Art, die bei Schriftstellern Neid wecken könnte. Andererseits: Wieviel Dunkel ist nötig, damit soviel Wunderglaube wirkt? Seit dreihundert Jahren empfängt das Lichtviertel Mönche und Maultiertreiber, Soldaten und Bauern, Arbeiter und Kapitalisten, ehrbare und betrügerische Händler, Ingenieure und Kaffeebarone, Gestrandete und Selfmademen, neuerdings auch Touristen und Kunstfreunde aus aller Welt, und so sind hier die unterschiedlichsten Gebäude emporgewachsen, teils wieder verschwunden oder auch verwandelt neu erstanden: Kirchen und Kaschemmen, Läden und Fabriken, Banken und Bordelle, Spielhöllen und Hotels, Flachbauten und Wolkenkratzer, Massenquartiere und Musentempel. Und vor allem zwei prachtvolle Bahnhöfe: die neoklassizistische Estação da Luz, im viktorianischen England entworfen und von dort um 1900 in Einzelteilen herangeschafft, mit ihrem schlanken Uhrenturm ein Wahrzeichen des ganzen Viertels, und in fußläufiger Entfernung die Estação Júlio Prestes, ein eklektischer Monumentalbau der 30er Jahre, eigentlich schon im Nachbarviertel Campos Elíseos gelegen, den „Elysischen Gefilden“, die heute ihrem Namen wenig Ehre machen. Die Eisenbahn – Motor der Industrialisierung und Verstädterung – brachte das Exportprodukt Kaffee aus dem Hinterland hierher und dann weiter zum Hafen von Santos, die Reisenden von und nach der alten Hauptstadt Rio de Janeiro und die Einwanderer aus beiden Hafenstädten nach Luz, viele von ihnen auch weiter ins Landesinnere. Es war ein Durchgangsviertel, aber auch eines zum Bleiben für Unter- und Mittelschichten, insgesamt gesehen eine der „besseren“ Gegenden der Stadt. Als die brasilianischen Eliten in kurzsichtiger Modernisierungseuphorie begannen, die Eisenbahnen verfallen zu lassen und sich ganz dem Automobil und dem Flugzeug verschrieben, seit den 1950er Jahren also, begann auch der Verfall der Bahnhöfe und darüber hinaus des ganzen Viertels, das die Mittelklasse auch deshalb verließ, weil ihre Wohnhäuser keine Garagen hatten. Armut, Verslumung, Gewalt, Prostitution und Drogenhandel breiteten sich aus, die öffentlichen Räume verkamen. Der einen Steinwurf von der Estação Júlio Prestes erstellte Busbahnhof, in dem ich an einem grauen Oktobermorgen des Jahres 1968 den Boden von São Paulo zum ersten Mal betrat, war ein unschöner und letztlich untauglicher Ersatz für die stillgelegten Fernbahnhöfe und mußte bereits in den 80er Jahren wegen ständiger Staus in den benachbarten Straßen verlegt werden, nordwärts zur Stadtautobahn am Rio Tietê. Da waren die glanzvollen Kathedralen der Moderne schon längst zu verwahrlosten Haltestellen für Vorortzüge herabgesunken. Bis sie von den Musen wieder wachgeküßt wurden. Denn die Bahnhöfe haben, wie auch andere öffentliche Bauten des Viertels, vor einigen Jahren einen Funktionswandel durchgemacht: Der degradierte Lichtbahnhof wurde aufwendig restauriert, und sein Verwaltungstrakt wurde zum Sitz des Museums der Portugiesischen Sprache erhoben, das Linguistik und auch Literatur populär aufbereitet – eine sinnvolle Verbindung, sind doch beide, Eisenbahn und Sprache, Mittel des Verkehrs und der Verständigung. Und aus der Haupthalle des ebenfalls restaurierten Bahnhofs Júlio Prestes hat man die Sala São Paulo gezaubert, den schönsten Konzertsaal der Stadt. Der Park auf der Lichtseite des Lichtbahnhofs, als Botanischer Garten bereits 1798 angelegt und ge- wissermaßen das aufklärerische Pendant zum benachbarten Kloster, ist derselbe, in dem Macunaíma – der Taugenichts aus dem gleichnamigen Roman von Mário de Andrade – in den zwanziger Jahren mit der Frau seines Bruders schäkerte. Auch diese Grünanlage, lange Zeit verwahrlost, hat sich feingemacht und ist sogar eine Art Freilichtmuseum geworden, dank zahlreicher Skulpturen aus der angrenzenden Pinakothek. Diese, aus einer großartig umgebauten Schule für Gewerbe und Gestaltung hervorgegangen, zeigt berühmte Werke brasilianischer und europäischer Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts im Dialog. Die neuen Kulturbauten halten den weiteren Verfall des Viertels auf und verleihen ihm neuen Glanz, der allerdings zu einer – in Ansätzen bereits erkennbaren – Gentrifizierung führen dürfte. Zu den Schatten- und Lichtseiten des Viertels gehören auch die Repression und ihre Aufarbeitung. Zwischen beiden Bahnhöfen lag während der Militärdiktatur (1964–85) die Zentrale der Politischen Polizei, deren Räume zur Gedenkstätte des Widerstands sowie zu einer Außenstelle der Pinakothek umgewidmet wurden. Wenige Gehminuten entfernt, zwischen Pinakothek und Kloster an der Avenida Tiradentes, deren Namensgeber ein republikanischer Freiheitsheld von 1789 war, erhebt sich mitten auf dem Gehweg ein merkwürdig freistehendes Tor. Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre war es für viele Gegner der Diktatur der Eingang zur Hölle, zum Presídio Tiradentes, wo unter anderen die heutige Staatspräsidentin Dilma Rousseff drei Jahre in Haft war. Auf dem Areal stehen heute ein Studiotheater von TV Cultura und eine Filiale der Banco do Brasil, was unbedingt ein Fortschritt ist, selbst wenn man mit Brecht die Frage stellen wollte, was denn der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank sei. Blickt man durchs frühere Gefängnistor auf die andere Straßenseite, wird man an Kontinuitäten zwischen Diktatur und Demokratie erinnert. Die dortige Kaserne ist die Zentrale der ROTA, einer in den 70er Jahren gegründeten sogenannten Elitepolizei, berüchtigt wegen ihrer vorschnellen Gewaltbereitschaft nach dem Motto: erst schießen, dann fragen. Wesentlich geändert haben sich nicht ihre Methoden, sondern zum Teil ihre Opfer, denn heute verfolgt sie nicht die politische Opposition, sondern wirkliche und vermeintliche Kriminelle. Und alle, die im Dunkeln stehen, müssen Angst vor ihr haben. Den Menschen, die neben dem Hintereingang des Lichtbahnhofs stehen, zeigt dieser Prachtbau mit seinen vielen zugemauerten hohen Tür- und Fensterbögen die kalte Schulter. Anders als die von links ins Bild tretende Frau, die eine Studentin oder Lehrerin sein mag, finden die Schattenmenschen zur Bilder- und Sprachkultur auf der anderen Bahnhofseite 254 255 256 keinen Zugang. Obschon Schatten auch wohltuend und Licht auch schmerzend sein kann, würden sie gewiß gern öfter auf lichtvollere Szenen blicken. Was vor ihnen liegt, ist keine Augenweide, wenn auch lebensvolle Wirklichkeit: kein großzügiger Platz, wenig Grün, nicht abgeholter Müll, ungepflegte und holprige Fahrbahnen und Bürgersteige, doch Straßen voller Läden und Buden, von Menschen wimmelnd, bunt und quirlig, für Händler offenbar lukrativ und für Kunden attraktiv. Mittel- und Oberschichtsangehörige verirren sich selten hierher, denn der Kiez gilt an dieser Stelle als „Cracolândia“ – Crackland. Auf der anderen, der Postkartenseite des Bahnhofs, an der Praça da Luz dagegen: Offenheit, Großzügigkeit, ja Schönheit, genossen vor allem von Besuchern aus anderen Stadt- und Weltbezirken. Jeder Türbogen eine Tür, jeder Fensterbogen ein Fenster, gern tritt man ein und auch wieder heraus. Nach Innen fällt der Blick auf die prächtige Wandelhalle, nach außen auf weite, fast leere Flächen mit wenigen Fußgängern, auf Taxis und Touristenbusse, den Park und die Pinakothek, auf den – von hier gesehen – fast hochhauslosen Himmel, ein visueller Luxus in dieser Stadt, und rechter Hand weist ein Schild zum Eingang des Sprachmuseums. So markiert der Bahnhof eine unsichtbare Grenze zwischen denen im Dunkeln und denen im Licht. Dennoch kehre ich immer wieder gern nach Luz zurück, hier bin ich der Stadt zuerst begegnet, hier war ich 24 Stunden lang Häftling der Diktatur, hier haben Menschen und Straßen und Kunstwerke bleibenden Eindruck in mir hinterlassen. Hier ist die Tendenz zur räumlich-sozialen Segregation und Ghettobildung weniger ausgeprägt als in anderen brasilianischen Stadtlandschaften, und hier haben die im Dunkeln einen – wenn auch prekären – Platz. Luz, an der Peripherie des alten Zentrums gelegen und übergangslos mit ihm verbunden, ist nicht nur kontrastreicher, es ist auch vitaler, faszinierender, wirklicher als schickere Teile der Megalopolis mit ihren Glitzerfassaden, Shopping-Centern und Oberschichtenghettos. Schäbigkeit und Schönheit, Abbruch und Aufbruch, Vergessen und Gedenken, Geschmacklosigkeit und Kreativität gehören hier zusammen: Immer ist ein Neuanfang möglich, nie wird das Lichtviertel fertig, immer erfindet es sich neu. Luz ist die Quintessenz São Paulos, die Quintessenz Brasiliens, vielleicht der Welt. Berthold Zilly Sombras na Estação da Luz Pois alguns na sombra estão, E outros estão na luz. Vemos os que estão na luz, Os que estão na sombra, não. (Bertolt Brecht, Dreigroschenoper / A Ópera dos Três Vinténs) Que os que estão na sombra às vezes são vistos, sim, é atestado, há séculos, pelo olhar exato e compreensivo que certos poetas, pintores e fotógrafos dedicam aos excluídos: a vagabundos, ociosos da esquina, meretrizes, gigolôs, jogadores de azar, mendigos, viciados em drogas, vendedores ambulantes, serventes e tantos outros que ficam do lado sombrio da vida. É o que ocorre com as pessoas aqui, nos fundos da famosa Estação da Luz, a poucos metros do submundo labiríntico da estação de metrô Luz, perto do parque Jardim da Luz e do Mosteiro da Luz – tudo isso no bairro com o mesmo nome aprazível e sugestivo: Luz. Uma luz distribuída de forma desigual e injusta, apesar da origem piedosa do nome, que provém da Igreja Nossa Senhora da Luz, construída no século XVII, cerne do mosteiro do século seguinte, hoje administrado pela Ordem das Irmãs Concepcionistas, que abriga o importante Museu de Arte Sacra. É um prédio singelo, apesar de ser do barroco tardio, uma das poucas reminiscências arquitetônicas do período colonial em São Paulo. Foi projetado pelo padre franciscano Antônio Galvão, que morreu no ano simbólico da fundação do Estado brasileiro em 1822, e aqui está sepultado. Todos os dias, romeiros visitam o túmulo desse amigo dos pobres, até agora o único brasileiro santificado, por ter inventado pílulas que consistem de orações redigidas em papeizinhos e que o povo até hoje considera salvadoras. Em que outro lugar, neste vasto mundo, as pessoas literalmente incorporam a palavra escrita, e em que outro lugar ela surte um efeito tão salutar, e de modo tão direto? Uma eucaristia muito própria, de causar inveja a escritores. Por outro lado: quanta sombra é necessária para que toda essa crença milagrosa seja eficaz? Há trezentos anos, o bairro da Luz recebe monges e tropeiros, soldados e camponeses, trabalhadores e capitalistas, comerciantes honestos e desonestos, engenheiros e barões do café, náufragos e selfmade men e, em anos mais recentes, turistas e amigos da arte do mundo inteiro. Foi assim que surgiram as construções mais diversas, parcialmente já desaparecidas, ou renascidas e transfiguradas: igrejas e tavernas, lojas e fábricas, bancos e bordéis, inferninhos e hotéis, prédios baixos e arranha-céus, cortiços e templos das musas. E, principalmente, duas suntuosas estações ferroviárias: a neoclassicista Estação da Luz, projetada e produzida na Inglaterra vitoriana e trazida de lá, por volta de 1900, em componentes pré-fabricados, com sua elegante torre de relógio, um símbolo para o bairro todo. E, numa distância que pode ser percorrida a pé, a Estação Júlio Prestes, monumental construção eclética dos anos 1930, situada no bairro vizinho dos Campos Elíseos, que já não faz jus ao nome. A ferrovia – motor da industrialização e da urbanização – transportava o café, produto de exportação, do interior para cá e depois até o porto de Santos. Transportava também os viajantes da e para a antiga capital federal, o Rio de Janeiro, e os imigrantes de ambas as cidades portuárias para a Luz, muitos dos quais seguiam para o interior. Era um lugar de passagem, mas também de estadia permanente para as classes de baixa e média renda, considerado uma área relativamente “boa” da cidade. Nos anos 50, quando as elites brasileiras, numa míope euforia de modernização, começaram a deixar decair as ferrovias, passando a apostar exclusivamente no automóvel e no avião, começou a decadência das estações de trem e do bairro como um todo, que também foi abandonado pela classe média, porque suas residências não tinham garagens. Pobreza, favelização, violência, prostituição e tráfico de drogas se alastraram, os espaços públicos se degradaram. A Estação Rodoviária, erguida a poucos passos da Estação Júlio Prestes, e onde pisei o chão de São Paulo pela primeira vez, em uma cinzenta manhã de outubro de 1968, era um sucedâneo feio e praticamente inútil das desativadas estações de trem. Nos anos 80, devido aos incessantes engarrafamentos nas ruas adjacentes, a rodoviária foi transferida para a marginal do rio Tietê, no norte. Naquela ocasião, as magníficas catedrais da modernidade já se haviam transformado em desmazeladas paradas de trens de subúrbio. Mas foram novamente acordadas, como que beijadas pelas musas. Assim como outros prédios públicos do bairro, há alguns anos as estações de trem passaram a ganhar uma nova função. A degradada Estação da Luz foi suntuosamente restaurada e sua ala administrativa transformada em sede do Museu da Língua Portuguesa, que aborda de forma popular a linguística e a literatura – uma conexão que faz sentido, uma vez que tanto a ferrovia quanto a linguagem são meios de transporte e de comunicação. E o saguão principal da também restaurada Estação Júlio Prestes foi transformado, num passe de mágica, na mais bela sala de concertos da cidade, a Sala São Paulo. O parque do lado iluminado da Estação da Luz, projetado já em 1798 para servir de jardim botânico − de certo modo, o correspondente iluminista do mosteiro vizinho − é o mesmo em que Macunaí- ma, o malandro do romance homônimo de Mario de Andrade, namorou, nos anos 1920, a mulher do seu irmão. Abandonada durante muito tempo, esta área verde também se enfeitou, tornando-se uma espécie de museu a céu aberto, graças às inúmeras esculturas provenientes da vizinha Pinacoteca. Esta construção, nascida de uma grandiosa reforma do prédio do antigo Liceu de Artes e Ofícios, exibe famosas obras da arte brasileira e europeia dos séculos XIX e XX, dialogando entre si. Os novos prédios culturais barram o declínio do bairro e lhe conferem um novo brilho, o que poderá provocar – e já há indícios disso – um fenômeno de gentrificação. Também se inserem no jogo de luz e sombra do bairro a repressão e sua elucidação crítica. Entre as duas estações de trem, na época da ditadura militar (1964–1985), ficava a central da polícia política de São Paulo, o Departamento Estadual de Ordem Política e Social (DEOPS) cujas dependências foram transformadas, depois do fim da ditadura, no Memorial da Resistência, e também em uma extensão da Pinacoteca. A poucos minutos a pé, entre a Pinacoteca e o Mosteiro, na Avenida Tiradentes − cujo nome homenageia um herói republicano na luta contra o jugo colonial, de 1789 − ergue-se, no meio da calçada, um portal estranhamente isolado, de vão livre. Para muitos adversários da ditadura militar do final dos anos 1960 e início dos anos 1970, representava a entrada ao inferno: o presídio Tiradentes onde, entre outros, a atual presidente da República Dilma Rousseff ficou presa durante três anos. Hoje ficam aqui um teatro-estúdio da TV Cultura e uma filial do Banco do Brasil, o que decerto é um progresso, mesmo se, com Brecht, quiséssemos perguntar o que é o assalto a um banco em comparação com a fundação de um banco. Ao olhar através do antigo portal do presídio para o outro lado da avenida, somos induzidos a lembrar de continuidades entre a ditadura e a democracia. O quartel ali localizado é a sede da ROTA, polícia supostamente de elite, formada nos anos 1970, de triste fama devido à sua ávida prontidão para a violência que parece seguir o lema: primeiro atirar e depois perguntar. Na essência, o que mudou não são os seus métodos, mas em parte as suas vítimas: hoje, não persegue mais a oposição política, mas verdadeiros e pretensos criminosos. E todos os que vivem na sombra têm razões de temê-la. As pessoas ao lado da entrada dos fundos da Estação da Luz são ignoradas por essa magnífica construção com suas portas e janelas arqueadas, mas aqui quase todas fechadas, emparedadas. Diferentemente da mulher que entra em cena pela esquerda e que pode ser uma universitária ou professora, as pessoas na sombra não têm acesso à cultura das letras e das artes plásticas do outro lado da Estação. Apesar de uma sombra também poder ser aprazível e a luz extenuante, certamente gostariam de ver cenas cheias de luz. O que se lhes apresenta não é um deleite para os olhos, ainda que seja uma realidade repleta de vida: uma praça nada generosa, pouco verde, lixo acumulado, ruas e calçadas sem trato e esburacadas, mas cheias de quiosques e lojas e, lotadas de gente, coloridas e efervescentes, aparentemente lucrativas para os comerciantes e atrativas para os fregueses. Membros da classe média e alta raramente se perdem por aqui, porque essa parte do bairro é considerada uma “cracolândia”. Do outro lado, “cartão postal” da Estação da Luz, na Praça da Luz, encontramos o oposto: abertura, generosidade, uma verdadeira beleza, desfrutada geralmente por visitantes de outras partes da cidade e do mundo. Cada arco de porta uma porta, cada arco de janela uma janela, é prazeroso entrar e sair. Para dentro, o olhar recai sobre o esplêndido hall da estação, para fora, sobre áreas amplas, quase vazias, com poucos pedestres, sobre táxis e ônibus com turistas, sobre o Jardim da Luz e a Pinacoteca, sobre – visto daqui – um céu quase sem arranha-céus, um luxo visual nessa cidade e, à direita, uma placa indica a entrada do museu da Língua Portuguesa. Assim, a Estação marca uma fronteira invisível entre os que estão na sombra e os que estão na luz. Apesar de tudo, sempre gosto de voltar para a Luz. Aqui tive meu primeiro encontro com a cidade, aqui fui, por 24 horas, um preso da ditadura, aqui pessoas e ruas e obras de arte deixaram marcas inesquecíveis em mim. Aqui a tendência à segregação espacial e social e à formação de guetos é menos visível do que em outras paisagens urbanas brasileiras, e aqui os que estão na sombra têm o seu lugar, ainda que precário. Luz, bairro localizado na periferia do antigo centro da cidade e ligado a ele sem interrupções, não é somente mais rico em contrastes, é também mais vital e fascinante, mais real do que partes mais chiques da megalópole com suas fachadas reluzentes, shoppings e guetos das classes mais altas. Desleixo e beleza, demolição e elevação, esquecimento e memória, mau gosto e criatividade aqui andam juntos: sempre é possível um recomeço, nunca o bairro da Luz fica pronto, sempre se reinventa. A Luz é a quintessência de São Paulo, a quintessência do Brasil, quem sabe, do mundo. Berthold Zilly Shadow At The Light Station There are some who are in darkness And the others are in light. And you see the ones in brightness Those in darkness drop from sight. (Bertolt Brecht, Dreigroschenoper / The Threepenny Opera) That those in darkness can still be seen occasionally has been attested to for centuries by the precise and understanding views of some poets, painters, and photographers of outsiders: idlers, loafers, whores, pimps, gamblers, beggars, drug addicts, street vendors, henchmen, and others who live on the shady side of life. Like here on the people at the back wall of the famous Luz train station a few meters above the labyrinthine underworld of the Luz subway station, close to the Jardim da Luz Park and the Luz Monastery – all of it in the neighborhood of the same friendly name, that means “light”. An unequal and unfairly distributed light, despite its pious origin, comes from the Igreja Nossa Senhora da Luz – Our Lady Candlemass Church – built in the 17th century, a core cell of the monastery from the following century, which is run today by the Order of the Immaculate Conception and houses an important museum for sacred art. The late Baroque and still simple construction, one of the very few architectural works of the colonial period in São Paulo, was designed by Franciscan friar Antônio Galvão, who died in the symbolic year of the country’s founding in 1822 and was buried here. Pilgrims visit daily the tomb of this friend of the poor, who is the only canonized Brazilian saint because he invented pills that were made from prayers written on pieces of paper and are still considered by people today as a remedy. What other place in the world do people take the written word so literally and where it develops a healing effect so easily? It is an eucharist of its very own style, which could arouse envy among writers. On the other hand: How much darkness is necessary for belief in miracles to work? For three hundred years, the light district has welcomed monks and mule drivers, soldiers and farmers, workers and capitalists, honorable and fraudulent merchants, engineers and coffee barons, stranded people and self-made men, and more recently, tourists and art-lovers from around the world, and this is how the most diverse buildings have grown up here, partly disappearing again or rising anew in an altered way: churches and seedy bars, shops and factories, banks and brothels, casinos and hotels, low-rise buildings and skyscrapers, camps and music halls. And especially two magnificent train stations: the Neo-Classical Estação da Luz, designed in Victorian England and shipped in parts from there around 257 258 259 1900, with its slender clock tower, is a landmark of the whole district, and within walking distance, the Estação Júlio Prestes, an eclectic monumental building of the 30s, located actually already in the neighboring district of Campos Elíseos, the “Elysian Fields”, that bring little honor to its name today. The railroad – engine of industrialization and urbanization – brought the export product coffee here from the countryside and then on to the Port of Santos, which transported passengers from and to the old capital of Rio de Janeiro and the immigrants from both port cities to Luz, many of them also further to the country’s interior. It was a transit area, but also one to stay for lower and middle classes, overall, one of the “better” areas of the city. When the Brazilian elites began to let the railroads fall into decay in the myopic euphoria of modernization and to commit themselves entirely to the automobile and the airplane, that is, since the 1950s, the decay of the stations also began and, beyond that, of the entire district, which the middle class also therefore left because their homes had no garages. Poverty, slums, violence, prostitution, and drug trafficking spread, public spaces degenerated. The bus station erected only a stone’s throw from the Estação Júlio Prestes, in which I first set foot in São Paulo on a gray October morning in the year 1968, was an ugly and ultimately unfit substitute for the disused railway stations and had to be moved even in the 80s because of constant traffic jams in the neighboring streets, northward to the freeway at the Rio Tietê. The glorious cathedrals of the Modern age had long since sunk into squalid stops for suburban trains. They stayed like this until they were kissed awake again by the muses. It is because the train stations, like also other public works of the district, underwent a change of function a few years ago: The degraded light station was restored at great expense, and its administration wing was raised to become the seat of the Museum of the Portuguese Language, which popularizes the study of language and literature – a useful connection, as both the railway and language, are means of transport and communication. Moreover from the main hall of the also restored Júlio Prestes train station, the Sala São Paulo, the most beautiful concert hall of the city, was conjured up. The park on the bright side of the Light train station, created as a botanical garden in 1798, and, to a certain extent, the Enlightenment counterpart to the neighboring monastery, is the same, in which Macunaíma – the scamp from the novel by the same name by Mário de Andrade – flirted with his brother’s wife in the twenties. Even this park, neglected for a long time, has been sharpened up and has even become a kind of open-air museum, thanks to the numerous sculptures of the adjacent Pinakothek. Emerging from a great school converted for commerce and design, this features famous Brazilian and European art of the 19th and 20th centuries in dialogue. The new cultural buildings slow the further decay of the district and give it a new shine, which, though, could lead to a gentrification – already evident in part. The shadowy and bright sides of the district also include the repression and the coming to terms with it. Between the two stations was the headquarters of the political police during the military dictatorship (1964–85), where the rooms were rededicated as a memorial to the resistance as well as a branch of the art gallery. Within walking distance, between art gallery and monastery on the Avenida Tiradentes, whose namesake was a republican freedom hero in 1789, stands a strangely detached gate in the middle of the sidewalk. At the end of the 60s and early 70s, it was the entrance to hell for many opponents of the dictatorship, to the Presídio Tiradentes, where, among others, the current president Dilma Rousseff was imprisoned three years. On the site today stand a studio theater of TV Cultura and a branch of the Banco do Brasil, which is definitely a step forward, even if you wanted to ask the question with Brecht, what does breaking into a bank have to do with founding a bank. If you look through the former prison gate over to the other side of the street, you will be reminded of the continuities between dictatorship and democracy. The barracks there are the headquarters of the ROTA, a so-called elite police unit founded in the 1970s, notorious for their haste to use violence according to the motto: shoot first, ask questions later. Their methods have not changed significantly, but only in part their victims, because today they do not pursue the political opposition, but real and supposed criminals. And all who are in darkness must fear them. This magnificent building, with its many high-walled door and window arches, gives the people who stand next to the rear entrance of the light station the cold shoulder. Unlike the woman kicking into the picture from the left, who could be a student or a teacher, the shadowy people find no entrance to the image and language culture on the other side of the train station. Although shadows can be soothing and light can also be painful, they would certainly like to look more often on brighter scenes. What lies ahead is no feast for the eyes, though it is full of life reality: no generous space, little green, uncollected trash, unkempt and bumpy roads and sidewalks, yet streets full of shops and stands, teeming with people, colorful and lively, apparently lucrative for merchants and attractive for customers. Middle and upper class members rarely get lost here because the neighborhood at this point is considered “cracolândia“ – crack country. On the other, postcard side of the train station, however, at the Praça da Luz: visitors, especially from other districts of the city and world, enjoy openness, generosity, even beauty. Every gateway is a door, every arched window a window, you like entering and exiting again. To the inside, your view is directed to a magnificent foyer, to the outside, to wide, almost empty spaces with few pedestrians, to taxis and tour buses, the park and the art gallery (Pinakothek), to the sky almost devoid of skyscrapers – from this vantage point – a visual luxury in this city and on the right hand a sign points to the entrance of the language museum. Thus, the station marks an invisible boundary between those in darkness and those in light. Nevertheless, I keep going back to Luz again, this is where I first met the city, here I was a prisoner of the dictatorship for 24 hours, here people and streets and works of art have left lasting impressions on me. Here, the tendency for socio-spatial segregation and creating ghettos is less pronounced than in other Brazilian urban landscapes, and here those in darkness have – albeit precarious – space. Luz, located at the periphery of the old center and seamlessly conntected to it, is not only rich in contrasts, but it is also vital, fascinating, more real than the more chic parts of the megalopolis with their glittering façades, shopping centers, and upper class ghettos. Shabbiness and beauty, demolition and new beginnings, forgetting and remembering, crassness and creativity go together here: A new beginning is always possible, the light district is never finished, it is always reinventing itself. Luz is the quintessence of São Paulo, the essence of Brazil, perhaps of the world. Berthold Zilly IC Weg von zu Hause (Out Of Home) Als ich eingeladen wurde, über „mein São Paulo“ zu schreiben, fragte ich mich: Was kann ich über eine Stadt schreiben, die mir zwar sehr wichtig ist, aus der ich aber vor über 30 Jahren weggezogen bin? Da merkte ich plötzlich, daß ich die Häuser, in denen ich als Kind wohnte, und die Straßen und Viertel meiner Jugend nie ganz verlassen habe. Was mir im Rückblick auf diese Zeit als erstes in den Kopf kommt, ist der Schrecken einer lebensgefährlichen Situation. Als Vierjährige rannte ich nämlich einmal einem Ball hinterher und wäre dabei vor unserem Haus in der Rua Tavares Cabral fast überfahren worden. Dabei war es eigentlich eine ruhige Straße, in der unser weiß verputztes Haus mit den Fifties-Möbeln stand. Es waren aber nur einige wenige Meter bis zur Kreuzung Avenida Faria Lima und Avenida Rebouças und entnervte Fahrer versuchten dem starken Verkehr zu entkommen, indem sie eine Abkürzung durch unser Sträßchen nahmen. Es fehlten nur wenige Millimeter zwischen dem weißen VW Käfer und meinem kleinen, zerbrechlichen Körper. Ich überlebte, ohne die Gefahr zu spüren, und sah nur die fassungslosen Gesichter des Kindermädchens und des Paares hinter dem Steuer. Ich erinnere mich, daß ich mich stark fühlte, weil ich das Auto im richtigen Moment angehalten hatte. Unser zweites Haus befand sich in der Straße Pedroso de Morais, an der Praça dos Omaguás auf Höhe der Padaria Cisne. Ich war dort nur selten auf der Straße – außer zum Süßigkeitenkaufen beim Bäcker oder einmal zum Besuch eines Musik-Festivals in der Grünanlage. Mein Bruder und ich waren meistens im Hinterhof, wo wir durch eine hohe Mauer und ein mächtiges, zur Straße hin blickdichtes Holztor an einem Ort mit wenig Grün eingeschlossen waren. Ich fühlte mich wie Dornröschen: Draußen war eine lebendige Welt voller Wunder, Geheimnisse und interessanter Leute, die entdeckt werden wollte – und wir mußten unsere Zeit in diesem langweiligen Hinterhof verbringen. Einen Ausweg bot schließlich der Gang ins Internat. Meine Eltern hatten sich aus wirtschaftlichen Gründen entschlossen, ihre Geschäfte in der Stadt zu verkaufen, um eine Auto-Niederlassung im Landesinneren zu betreiben, wohin sie schließlich auch umzogen. Jedoch weigerte ich mich mit meinen 13 Jahren, São Paulo zu verlassen – eine Stadt, die ich so gerne kennenlernen wollte. Ich hätte alles getan, um zu bleiben, und so bot sich als einzige Möglichkeit das Internat Santa Marcelina an, dessen Mauern jedoch noch höher als die unseres Hinterhofs waren. Das Leben mit Nonnen erwies sich dann auch schnell als eine Hölle auf Erden. Wegen schlechten Benehmens bekam ich am Wochenende Hausarrest und konnte ebensowenig etwas von der Stadt erleben wie vorher. Nach einem Jahr verließ ich resigniert das Internat und zog zu meinen Eltern, danach ging ich für ein Jahr zu meinem Onkel nach Chicago, um Englisch zu lernen. Erst mit 19 Jahren kam ich wieder zurück in die Stadt. Ich zog zu meiner geliebten Großmutter in die Rua Bela Cintra – bis heute mein Lieblingsquartier und „mein São Paulo“. Von dort aus eroberte ich schließlich die Attraktionen dieser Stadt, überwand meine Ängste und riß alle Mauern nieder, die mich von den Straßen trennten, an deren Leben ich so gerne teilhaben wollte. Zusammen mit drei oder vier Freunden ging ich täglich um Mitternacht zu Fuß in die Stadt. Jede Nacht den Weg von der Uni in Pacaembú ins Zentrum, von der Avenida Paulista zur Rua da Consolação, hin zur berühmt-anrüchigen Bar das Putas, die zwar mit den schlechtesten Sandwiches der Stadt aufwartete, die aber zu dieser Zeit auch von einer intellektuellen Szene besucht wurde, die sich gerne unter das Rotlicht-Publikum mischte. Apropos Bar das Putas: Daß es ein paar Blöcke weiter ein Restaurant namens Sujinho (Dreckspatz) gibt, das so erfolgreich ist, daß es mit einer weiteren Filiale auf die andere Straßenseite expandieren kann, das gibt es nur in São Paulo. Offensichtlich war es nicht der Name, der es so erfolgreich machte. Das alles kommt mir in den Sinn, wenn ich das Photo sehe, das in der Avenida Paulista in der Nähe der Rua Frei Caneca und von der Rua Cannabrava aus aufgenommen wurde. Es zeigt die nächtliche Großstadt, voller Lichter, fröhlich und jung. Diese Szene ist mir so vertraut, daß sie – sähe man die aktuellen elektronischen Geräte nicht – auch einen Moment aus meiner Vergangenheit zeigen könnte. Cristina Barroso Fora de Casa (Out Of Home) 260 Quando recebi o convite para escrever sobre a “minha São Paulo”, me perguntei o que poderia dizer sobre a cidade que é tão importante para mim, mas de onde saí há mais de 30 anos. Na verdade, nunca deixei São Paulo, as casas onde morei, as ruas e os bairros da minha infância e adolescência. A primeira impressão dessa época que me vem à cabeça é de alívio e sobrevivência. Aos 4 anos, saí correndo atrás de uma bola e um carro quase me atropelou na frente de casa, na rua Tavares Cabral. Uma rua calma, com a casa de cerquinha branca, mobiliada no estilo da década de 50. Só que ficava a poucos metros do cruzamento das avenidas Faria Lima e Rebouças, do qual, para evitar o trânsito, motoristas nervosos fugiam, fazendo um atalho por nossa ruazinha pacata. Poucos milímetros separaram o Fusquinha branco de meu corpo pequeno e frágil. Sobrevivi sem notar o perigo, vi somente a expressão incrédula no rosto da babá e do casal atrás do volante, e lembro de me sentir poderosa por ter feito o carro parar na hora certa. Nossa segunda casa ficava na rua Pedroso de Morais, em frente à praça dos Omaguás e à padaria Cisne. Além das poucas visitas à padaria para comprar doces e a ida a um festival de música popular brasileira na pracinha, tive pouco contato com a rua. Meu irmão e eu ficávamos só no quintal da casa, um lugar de pouco verde e com um muro enorme, fechado por um portão de madeira branca maciça que velava toda a visão da rua. Me sentia como a princesa presa na torre dos contos de fadas. Lá fora existia um mundo cheio de vida, de maravilhas a descobrir, mistérios, perigos, gente interessante, tudo menos o tédio que residia naquele fundo de quintal. De lá, fui me confinar no interior das paredes ainda mais altas do colégio interno. Foi minha a decisão de morar com as freiras da rua Cardoso de Almeida. Meus pais tinham decidido, por motivos econômicos, vender todos os negócios na cidade e concentrar tudo em uma agência de carros no interior, para onde resolveram se mudar. Eu, com os meus 13 anos, me recusei a sair de São Paulo, a cidade que tanto queria conhecer melhor. Faria qualquer negócio para ficar e a única possibilidade foi o colégio interno Santa Marcelina. Logo percebi que seria um verdadeiro inferno morar com as freiras. Elas me tiravam os finais de semanas livres e me prendiam no interior do colégio por mau comportamento. Resignada, depois de um ano sem poder usufruir nada da cidade, saí para morar com os meus pais, primeiro, e depois com meus tios, em Chicago, para aprender inglês por um ano. Somente aos 19 anos voltei para São Paulo. Foi quando me mudei para o apartamento da minha 261 262 263 querida avó na rua Bela Cintra, até hoje o meu bairro na “minha São Paulo”. Foi lá que eu finalmente conquistei o melhor da cidade, superei os medos e consegui derrubar todos os muros que me separavam das ruas de que tanto queria participar. Virou cotidiano andar à pé pela cidade no meio da noite com uma turma de três ou quatro amigos, fazendo o caminho da faculdade, no Pacaembu, até o centro. Depois, da avenida Paulista à rua da Consolação, passando pelo famoso Bar das Putas, do pior sanduíche da cidade, mas que reunia, na época, um público intelectual misturado com aquelas que lhe deram nome. Por falar nisso, só mesmo São Paulo para ter um restaurante a poucos quarteirões dali com o nome de Sujinho. Ele fez tanto sucesso que foi aberta uma filial do outro lado da avenida. Obviamente, o que fez o lugar não foi o nome. Tudo isso me veio a cabeça quando vi essa foto, tirada na avenida Paulista, na altura da rua Frei Caneca, pelo Cannabrava. Mostra a cidade grande, cheia de luzes, noturna, alegre e jovem. Tudo isso reflete uma cena tão familiar. A foto é de agora, mas, não fossem os aparelhos eletrônicos, poderia ser de minha situação no passado. Cristina Barroso Out Of Home After receiving the invitation to write about “my São Paulo”, I asked myself what could I write about a city that is so important to me, but that I had left over 30 years ago. The reality is that I never left São Paulo, the houses where I lived, the streets and neighborhoods or my childhood and adolescence. One of my first memories back then is of relief and survival. When I was 4 years old, I ran after a ball and was almost run over by a car in front of my home on Tavares Cabral Street. A quiet street, with a white-fenced house, furnished with a 50s style. But it was a few meters from the intersection of avenues Faria Lima and Rebouças, from where nervous drivers tried to escape by taking a detour through our peaceful little street. Few millimeters separated the white Beetle from my small and fragile body. I survived without being aware of the danger, only seeing the look of disbelief in the nanny‘s face and of the couple behind the wheel. I recall feeling powerful for making a car stop at the right time. Our second home was in Pedroso de Morais Street, facing Omaguás Square and the Cisne bakery shop. Besides the few visits to the bakery to buy sweets and the square to watch a Brazilian music festival, I had little contact with the street. My sister and I stayed alone in the house‘s backyard, a place of little greenery and a huge wall, closed by a massive white wood gate that shut out the street view. I felt like a princess prisoner in a fairy tale tower. Outside there was a world filled with life, of wonders to discover, mysteries, danger, interesting people, everything but the tedium residing in that backyard. From there, I was confined within the even taller walls of a boarding school. It was my choice to live with the nuns of Cardoso de Almeida street. My parents had decided for economic reasons to sell all businesses in the city and focus everything on a car agency upstate, to where they moved. At 13 years, I refused to leave São Paulo, the city that I wanted so much to know better. I would do anything to stay and the only possibility was the Santa Marcelina boarding school. Soon I realized that living with nuns would be a true hell. They robbed me of the free weekends and locked me inside the school for bad behavior. In despair after one year without enjoying anything of the city, I left to first live with my parents then with my aunt and uncle in Chicago for a year to learn English. It was only at 19 that I returned to São Paulo. That was when I moved to the apartment of my dear grandmother on Bela Cintra Street, to this day my neighborhood in “my São Paulo”. It was there that I finally conquered the best the city had to offer, overcame my fears and managed to bring down all the walls separating me from the streets I wanted so much to take part in. It became commonplace to walk through the city in the middle of the night with three or four friends, making the way from college in Pacaembu to downtown. Then, from Paulista Avenue to Consolação Street, passing by the famous Bar das Putas, offering the worst sandwich in the city but attracting at the time intellectual patrons that mixed with the sex workers that name it. By the way, only São Paulo can have a restaurant a few blocks from there named Sujinho (Litter Lout). It became so successful that a branch was opened on the other side of the avenue. The name obviously was not what made the place a success. It all came to my mind when I saw the picture, taken at Paulista Avenida with Frei Caneca Street, by Cannabrava. It shows a big city, filled with lights, nocturnal, happy and young. It all reflected such a familiar scene. The picture is recent, but if it were not for the electronic gadgets, it could have been my own past experience. Cristina Barroso BR Autoren Autores Authors Photographen Fotógrafos Photographers 271 272 Beate Althuon Hans-Joachim Aminde Estevão Azevedo war 40 Jahre in verschiedenen Funktionen in Schuleinrichtungen tätig, u. a. als brasilianische Direktorin des Instituto Pedagógico Brasil Alemanha (IPBA) und als Generaldirektorin des Colégio Humboldt – Colégio Alemão de São Paulo. Sie ist Co-Autorin des Buchs Reunião de pais – sofrimento ou prazer, das zur Zeit in 9. Auflage vorliegt. Zahlreiche Artikel in Fachzeitschriften. Gegenwärtig ist Beate Althuon in ganz Brasilien in der Evaluierung und Zulassung von privaten und öffentlichen Schulen tätig. taught District Planning and Design offered by the Department of Architecture of the University of Stuttgart and had an architecture and urban planning office for 35 years with many projects for urban renewal and urban university building designs. Hans-Joachim Aminde was a visiting professor several times at the State University and at the Catholic Mackenzie University in São Paulo and now lives in Berlin. nasceu em 1978, em Natal, no Rio Grande do Norte, e vive na cidade de São Paulo. Formado em Jornalismo e Letras, trabalha como editor e escritor. Publicou O terceiro dia (contos, Edições K, 2004), O som de nada acontecendo (contos, Edições K, 2005) e o romance Nunca o nome do menino (Editora Terceiro Nome, 2008), finalista do Prêmio São Paulo de Literatura em 2009, do qual foi membro do júri em 2010. Em 2013, teve conto publicado na antologia alemã Popcorn unterm Zuckerhut – Junge brasilianische Literatur, da editora Verlag Klaus Wagenbach. (S. 49) Beate Althuon por quarenta anos, exerceu várias funções em instituições escolares, entre as quais diretora brasileira do Instituto Pedagógico Brasil Alemanha (IPBA) e diretora geral do Colégio Humboldt – Colégio Alemão de São Paulo. É coautora do livro Reunião de pais – sofrimento ou prazer, atualmente na 9ª edição. Tem inúmeros artigos publicados em revistas especializadas. Atua como consultora em qualidade na gestão escolar, em todo território brasileiro, e exerce a função de avaliadora técnica de instituições escolares no Brasil, da rede pública e privada, para fins de certificação. (p. 114) Carla Andrade Martins Torres wurde in Santos geboren und zog mit 24 Jahren nach São Paulo. Sie ist Journalistin und Unternehmerin. Carla Andrade Martins Torres begann ihre Laufbahn in Santos und arbeitete dann erfolgreich für große Medienunternehmen. 2010 gründete sie ein eigenes Unternehmen, das sich mit zwei weiteren Teilhabern erfolgreich entwickelte. Carla Andrade Martins Torres glaubt, dies wäre an einem anderen Ort nicht möglich gewesen. Sie ist verheiratet und hat einen Sohn, Arthur, der im September 2011 in São Paulo geboren wurde. (S. 193) (p. 49) Carla Andrade Martins Torres Beate Althuon nasceu em Santos e mudou-se para São Paulo. É jornalista e empresária. Começou sua carreira em Santos, mas foi em São Paulo que tornou-se bem sucedida, trabalhando em grandes empresas de comunicação. Em 2010, abriu sua própria empresa e, com suas duas sócias, viu seu negócio prosperar. Carla Andrade Martins Torres acredita que, se morasse em outro lugar, isso não teria acontecido. É casada e tem um filho, Arthur, nascido em São Paulo em setembro de 2011. over the last forty years, Beate Althuon has held various positions at several educational institutions including Brazilian director of the Brazil Germany Pedagogical Institute (IPBA) and general director of the Colégio Humboldt – São Paulo German School. She also co-authored the book Reunião de pais – sofrimento ou prazer, currently in the 9th printing. In addition, Beate Althuon has published numerous articles in academic journals. She currently works in the field of quality management consultancy in education where she is responsible for the evaluation and accreditation of private and public schools in all of Brazil. (p. 50) Hans-Joachim Aminde lehrte Stadtteilplanung und Entwerfen an der Architekturfakultät der Universität Stuttgart und hatte 35 Jahre lang ein Architektur- und Städtebaubüro mit vielen Projekten zur Stadterneuerung und zu städtebaulichen Hochschulkonzepten. Hans-Joachim Aminde war mehrfach Gastprofessor an der Staatsuniversität und der Katholischen Mackenzie-Universität in São Paulo und lebt in Berlin. (S. 113) Hans-Joachim Aminde foi professor de Planejamento Urbano na Faculdade de Arquitetura da Universidade de Stuttgart e teve, durante 35 anos, um escritório de arquitetura e urbanismo, onde foram realizados muitos projetos de renovação urbana e desenvolvidos novos conceitos. Foi por diversas vezes professor convidado da Universidade Federal de São Paulo e da Universidade Presbiteriana Mackenzie. Atualmente, mora em Berlim. (p. 113) (p. 193) Carla Andrade Martins Torres was born in Santos and moved to São Paulo. She is a journalist and businesswoman. Carla Andrade Martins Torres started her career in Santos, but became successful in São Paulo while working for important media organizations. In 2010 she successfully started her own business with two partners. Carla Andrade Martins Torres believes that her story could not have happened if she lived somewhere else. She is married and has one son, Arthur, born in São Paulo in September 2011. (p. 193) Estevão Azevedo wurde 1978 in Natal, Rio Grande do Norte, geboren und lebt in São Paulo. Er studierte Journalismus und Literatur und arbeitet als Lektor und Schriftsteller. Estevão Azevedo veröffentlichte die Bücher O terceiro dia (Erzählungen, Edições K, 2004), O som de nada acontecendo (Erzählungen, Edições K, 2005) und den Roman Nunca o nome do menino (Editora Terceiro Nome, 2008). Er war 2009 Finalist beim Literaturpreis von São Paulo und 2010 Mitglied der Jury. Eine seiner Kurzgeschichten wird 2013 in der Anthologie Popcorn unterm Zuckerhut – Junge brasilianische Literatur im Verlag Klaus Wagenbach erscheinen. (S. 13) (p. 13) Estevão Azevedo was born in 1978 in Natal, Rio Grande do Norte, and lives in São Paulo. With degrees in journalism and literature, he works as an editor and writer. Estevão Azevedo has published O terceiro dia (short stories, Edições K, 2004), O som de nada acontecendo (short stories, Edições K, 2005) and the novel Nunca o nome do menino (Editora Terceiro Nome, 2008), one of the finalists of the São Paulo Literature Prize in 2009. He was also a member of the prize‘s panel in 2010. One of his short stories was published in 2013 in the German anthology Popcorn unterm Zuckerhut – Junge brasilianische Literatur (Verlag Klaus Wagenbach). (p. 13) Norval Baitello Junior ist Professor für Kultur- und Medientheorie im Postgraduierten-Studium an der Pontifícia Universidade Católica (PUC) in São Paulo. Er ist Autor der Bücher O pensamento sentado (2012), A serpente, a maçã e o holograma (2010), La era de la iconofagia (2008) und Flussers Völlerei (2007). Norval Baitello Junior war Dekan der Fakultät für Kommunikation und Philosophie und entwickelte die Studiengänge Kommunikation und Körperkünste sowie Multimediale Kommunikation. Er war Gastprofessor an den Universitäten Sevilla, Barcelona, St. Petersburg, Wien und Évora. (S. 45) Norval Baitello Junior é professor de pós-graduação em Teoria da Cultura e Teoria da Mídia na PUC de São Paulo, autor dos livros O pensamento sentado (2012), A serpente, a maçã e o holograma (2010), La era de la iconofagia (2008) e Flussers Völlerei (2007). Foi diretor da Faculdade de Comunicação e Filosofia, criou os cursos de Comunicação e Artes do Corpo e Comunicação em Multimeios. Professor convidado das universidades de Sevilha, Barcelona, São Petersburgo, Viena e Évora. (p. 45) Norval Baitello Junior is Professor of Culture and Media Theory in the Postgraduated Program at the Pontifícia Universidade Católica de São Paulo (PUC), and the author of the non-fiction books O pensamento sentado (2012), A serpente, a maçã e o holograma (2010), La era de la iconofagia (2008) and Flussers Völlerei (2007). Norval Baitello Junior was dean of the Department of Communication and Philosophy and created the courses in Communication and Body Arts and Communication and Multimedia. He has held visiting professorships at the universities of Seville, Barcelona, St. Petersburg, Vienna, and Évora. (p. 45) Cristina Barroso wurde in São Paulo geboren und hat Philosophie und Geschichte an der Southern Illinois University in Carbondale (USA) sowie Malerei am San Francisco Art Institute studiert. Zwischen 1983 und 1992 hatte sie Ateliers in San Francisco, São Paulo, Mailand und Berlin. Sie beteiligte sich u. a. an folgenden Stipendien- und Austauschprogrammen: Helmut BaumannStipendium (Göppingen), Deutsch-Brasilianischer Workshop (Maceió), Aktionsforum Praterinsel (München), Villa Waldberta (Starnberg) und Künstlerhaus Schloß Plüschow. Darüber hinaus realisierte Cristina Barroso seit 1982 zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in Brasilien, Deutschland, Ungarn, Chile, den USA und Korea. Sie lebt seit 2001 in Stuttgart. (S. 261) Cristina Barroso nasceu em São Paulo e estudou Filosofia e História na Southern Illinois University, Carbondale (EUA), e Pintura no San Francisco Art Institute. De 1983 a 1992, teve ateliês em São Francisco, São Paulo, Milão e Berlim. Teve diversas bolsas e residências, entre elas: Helmut Baumann Stipendium (Göppingen), Workshop Brasil / Alemanha (Maceió), Aktionsforum Praterinsel (Munique), Villa Waldberta (Starnberg) e Schloß Plüschow (Plüschow, no norte da Alemanha). Fez diversas exposições individuais e coletivas desde 1982 no Brasil e em países como Alemanha, Hungria, Chile, EUA, e Coréia. Mora em Stuttgart desde 2001. (p. 261) Cristina Barroso was born in São Paulo and studied philosophy and history at Southern Illinois University, Carbondale (USA), and painting at the San Francisco Art Institute. From 1993 to 1992, she had art studios in San Francisco, São Paulo, Milan and Berlin. She was the recipient of several grants and artistic residence awards, among them: Helmut Baumann Stipendium (Göppingen), Brazil / Germany Workshop (Maceió), Aktionsforum Praterinsel (Munich), Villa Waldberta (Starnberg) and Schloß Plüschow (Plüschow, northern Germany). Cristina Barroso has had several collective and solo exhibitions in Brazil since 1982, and in countries like Germany, Hungary, the U.S., and South Korea. She lives in Stuttgart since 2001. (p. 262) Margret Becker arbeitet als Architektin in Berlin. Sie studierte an der TU Braunschweig und am Georgia Institute of Technology in Atlanta, lehrte und forschte an der BTU Cottbus. Ab 2003 folgten mehrere Auslandsaufenthalte in Brasilien. Seit 2011 forscht Margret Becker an der Research School der HCU Hamburg. 2012 erschien ihr Buch Der Raum des Öffentlichen: Die Escola Paulista und der Brutalismus in Brasilien. (S. 105) Margret Becker trabalha como arquiteta em Berlim. Estudou na TU Braunschweig e no Georgia Institute of Technology, em Atlanta, e foi professora e pesquisadora na BTU Cottbus. A partir de 2003, seguiram-se vários períodos no Brasil. Desde 2011, é pesquisadora no Research School da HCU Hamburg. Seu livro Der Raum des Öffentlichen: Die Escola Paulista und der Brutalismus in Brasilien (O espaço público: a Escola Paulista e a brutalidade no Brasil ) foi publicado em 2012. (p. 105) Margret Becker works as an architect in Berlin. She studied at the Technical University of Braunschweig and at the Georgia Institute of Technology in Atlanta, and has taught and researched at the BTU in Cottbus. Beginning in 2003, she has had several stays abroad in Brazil. Since 2011, Margret Becker has done research at the Research School of the HCU in Hamburg. In 2012, her book Der Raum des Öffentlichen: Die Escola Paulista und der Brutalismus in Brasilien (Public Space: The Paulista Escola and Brutalism in Brazil) was published. (p. 106) Joachim Bernauer wurde 1961 geboren und studierte in Berlin Gesang, Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie. Er promovierte über die Lyrik und Poetik Friedrich Schillers („Schöne Welt, wo bist du?”, Berlin 1995). Mit Curt Mayer-Clason übersetzte Joachim Bernauer Portugiesische Lyrik seit Pessoa (Tabacaria No. 4, 1997). Seit 1993 arbeitet er für das Goethe-Institut. Nach den ersten fünf Jahren in Lissabon war er von 1999 bis 2002 als Leiter der Künstlerresidenz Villa Aurora in Los Angeles tätig, anschließend sechs Jahre für die Programmarbeit der Region Südamerika am Goethe-Institut São Paulo verantwortlich. Seit 2008 leitet Joachim Bernauer das Goethe-Institut Portugal. (S. 33) Joachim Bernauer Residence Villa Aurora in Los Angeles from 1999 to 2002 and was finally then responsible for the program work of the South America region at the Goethe Institute in São Paulo. Since 2008 Joachim Bernauer has led the Goethe Institute Portugal. (p. 34) Silvia Bittencourt studierte Journalismus an der Universität São Paulo und Geschichte in Köln und Berlin. Sie lebt seit 22 Jahren in Deutschland und arbeitet als freie Journalistin der Tageszeitung Folha de S.Paulo, als Übersetzerin und Dozentin im Sprachlabor der Universität Heidelberg. Silvia Bittencourt ist Autorin des Buchs O euro (Publifolha, 2002) und A cozinha venenosa – um jornal contra Hitler (Três Estrelas, 2013). (S. 125) Silvia Bittencourt estudou Jornalismo na Universidade de São Paulo e História em Colônia e Berlim. Vive há 22 anos na Alemanha, onde trabalha como colaboradora do jornal Folha de S.Paulo, tradutora e docente do Laboratório de Línguas da Universidade de Heidelberg. É autora de O euro (Publifolha, 2002) e A cozinha venenosa – um jornal contra Hitler (Três Estrelas, 2013). (p. 125) Silvia Bittencourt studied journalism at the University of São Paulo and history in Cologne and Berlin. She has lived in Germany for 22 years, where she is a freelance journalist for the newspaper Folha de S.Paulo and a translator and teacher at the Heidelberg University Language Lab. Silvia Bittencourt has authored non-fiction books O euro (Publifolha, 2002) and A cozinha venenosa – um jornal contra Hitler (Três Estrelas, 2013). (p. 125) Willi Bolle ist Professor für Literaturwissenschaft an der Universidade de São Paulo. Er stammt aus Berlin und ging 1966, mit 22 Jahren, nach Brasilien, um das Land anhand des Romans Grande Sertão: Veredas (1956) von Guimarães Rosa zu studieren. Willi Bolle hat die Physiognomik der modernen Metropole / Fisiognomia da metrópole moderna (1994) und grandesertão.br – O romance de formação do Brasil (Der Roman der brasilianischen Identitätsbildung, 2004) sowie als Mitherausgeber Amazonien – Weltregion und Welttheater / Amazônia – região universal e teatro do mundo (2010) veröffentlicht. nasceu em 1961 e estudou Canto, Germanística e História da Arte e Filosofia, em Berlim. Doutorou-se com tese sobre a lírica e a poética de Friedrich Schiller, “Schöne Welt, wo bis du?“ (Belo mundo, onde estás?, Berlim 1995). Juntamente com Curt Mayer-Clason, traduziu Portugiesische Lyrik seit Pessoa (Poesia portuguesa desde Pessoa, Tabacaria No. 4, 1997). Desde 1993, trabalha para o Instituto Goethe. Após os primeiros cinco anos em Lisboa, foi responsável pela direção da residência artística Vila Aurora, em Los Angeles, entre 1999 e 2002, e, nos seis anos seguintes, pelo programa de trabalho da região América do Sul. Desde 2008, é diretor do Instituto Goethe de Portugal. (S. 61) (p. 33) Willi Bolle Joachim Bernauer é professor de Teoria da Literatura na Universidade de São Paulo. Oriundo de Berlim, migrou para o Brasil em 1966, aos 22 anos, para estudar o país baseando-se no romance Grande Serão: Veredas (1956) de Guimarães Rosa. Publicou Fisiognomia da metrópole moderna (1994) e grandesertão.br – O romance de formação do Brasil (2004), além de organizar Amazônia – região universal e teatro do mundo (2010). was born in 1961 and studied voice, German literature, art history, and philosophy in Berlin. He completed his doctorate in lyricism and poetry of Friedrich Schiller (”Schöne Welt, wo bist du?”, Berlin 1995). With Curt Mayer-Clason Joachim Bernauer translated Portugiesische Lyrik seit Pessoa (Tabacaria No. 4, 1997). He has worked for the Goethe Institute since 1993. After the first five years in Lisbon, he worked as head of the Artist in (p. 61) 273 274 Willi Bolle Jens Brinkmann is Professor of Literature at the Universidade de São Paulo. He hails from Berlin and, in 1966, he went to Brazil at the age of 22 to study the country based on the novel Grande Sertão: Veredas (1956) by Guimarães Rosa. Willi Bolle has published the Physiognomik der modernen Metropole / Fisiognomia da metrópole moderna (1994) and grandesertão.br – O romance de formação do Brasil (Der Roman der brasilianischen Identitätsbildung, 2004), as well as co-edited Amazonien – Weltregion und Welttheater / Amazônia – região universal e teatro do mundo (2010). arbeitet seit 2012 an einem Promotionsvorhaben am Institut für Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin und am Fachbereich Architektur und Städtebau an der Universität São Paulo. Er hat 2000 als Architekt bei Jean Nouvel in Paris und von 2002 bis 2003 in São Paulo in den Büros bei Andrade Morettin Arquitetos, Paulo Mendes da Rocha und MMBB Arquitetos gearbeitet. 2004 hat er sein eigenes Büro United Architektur in Berlin gegründet. Bis 2012 war Jens Brinkmann wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Entwerfen, Wohnund Sozialbauten an der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) in Cottbus. (p. 62) Fernando Bonassi wurde 1962 im Stadtviertel Mooca in São Paulo geboren. Er ist Drehbuchautor, Dramaturg, Filmregisseur und Autor verschiedener Werke, u. a.: Subúrbio (Objetiva), Passaporte und Declaração universal do moleque invocado (beide bei Cosac Naify, São Paulo). Die wichtigsten Arbeiten für das Kino waren die Drehbücher für Estação Carandiru (von Hector Babenco) und Lula, o filho do Brasil (von Fábio Barreto). Am Theater inszenierte Fernando Bonassi Apocalipse 1,11 (in Zusammenarbeit mit dem Teatro da Vertigem) und Arena conta Danton (unter der Leitung von Cibele Forjaz). Er war Preisträger des DAADKunststipendiums (Deutscher Akademischer Austauschdienst) und verbrachte das Jahr 1998 als Schriftsteller in Berlin. Von 1997 bis 2006 war Fernando Bonassi Kolumnist der Zeitung Folha de S.Paulo. Derzeit arbeitet er an Drehbüchern der Serie „Força Tarefa“ des Senders Rede Globo de Televisão. (S. 135 / 221 / 225) Fernando Bonassi nasceu em 1962 no bairro da Mooca, em São Paulo. É roteirista, dramaturgo, cineasta e escritor de diversas obras, entre elas: Subúrbio (Objetiva, São Paulo), Passaporte e Declaração universal do moleque invocado (ambos pela Cosac Naify, São Paulo). No cinema, destacam-se os roteiros de Estação Carandiru (de Hector Babenco) e Lula, o filho do Brasil (de Fábio Barreto). No teatro, as montagens de Apocalipse 1,11 (em colaboração com o Teatro da Vertigem) e Arena conta Danton (com direção de Cibele Forjaz). Vencedor da bolsa de artes do DAAD (Serviço Alemão de Intercâmbio), passou o ano de 1998 escrevendo em Berlim. Foi colunista do jornal Folha de S.Paulo entre 1997 e 2006. É atualmente roteirista do seriado “Força Tarefa“ da Rede Globo de Televisão. (p. 135 / 221 / 225) Fernando Bonassi was born in 1962 in the São Paulo neighborhood of Mooca. He is screenwriter, film maker and writer of several works, among them: Subúrbio (Objetiva, São Paulo), Passaporte and Declaração universal do moleque invocado (both by Cosac Naify, São Paulo). For film, he wrote the screenplay of Estação Carandiru (Hector Babenco) and Lula, o filho do Brasil (by Fábio Barreto). For theater, Fernando Bonassi wrote Apocalipse 1,11 (in collaboration with Teatro da Vertigem) and Arena conta Danton (directed by Cibele Forjaz). Selected for the German Academic Exchange Service (DAAD) scholarship, he spent 1998 as a writer in Berlin. Fernando Bonassi was a columnist for daily Folha de S.Paulo between 1997 and 2006. Currently he is a screenwriter for Globo TV‘s “Força Tarefa“ series. (p. 135 / 221 / 225) (S. 19) Jens Brinkmann trabalha desde 2012 em um programa de doutorado no Instituto para Ciências Culturais na Universidade Humboldt, de Berlim, e no Departamento de Arquitetura e Urbanismo da Universidade de São Paulo. Como arquiteto, trabalhou, em 2000, no escritório Jean Nouvel, em Paris, e de 2002 a 2003, em São Paulo, para os escritórios Andrade Morettin Arquitetos, Paulo Mendes da Rocha e MMBB Arquitetos. Em 2004, fundou seu próprio escritório, o United Architektur, em Berlim. Até 2012, foi assistente na cátedra de Planejamento, Moradia e Edificações Sociais, na Universidade Técnica de Brandenburgo (BTU), em Cottbus. (p. 19) Jens Brinkmann has been working towards a Ph.D. since 2012 at the Institute of Cultural Studies at the Humboldt University in Berlin and at the Department of Architecture and Urban Planning at the University of São Paulo. He worked in 2000 as an architect with Jean Nouvel in Paris and from 2002 to 2003 in São Paulo in the offices of Andrade Morettin Arquitetos, Paulo Mendes da Rocha and MMBB Arquitetos. In 2004 he founded his own office, United Architektur in Berlin. Until the year 2012 Jens Brinkmann was a research assistant at the Department of Design, Residential, and Social Housing of the Brandenburg Technical University (BTU) in Cottbus. (p. 20) Alexander Busch ist Jahrgang 1963 und wuchs in Venezuela auf. Seit 20 Jahren berichtet er aus Brasilien über Lateinamerika als Korrespondent der Verlagsgruppe Handelsblatt (Wirtschaftswoche, Handelsblatt) und der Schweizer Finanz und Wirtschaft sowie für die Neue Zürcher Zeitung. Parallel zur Kölner Journalistenschule studierte Alexander Busch Volkswirtschaft und Politik in Köln und Buenos Aires. Er lebt und arbeitet in São Paulo und Salvador/Bahia. Veröffentlichungen u. a. Wirtschaftsmacht Brasilien (2011) bei Hanser. Übersetzungen in Mandarin, Portugiesisch und Englisch. (S. 215) Alexander Busch nasceu em 1963 e cresceu na Venezuela. Trabalha há 20 anos como correspondente do Brasil e da América Latina para o grupo editorial Handelsblatt (Wirtschaftswoche, Handelsblatt) e dos jornais suíços Finanz und Wirtschaft e Neue Zürcher Zeitung. Estudou na Kölner Journalistenschule (Escola de Jornalismo de Colônia), além de Economia e Política, em Colônia e Buenos Aires. Vive e trabalha em São Paulo e em Salvador. Publicou, entre outros, Wirtschaftsmacht Brasilien (Brasil – poder econômico ), pela editora Hanser (2011). Seu livro foi traduzido em chinês, português e inglês. (p. 215) Alexander Busch was born in 1963 and grew up in Venezuela. For 20 years he has reported from Brazil as a Latin America correspondent for the Handelsblatt publishing group (Business Week, Handelsblatt) and the Swiss publications Finanz und Wirtschaft as well as the Neue Zürcher Zeitung. Besides his studies at the Cologne School of Journalism, Alexander Busch studied economics and politics in Cologne and Buenos Aires. Today, he lives and works in São Paulo and Salvador/Bahia. Besides his other publications, he has published the volume Wirtschaftsmacht Brasilien with Hanser Publishing with translations into Mandarin, Portuguese, and English. (p. 215) Iatã Cannabrava ist Photograph, Kurator und Kulturaktivist. Zur Zeit beschäftigt er sich mit der Dokumentation von Stadtlandschaften, insbesondere der Peripherie großer Metropolen. Iatã Cannabrava hat an mehr als 40 Ausstellungen teilgenommen, war 1985 Gewinner der Preise P/B der Quadriennale der Photographie von São Paulo, 1987 des Wettbewerbs Marc Ferraz der FUNARTE und von zwei Preisen des Kulturamts des Bundesstaates São Paulo in den Jahren 1996 und 2006. Seine Photographien sind Teil der Sammlungen des MASP-Pirelli, der Galeria Fotoptica von Joaquim Paiva und des MAM / São Paulo und in acht Publikationen zu städtischen Themen erschienen. Er hat zwei Bücher veröffentlicht: Casas Paulistas (Häuser in São Paulo), 2000, und Uma Outra Cidade (Eine andere Stadt), 2009. Als Kulturaktivist war Iatã Cannabrava von 1989 bis 1994 Präsident des Photographenverbands von São Paulo. Er gründete und leitete die Estudios Madalena, wo er als Kurator tätig war und bisher mehr als 30 Ausstellungen organisiert und über 80 Workshops geleitet hat, neben besonderen Projekten wie „Revele o Tietê que Você Vê“ (Entwickle den Tietê, wie du ihn siehst), 1991, „Povos de São Paulo – Uma Centena de Olhares sobre a Cidade Antropofágica“ (Völker von São Paulo – Hunderte von Blicken auf eine menschenfressende Stadt), 2004, oder „Expedição Cívica, Ecológica e Fotográfica de Olho nos Mananciais“ (Ökologische und photographische Expedition der Bürger – mit Blick auf die Wasserquellen), 2008. Aktuell ist Iatã Cannabrava Leiter des Internationalen Festivals der Photographie von Paratý – „Paratý em Foco“ – und des lateinamerikanischen Forums für Photographie von São Paulo. Iatã Cannabrava é fotógrafo, curador e agitador cultural. Atualmente desenvolve trabalhos documentais com a paisagem urbana das cidades, especificamente das periferias das grandes metrópoles. Iatã Cannabrava participou de mais de 40 exposições, foi ganhador dos prêmios P/B da Quadrienal de Fotografia de São Paulo em 1985, do concurso Marc Ferrez da FUNARTE em 1987, e de dois prêmios da Secretaria de Estado da Cultura de São Paulo em 1996 e 2006. Suas fotografias integram as coleções MASPPirelli, Galeria Fotoptica, Joaquim Paiva e MAM / São Paulo e também foram publicados em oito livros sobre temas urbanos. Tem dois livros publicados: Casas Paulistas, 2000, e Uma Ou- tra Cidade, 2009. Como agitador cultural, Iatã Cannabrava foi presidente da União dos Fotógrafos de São Paulo de 1989 a 1994, criou e dirige a empresa Estúdio Madalena, onde fez a curadoria e organizou mais de 30 exposições, ministrou mais de 80 workshops, além de projetos especiais, como: “Revele o Tietê que Você Vê“, em 1991, “Povos de São Paulo – Uma Centena de Olhares sobre a Cidade Antropofágica“, em 2004, e “Expedição Cívica, Ecológica e Fotográfica de Olho nos Mananciais“, em 2008. Atualmente Iatã Cannabrava é coordenador do Festival Internacional de Fotografia de Paraty – “Paraty em Foco“ – e coordenador do Fórum-Latino Americano de Fotografia de São Paulo. Iatã Cannabrava is a photographer, curator, and cultural activist. Currently, he is working on a documentary of city landscapes, particularly the perimeters of large metropolitan cities. Iatã Cannabrava has taken part in more than 40 exhibitions, was the winner of the P/B awards of the Quadriennale of the photography of São Paulo in 1985, the Marc Ferraz competition of the FUNARTE in 1987, and of two awards of the Ministry of Culture of the Federal State of São Paulo in 1996 and 2006. His photographs have appeared as part of the collections from the MASP-Pirelli, the Galeria Fotoptica, from Joaquim Paiva and of the MAM / São Paulo as well as in eight books about topics related to the city. He has published two books: Casas Paulistas (Homes in São Paulo), in 2000, and Uma Outra Cidade (A Different City), in 2009. As a cultural protagonist, Iatã Cannabrava was president of the Photographers‘ Association of São Paulo from 1989 to 1994. He founded and leads the Studio Estudios Madalena, where he has worked as curator and organized more than 30 exhibitions and led over 80 workshops. In addition, he has led special projects such as “Revele o Tietê que Você Vê“ (Develop the Tietê, As You See Him) in 1991, “Povos de São Paulo – Uma Centena de Olhares sobre a Cidade Antropofágica“ (Peoples of São Paulo – Hundreds of Views of a City That Devours People) in 2004 and “Expedição Cívica, Ecológica e Fotográfica de Olho nos Mananciais“ (An Ecological and Photographic Expedition of the Citizens – With Respect to Their Sources of Water) in 2008. Currently, Iatã Cannabrava is the director of the International Photography Festivals of Paratý – “Paratý em Foco“ – and the leader of the Latin American Forum for Photography of São Paulo. Elcias Correia Mota wurde 1957 in Fortaleza, Ceará, geboren. Er studierte deutsche und portugiesische Literatur an der Universidade Federal do Ceará. Dort arbeitete Elcias Correia Mota 10 Jahre als Reiseführer für Kreuzfahrt-Touristen, hier besonders für deutschsprachige Touristen. Gleichzeitig arbeitete er für die Fluggesellschaft VASP, zunächst am Check-in-Schalter und dann bei der Flugreservierung. 1987 kam Elcias Correia Mota nach São Paulo, um Germanistik zu studieren. Dort unterrichtet er Deutsch und ist gleichzeitig „Chefkoch“ im Freundeskreis und für die Freunde seiner Freunde und kann dabei seine gastronomische Leidenschaft ausleben. (S. 41) Elcias Correia Mota nasceu em Fortaleza, Ceará, em 1957. Estudou Letras Alemão e Português na Universidade Federal do Ceará. Lá trabalhou durante quase 10 anos como guia turístico na recepção de navios estrangeiros, especialmente turistas de língua alemã. Paralelamente trabalhava na VASP, primeiro na recepção do aeroporto, depois como atendente de reservas de passageiros. Em 1987, veio para São Paulo estudar Germanística. Em São Paulo, trabalha como professor de alemão e é personal chef para pequenos grupos de amigos e amigos de amigos, onde pode expressar sua paixão pela gastronomia. (p. 41) Elcias Correia Mota was born in Fortaleza, Ceará, in 1957. He studied German and Portuguese literature at the Federal University of Ceará. There, Elcias Correira Mota worked for 10 years as a tourist guide for cruise tourists, especially German speaking visitors. At the same time he worked at the now defunct airline VASP, first in the airport‘s reception area and later as a reservation agent. In 1987, Elcias Correira Mota moved to São Paulo to pursue an education in German studies. He currently works as a German teacher and “personal chef“ to small groups of friends and their friends, where he is able to express his passion for the culinary arts. (p. 42) Renato Cymbalista 2002), São Paulo 360° (with Helmut Batista, Ed. Panaview, 2008) and Sangue, ossos e terras: os mortos e a ocupação do território luso-brasileiro (Ed. Alameda / FAPESP, 2011). (p. 268) Jorge de Almeida ist Doktor der Philosophie und Professor für vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität São Paulo. Er arbeitet als Übersetzer und Musikkritiker, ist Autor des Buches Crítica dialética em Theodor Adorno (Adornos kritische Dialektik, 2007) und verschiedener Essays zu Musikgeschichte, Modernismus und Avantgarde sowie Herausgeber der dreibändigen Reihe Pensamento alemão no séc. XX (Deutsche Denker des 20. Jahrhunderts). (S. 121) Jorge de Almeida é doutor em Filosofia e professor de Teoria Literária e Literatura comparada na Universidade de São Paulo. Tradutor e crítico musical, é autor de Crítica dialética em Theodor Adorno (2007) e vários ensaios sobre história da música, modernismo e vanguardas, além de organizador dos três volumes da série Pensamento alemão no séc. XX. ist Architekt und Stadtplaner und erwarb seinen Master- und Doktortitel an der Fakultät für Architektur und Städtebau an der Universität von São Paulo. Er ist Professor für Stadtentwicklung und Städtebau an der gleichen Fakultät und war Koordinator für den Bereich Städtebau am Institut Pólis (2003–2008). Renato Cymbalista ist Autor verschiedener Bücher und Artikel zur Stadtgeschichte und Stadtplanung, darunter Cidades dos vivos: arquitetura e atitudes perante a morte nos cemitérios do estado de São Paulo (Ed. Anna Blume / FAPESP, 2002), São Paulo 360° (mit Helmut Batista, Ed. Panaview, 2008) und Sangue, ossos e terras: os mortos e a ocupação do território lusobrasileiro (Ed. Alameda / FAPESP, 2011). is a Doctor of Philosophy and Professor of Comparative Literature at the University of São Paulo. He works a a translator and music critic, is author of the book Crítica dialética em Theodor Adorno (Adorno‘s Critical Dialectic, 2007) and various essays on music history, Modernism, and avant-garde as well as the editor of a three-volume series Pensamento alemão no séc. XX (German Thinkers of the 20th Century). (S. 267) (p. 121) Renato Cymbalista é arquiteto e urbanista, mestre e doutor pela Faculdade de Arquitetura e Urbanismo da Universidade de São Paulo. É professor de Urbanização e Urbanismo na mesma Faculdade. Foi coordenador da área de urbanismo do Instituto Pólis (2003– 2008). É autor de diversos livros e artigos sobre história urbana e planejamento urbano, entre os quais Cidades dos vivos: arquitetura e atitudes perante a morte nos cemitérios do estado de São Paulo (Ed. Anna Blume / FAPESP, 2002), São Paulo 360° (com Helmut Batista, Ed. Panaview, 2008) e Sangue, ossos e terras: os mortos e a ocupação do território luso-brasileiro (Ed. Alameda / FAPESP, 2011). (p. 267) Renato Cymbalista is an architect and urban planner and earned his Master‘s and Doctor‘s degrees at the Department of Architecture and Urbanism at the University of São Paulo. He is Professor of Urbanization and Urban Development in the same department and was coordinator for the area of urban planning at the Pólis Institute (2003–2008). Renato Cymbalista is the author of different books and articles on urban history and planning, including Cidades dos vivos: arquitetura e atitudes perante a morte nos cemitérios do estado de São Paulo (Ed. Anna Blume / FAPESP, (p. 121) Jorge de Almeida Tereza de Arruda wurde in São Paulo geboren, arbeitet als freie Kuratorin und lebt seit 1989 in Berlin. Dort studierte sie Kunstgeschichte. Tereza de Arruda war als Kuratorin bei der Documenta 11 tätig, ebenso im Haus der Kulturen der Welt in Berlin, im ZKM / Karlsruhe, bei internationalen Biennalen, im Museu de Arte de São Paulo und an anderen Institutionen. (S. 197) Tereza de Arruda Paulistana, curadora independente, vive desde 1989 em Berlim, onde estudou história da arte. Fez curadorias e projetos na Documenta 11, Casa das Culturas do Mundo / Berlim, ZKM / Karlsruhe, bienais internacionais, Museu de Arte de São Paulo, entre outros. (p. 197) Tereza de Arruda is a São Paulo native and independent curator living in Berlin since 1989, where she studied art history. Tereza de Arruda was responsible for curating and developing projects at Documenta 11, Casa das Culturas do Mundo / Berlin, ZKM / Karls- 275 276 ruhe, international biennales and the São Paulo Museum of Art (MASP), among others. Harryette Mullen, Rosmarie Waldrop und Ezequiel Zaidenwerg. Seit 2002 lebt und arbeitet er in Berlin. (p. 198) (S. 83) Michael de la Fontaine ist in Frankfurt/Main aufgewachsen, Diplomsoziologe und promovierter Musikwissenschaftler mit zahlreichen Lehraufträgen und wissenschaftlichen Veröffentlichungen. In den 60er Jahren war Michael de la Fontaine Teil des Liedermacher-Duos „Christopher & Michael“, das mehrere LPs und Singles aufgenommen hat und bei zahlreichen Konzerten aufgetreten ist. Mehr als 30 Jahre hat er für das Goethe-Institut gearbeitet, von 1987 bis 1992 war er Programmreferent für Brasilien in São Paulo. Michael de la Fontaine ist Projektkoordinator für das Deutschlandjahr 2013 in Brasilien. Er ist verheiratet, hat vier Kinder und lebt in Berlin. (S. 16) Michael de la Fontaine cresceu em Frankfurt. Formou-se em Sociologia, doutorou-se em Musicologia, publicou em inúmeras publicações especializadas e atuou na área de ensino. Nos anos 60, fez parte da dupla “Christopher & Michael“, com vários LPs e singles gravados, além de inúmeros concertos. Trabalhou durante mais de 30 anos para o Instituto Goethe, tendo sido diretor regional do Brasil, de 1987 a 1992, em São Paulo. É coordenador do Ano da Alemanha no Brasil, em 2013. Casado, tem quatro filhos e vive em Berlim. (p. 16) Michael de la Fontaine grew up in Frankfurt/Main and, after studying sociology and completing his doctorate in musicology, has had numerous lectureships and scientific publications. In the 60s, Michael de la Fontaine was a part of the singer-songwriter duo “Christopher & Michael“ recorded on several LPs and singles and appearing in numerous concerts. He worked at the Goethe Institute for more than 30 years and was a program officer for Brazil from 1987 to 1992. Michael de la Fontaine is the project coordinator for the Germany Year 2013 project in Brazil. He is married, has four children, and lives in Berlin. (p. 17) Ricardo Domeneck wurde 1977 in Bebedouro, São Paulo, geboren. Er veröffentlichte die Bücher Carta aos anfíbios (Bem-Te-Vi, 2005), A cadela sem Logos (Cosac Naify / 7Letras, 2007), Sons: Arranjo: Garganta (Cosac Naify / 7Letras, 2009), Cigarros na cama (Berinjela / Modo de Usar & Co., 2011), Ciclo do amante substituível (7Letras, 2012) und Körper: Ein Handbuch (Verlagshaus J. Frank, 2013). Ricardo Domeneck ist Mitherausgeber der Zeitschriften Modo de Usar & Co. und Hilda. Er arbeitete für brasilianische und ausländische Literaturzeitschriften und seine Gedichte wurden ins Deutsche, Englische, Spanische, Katalanische, Französische, Holländische, Slowenische, Schwedische und Arabische übersetzt. Lesungen und Performances führten ihn nach Buenos Aires, Mexiko-Stadt, Brüssel, Barcelona, Ljubljana und Dubai. Ricardo Domeneck übersetzte Gedichte von Hans Arp, Friederike Mayröcker, Frank O‘Hara, Jack Spicer, Ricardo Domeneck nasceu em Bebedouro, São Paulo, em 1977. Lançou os livros Carta aos anfíbios (Bem-Te-Vi, 2005), A cadela sem Logos (Cosac Naify / 7Letras, 2007), Sons: Arranjo: Garganta (Cosac Naify / 7Letras, 2009), Cigarros na cama (Berinjela / Modo de Usar & Co., 2011), Ciclo do amante substituível (7Letras, 2012) e Körper: Ein Handbuch (Verlagshaus J. Frank, 2013). É coeditor das revistas Modo de Usar & Co. e Hilda. Colaborou com revistas literárias brasileiras e estrangeiras e seus poemas foram traduzidos para o alemão, inglês, castelhano, catalão, francês, holandês, esloveno, sueco e árabe. Apresentou leituras e performances em Buenos Aires, Cidade do México, Bruxelas, Barcelona, Liubliana e Dubai. Traduziu poemas de Hans Arp, Friederike Mayröcker, Frank O‘Hara, Jack Spicer, Harryette Mullen, Rosmarie Waldrop e Ezequiel Zaidenwerg. Vive desde 2002 em Berlim, na Alemanha. Tanja Dückers was born in Berlin (West) in 1968 and is a writer and publicist. After several stays abroad, she lives today with her family in Berlin. Her most recent publications are the novel Hausers Zimmer (2011) and a book of poetry, Fundbüros und Verstecke (2012). (p. 131) Cassiano Elek Machado (p. 84) ist Sonderreporter der Zeitung Folha de S.Paulo, bei der er schon einmal zwischen 1996 und 2005 gearbeitet hat. Er studierte Journalismus an der PUC-SP (Pontifícia Universidade Católica de São Paulo), Sozialwissenschaften an der USP (Universidade de São Paulo) und Spanische Kultur an der Universidad Complutense (Madrid). Cassiano Elek Machado war Chefredakteur der Zeitschrift Trip und einer der Mitbegründer der Zeitschrift Piauí, für die er zwei Jahre als Journalist und Herausgeber arbeitete. 2007 war er Programmdirektor des Literaturfestivals FLIP (Festa Literária Internacional de Paraty) und 2008 Cheflektor des Verlags Cosac Naify. Ricardo Domeneck (S. 123) was born in 1977 in Bebedouro, São Paulo. He has published the books Carta aos anfíbios (Bem-Te-Vi, 2005), A cadela sem Logos (Cosac Naify / 7Letras, 2007), Sons: Arranjo: Garganta (Cosac Naify / 7Letras, 2009), Cigarros na cama (Berinjela / Modo de Usar & Co., 2011), Ciclo do amante substituível (7Letras, 2012) and Körper: Ein Handbuch (Verlagshaus J. Frank, 2013). Ricardo Domeneck is the co-editor of the magazines Modo de Usar & Co. and Hilda. He has worked for Brazilian and foreign literary journals and his poems have been translated into German, English, Spanish, Catalan, French, Dutch, Slovenian, Swedish, and Arabic. Readings and performances have taken him to Buenos Aires, Mexico City, Brussels, Barcelona, Ljubljana, and Dubai. Ricardo Domeneck has translated poems by Hans Arp, Friederike Mayröcker, Frank O‘Hara, Jack Spicer, Harryette Mullen, Rosmarie Waldrop, and Ezequiel Zaidenwerg. Since 2002 he lives and works in Berlin. Cassiano Elek Machado (p. 84) Tanja Dückers wurde 1968 in Berlin (West) geboren, ist Schriftstellerin und Publizistin. Nach verschiedenen Auslandsaufenthalten lebt sie heute mit ihrer Familie in Berlin. Zuletzt erschienen von ihr der Roman Hausers Zimmer (2011) sowie der Lyrikband Fundbüros und Verstecke (2012). (S. 131) é repórter especial da Folha de S.Paulo, onde já havia trabalhado por nove anos, entre 1996 e 2005. Estudou Jornalismo na PUC-SP, Ciências Sociais na USP e Cultura Espanhola na Universidad Complutense (Madrid). Foi redator-chefe da revista Trip e integrou a equipe inicial da revista Piauí, da qual foi repórter e editor por dois anos. Foi diretor de programação da FLIP (Festa Literária Internacional de Paraty), em 2007, e diretor editorial da Cosac Naify, de 2008 a 2012. (p. 123) Cassiano Elek Machado is a senior reporter at the newspaper Folha de S.Paulo, where he previously had worked nine years, from 1996 to 2005. He studied journalism at the PUC-SP (Pontifícia Universidade Católica de São Paulo), social sciences at the USP (University of São Paulo) and Spanish culture at Universidad Complutense (Madrid). Cassiano Elek Machado was editor-in-chief of Trip magazine and part of the initial team of magazine Piauí, where he was a reporter and editor for two years. He was the programming director of the Paraty International Literary Festival (FLIP) in 2007 and Cosac Naify‘s editorial director from 2008 to 2012. (p. 123) Tanja Dückers Alex Flemming nasceu em 1968, na Berlim ocidental. É escritora e jornalista. Após vários períodos no exterior, mora atualmente com sua família, em Berlim. Recentemente, publicou o romance Hausers Zimmer (Quartos da casa, 2011) e o livro de poemas Fundbüros und Verstecke (Achados e perdidos, 2012). wurde 1954 in São Paulo geboren. Er ist bildender Künstler und pendelt seit den 1990er Jahren zwischen São Paulo und Berlin. Alex Flemming hatte eine Reihe von Einzelausstellungen und war an mehreren Gruppenausstellungen wie u. a. 1981/83/91 der Biennale São Paulo, von 1986 bis 1997 der Havanna Biennale und 1998 der Ausstellung „Der Brasilianische Blick“ im Haus der Kulturen der Welt, Berlin beteiligt. (p. 131) (S. 47) Alex Flemming Rodolfo García Vázquez nasceu em 1954 em São Paulo. É artista plástico e vive entre São Paulo e Berlim desde os anos 1990. Fez uma série de exposições individuais e participou de diversas exposições coletivas, como da Bienal de São Paulo em 1981, 1983 e 1991, da Bienal de Havana nos anos de 1986 e 1997, e em 1998 da exposição “O olhar brasileiro” no Haus der Kulturen der Welt, Berlin. (p. 47) wurde in São Paulo geboren, wuchs im Vorstadtviertel Carandiru auf und spielte in seiner Kindheit hinter dem gleichnamigen Gefängnis. Er ist Theaterdirektor und Gründer der Gruppe „Os Satyros“. Mit seinen umfangreichen Erfahrungen in über zwanzig Ländern sagt Rodolfo García Vázquez, daß er keine so schwierige und rätselhafte Stadt wie São Paulo kennt. Das Stadtzentrum, dieses wankende Herz der Metropole, wurde in mehreren seiner Theaterstücke zum Hauptdarsteller. Alex Flemming (S. 74) Myriam Claire Gautschi was born in São Paulo in 1954. He is a visual artist and commutes since the 1990s between São Paulo and Berlin. Since 1981, Alex Flemming has had a number of solo exhibitions and has participated in several group exhibitions, including the 1981, 1983, and 1991 of the São Paulo Biennial, the 1986 to 1997 in the Havana Biennial, and in the 1998 exhibition “The Brazilian Look” at the House of World Cultures in Berlin. Rodolfo García Vázquez was born in Bern in 1959. After studying architecture at the ETH Zürich and doing a graduate thesis with Prof. Dolf Schnebli, she worked in an architecture office in Zürich und founded the company ZETBE for the manufacture and sales of her own design products. Thereafter, Myriam Claire Gautschi was an research assistant at the ETH Zürich and founded in 1990 together with Günther H. Zöller the PAK Office of Planning, Architecture, and Concept Design in Karlsruhe. Since then, she has had lectureships in Switzerland and in Germany. Since 2002 she has been professor at the College of Engineering, Business and Design (HTWG) in Constance. In 2007 and in 2011 Myriam Claire Gautschi spent two sabbaticals in Rio de Janeiro und São Paulo and in 2012, she organized and directed the 1st summer school of the HTWG Konstanz in São Paulo. She lives in Germany, is married and has adopted with her husband two Brazilian children. (p. 47) nascido em São Paulo, foi criado no suburbano bairro do Carandiru e cresceu brincando nos fundos do presídio homônimo. É diretor teatral e fundador do grupo “Os Satyros“. Em sua vasta experiência trabalhando em mais de vinte países, diz nunca ter conhecido uma cidade tão difícil e enigmática quanto São Paulo. O centro da cidade, esse coração cambaleante da metrópole, se converteu em protagonista de várias de suas obras teatrais. Helmut Galle (p. 73) wurde 1954 in Wittenberg geboren und siedelte 1961 in die Bundesrepublik über. Nach der Schul- und Bundeswehrzeit in Hannover studierte er Germanistik an der Freien Universität Berlin und schloß mit einer Arbeit über den Psalm als Gattung der deutschen Lyrik (mit Inka Bach) ab. Von 1989 bis 2000 war Helmut Galle als DAAD-Lektor an Universitäten in Aveiro, Recife und Buenos Aires tätig. Seit 2001 ist er Professor für Deutsche Literatur an der Universität São Paulo. Helmut Galle hat über deutsche Literatur, Autobiographie und zum kulturellen Gedächtnis publiziert. Rodolfo García Vázquez (S. 77) (p. 73) Helmut Galle nasceu em Wittenberg, em 1954, e migrou para a Alemanha Ocidental, em 1961. Após completar os estudos escolares e servir às forças armadas, graduou-se em Germanística, na Freie Universität Berlin (Universidade Livre de Berlim), com uma monografia sobre o Salmo como gênero da Literatura Alemã, escrita em conjunto com Inka Bach. Entre 1989 e 2000, foi leitor do DAAD nas universidades de Aveiro, Recife e Buenos Aires. Desde 2001, é professor de Literatura Alemã na Universidade de São Paulo. Possui publicações sobre literatura alemã, autobiografia e memória cultural. (p. 77) Helmut Galle was born in 1954 in Wittenberg and settled in western Germany in 1961. After school and military service in Hannover, he studied German literature at the Free University of Berlin, graduating with a dissertation on the psalm as a genre of German poetry (with Inka Bach). From 1989 to 2000 Helmut Galle was a DAAD lecturer at universities in Aveiro, Recife and Buenos Aires. Since 2001 he has been Professor of German Literature at the University of São Paulo. Helmut Galle has published works on German literature, autobiography, and cultural memory. (p. 77) was born in São Paulo, raised in the suburban neighborhood of Carandiru and grew up playing near the similarly named jail. He is a theater director and founder of “Os Satyros“ group. With vast experience working in over twenty countries, Rodolfo García Vázquez says he has never seen such an enigmatic and difficult city as São Paulo. The city‘s downtown, that staggering metropolitan heart, is the protagonist of several of his plays. Myriam Claire Gautschi wurde 1959 in Bern geboren. Nach einem Architekturstudium an der ETH Zürich und Diplom bei Prof. Dolf Schnebli hat sie in einem Architekturbüro in Zürich gearbeitet und die Firma ZETBE zur Herstellung und zum Vertrieb eigener Design-Artikel gegründet. Danach war Myriam Claire Gautschi Assistentin an der ETH Zürich und hat 1990 zusammen mit Günther H. Zöller das PAK-Büro für Planung, Architektur und Konzeptdesign in Karlsruhe gegründet. Seitdem hatte sie Lehraufträge in der Schweiz und in Deutschland. Seit 2002 ist sie Professorin an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Konstanz. 2007 und 2011 hat Myriam Claire Gautschi zwei Forschungssemester in Rio de Janeiro und São Paulo verbracht sowie 2012 die 1. Summerschool der HTWG Konstanz in São Paulo organisiert und geleitet. Sie wohnt in Deutschland, ist verheiratet und hat mit ihrem Mann zwei brasilianische Kinder adoptiert. sign. Desde então, dá aulas na Suiça e na Alemanha. Desde 2002, é professora na Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (Escola Superior de Tecnologia, Economia e da Forma), em Constança. Em 2007 e 2011, realizou dois semestres de pesquisa no Rio de Janeiro e em São Paulo, bem como organizou e dirigiu, em 2012, o 1° summerschool da HTWG em São Paulo. Mora na Alemanha, casada, e tem dois filhos brasileiros adotados. (p. 57 / 149) (p. 58 / 150) Martin Gegner hat Politikwissenschaften studiert und in Soziologie in Berlin promoviert. Dort arbeitete er als Forscher und Dozent an verschiedenen Wissenschaftsinstitutionen. Seit 2010 ist Martin Gegner Gastprofessor für Stadt- und Architektursoziologie an der Faculdade de Arquitetura e Urbanismo (FAU) der Universidade São Paulo (USP). Zugleich leitet er das Büro des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in São Paulo. (S. 79) Martin Gegner estudou Ciências Políticas e se doutorou em Sociologia, em Berlim, onde trabalhou como pesquisador e professor em diferentes instituições. Desde 2010, é professor visitante de Fundamentos Sociais de Arquitetura e Urbanismo da Faculdade de Arquitetura e Urbanismo (FAU) da Universidade de São Paulo. Ademais, dirige o escritório do Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD, Serviço alemão de intercâmbio acadêmico), em São Paulo. (p. 80) (S. 57 / 149) Martin Gegner Myriam Claire Gautschi studied political science and completed his doctorate in sociology in Berlin. There he worked as a researcher and lecturer at various academic institutions. Since 2010 Martin Gegner has been a visiting Professor for Urban and Architectural Sociology at the Faculdade de Arquitetura e Urbanismo (FAU) of the Universidade São Paulo (USP). He also directs the office of the German Academic Exchange Service (DAAD) in São Paulo. nasceu em Berna, em 1959. Formou-se em Arquitetura na ETH Zürich e, depois de concluir o mestrado sob a supervisão do professor Dolf Schnebli, trabalhou em um escritório de arquitetura e fundou a firma ZETBE, para a produção e marketing dos próprios produtos. Foi assistente na ETH Zürich e, em 1990, juntamente com Günther H. Zöller, fundou em Karlsruhe o escritório PAK, para planejamento, arquitetura e concept de- (p. 81) 277 278 Barbara Göbel hat Ethnologie in München und Göttingen studiert und war an den Universitäten Göttingen, Tübingen, Bonn, Köln und Hohenheim in der Forschung und Lehre tätig. Sie war Postdoc-Stipendiatin am Laboratoire d’Anthropologie Social (Collège de France), Paris, sowie Gastprofessorin an verschiedenen Universitäten in Argentinien, Bolivien und Chile. Im Rahmen mehrerer interdisziplinärer Projekte war Barbara Göbel für längere Forschungsaufenthalte im Andenhochland NordwestArgentiniens und Nord-Chiles. Von 2002 bis 2005 war sie Executive Director der internationalen Wissenschaftsorganisation „International Human Dimensions Programme on Global Environmental Change“, seit Juni 2005 ist sie Direktorin des Ibero-Amerikanischen Instituts (IAI) der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin. Barbara Göbel hat zu den Themen Mensch-Umwelt-Beziehungen, sozial-ökologische Ungleichheiten und transregionale Wissensasymmetrien publiziert. (S. 109) Barbara Göbel estudou Etnologia, em Munique e em Göttingen, e trabalhou como pesquisadora e docente nas universidades de Göttingen, Tübingen, Bonn, Colônia e Hohenheim. Foi bolsista de pósdoutorado no Laboratorie d’Anthropologie Social do Collège de France, em Paris, além de ter sido professora visitante em diversas universidades da Argentina, Bolívia e Chile. Devido a vários projetos interdisciplinares, passou longos períodos nas regiões andinas, no noroeste argentino e no norte do Chile. Entre 2002 e 2005, trabalhou como diretora executiva da organização científica internacional “International Human Dimensions Programme on Global Environmental Change“ e, desde junho de 2005, é diretora do Instituto Ibero-Americano (IAI, para a sigla em alemão) da Stiftung Preußischer Kulturbesitz (Fundação do Patrimônio Cultural Prussiano), em Berlim. Publicou artigos sobre a relação homem-meio ambiente, desigualdades socioecológicas e assimetrias de conhecimento transregionais. (p. 109) Barbara Göbel studied anthropology in Munich and Göttingen and has had research and teaching stints at the universities of Göttingen, Tübingen, Bonn, Cologne and Hohenheim. She was a postdoctoral fellow at the Laboratory of Social Anthropology (Collège de France), Paris, as well as visiting professor at different universities in Argentina, Bolivia and Chile. As part of several interdisciplinary projects, Barbara Göbel had longer research stays in the Andes highlands, in northwestern Argentina and northern Chile. From 2002 to 2005 she was Executive Director of the scientific organization, “International Human Dimensions Programme on Global Environmental Change” and since June 2005 she has been Director of the Ibero-American Institute (IAI) of the Prussian Cultural Heritage Foundation in Berlin. Barbara Göbel has published on the topics of human-environment relationships, social-ecological inequalities and trans-regional knowledge asymmetries. (p. 110) und arbeitet seit 1991 in Berlin. 2012 war er mit „The Pavilion of World Fairs“ an der Ausstellung „The World Is Not Fair – Die Große Weltausstellung“ auf dem Tempelhofer Feld in Berlin und mit Zeichnungen und Früchte-Trocknern im Rahmen seines Projektes BIOCUB an der 11. Havanna Biennale beteiligt. (S. 37) Erik Göngrich é um artista plástico interessado em um trabalho cru, direto, espontâneo, desenhado, arquitetural, de cores vivas, subjetivo, documentarista e escultural, um trabalho que provoque o observador. Formado em Artes e Arquitetura, vive e trabalha desde 1991 em Berlim. Em 2012, participou, com “The Pavilion of World Fairs“, da exposição “The World Is Not Fair“ no Tempelhofer Feld, em Berlim, e da décima primeira Bienal de Havana, apresentando seus trabalhos com desenhos e secadores de fruta, no contexto do seu projeto BIOCUB. (p. 37) Erik Göngrich is an artist interested in raw, direct, spontaneous, graphic, architectural, colorful, subjective, documentary and sculptural work that excites the viewer. He is a trained artist and architect who has worked in Berlin since 1991. In 2012 he took part in the exhibition “The World Is Not Fair“ at Tempelhof Field in Berlin with “The Pavilion of World Fairs“ and with drawings and fruit dryers as a part of his project BIOCUB at the 11th Havana Biennial. (p. 38) Ana Gonçalves Magalhães ist Dozentin und Kuratorin der Abteilung Kunstforschung, Kunsttheorie und -kritik am Museu de Arte Contemporânea der Universität São Paulo. Als Kunsthistorikerin war sie zwischen 2001 und 2008 für die Publikationen der Fundação Bienal de São Paulo verantwortlich. Seit 2000 ist Ana Gonçalves Magalhães Mitglied des Comitê Brasileiro de História da Arte (CBHA). Sie besitzt einen Bachelor in Geschichte der Universidade Estadual de Campinas (UNICAMP, 1992), einen Master in Kunst- und Kulturgeschichte der gleichen Universität (1995) und den Doktortitel in Kunstgeschichte und Kunstkritik der Universidade de São Paulo (USP, 2000). (S. 68) Ana Gonçalves Magalhães é docente e curadora da Divisão de Pesquisa em Arte, Teoria e Crítica do Museu de Arte Contemporânea da Universidade de São Paulo. Historiadora da arte, atuou como coordenadora editorial da Fundação Bienal de São Paulo entre 2001 e 2008. Membro do Comitê Brasileiro de História da Arte (CBHA) desde 2000. Possui bacharelado em História pela Universidade Estadual de Campinas (UNICAMP, 1992), mestrado em História da Arte e da Cultura pela mesma universidade (1995), e doutorado em História e Crítica da Arte pela Universidade de São Paulo (USP, 2000). Erik Göngrich (p. 67) ist ein Künstler, der an rauher, direkter, spontaner, zeichnerischer, architekturaler, farbenfroher, subjektiver, dokumentarischer und skulpturaler Arbeit interessiert ist, die die Betrachter anregt. Er ist ausgebildeter Künstler und Architekt und lebt Ana Gonçalves Magalhães is Art Professor and Curator of the Art, Theory and Criticism Research Division of the Contemporary Art Museum of the Univer- sity of São Paulo. An art historian, she has worked as editorial coordinator of the São Paulo Biennial Foundation from 2001 to 2008. Ana Gonçalves Magalhães has been a member of the Brazilian Art History Committee (CBHA) since 2000. She holds a Bachelor‘s degree in history from the São Paulo State University in Campinas (UNICAMP, 1992), a Master of Arts in Art and Culture History from the same university (1995) and a Ph.D. in Art History and Criticism from the University of São Paulo (USP, 2000). (p. 67) Irene González Pino ist seit 2004 CEO der Banco República Oriental del Uruguay (BROU) in São Paulo, wo sie auch als Repräsentantin des Espacio Uruguay (ein Handels- und Kulturzentrum der BROU) tätig ist, an dessen Entwurf und Konzept sie beteiligt war. Irene González Pino ist Mitglied des Comité Fiscal der ABBI und nimmt regelmäßig an den Konferenzen der BID und FELABAN in Nord- und Südamerika teil. Sie studierte an der Universität für Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften in Montevideo (Uruguay), wo sie geboren ist. Irene González Pino begann ihre Laufbahn in der Banco Real (Uruguay, Porto Alegre, Rio de Janeiro, São Paulo) und in der Royal Bank of Canada (London, Guernsey und Jersey). 15 Jahre lang arbeitete sie freiberuflich, war an verschiedenen Forschungsarbeiten beteiligt und lehrte am Ausbildungszentrum der BROU in Uruguay. (S. 141 / 145) Irene González Pino é CEO do Banco República Oriental del Uruguay na cidade de São Paulo desde 2004, onde também atua como Representante do Espacio Uruguay (primeiro espaço de negócios e cultural no exterior do BROU), tendo participado ativamente do desenho, estrutura, logística e criação do mesmo a partir de 2011. É membro do Comitê Fiscal da ABBI. Participa nas reuniões e confêrencias do BID e FELABAN em múltiplas cidades do continente americano. Formou-se na Universidade de Ciências Econômicas e de Administração em Montevidéu, Uruguai, onde nasceu. Começou seu trabalho no setor bancário atuando no Banco Real (Uruguay, Porto Alegre, Rio de Janeiro, São Paulo) e no Royal Bank of Canadá (Londres, Guernsey e Jersey), onde está até o presente. Exerceu a profissão de forma independente durante 15 anos. Participou de vários trabalhos de investigação. Foi docente do Centro de Capacitação do BROU no Uruguai. (p. 141 / 145) Irene González Pino has been the CEO of the Banco República Oriental del Uruguay (BROU) in São Paulo since 2004, where she also works as a representative of Espacio Uruguay (a commercial and cultural center of the BROU), which she was involved in designing and creating. Irene González Pino is a member of the Comité Fiscal of the ABBI and participates regularly in the conferences of the BID and FELABAN in North and South America. She studied at the University of Economics and Administrative Sciences in Montevideo (Uruguay), where she was born. Irene González Pino began her career at the Banco Real (Uruguay, Porto Alegre, Rio de Janeiro, São Paulo) and at the Royal Bank of Canada (London, Guernsey, and Jersey). She worked for 15 years as a freelancer, has been involved in various research projects and taught at the training center of the BROU in Uruguay. (p. 142 / 146) Rafael Haddad Rainer Hehl Michael Horn wurde in São Paulo geboren und ist Jurist. Mehr als 12 Jahre war Rafael Haddad in den bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland / Europa und Brasilien / MERCOSUR aktiv, arbeitete in verschiedenen Management-Funktionen und war als Vertreter diverser Institutionen und Unternehmen in beiden Ländern tätig. Seit 2010 ist er Geschäftsführer des BDI Brazil Boards in Berlin. is an architect and an urban planner. Currently, he directs the Master of Advanced Studies in Urban Design at the ETH Zürich. As a curator for the 4th Architecture Biennale in Rotterdam (IABR) 2009 he initiated favela upgrading projects on five test sites in Paraisópois, São Paulo. In addition to having lectured widely on urban informality, popular architecture, and hybrid urbanities, Hehl co-founded the non-profit organization and online network urbaninform.net. He edited Building Brazil! and Informalize! (Ruby Press, 2011) and most recently Cidade de Deus – City of Gods (Ruby Press, 2013). Rainer Hehl holds a Ph.D. from the ETH Zürich on urbanization strategies for informal settlements, focusing on case studies in Rio de Janeiro. wurde in Stuttgart geboren. Seit 2005 ist er stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der Landesbank Baden-Württemberg, seit 2008 Honorarkonsul von Brasilien in Baden-Württemberg. (S. 165) Rafael Haddad nasceu em São Paulo e é jurista. Durante mais de 12 anos, participou ativamente das relações bilaterais entre Alemanha / Europa e Brasil / Mercosul, trabalhando em diferentes funções na área de gestão, além de atuar como representante de diversas instituições e companhias nos dois países. Desde 2010, é diretor chefe do BDI Brazil Boards, em Berlim. (p. 165) Rafael Haddad was born in São Paulo and is a lawyer. For more than 12 years Rafael Haddad was active in the bilateral relations between Germany / Europe and Brazil / MERCOSUR, worked in different management positions and worked as a representative of several different institutions and companies in both countries. Since 2010 he has been the Managing Director of the BDI Brazil Boards in Berlin. (S. 23) Michael Horn nasceu em Stuttgart. Desde 2005, é vice-presidente do Conselho do Landesbank Baden-Württemberg e, desde 2008, cônsul honorário do Brasil, em Baden-Württemberg. (p. 23) (p. 206) Peter Herrmann wurde 1949 in Güstrow/Mecklenburg geboren. Nach einem Studium in Jura, Germanistik und Politik in Marburg/Lahn war er ab 1980 Lehrer an zwei UNESCO-Modellschulen in Hessen, ab 1990 in der Schulleitung tätig und hat Konzepte zur Ausländerpädagogik in der Lehrerfortbildung und im Hessischen Kultusministerium entwickelt. Von 1995 bis 2000 war Peter Herrmann Deutscher Schulleiter am Colegio Visconde de Porto Seguro in São Paulo. Danach, von 2000 bis 2012, war er Schulleiter in Darmstadt sowie Initiator und Projektleiter „Internationale Begegnungsschule, Darmstadt“. Seit August 2012 betreibt Peter Herrmann die selbständige Fach- und Prozeßberatung „BildungsZukunft“. Michael Horn was born in Stuttgart. Since 2005, he has been Deputy Chairman of the Management Board of the Landesbank BadenWürttemberg. Since 2008, he has been an Honorary Consul of Brazil in Baden-Württemberg. (p. 24) Alfons Hug wurde 1950 in Hochdorf geboren. Er leitet seit 2002 das Goethe-Institut in Rio de Janeiro. 2002 und 2004 kuratierte Alfons Hug die Biennale von São Paulo sowie 2003 und 2005 den Brasilianischen Pavillon auf der Biennale von Venedig. (p. 166) (S. 169) (S. 233) Rainer Hehl Peter Herrmann Alfons Hug ist Architekt und Stadtplaner. Derzeit leitet er den Masterstudiengang in Städtebau an der ETH Zürich. Als ein Kurator der vierten Architekturbiennale in Rotterdam (IABR) 2009 initiierte er Favela-Aufwertungsprojekte auf fünf Testgrundstücken in Paraisópois, São Paulo. Zusätzlich zu vielen gehaltenen Vorlesungen über urbane Informalität, Populärarchitektur und hybride Urbanitäten ist Rainer Hehl Mitbegründer der Nonprofit-Organisation und des Online-Netzwerks urbaninform.net. Er veröffentlichte Building Brazil! und Informalize! (Ruby Press, 2011) und vor kurzem Cidade de Deus – City of Gods (Ruby Press, 2013). Rainer Hehl promovierte an der ETH Zürich über Urbanisierungsstrategien für informelle Siedlungen, mit dem Schwerpunkt auf Fallbeispielen in Rio de Janeiro. nasceu em 1949, em Güstrow/Mecklenburg, Alemanha. Após estudos de Direito, Germanística e Política em Marburg/Lahn, foi professor, a partir dos anos 1980, em duas escolas-modelo da UNESCO, em Hessen, e, desde 1990, passou a fazer parte da direção da escola, desenvolvendo conceitos de pedagogia para estrangeiros no “Lehrerfortbildung“ (centro de formação de professores) e no Ministério de Cultura de Hessen. De 1995 a 2000, foi diretor de alemão do Colégio Visconde de Porto Seguro. Depois disso, até 2012, foi diretor em Darmstadt bem como iniciador e projetista da “Escola Bilíngue Internacional“, em Darmstadt. Desde agosto de 2012, oferece consultoria técnica e de acompanhamento em educação do futuro. nasceu em 1950, em Hochdorf. Desde 2002, dirige o Instituto Goethe no Rio de Janeiro. Em 2002 e em 2004, foi curador da Bienal de São Paulo, assim como do Pavilhão Brasileiro da Bienal de Veneza, em 2003 e 2005. (p. 233) Alfons Hug was born in 1950 in Hochdorf. He has led the Goethe Institute in Rio de Janeiro since 2002. In 2002 and in 2004 Alfons Hug was curator of the São Paulo Biennial as well as curator of the Brazilian Pavilion in 2003 and 2005 at the Venice Biennale. (p. 169) (S. 205) Rainer Hehl Peter Herrmann (p. 234) Uwe Kaestner é arquiteto e urbanista. Atualmente, dirige o programa de mestrado em Urbanismo na ETH Zürich. Como curador da quarta Bienal de Arquitetura, em Roterdã (IABR), em 2009, iniciou projetos-piloto de melhorias em favela em cinco terrenos em Paraisópolis, São Paulo. Além de oferecer inúmeras palestras sobre informalidade urbana, arquitetura popular e urbanidades híbridas, é cofundador da ONG e rede social virtual urbaninform.net. Pela Ruby Press, publicou, em 2011, Building Brazil! e Informalize! e, em 2013, Cidade de Deus – City of Gods (Ruby Press, 2013). Doutorou-se pela ETH Zürich com tese sobre estratégias de urbanização para assentamentos informais, com ênfase em casos no Rio de Janeiro. was born in 1949 in Güstrow/Mecklenburg, Germany. After studying law, German literature, and political science in Marburg/Lahn, he began working as a teacher in 1980 in two UNESCO-model schools in Hessen. He continued work in school administration beginning in 1990 and developed models for teaching foreigners in teacher training and in the Hessian Ministry of Education. From 1995 to 2000 Peter Herrmann was German headmaster at the Colegio Visconde de Porto Seguro in São Paulo. Then, from 2000 to 2012, he was headmaster in Darmstadt as well as initiator and project manager of the “International Encounter School” of Darmstadt. Since August 2012, Peter Herrmann has run the independent technical and process consulting agency “BildungsZukunft“ (Educational Future). wurde 1939 in Dresden geboren. Er studierte Jura an den Universitäten Freiburg, Köln und Bonn, wo er auch promovierte. 1963 trat er in den Auswärtigen Dienst ein und begann seine diplomatische Laufbahn in Rio de Janeiro. Nach weiteren Auslandsstationen war Uwe Kaestner von 2001 bis 2004 Botschafter in Brasilien. Von 1993 bis 1995 war er Beauftragter des Auswärtigen Amtes für Lateinamerikapolitik im Range eines Botschafters und von 1998 bis 1999 Leiter der Abteilung Dritte-Welt-Politik. Seit 2004 ist Uwe Kaestner Präsident der Deutsch-Brasilianischen Gesellschaft e. V. und Mitherausgeber der Zeitschrift Tópicos. Er ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. (p. 205) (p. 170) (S. 29) 279 280 Uwe Kaestner Nelson Rubens Kunze Eckhard E. Kupfer nasceu em Dresden, em 1939. Estudou Direito nas Universidades de Freiburg, Colônia e Bonn, onde se doutorou. Em 1963, ingressou para o Serviço de Diplomacia, começando sua carreira no Rio de Janeiro. Depois de percorrer inúmeros países, foi, entre 2001 e 2004, embaixador no Brasil. De 1993 a 1995, foi representante do Ministério das Relações Exteriores para a política latino-americana, na categoria de embaixador, e, de 1998 a 1999, diretor do setor de política do terceiro mundo. Desde 2004, é presidente da Deutsch-Brasilianischen Gesellschaft e. V. (Sociedade Brasil-Alemanha) e co-editor da revista Tópicos. Casado e três filhos. wurde in São Paulo geboren. Nachdem er in Brasilien ein Ingenieurdiplom erworben und ein Musikstudium absolviert hatte, besuchte Nelson Rubens Kunze Ergänzungsstudien in Musik und Kommunikationswissenschaften in Berlin (HdK und TU). Er ist Unternehmer im Kulturbereich und herausgebender Direktor der Zeitschrift CONCERTO, eines monatlich erscheinenden Führers zur klassischen Musik in Brasilien. (p. 29) nasceu em São Paulo. Estava diplomado em engenharia e tinha terminado os seus estudos na Escola Superior de Música no Brasil quando cursou a pós-graduação em Música e Ciências da Comunicação em Berlim (Hdk e TU). Nelson Rubens Kunze é empresário cultural e diretor editorial da revista CONCERTO, um guia mensal da música clássica do Brasil. was born in 1942 in Stuttgart. After high school and an internship at a daily newspaper, Eckhard E. Kupfer studied German literature and philosophy in Stuttgart and Frankfurt/Main from 1963 on and foreign trade at the School of Transport and Foreign Trade in Bremen and graduated in 1968 with a degree in business administration. From 1968 to 2002 he worked in business with a focus on logistics, beginning in 1977 in leading positions in the USA and Brazil. Since 1998 Eckhard E. Kupfer has worked in Brazil as a journalist, since 2002, responsible for publications in the Martius Staden Institute in São Paulo. Since 2005 he has been the director of the institute. In 2012, Eckhard E. Kupfer’s book Weltgeschichten (World Histories) was published in which his German press articles and those written over the past 15 years in Brazil are summarized. Uwe Kaestner was born in 1939 in Dresden. He studied law at the universities of Freiburg, Cologne and Bonn, where he also completed his doctorate. In 1963 he joined the Foreign Service and began his diplomatic career in Rio de Janeiro. After further stints abroad, Uwe Kaestner was German ambassador to Brazil from 2001 until 2004. From 1993 to 1995 he was a representative of the Foreign Office for Latin American Policy at the rank of an ambassador and from 1998 to 1999 he was head of the Department of Third World Politics. Since 2004 Uwe Kaestner has been president of the German-Brazilian Society and co-editor of the journal Tópicos. He is married and has three grown children. (p. 30) Elisabeth Koller wurde 1951 in Regensburg geboren. Sie studierte an der Universität Regensburg Germanistik und Romanistik für das Lehrfach und hat in Bayern an Gymnasien sowie in den 1980er Jahren an der Deutschen Schule in Washington, D.C. unterrichtet. Seit 1993 lebt Elisabeth Koller in São Paulo. Nach Unterrichtsjahren an örtlichen Schulen ist sie heute als Privatlehrerin tätig. (S. 237) Elisabeth Koller nasceu em 1951 em Regensburg onde estudou Filologia Germânica e Românica para o ensino de 2° grau. Ela trabalhou como professora em diversas escolas de segundo grau na Bavária e nos anos 80 no colégio alemão de Washington, D.C. Mora em São Paulo desde 1993 e atua hoje como professora particular depois dos anos em escolas públicas. (p. 237) Elisabeth Koller was born in 1951 in Regensburg. She studied German and Romance languages at the University of Regensburg to become a school teacher and she taught in high schools in Bavaria as well as at the German School in Washington, D.C. in the 1980s. Since 1993 Elisabeth Koller has lived in São Paulo. After years of teaching at local schools she works today as a private tutor. (p. 238) (S. 252) Nelson Rubens Kunze (p. 251) Nelson Rubens Kunze was born in São Paulo. After earning an engineering degree in Brazil and graduating with a music degree, Nelson Rubens Kunze did additional studies in music and communications in Berlin (College of the Arts and the Technical University). He is an entrepreneur in the field of culture and the publishing director of the magazine CONCERTO, a monthly guide to classical music in Brazil. (p. 251) Eckhard E. Kupfer wurde 1942 in Stuttgart geboren. Nach Abitur und Volontariat bei einer Tageszeitung hat Eckhard E. Kupfer ab 1963 Germanistik und Philosophie in Stuttgart und Frankfurt/Main und Außenhandel an der Schule für Verkehr und Außenhandel in Bremen studiert und das Studium 1968 als Diplom-Kaufmann abgeschlossen. Von 1968 bis 2002 war er mit dem Schwerpunkt Logistik in der freien Wirtschaft tätig, ab 1977 in führenden Positionen in den USA und Brasilien. Seit 1998 ist Eckhard E. Kupfer in Brasilien als Journalist tätig, seit 2002 im MartiusStaden-Institut in São Paulo für Publikationen verantwortlich. Seit 2005 ist er Direktor des Instituts. 2012 ist Eckhard E. Kupfers Buch Weltgeschichten erschienen, in dem seine deutschsprachigen, in den letzten 15 Jahren in Brasilien entstandenen Presseartikel zusammenfaßt sind. (S. 91 / 172) Eckhard E. Kupfer nasceu em 1942, em Stuttgart. Depois de concluir o ensino médio, trabalhou como voluntário em um jornal, até começar, em 1963, seus estudos de Germanística e Filosofia, em Stuttgart, e de Comércio Exterior, na Escola de Relações e Comércio Exteriores, em Bremen. Em 1968, formou-se em management assistent. De 1968 a 2002, atuou na área de logística no setor privado, tendo, desde 1977, assumido posições de liderança nos EUA e no Brasil. Desde 1998 trabalha como jornalista no Brasil e, desde 2002, é responsável pelas publicações do Instituto Martius Staden, do qual é diretor desde 2005. Em 2012, publicou Weltgeschichten (Histórias mundiais), uma compilação dos seus artigos publicados nos últimos quinze anos, no Brasil. (p. 91 / 171) (p. 92 / 171) Josef Lenz hat an der Universität Stuttgart Architektur und Städtebau studiert und seit dem Diplom 1983 als selbständiger Architekt gearbeitet. Von 1987 bis 1991 war er Assistent am Institut für Baukonstruktion und Entwerfen, 1991 wurde er Professor für Entwerfen, Gestalten und Konstruieren an der Architekturfakultät der Hochschule für Wirtschaft, Technik und Gestaltung in Konstanz. 1992 hat Josef Lenz zusammen mit Heinz Nagler ein Architekturbüro in Stuttgart gegründet. Seit 1997 hat er zu einer Reihe von Themen geforscht, wie zur Architektur der Niederlande (Berlage-Institut, Amsterdam / TU Delft, 1997), über das Hofhaus in Spanien (Universität Sevilla, 2003) und über „Kinderwelten“ (Universität Köln 2008). (S. 179) Josef Lenz estudou Arquitetura e Urbanismo na Universidade de Stuttgart e desde 1983 trabalha como arquiteto autônomo. Entre 1987 e 1991, trabalhou como assistente no Instituto de Construção Civil e Planejamento e, em 1991, tornou-se professor de Planejamento, Forma e Construção da Faculdade de Arquitetura da Hochschule für Wirtschaft, Technik und Gestaltung (Escola Superior de Tecnologia, Economia e da Forma), em Constança. Em 1992, abriu, com Heinz Nagler, um escritório de arquitetura, em Stuttgart. Desde 1997, vem pesquisando sobre uma série de temas, como a arquitetura da Holanda (Instituto Berlage, Amsterdã / TU Delft, 1997), a casa-pátio, na Espanha (Universidade de Sevilla, 2003) e os “Kinderwelten” (mundos infantis) (Universidade de Colônio, 2008). (p. 180) Josef Lenz studied architecture and urban planning at the University of Stuttgart and has worked as a freelance designer since graduating in 1983. From 1987 to 1991 he was an assistant at the Institute for Construction and Design, in 1991 he became Professor of Planning, Design and Construction at the Department of Architecture of the University of Business, Technology, and Design in Constance. In 1992, together with Heinz Nagler, Josef Lenz founded an architect office in Stuttgart. Since 1997, he has done research on a range of topics, such as the architecture of the Netherlands (at the Berlage Institute, Amsterdam / Delft University of Technology, 1997), on the courtyard house in Spain (at the University of Seville, 2003) and on “Children’s Worlds” (at the University of Cologne, 2008). (p. 181) Dea Loher wurde 1964 in Traunstein geboren. Sie studierte Philosophie und Germanistik in München sowie Szenisches Schreiben in Berlin und verbrachte längere Zeit im Ausland, vor allem in Südamerika. Dea Loher lebt in Berlin. Ihre letzten inszenierten Theaterstücke waren Diebe und Am Schwarzen See (Deutsches Theater Berlin, 2009 und 2012), 2012 hat sie den Roman Bugatti taucht auf veröffentlicht. Dea Loher hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Bertolt-Brecht-Preis 2006, den Mülheimer Dramatikerpreis 1998 und 2008, den Berliner Literaturpreis 2009 und den Marie-Luise-Fleißer-Preis 2009. (S. 161) Dea Loher nasceu em 1964, em Traunstein. Estudou Filosofia e Germanística em Munique e Roteiro para Teatro em Berlim. Passou muitos anos no exterior, principalmente na América do Sul. Vive em Berlim. Suas últimas peças de teatro encenadas foram Diebe (Ladrões) e Am Schwarzen See (No lago negro), ambas no Theater Berlin, em 2009 e 2012, respectivamente. Também em 2012, foi publicado seu romance Bugatti taucht auf (Bugatti se levanta). Foi contemplada com diversos prêmios, entre eles o Bertolt Brecht, em 2006, o Mülheimer de dramaturgia, em 1998 e 2008, o Berliner de literatura, em 2009, e o Marie Luise Fleißer, em 2009. (p. 161) Dea Loher was born in 1964 in Traunstein. She studied philosophy and German literature in Munich as well as playing in Berlin and spent considerable time abroad, especially in South America. Dea Loher now lives in Berlin. Her last staged plays were Diebe (Thieves) and Am Schwarzen See (At the Black Lake) at the Deutsches Theater Berlin, in 2009 and in 2012. In 2012, she published the novel Bugatti taucht auf (Bugatti Emerges). Dea Loher has received numerous awards, including the Bertolt Brecht Prize in 2006, the Mühlheim Dramatists‘ Award in 1998 and 2008, the Berlin Literature Prize in 2009, and the Marie Luise Fleißer Award in 2009. (p. 161) Marina Ludemann hat Literaturwissenschaft und Geschichte in Tübingen und Hamburg studiert. Nach Abschluß des Studiums mit Magister Artium hat sie zunächst als Journalistin gearbeitet. Seit 1988 ist Marina Ludemann für das Goethe-Institut tätig. Von 1992 bis 2002 leitete sie die Programmabteilung des Goethe-Instituts São Paulo. Danach war sie für das Goethe-Institut in Berlin und München tätig, u. a. als Referentin für Film in der Zentrale. Seit Juni 2013 ist Marina Ludemann Leiterin des Goethe-Instituts Porto Alegre. (S. 127) Marina Ludemann estudou Literatura e História em Tübingen e Hamburgo e após graduar-se com um mestrado em artes, trabalhou como jornalista. Desde 1988, Marina Ludemann trabalha para o Instituto Goethe. De 1992 a 2002, chefiou o departamento de programas do Instituto em São Paulo. Depois disso, trabalhou para o Instituto Goethe, em Berlim e Munique, entre outros, como consultora do departamento de cinema. Desde junho 2013 Marina é diretora do Instituto Goethe de Porto Alegre. (p. 127) Marina Ludemann studied literature and history in Tübingen and Hamburg. After graduating with a Master of Arts degree, she first worked as a journalist. Since 1988, Marina Ludemann has worked for the Goethe Institute. From 1992 to 2002 she headed the program department of the Goethe Institute in São Paulo. Later, she worked for Goethe Institute in Berlin und Munich, among others as a consultant for film at the central office. In June 2013, Marina Ludemann became the director of the Goethe Institute in Porto Alegre. (p. 128) Antiopy Lyroudias Garbade hat Romanistik und Altphilologie an der Universität Paris IV Sorbonne studiert. Sie war wissenschaftliche Assistentin am romanischen Seminar der Eberhard Karls Universität Tübingen, wo sie im Bereich Literaturkritik des 20. Jahrhunderts promoviert hat. Später war Antiopy Lyroudias Garbade als langjährige Programmleiterin bei der Robert Bosch Stiftung in Stuttgart für deutsch-französische Bildungs- und Kulturprojekte zuständig. Sie hat die Kataloge der Künstlerin Gerlinde Beck ins Französische übersetzt. Antiopy Lyroudias Garbade lebt seit 2003 in Brasilien und ist Mitglied des Kulturbeirats des Instituto Martius Staden in São Paulo. (S. 26) Antiopy Lyroudias Garbade estudou Romanística e Filologia Clássica na Sorbonne IV, em Paris. Foi assistente no departamento de romanística da Eberhard Karls Universität Tübingen, onde concluiu seu doutorado com tese sobre crítica literária no século XX. Durante anos, foi diretora do programa de projetos culturais e educativos bilaterais, envolvendo a França e a Alemanha, da Fundação Robert Bosch, em Stuttgart. Traduziu para o francês o catálogo da artista plástica Gerinde Beck. Desde 2003, vive no Brasil e é membro do conselho cultural do Instituto Martius Staden, em São Paulo. (p. 25) Antiopy Lyroudias Garbade studied Romance and ancient philology at the University of Paris IV Sorbonne. She was a research assistant at the Romance Languages Department of the Eberhard Karls University of Tübingen, where she did her Ph.D. in the area of literary criticism of the 20th century. Later, Antiopy Lyroudias Garbade was responsible for Franco-German educational and cultural projects as the long-time Program Director at the Robert Bosch Foundation in Stuttgart. She translated the catalogues of the artist Gerlinde Beck into French. Antiopy Lyroudias Garbade has lived in Brazil since 2003 and is a member of the cultural advisory board of the Instituto Martius Staden in São Paulo. (p. 25) Júlio Medaglia wurde 1938 in São Paulo geboren, wo er auch studierte und seine berufliche Laufbahn begann. Er studierte Dirigieren an der Musikhochschule Freiburg und absolvierte Interpretationskurse bei Sir John Barbirollo. Neben seiner Karriere als Dirigent in Brasilien und im Ausland komponierte Júlio Medaglia über 100 Soundtracks für Theater, Kino und Fernsehen. Als Arrangeur avantgardistischer Populärmusik ist er einer der Gründer des „Tropicalismo”, einer Bewegung, die die brasilianische Musik erheblich verändert hat. Júlio Medaglia war Direktor der städtischen Theater von Rio de Janeiro, São Paulo, Brasília und Amazonien. Er leitete das Centro Cultural São Paulo, die Universidade Livre de Música, das Festival de Campos do Jordão, das Radio Roquette Pinto do Rio und die Abteilung Musik von TV Globo. Einige seiner Kompositionen und Arrangements wurden von Musikern der Berliner Philharmoniker gespielt und aufgenommen. Júlio Medaglia ist darüber hinaus Schriftsteller und Mitglied der Academia Paulista de Letras. Seit 25 Jahren produziert und moderiert er täglich ein Programm im Rádio Cultura de São Paulo. (S. 95) Júlio Medaglia nasceu em São Paulo em 1938, onde iniciou seus estudos e vida profissional. Formou-se em Regência Sinfônica pela Escola Superior de Música da Universidade de Freiburg, Alemanha. Fez curso de alta interpretação orquestral com Sir John Barbirolli. Além de sua carreira de regente no Brasil e exterior, compôs tambem mais de 100 trilhas para teatro, cinema e TV. Como arranjador de música popular progressiva, é um dos fundadores do movimento “Tropicalismo”, que mudou os rumos da música popular no Brasil. Foi diretor do Teatro Municipal do Rio de Janeiro, de São Paulo, de Brasília e do Amazonas. Dirigiu o Centro Cultural São Paulo, a Universidade Livre de Música, o Festival de Campos do Jordão, a Rádio Roquette Pinto do Rio e o departamento musical da TV Globo. Tem composições e arranjos executados e gravados pelos músicos da Filarmônica de Berlim. É escritor e membro da Academia Paulista de Letras. Produz e apresenta há 25 anos um programa diário na Rádio Cultura de São Paulo. (p. 95) Júlio Medaglia was born in São Paulo in 1938, where he started his studies and professional life. He is an orchestral conducting graduate from the Freiburg University of Music, and also took a orchestral interpretation course with Sir John Barbirolli. Besides his career as an orchestra conductor in Brazil and abroad, Júlio Medaglia has composed over 100 soundtracks for theater, film and TV. As an arranger of progressive popular music, he is one of the founders of the “Tropicalismo” movement that revolutionized Brazilian popular music. Júlio Medaglia was the director of the municipal theaters of Rio de Janeiro, São Paulo, Brasília, and Amazonas, of the São Paulo Cultural Center, the Free University of Music, the Campos do Jordão Festival, of Rio de Janeiro‘s Rádio Roquette Pinto, and of TV Globo‘s musical department. He has arrangements and compositions played and recorded 281 282 by musicians from the Berlin Philamornic. Júlio Medaglia is also a writer and member of the São Paulo Academy of Letters. He has produced and presented for the last 25 years a daily show for São Paulo‘s Rádio Cultura. an der UNICAMP / Universidade de Campinas forscht Cássia Navas, schreibt Essays und kuratiert Festivals. (S. 245) Paulo. He was artist in residence in the Copan, São Paulo, and has released publications including Suave loucura, Pinacoteca de São Paulo, as well as Copan: diário paulistano (São Paulo diary). (p. 96) Cássia Navas (p. 54) Martina Merklinger studierte Kunstgeschichte, Iberoromanische Philologie und Pädagogik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und promovierte dort über den deutsch-brasilianischen Kulturaustausch im Zusammenhang mit den Gründungsjahren der Biennale São Paulo. Seit einem Praktikum 1994 am Goethe-Institut in Porto Alegre ist sie mit deutsch-brasilianischen Themen befaßt. Später war sie Mitarbeiterin bei der ifa-Galerie Bonn, der Deutsch-Brasilianischen Gesellschaft e. V. und deren Zeitschrift Tópicos (Bonn), der Humboldt-Universität Berlin und des Martius-Staden-Instituts (São Paulo). Seit 2011 ist Martina Merklinger als Kulturreferentin in einem Unternehmen im Raum Stuttgart tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Kunst in Deutschland und Brasilien, Gegenwartskunst sowie bilateraler Kulturaustausch. nascida em São Paulo, no bairro da Bela Vista, e morou no Belém, Tucuruvi, Jardim São Paulo, Moema, Lapa e Alto de Pinheiros, tudos em São Paulo, sua cidade e casa. Pesquisadora e ensaísta, é professora de história / teoria da dança na UNICAMP / Universidade de Campinas e curadora de mostras / festivais. (p. 245) Cássia Navas was born in São Paulo, in the Bela Vista neighborhood, and lived in Belém, Tucuruvi, Jardim São Paulo, Moema, Lapa and Alto de Pinheiros, all of them in São Paulo, her city and home. A researcher and essayist, Cássia Navas is a Professor of History and Theory of Dance at the University of Campinas (UNICAMP) and a curator of festivals and exhibitions. (p. 246) (S. 87) Martina Merklinger Jürgen Partenheimer estudou História da Arte, Filologia Ibero-românica e Pedagogia na Friedrich-Wilhelms-Universität, de Bonn, e doutorou-se na mesma instituição com tese sobre o intercâmbio cultural teutobrasileiro no contexto dos anos de fundação da Bienal de São Paulo. Desde um período de estágio no Instituto Goethe de Porto Alegre, dedica-se a temas teuto-brasileiros. Foi assistente na ifaGalerie, em Bonn, na Sociedade Alemanha-Brasil e sua respectiva revista, Tópicos, também em Bonn, na Universidade Humboldt, em Berlim, e no Instituto Martius Staden, em São Paulo. Desde 2011, é conselheira cultural em uma empresa na região de Stuttgart. Suas pesquisas se concentram na arte na Alemanha e no Brasil, na arte contemporânea e no intercâmbio bilateral. wurde 1947 in München geboren. Er studierte Kunst und Philosophie in Deutschland, Frankreich, Mexiko und den USA und hat an den Biennalen von Paris, Venedig und São Paulo teilgenommen. Jürgen Partenheimer hatte zahlreiche internationale Einzel- und Gruppenausstellungen sowie Beteiligungen u. a. im Museum of Modern Art, New York, in der Fundacion Miró, Barcelona, in der Nationalgalerie Berlin, im Stedelijk Museum, Amsterdam, dem National Museum of Art, Peking, und in der Pinacoteca de São Paulo. Er war artist in residence im Copan, São Paulo, und hat Publikationen, u. a. Suave loucura, Pinacoteca de São Paulo sowie Copan: diário paulistano (São PauloTagebuch) veröffentlicht. (p. 87) (S. 53) Martina Merklinger Jürgen Partenheimer studied art history, Ibero-Romance philology and pedagogy at the Friedrich-Wilhelms-Universität of Bonn and completed her doctorate on German-Brazilian cultural exchange in connection with the founding years of the São Paulo Biennial. Since her internship in 1994 at the Goethe Institute in Porto Alegre she has dealt with German-Brazilian topics. Later, she worked at the ifa Gallery of Bonn, the German-Brazilian Society and its journal Tópicos (Bonn), at the Humboldt University of Berlin and at the Martius Staden Institute (São Paulo). Since 2011, Martina Merklinger works as a cultural consultant in a company in the Stuttgart area. Her main research interests are art in Germany and Brazil, contemporary art, as well as bilateral cultural exchange. nasceu em Munique, em 1947. Estudou Arte e Filosofia, na Alemanha, na França, no México e nos Estados Unidos. Participou das Bienais de Paris, Veneza e São Paulo, além de inúmeras exposições internacionais, individuais e em grupo, no Museu de Arte Moderna de Nova Iorque, na Fundação Miró, em Barcelona, na Nationalgalerie de Berlim, no Museu Stedelijk, de Amsterdã, no Museu Nacional de Arte de Pequim e na Pinacoteca de São Paulo. Foi artista-residente no Copan, em São Paulo, e publicou, entre outros, Suave loucura, Pinacoteca de São Paulo e Copan: diário paulistano. (p. 88) Cássia Navas wurde in São Paulo im Stadtviertel Bela Vista geboren. Sie lebte in Belém, Tucuruvi, Jardim São Paulo, Moema, Lapa und Alto de Pinheiros – Stadtteile von São Paulo, ihrer Stadt und Heimat. Als Professorin für die Geschichte und Theorie des Tanzes (p. 53) Jürgen Partenheimer was born in Munich in 1947. He studied art and philosophy in Germany, France, Mexico, and the U.S. and participated in the biennials of Paris, Venice, and São Paulo. Jürgen Partenheimer has had numerous international solo and group exhibitions as well as presented work, for example, in the Museum of Modern Art, New York, the Fundacion Miró, Barcelona, the National Gallery in Berlin, the Stedelijk Museum, Amsterdam, the National Museum of Art, Peking, and in the Pinacoteca de São Alfried Karl Plöger wurde 1939 in Stettin geboren und lebt seit 1948 in Brasilien. Er studierte bis 1966 Wirtschaftswissenschaft in Deutschland und nahm 1980 die brasilianische Staatsbürgerschaft an. 1969 trat Alfried Karl Plöger in das Unternehmen Companhia Melhoramentos de São Paulo – Indústrias de Papel ein, wo er von 1984 bis 2002 Vorstandsvorsitzender war. Gegenwärtig ist er Vorstandsmitglied der Firma Cia. Melhoramentos e da Melpaper S.A. Alfried Karl Plöger erhielt u. a. folgende Auszeichnungen: Bundesverdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland, 2002 überreicht durch den Bundespräsidenten, die Auszeichnung Líder Empresarial do Setor de Papel e Celulose der Zeitschrift Gazeta Mercantil 2003, den Preis Líder Gráfico da América 1996, verliehen von Conlatingraf (Confederação Latino-Americana da Indústria Gráfica) und PAF (Printing Association of Florida). Er war Empresário do Ano 1995 und 1997 der Associação Comercial de São Paulo und Cidadão Paulistano, verliehen 2008 vom Gemeinderat vom São Paulo. (S. 71) Alfried Karl Plöger nasceu em Stettin, Alemanha, em 1939, e reside no Brasil desde 1948. Formou-se em 1966 pela Escola Superior de Economia na Alemanha. Naturalizou-se brasileiro em 1980. Em 1969, ingressou na Companhia Melhoramentos de São Paulo – Indústrias de Papel, da qual exerceu a função, de 1984 a 2002, de Presidente do Conselho de Administração. Atualmente, ocupa o cargo de Conselheiro de Administração da Cia. Melhoramentos e da Melpaper S.A. Recebeu, entre outras, as seguintes distinções: Ordem do Mérito 1ª Classe, da República Federal da Alemanha, conferido em 2002 pelo Presidente da República; prêmio Líder Empresarial do Setor de Papel e Celulose conferido pela Gazeta Mercantil, em 2003, prêmio Líder Gráfico da América 1996, pela Conlatingraf (Confederação Latino-Americana da Indústria Gráfica) e pela PAF (Printing Association of Florida); Empresário do Ano em 1995 e 1997, da Associação Comercial de São Paulo; e Cidadão Paulistano, recebido da Câmara Municipal de São Paulo, em 2008. (p. 71) Alfried Karl Plöger was born in Stettin, Germany, in 1939, and resided in Brazil since 1948. After graduating with a degree in economics in 1966 from the Technische Universität Darmstadt, he became a naturalized Brazilian in 1980. In 1969, Alfried Karl Plöger joined Companhia Melhoramentos de São Paulo – Indústrias de Papel, where he was chairman of the board from 1984 to 2002. He currently is chairman of the board at Cia Melhoramentos and Melpaper S.A. Alfried Karl Plöger has received the following distinctions, among others: Grand Cross 1st Class of the Order of Merit of the Federal Republic of Germany, in 2002, by the President of the Republic; Business Leader of the Paper and Pulp Industry, granted by newspaper Gazeta Mercantil in 2003, and Printing Industry Leader in America 1996, by the Latin American Confederation of the Graphic Industry (Conlatigraf) and the Printing Association of Florida (PAF); Busi- nessman of the Year in 1995 and 1997 by the São Paulo Commercial Association; and Citizen of São Paulo from the São Paulo City Council, in 2008. (p. 72) Britta Radike lebt und arbeitet als Photographin in Essen. Nach einem Projektjahr in Neuseeland und Studien der Geographie, Ethnologie und Psychologie an der Humboldt-Universität in Berlin (1999–2000) studierte sie Photographie an der FH Dortmund und schloß das Studium 2006 mit dem Diplom ab, verbunden mit einem Buchprojekt über „Ogaden – Somalische Flüchtlinge am Horn von Afrika“. 2007 nahm Britta Radike an der TPW Masterclass mit Stanley Green & Kadir von Lohuizen in Italien teil. Mit Hilfe eines Stipendiums des Kulturwerks der VG Bild-Kunst realisierte sie 2009 eine längere Reportage über die Situation der Waisenkinder in Ruanda, 15 Jahre nach dem Genozid. Es folgten verschiedene Reportagen, Dokumentationen und Buchprojekte im Ausland, u. a. über Beirut, Jordanien, Äthiopien, Kambodscha, Syrien, Thailand, Afghanistan, Ruanda, Korea und Mexiko. Britta Radikes Arbeiten wurden wiederholt mit Preisen ausgezeichnet, wie z. B. dem Focus Award (2005), dem Lumix digital photo award (2006), der UNICEFNominierung zum Bild des Jahres 2008 und der Nominierung zum CNN Journalist Award (2010). Über kontinuierliche Ausstellungen, z. B. in Frankfurt (Buchmesse 2006), im GoetheInstitut Dresden (2008), zur ISA-Konferenz in New York (2009), in Hamburg, Kabul und Lagos (2010) sind ihre Arbeiten einem größeren Publikum bekannt. Britta Radike ist Mitglied von freelens e. v. Britta Radike vive e trabalha como fotógrafa em Essen. Após um ano de projeto na Nova Zelândia e estudos de Geografia, Etnologia e Psicologia na Universidade Humboldt de Berlim (1999–2000), estudou Fotografia na FH Dortmund, onde graduou-se em 2006 com um projeto de publicação sobre os “Ogaden – Refugiados da Somália no Chifre da África“. Em 2007 Britta Radike participou na TPW Masterclass com Stanley & Kadir de Lohuizen, na Itália. Com a ajuda de uma bolsa do Kulturwerk da VG BildKunst ela realizou em 2009 uma reportagem sobre a situação de orfãos em Ruanda, 15 anos após o genocídio. Seguiram várias reportagens, documentários e projetos de publicação no exterior, entre outros sobre Beirute, Jordânia, Etiópia, Camboja, Síria, Tailândia, Afeganistão, Ruanda, Coréia e México. Os trabalhos de Britta Radike foram premiadas em várias ocasiões, por exemplo com o Focus Award (2005), Lumix Digital Photo Award (2006), a indicação para a foto do ano 2008 da UNICEF e do CNN Jornalist Award (2010). Seu trabalho tornou-se conhecido por meio de exposições como as da Feira do Livro de Frankfurt (2006), do Instituto Goethe de Dresden (2008), da conferência do ISA em Nova Iorque (2009), em Hamburgo, Cabul e Lagos (2010). Britta Radike é sócia do clube de fotografia freelens e. v. Britta Radike lives and works as a photographer in Essen. After completing a project year in New Zealand and her studies in geography, ethnology, and psychology at the Humboldt University in Berlin (1999–2000), she also studied photography at the Technical University of Dortmund, Germany and completed her degree in 2006 in connection with a book project about “Ogaden – Somali Refugees at the Horn of Africa“. In 2007 Britta Radike took part in the TPW Master Class with Stanley Green & Kadir von Lohuizen in Italy. Supported by a scholarship from the Cul- tural Foundation of the VG Bild-Kunst, she produced in 2009 a longer documentary on the situation of orphan children in Rwanda, 15 years after the genocide there. Other documentaries and book projects abroad followed, for example, on Beirut, Jordan, Ethiopia, Cambodia, Syria, Thailand, Afghanistan, Rwanda, Korea, and Mexico. Britta Radike‘s work has won awards time and again, such as the Focus Award (2005), the Lumix Digital Photo Award (2006), UNICEF nominee for the Picture of the Year 2008 and nominee for the CNN Journalist Award (2010). Her work has become well-known to a wider public through continuous exhibitions, for example, at the Frankfurt Book Fair (2006), the Goethe Institute of Dresden, Germany (2008), at the ISA Conference in New York (2009), in Hamburg, Kabul and Lagos (2010). Britta Radike is a member of the photography club, freelens e. v. Eckhart Ribbeck hat in Aachen und Stuttgart studiert. Er war als Stadtplaner in Stuttgart sowie als Stadt- und Regionalplaner in der Karibik (UNDP) und in Brasilien (GTZ) tätig. In Mexiko-Stadt übernahm er eine Gastprofessur. Ab 1991 war Eckhart Ribbeck Professor an der Universität Stuttgart, bevor er im Jahr 2010 emeritiert wurde. mais recente, foi mostrada no Paço das Artes em São Paulo no início de 2013. Atualmente trabalha na Secretaria Municipal de Cultura em Pelotas como Diretor de Artes Visuais, Audiovisual e Novas Mídias. (p. 103) Giorgio Ronna is an artist, curator and researcher. He was born in Pelotas, Rio Grande do Sul, in 1970. In 2004 Giorgio Ronna was the curator of the exhibition “Entre Pindorama: Contemporary Brazilian Art” at the Künstlerhaus Stuttgart, together with Elke aus dem Moore. “Walking”, his most recent curating work, was shown in the São Paulo Palace of the Arts in early 2013. Giorgio Ronna currently works for the Pelotas Secretariat of Culture as Director of Visual Arts, Audiovisual and New Media. (p. 103) André Sant’Anna (p. 117) ist Schriftsteller, Musiker und Drehbuchautor für TV- und Werbefilme. Er verfaßte die Trilogie Amor (Edições Dubolso, Sabará), Sexo und Amizade (Companhia das Letras, São Paulo), den Roman O paraíso é bem bacana (Companhia das Letras, São Paulo) und Inverdades (7Letras, Rio de Janeiro). Seine Erzählung „O importado vermelho de Noé“ erschien im Rahmen der Anthologie Os cem melhores contos brasileiros do século (Die 100 besten brasilianischen Kurzgeschichten des Jahrhunderts), „Pro Beleléu“ wurde in der Anthologie As cem melhores crônicas brasileiras (Die 100 besten Erzählungen Brasiliens) veröffentlicht (beide bei Objetiva, São Paulo). In den 1980er Jahren war André Sant‘Anna Teil der Performancegruppe „Tao e Qual“ und wirkt heute bei dem Musikprojekt „Sons e Furyas“ mit. Eckhart Ribbeck (S. 99) studied in Aachen and in Stuttgart, Germany. He has worked as a city planner in Stuttgart, in the Caribbean (UNDP) and in Brazil (GTZ). He has also lectured as a visiting professor in Mexico City. From 1991 to 2010 Eckhart Ribbeck was a professor at the University of Stuttgart before retiring as an emeritus professor. André Sant’Anna (S. 117) Eckhart Ribbeck estudou em Aachen e Stuttgart. Trabalhou como urbanista em Stuttgart e também no Caribe (UNDP) e no Brasil (GTZ). Foi professor visitante na Cidade do México e da Universidade de Stuttgart, de 1991 até 2010, quando se tornou professor emérito. (p. 118) Giorgio Ronna ist Künstler, Kurator und Kunstwissenschaftler. Er wurde 1970 in Pelotas geboren und war zusammen mit Elke aus dem Moore Kurator der Ausstellung „Entre Pindorama – Arte Contemporânea Brasileira e Antropofagia“ im Künstlerhaus Stuttgart. Seine jüngste Arbeit als Kurator heißt „Walking“ und wurde Anfang 2013 im Paço das Artes in São Paulo gezeigt. Gegenwärtig arbeitet Giorgio Ronna im Kulturamt von Pelotas als Direktor für Visuelle und Audiovisuelle Künste und Neue Medien. (S. 103) Giorgio Ronna é artista, curador e pesquisador. Nasceu em Pelotas em 1970. Em 2004 foi curador da mostra “Entre Pindorama – Arte Contemporânea Brasileira e Antropofagia“ na Künstlerhaus Stuttgart junto com Elke aus dem Moore. “Walking”, sua curadoria é escritor, músico, roteirista de televisão e publicidade. Escreveu a trilogia Amor (Edições Dubolso, Sabará), Sexo e Amizade (Companhia das Letras, São Paulo), o romance O paraíso é bem bacana (Companhia das Letras, São Paulo) e Inverdades (7Letras, Rio de Janeiro). Teve o conto “O importado vermelho de Noé“ incluído na antologia Os cem melhores contos brasileiros do século e a crônica “Pro Beleléu“ incluído na antologia As cem melhores crônicas brasileiras (Objetiva, São Paulo). Integrou o grupo performático “Tao e Qual“ nos anos 80 e participa do show “Sons e Furyas”. (p. 99) André Sant’Anna is a writer, musician, and screenwriter for TV and advertisements. He has written the trilogy Amor (Edições Dubolso, Sabará), Sexo and Amizade (Companhia das Letras, São Paulo), the novel O paraíso é bem bacana (Companhia das Letras, São Paulo) and Inverdades (7Letras, Rio de Janeiro). His short story “O importado vermelho de Noé“ was included in the collection Os cem melhores contos brasileiros do século, while the short story “Pro Beleléu“ was included in the collection As cem melhores crônicas brasileiras (both Objetiva, São Paulo). André Sant’Anna was part of the performance group “Tao e Qual“ in the 1980s and is now in the show team “Sons e Furyas“. (p. 100) 283 284 Heinz-Ewald Schiewe wurde 1946 in Wilhelmshaven geboren. Nach einer Lehre arbeitete er zehn Jahre als Bankkaufmann. Auf dem zweiten Bildungsweg hat Heinz-Ewald Schiewe ein Lehramtsstudium in Deutsch und Politik an der Carl-von-Ossietzky-Universität in Oldenburg absolviert. Er arbeitete 16 Jahre lang als Lehrer in Guaratinguetá und São Paulo, danach in Darmstadt. Während der Brasilienzeit begleitete Heinz-Ewald Schiewe immer wieder Schüler auf ihren Austauschreisen nach Deutschland. In Darmstadt organisierte er einen Austausch mit Praktikum von Schülern bei deutschen Firmen in São Paulo. Diese Arbeit soll ab September 2013 weitergeführt werden. (S. 183) Heinz-Ewald Schiewe nasceu em 1946, em Wilhelmshaven. Após um curso profissionalizante, trabalhou durante dez anos como bancário. Como segunda carreira, realizou estudos de Alemão e Política na Universidade Carl von Ossietzky, em Oldenburg. Trabalhou 16 anos como professor em Guaratinguetá, São Paulo, e, posteriormente, Darmstadt. Durante seu período no Brasil, acompanhou alunos nas suas viagens de intercâmbio, na Alemanha. Em Darmstadt, organizou um programa de intercâmbio e estágio, levando alunos a firmas alemãs, em São Paulo. Este trabalho deve ter continuidade a partir de setembro de 2013. (p. 183) Heinz-Ewald Schiewe was born in 1946 in Wilhelmshaven. After an apprenticeship, he worked ten years as a banker. After further education, Heinz-Ewald Schiewe completed a teaching degree in German and political science at the Carl von Ossietzky University in Oldenburg. He worked for sixteen years as a teacher in Guaratinguetá and São Paulo, then in Darmstadt. During his time in Brazil, Heinz-Ewald Schiewe always accompanied high school students on their exchange trips to Germany. In Darmstadt, he organized an exchange program with internships for business school students in German companies in São Paulo. This work will be continued in September 2013. (p. 184) Márcio Seligmann-Silva hat an der Freien Universität Berlin promoviert, war Gastdozent in Yale und Professor für Literaturtheorie an der Universität UNICAMP. Er ist Autor mehrerer Bücher, darunter Ler o livro do mundo. Walter Benjamin: romantismo e crítica poética (Iluminuras / FAPESP, 1999), Adorno (Publifolha, 2003) und O local da diferença. Ensaios sobre memória, arte, literatura e tradução (Editora 34, 2005). Márcio Seligmann-Silva hat Werke von Walter Benjamin, Gotthold Ephraim Lessing, Philippe Lacoue-Labarthe, Jean-Luc Nancy, Jürgen Habermas und anderen übersetzt. Er schrieb verschiedene Essays, die in brasilianischen und ausländischen Büchern und Zeitschriften veröffentlicht wurden. (S. 209) Márcio Seligmann-Silva é doutor pela Universidade Livre de Berlim, foi visiting scholar em Yale e é professor de Teoria Literária na UNICAMP. É autor de vários livros, entre eles, Ler o livro do mundo. Walter Benjamin: romantismo e crítica poética (Iluminuras / FAPESP, 1999), Adorno (Publifolha, 2003) e O local da diferença. Ensaios sobre memória, arte, literatura e tradução (Editora 34, 2005). Traduziu obras de Walter Benjamin, G.E. Lessing, Philippe Lacoue-Labarthe, Jean-Luc Nancy, J. Habermas, entre outros. Possuí vários ensaios publicados em livros e revistas no Brasil e no exterior. (p. 209) Márcio Seligmann-Silva holds a Ph.D. from the Free University of Berlin, was a visiting scholar at Yale University and is Professor of Literary Theory at the State University of São Paulo in Campinas (UNICAMP). He is the author of several books, including Ler o livro do mundo. Walter Benjamin: romantismo e crítica poética (Iluminuras / FAPESP, 1999), Adorno (Publifolha, 2003) and O local da diferença. Ensaios sobre memória, arte, literatura e tradução (Editora 34, 2005). Márcio Seligmann-Silva has translated works by Walter Benjamin, G.E. Lessing, Philippe Lacoue-Labarthe, Jean-Luc Nancy, J. Habermas and others. He has also published several essays in books and magazines in Brazil and abroad. (p. 210) Leão Serva wurde in São Paulo geboren und ist Journalist und Schriftsteller. Er arbeitete als Reporter, Redakteur und Chefredakteur für verschiedene brasilianische Zeitungen und Zeitschriften (Folha de S.Paulo, Jornal da Tarde, Lance!, Notícias Populares, Placar, Diário de S.Paulo) und das Internetportal iG. Leão Serva war Kriegskorrespondent (Bosnien, Kuwait, Angola, Mosambik). Seine Reportagen waren Grundlage für das Buch Batalha de Sarajevo (1994). Von 2005 bis 2009 war er Pressereferent der Stadtverwaltung São Paulo. Leão Serva ist Leiter der ContentAgentur Santa Clara Ideias. Er ist Autor von Cidade Limpa – O projeto que mudou a cara de São Paulo sowie des Führers Como viver em São Paulo sem carro. (S. 65) Leão Serva é paulistano. Jornalista e escritor, trabalhou como repórter, editor ou editor-chefe de vários jornais brasileiros (Folha de S.Paulo, Jornal da Tarde, Lance!, Notícias Populares, Placar, Diário de S.Paulo) e do portal de internet iG. Foi correspondente de guerra (Bósnia, Kuait, Angola, Moçambique). Desse período resultou o livro de reportagens Batalha de Sarajevo (1994). Foi coordenador de Imprensa da Prefeitura de São Paulo entre 2005 e 2009. Dirige a agência de conteúdo Santa Clara Ideias. É autor também de Cidade Limpa – O projeto que mudou a cara de São Paulo e coautor do guia Como viver em São Paulo sem carro. (p. 65) Leão Serva was born in São Paulo. A journalist and writer, he has worked as a reporter, editor, and chief editor of several Brazilian newspapers and magazines (Folha de S.Paulo, Jornal da Tarde, Lance!, Notícias Populares, Placar, Diário de S.Paulo) and the internet portal iG. Leão Serva was a war correspondent in Bosnia, Kuwait, Angola and Mozambique. That period inspired the non-fiction book Batalha de Sarajevo (1994). He was the press coordinator of the São Paulo City Hall from 2005 to 2009. Leão Serva is currently director of the content agency Santa Clara Ideias. He is the author of Cidade Limpa – O projeto que mudou a cara de São Paulo and co-author of the guide Como viver em São Paulo sem carro. (p. 66) Fernando Spaziani studierte an der USP (Universität São Paulo) Philologie und besitzt einen Master in Ästhetik und Kunstgeschichte. Gegenwärtig ist er Programmleiter des Centro Cultural, Banco do Brasil in São Paulo und verantwortlich für die Programmgestaltung dieser Institution. Fernando Spaziani ist bildender Künstler und nahm an verschiedenen monographischen und Gruppenausstellungen sowie an Kongressen, Kursen und Künstlerateliers teil. Als freier Kurator stellte er Bildende Künstler aus, schrieb Kunstkritiken und war Mitglied wichtiger Kunst-Jurys. (S. 157) Fernando Spaziani é graduado em Letras e mestre em Estética e História da Arte pela USP. Atualmente é gerente de Programação no Centro Cultural Banco do Brasil em São Paulo, sendo responsável pela composição da grade de programação da instituição. É artista plástico, com diversas exposições individuais e coletivas. Também frequentou congressos, cursos e ateliês de artistas. Como curador independente apresentou artistas plásticos em exposições, escreveu textos críticos e fez parte de importantes júris de arte. (p. 157) Fernando Spaziani holds a literature degree and a Master of Arts in Art History and Aesthetics from the University of São Paulo (USP). He is currently the programming director at the Banco do Brasil Cultural Center São Paulo, being responsible for creating the institution‘s schedule of events. Fernando Spaziani is also a visual artist with several solo and collective showings. He also has participated in seminars, courses and artist studios. As an independent curator, he has presented visual artists in showings, written reviews, and has been a jury member for important art prizes. (p. 158) Dieter Strauss Nach dem Studium der Germanistik und Geschichte arbeitete Dieter Strauss 33 Jahre lang am Goethe-Institut, u. a. als Institutsleiter in Santiago de Chile, São Paulo, Paris und Rabat-Casablanca. Er hat Bücher über die Schriftstellerfamilie Mann, zur deutschen auswärtigen Kulturpolitik sowie über den „Humboldt Brasiliens“, den Baron Georg Heinrich von Langsdorff, veröffentlicht. (S. 137) Dieter Strauss formou-se em Germanística e História. Durante 33 anos, trabalhou no Instituto Goethe, principalmente como diretor em Santiago do Chile, São Paulo, Paris e Rabat-Casablanca. Publicou livros sobre a família de escritores Mann, sobre a política cultural externa alemã e também sobre o “Humboldt do Brasil”, o Barão Georg Heinrich von Langsdorff. (p. 137) Dieter Strauss After studying German literature and history, Dieter Strauss worked 33 years at the Goethe Institute, including work as the director of the institutes in Santiago de Chile, São Paulo, Paris and Rabat-Casablanca. He has published books about the Mann family of writers, on German foreign cultural policy as well as the “Humboldt of Brazil”, Baron Georg Heinrich von Langsdorff. (p. 138) Max Thiermann ist amtierender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Allianz-Versicherung. Er studierte Ingenieurwissenschaften an der Pontifícia Universidade Católica do Chile und trat 1989 als Verwaltungs- und Finanzchef in die chilenische Niederlassung der Allianz-Gruppe ein. 1994 nahm Max Thiermann das Angebot an, die Allianz in Venezuela zu leiten. Diesen Posten hatte er bis 1999 inne, bis er nach Kolumbien wechselte, um Präsident von Colseguros zu werden, einer Gesellschaft, die gerade von der Allianz-Gruppe übernommen worden war. 2003 wurde Max Thiermann nach Brasilien versetzt, um dort die Allianz Seguros und Allianz Saúde zu leiten. Diesen Posten besetzte er bis Anfang 2012. Henry Thorau hält einen Lehrstuhl für Brasilianische und Portugiesische Kulturwissenschaft an der Universität Trier. Er war von 1999 bis 2003 Präsident des Deutschen Lusitanistenverbandes und ist es seit 2009 wieder. Henry Thoraus Arbeitsschwerpunkte liegen in der Literatur und dem Theater Brasiliens und Portugals. Seine letzte Veröffentlichung war Unsichtbares Theater, Berlin 2013. Er war Herausgeber von À procura da Lisboa africana: da encenação do império ultramarino às realidades suburbanas, Braga 2009 (gemeinsam mit Orlando Grossegesse) und Corpo a corpo: Körper, Geschlecht, Sexualität in der Lusophonie, Berlin 2011 (gemeinsam mit Tobias Brandenberger). Henry Thorau ist Träger des Ordem do Mérito Cultural und Cavaleiro da Ordem de Rio Branco. is a retired school principal and lives in Hildesheim, Germany. From 1990 to 1995 Joachim Tiemann worked in São Paulo in the German department of the Colégio Visconde de Porto Seguro and from 1997 to 2005 at the library and in the archive of the Martius Staden Institute of São Paulo. (p. 189 / 191) Henry Thorau wurde 1981 in Hongkong geboren und zog mit acht Jahren nach São Paulo um. Nach Schulzeit und Abitur am Colégio Porto Seguro 2001 hat sie in Tübingen Politik und Geographie studiert und 2010 mit dem Magister abgeschlossen. Seit 1999 ist Ulrike Tiemann-Arsenic nebenberuflich Caporeia-Lehrerin, seit 2002 in Tübingen und Stuttgart. Sie ist verheiratet und hat zwei Söhne. é professor de Cultura Brasileira e Portuguesa na Universidade de Trier. De 1999 a 2003, foi presidente da Deutschen Lusitanistenverband (Associação Alemã de Lusitanistas), e, desde 2009, reassumiu o cargo. Suas pesquisas se concentram na literatura e no teatro do Brasil e de Portugal. Sua última publicação foi Unsichtbares Theater (Teatro invisível ), Berlim, em 2013. Organizou, juntamente com Orlando Grossegesse, À procura da Lisboa africana: da encenação do império ultramarino às realidades suburbanas, Braga, em 2009, e Corpo a corpo: Körper, Geschlecht, Sexualität in der Lusophonie (Corpos, gênero e sexualidade na lusofonia ), 2011 (com Tobias Brandenberger). Foi condecorado com a Ordem do Mérito Cultural e Cavaleiro da Ordem de Rio Branco. (p. 153) Max Thiermann holds a Professorship in Brazilian and Portuguese Cultural Studies at the University of Trier. From 1999 to 2003 he was President of the German Lusitanist Association and has held this office again since 2009. Henry Thorau’s work focuses on the literature and theater of Brazil and Portugal. His latest publication was Unsichtbares Theater (Invisible Theater), Berlin 2013. He was editor of À procura da Lisboa africana: da encenação do império ultramarino às realidades suburbanas, Braga 2009 (together with Orlando Grossegesse), and Corpo a corpo: Körper, Geschlecht, Sexualität in der Lusophonie (Body, Gender, and Sexuality Among Lusophones), Berlin 2011 (together with Tobias Brandenberger). Henry Thorau was awarded the Ordem do Mérito Cultural and Cavaleiro da Ordem de Rio Branco. (p. 154) Max Thiermann Joachim Tiemann is the current chairman of the board of directors of Allianz Seguros. Holding an engineering degree from the Pontifical Catholic University of Chile, Max Thiermann joined Allianz in 1989 as finance and administration director of the Chilean subsidiary. In 1994, he was invited by the parent company to take over the role of chief operating officer of Allianz in Venezuela and remained at that post until 1999, when he was transferred to Colombia to head Colseguros, a recently acquired Allianz unit. Max Thiermann was transferred to Brazil in 2003 as CEO of Allianz Seguros and Allianz Saúde, staying in that role until early 2012. ist Oberstudiendirektor i. R. und lebt in Hildesheim. Von 1990 bis 1995 arbeitete Joachim Tiemann in São Paulo in der Deutschen Abteilung des Colégio Visconde de Porto Seguro und von 1997 bis 2005 in der Bibliothek und im Archiv am MartiusStaden-Institut São Paulo. (p. 176) Joachim Tiemann Ulrike Tiemann-Arsenic Henry Thorau (p. 175) (p. 189 / 191) (S. 153) (S. 175) é o atual presidente do Conselho de Administração da Allianz Seguros. Formado em Engenharia pela Pontifícia Universidade Católica do Chile, Max Thiermann ingressou no Grupo Allianz em 1989 como diretor administrativo e de finanças da subsidiária chilena. Anos depois, em 1994, foi convidado pela matriz para assumir a presidência das operações do Grupo na Venezuela, permanecendo no cargo até 1999, quando foi transferido para a Colômbia a fim de presidir a Colseguros, companhia que acabava de ser adquirida pelo conglomerado. Em 2003, foi transferido para o Brasil para presidir a Allianz Seguros e Allianz Saúde, permanecendo no cargo até o início de 2012. a 2005, na biblioteca e no arquivo do Instituto Martius Staden, na mesma cidade. (S. 189 / 191) Joachim Tiemann é diretor escolar aposentado e vive em Hildesheim, Alemanha. De 1990 a 1995, trabalhou no departamento de alemão do Colégio Visconde de Porto Seguro, em São Paulo, e, de 1997 (S. 200) Ulrike Tiemann-Arsenic nasceu em 1981, em Hong Kong, e se mudou para São Paulo aos oito anos de idade. Após concluir os estudos no Colégio Porto Seguro, em 2001, estudou Política e Geografia, em Tübingen, tendo concluído o mestrado em 2010. Desde 1999, trabalha paralelamente como professora de capoeira, dando aulas em Tübingen e Stuttgart, desde 2002. É casada e tem dois filhos. (p. 199) Ulrike Tiemann-Arsenic was born in 1981 in Hong Kong and moved to São Paulo at the age of eight. After finishing high school at the Colégio Porto Seguro in 2001, she studied politics and geography in Tübingen and completed her Master’s degree in 2010. Since 1999, Ulrike Tiemann-Arsenic has worked part-time as a Caporeia instructor and she has been a teacher in Tübingen and Stuttgart since 2002. She is married and has two sons. (p. 199) Livio Tragtenberg ist Komponist, Schriftsteller, Musikproduzent und Regisseur von Multimedia-Aufführungen. Er war Stipendiat von VITAE und der Guggenheim Foundation. Livio Tragtenberg hat das Orquestra de Músicos das Ruas de São Paulo (Straßenmusiker-Orchester São Paulos) gegründet, das die CD Neuropolis im Selo SESC präsentierte. Ebenso gründete er das Nervous City Orchestra in Miami, das Berliner Straßenmusiker Orchester und das Orquestra Mediterrânea. Livio Tragtenberg hat mehrere CDs veröffentlicht, darunter Othello. Er komponiert für den Film, für Videos, Theater, Tanz und entwickelt Audio-Installationen. Livio Tragtenberg hat mehrere Bücher veröffentlicht, darunter O ofício do compositor hoje, Artigos musicais, Música de cena (alle Perspectiva) und Contraponto – uma arte de compor (EDUSP). (S. 243) 285 286 Livio Tragtenberg é compositor, escritor, produtor musical e diretor de espetáculos multimídia. Recebeu bolsas de composição da VITAE e da Guggenheim Foundation. Criou a Orquestra de Músicos das Ruas de São Paulo, cujo CD Neuropolis foi lançado pelo Selo SESC. Criou também a Nervous City Orchestra em Miami, Berliner Straßenmusiker Orchester, em Berlim, e a Orquestra Mediterrânea. Tem vários CDs editados, entre eles, Othello. Compõe para cinema, vídeo, teatro, dança e cria instalações sonoras. Tem vários livros editados, entre eles O ofício do compositor hoje, Artigos musicais, Música de cena (Perspectiva) e Contraponto, uma arte de compor (EDUSP). (p. 243) Livio Tragtenberg is a composer, writer, musical producer and director of multimedia shows. He was also the recipient of composition scholarships from VITAE and the Guggenheim Foundation. Livio Tragtenberg created the São Paulo Street Musicians Orchestra, which released its album Neuropolis through the SESC label. He also created the Nervous City Orchestra in Miami, the Berlin Street Musicians Orchestra and the Mediterranean Orchestra. Livio Tragtenberg also has released several albums, among them Othello. He currently composes soundtracks for films, videos, theater, dance shows, and art exhibitions. Livio Tragtenberg has edited several books, like O ofício do compositor hoje, Artigos musicais, Música de cena (all Perspectiva) and Contraponto, uma arte de compor (EDUSP). (p. 243) Ilka von Borries-Harwardt wurde 1947 in Augsburg geboren. Sie hat ihre Karriere in der Schifffahrt begonnen und war die „Erste Hafenkapitänin“ Brasiliens. Danach war sie einige Jahre Vize-Konsulin von Trinidad und Tobago. Ilka von Borries-Harwardt war Geschäftspartnerin von Aquarius Consulting-SP und Mitbegründerin und Partnerin des Centro Empressarial de Estudos Internacionais (CEEI). Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in Brasilien war sie als International Consultant für brasilianische und deutsche Unternehmen tätig. (p. 240) Ilka von Borries-Harwardt nasceu em Augsburg, em 1947. Começou sua carreira na área de navegação, sendo a “primeira capitã portuária” do Brasil. Durante alguns anos, foi vice-consulesa em Trinidad e Tobago. Foi sócia da Aquarius Consulting-SP e uma das fundadoras e parceira do Centro Empresarial de Estudos Internacionais (CEEI). Devido à sua longa experiência no Brasil, atuou como consultora internacional para várias empresas brasileiras e alemãs. (p. 239) Ilka von Borries-Harwardt was born in 1947 in Augsburg. She started her career in the shipping industry and was the first female “harbor captain” of Brazil. Later she was Vice-Consul of Trinidad and Tobago for some years. Ilka von Borries-Harwardt was a business partner of Aquarius Consulting-SP and co-founder and partner of the Centro Empressarial de Estudos Internacionais (CEEI). Because of her long experience in Brazil, she has also worked as an international consultant for Brazilian and German companies. besondere Weise nahegebracht. Genauso wie das Taxi-Fahren, und immer wieder Fußball ... está com saudade! (S. 231) (p. 239) Isabel von Holt wurde 1983 geboren. Sie ist leidenschaftliche Literaturwissenschaftlerin. An der Freien Universität Berlin und der University of Texas at Austin hat Isabel von Holt Germanistik und Lateinamerikanistik studiert. Dabei hat sie ihre Begeisterung für die brasilianische Literatur und ihre Liebe zur portugiesischen Sprache entdeckt. Nachdem sie für das Goethe-Institut tätig war und bei verschiedenen deutsch-brasilianischen Übersetzungsprojekten mitgewirkt hat, promoviert Isabel von Holt gegenwärtig in Neuerer Deutscher Literatur an der Freien Universität Berlin. (S. 265) Isabel von Holt nasceu em 1983. É uma apaixonada pesquisadora de teoria literária. Formou-se em Germanística e em Estudos Latino Americanos pela Freie Universität Berlin (Universidade Livre de Berlim) e pela Universidade do Texas, em Austin, onde descobriu seu entusiasmo pela literatura brasileira e sua paixão pela língua portuguesa. Após um período trabalhando no Instituto Goethe e envolvida em diversos projetos de tradução teutobrasileiros, doutora-se, atualmente, em literatura alemã contemporânea, na Freie Universität Berlin. (p. 265) Isabel von Holt was born in 1983 and she is a passionate scholar of literature. Isabel von Holt studied German and Latin American literature at the Free University of Berlin and at the University of Texas. In the process she discovered her passion for Brazilian literature and her love for the Portuguese language. After working for the Goethe Institute and contributing to several German-Brazilian translation projects, Isabel von Holt is currently completing her doctorate in Modern German literature at the Free University of Berlin. (p. 265) Annette von Schönfeld ist Leiterin des Büros Mexiko, Zentralamerika und Karibik der Heinrich-Böll-Stiftung. Zuvor leitete sie von 2006 bis 2012 das Lateinamerika-Referat der Stiftung in Berlin. Von 2000 bis 2004 lebte Annette von Schönfeld in Recife. São Paulo war in dieser Zeit für sie das häufig besuchte, großstädtische Ausflugsziel ins wirklich Urbane. Annette von Schönfeld hat Kommunikationswissenschaften an der FU Berlin studiert und war vor ihrer Tätigkeit in der Stiftung nahezu 15 Jahre in verschiedenen Ländern Lateinamerikas in der Entwicklungs-Zusammenarbeit tätig. Kim Carlotta von Schönfeld hat ebenfalls im Nordosten Brasiliens gelebt und studiert heute Humangeographie und Stadtforschung in Amsterdam und Berlin. Sie hat 2012 ihre Bachelor-Arbeit in São Paulo zum Thema Wasser geschrieben. Das hat ihr São Paulo auf ganz Annette von Schönfeld é diretora do escritório da Fundação Heinrich Böll para o México, América Central e Caribe. De 2006 a 2012, dirigiu a divisão da América Latina da mesma fundação. Viveu em Recife de 2000 a 2004 e, durante esse período, visitou constantemente a cidade de São Paulo, imergindo-se numa metrópole, numa vida realmente urbana. Estudou Ciências da Comunicação na FU de Berlim e, devido ao seu cargo na fundação, esteve envolvida por quase quinze anos com trabalhos de desenvolvimento em diversos países latino-americanos. Kim Carlotta von Schönfeld também viveu no Nordeste e atualmente estuda Geografia Humana e Urbanismo em Amsterdã e Berlim. Em 2012, escreveu sua monografia de graduação em São Paulo, tendo como tema a água. Isso a aproximou da cidade de São Paulo de um modo bastante peculiar, assim como o andar de táxi e, principalmente, o futebol... está com saudade! (p. 231) Annette von Schönfeld is head of the Heinrich Böll Foundation offices in Mexico, Central America, and the Caribbean. Previously she led the Latin American division of the foundation in Berlin from 2006 to 2012. Annette von Schönfeld lived in Recife from 2000 to 2004. During this time, São Paulo was a frequently visited metropolitan destination for her into real urban life. Annette von Schönfeld studied communications at the University of Berlin and, before her employment at the foundation, she worked for nearly 15 years in development cooperation in various Latin American countries of Latin America. Kim Carlotta von Schönfeld has also lived in northeastern Brazil and is currently studying human geography and urban studies in Amsterdam and Berlin. She wrote her Bachelor’s thesis in 2012 in São Paulo on the topic of water. This has brought her close to São Paulo in a very special way. Just like riding in a taxi, and, even more so soccer, ... está com saudade! (p. 231) Tim Wegenast verbrachte mehr als 18 Jahre in São Paulo. Nach einem Studium der Internationalen Politik in Deutschland promovierte er in Politikwissenschaften in Barcelona. Heute forscht er zu politischen, sozioökonomischen und ökologischen Entwicklungsfragen und den Ursachen von Gewalt und Frieden an der Universität Konstanz. Seine Kommentare erscheinen regelmäßig in brasilianischen Tageszeitungen. Der brasilianischen Kultur fühlt Tim Wegenast sich sehr verbunden. (S. 249) Tim Wegenast viveu mais de 18 anos em São Paulo. Após se formar em Política Internacional, na Alemanha, doutorou-se em Ciências Políticas, em Barcelona. Atualmente, pesquisa sobre temas de desenvolvimento e sobre as causas de violência e paz, na Universidade de Constança. Regularmente colabora com jornais brasileiros. ter Weibel led the Institute for New Media at the Städel School in Frankfurt/Main, was the art director of Ars Electronica in Linz from 1986 to 1995 and the Commissioner of the Venice Biennal from 1993 to 1999. Since 1999, Peter Weibel has been the CEO of the ZKM | Center for Art and Media Technology in Karlsruhe. In 2008 he was art director of the Biennale of Seville (Biacs3) and in 2011 art director of the 4th Moscow Biennale of Contemporary Art. (p. 249) (p. 229) Tim Wegenast spent more than 18 years in São Paulo. After studying international politics in Germany, he received his doctorate in political science in Barcelona. Today, he conducts research on political, socio-economic, and environmental development issues and the causes of violence and peace at the University of Constance. His commentaries appear regularly in Brazilian newspapers. Tim Wegenast still feels very connected to the Brazilian culture. (p. 250) Peter Weibel wurde 1944 in Odessa geboren und ist eine zentrale Figur in der europäischen Medienkunst. Seit 1984 ist er Professor an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. Von 1984 bis 1989 war er Professor für Video und Digitale Kunst am Center for Media Study an der State University of New York in Buffalo. Peter Weibel leitete von 1989 bis 1995 das Institut für Neue Medien an der Städelschule in Frankfurt/Main, war von 1986 bis 1995 künstlerischer Leiter der Ars Electronica in Linz und von 1993 bis 1999 Österreichs Kommissär der Biennale von Venedig. Seit 1999 ist Peter Weibel Vorstand des ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe. 2008 war er künstlerischer Leiter der Biennale von Sevilla (Biacs3) und 2011 künstlerischer Direktor der 4. Moskau Biennale für zeitgenössische Kunst. Guilherme Wisnik wurde 1972 geboren, ist Architekt und Essayist. Er veröffentlichte Lucio Costa (Cosac Naify, 2001), Caetano Veloso (Publifolha, 2005) und Estado crítico: à deriva nas cidades (Publifolha, 2009). Guilherme Wisnik ist Kurator der 10. Architektur-Biennale von São Paulo (2013). (S. 203) Guilherme Wisnik nasceu em 1972, é arquiteto e ensaísta. Publicou Lucio Costa (Cosac Naify, 2001), Caetano Veloso (Publifolha, 2005) e Estado crítico: à deriva nas cidades (Publifolha, 2009). É curador da 10ª Bienal de Arquitetura de São Paulo (2013). (p. 203) Guilherme Wisnik was born in1972, is an architect and essayist. He has published non-fiction books Lucio Costa (Cosac Naify, 2001), Caetano Veloso (Publifolha, 2005), and Estado crítico: à deriva nas cidades (Publifolha, 2009). Guilherme Wisnik is the curator of the 10th Architecture Biennial of São Paulo (2013). (p. 203) Claudia Zilla was born in 1973 in Buenos Aires. She is head of the research group “America” at the Foundation for Science and Politics (Stiftung Wissenschaft und Politik – SWP) in Berlin and also lecturer at the Latin America Institute (LAI) of the Free University of Berlin. Claudia Zilla studied political science, sociology, and psychology in Buenos Aires and Heidelberg. She has a Ph.D. in Political Science with research specializations in Latin America as well as German or European-Latin American relations. Claudia Zilla has lived in Germany since 1993. (p. 187) Berthold Zilly wurde 1945 in Helmstedt geboren, studierte in Bonn, Caen (Frankreich), São Paulo und Berlin, ist Literaturwissenschaftler und Übersetzer. Er hat an der FU Berlin über Molière promoviert und von 1974 bis 2010 an dieser Universität Lateinamerikanistik gelehrt, von 2004 bis 2010 auch an der Universität Bremen. Seit 2011 ist Berthold Zilly als Gastprofessor an der UFSC Florianópolis tätig. Er hat Aufsätze vor allem zur brasilianischen Literatur verfaßt sowie eine Reihe von brasilianischen, portugiesischen und argentinischen Klassikern ins Deutsche übersetzt. (S. 255) Berthold Zilly nasceu em 1945, em Helmstedt, Alemanha. Estudou em Bonn, Caen (França), São Paulo e Berlim. É professor de literatura e tradutor. Doutorou-se na FU de Berlim, com tese sobre Molière, de 1974 a 2000, foi professor de Estudos Latinoamericanos, na mesma universidade, e, de 2004 a 2010, também na Universidade de Bremen. Desde 2011, é professor visitante da UFSC, em Florianópolis. Publicou ensaios sobre literatura brasileira e traduziu diversos clássicos brasileiros, portugueses e argentinos para o alemão. (S. 228) Claudia Zilla (p. 256) Peter Weibel wurde 1973 in Buenos Aires geboren. Sie ist Leiterin der Forschungsgruppe „Amerika“ der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Berlin, und zudem Lehrbeauftragte am Lateinamerika-Institut (LAI) der Freien Universität Berlin. Claudia Zilla hat Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie in Buenos Aires und Heidelberg studiert. Als promovierte Politologin hat sie als Forschungsschwerpunkt Lateinamerika sowie die deutsch- bzw. europäisch-lateinamerikanischen Beziehungen. Seit 1993 lebt Claudia Zilla in Deutschland. Berthold Zilly nasceu em 1944, em Odessa. É uma das figuras centrais do new media art europeu. Desde 1984, é professor da Universidade de Arte Aplicada de Viena. De 1984 a 1989, foi professor de Vídeo e Arte Digital no Center for Media Study na Universidade do Estado de Nova Iorque, em Buffalo. De 1989 a 1995, dirigiu o Instituto de Novas Mídias na Städelschule, em Frankfurt, e, de 1986 a 1995, foi conselheiro artístico do Ars Electronica, em Linz. De 1993 a 1999, foi tutor do pavilhão da Áustria na Bienal de Veneza. Desde 1999, é diretor executivo do ZKM (Centro de Arte e Tecnologia de Mídia, para a sigla em alemão), em Karlsruhe. Em 2008, foi conselheiro artístico da Bienal de Sevilha (Biacs3) e, em 2011, diretor artístico da 4ª Bienal de Arte Contemporânea de Moscou. (p. 228) Peter Weibel was born in Odessa in 1944 and is a central figure in European media art. Since 1984 he has been professor at the University of Applied Arts in Vienna. From 1984 to 1989 he was Professor of Video and Digital Arts at the Center for Media Study at the State University of New York in Buffalo. From 1989 to 1995 Pe- (S. 187) Claudia Zilla nasceu em Buenos Aires, em 1973. É diretora do grupo de pesquisa “América“, da Fundação Ciência e Política, de Berlim, e professora do Instituto Latino Americano (LAI, para a sigla em alemão) da Freie Universität Berlin (Universidade Livre de Berlim). Estudou Ciências Políticas, Sociologia e Psicologia em Buenos Aires e Heidelberg. Doutorou-se em Ciências Políticas, com foco na América Latina e nas relações entre a região e a Alemanha e a Europa. Desde 1993, vive na Alemanha. (p. 187) was born in 1945 in Helmstedt, Germany, studied in Bonn, Caen (France), São Paulo, and Berlin, and is a literary scholar and translator. He did his doctoral dissertation on Molière at the Free University of Berlin and taught Latin American studies at the same university from 1974 to 2010, and from 2004 to 2010 also at the University of Bremen. Since 2011, Berthold Zilly has been a visiting professor at the UFSC Florianópolis. He has written essays especially on Brazilian literature and translated a number of Brazilian, Portuguese, and Argentine classics into German. (p. 257) 287 edition esefeld & traub ISBN 978-3-9809887-9-7