MINHASP
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MEIN SÃO PAULO MINHA SÃO PAULO MY SÃO PAULO
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Vorwort
07
M I N H A S P – Mein São Paulo
São Paulo ist eine Liebe frühestens auf den dritten
Blick. Der erste Blick schreckt ab: Die Größe der
Stadt, die Distanzen, die Zeit und Nerven kosten,
der Verkehrslärm und die Luftverschmutzung, die
latente Kriminalität – das soll schön, interessant und
lebenswert sein? Der zweite Blick läßt dann durchscheinen, daß São Paulo auch Qualitäten hat. Wenn
man Teil dieser Stadt wird, erahnt man die ihr eigene
Schönheit der Dynamik und die Bedeutung der kleinen Dinge in und an ihr. Der dritte Blick schließlich
erkennt die Werte, die im Zusammenleben ihrer Bewohner sichtbar werden. Man empfindet Zerbrechlichkeit und Standhaftigkeit, warmherzige Umarmung und Schutz. Dann ist man gefesselt von einer
Stadt, die unbeschreibbar wäre, würde man sich ihr
nur mit Statistik und Geschichte nähern. São Paulo,
das sind ihre Gerüche, ihre Geschmäcker und ihre
Geräusche, ihre kleinen Besonderheiten und skurrilen
Schätze. Vor allen Dingen sind das die Menschen mit
ihren Geschichten.
vatjets und privaten Helikoptern, den größten Ferrari-Händler der Welt und den größten Verbrauch
an Romaneé Conti, Champagner Krug Rosé, Cristal
und La Grande Dame.
São Paulo, 1554 von Jesuiten gegründet, ist die
größte und am dichtesten besiedelte Stadt Südamerikas und das siebtgrößte Ballungsgebiet der
Erde. Andere Quellen sprechen von der drittgrößten
oder der viertgrößten urbanen Agglomeration. Wie
auch immer: Circa 12 Millionen Paulistanos sollen in
der Stadt leben, im Großraum um die 22 Millionen
– oder 24 Millionen? Wer weiß das schon genau
zu sagen. Und was wüßte man? Man staunt und
schaudert zugleich. São Paulo ist mit 1.530 Quadratkilometern Gesamtfläche so groß wie Kuba.
Die Megastadt ist ein Modell globalisierter Lebensweisen zwischen Luxusquartier und Favela – und
ein Schmelztiegel verschiedener Nationalitäten. Die
drittgrößte italienische Stadt der Welt, die größte
japanische Stadt außerhalb Japans und die größte
portugiesische Stadt außerhalb Portugals ist auch
der größte deutsche Wirtschaftsstandort außerhalb
Deutschlands. Doch trotz Einwanderergeschichte
und multikultureller Einflüsse herrscht wenig Tradition und Geschichtsbewußtsein. São Paulo ist das
kulturelle und wirtschaftliche Zentrum Brasiliens mit
einem Angebot von mehr als 100 Theaterstücken
pro Woche und rund 1.500 nationalen und internationalen Banken. Ein Viertel aller Autos Brasiliens
(circa 5,5 Millionen) fahren hier. In der Stadt gibt es
70 Shopping-Center mit mehr als 30 Millionen Kunden im Monat, die weltweit größte Anzahl von Pri-
M I N H A S P – Mein São Paulo ist nach New
York, Moskau, Aleppo und Tokio der fünfte Band
in der Reihe der Stadtlesebücher zu internationalen
Metropolen. Die Photos zweier Reportage-Photographen aus Deutschland (Britta Radike) und Brasilien (Iatã Cannabrava), die 2011 aufgenommen
wurden, zeigen das breite Spektrum des Lebens in
São Paulo, die Anstrengung seiner Bewohner zu
(über-)leben, aber auch das Talent, alles zu einem
meist guten Ende zu führen. Sie versuchen die faszinierende Dynamik und schier endlose Energie, die in
der Stadt spürbar ist, ebenso zu erfassen wie das unerträgliche Verkehrschaos, aber auch die Rückzugsorte ihrer Einwohner. Bei aller Kritik ist „Sampa“ für
viele seiner Bewohner die wunderbarste Stadt der
Welt. São Paulo hat etwas, das man erfahren muß:
Dies zu beschreiben ist das Ziel des Bandes.
72 Autorinnen und Autoren – ungefähr zur Hälfte
aus Brasilien und aus Deutschland – haben einen
Beitrag zu einem der Photos verfaßt. Menschen mit
unterschiedlichsten Hintergründen und Berufen, mit
verschiedenen Erfahrungswelten und Lebenswirklichkeiten, denen eines gemeinsam ist – ein bewußtes
Verhältnis zur Stadt. Daraus entstand ein vielfältiges
und spannendes Stadtportrait in persönlichen Geschichten, Erlebnissen und Gefühlen, in denen sich
die Besonderheiten São Paulos zeigen und sich ein
Puzzle der Stadt zusammensetzt.
Eine Stadt wie ein Land, Stadtviertel von der Größe
europäischer Städte, Straßen mit Bewohnerzahlen
einer Kleinstadt. So oder ähnlich steht es in einer
Vielzahl von Büchern über São Paulo. Nicht falsch,
aber auch nicht aussagekräftig genug, um diese
Stadt wirklich zu beschreiben. Will man aber den
Sog der Megalopolis, ihre Faszination und ihre Widersprüche verstehen, dann muß man die Details
betrachten, die Hinterhöfe der Stadt und die Lebensgeschichten der Paulistanos, ihr Alltagswissen
und ihre Erfahrung kennenlernen. Und wenn man
einiges weiß und noch täglich dazulernt, dann ist
die Stadt fast einfach und vertraut, ja einnehmend
und anziehend. São Paulo ist alles und immer auch
das Gegenteil.
Vergliche man den Band mit einer Speise, so wäre
es kein Menü, kein Fertiggericht, nichts Typisches. Es
würde sich eher um kleine Häppchen handeln, Delikatessen, Appetitanreger, Leckerbissen – oft süß,
manchmal auch sauer. So sehr sich Perspektiven und
Meinungen mitunter auch widersprechen – sie sind
Teile einer ganzen Wahrheit. Einige Beiträge drehen
sich um die wenigen, aber um so wichtigeren Fixpunkte der Stadt wie das Copan-Gebäude von Oscar
Niemeyer, das als eines der wenigen Gebäude im
vertikalen Stadtbild eine architektonische Identität
besitzt. Andere Beiträge erzählen eher aus abstrakter oder analytischer Perspektive, manche mit historischen Reminiszenzen, einige sind „nur“ kleine,
oft unspektakuläre Alltagsgeschichten wie über das
Leben als Homosexueller oder das Gefühl als Autofahrer im grauenvollen Verkehr. Natürlich fehlen
unzählige Aspekte – eigentlich müßte jede Einwohnerin und jeder Einwohner der Stadt eine Geschichte schreiben. Und auch dann wäre das noch nicht
das wirkliche São Paulo. Man wird diese Stadt nie
ganz begreifen und doch genau deshalb schätzen
und bewundern. Das normale Leben ist der tägliche
Ausnahmezustand. Man muß sich São Paulo immer
wieder aufs Neue erobern. Und die Stadt zwingt ihren
Bewohner, Position zu beziehen, zu sagen, was man
von ihr hält, ob man für oder gegen sie ist.
Pars pro toto – das muß die Methode eines Stadtportraits sein, und auch ein Vorwort kann nicht alle
Aspekte bündeln, sondern nur zum Lesen auffordern. Dieser Band ist kein Buch, das man an einem
Stück liest. Es ist eher ein Begleiter, wenn man einem
Gedanken zu dieser Stadt folgen, den Weg einer
Autorin oder eines Autors mitgehen, in Nebengassen abschweifen, in Gesichter sehen oder über Geschichten staunen will. São Paulo ist eine Odyssee
– eine lange, lange Reise.
Zum Abschluß danke ich allen, die zum Gelingen
dieses Buches beigetragen haben. Im besonderen
den Verlegern, in Zusammenarbeit mit Estevão Azevedo und Mary Lou Paris von Terceiro Nome, den
Photographen Britta Radike und Iatã Cannabrava,
Carminha Gongora, Joachim Bernauer, Beate Althuon
und Martina Merklinger für die Hinweise zu Autoren
sowie natürlich allen Autorinnen und Autoren.
Ronald Grätz
08
Prólogo
M I N H A S P – Minha São Paulo
São Paulo é um amor que só acontece à terceira vista, não antes. O primeiro olhar para a cidade assusta: seu tamanho, as distâncias que custam tempo e
saúde, o trânsito barulhento e o ar poluído, a criminalidade latente – como pode ser bom, interessante
e digno viver em São Paulo? O segundo olhar deixa
então transluzir que a cidade também tem suas virtudes. Se nos tornamos parte dela, é possível intuir
a beleza própria de sua dinâmica e o significado de
suas pequenas coisas. O terceiro olhar reconhece
enfim seus valores, que se tornam visíveis pela convivência com seus habitantes. Sente-se fragilidade e
firmeza, acolhimento afetuoso e proteção. Aí já fomos cativados por uma cidade que seria indescritível,
caso se tentasse alguma aproximação apenas por
meio de história e estatísticas. São Paulo com seus
cheiros, sabores, sons, seus mínimos detalhes e seus
tesouros esquisitos. Antes de tudo, com suas pessoas e suas narrativas.
Fundada em 1554 por jesuítas, São Paulo é a maior e mais populosa cidade do hemisfério sul, a sétima maior aglomeração urbana do mundo. Outras
fontes dizem que seria a terceira ou quarta. De todo
modo, cerca de 12 milhões de paulistanos devem
viver na cidade. Se incluirmos a região metropolitana, são por volta de 22 milhões – ou seriam 24
milhões? Não é possível dizer ao certo. E o que se
ganharia com isso? É de admirar e de arrepiar.
Com 1.530 quilômetros quadrados de extensão,
São Paulo é tão grande como Cuba. A megacidade
é um exemplo do modo de vida globalizado entre
bairros de luxo e favelas – e um cadinho de diversas nacionalidades. A terceira maior cidade italiana
do mundo, a maior cidade japonesa fora do Japão
e a maior cidade portuguesa fora de Portugal é
também o maior polo econômico alemão fora da
Alemanha. Mas também por causa de tantas histórias de imigração e influências multiculturais impera
pouca tradição e consciência histórica. São Paulo é
o centro econômico e cultural do Brasil com uma
oferta de mais de cem peças de teatro por semana e
por volta de 1.500 bancos nacionais e internacionais.
Um quarto de todos os carros do Brasil (cerca de
5,5 milhões) transitam aqui. A cidade tem setenta
shoppings com mais de 30 milhões de clientes por
mês, a maior quantidade de jatinhos e helicópteros
privados do mundo, o maior revendedor de Ferrari
do mundo e o maior consumo de Romanée Conti,
champanhe Krug Rosé, Cristal e La Grande Dame.
Uma cidade que é um país, um bairro do tamanho
de cidades europeias, ruas com uma quantidade de
moradores de uma cidadezinha. Isso ou algo parecido aparece numa infinidade de livros sobre São
Paulo. Não está incorreto, mas também não é suficiente para descrever de fato a cidade. Quem quiser
entender a atração da megalópole, seu fascínio e
suas contradições, precisa conhecer o pormenor, o
recôndito, a história de vida dos paulistanos, sua sabedoria do dia a dia, suas experiências. E quando
já se sabe alguma coisa e ainda se aprende diariamente um pouco mais, então a cidade torna-se quase simples e familiar, até encantadora e aprazível.
São Paulo é tudo e ao mesmo o contrário.
M I N H A S P – Minha São Paulo – depois de
Nova York, Moscou, Alepo e Tóquio, São Paulo é
tema do quinto volume da coleção sobre metrópoles internacionais. As fotos de dois repórteres fotográficos, da alemã Britta Radike e do brasileiro Iatã
Cannabrava, tiradas em 2011, mostram um amplo
espectro da vida em São Paulo, as dificuldades de
seus habitantes para (sobre)viver, mas também seu
talento para conduzir tudo em geral a um bom termo. Ambos tentam alcançar tanto a dinâmica fascinante da cidade emanando energia quase infinita
quanto o insuportável trânsito caótico ou os lugares
de refúgio de seus habitantes. Apesar de todas as
críticas, “Sampa“ é para muitos a cidade mais maravilhosa do mundo. São Paulo tem algo que é preciso
experimentar: descrevê-lo é o objetivo deste livro.
72 autoras e autores – aproximadamente metade do
Brasil e metade da Alemanha – criaram um texto a
partir de uma foto. Pessoas com as mais diversas
bagagens e profissões, com distintos universos de
experiências e realidades de vida, mas com algo em
comum – uma relação consciente com a cidade. Daí
surgiu um retrato diversificado e interessante de São
Paulo em suas histórias pessoais, vivências e sentimentos, nos quais as particularidades da cidade se
mostram e se complementam como num quebracabeça.
Comparado ao universo da alimentação, este volume não seria uma refeição completa, nem comida
pronta, nem um prato típico. Seria antes um petis-
co, uma iguaria, um aperitivo, um antepasto – com
frequência doce, às vezes amargo. Isso pelo tanto
que as perspectivas e opiniões se contradizem entre
si – elas todas são parte da verdade. Alguns textos
voltam-se para os reduzidos, mas igualmente importantes, pontos fixos da cidade, como o Edifício
Copan, de Oscar Niemeyer, um dos poucos prédios
com identidade arquitetônica na imagem vertical de
São Paulo. Outros ao contrário narram de perspectivas abstratas e analíticas, muitos a partir de reminiscências históricas, muitos são “apenas” relatos
curtos do cotidiano, frequentemente sem nada de
espetacular, como o texto sobre a vida como homossexual ou o sentimento do motorista no trânsito deprimente. Sem dúvida, faltam incontáveis
aspectos – seria preciso que toda e todo habitante
da cidade escrevesse uma história. E ainda assim
não seria São Paulo de verdade. São Paulo nunca
será compreendida por inteiro, mas justo por isso
pode ser estimada e admirada. Aqui a vida normal
é o estado de exceção diário. São Paulo precisa ser
conquistada constantemente, de novo, sempre. E a
cidade obriga seus cidadãos a tomarem posição, a
dizerem o que pensam, se são contra ela ou estão
a seu favor.
Pars pro toto – a parte pelo todo, esse foi decerto o
método para retratar a cidade. E do mesmo modo,
um prefácio não pode conjugar todos os aspectos,
apenas convidar à leitura. Este volume não é um livro
que se lê de uma vez só. Ele é um guia quando se
quer seguir uma ideia da cidade, acompanhar o caminho de uma autora ou um autor, desviar pelas ruelas, olhar nos rostos das pessoas ou surpreender-se
com suas histórias. São Paulo é uma odisseia, uma
longa longa viagem.
Por fim, agradeço a todos que contribuíram para que
este livro fosse possível. Em especial aos editores, em
trabalho conjunto com Estevão Azevedo e Mary Lou
Paris da Terceiro Nome, aos fotógrafos Britta Radike
e Iatã Cannabrava, a Carminha Gongora, Joachim
Bernauer, Beate Althuon e Martina Merklinger pelas
indicações importantes, bem como, naturalmente, a
todos os autores e autoras.
Ronald Grätz
Prologue
09
M I N H A S P – My São Paulo
São Paulo is love at third sight at the earliest. The
first sight scares you: the size of the city, the distances, which cost time and hassle, the traffic noise
and the air pollution, the latent crime – that is supposed to be beautiful, interesting, and worth living?
The second view shines through then, that São Paulo
also has qualities. If you become a part of this city,
you guess the its own beauty of dynamic and the
meaning of the small things in it and on it. The third
look finally recognizes the values that become visible
in the coexistence of its people. You feel fragility and
fortitude, warm embrace and protection. Then you
are captivated by a city that would be indescribable
if you approached it only with statistics and history.
São Paulo, that is its smells, its tastes and its sounds,
its small peculiarities and whimsical treasures. Above
all, these are the people with their stories.
São Paulo, founded by the Jesuits in 1554, is the
largest and most densely populated city in South
America and the seventh largest metropolitan area
in the world. Other sources speak of the third largest
and the fourth largest urban agglomeration. Whatever the case may be, approximately 12 million Paulistanos are supposed to live in the city, in the region
around it, 22 million – or 24 million perhaps? Who
knows exactly? And if you knew? You marvel and
shutter at the same time. With 1,530 square kilometers of land area, São Paulo is as big as Cuba. The
mega-city is a model of globalized lifestyles between
luxury quarters and favela – a melting pot of different nationalities. It is the third largest Italian city of
the world, the largest Japanese city outside Japan,
and the largest Portuguese city outside of Portugal
is also the largest German business location outside
of Germany. Yet, despite its history of immigration
and multi-cultural influences, there is little sense of
history and tradition. São Paulo is the cultural and
economic center of Brazil with an offer of more
than 100 theater productions per week and around
1,500 national and international banks. A quarter of
all of Brazil’s cars (about 5.5 million) are driven here.
In the city there are more than 70 shopping centers
with more than 30 million customers a month, the
world’s largest number of private jets and private helicopters, the world’s largest Ferrari dealerships and
the greatest consumption of Romaneé Conti, Champagne Krug Rosé, Cristal and La Grande Dame.
A city like a country, a city quarter of the size of European cities, streets with populations of a smaller
city. Or so it is in a variety of books about São Paulo. It is not wrong, but it is not significant enough
to really describe this city. But, if you really want to
understand the pull of this megalopolis, its fascination and its contradictions, then you have to look at
the details, get to know the backyards of the city
and the life stories of the Paulistanos, their everyday
knowledge and experience. And if you know something and are still learning more every day, the city is
almost simple and familiar, so engaging and appealing. São Paulo is everything and always the opposite
just as well.
M I N H A S P – My São Paulo is the fifth volume in
a series of city readers on international metropolitan
cities after New York, Moscow, Aleppo and Tokyo.
The photographs of two documentary photographers from Germany (Britta Radike) and Brazil (Iatã
Cannabrava), which were taken in 2011, show the
broad spectrum of life in São Paulo, the effort of
its residents to survive and live, but also the talent
of leading everything to a mostly satisfactory conclusion. They attempt to capture the fascinating
dynamic and sheer endless energy that can be felt
in the city, as well as the intolerable traffic chaos,
but also the places its residents retreat to. For all
its criticism, “Sampa” is, for many of its residents,
the most wonderful city of the world. São Paulo has
something that you must experience: Describing this
is the aim of this book.
72 authors – about half from Brazil and half from
Germany – have written articles each on one of the
photos. People with different backgrounds and professions, experience with various worlds and realities
of life that have one thing in common – a conscious
relationship to the city. The result is a diverse and
exciting city portrait in personal stories, experiences,
and feelings in which the peculiarities of São Paulo
are shown and comprise a puzzle of the city.
If you compared this volume with a food, it would
not be a single entrée, a ready meal, or anything
typical. Instead, it would be more like a snack, a
delicacy, an appetizer, a treat – often sweet, but
sometimes sour as well. As much as perspective
and opinions also contradict one another – they are
parts of a whole truth. Some articles revolve around
the few, but important fix points of the city like the
Edifício Copan designed by Oscar Niemeyer, which
is one of the few buildings in the vertical view of
the city that has an architectural identity. Other articles tell more from an abstract or analytical perspective, some with historical reminiscences, others
are “only” short, often unspectacular stories of daily
life as a homosexual or the feelings of a motorist in
the horrible traffic. Of course, countless aspects are
missing – actually, every resident of the city would
have to write his or her own story. And even then
that would still not be the real São Paulo. You will
never completely understand this city and yet this is
exactly why you appreciate it and admire it. Normal
life is the daily state of emergency. You have to conquer São Paulo again and again. And the city forces
its residents to take a stand, to say what they think
of it, if they are for or against it.
Pars pro toto – this must be the method of a city
portrait, and also a foreword cannot tie together all
aspects, but only challenge the reader to read on.
This volume is not a book you read at one sitting.
It is more of a companion, if you want to follow a
thought to this city, go along the path of an author,
digress onto side streets to see faces or want to
marvel at stories. São Paulo is an odyssey – a long,
long journey.
Finally, I would like to thank all who have contributed to the success of this book, in particular, the
publishers, in collaboration with Estevão Azevedo
and Mary Lou Paris from Terceiro Nome, the photographers Britta Radike and Iatã Cannabrava, Carminha Gongora, Joachim Bernauer, Beate Althuon,
and Martina Merklinger for information on authors
as well as all the authors.
Ronald Grätz
IC
Ich und die Stadt, die Stadt und ich
Eu mais a cidade, a cidade mais eu
I And The City, The City And I
12
Ich bin fester als die Stadt, aber auch einsamer. Die
Gebäude streben aufeinander zu, wachsen entsprechend der Formbarkeit ihrer Träger, Armierungen
und Scheiben zusammen und versuchen, Kontakt
mit den Balkonen und Terrassen der anderen Gebäude aufzunehmen. Manchmal bedienen sie sich
dabei wunderschöner Konstruktionen, doch manchmal geschieht dies auch völlig chaotisch in Form unerwarteter Auskragungen und Anbauten, die wie architektonische Geschwüre und Wucherungen neuen
Wohnraum fordern. Oft kommt es bei diesem ständigen Bestreben nach Annäherung auch zu Sprunghaftigkeiten – gegen diese verzweifelten Aktionen
kämpfen ich und andere besorgte Bauherren an.
Ich bin zarter als die Stadt, aber auch flinker. Viel oder
wenig Regen, das macht keinen Unterschied: Die
Dächer führen ihre Tränen entweder in anständiger
Weise über Rinnen zu dem dafür vorgesehenen Ort
oder sie schlucken sie herunter. Letzteres führt dann
oft zu Mißstimmungen und Anfeindungen der dafür unempfänglichen Bewohner. In schweren Fällen
kann das Hinunterschlucken der Tränen eine mental
bedingte physische Schwäche auslösen, die unbehandelt unweigerlich zum Ableben führt, was von
der stabileren Nachbargemeinschaft dann oft mit
Erleichterung aufgenommen wird. Diesem Trauerspiel entfliehe ich durch mein ständiges Umherirren
von Stadt zu Stadt.
Ich bin deutlicher als die Stadt, aber auch unsichtbarer. Es sind nicht die Planeten, nicht die Kontinente und nicht die Staaten – nein, die Städte sind
unsere sichtbaren Grenzen. Ihre Körper sind nicht
so groß, als daß sie scheinbar kein Ende nähmen,
und sie sind nicht so klein, als daß sie sich bei näherer Betrachtung auflösten. In dem Maß, in dem sie
wachsen und von Ruß bedeckt werden, bekommen
sie auch immer mehr Falten, treten ihre Poren zutage und wächst ihre gebaute Behaarung immer
unkontrollierter. Ich bin nur die scharf gezeichnete
Laus in diesem Pelz.
Ich bin nicht so komplex wie die Stadt, aber ich bin
vielfältiger. Die Stadt hat keine ausreichend große
Reflexionsfläche. Vielleicht könnte ein Spiegel aus
Wasser über einem vollen Mond die Stadt mit sich
selbst bekannt machen, wer weiß. Da dies aber
noch nicht möglich ist, verfügt die Stadt nur über
mikroskopische Fragmente ihres eigenen Bildes. Ein
Gebäude, das sich in einem Wasserbassin oder im
Glas eines anderen Gebäudes spiegelt, und dieser
winzige Bruchteil der Skyline, der sich in einem Tropfen bricht, geben niemals den Blick auf das Ganze
frei. Meine Einfachheit bewirkt, daß ich mein eigenes Abbild erkenne.
Eu sou mais sólido que a cidade, mas também mais
só. Os edifícios desejam tocar-se, toda viga, concreto armado, todo vidro, varanda, terraço, toda
coluna administra a deformação imposta por essa
sua natureza, e eles, sempre que podem, crescem
uns em direção aos outros, ora harmoniosamente,
servindo-se de belíssimos projetos, ora de maneira
desordenada, por meio de protuberâncias imprevistas ou anexos inesperados, de tumores arquitetônicos ou da proliferação benigna de cômodos. No
afã desse contato cabe até a queda, e é contra essa
medida desesperada que lutamos eu e os construtores preocupados.
Eu sou mais frágil que a cidade, mas também mais
ágil. De poucas ou muitas águas, não importa: os
telhados guiam suas lágrimas e conduzem-nas decorosamente por calhas até os locais adequados,
ou as engolem, acarretando, no mínimo, dissabores
aos insensíveis habitantes, que esbravejarão contra
as goteiras; no máximo, fraqueza física de origem
emocional e que não tratada acabará por levá-los
a ruir, e nesse último suspiro ao menos o alívio da
comunhão com seus vizinhos mais estáveis. A mim
sempre cabe fugir da tristeza, errando de cidade em
cidade.
Eu sou mais nítido que a cidade, mas também mais
invisível. Não há planeta, não há continentes, não
há países, não há estados ou províncias, as cidades
é que detêm o monopólio das fronteiras visíveis, corpos nem tão grandes que pareçam não ter fim, nem
tão pequenos que perto de mim desapareçam, das
cidades por mais que cresçam e se esfumacem se
veem as rugas, se veem os poros e seus pêlos edificados e neles sou só o piolho de bem delineados
traços.
Eu sou mais simples que a cidade, mas também mais
múltiplo. A cidade, não há superfície refletora que
lhe baste. Uma lua não árida e sobre ela um límpido espelho d’água quem sabe pudesse presenteá-la
com a visão de sua invertida identidade. Não sendo
isso ainda possível e talvez nem necessário, dispõe a
complexa cidade apenas de fragmentos microscópicos
de sua própria imagem, um edifício refletido no lago
ou nas lentes de outro edifício, e essa fração ínfima
de cordilheira refletida na gota não poderá nunca
dar a imaginar o todo. Eu, porque simples, logro ver
a miragem de minha própria imagem.
I am more solid than the city, but also lonelier. The
buildings reach out to each other, grow together according to how moldable their supporting beams,
structural concrete and windows are and try to make
contact with the balconies and terraces of other
buildings. In doing so, they sometimes use beautiful
constructions, but sometimes this also occurs in a
completely chaotic way in the form of unexpected
protuberances or annexes, which, like architectural
sores and growths demand new living space. With
this constant striving for closeness there are often
leaps and it is against these desperate measures that
I and other concerned builders fight against.
I am frailer than the city, but also more agile. It does
not matter if there is little or plenty of water: Roofs
guide their tears either through gutters in a decent
way to the appropriate places for them, or they
swallow them. The latter then often leads to displeasure and hostilities of the inhabitants who are
insensitive to it. In difficult cases, swallowing the
tears can cause a physical weakness of emotional
origin that, if left untreated, will inevitably end up in
death, which is often accepted, then, with relief by
the more stable community of neighbors. I escape
this sadness by constantly wandering from city to
city.
I am clearer than the city, but also more invisible. It
is not the planets, nor the continents, nor the countries – no, it is the cities that are our visible borders.
Their bodies are not so big as to appear endless nor
so small that they disappear when looked at more
closely. As much as they grow and become smoky
and their wrinkles visible, their pores and raised hairs
are visible and within them I am only a lice in the fur
with well-drawn features.
I am not as complex than the city, but I am more
diverse. No reflecting surface is enough for the city.
Perhaps pool of water reflecting a non-arid moon
could make the city more known to itself, who
knows? But, because this is not yet possible, the
complex city only has microscopic fragments of its
own image, a building reflected in a water basin or
in the glass of another building, and this tiny fraction of the skyline, broken in a drop of water, never
allows the view of the whole. My simplicity has the
effect that I recognize my own reflection.
13
Estevão Azevedo
Estevão Azevedo
Estevão Azevedo
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Mein São Paulo
Das Häusermeer von São Paulo ist beeindruckend:
wie ein Wirklichkeit gewordenes Metropolis aus Fritz
Langs Film von 1927. In der baulichen Silhouette der
größten brasilianischen Stadt verschwinden die vereinzelten Hochhäuser meiner Heimatstadt Frankfurt
am Main wohl einige hundert Mal.
Vor 500 Jahren begann alles ganz anders: Klöster
und Kirchen im brasilianischen Barock standen für
die frühe Missionierung der indianischen Urbevölkerung.
Erst um 1900 begann der Aufschwung São Paulos:
Ausgelöst vom Jahrhundert des Kaffees kommt es
zu starker Einwanderung aus Asien und Europa und
zum ersten nachhaltigen Industrialisierungsboom
Brasiliens.
In weiteren Wellen folgen zuerst die Italiener um
die Jahrhundertwende, die sich im Viertel Bixiga ansiedeln, dann mit dem leidvollen Datum 1933 die
europäischen Juden, die sich im zentrumsnahen
Viertel Bom Retiro sammeln. Die Japaner bevölkern
den Stadtteil Liberdade. Bürgerliche Stadtteile entstehen, die die Architekturgeschichte Europas mit
Neuer Sachlichkeit, Jugendstil und Bauhaus widerspiegeln.
Mit den europäischen Migranten kommt es zur
Gründung von Theatern, Museen, Tanzhäusern
und Vereinen. Institutionen entstehen in São Paulo,
die bald nationale und internationale Ausstrahlung
erreichen, wie das von Lina Bo Bardi entworfene
Museum MASP oder der von Oscar Niemeyer entworfene Pavillon der Kunstbiennale mit dem Kunstmuseum MAM und dem wirkungsvoll gestalteten
Ibirapuera-Park des Gartenarchitekten Burle Marx.
Nach dem zweiten Weltkrieg folgt die Binnenwanderung: Millionen von verarmten Landarbeitern
aus dem Nordosten Brasiliens suchen ihr Glück in
der Metropole São Paulo und siedeln sich in einem
riesigen Armutsgürtel um die wachsende Stadt an.
Favelas entstehen, mit oft prekärer Versorgung von
Wasser und Energie, Mangel an Krankenhäusern
und Bildungseinrichtungen.
Kriminalität und Gewalt werden Dauerthemen und
bringen São Paulo eine traurige weltweite Berühmtheit ein.
Könnten wir heute wie der Sabiá, der Vogel der
Liebe, oder der für seinen Schrei berühmte Bem-tevi (Schön, dich zu sehen!) von oben in die Straßen,
Hinterhöfe und Plätze, Parks und Gärten São Paulos eintauchen, so würden wir zuerst in den gigantischen Baumwipfeln der blau oder lila blühenden
Quaresmeira landen, oder in den Kronen der Bougainvillea, die dort „Frühling“ heißt, oder der Oleanderbüsche, und könnten beobachten, was sich in
den Straßen abspielt:
Übergewichtige Damen würden wir sehen, deren
Schulterbreite nicht mit der Hüftbreite konkurrieren
könnte und deren Hinterteil von Männern respektlos
„poupança“ (Sparkonto) gerufen wird. Wir würden
Gruppen von Taxifahrern sehen, die vor lauter Manneskraft permanent mit der Faust der einen Hand in
die Handfläche der anderen schlagen, oder Damen
der Gesellschaft und ihre Hausangestellten mit Hunden aller Rassen an der Leine und der Plastiktüte in
der Hand, um das tägliche Hundehäuflein, das „cocozinho“, nach vollbrachter Tat einzusammeln.
Und vor jedem Geschäft und Restaurant der bürgerlichen Viertel würden wir die Wachmänner treffen
mit ihren übergroßen Jacketts.
Und am Freitagabend erschienen dort, nach Mann
und Frau getrennt, die Gruppen und Familien orthodoxer Juden, viele der Männer mit den übergroßen
Pelzmützen des chassidischen Ritus Osteuropas.
Und die Fußgänger mit ihren arg gebeutelten und
verbogenen Regenschirmen, wenn es wieder gießt?
Die müßten waten und warten und den Herrgott
bitten, daß die Autofahrer die Zebrastreifen endlich
respektieren, die es auch in São Paulo gibt und die
oft nur als Vorschlag verstanden werden. Und die
Fahrradfahrer? Ja, die gibt es auch: Einige haben die
ersten Fahrversuche außerhalb der autofreien Sportzonen des Wochenendes überlebt und kämpfen sich
auf den Autostraßen São Paulos durch den Verkehr.
Aber viele sind es noch nicht.
An jeder Kasse in Märkten, Tankstellen und Restaurants lautet bei der Bezahlung die Standardfrage an
die Kunden: „Débito ou crédito?“ (Cash oder Kreditkarte?). Und in der Regel antworten die Kunden:
„Crédito!“ Und so wird es wohl dem Paulistaner gehen, wenn er dereinst an die Himmelspforte klopft.
Da wird der Erzengel Michael öffnen und die entscheidende Frage stellen: „Débito ou crédito?“ Und
der eingeschüchterte Paulistano wird wie gewohnt
antworten: „Crédito!“ Und der Erzengel mit dem
Flammenschwert in der Hand wird zurück auf die
entfernt liegende Stadt São Paulo weisen und den
Satz sprechen: „Zurück nach São Paulo, mit Schulden kommst du mir nicht in den Himmel!“
Michael de la Fontaine
Minha São Paulo
O mar de prédios de São Paulo é impressionante:
como a Metropolis do filme de 1927 de Fritz Lang
transformado em realidade. Na silhueta estrutural
da maior cidade brasileira, os altos prédios isolados
da minha Frankfurt natal certamente desaparecem
algumas centenas de vezes.
Há 500 anos tudo começou bem diferente: havia
mosteiros e igrejas no estilo barroco brasileiro, usados para a evangelização precoce da população indígena.
O desenvolvimento de São Paulo só começou por
volta de 1900. Desencadeada pelo século do café,
dá-se uma forte onda imigratória proveniente da
Ásia e da Europa, e ocorre o primeiro boom de industrialização sustentável do Brasil.
Em outras ondas imigratórias, chegam primeiro os
italianos, em torno da virada do século, e se estabelecem no bairro do Bixiga; depois, com a pesarosa
data de 1933, entram os judeus europeus, que se
fixam no bairro do Bom Retiro, nas imediações do
centro. Os japoneses povoam o bairro da Liberdade.
Surgem regiões urbanas de classe média, que espelham a história arquitetônica da Europa com nova
objetividade, Jugendstil e Bauhaus.
Com a chegada dos imigrantes europeus surgem
teatros, museus, salões de baile e associações em
São Paulo. Criam-se instituições que logo adquirem
projeção nacional e internacional, como o museu
MASP, concebido por Lina Bo Bardi, ou o Pavilhão
da Bienal de Arte, com o museu de arte MAM criado
por Oscar Niemeyer, além do Parque do Ibirapuera,
configurado de modo eficaz pelo arquiteto paisagista Burle Marx.
Após a Segunda Guerra Mundial começa a imigração interna: milhões de camponeses empobrecidos do nordeste brasileiro tentam a sorte na metrópole e se estabelecem na periferia, formando um
enorme cinturão de pobreza em torno da cidade em
crescimento. Surgem as favelas, muitas vezes com
abastecimento precário de água e luz, carência de
hospitais e instituições de ensino.
A criminalidade e a violência se transformam em
temas perenes e conferem a São Paulo uma triste
fama mundial.
Se hoje fosse possível mergulhar como o sabiá, o
pássaro do amor, ou o bem-te-vi, famoso pelo seu
grito, nas ruas, quintais, praças, parques e jardins
de São Paulo, aterrissaríamos primeiro na gigantesca
copa da quaresmeira de flores azuis ou lilás, ou na
coroa da buganvília, que lá se chama Primavera, ou
do arbusto oleandro, e poderíamos observar o que
se passa nas ruas:
Veríamos senhoras acima do peso, cujos ombros
não poderiam concorrer em largura com os quadris
e cuja parte traseira é desrespeitosamente chamada
de “poupança” pelos homens. Veríamos motoristas
de táxi, em grupos que, de pura virilidade, ficam
permanentemente batendo o punho de uma mão
na palma da outra mão, ou senhoras da sociedade
e suas empregadas guiando cães de todas as raças
e mantendo um saco plástico de prontidão para recolher o cocozinho diário de seus bichinhos.
E, em frente a cada loja ou restaurante dos bairros
de classe média, encontraríamos os seguranças com
seus paletós demasiado largos.
E na sexta-feira à noite surgiriam por ali, separados
entre homens e mulheres, os grupos e famílias de
judeus ortodoxos, vários dos homens portando os
enormes chapéus de pele do costume hassídico do
Leste Europeu.
E os pedestres com seus guarda-chuvas em estado
deplorável, quando chove novamente aos cântaros?
Esses se locomoveriam com dificuldades e pediriam
a Deus que os motoristas finalmente começassem
a respeitar as faixas de pedestres, que, apesar de
existirem também em São Paulo, muitas vezes são
vistas como meras sugestões. E os ciclistas? Sim,
esses também existem: alguns sobreviveram às primeiras tentativas de pedalar fora das zonas exclusivas de ciclistas do fim de semana e forçam o seu
caminho por entre o trânsito das ruas de São Paulo.
Mas ainda não são muitos.
Em todas as caixas dos supermercados, postos de
combustível e restaurantes se ouve a frase padrão dirigida ao cliente: “Débito ou crédito?” E, comumente, os clientes respondem: “Crédito!” E o mesmo
acontecerá com o paulistano quando ele finalmente
chegar aos portões do céu. O arcanjo Miguel abrirá
a porta e fará a pergunta decisiva: “Débito ou crédito?” E o intimidado Paulistano responderá como
de costume: “Crédito!” E o arcanjo, empunhando
a espada flamejante e apontando para a longínqua
cidade de São Paulo, dirá: “Volte para São Paulo,
com dívidas você não entra no céu!”
Michael de la Fontaine
My São Paulo
The sea of houses of São Paulo is impressive: like
a Metropolis that has become a reality from Fritz
Lang’s movie in the year 1927. The scattered skyscrapers of my hometown Frankfurt on the Main
probably disappear a few hundred times in the building silhouette of Brazil’s largest city.
It all began quite differently 500 years ago: Monasteries and churches in Brazilian Baroque style stood
for the early Christian mission to the indigenous
peoples.
It was only around the year 1900 that the boom of
São Paulo began: Triggered by the century of coffee, there was stronger immigration from Asia and
Europe and for the first sustainable industrial boom
in Brazil.
In successive waves around the turn of the century,
first the Italians come, who settle in the Bixiga district, then after the painful date of 1933, the European Jews gather close to the center district of Bom
Retiro. The Japanese inhabit the district of Liberdade.
Middle-class districts arise that reflect the history
of architecture in Europe with New Objectivity, Art
Nouveau, and Bauhaus.
With the European immigrants, there is the establishment of theaters, museums, dance houses and clubs.
Institutions arise in São Paulo that soon achieve national and international attention, such as the MASP
Museum designed by Lina Bo Bardi, or Pavilion of the
Biennale designed by Oscar Niemeyer with the MAM
Art Museum, and the Ibirapuera Park effectively created by landscape architect Burle Marx.
After World War II, domestic migration follows:
Millions of impoverished farm workers from northeastern Brazil seek their fortune in the city of São
Paulo and settle in a vast belt of poverty around the
growing city. Favelas arise, often with a precarious
supply of water and energy, a lack of hospitals and
educational institutions.
Crime and violence become permanent issues and
make São Paulo a sad global celebrity.
Today, if we could dive from high above into the
streets, courtyards, squares, parks, and gardens of
São Paulo like the sabiá, the love bird known for
its famous call bem-te-vi (nice to see you), then we
would first land in the gigantic treetops of the blooming blue and lilac Quaresmeira, or into the crowns of
the Bougainville, which is called “spring“ there, or in
the oleander bushes, and we could observe what is
happening in the streets:
We would see overweight ladies, whose shoulder
width could not compete with the width of their
hips, whose backsides are disrespectfully called
“poupança” (savings account) by men. We would
see taxi drivers in groups who permanently beat the
fist of one hand into the hand of the other out of
sheer vigor, or the society ladies and their domestic
workers with dogs of all breeds on the leash and
plastic bags in their hands to scoop up the dog’s
daily manure, the “cocozinho”.
Finally, in front of every shop and restaurant of the
middle-class district we would meet the security
guards with their oversize jackets.
Also, on Friday evening, groups and families of Orthodox Jews would appear there, separately for men
and women, many of the men with the oversize fur
hats of the Hasidic rite of eastern Europe.
And the pedestrians with their badly battered and
bent umbrellas when it is pouring again? They
would have to wade and wait and ask God to make
drivers finally respect the crosswalk, which they also
have in São Paulo, yet is often only understood as a
suggestion. And cyclists? Yes, they are there as well:
Some have survived the first attempts to ride outside
the car-free zones of the weekend and are fighting
their way through car traffic on the streets of São
Paulo. But, there are not that many yet.
When paying at every cash register in markets, gas
stations, and restaurants, the standard question
asked of customers is: “Débito ou crédito?” (debit
or credit card?). Customers usually respond with:
“Crédito!” That is probably the way it will be for
the Paulistano when he knocks on Heaven’s door
one day. The archangel Michael will open it and ask
the crucial question: “Débito ou crédito?” And the
intimidated Paulistano will answer as usual: “Crédito!” With flaming sword in his hand the archangel
will point back to the distant city of São Paulo and
say: “Back to São Paulo, you cannot come to Heaven
to me with debts!”
Michael de la Fontaine
17
IC
IC
Moloch Verkehr
Letzter Abend in São Paulo – nach knapp drei Jahren als deutscher Botschafter in Brasilien. Das Amt
bringt es mit sich, daß man die Flugstrecke vom
Regierungssitz Brasília ins Wirtschaftszentrum São
Paulo wie seine Westentasche kennt: den morgendlichen Start über das trockene, rote Umland der
Hauptstadt, den Flug über die Stauseen und Agrarflächen von Minas Gerais und dann weiter über die
São Paulo umgebenden Hügel und die bis zum Horizont reichende Hochhaus-Wüste der größten Stadt
Südamerikas. Schließlich den Sinkflug zwischen den
Hinterzimmern und Wäschebalkonen der Anlieger
und ein mehr oder weniger hartes Aufsetzen auf
dem Inlandsflughafen Congonhas. Im Umkehrschub
aufheulende Triebwerke.
Jedesmal das Stoßgebet, daß die Landebahn ausreicht, was leider im Juli 2007 nicht der Fall war:
Eine Maschine aus Porto Alegre kam von regennasser Piste ab, raste in eine Gepäckhalle und ging in
Flammen auf. Über 150 Tote waren beim größten
Unglück in der brasilianischen Luftfahrtgeschichte
zu beklagen. Nach einer Schamfrist wurde die Piste
wieder freigegeben.
Aber reden wir vom Juni 2004, von meinem Abschiedsbesuch in São Paulo. Zwischen zahlreichen
Terminen und einem offiziellen Abschiedsessen in
der Residenz des Generalkonsuls ergab sich eine
unverhoffte Pause. Meine Frau und ich waren „vor
Fahrplan“ in unser Hotel am Rio Pinheiros zurückgekommen. So hatten wir Zeit zum Bestaunen des täglich neuen Chaos: Rush-hour auf den vielspurigen
Uferstraßen auf beiden Seiten des Flusses Tietê.
Das regnerische Himmelsgrau des späten Nachmittags ging über ins abendliche Dunkel. Aber um so
einprägsamer war der Blick auf die tausenden sich
auf dem nassen Asphalt spiegelnden weißen und roten Lichter, mal stockend, mal sich langsam vorwärts
schiebend. Hinter den schallgedämpften Scheiben
im 14. Stock des Hotels fühlten wir uns wie in einem
Stummfilm.
Zwischen den Doppelstrahlern der Autos drängten
und schlängelten sich eine Vielzahl Lichtpunkte: die
Scheinwerfer von Motorrädern. Hier wurde wieder
einmal vorexerziert, was man über die Jahre von São
Paulo und seinen „Motoboys“ gehört und selbst gesehen hatte. Diese „reitenden Boten“ befördern in
den auf dem Gepäckträger montierten Kisten alles,
was kein anderes Verkehrsmittel, und erst recht nicht
die Post, so schnell von Ort zu Ort bringen kann.
Von der Pizza über Medikamente und Ersatzteile,
über Laborproben, anwaltliche Schriftsätze, Behördenanträge und Baupläne – der Phantasie sind keine
Grenzen gesetzt.
Sie fahren mit hohem Tempo und Risiko – wir konnten es an diesem regnerischen Abend vielfach beobachten. Kärglich für den einzelnen Auftrag bezahlt,
müssen sie ihr Motorrad selbst stellen (oder zu ausbeuterischen Bedingungen mieten), betanken und
warten. Sie rasen unter dem Radar von Steuer und
Versicherung. Und sie fühlen und agieren als Zunft.
Wenn ein Mitglied verunglückt, sammeln sich wie
auf Verabredung – oder durch Handy mobilisiert –
hilfreiche Kameraden. Sie schirmen den Unfall vom
tosenden Verkehr ab, sorgen für den Verletzten.
Zum Glück passierte an diesem Abschiedsabend
kein Unglück. Doch das Faszinosum des paulistaner
Verkehrs bleibt haften: der tägliche Zeitverschleiß
der Menschen auf dem Weg zur Arbeit oder zu
Geschäftsterminen; die langsamen, unzuverlässigen
und zum Teil unsicheren Stadtbusse; ein quälend
langsamer U-Bahn-Bau; und – Spiegelbild des sozialen Gefälles – das Privileg der Reichen, die angeblich
nach New York höchste Dichte privater Hubschrauber mit den dazugehörigen Landeplätzen auf den
Dächern der Hochhäuser.
Dazu das Gefühl von Ineffizienz: Wieviele oder wie
wenige Termine kann man, von auswärts kommend,
in einen Tag pressen? Die Erinnerung an Pannen:
„Blut-und-Wasser-Schwitzen“ und verpaßte Termine,
wenn man mit einer deutschen Delegation im Stau
festsaß. Und an kleine Siege: eine Rekordfahrt vom
Internationalen Flughafen zum Inlandsflughafen
Congonhas in 41 Minuten (während dann der Flug
nach Rio de Janeiro 45 Minuten dauerte).
Der Verkehr in São Paulo ist eine Herausforderung
der Paulistaner im Alltag und Fluch ihres Wochenendes, wenn sich Hunderttausende an die Küste
quälen. Und er bewegt sich doch! Um so größer ist
die Hochachtung für seine Helden: die „Motoboys“.
Ihr waghalsiger Einsatz hilft, daß die Metropole pulsiert.
Uwe Kaestner
Trânsito molochiano
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Última noite em São Paulo – após pouco menos de
três anos como diplomata alemão no Brasil. A função faz com que se acabe conhecendo a rota aérea
da sede do governo, em Brasília, ao centro econômico, São Paulo, como a palma da mão: o amanhecer sobre as cercanias da capital, o voo por sobre os
lagos artificiais e as áreas agrícolas de Minas Gerais e
depois, mais adiante, sobre as colinas que envolvem
São Paulo e o mar de arranha-céus que alcança o
horizonte da maior cidade da América Latina. Finalmente, a descida entre os quartinhos dos fundos e
as áreas de serviço dos moradores da região, e um
pouso mais ou menos duro no aeroporto doméstico
de Congonhas, com as engrenagens rangendo pela
reversão dos motores.
Toda vez, a breve oração pedindo que a pista seja
longa o suficiente, o que infelizmente em julho de
2007 não foi o caso. Um avião proveniente de Porto Alegre desviou da pista encharcada e se chocou
contra um prédio da empresa aérea e pegou fogo. A
maior tragédia da aviação brasileira deixou um saldo
de quase duzentos mortos. Depois de um prazo decente, a pista foi novamente liberada.
Mas falemos de junho de 2004, da minha visita de
despedida à São Paulo. Entre inúmeros compromissos e um jantar oficial de despedida na residência
do Cônsul Geral, tivemos uma folga inesperada.
Minha mulher e eu tínhamos voltado antes do previsto ao nosso hotel próximo ao Rio Pinheiros. Assim,
tínhamos tempo de nos assombrar com o novo caos
diário: hora do rush em ambas as direções da via
expressa que ladeia o rio.
O céu cinzento e chuvoso do entardecer foi sendo
substituído pela escuridão da noite. Mas isso tornou
ainda mais impressionante a visão dos milhares de
luzes vermelhas e brancas que se espelhavam no
asfalto molhado, por vezes imóveis, por vezes se
arrastando vagarosamente à frente. Por detrás dos
vidros com isolamento acústico no 14° andar do
hotel, tínhamos a impressão de estar em um filme
mudo.
Por entre os faróis duplos dos automóveis, uma
grande quantidade de pontos de luz se espremia
e se contorcia: os faróis das motocicletas. Aqui novamente se demonstrou na prática o que ouvimos
e vimos nós mesmos ao longo dos anos sobre São
Paulo e seus motoboys. Esses “mensageiros montados” carregam, nas caixas de seus bagageiros,
tudo aquilo que nenhum outro meio de transporte,
sobretudo não o correio, consegue transportar de
um local para o outro. São pizzas, medicamentos,
peças de reposição, testes de laboratório, processos
jurídicos, requerimentos oficiais ou plantas de obras
– a fantasia não conhece limites.
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Eles dirigem em alta velocidade e correm grandes
riscos – pudemos observar isso muitas vezes nessa
noite chuvosa. Recebendo muito pouco por cada
corrida, eles têm de disponibilizar as motos (ou
então alugá-las a condições extorsivas), encher o
tanque e pagar por eventuais consertos. Eles correm por debaixo do radar de impostos e seguros. E
eles sentem e agem como irmandade. Quando um
membro sofre um acidente, camaradas solícitos se
juntam rapidamente, como para um encontro previamente combinado, ou então são mobilizados por
meio do celular. Eles formam um escudo em torno
do acidentado e cuidam da vítima.
Felizmente não ocorreu nenhum acidente nessa
noite de despedida. No entanto, a fascinação do
trânsito paulistano perdura: o desperdício de tempo diário das pessoas a caminho do trabalho ou de
compromissos profissionais; os ônibus urbanos vagarosos, pouco confiáveis e em parte inseguros; a
construção arrastada de linhas de metrô; e – reflexo
do retrocesso social – o privilégio dos ricos, a pretensa maior frota de helicópteros particulares, depois de Nova York, com os respectivos pontos de
pouso nas coberturas dos edifícios.
E para completar, a sensação de ineficiência: quantas reuniões podem ser marcadas ou não podem ser
marcadas para um dia? As lembranças dos sufocos:
situações de suar frio e o vexame de perder o compromisso, presos no trânsito com uma delegação
alemã. E de pequenas vitórias: uma viagem recorde
do aeroporto internacional ao aeroporto doméstico
de Congonhas em 41 minutos (quando então o voo
ao Rio levou 45 minutos).
O trânsito de São Paulo é o desafio dos paulistas
no dia a dia e a sua maldição nos fins de semana,
quando centenas de milhares deles se torturam nas
estradas a caminho da praia. E, no entanto, ele se
move! Tanto mais alta é a consideração pelos seus
heróis: os motoboys. A ação destemida desses trabalhadores ajuda a metrópole a pulsar.
Uwe Kaestner
Traffic Juggernaut
Last night in São Paulo – after almost three years
as German ambassador to Brazil. The office brings
with it that you know the flight route from the seat
of government in Brasília to the economic center
São Paulo like your vest pocket: the morning takeoff
over the dry, red countryside around the capital, the
flight over reservoirs and agricultural areas of the
Minas Gerais and then farther over the hills surrounding São Paulo and the high-rise desert of the largest
city in South America that reaches to the horizon.
Finally, the descent between the back rooms and
wash balconies of the residents and a more or less
hard landing at the domestic Congonhas Airport to
the howling of reverse thrusting engines.
Everytime there is the quick prayer that the runway
is sufficient, which was not, unfortunately, the case
in July 2007: An aircraft from Porto Alegre came
off the rainy runway, raced into a baggage hall and
burst into flames. Over 150 dead were to be mourned in the greatest disaster in Brazilian aviation history. After an off period, the runway was opened
for use again.
But, we are speaking of June 2004, of my farewell
visit to São Paulo. Between numerous events and an
official farewell dinner at the residence of the Consul General himself, there was an unexpected break.
My wife and I had returned to our hotel on the Rio
Pinheiros “before planned arrival”. So we had time
to admire the new daily chaos: rush hour on the
multi-laned roads on both sides of the Tietê River.
The rainy gray sky of the late afternoon went on
into the evening darkness. But, even more memorable was the view of the thousands of white and
red lights reflecting off of the wet asphalt, sometimes haltingly, sometimes slowly pushing forward.
Behind the soundproof windows on the 14th floor
of the hotel, we felt like we were in a silent movie.
A great number of points of light pressed and snaked
their way between the dual headlights of the cars:
the motorcycle headlights. This was an example
once again of what we had heard and seen for ourselves over the years about São Paulo and its “motoboys“. These “riding couriers” carry in the boxes
mounted on their luggage racks everything that no
other means of transportation, and certainly not the
postal service, can bring so quickly from place to
place. From pizza to medications and replacement
parts, to laboratory samples, legal briefs, government applications, and building plans – there are no
limits to the imagination.
They ride at high speed and risk – we could watch it
many times on this rainy evening. Meagerly paid for
each order, they must provide their own motorcycles
(or rent them under exploitative conditions), refuel
and service them. They race under the radar of taxes
and insurance and they feel and act as a guild. If
a member has an accident, they mobilize for him
by cell phone as if agreed upon – useful comrades.
They shield the accident from the thundering traffic
and care for the injured.
Fortunately, no accident happened on that farewell
evening. But, the fascination of Paulistana traffic
stays with you: the daily loss of time of the people
on their way to work or to business appointments;
the slow, unreliable, and, in part, unsafe city buses;
a painfully slow subway construction; and – a mirror
image of the social difference – the privilege of the
rich, the highest density after New York, allegedly, of
private helicopters with the corresponding landing
pads on the roofs of skyscrapers.
Besides this, there is this feeling of inefficiency:
Coming from out of town, how many or how few
appointments can you squeeze in a day? There is
the memory of breakdowns: “sweating blood and
water” and missed appointments, when you were
stuck in traffic with a German delegation. Then, there
are small victories: a record drive from the international airport to the domestic airport Congonhas in
41 minutes (while the flight to Rio de Janeiro took
45 minutes).
The traffic in São Paulo is a challenge to the Paulistas
in everyday life and a curse of their weekend, when
hundreds of thousands make a torturous trip to the
coast. But, it moves! The greater the respect for its
heroes: the “motoboys“. Their reckless effort keeps
the metropolis pulsating.
Uwe Kaestner
IC
IC
Kreative Wirrnis
Schon bevor es São Paulo gab, siedelten die Tupi an
den Ufern des Pi-iêrê. Fluß und Siedlung wurden von
den Portugiesen später fast gleichlautend „Pinheiros“ genannt, was auch gut zu dem großen Bestand
an Brasilkiefern paßte (pinheiro-do-paraná). 1890
wurde die erste Dorfbäckerei eröffnet, ab 1909
konnte man bereits mit der Straßenbahn vom Zentrum São Paulos bis zum Largo de Pinheiros fahren.
Erst 102 Jahre später folgte die U-Bahn.
Mein São Paulo ist „mein“ Pinheiros. In diesem Viertel habe ich sechs Jahre gelebt, gestaunt, gewohnt
und gearbeitet. Beeindruckend für den Neubewohner
sind die Straßenzüge voller Möbel- oder Musikläden.
Besonders faszinierte mich die selbstverwaltete
Müllsammelstelle. Unbeeindruckt von Autolawinen,
Buskolonnen und „Motoqueiros“, ziehen die Abfallsammler ihre folkloristischen Wagen durch die
Straßen. Sie tragen windgegerbte, würdevolle Gesichter, als steuerten sie Karavellen zu hoher See.
Fußgänger lesen die Stadt auf eigene Weise, weil
zumindest in Pinheiros das Begehen des Bürgersteigs einer kulturanthropologischen Entdeckungsreise gleichkommt: Vor jedem Grundstück ist die
Oberfläche anders gestaltet. Beliebt sind schwarzweiße Keramikfliesen, mit denen die Rhombenform
des Bundesstaats São Paulo symbolisiert wird. Noch
beliebter aber ist Zement, der meist mit einem Fußabdruck signiert, bunt bemalt und poetisch brüchig
wie alternde Haut ist. Auf einem meiner Lieblingsabschnitte der Rua Teodoro Sampaio waren unzählige
Schlüssel in den Zement gedrückt, die im Sonnenlicht glitzerten, bevor die Politik entschied, ein monotones Betonband als Bürgersteig zu verlegen.
Die Wände dieser Stadt sprechen. Auf der grauen
Haut der Stadtbibliothek ist in gigantischen Lettern
das Wort „Poesie“ zu lesen. Sobald ein Laden seinen
Besitzer wechselt, erhalten die Wände eine neue
Farbe und einen Slogan. An der Ecke Rua Cardeal
Arcoverde und Rua Francisco Leitão standen gerade
noch Sofas vor der Tür: „Wir führen Aufträge für
Polsterarbeiten jeglicher Art aus, einschließlich Autos.“ Dann zog ein Secondhand-Laden ein: „Floh.
Hier gibt es alles für den, der keine Banalitäten
liebt.“ Nur ein halbes Jahr später bot ein Wunderheiler seine Dienste an: „Glaube. Heilung unheilbarer Krankheiten durch den Glauben. Kostenlose
Behandlung.“ Ein unfreiwillig komischer Satz, denn
grammatisch stand eigentlich da: „Unheilbare Heilung von Krankheiten durch den Glauben“.
Die großen Künstler der Wandgestaltung allerdings
sind die „Pixadores“. Über Nacht gelingt es ihnen,
die gesamte Fassade eines Hochhauses mit ihren urbanen Runen zu beschriften. Das macht einen verwegenen Eindruck. Aus dem Stadtbild verschwun-
den sind hingegen die gigantischen „Outdoors“,
Werbetafeln, welche die Größe von Handballfeldern
erreichen konnten. Die Stadt erließ ein Gesetz gegen ‚visuelle Verschmutzung‘, und es geschah, was
keiner glaubte: Das Gesetz „klappte“, wie man in
São Paulo sagt (die meisten Gesetze klappen nicht).
Bruchbuden, Bäume und ganze Kirchen kamen hinter den abmontierten „Outdoors“ zum Vorschein.
Der Himmel wird nun wieder vom Kabelchaos geprägt, das in der Nähe von Transformatoren bizarre
Formen annehmen kann. Vielleicht würde man die
kreative Wirrnis der Leitungen in anderen Städten
erst recht als ‚visuelle Verschmutzung‘ einstufen.
Hier gehört sie zur Identität.
Joachim Bernauer
Confusão criativa
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Antes de São Paulo existir, os índios Tupi já povoavam as margens do rio Pi-iêrê. Mais tarde, rio e
povoado receberam o nome quase homônimo de
“Pinheiros”, o que também combinava bem com
a grande quantitade de pinheiros do paraná na região. Em 1890 surgiu a primeira padaria e a partir de
1909 já era possível ir de bonde do centro da cidade ao Largo de Pinheiros. O metrô surgiria somente
102 anos mais tarde.
Minha São Paulo é “meu“ Pinheiros. Nesse bairro vivi,
me surpreendi, morei e trabalhei durante seis anos.
O que impressiona o novo morador são ruas inteiras
com lojas coladas umas às outras, ora só de móveis,
ora só de instrumentos musicais. Fascinava-me especialmente o posto independente de coleta de lixo reciclável. Pouco se importando com as avalanches de
carros, filas de ônibus ou motoqueiros, os catadores
seguem puxando suas carroças folclóricas pelas ruas.
Sustentam seus rostos dignos castigados pelo vento
como se conduzissem caravelas em alto mar.
Os pedestres leem a cidade à sua maneira porque,
ao menos em Pinheiros, caminhar pelas calçadas
equivale a se aventurar numa viagem de descoberta
antropológico-cultural: o tipo de calçamento muda
a cada lote. As cerâmicas em preto e branco simbolizando o formato do contorno do Estado de São
Paulo são muito apreciadas. Mas a calçada mais popular é de cimento, frequentemente assinada por
uma pegada, colorida e poeticamente quebradiça
como pele envelhecida. Num dos meus trechos favoritos da rua Teodoro Sampaio havia inúmeras chaves incrustadas no cimento que brilhavam à luz do
sol, antes de a política decidir substituir a calçada
por uma monótona faixa de concreto.
As paredes dessa cidade falam. Na pele cinza da
Biblioteca Municipal, lê-se em letras gigantescas,
a palavra “Poesia”. Assim que uma loja muda de
proprietário, as paredes recebem uma nova cor e
um slogan. Na esquina das ruas Cardeal Arcoverde
e Francisco Leitão há pouco ainda havia sofás diante da porta: “Executamos serviços de estofamento em geral, inclusive de carros”. Depois virou uma
loja de produtos de segunda mão: “Brechó. Tem
de tudo para quem não gosta de lugar comum”.
Passado apenas meio ano, um curandeiro oferecia
seus serviços: “Fé. Cura de doenças incurável pela
fé. Serviço Gratuito”. Uma frase involuntariamente
engraçada, pois na verdade a gramática indica que
a própria cura seja incurável.
Sem dúvida, os grandes artistas das paredes são os
pichadores. Durante a madrugada, conseguem inscrever suas runas urbanas em toda a fachada de
um prédio. Isso causa uma impressão de ousadia.
Por sua vez, desapareceram da cidade os outdoors
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gigantes, placas com anúncios que poderiam chegar ao tamanho de quadras de handebol. A cidade promulgou uma lei contra a “poluição visual” e
aconteceu o que ninguém esperava: a lei “pegou”,
como se diz em São Paulo (a maior parte das leis não
pega). Construções toscas, árvores e igrejas inteiras
surgiram atrás dos outdoors desmontados.
O céu volta a ser impregnado por um caos de cabos,
o que pode tomar formas bizarras na proximidade
dos transformadores. Talvez em outras cidades, mais
que tudo, a confusão criativa das instalações elétricas
fosse classificada como “poluição visual”. Aqui ela
faz parte da identidade.
Joachim Bernauer
Creative Chaos
Even before there was São Paulo, the Tupi tribe
settled on the banks of the Pi-iêrê River. The river
and settlement were later called almost the same,
“Pinheiros”, by the Portuguese, which was also fitting due to the vast amount of pine trees (pinheirodo-paraná). The first bakery was opened in 1890
and from 1909 onward, you could already take the
tram from downtown São Paulo to the Largo de
Pinheiros. It was not until 102 years later that the
subway arrived.
My São Paulo is “my“ Pinheiros. I lived, worked and
was repeatedly amazed in this neighborhood for six
years. Impressive for new residents are some streets
completely filled with furniture or music shops. What
really fascinated me was the self-managed garbage
collection site. Undeterred by avalanches of cars,
bus convoys and “motoqueiros“, the garbage collectors pull their folkloric carts through the streets.
They have dignified faces tanned by the wind as if
they were steering caravels out in the sea.
Pedestrians read the city in their own way because,
at least in Pinheiros, walking on the sidewalk is the
equivalent of a cultural anthropological expedition:
The surface in front of every building is designed differently. Black and white ceramic tiles symbolizing
the diamond shape of the state of São Paulo are
popular. But, even more popular is cement, which
is usually signed with a footprint, painted in bright
colors and poetically fragile like aging skin. On one
of my favorite sections of the Rua Teodoro Sampaio,
countless keys had been pressed into the cement
and glittered in the sunlight, before politics turned
the sidewalk into one monotonous band of concrete.
The walls of this city talk. You can read the word
“poetry” in gigantic letters on the gray skin of the
city library. Once the owner of a shop changes, the
walls get a new color and slogan. At the corner of
Rua Cardeal Arcoverde and Rua Francisco Leitão
sofas were still standing in front of the door. “We
do upholstery work of any kind, including cars.”
Then, a second hand shop moved in: “Flea. Something for everyone who does not love the ordinary.”
Only a half a year later a miracle healer offered his
services: “Faith. Healing incurable diseases by faith.
Free treatment.” An unintentionally funny sentence,
as it read grammatically: “Incurable healing of diseases by faith.”
But the great artists of wall decoration are the “pixadores“. Overnight they manage to label the entire
façade of a high-rise building with their urban Runic.
This makes a daunting impression. What has disappeared from the cityscape, however, are the gigantic
“outdoors”, billboards that could reach the size of
handball courts. The city passed a law against “visu-
al pollution”, and something happened that nobody
could believe: the law “stuck”, as they say in São
Paulo (most laws do not stick). Shacks, trees, and
whole churches came to light from under the dismantled “outdoors“.
The sky is again dominated by the cable mess that
around transformers can take on bizarre shapes.
Perhaps you might justifiably classify this creative
chaos of power lines in other cities as “visual pollution”. Here, it is part of the identity.
Joachim Bernauer
BR
Sampa
Sampa
Sampa
46
Was mich an meiner Geburtsstadt fasziniert, ist das
CHAOS! Architektonisches Chaos, StromleitungsChaos, Verkehrs-Chaos, modernes, pulsierendes und
lebendiges Chaos, Chaos sogar in der Liebe! Ganz
nah und doch völlig autonom lebt in São Paulo eine
Vielzahl von Kulturen zusammen, und obwohl das
Denken und Handeln der einzelnen Gruppen sich
oft diametral voneinander unterscheidet, toleriert
man sich oder ignoriert man sich zumindest. Hier
hat die Zukunft schon begonnen, hier gibt es die
reinste und lapidarste Moderne: der Stadt-Helikopter,
der überfüllte Omnibus, der sagenhaft Reiche und
der wahrhaft Arme, der „Bobo“ und der „Raver“,
der Schwule und der Hetero, der Gläubige und der
Atheist ...
São Paulo hat schon heute, was Europa erst im 22.
Jahrhundert haben wird: intensiv gelebtes Leben,
rund um die Uhr und an jeder Ecke; ambitionierte
Architektur und Favelas in direkter Nachbarschaft;
die Auflösung staatlicher Dienstleistungen; Gigantismus als natürlicher Zustand der Nichtregierbarkeit;
einen Beton-Kraken, der seine Tentakeln nach allen
Seiten ausstreckt; die Unmöglichkeit zu planen; die
totale Unvorhersehbarkeit und Unbeherrschbarkeit
– „São Paulo, Erschütterung meines Lebens!“ (Mario
de Andrade)
O que me fascina na minha cidade natal é o CAOS!
Caos arquitetônico, caos de fios, caos de postes,
caos de trânsito, caos moderno, caos pulsante, caos
vivo, caos amoroso até! Em São Paulo muitas “tribos” convivem em completa autonomia, quase que
se tocando nas ruas, mesmo sendo diametralmente
opostas em atos e pensamentos, se tolerando ou
se ignorando. Aqui está o futuro, aqui há a modernidade mais pura e mais lapidar: o helicóptero e o
ônibus superlotado, o rico-riquíssimo e o pobre-paupérrimo, o “mauricinho” e o “clubber”, o gay e o
hetero, o evangélico e o ateu...
São Paulo é já hoje em dia o que a Europa só será
no século XXII. Vida vivida intensamente 24 horas
em qualquer de suas esquinas. Formas muito sofisticadas de moradia, vizinhas a favelões intermináveis.
A entropia do Estado como provedor de serviços. A
gigantibilidade como Natureza ingovernável. A selva
de concreto que se expande tentacularmente. A impossibilidade de planejamento. A imprevisibilidade
total. A ingovernabilidade. “São Paulo, comoção de
minha vida!“ (Mario de Andrade)
What fascinates me in my home town is the CHAOS!
Architectural chaos, chaotic utility lines, chaotic
traffic, modern, pulsating, and lively chaos, even
romantic chaos! A large number of cultures live together in complete autonomy in São Paulo, almost
touching each other on the street, despite being
completely opposed in acts and thoughts, tolerating
or at least ignoring one other. Here the future has already begun, here is the purest and the most lapidary
modernity: the helicopter city and the overcrowded
city bus, the fabulously rich and the truly poor, the
“playboy” and the “clubber”, the gay and the hetero,
the believer and the atheist ...
Today São Paulo already has what Europe will only
be in the 22th century: lives lived intensely 24 hours
a day on any of its street corners, very sophisticated
architecture right next to favelas, the end of public
service, gigantism as a normal state of ungovernability, a concrete jungle expanding its tentacles on
all sides, the impossibility of planning, the total unpredictability and ungovernability – “São Paulo, the
commotion of my life!“ (Mario de Andrade)
47
Alex Flemming
Alex Flemming
Alex Flemming
BR
Edifício Copan –
ein Symbol für das Leben in São Paulo!
30. Juni 1980 in Rio de Janeiro. Es ist später Nachmittag. In einer ruhigen, mit Bäumen bestandenen
Straße in der Nähe des Botanischen Gartens sind die
letzten Vorbereitungen für den großen Umzug in
die Megacity abgeschlossen. Es soll der Beginn eines
neuen Lebens sein und so macht sich der schwer
beladene weiße Käfer auf den 400 Kilometer langen
Weg von der Stadt mit dem Beinamen „die Wunderbare“ nach São Paulo.
Mitternacht am gleichen Tag. Ankunft in der Riesenstadt. Es ist stockfinster und nur wenige Menschen
sind auf der Straße. In der Dunkelheit kann ich weder Bäume noch Grünanlagen ausmachen – ich sehe
nur Häuser, Häuser und noch mehr Häuser. Dennoch
läßt sich das Edifício Copan leicht finden. Mit seinen
32 Stockwerken und der ungewöhnlichen, wellenförmigen Architektur des weltberühmten Oscar Niemeyer ragt es aus der Masse der anderen Gebäude
heraus.
Von seinem Anblick war ich zunächst einmal geschockt. Sollte ich etwa hier einziehen? Von einem
kleinen, zweistöckigen und von acht Parteien bewohnten Haus im Grünen in diesen schmucklosen
Wohnkomplex mit Tausenden von Mitbewohnern
inmitten von Beton und aufgetürmten Steinen? Wie
sollte ich hier überleben, wo ich mich hier in dieser
Nacht doch auf Anhieb so unwohl fühlte? Mir lief es
eiskalt den Rücken herunter und ich hätte am liebsten auf dem Absatz kehrt gemacht, um in die anheimelnde Wärme des Bekannten und Überschaubaren
zurückzukehren. Aber dann nahm ich entschlossen
mein Gepäck und betrat einen der zwanzig Aufzüge. Das Beste, was ich in dieser Situation machen
konnte, war: nicht allzuviel nachdenken. Ich hatte
mich für ein Leben in São Paulo entschieden, also
mußte ich auch dem Neuen, Unbekannten ins Auge
sehen.
Der zweite Schock: Ein Aufzug für 50 Personen,
in dem ich ganz allein bis ins 17. Stockwerk fuhr.
Ein riesiger, grauer Korridor, der sich vor mir auftat.
Türen und noch mehr Türen. Ich ging langsam und
stellte mir vor, wie das Leben an einem solchen Ort
wohl sei, unter so vielen Menschen, mitten in São
Paulo. Ich betrat mein Ein-Zimmer-Apartment. Überwältigt blieb ich vor dem Fenster stehen, das man
mit fünf Schritten erreichen konnte, denn von dort
aus sah ich die Tausende Lichter der umliegenden
Gebäude – eine fantastische Aussicht. Inmitten der
wellenförmigen Betonfassade erschien es mir, als ob
mir die Lichter zuzwinkerten und ins Ohr flüsterten:
Nur Mut, Mädchen! Das Leben hier ist gar nicht so
schlecht. Es gibt ein Licht in der Finsternis, das deinen Weg erhellt.
Das Edifício Copan ist mit 115 Metern Höhe und
120.000 Quadratmetern bebauter Fläche die größte
Beton-Konstruktion Brasiliens. Es ist in sechs Blöcke
mit insgesamt 1.160 Apartments unterteilt, in denen
geschätzte 5.000 Bewohner leben. Hinzu kommen
70 Läden und Geschäfte. Das Gebäude hat sogar
eine eigene Postleitzahl – die 01066-900.
In den 50er Jahren wurde das Haus geplant und
steht für eine Epoche, in der São Paulo sich mit
großer Dynamik veränderte und in beängstigender
Weise wuchs (Medonça, 1999). Mit dem Wachstum
der Industrie weit über die urbanen Grenzen hinaus
und einer großen Spekulation im Stadtkern expandierte die Stadtfläche bei gleichzeitiger Verdichtung
und Vertikalisierung des Zentrums (Piccini, 1999).
São Paulo erweiterte seine Grenzen, die Wirtschaft
gewann an Stärke und die Stadt bereitete sich darauf vor, eine große Metropole zu werden. Mit seiner grandiosen Konstruktion und den ausladenden
Formen wurde das Edifício Copan zu einer repräsentativen Ikone der nach Größe strebenden Stadt. Die
abgerundeten Formen, die den rechten Winkel meiden, sind das Markenzeichen des Architekten Oscar
Niemeyer, der die Kurven liebt und dazu schrieb:
„Es ist nicht der rechte Winkel, der mir gefällt, auch
nicht die gerade, harte und unflexible Linie – was
mich reizt, ist die freie und sinnliche Kurve (…)“
(Niemeyer, 1998).
Um São Paulo zu beschreiben, gibt es kein besseres
Symbol als das Edifício Copan. Seit über 30 Jahren
bin ich in dieser Stadt und habe sie mir in dieser Zeit
„zu eigen“ gemacht, zu „meinem“ São Paulo. In
den drei Monaten, in denen ich dort lebte, hat mich
das Edifício Copan gelehrt, daß sich auch in Umgebungen, die auf den ersten Blick widrig erscheinen,
menschlicher Kontakt und harmonisches Zusammenleben ergeben kann. Egal ob es im Foyer, vor
dem Aufzug oder in den Läden, Restaurants, Kosmetiksalons, Kinosälen und Andachtsräumen der
öffentlichen Bereiche war – wie in vielen anderen
Punkten der Stadt trafen sich dort Familien, Senioren und Jugendliche aller gesellschaftlichen Schichten und mit unterschiedlichster Herkunft. Sie lebten
und erlebten auf friedliche Weise eine Vielfalt, die
typisch ist für São Paulo.
Auch wenn die Umgebung noch so schroff erscheint,
das Edifício Copan zeigt mit seiner einzigartigen
Architektur, daß man auch an solchen Orten eine
gewisse Leichtigkeit erleben kann. In dieser Stadt
stehen wir täglich vor der Herausforderung, kalten
Beton mit sinnlichem Vergnügen zu verbinden. Es
hängt an jedem einzelnen Bewohner dieser Stadt,
diese Gegensätze aufzuheben und eine humane,
lebendige Stadt zu schaffen.
Beate Althuon
Edifício Copan –
um símbolo do que é viver em São Paulo!
Rio de Janeiro, 30 de junho de 1980. Final de tarde.
Numa rua tranquila e arborizada, próximo ao Jardim
Botânico, estavam acontecendo os últimos preparativos para uma grande mudança: deixar o Rio de
Janeiro e iniciar uma nova vida na megalópole São
Paulo. Com a “fusqueta” branca lotada de bagagem, inicio a viagem de 400 quilômetros que separam a “cidade maravilhosa” de São Paulo.
Meia noite do mesmo dia. Chegada em São Paulo.
Tudo escuro, poucas pessoas nas ruas, não vislumbro
árvores nem canteiros floridos, somente prédios,
prédios e mais prédios. Encontrar o Edifício Copan
foi fácil, apesar do adiantado da noite. Afinal, é um
prédio único, com seus 32 andares e com uma arquitetura inusitada, em forma de ondas, projetada
pelo famoso e mundialmente conhecido arquiteto
Oscar Niemeyer.
Parada em frente ao prédio, estava em estado de
choque. Era aqui que eu iria morar nos próximos
meses? Saí de um pequeno prédio de apenas quatro
andares, com oito apartamentos, numa região com
muito verde e muito tranquila, para um senhor edifício frio, seco, áspero, no meio de concreto, cimento e pedras sobre pedras, com no mínimo cinco mil
moradores? Como é que iria sobreviver num lugar
desses, que naquele adiantado da noite me passava
dureza, frieza e mal-estar? Senti um frio na espinha, a vontade era de sair correndo, voltar para o
aconchego do conhecido e palpável. Resoluta, peguei minha bagagem e entrei em um dos vinte elevadores. O melhor que poderia fazer era não pensar
muito na minha situação atual. Havia decidido viver
em São Paulo, portanto teria que enfrentar o novo,
o desconhecido.
Segundo choque: um elevador para 50 pessoas,
de uma vez só. Sozinha, subi até o 17° andar. Um
imenso corredor cinza descortinou-se à minha frente. Portas e mais portas. Fui andando devagar, imaginando como deveria ser viver num lugar destes, com
tanta gente, no centro de São Paulo. Entrei no meu
apartamento, de um quarto. Surpresa, fiquei parada
em frente à janela, que alcancei com cinco passos,
e olhei para fora. À minha frente, milhares de luzes
oriundas dos prédios à volta. A vista, fantástica. Entre as “ondas” de concreto, as luzinhas como que
piscavam para mim, sussurrando no meu ouvido:
coragem, menina! A vida aqui não é tão ruim assim.
Onde há escuridão, também há luzes a iluminar o
seu caminho.
O Edifício Copan tem a maior estrutura de concreto
armado do país, com 115 metros de altura e 120 mil
metros quadrados de área construída. É dividido em
seis blocos, com um total de 1.160 apartamentos
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de tamanhos variados, numa estimativa de 5 mil residentes e mais de setenta estabelecimentos comerciais. Até tem um CEP especial, o 01066-900.
O prédio foi projetado na década de 50, num período em que a cidade de São Paulo apresentava uma
dinâmica de transformação e crescimento espantosos (Mendonça, 1999). Com o avanço da industrialização para fora dos limites da cidade juntamente
com a grande especulação imobiliária em torno do
centro, houve uma intensa expansão da malha urbana e um adensamento populacional com verticalização da área central (Piccini, 1999). São Paulo ampliava seus limites, a economia paulistana se fortalecia
e São Paulo preparava-se para ser uma grande metrópole. O Edifício Copan tornou-se, assim, um ícone representativo da grandeza da cidade, por sua
grandiosidade estrutural e forma arrojada. A forma
sinuosa do Copan quebrando ângulos retos tem a
marca de seu criador. O gosto pela linha curva é característica de Oscar Niemeyer, que escreveu: “não é
o ângulo reto que me atrai, nem a linha reta, dura,
inflexível... o que me atrai é uma curva livre e sensual...” (1998).
Não poderia haver símbolo melhor do que o Edifício
Copan para descrever São Paulo. Vivo em São Paulo
há mais de trinta anos, e “adotei” esta cidade como
meu lar, a minha cidade, a “minha“ São Paulo. O
Edifício Copan, nos três meses em que nele vivi, me
mostrou que é possível a convivência e o contato humano, mesmo em condições aparentemente adversas. Assim como no Edifício Copan, onde as pessoas
se encontram nos saguões, à espera do elevador,
ou no térreo, onde existem muitas lojas, restaurantes, salões de beleza, cinema e até uma igreja,
encontram-se e convivem idosos, famílias, crianças,
adolescentes, pessoas das mais diferentes origens,
culturas e condições sócio-econômicas, também na
cidade há constantes encontros e desencontros. Diversidade é a palavra chave. E esta palavra traduz
o que é viver em São Paulo: viver, diariamente, a
diversidade, de forma pacífica.
O Edifício Copan, com sua arquitetura única, mostra
que é possível viver com leveza, ainda que a cidade
seja, como o próprio edifício, dura e áspera. Conciliar a beleza, a leveza, a sensualidade, a fragilidade
e o prazer com a dureza, a aspereza, a firmeza e
a diversidade é o grande desafio que esta cidade
diariamente impõe aos que nela optam, ou são obrigados, a viver. Depende de cada um dos habitantes
conciliar os opostos tornando esta cidade humana
e possível.
Beate Althuon
Edifício Copan –
A Symbol Of What It Is To Live In São Paulo!
Rio de Janeiro, June 30, 1980. Late afternoon. On
a quiet and tree-lined street close to the Botanical
Gardens, the last preparations for the big move to
the mega city were completed. It would be the beginning of a new life and so the white VW Beetle
packed with luggage started on the 400 kilometers
way from the “marvelous city” to São Paulo.
Midnight of the same day. Arrival in the giant city.
São Paulo arrival. Everything is dark, few people
walk the streets and I cannot make out trees or
flower beds, I only see buildings, buildings and more
buildings. Finding the Edifício Copan was easy. With
its 32 floors and unusual architecture, shaped like
waves, designed by world famous architect Oscar
Niemeyer, it stands out from the mass of other buildings.
When I first saw it, I was in a state of shock. Was I
supposed to be moving in here? From a small, twostorey building with eight apartments, in a green
area, to a undecorated apartment with thousands of
residents in the middle of concrete, and rocks upon
rocks? How was I supposed to survive here on this
night, when I immediately felt such unease? I felt
a chill down my spine and would have most liked
to have turned right around and returned to the
homey warmth of the well-known and manageable.
But then, resolute, I carried my luggage and entered
one of the twenty elevators. The best I could do was
not to think too much about my current situation. I
had decided to live in São Paulo, so I also had to look
the new and the unknown in the eye.
The second shock: In an elevator that could carry
50 people at once I rose alone to the 17th floor. An
immense gray corridor was ahead of me. Doors and
more doors. I walked slowly, imagining how life in
a place like that could be good, with so many people, in downtown São Paulo. I entered my one bedroom apartment. Overwhelmed, I stopped in front
of the window that I could reach with five steps.
From there I saw the thousands of lights from the
buildings around – the view was fantastic. Between
concrete “wave-like” façade, the lights seemed to
flicker for me and whisper to my ear: Be brave, girl!
Life here is not so bad. There is a light in the darkness that will clear your way.
The Copan is the largest concrete structure in the
country, 115 meters high and with 120,000 square
meters of built area. It is divided in six blocks, with
a total of 1,160 apartments of varied sizes, with an
estimated 5,000 residents. There are also over 70
shops and businesses. It even has its own zip code,
01066-900.
The building was designed in the 1950s and stands
for an era when São Paulo was changing with a great
dynamism and grew in a terrifying way (Mendonça,
1999). With the growth of industry far beyond the
urban limits together with intense real-estate speculation over the downtown area, the urban area underwent an intense expansion with a growing densification and verticalization of the downtown area
(Piccini, 1999). São Paulo expanded its limits, the
local economy gained in strength and the city was
preparing to become a big metropolis. With its grandiose construction and the protruding forms, the
Edifício Copan became a representative icon of the
city‘s striving for greatness. The rounded off shapes,
breaking from straight angles, are the trademark of
the architect Oscar Niemeyer, who loves curves and
once wrote: “It is not the straight angle that I like,
nor the straight line, harsh, inflexible […] what really
attracts me is the free and sensual curve ...” (1998).
There is no better symbol to describe São Paulo than
the Edifício Copan. I have been in São Paulo for over
thirty years and “adopted” this city in this time and
made it my own, “my“ São Paulo. The Edifício Copan, in the three months I inhabited it, showed me
how human contact and harmonious coexistence
are possible, even in conditions that seem contradictory at first sight. Whether it is in the foyer in front
of the elevator or in the stores, restaurants, beauty
parlors, movie theaters and chapel rooms of the public areas – like in many other spots in the city, families, senior citizens, and young people of all classes
of society and with the most diverse backgrounds
met there. They lived and experienced in a peaceful
way a diversity that is typical for São Paulo.
Even when the surroundings may appear so rough,
the Edifício Copan, with its unique architecture,
shows it is possible to live lightly even in places like
this. In this city, we are confronted daily with the
challenge of combining cold concrete with sensual,
pleasure. It depends on each inhabitant to remove
these contradictions and to create a city with human
dignity and dynamism.
Beate Althuon
Andrea Piccini: Cortiços na cidade: conceito e preconceito na
reestruturação do centro urbano de São Paulo (Ed. Anna Blume,
São Paulo 1999)
Denise Xavier de Mendonça / Carlos Ferreira Martins: Arquitetura metropolitana de São Paulo na década de 50: análise de 4
edifícios – Copan; sede do jornal O Estado de São Paulo; Itália;
Conjunto Nacional (São Carlos, São Paulo 1999)
Oscar Niemeyer: As curvas do tempo (Revan, Rio de Janeiro
1998)
BR
Copan. São Paulo-Tagebuch
Wieder habe ich begonnen zu zeichnen. Erste Versuche. Trost für Idioten. Zeugnis von Existenz? Das
Café Floresta führt mich in die Welt zurück, die die
einfachen und wichtigen Handlungen des Lebens erfordern: Anziehen, auf den Fahrstuhl warten und in
dem hellbraunen Resopal-Holzimitat mit der gleichmäßigen künstlichen Maserung von glänzend polierten Messingleisten umrahmt in die Tiefe schaukeln.
„Um café media con leite e um sanduíche.“ Reine
Routine, die ich gelassen demonstriere. 5 Reais, 30
Centavos. Danach ins Taxi, in den Tag.
Zuviel Realität in der Stadt, zuviel geschundene Natur am Rand, zu viele Gegenstände, zu viele Hände.
Die physische Präsenz unaufhörlicher Bewegung,
die stetige Anwesenheit von Menschen überall. Sie
liegen auf den Straßen, auf den Bänken, zwischen
den parkenden Autos, in den Metro-Eingängen, sie
sind erschöpft und müde vom Leben. Sie sitzen auf
der Straße, vor den Geschäften, auf den Märkten, in
den Parkanlagen. Überall sitzen sie und warten auf
das Ende des Wartens, auf das Ende des Tages, auf
ein Ereignis, das ihnen Gelegenheit und Anlaß böte,
aufzustehen. Wohin sollten sie gehen? Sie sprechen
in den Tag, stehen vor den Geschäften. Sie laufen
zwischen den wartenden Autos vor den Ampeln
und warten geduldig, daß man ihnen eine unnötige
Kleinigkeit abkauft. Sie stehen vor den Eingängen
der Garküchen und den zahllosen kleinen Lanchonete. Jemand bittet um eine Zigarette.
Die Stadt schiebt mich durch die Straßen, ich gleite
an allem vorbei. Auch die Autos schieben sich aneinander vorbei, fließen träge durch die Hauptschlagadern Consolação, Rebouças, Henrique Schaumann, Avenida Brasil, Avenida Ipiranga. Überall sind
die Menschen scheinbar beschäftigt, legen Hand
an Teile, die zum einmaligen Austausch vorgesehen
sind und geben ihnen mehrfache Leben. Kein Ding,
das nicht nutzbar wäre, nichts ohne Wiederkehr in
den Zyklus der uneingeschränkten Verwendbarkeit.
Sie schleppen Früchte, ziehen Karren, vergraben sich
in die Wühltische der Billigwaren, bewachen die Eingänge der Banken, die Shopping-Center, den Supermarkt, die Metro-Eingänge. Für alles steht jemand
bereit und jeder Jemand hat tausend Ersatzmänner,
die nie zum Einsatz kommen. Inmitten dieser allgegenwärtigen Bereitschaft, in der das Warten das
Leben ausmacht als Zeichen willigen Bemühens
und zugleich die gespannte Erwartung des Unmöglichen bedeutet, verwirrt die sich unendlich multiplizierende Verfügbarkeit aller die Sinne. Unaufdringlicher Überfluß passiver Muskeln. Zu viel Körper, zu
viel Haut. Feste Brüste in kleinen elastischen Tops,
üppige Frauen, sehnige Männer. Die Sinne verfangen sich in der Gegenwart der Tatsachen, kleben an
den wirklichen Formen. Alles erscheint literarisch,
direkt, wirklich, hier, in diesem Moment, vor mir, in
mir. Kein Ausweg. Kein Raum für die Vorstellung.
Alles stellt sich selbst vor, ist ständig anwesend, zeigt
sich tausendfach ungewünscht, bedrängt mich und
dringt in mich.
Die Lichter gehen nicht aus, der Lärm umgibt mich
wie monoton tosende Brandung, stetiger Kreislauf
der Naturgewalt der Zivilisation: das Gedächtnis des
Ortes und die Erinnerung, in die er sich ruft, mir als
Zeichen der Bestimmung meiner gegenwärtigen
Koordinaten.
Was bleibt der Zeichnung, wenn der Raum besetzt
und umstellt ist? Kein Entrinnen, selbst der Himmel
ist erfüllt von der Stadt.
Jürgen Partenheimer
Copan. São Paulo-diário
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De novo, comecei a desenhar. Primeiras tentativas.
Consolo para idiotas. Testemunho da existência? O
Café Floresta me reconduz ao mundo que as ações
simples e importantes da vida requerem: se vestir,
esperar pelo elevador e sacolejar ao fundo com a
fórmica marrom clara imitando madeira de granulação uniforme emoldurada com frisos brilhantes de
latão polido. “Um café média com leite e um sanduíche“. Pura rotina, que eu demonstro resignado.
5 reais e 30 centavos. Depois de táxi, para o dia.
Na cidade, realidade demais, natureza no entorno
maltratada demais, coisas demais, mãos demais. A
presença física de movimento incessante, a presença
constante de pessoas por toda parte. Deitadas nas
ruas, nos bancos, entre os carros estacionados, nas
entradas do metrô, estão esgotadas e cansadas da
vida. Estão sentadas na rua, diante das lojas, nas
feiras livres, nos estacionamentos. Estão sentadas
em todos os lugares esperando pelo fim da espera, pelo fim do dia, por um acontecimento que lhes
ofereça oportunidade e motivo para levantar. Para
onde deveriam ir? Falam para dentro do dia, parados diante dos estabelecimentos comerciais. Correm
entre os carros que aguardam o sinal abrir e esperam
pacientemente que se compre deles uma bugiganga.
Ficam em frente às barracas de comida quente e às
inúmeras pequenas lanchonetes. Alguém pede um
cigarro.
A cidade me empurra pelas ruas, passo deslizando
por tudo. Os carros também passam empurrando
uns aos outros, fluem lentamente pelas vias principais, Consolação, Rebouças, Henrique Schaumann,
Avenida Brasil, Avenida Ipiranga. Em todos os lugares as pessoas parecem ocupadas, colocam as mãos
em coisas previstas para serem trocadas uma vez
só e dão a elas múltiplas vidas. Não há nada que
não seja útil, nada sem retorno ao ciclo da disponibilidade irrestrita. Carregam frutas, puxam carretos,
enterram-se nas mesas de promoções de mercadorias de segunda, vigiam as entradas de bancos, de
shoppings, de supermercados, as entradas do metrô.
Para tudo há alguém disponível e para cada um existem mil substitutos que nunca chegam a ser empregados. Em meio a essa prontidão onipresente, em
que a espera faz diferença na vida como sinal de um
empenho obediente e, ao mesmo tempo, significa
a expectativa tensa do impossível, a disponibilidade
de todos, multiplicada infinitamente, confunde os
sentidos. Discreta abundância de músculos passivos.
Excesso de corpos, excesso de pele. Seios firmes
em pequenos tops flexíveis, mulheres voluptuosas,
homens tendinosos. Os sentidos se embaralham na
presença dos fatos, aderem às verdadeiras formas.
Tudo se manifesta de maneira literária, direta, ver-
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dadeira, aqui, nesse momento, diante de mim, em
mim. Não tem saída. Não há espaço para a imaginação. Tudo se apresenta como é, está sempre presente, mostra-se mil vezes indesejável, me oprime e
me penetra.
As luzes nunca se apagam, o ruído me cerca como
o marulhar monótono da rebentação, ciclo contínuo
do poder da natureza da civilização: a memória do
lugar e a lembrança na qual ele ecoa é, para mim,
como um sinal da determinação das minhas atuais
coordenadas.
O que resta ao desenho se o espaço está ocupado e
cercado? Não há escapatória, até o céu está preenchido de cidade.
Jürgen Partenheimer
Copan. São Paulo Diary
I started drawing again. First attempts. Consolation
for idiots. Certificate of existence? The Café Floresta
leads me back into the world that requires the simple
and important acts of life: getting dressed, waiting
for the elevator and, framed in the light brown Formica imitation wood with uniform artificial grain of
shiny polished brass strips, rocking down the elevator
shaft. “Um café media con leite e um sanduíche.”
Pure routine that I quietly demonstrate. 5 Reais, 30
Centavos. Then, it’s into the taxi and into the day.
Too much reality in the city, too much oppressed
nature on the edges, too many objects, too many
hands. The physical presence of perpetual motion,
the constant presence of people everywhere. They
are on the streets, on the benches between parked
cars, in the metro entrances, they are exhausted and
tired of life. They sit on the street in front of shops,
markets, in the parks. Everywhere they sit and wait
for the end of waiting for the end of the day, for an
event that would offer them the opportunity and
occasion to get up. Where should they go? They
speak into the day, stand outside the shops. They
walk between the cars waiting at the traffic lights
and wait patiently that someone will buy from them
a trifle. They stand at the entrances of food stands
and the countless small Lanchonete. Someone asks
for a cigarette.
The city shoves me through the streets, I glide by
everything. Even the cars slide past one another,
flowing lazily through the major traffic arteries Consolação, Rebouças, Henrique Schaumann, Avenida
Brasil, Avenida Ipiranga. Everywhere the people
seem busy, laying hands on parts that are meant
for one time exchange and give them multiple
lives. There is not anything that is no longer usable,
nothing that does return to the cycle of unlimited
usability. They drag fruits, pull carts, bury themselves
in the bargin bins of cheap goods, guard the entrances
of banks, the shopping center, the supermarket, the
metro entrances. People are ready for everything and
every person has a thousand replacements who
never see any action. Amid this ever-present readiness, in which waiting is a part of life as a sign of
consent and, at the same time, means the tense expectation of the impossible, confuses the endlessly
multiplying availability of all the senses. Unobtrusive abundance of passive muscles. Too much body,
too much skin. Firm breasts in small elastic tops,
voluptuous women, wiry men. The senses become
entangled in the presence of facts, stick to the real
forms. Everything seems literary, direct, real, here,
in this moment, in front of me, in me. No way out.
No room for imagination. Everything presents itself,
is constantly present, shows itself a thousand fold
undesirable, harasses me and penetrates me.
The lights do not go out, the noise around me like
a monotonous pounding surf, a continuous cycle of
the nature force of civilization: the memory of the
place and the memory, in which it calls to me as a
sign of defining my present coordinates.
What remains of the drawing when the room is occupied and surrounded? No escape, even when the
sky is filled by the city.
Jürgen Partenheimer
IC
Sem fim
Eine Fläche, gegliedert von 123 horizontalen Lamellen, jeweils circa 150 Zentimeter tief und mit
Mosaiksteinchen belegt, 3 Lamellen pro Geschoß,
auf Boden- bzw. Deckenhöhe, als Brüstung und als
präziser Rahmen der Aussicht. Eine Fassade als rationales Konstrukt, die Klarheit einer Idee, jedoch überlagert vom Leben: hinter den Lamellen die Vielfalt
der Bewohner und ihrer Wohnvorstellungen. Genau
aus dieser Überlagerung entsteht die Faszination
Copan, eine Art Moiré aus Licht und Schatten, aus
Regel und Freiheit, die Vielfalt eines Dorfes, vertikal organisiert, mitten im „Centro“ von São Paulo,
Avenida Ipiranga 200, gleich neben der Praça da
República.
Der Raum ist klein, der Ausblick jedoch unendlich,
gegliedert von tiefen Lamellen. Ich sitze an einem
großen Arbeitstisch im 24. Geschoß, Apartamento
245, für die nächsten zwei Monate meine kleine
Wohnung im Copan. Unglaublich, unfaßbar. Vor mir
São Paulo, ohne Ende – sem fim.
Edifício Copan, ein sinusförmig geschwungener
Baukörper, 140 Meter hoch, 32 Stockwerke, die
Fassade völlig verglast, und davor diese 124 Betonlamellen als Sonnenschutz. Zwei Geschosse ohne
Lamellen gliedern den Baukörper. 5.000 Menschen
leben auf 116.000 Quadratmetern Wohnfläche in
1.160 Wohnungen mit Flächen zwischen 26 und
350 Quadratmetern. Auch heute noch ist es das
größte Wohngebäude, ein sozialer Mikrokosmos,
ein „Dorf“ in der Metropole von 11 Millionen Einwohnern – die eigene Postleitzahl unterstreicht die
Größe und Einzigartigkeit des Edifício Copan.
Die Dorfstraße ist das öffentliche Erdgeschoß mit
seinen unzähligen Friseurgeschäften, kleinen Modeund Schuhboutiquen, die an das verflossene Jahrhundert zu erinnern scheinen, neueren Läden, einer
Wäscherei und Filmausleihe, Restaurants und Cafés
et cetera. Der Boden folgt, als sanfte Rampe ausgebildet, den Niveau-Unterschieden der natürlichen
Topographie und hebt damit die Grenze zwischen
Gebäude und Straßenraum auf. Der Raum scheint zu
„fließen“, von innen nach außen, von außen nach
innen. Der Raum der Avenida Ipiranga erweitert sich
in das öffentliche Erdgeschoß des Copan. Wo hört
die Stadt auf, wo beginnt das Private? Die Schwelle ist tagsüber nicht spürbar, nur nachts, wenn die
Tore geschlossen werden. Es gibt das Private nicht,
sondern nur verschiedene Grade der Öffentlichkeit,
erinnere ich mich in einem Interview mit Mendes da
Rocha gelesen zu haben, wie er über das Verschieben von Grenzen, von innen und außen spricht.
Das ist es, was das Leben im Copan auszeichnet.
Man wird Teil der Stadt, lebt in ihr und mit ihr. Man
kann sich nicht abgrenzen, man kann die Stadt nicht
ausgrenzen. Auch als Bewohner auf Zeit fühle ich
mich als Teil des Ganzen, oben in meinem kleinen
Apartment, den Blick frei über ganz São Paulo oder
im Erdgeschoß, das ich als meinen Schwellenraum
bezeichnen würde.
Der Tag beginnt in meinem Lieblingscafé Floresta, ein
„café solo“ und ein „pão de queijo“ zum Frühstück.
Ein freundliches Lächeln, ein kurzes Gespräch, der
Tag beginnt mit einer gewissen Leichtigkeit – und
genau hier, an diesem Tresen wird er auch enden,
mit einem „café com leite“, einem freundlichen Lächeln, kurzen Gesprächen. Das Café ist ein öffentlicher Raum und gleichzeitig auch mein Raum. Ich
teile ihn mit ganz vielen anderen Menschen, zufällig
oder bewußt. Das Café Floresta als Ort, wo sich viele
Wege kreuzen – und manchmal verändern und beeinflussen sie sich sogar gegenseitig.
Die Stadt bestimmt meinen Lebensrhythmus, ein Teil
meines Wohnens verlagert sich in den öffentlichen
Raum, und der öffentliche Raum wird Teil meines
Wohnens. Ich verlagere Abläufe des Privaten in die
Stadt und erobere mir dafür Orte der Stadt, wie Zellen, die ich über die Stadt verteile. Ich niste mich in
sie ein, und von Tag zu Tag wird São Paulo, diese
Megapolis, immer mehr zu meiner Adresse. Ich erobere mir ihren Raum, ich bewohne sie.
Daß das Copan als Wohnanschrift so begehrt ist,
mag dieses Gefühl sein, mittendrin zu leben, aufgehoben zu sein und doch den Raum in seiner Unendlichkeit zu spüren – sem fim!
Myriam Claire Gautschi
Ein Tipp: Auf Voranmeldung kann wochentags die Dachterrasse besucht werden – auf 140 Meter Höhe, wenn Horizont und
Häusermeer in der Ferne eins werden, werden dieses Gefühl
und diese Faszination vielleicht begreifbar.
Sem fim
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Uma área dividida em 123 lamelas horizontais, cada
uma com cerca de 150 centímetros de profundidade e revestida por mosaicos de pedrinhas; três
lamelas por andar, do chão ao teto, como parapeito e como enquadramento perfeito da vista. Uma
fachada como construto racional, a clareza de uma
ideia, mas a que se justapõe vida: atrás das lamelas
os vários moradores e suas concepções de casa. Exatamente a partir dessa justaposição surge o fascínio
do Copan, uma espécie de moiré de luz e sombra,
liberdade e norma, a diversidade de uma vila organizada verticalmente no centro de São Paulo, na Avenida Ipiranga, número 200, quase ao lado da praça
da República.
O espaço é pequeno, a vista, ao contrário, infinita,
dividida pelas longas lamelas. Estou sentada a uma
mesa de trabalho grande, no 24° andar, apartamento 245, minha casinha no Copan pelos próximos
dois meses. Inacreditável, indescritível. Diante de
mim, São Paulo sem fim.
Edifício Copan, uma construção de formas curvas e
sinuosas, com 140 metros de altura, 32 andares, a
fachada toda coberta de vidro, diante do qual estão
essas 124 lamelas de concreto como proteção contra o sol. Dois andares sem lamelas dividem o prédio.
Cinco mil pessoas moram em 116 mil metros quadrados de área útil, em 1.160 apartamentos de 26 a
350 metros quadrados. Continua a ser o maior prédio residencial, um microcosmos social, uma “vila”
na metrópole de 11 milhões de habitantes – o CEP
próprio destaca a grandeza e a singularidade do
Edifício Copan.
A rua da vila é o andar térreo público com seus incontáveis salões de cabelereiros, suas lojinhas de
roupa e sapato que lembram o século passado, suas
lojas novas, uma lavanderia, uma locadora, restaurantes, cafés et cetera. Desenvolvido como rampa
suave, o chão segue os desníveis da topografia natural, suprimindo com isso a fronteira entre o prédio
e a rua. O espaço parece “fluir” de dentro para fora,
de fora para dentro. A Avenida Ipiranga expande-se
no térreo aberto do Copan. Onde termina a cidade,
onde começa o privado? O limiar não pode ser percebido ao longo do dia, apenas à noite quando os
portões são fechados. O privado não existe, apenas
diferentes graus do público; lembrei-me de ter lido
numa entrevista com Mendes da Rocha como ele
falava em transpor as fronteiras, internas e externas.
É isso o que distingue a vida no Copan. Tornar-se
parte da cidade, viver nela e com ela. Não é possível
delimitar-se, não é possível limitar a cidade. Mesmo
como moradora temporária, sinto-me como parte
do todo, aqui em cima em meu apartamentinho,
com o olhar livre sobre São Paulo, ou no térreo, que
eu designaria como o meu espaço limiar.
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O dia começa no meu café favorito, o Floresta, um
expresso e um pão de queijo de café da manhã. Um
sorriso amistoso, uma conversa breve, e o dia inicia-se com certa leveza – também aqui neste balcão
ele vai terminar com um café com leite, um sorriso amistoso, conversas breves. O café é um espaço
público e ao mesmo tempo meu espaço. Eu o divido
com muitas outras pessoas, por acaso ou intencionalmente. Como lugar, o Café Floresta é onde muitos caminhos se cruzam – às vezes se transformam e
até se influenciam de modo recíproco.
A cidade determina meu ritmo de vida; parte do meu
domicílio muda-se para o espaço público, e o espaço público torna-se parte do meu domicílio. Desloco o transcorrer do privado para a cidade e assim
conquisto seus lugares como se fossem células que
espalho por ela. Eu me aninho na cidade e dia após
dia São Paulo, essa megalópole, torna-se mais meu
endereço. Eu conquisto seu espaço, eu a habito.
O fato de ser assim tão cobiçado morar no Copan
deve ter a ver com essa sensação de viver no meio
de tudo, de estar suspenso mas sentir o espaço em
sua infinitude – sem fim!
Myriam Claire Gautschi
Uma dica: marcando horário com antecedência é possível visitar o terraço durante a semana – a 140 metros de altura, onde
o horizonte e o mar de casas ao longe unem-se, e esse sentimento, esse fascínio podem talvez se tornar compreensíveis.
Sem fim
It is an area divided by 123 horizontal slats, each
about 150 centimeters deep and tiled with mosaic
stones, 3 slats per floor at floor or ceiling height, as
a parapet and as a precise frame of the view. It is a
façade as a rational construct, the clarity of an idea,
but overlaid by life: behind the slats, the diversity of
the residents and their ideas of living. Precisely from
this overlay comes the fascination of Copan, a kind
of light and shadow moiré, of rule and freedom, the
diversity of a village, organized vertically, right in the
“Centro“ of São Paulo, Avenida Ipiranga 200, right
next to the Praça da República.
The room is small, but the view is endless, divided
by deep slats. I sit at a large desk on the 24th floor,
Apartment 245, my small apartment in the Copan
for the next two months. Unbelievable, incredible.
In front of me, São Paulo, without end – sem fim.
Edifício Copan, a sinusoidal curved building, 140
meters high, 32 floors, fully glazed façade, and in
front of these 124 concrete slats for sun protection.
Two stories without slats make up the parts of the
structure. 5,000 people live on 116,000 square meters in 1,160 apartments with areas ranging from
26 to 350 square meters. Even today, it is the largest
apartment building, a social microcosm, a “village”
in the metropolis of 11 million people, – its own
postal code emphasizes the size and uniqueness of
the Edifício Copan.
The main street of the village is the public ground
floor with its countless barber shops, small clothing
and shoe boutiques that seem to remind us of the
bygone century, modern shops, a laundry and movie
rental shop, restaurants and cafés, et cetera. Designed as a gentle ramp, the floor follows the level
differences of the natural topography and thus removes the boundary between buildings and street
space. The room appears to “flow” from the inside
to the outside, from outside to inside. The room of
the Avenida Ipiranga expands into the public ground
floor of the Copan. Where does the city end, where
does the private sphere begin? The threshold is not
noticeable during the day, only at night, when the
gates are closed. There is no private sphere, but only
different degrees of the public sphere, I remember
to have read in an interview with Mendes da Rocha,
how he speaks about the shifting of boundaries,
from inside and outside. This is what makes life in
the Copan what it is. You become part of the city,
you live in it and with it. You cannot separate yourself, you cannot exclude the city. Even as a temporary resident, I feel part of the whole, up in my little
apartment, with a clear view over all of São Paulo or
on the ground floor, which I would describe as my
threshold space.
The day begins at my favorite Café Floresta with a
“café solo“ and a “pão de queijo“ for breakfast.
A friendly smile, a brief conversation, the day begins with a certain ease – and right here at this desk
it will also end, with a “café com leite“, a friendly
smile, brief conversations. The café is a public space
and also, at the same time, my space. I share it with
a lot of other people, accidentally or deliberately, the
Café Floresta, as a place where many paths cross
– and sometimes they even change and influence
each other.
The city sets my rhythm of life, a part of my living
shifts into the public space, and the public space becomes a part of my living. I shift operations of the
private sphere into the city and occupy for myself
places of the city, like cells, which I distribute over
the city. I settle into it, and day by day São Paulo, this
megapolis, becomes more and more like my home.
I conquer its space, I live in it.
That the Copan is so popular as a residential address
is what this feeling may be, living right in the middle
of it, lofty, and yet feeling the space in its infinity
– sem fim!
Myriam Claire Gautschi
Some advice: You can make an appointment to visit the roof
terrace on weekdays – at a height of 140 meters, and when
the horizon and the sea of houses in the distance become one,
this feeling and this fascination perhaps become understandable.
IC
BR
Mein São Paulo – meine Sprache
Metropolis – Nekropolis. Eine spiegelt sich in der
anderen. Als ob die Lebenden und die Toten miteinander reden wollten. Das setzt eine gemeinsame
Sprache voraus. Die Stadt ist, wie ein Historiker sagt,
die wertvollste Erfindung der Zivilisation; in der Vermittlung von Kultur wird sie jedoch von der Sprache
übertroffen. Wenn also eines Tages diese Gräber zu
Staub zerfallen sind – und auch jene Hochhäuser mit
ihrer triumphierenden, doch vergänglichen Vertikalität – dann wird von dieser Stadt nur ihre Sprache
bleiben.
Es ist die Sprache, die uns mit den ersten Metropolen in der Geschichte der Menschheit verbindet,
mit einer Stadt wie Ur, deren Name in „Urbs“ und
„urban“ nachklingt. Wir besitzen in der Stadt São
Paulo ein Museum der Portugiesischen Sprache,
aber müssen wir nicht tiefer graben? Laßt uns suchen nach dem kosmopolitischen Charakter unserer
Stadt, die romanische, germanische, slawische,
afrikanische und asiatische Völker vereinigt hat mit
den Indigenen, die über eine „allgemeine Sprache“
verfügten. Diese war wohl die Inspiration für den
großen Erfinder einer neuen brasilianischen Sprache
im 20. Jahrhundert, für João Guimarães Rosa, der
„alles“ wollte: „den Dialekt von Minas Gerais, das
Brasilianische, das Portugiesische, das Lateinische
– vielleicht sogar die Sprache der Eskimos und der
Tartaren“. Er wollte „die vor Babel gesprochene
Sprache“.
Wenn ich auf diese Metropole schaue, in der ich seit
nunmehr 47 Jahren lebe – das ist ein Zehntel ihres
Lebensalters –, so fühle ich den Wunsch, Schlüsselwörter aus ihrer Geschichte zu sammeln, angefangen bei der ATROCADUCAPACAUSTI ... CITYCIDADECITÉ (Augusto de Campos) unserer Tage bis zu
dem „Chor des schwarzen Goldes der Kaffeesäcke“
in der „Wahnsinnsstadt“ der 1920er Jahre, mit ihren
Festen, „Delirien aus leuchtendem Fleisch“ (Mário
de Andrade). Und von dort zurück zum Beginn des
19. Jahrhunderts, als die deutschen Forschungsreisenden Spix und Martius bei den Paulistanern das
Nachdenken und die Neigung zu subtilen Untersuchungen hervorhoben. Und weiter zurück in die
frühe Kolonialzeit, um die Predigten der Jesuiten zu
hören, die Kommandos der Bandeirantes (der Expeditionstrupps), die Unterhaltungen der Viehtreiber
und die Gespräche der Indianer.
Und noch weiter zurück, bis zur Ursprache, die diese kosmopolitische Stadt von den ersten Städten
übernommen hat: bis zum Indoeuropäischen, der
gemeinsamen Wurzel meiner Muttersprache und
der meiner Wahlheimat. Hier werde ich nur eine
kleine Konstellation dieser Urworte zusammenstellen können, wo das Deutsche mit dem Lateinischen
und dem Portugiesischen zusammentrifft. Mit ihnen
möchte ich hier ein Miniaturportrait unserer Paulicéia skizzieren.
Beginnen wir mit dem Wort dhghem-, welches „terra” (Erde) bedeutet. Daher stammen das germanische
*gumon = „Mann” und das lateinische „humus”
und „homo”. Das indoeuropäische gen- ergab im
Germanischen „Kind” und im Lateinischen „gens” =
Rasse, Clan, an das Wort „gentío“ erinnernd, mit
dem man die Indios bezeichnetet. Kei- (liegen, Bett,
Unterkunft) ist der Ursprung von deutsch „Heimat”
und lateinisch „civis” = Bewohner, Bürger. Leicht zu
merken ist mater-, die Wurzel von „Mutter”, „mãe”
und griechisch „méter”, daher „Metropolis”. Pelund die Variante *ple- (füllen, Überfluß) ergaben
„voll” und „plenus”, außerdem „plebes” = Menschenmenge. Außerdem haben wir op- (arbeiten)
und seine Ableitungen „opus” (Werk), „operários”
(Arbeiter), „ofícios” (Berufe); sowie teks- (weben,
herstellen), daher das griechische „tekhné” und
unsere „Technik”. Von wegh- (gehen, transportieren) kommen „Weg” und „veículo(s)“ (Wagen).
Von diesen zählt unsere Megastadt mehr als sieben
Millionen. Aber nun muß ich aufhören. Was für ein
Wahn, was für eine „Manie“ (von men- = denken,
daher auch „mens” und „memoria”), daß ich in
diesen Ozean unserer Ursprache eingetaucht bin!
Ich schließe mit einem magischen Wort. Dem geduldigen Leser reiche ich, dem Schauplatz des Photos
entsprechend, einen „Nektar”: von nek- (= Tod; vgl.
„nekros“ = Leichnam) und ter- /*tar- = vorübergehen; das heißt, einen Trunk der Götter, mit dem man
„über den Tod hinwegschreitet”.
Willi Bolle
Minha São Paulo – minha língua
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Metrópole – Necrópole. Uma se espelha na outra.
Como se os vivos e os mortos quisessem falar uns
com os outros. Isso pressupõe uma língua comum.
A cidade, como diz um historiador, é a descoberta mais preciosa da civilização; na transmissão da
cultura, no entanto, ela é sobrepujada pela língua.
Quando então um dia esses túmulos tiverem virado
cinzas – e também aqueles arranha-céus com sua
verticalidade triunfante, mas transitória – restará
desta cidade somente a sua língua.
É a língua que nos conecta com a primeira metrópole
da história da humanidade, com uma cidade como
“Ur”, cujo nome ecoa em “Urbs” e “Urban”. Temos
em São Paulo um Museu da Língua Portuguesa, mas
será que não é preciso escavar mais fundo? Procuremos o caráter cosmopolita da nossa cidade, que
uniu povos romenos, germânicos, eslavos, africanos
e asiáticos com os índios, que forneceu a base para
uma “língua geral”. Essa deve ter sido a inspiração
para o grande descobridor de uma nova língua brasileira no século XX, João Guimarães Rosa, que queria “tudo”: “o dialeto de Minas Gerais, o brasileiro,
o português, o latino – talvez até mesmo a língua
dos esquimós e dos tártaros”. Ele queria “a língua
que se falava antes de Babel”.
Quando olho para essa metrópole, na qual vivo há
47 anos – que representa um décimo da idade dela
–, sinto o desejo de colecionar palavras-chave de sua
história, a começar por ATROCADUCAPACAUSTI...
CITYCIDADECITÉ (Augusto de Campos) dos nossos dias até o “coro de ouro das sacas de café” na
“Paulicéia Desvairada” dos anos de 1920, com suas
festas, delírios “em carnagens de luz” (Mário de Andrade). E dali de volta ao início do século XIX, quando os exploradores alemães Spix e Martius destacaram a capacidade de reflexão e a tendência a sutis
análises que viram nos paulistanos. E, retrocedendo
mais ainda, aos primórdios do período colonial, para
ouvir as pregações dos jesuítas, os comandos dos
bandeirantes, as falas dos boiadeiros e as conversas
dos índios.
E, voltando mais ainda, até a língua matriz que esta
cidade cosmopolita tomou emprestada das primeiras cidades: até ao indo-europeu, a raiz comum da
minha língua materna e da pátria que escolhi. Só
posso aqui reunir uma pequena constelação dessas
primeiras palavras originais em que o idioma alemão
se encontra com o latim e com o português. Com
elas pretendo aqui esboçar um retrato em miniatura
da nossa Pauliceia.
Comecemos com a palavra dhghem-, que significa “terra”. Derivam dela o germânico *gumon =
“Mann” (homem) e o latim “humus” e “homo”.
O indo-europeu gen- resultou no germânico “Kind”
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(criança) e no latim “gens” = raça, clã, que remete
à palavra “gentio”, com a qual os índios eram denominados. Kei- (deitar, cama, abrigo) é a origem
do alemão “Heimat” (pátria) e do latim “civis” =
habitante, cidadão. Fácil de lembrar é mater-, raiz
de “Mutter”, “mãe” e do grego “méter”, vem daí
“Metrópole”. Pel- e a variante *ple- (encher, abundância) resultaram em “voll” e “plenus” (cheio),
além de “plebes” = multidão. Temos, além disso, op- (trabalhar) e sua derivação “opus” (obra),
“operários”, “ofícios”; bem como teks- (tecer, fabricar), dali o grego “tekhné” e a nossa “técnica”. De
wegh- (andar, transportar) vêm “Weg” (caminho) e
“veículo(s)”. Desses, nossa megacidade conta com
mais de sete milhões de unidades. Mas agora preciso parar. Que loucura, que “mania” (de men- =
pensar, daí também “mens” e “memória”) eu ter
mergulhado nesse oceano da nossa língua-mãe! Finalizo com uma palavra mágica. Ao leitor paciente,
de acordo com o cenário da foto, um “néctar”:
de nek- (= morte; comp. nekros = cadáver) e ter/*tar- = transitar, transitório; ou seja, uma bebida
dos deuses, com a qual se pode “passar por cima
da morte”.
Willi Bolle
My São Paulo – My Language
Metropolis – Necropolis, one is reflected in the
other, as if the living and the dead wanted to speak
to each other. This requires a common language.
The city is, as one historian says, the most valuable
invention of civilization; but, in the transmission of
culture, it is surpassed by language. So, if one day
these graves are turned to dust – and those high-rise
buildings with their triumphant, but transitory verticality – then the only thing that will remain from this
city is its language.
It is language that connects us with the first cities in
the history of mankind, with a city like “Ur“ whose
name resonates in the words “urbs” and “urban”.
We have a Museum of the Portuguese Language in
the city of São Paulo, but must we not dig deeper?
Let us search for the cosmopolitan character of our
city, which has joined the Romance, Germanic, Slavic, African, and Asian peoples with the indigenous,
who possessed a “common language”. This was
probably the inspiration for the great inventor of a
new Brazilian language in the 20th century, for João
Guimarães Rosa, who wanted “everything”: “the
dialect of Minas Gerais, the Brazilian, the Portuguese,
the Latin – maybe even the language of the Eskimos
and the Tartars.” He wanted “the language spoken
before Babel”.
When I look at this metropolis where I have lived for
the past 47 years – that is one-tenth its age – I feel
the desire to collect keywords from its history, beginning with the ATROCADUCAPACAUSTI ... CITYCIDADECITÉ (Augusto de Campos) of our days to
the “choir of the black gold of the coffee sacks”
in the “crazy city” of the 1920s, with its festivals,
“deliria of glowing flesh” (Mário de Andrade). And
from there back to the early 19th century, when the
German explorers Spix and Martius raised reflection
and the inclination to subtle investigations among
the Paulistanos. And further back in the early colonial
period, to listen to the sermons of the Jesuits, the
commandos of the bandeirantes (the expeditionary
troops), the conversations of the drivers and the discussions of the Indians.
And even further back, to original language, which
this cosmopolitan city took from the first cities: to
the Indo-European, the common root of my mother
tongue and that of my adopted home. Here, I will be
able to put together only a small cluster of these original words, where the German meets the Latin and
the Portuguese. With them, I would like to sketch a
miniature portrait of our Paulicéia.
Let’s start with the word dhghem-, which means
“terra” (earth). From it stems the Germanic *gumon = “man” and the Latin “humus” and “homo”.
The Indo-European gen- resulted in the Germanic
“Kind“ (child) and in the Latin “gens” = race, clan,
reminiscent of the word “gentío”, which the Indios
were called. Kei- (lie, bed, lodging) is the origin of
the German word “Heimat“ (home) and the Latin
“civis” = resident, citizen. Easy to recognize is mater-, the root of “mother”, “mãe” and the Greek
“méter”, from which comes “Metropolis”. Pel- and
the variants *ple- (fill, abundance) yield “full” and
“plenus”, also “plebes” = multitude. In addition, we
have op- (work) and its derivatives “opus” (work),
“operários” (workers), “ofícios” (service, business);
as well as teks- (weave, produce), thus, the Greek
“tekhné” and our “technology”. From wegh- (go,
transport in a vehicle) come “way” and “veículo(s)“
(wagon). From these our mega city counts more than
seven million. But, now I must stop. What craziness,
what a “mania” (from men- = thinking, therefore,
also “mens” and “memoria”) that I have submerged
in this ocean of our original language! I conclude
with an magic word. I submit to the patient reader,
corresponding to the location of the photo, a “nectar”: from nek- (= dead; cf. nekros = corpse) and
ter- /*tar- = cross over; i.e., a drink of the gods for
“overcoming death”.
Willi Bolle
IC
Stadt der Mauern
Von oben betrachtet, ist São Paulo manchmal sogar
schön. Von der Dachterrasse meines 25-stöckigen
Wohnhauses ist der Blick nach Jardins, dem Villenviertel, spektakulär und für São Paulo ungewöhnlich: Soviel Grün bekommt das Auge in dieser Stadt
sonst nie zu sehen.
Unten jedoch sieht es ganz anders aus. Endlose
Mauern ziehen sich durch Jardins. Die Gärten hinter diesen Mauern kann man nur erahnen. Private
Wachschützer, an jeder Straßenecke postiert, beäugen jeden Fußgänger mißtrauisch. Wer zu Fuß
geht, ist verdächtig, denn er hat offensichtlich kein
Geld, sich ein Auto zu leisten. Und wer kein Geld
hat und nicht Auto fährt, ist noch zu ganz anderen
Verbrechen fähig.
Hier, im Westen der Stadt, gibt es vieles, was hinter Mauern verborgen und geschützt werden muß:
übermäßig große Autos, stil- und geschmacklose
Häuser mit obligatorischem Swimmingpool und natürlich deren Bewohner, die gelegentlich von hochprofessionell agierenden Banden überfallen, entführt und ausgeraubt werden.
Am anderen Ende der Stadt, in der Zona Leste, der
Ostzone, ist weniger zu holen. Fast dreißig Kilometer lang reihen sich hier kleine, verschrumpelte Buden südlich des Tietê-Flusses aneinander: Wohnhäuser, Autowerkstätten, Garagen, kleine Läden, Bars.
Mehr oder weniger armselig und gesichtslos kommt
die Ostzone daher, mehr oder weniger gefährlich ist
es dort.
Was die Ostzone mit dem Westen verbindet, sind
die Mauern. Auch hier wird der ungleich geringere
Besitz mit allem verteidigt, was die Sicherheitstechnik bietet. Am beliebtesten ist nach wie vor die gute
alte Mauer. Mindestens drei Meter hoch muß sie
sein, gerne höher. Wenn das Geld nicht für einen
Elektrozaun auf dem Sims reicht, wird die Oberseite
der Mauer mit Glasscherben oder Stacheldraht bewehrt.
Die Mauern sind grau, häufig unverputzt, und in ihrer
Erbärmlichkeit repräsentieren sie ihre triviale Funktion
adäquat. Wenn es Graffiti nicht schon gäbe, müßte
man es für die Mauern von São Paulo erfinden. Leider gibt es viel zu wenige bemalte Mauern in der
Stadt. Graffiti gilt in Brasilien als Kapitalverbrechen,
und das private Sicherheitspersonal ist dabei nicht
zimperlich: Einige „Graffiteiros“ sind bei der Verschönerung der Stadt schon erschossen worden.
Ein deutlicher Hinweis, was passiert, wenn man versucht, die Mauern zu „überwinden“.
Nicht die zehntausende Wolkenkratzer, die kanalisierten, zu Kloaken degenerierten Flüsse, die wahnwitzigen Autounter- und -überführungen, die einen
an Fritz Langs Metropolis oder Ridley Scotts Blade
Runner erinnern, sind das Merkmal von São Paulo.
Es sind die Mauern: Hunderttausende von ihnen
machen die Stadt einzigartig. In New York gibt es
noch Zäune, die zumindest einen Blick auf die zu
beschützenden Gebiete zulassen. In Tokio sind die
Häuser so dicht aneinander gebaut, daß es keinen
Platz für Mauern gibt. São Paulo verschwindet vom
Erdboden aus betrachtet hinter einer grauen Wand.
Wer mit seiner Fantasie spielt, kann sich beim Betrachten der immer gleichen, unendlichen Mauerflächen fragen, ob es die Stadt dahinter überhaupt
gibt.
Die Mauern signalisieren Angst: Sie zeigen die radikale Trennung des Privatbesitzes von etwas, was
man nicht als öffentlichen Raum bezeichnen kann.
In São Paulo ist der Ort außerhalb der Mauern ein
angstbeladener Raum, der am liebsten so schnell
wie möglich in einem gepanzerten Geländewagen
durchfahren wird.
Wer eine von Mauern gesäumte Straße entlang
läuft und einen Unfall hat oder überfallen wird,
braucht nicht auf Hilfe von der anderen Seite der
Mauern zu hoffen. Auch das auf der Straße patrouillierende Sicherheitspersonal fühlt sich nicht
zuständig. Es sorgt seinem Auftrag entsprechend
ausschließlich für die Sicherheit hinter den Mauern.
Wer sich davor oder dazwischen ohne Auto aufhält,
ist selber schuld.
Wie können die Bewohner der Mauerstadt das ertragen? Die meisten kennen es nicht anders, sie halten
es für den normalsten Zustand der Welt, sich hinter
Mauern aufzuhalten. Sport-Clubs, Shopping-Center und Gated Communities sind die bevorzugten
Orte der Mittelklasse, alles Einrichtungen, die durch
hohe Mauern abgegrenzt werden. Die Bewohner
der Weststadt bewegen sich in ihren Panzerwagen
von einem ummauerten Ort zum nächsten. Wenn es
irgendwo auf der Welt eine „Mauer in den Köpfen“
gibt, dann hier in São Paulo.
Noch häßlicher als die sichtbaren sind die unsichtbaren Mauern der Stadt. Von meinen Nachbarn, alle
weißer Hautfarbe und nicht unvermögend, war noch
nie jemand in der Ostzone. Sie halten es dort für gefährlich – und überhaupt, was sollten sie dort? In der
Ostzone wohnen die Arbeiter, Schwarze und Pardos,
viele von ihnen zugereist aus dem armen Nordosten
des Landes. Im Westen sieht man sie nur als Portiers,
Putzkräfte, Supermarktpersonal oder als mit Sicherheitsdiensten betraute Eckensteher. Abends auf der
Straße und ohne Dienstuniform gelten sie als verdächtig, vor allem, wenn sie jung sind.
Auch in den Amüsierbetrieben im Stadtteil Vila
Madalena ist die soziale Mauer nicht schwer zu erkennen. Das Amüsiervolk ist vorwiegend weiß, die
Kellner sind schwarz. Dabei ist es hier nicht in erster Linie eine Frage der Hautfarbe, wer wen bedient
– sondern auf welcher Seite der unsichtbaren Mauer
man aufgewachsen ist. Wer in Serviceberufen arbeitet, kommt fast immer aus der Ostzone. Und kommt
von dort auch nicht weg. Mit dem erbarmungswürdigen Minimallohn, den die West-Paulistaner ihrem
Personal in der Regel zahlen, läßt sich in den „besseren“ Teilen der Stadt noch nicht einmal eine Besenkammer anmieten.
Manchmal frage ich mich, warum ich ausgerechnet
in diese Stadt gezogen bin. Ich kam aus Berlin, der
Stadt, die eine Zeitlang die berühmteste Mauer der
Welt hatte. Jetzt laufe ich wieder jeden Tag an endlosen Mauern entlang. Nur daß hier die Gefahr nicht
erst bei dem Versuch, über die Mauer zu steigen,
beginnt.
Martin Gegner
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Cidade de muros
Olhando de cima, São Paulo às vezes até parece
bonita. Da cobertura de meu apartamento no 25°
andar, a vista para os Jardins, o bairro das mansões,
é espetacular e pouco comum para a cidade: quase
nunca os olhos alcançam tanto verde.
Mas em baixo, tudo é bem diferente. Muros infinitos alongam-se pelos Jardins. E os jardins atrás dos
muros ficam só na imaginação. Vigias particulares,
postados a cada esquina, examinam desconfiados
todos os passantes. Quem anda a pé é suspeito, pois
evidentemente não tem dinheiro para comprar um
carro. E quem não tem dinheiro e não anda de carro
é capaz de cometer qualquer outro crime.
Aqui, na zona oeste da cidade, muita coisa deve ser
escondida e protegida atrás dos muros: carros demasiado grandes, casas sem estilo e de mau gosto,
obrigatoriamente com piscina, e claro moradores,
vez ou outra atacados, sequestrados e roubados por
bandos que agem de modo altamente profissional.
No outro extremo da cidade, na zona leste, há pouco
que ver. Ao longo de quase trinta quilômetros ao sul
do rio Tietê enfileiram-se pequenos barracos ressequidos, colados uns nos outros: casas, oficinas mecânicas, garagens, lojinhas, bares. Mais ou menos
pobre e sem rosto, essa é a zona leste, lá é mais ou
menos perigoso.
O que une a zona leste e a zona oeste são os muros.
Também aqui a propriedade, desproporcionalmente
menor, é defendida com tudo que a tecnologia de
segurança oferece. Mas o bom e velho muro como
sempre é o preferido. E deve ter pelo menos três
metros, se for mais alto, melhor. Caso o dinheiro
não dê para uma cerca eletrificada sobre a cornija,
a parte de cima do muro é reforçada com cacos de
vidro ou arame farpado.
Os muros são cinza, quase sempre sem reboco, e
nesse estado miserável cumprem sua função trivial
de modo adequado. Se não houvesse o grafite, seria preciso inventá-lo para os muros de São Paulo.
Pena que existam tão poucos muros pichados na cidade. Grafite no Brasil é considerado crime capital,
e os seguranças particulares não têm pudor: alguns
grafiteiros já levaram tiros enquanto embelezavam a
cidade. Um aviso claro do que pode acontecer quando se tenta “ultrapassar” os muros.
Milhares de arranha-céus, os rios canalizados e transformados em esgoto, os túneis e viadutos absurdos
que lembram o Metropolis, de Fritz Lang, ou o Blade
Runner, de Ridley Scott, não são as características
mais marcantes de São Paulo. São os muros. Milhões de muros tornam a cidade algo singular. Em
Nova York ainda existem as grades, mas pelo menos permitem olhar a área que deve ser protegida.
Em Tóquio as casas são construídas tão próximas
umas das outras que não há espaço para muros. São
Paulo desaparece atrás de uma parede cinza, ao ser
observada da terra. Quem gosta de brincar com a
imaginação, poderia se perguntar, contemplando
as superfícies infinitas, sempre iguais dos muros, se
existe mesmo uma cidade atrás deles.
Os muros sinalizam medo: mostram a separação
radical da propriedade privada de algo que não se
pode designar como espaço público. Em São Paulo
o lado de fora do muro é um espaço carregado de
medo, que precisa ser atravessado o mais rápido
possível, de preferência num jipe blindado.
Quem passa por uma rua arrematada por muros e
sofre um acidente ou é assaltado não deve esperar
ajuda vinda do lado de lá do muro. Os seguranças
que patrulham a rua tampouco se sentem autorizados a isso. De acordo com o contrato, devem zelar
exclusivamente pela segurança atrás dos muros.
Azar de quem se demorar em frente ou entre os
muros sem carro.
Como os habitantes dessa cidade amuralhada aguentam? A maioria não conhece outra coisa, consideram o estado mais normal do mundo morar atrás
de muros. Clubes, shoppings e condomínios fechados são os lugares preferidos da classe média, todos
construções delimitadas por muros altos. Os habitantes da zona oeste movem-se em seus tanques
de guerra de um espaço com muros para outro. Se
existe algum lugar no mundo onde as pessoas têm um
“muro na cabeça”, esse lugar deve ser São Paulo.
Mais feios ainda que os muros visíveis são os muros invisíveis da cidade. Entre meus vizinhos, todos
brancos e nada desabastados, nenhum deles já esteve na zona leste. Consideram perigoso – e afinal
o que iriam fazer lá? Na zona leste moram os trabalhadores, os pretos e pardos, muitos deles vindos
do nordeste pobre do país. Na parte oeste são vistos
apenas como porteiros, empregados domésticos,
caixas de supermercado ou desocupados, incumbidos de serviços de segurança. À noite, na rua e sem
o uniforme de serviço, passam por suspeitos, sobretudo se são jovens.
Também na parte mais divertida da cidade, o bairro
da Vila Madalena, não é difícil reconhecer o muro social. As pessoas que se divertem são principalmente
brancas, os garçons, negros. Mas a questão central
aqui não é a cor da pele, quem serve a quem – e sim
de que lado do muro invisível foram criadas. Quem
trabalha no setor de serviços vem quase sempre
da zona leste. E não consegue sair de lá. Com o
salário mínimo miserável com que os paulistanos da
zona oeste em geral pagam os empregados não dá
para alugar nem um armário na despensa na parte
“melhor” da cidade.
Às vezes eu me pergunto por que motivo foi mesmo
que me mudei para cá. Eu venho de Berlim, a cidade
que por muito tempo teve o muro mais famoso do
mundo. Agora eu passo de novo todos os dias por
muros infinitos. Só que aqui o perigo não começa
exatamente quando se tenta subir no muro.
Martin Gegner
City Of Walls
Viewed from above, São Paulo is sometimes even
beautiful. From the rooftop of my 25-story apartment building, the view to Jardins, the district of
villas, is spectacular and unusual for São Paulo: The
eye almost never gets to see so much green in this
city.
Below, however, it looks quite different. Endless
walls run through Jardins. You can only imagine the
gardens behind these walls. Private security guards,
stationed at every street corner, eye every pedestrian
suspiciously. If you walk there, you are a suspect because you obviously do not have any money to afford a car. And if you do not have money and do not
drive a car, you are quite capable of other crimes.
Here, on the west side of the city, there is much that
must be hidden and protected behind walls: excessively big cars, houses without style and taste with
obligatory swimming pools and, of course, their residents, who are occasionally attacked, kidnapped,
and robbed by highly professional active gangs.
At the other end of the city, in the Zona Leste, the East
Zone, there is a lot less to get. For nearly thirty kilometers, small, shriveled booths are lined up south
of the Tietê River: houses, car repair shops, garages,
small shops, bars. The East Zone is more or less poor
and faceless, it is more or less dangerous there.
What connects the East Zone with the West are the
walls. Again, the unequally fewer possessions are
defended with everything that security technology
offers. But, the most popular means of protection is
still the good old wall, which must be at least three
meters high or even higher. If there is not enough
money for an electronic fence on the ledge, the top
of the wall is reinforced with broken glass or barbed
wire.
The walls are gray, often roughcast, and in their
wretchedness, they represent their trivial function
adequately. If graffiti is not already there, you would
have to invent it for the walls of São Paulo. Unfortunately, there are far too few painted walls in the city.
Grafitti is considered as a capital offense in Brazil
and the private security personnel do not go easy
on this: Some “graffiteiros“ have even been shot
dead in the beautification of the city. It is a clear
sign of what happens when you try to “overcome”
the walls.
Not the tens of thousands of skyscapers, the canalized rivers degenerated into cesspools, the crazy
car tunnels and overpasses that remind you of Fritz
Lang‘s Metropolis or Ridley Scott’s Blade Runner, are
the mark of São Paulo. It is the walls: hundreds of
thousands of them make the city unique. In New
York, there are still fences, which at least let you
have a look at the areas to be protected. In Tokyo,
the houses are built so close together that there is
no place for walls. São Paulo disappears from the
face of the earth viewed from behind a gray wall.
If you let your imagine go, you can always wonder
when you look at the same, endless wall surfaces, if
there really is a city behind them at all.
The walls indicate fear: They show the radical separation of private property from something that you
cannot call public space. In São Paulo the place outside the walls is a fear-laden space, which is driven
through best as quickly as possible in an armored
SUV.
If you walk along a street lined with walls and have
an accident or you are attacked, then you cannot
hope to be helped by somebody on the other side
of the walls. Even the security guards patrolling in
the streets do not feel responsible. They only provide
security behind the walls, according to their jobs. If
you stand in front of them or between them without
a car, it is your own fault.
How can the residents of the walled-in city stand it?
Most do not know anything different, they think it is
the most normal condition of the world to stay behind walls. Sports clubs, shopping centers and gated
communities are the preferred places of the middle
class, all facilities that are separated by high walls.
The residents of the west side move in their armored
vehicles from one walled city to the next. If there
ever was a “wall in the minds” of people anywhere
in the world, it is here in São Paulo.
Even uglier than the visible walls are the invisible
walls of the city. None of my neighbors, all white
and not without some means, had ever been to the
East Zone. They all think it is dangerous there – and
why should they go there anyway? In the East Zone
live the workers, blacks, and pardos, many of whom
have moved there from the poor northeastern part
of the country. On the west side, you only see them
as porters, cleaners, supermarket staff, or as low
level security personnel. At night on the street and
without service uniforms, they are considered suspicious, especially if they are young.
Even in the amusement places in the Vila Madalena
district, the social barrier is not difficult to recognize.
The people entertained are predominantly white, the
waiters are black. Here, it is not primarily a question
of skin color, who serves whom – but on which side
of the invisible wall you grew up. People who work
in service professions almost always come from the
East Zone, and you also cannot ever get out of that
area. With the pitiful minimum wage the West Paulistanos pay their staff in general, you still cannot
even rent a closet in the “better” parts of town.
Sometimes I ask myself why I moved to this city, of
all cities. I am from Berlin, the city which, for a time,
had the most famous wall of the world. Now I walk
along the endless walls every day again, except that
here, the danger does not begin in attempting to
climb over the wall.
Martin Gegner
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BR
Einem Halm gleich / kraftlos / unter Schutz-Last / Rose
Como um caule / exausto / sob copa teme- / rosa
Like A Stalk / Exhausted / Under Protection-Load / Rose
Ricardo Domeneck
in: Carta aos anfíbios, 2005
November machen müde. Der Kalender
ist der Anfang
aller Last.
Die Verpflichtungen
der kommenden Weihnacht,
das Neue Jahr
als bevorzugtes Thema,
als ob die erneute
Belebung noch gültiges
Zahlungsmittel wäre.
Das Spiel
mit der Veränderung
als einzig Verbleibende,
die uns vom Endgültigen befreit.
„Ohne Antrag
faßt Du mich nicht an“, die Lust
der Enthüllung (trommelt
gegen die Brust) bei
Darlene Glória in Toda
Nudez Será Castigada
(Jede Blöße wird bestraft),
doch die Angst ist da. Schon früh
lernen wir,
zu investieren.
Niemals entblößen,
solange man
Verantwortung trägt.
Du bist hier, darin steckt
das Versprechen zu bleiben,
für immer. Die Anforderungen
erwachsen den Erwartungen,
an meine fehlenden Rechte.
Der Asphalt der Rua Augusta,
er ist klatschnaß
in diesem seltsamen Frühling
des 7. November
2003 (in ungeraden Jahren
bin ich überzeugt, daß
der Tod existiert) die Grenzen
geschlossen, die Invasion
der Barbaren bevorstehend,
die Kapriolen des Klimas gesellen
sich deinen Störungen an.
Wann
ruft alles in mir
nach Beständigkeit?
Der Mund, der
spricht: „Wenn ich bliebe
wäre es sinnlos,
das universelle Wahlrecht“.
Man meldet sich am Telefon
nie mit der gleichen
Stimme,
man bricht das Brot,
und es ist immer das erste
Mal.
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Novembro cansa. O calendário
é o início
de todo cansaço.
As obrigações
de natal por vir,
o ano novo o
tópico favorito
como se fosse ainda
moeda corrente
a regeneração.
O jogo
da transição o único
restante e isenta
-nos do definitivo.
“Só toca em mim
casando”, vontade
de expor (as mãos
batendo contra o peito) como
Darlene Glória em Toda
Nudez Será Castigada,
mas o medo. Desde cedo
aprendemos
sobre investimentos.
Nunca desnudar-se
antes da isenção de
responsabilidade.
Você está aqui, é implícita
a promessa de estar
sempre. As exigências
nascem da expectativa,
da minha falta de direitos.
O asfalto na Augusta
encharcado
nesta primavera estranha
de 07 de novembro
de 2003 (em anos ímpares
me convenço de que
a morte existe) as fronteiras
fechadas, as invasões
bárbaras às portas,
as disfunções do clima vêm
unir-se à sua intermitência.
Quando
tudo em mim conspira
pela constância?
Seu rosto que
diz “se eu ficasse não
faria mais sentido
o sufrágio universal.”
Atende-se ao telefone
nunca a única
voz,
parte-se o pão e
é sempre a primeira
vez.
November makes you tired. The calendar
is the start
of all fatigue.
The obligations
of the coming Christmas,
the New Year as
a favorite topic,
as if renewal
were a valid currency.
The game
of transformation as the only
thing that remains,
that frees us from the finality.
“Just touch me
when you marry,” the desire
to reveal (beating hands
on the breast) like
Darlene Glória in Toda
Nudez Será Castigada
(All Nudity Will Be Punished),
but the fear. Early on
we learn about
investments.
Never expose yourself
to the liberation of
responsibility.
You are here and with it,
the promise to be
eternal. The requirements
grow with the expectations,
with my lack of rights.
The soft asphalt on Rua Augusta
of this spring
is strange,
on November 7, 2003 (in odd years,
I am convinced
that death exists) the borders
are closed, the invasion
of the barbarians at the gate,
the climatic disturbance combined
with the state of emergency.
When
everything in me
calls for dependability?
His face
says “If I stayed,
universal suffrage
would be pointless.”
You never answer the phone
as the only
voice,
you share the bread
and it is always the first
time.
BR
BR
O Parque Ibirapuera –
ein Park ohne Stillstand
Wenn in vielen anderen Parkanlagen der Stadt am
Abend die Tore geschlossen werden, bricht im Ibirapuera-Park so mancher Läufer erst zu seinen nächtlichen Runden auf. Am besten bleibt man dabei auf
den beleuchteten Wegen, damit man nicht über
eine der oft langen und verschlungenen Wurzeln
der zum Teil wuchtigen Baumriesen stolpert – und
auch sonst keine böse Überraschung herausfordert.
Regelmäßige Trainingsläufe, alleine oder in einer
„Grupo de Corrida“, sowie meinen ersten Wettkampflauf verbinde ich mit dem Ibirapuera-Park
im südlichen Stadtgebiet von São Paulo. Jedes Jahr
am 25. Januar macht sich eine zunehmend größere
Anzahl Läufer auf, um den Gründungstag der Stadt
1554 zu „begehen“. Dieser Lauf ist zwar von bescheidener Länge; für mich aber war es der erste
Straßenlauf und gleichzeitig der Ausgangspunkt für
namhaftere Läufe in derselben Stadt und in Berlin.
Zur 400-Jahr-Feier der Stadt 1954 angelegt, wirkt
der Ibirapuera-Park nicht nur beim Spazierengehen
oder bei sportlicher Nutzung, also bei Nahsicht, sondern vor allem auch aus der Vogelperspektive beeindruckend. Wie eine große Figur mit spitz zulaufenden Extremitäten verbindet eine Betonmarkise
die einzelnen Gebäude des von Oscar Niemeyer konzipierten Architekturensembles und fällt uns beim
Anflug auf den Stadtflughafen Congonhas sofort
ins Auge. Das Grün sorgt für den nötigen Kontrast
zum Betonmeer der Stadt, von dem sich der ausladende Gebäudekomplex des Parks sonst nur schwer
absetzen könnte. Erst vor wenigen Jahren durch das
sogenannte Niemeyer-Auditorium erweitert, finden
dort größere Musikveranstaltungen statt, deren
nach außen orientierte Bühne die Klänge auch zu
den Spaziergängern transportiert.
Der Ibirapuera-Park wird von vielen Paulistanern in
ihrer Freizeit genutzt, zu sportlichen und geselligen
Zwecken, aber auch für kulturelle.
Die Kunstbiennale, „A Bienal de São Paulo“, hat
dabei die längste Geschichte. Seit ihrer zweiten
Ausrichtung im Jahre 1953/54 findet sie in dieser
weitläufigen Parkanlage statt, zuerst in den beiden
kleineren Gebäuden, seit der IVª Bienal 1957 im
heutigen Matarazzo-Pavillon.
Fest installiert sind auch das MAM und die vom
MAM betreuten Außenskulpturen bekannter und
weniger bekannter Künstler, die mir als Läuferin im
Park schnell vertraut waren. Mary Vieiras Skulptur
zu Ehren des Politikers Pedro de Toledo war mir immer wieder eine Verschnaufpause wert, zumal die
Künstlerin ja Intervention wünschte. Den Scheiben
der Skulptur verhalf ich durch behutsames Drehen
des öfteren zu neuen Konstellationen.
Das indianische Wort „ibirapuera“ bedeutet morsches Holz; tatsächlich ist es ein baumreicher Park,
den nicht nur die Menschen genießen. Kaninchen,
Gambás, große und kleine Echsen, Quero-Queros,
also Kiebitze, Bem-te-vis, Maritacas und anderes
exotisches Gefieder geben der Anlage das tropische
Flair, das besonders wir Europäer genießen – auch
wenn es immer wieder durchbrochen wird durch
weniger exotische Beispiele der Fauna: Menschen
trainieren und dressieren ihre vierbeinigen Lieblinge
auf einem vor allem sonntags gut besuchten Hundeübungsplatz.
Die fast pausenlose Dynamik des Parks, der nur selten eine weite Oase der Ruhe ist, macht uns staunen. Staunen machen uns auch die stämmigen
Bäume, wie die Ficus-Art auf dem Bild, dank deren
massiger Breite sie uns dann doch einen Eindruck
von Stillstand und Ruhe vermitteln.
Martina Merklinger
O Parque Ibirapuera –
um parque sem parada
À noite, quando a maioria dos parques da cidade
tranca seus portões, muitos corredores chegam ao
parque Ibirapuera para sua corrida noturna. É preferível se manter nos caminhos iluminados para não
tropeçar numa raiz longa e entrelaçada das imponentes árvores gigantes e também evitar qualquer
surpresa desagradável.
Associo as corridas regulares, sozinha ou em grupo, e
a minha primeira competição, ao Parque Ibirapuera,
na região sul de São Paulo. Todos os anos, no dia 25
de janeiro, um número cada vez maior de corredores
participa da corrida em comemoração à fundação
da cidade de São Paulo, em 1554. Na verdade, essa
corrida é de distância modesta. Para mim, porém,
foi a primeira corrida de rua e, ao mesmo tempo, o
ponto de partida para corridas mais importantes, na
mesma cidade e também em Berlim.
Criado em 1954, em homenagem ao quarto centenário da cidade, o Parque Ibirapuera impressiona
não apenas durante as caminhadas e o uso esportivo, ou seja, quando visto de perto, mas a vista da
perspectiva dos pássaros é particularmente especial.
Como uma grande figura com extremidades pontiagudas convergentes, um toldo de concreto conecta os diversos edifícios do conjunto arquitetônico
projetado por Oscar Niemeyer que chama atenção
quando se sobrevoa o parque na aterrissagem no
Aeroporto de Congonhas. O verde oferece o contraste necessário ao mar de concreto da cidade, do
qual o projeto do complexo arquitetônico do parque
de outro modo dificilmente se destacaria. Complexo
ampliado há poucos anos, com o chamado Auditório
Ibirapuera, onde importantes eventos musicais têm
lugar, com seu palco voltado para fora transportando os acordes também para os que por ali passeiam.
O Parque Ibirapuera é utilizado por muitos paulistanos em seu tempo livre, para fins desportivos, sociais
e também culturais.
A Bienal de São Paulo, a bienal das artes, tem a mais
longa história. Desde a sua segunda edição, nos
anos 1953/54, é realizada nesse espaçoso parque,
inicialmente em dois edifícios menores e desde a 4ª
Bienal, em 1957, no atual pavilhão Matarazzo.
Também o MAM (Museu de Arte Moderna) e suas
esculturas ao ar livre de artistas conhecidos e menos conhecidos rapidamente se tornaram familiares para mim como corredora. A escultura de Mary
Vieira em homenagem ao político Pedro de Toledo
para mim sempre representou um momento de respiro, especialmente porque a artista desejava uma
intervenção. Ajudei girando seus discos suavemente
formando novas constelações.
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A palavra indígena “ibirapuera” significa madeira
podre; na verdade, é um parque arborizado, apreciado não somente pelas pessoas. Gambás, lagartos grandes e pequenos, coelhos, quero-queros,
bem-te-vis, maritacas e outras aves de plumagem
exótica emprestam ao lugar um toque tropical tão
apreciado pelos europeus, mesmo quando quebrado por exemplos menos exóticos da fauna: pessoas
treinando e adestrando seus queridos quadrúpedes
num local para treinamento de cães bastante visitado, especialmente aos domingos.
A dinâmica quase incessante do Parque, que só raramente é um grande oásis de tranquilidade, é admirável. Também nos surpreendem as árvores robustas, como este Ficus da imagem, que graças à sua
enorme largura, dão-nos uma impressão de calma e
de estagnação.
Martina Merklinger
O Parque Ibirapuera –
A Park That Does Not Stand Still
When the gates are closed in many other parks of
the city in the evening, some runners are first starting out on their nightly runs in the Ibirapuera Park.
It is best to stay on the illuminated paths so you do
not stumble on one of the often long and tangled
roots of the, in part giant trees – and it also does not
challenge you with any bad surprise.
Regular training runs, alone or in a “Grupo de
Corrida“, as well as my first race, I associate with
the Ibirapuera Park in the southern city area of
São Paulo. Every year on January 25, an increasingly
large number of runners races to “celebrate” the
founding date of the city in 1554. This race is of
modest length; but, for me, it was the first road race
and, at the same time, the starting point for more
famous races in the same city and in Berlin.
Created in 1954 for the 400th anniversary of the
city, Ibirapuera Park is not only impressive while walking or doing sports, but also from a bird’s eye view
as well. As a major figure with pointed extremities,
a concrete awning connects the individual buildings
of the architecture ensemble designed by Oscar
Niemeyer and catches our eye immediately when
arriving at the city airport Congonhas. The greenery provides for the necessary contrast to the sea of
concrete of the city, which the sprawling building
complex of the park could only with an effort separate itself from. It was expanded by the so-called Niemeyer Auditorium only a few years ago and
larger musical events take place there, where the
sounds are also transported from the stage to the
walkers.
Ibirapuera Park is used by many Paulistanos in their
leisure time for sports and social purposes, but also
for cultural events.
The Art Biennial, “A Bienal de São Paulo“, has the
longest history. Since its second exhibition in the
year 1953/1954, it has been held in this spacious
park, first in the two smaller buildings, since the IVª
Bienal in 1957 in today’s Matarazzo Pavilion.
Permanently installed are also the MAM and the
MAM supervised outdoor sculptures by known and
lesser known artists who were quickly known to me
as a runner in the park. Mary Vieira‘s sculpture in
honor of the politician Pedro de Toledo was always
worth taking a breather at, as far as the artist wished an intervention. I helped her discs by gently turning them frequently into new configurations.
The Indian word “ibirapuera” means rotten wood;
actually, it is a tree-filled park, enjoyed not only by
people. Rabbits, prawns, large and small lizards,
quero-queros, that is lapwings, bem-te-vis, maritacas and other exotic feathers give the park the tropi-
cal flair that we Europeans particularly enjoy – even
when it is always interrupted again by less exotic
examples of fauna: people train their four-legged
friends at a dog training area, especially well-attended on Sundays.
The almost ceaseless dynamic of the park, which is
rarely a wide oasis of tranquility, makes us marvel.
The thick trees also make us wonder how the kind
of sycamore trees (ficus) on the picture, thanks to
their massive width, still communicate to us an impression of rest and relaxation.
Martina Merklinger
BR
Zum Beleléu*
Ich hasse São Paulo.
Früher mochte ich es, als ich herkam, um die Konzerte der Vanguarda Paulista** zu sehen und Baß
spielen lernte; und ich hatte einige Onkel in São
Paulo, die Musiker waren; und ich wollte auch Musiker sein; und ich ging abends mit einem Onkel aus,
der Freunde hatte, die zur Avantgarde gehörten und
darunter auch Itamar Assumpção; und nachts war
es kalt und ich trug elegante Sakkos und dies aber
nur, wenn ich São Paulo besuchte, weil ich dachte,
São Paulo wäre so wie New York; und ich ging in
verschiedene Bars und ins Teatro Municipal, um
Macunaíma von Antunes Filho zu sehen; und ich
wurde dort aus tiefstem Herzen ein Paulista.
Ich war in Rio de Janeiro auch mit avantgardistischen
Leuten zusammen.
Ich stand auf São Paulo.
Um richtig dort zu leben, kam ich im Jahr 1992 nach
São Paulo; ich kam aus Deutschland zurück, und ich
hatte kein Geld; und São Paulo ist eine Stadt, die
erfunden wurde, um Geld zu verdienen; und ich
dachte, daß sich São Paulo und Berlin, die Stadt, die
mir am besten gefällt, sehr ähnlich wären; aber es
gab in São Paulo keine Avantgarde mehr, sondern
nur noch Menschen, die Geld verdienten; und auch
ich gehörte nicht mehr zur Avantgarde und hatte
einen deprimierenden Job; und die Leute aus meiner Firma und in der Straße Faria Lima hatten keine
scheiß dezente Unbeholfenheit ***; und durch die
schlechte Luft brannten meine Augen, und alle waren nur am arbeiten und am Geld verdienen und am
Feierabend-Bier trinken; und diese Paulistas waren
alle so spießig mit ihren Kurzhaar-Frisuren, die die
Chefs der Firmen so mochten; und diese spießigen
Frauen, die man mittags mit spießigen Kostümen
auf der Avenida Paulista trifft, wo sie in spießige
Restaurants mit Selbstbedienung gehen; und ich
hatte solche Sehnsucht nach Rio und nach meinen
avantgardistischen Freunden und nach dem avantgardistischen São Paulo von früher; und ich fuhr
viel im Omnibus und verbrachte wie die anderen
Paulistas auch viel Zeit im Verkehr; und ich wohnte
in einer Straße, in der es nur altes Eisen und hinter
meinem Haus eine fade Favela gab, sogar sie war
spießig; und nirgendwo war es so wie in Berlin und
ich hatte Lust, zu weinen, wenn ich nur ein Bild von
Rio im Fernsehen sah; und ich kannte niemanden
nirgendwo; und ich sah niemals mehr ein Konzert
von Itamar Assumpção; und ich verbrachte die Jahre
ausschließlich mit: arbeiten, im SelbstbedienungsRestaurant essen, Geld verdienen – und ich hasse
Geld verdienen.
Ich liebe São Paulo.
Früher haßte ich es, weil ich dachte, daß Rio viel besser sei – bis ich verstand, daß ich immer andere Städte besser fand als diejenigen, in denen ich gerade
lebte; und ich begann, die guten Dinge an São Paulo
wahrzunehmen; die Rua Augusta und die Avenida
Paulista, wenn sie an Winterabenden hell erleuchtet
ist; ich mochte den Umstand, daß São Paulo eine
der größten Städte der Welt und eine ganze Welt
für sich ist, die zu groß und zu kompliziert ist, um
sie ganz zu begreifen; daß das Stadtzentrum der
Wahnsinn ist und daß Provinzialität manchmal auch
modern sein kann, wenn man in der Kassenschlange
zu einem Godard-Film steht, für den sich außer mir
nur die engstirnig-modernen Paulistas interessieren;
und die Songs über São Paulo um Mitternacht von
Itamar Assumpção alias Beleléu; und die orangefarbene Sonne, die hinter dem Häusermeer untergeht,
das den Blick auf den Horizont verstellt; und das
Luftschiff, das an meinem Fenster vorbeizieht; und
die Ruhe der Feiertage; und die orangenen Nächte
und die orangenen Ausfallstraßen im Morgengrauen; und die Einsamkeit, die mich so plagte,
daß ich dachte, daß alles voller Poesie sei und daß
Beleléu gestorben ist; und São Paulo war um Mitternacht so einsam; und ich und São Paulo – wir
beide – waren so einsam; und das Universum war so
einsam; und die Poesie ist etwas für Einsame; und
ich mochte es, diese Einsamkeit in meinem Herzen
zu spüren in São Paulo.
André Sant’Anna
*
beleléu – koboldhafte Figur des Totenreichs
** Vanguarda Paulista – avantgardistische Kulturszene der
70er / 80er Jahre im Club „Lira Paulistana“
*** a deselegância discreta de tuas meninas – die „dezente
Unbeholfenheit deiner Frauen“ aus dem Lied „Sampa“,
einer musikalischen Hommage an São Paulo von Caetano
Veloso
Pro Beleléu
98
Detesto São Paulo.
Antes eu gostava quando eu vinha pra São Paulo ver
show da Vanguarda Paulista e eu estava aprendendo a tocar contrabaixo e eu tenho uns tios que moram em São Paulo e eles são músicos e eu queria
ser músico e eu saía de noite com o meu tio que
tinha uns amigos que eram da Vanguarda Paulista e
tinha o Itamar Assumpção e de noite fazia frio e eu
botava uns casacos que eram muito elegantes que
só dava pra eu usar quando eu vinha pra São Paulo
e eu achava que São Paulo era igual Nova York e eu
ia em vários bares e eu ia no Teatro Municipal ver o
Macunaíma do Antunes Filho e aí eu fiquei sendo
paulista de coração.
Eu tinha um grupo de vanguarda no Rio de Janeiro.
Eu adorava São Paulo.
Eu vim morar em São Paulo em 1992 quando eu
voltei da Alemanha e eu estava sem dinheiro e São
Paulo é uma cidade que foi inventada só pra se fazer
dinheiro e eu achava que São Paulo era a cidade
mais parecida com Berlim que é a cidade que eu
mais gosto, mas aí não tinha mais Vanguarda Paulista, só tinha gente ganhando dinheiro e eu não
era mais de vanguarda e eu trabalhava numa firma
deprimente e as paulistas da firma e da Faria Lima
não tinham deselegância discreta porra nenhuma e
a poluição fazia meus olhos ficarem ardendo e todo
mundo ficava só trabalhando e ganhando dinheiro e bebendo chops depois do trabalho e aqueles
paulistas eram todos muito caretas com aqueles
cortes de cabelo caretas que os chefes das firmas
gostam, e aquelas mulheres caretas com aqueles
conjuntinhos caretas de andar na Avenida Paulista
na hora do almoço, indo para aqueles restaurantes
de quilo caretas e eu sofria tanto com a saudade
do Rio e dos meus amigos cariocas de vanguarda e
de São Paulo quando São Paulo era de vanguarda
e eu andava tanto de ônibus e ficava tanto tempo
no trânsito com aqueles paulistas e eu morei numa
rua que só tinha ferro velho e tinha uma favela sem
charme atrás da casa onde eu morava e até a favela de São Paulo era careta e eu não via Berlim em
lugar nenhum e dava vontade de chorar só de ver
uma imagem do Rio na televisão e eu não conhecia
ninguém em lugar nenhum e eu nunca mais vi um
show do Itamar Assumpção e eu passei muitos anos
assim: só firma, só restaurante de quilo, só dinheiro
e eu detesto dinheiro.
99
Adoro São Paulo.
Antes eu detestava quando eu achava que o Rio era
muito melhor até que eu percebi que eu sempre
preferia outra cidade do que aquela cidade na qual
eu estava morando e eu comecei a reparar nas coi-
100
101
sas boas de São Paulo, que nem a Rua Augusta e a
Avenida Paulista iluminada de noite no inverno e o
fato de São Paulo ser uma das maiores cidades do
mundo e ser um mundo tão grande e tão impossível de conhecer inteiro e o centro da cidade que é
muito louco e o provincianismo que chega a ser até
moderno na fila pra ver filme do Godard que só eu
e uns paulistas provincianos modernos gostamos e
as músicas do Beleléu, que é o Itamar Assumpção,
falando de São Paulo à meia-noite e o sol alaranjado morrendo atrás dos prédios que nunca acabam
no horizonte sem oceano e o zeppelin que fica passando na minha janela e o silêncio dos feriados e a
noite alaranjada e as avenidas marginais alaranjadas
na madrugada e a solidão que dói tanto e eu fico
sentindo que há poesia em toda parte e o Beleléu
morreu e São Paulo ficou tão sozinha à meia-noite
e eu e São Paulo somos tão sozinhos e o universo é
tão sozinho e a poesia é uma coisa dos sozinhos e
eu gostando de sentir essa solidão no meu coração
em São Paulo.
André Sant’Anna
To The Beleléu*
I hate São Paulo.
I liked it before when I would come to São Paulo to
see the Vanguarda Paulista** show and was learning to play the bass and I had some uncles living in
São Paulo who were musicians and I wanted to be
a musician too and went out at night with my uncle
who had some friends from the Vanguarda Paulista
and there was Itamar Assumpção and it was chilly
at night and I would wear some very elegant coats
that I could only wear when visiting São Paulo and
I thought São Paulo was the same as New York and
went to several bars and to the Municipal Theater
watch Macunaíma by Antunes Filho and that is
when I became a real Paulista.
I had an avant-garde group in Rio de Janeiro.
I loved São Paulo.
To really live there I came to São Paulo in 1992 when
I returned from Germany and was out of money and
São Paulo is a city invented only to make money and
I thought that São Paulo was a city more similar to
Berlin, which is the city I like the most, but then there
was no Vanguarda Paulista anymore, only people
making money and I was not avant-garde anymore
and worked in a depressing firm and the Paulistas
of the firm and Faria Lima Street had absolutely no
freaking discreet elegance*** and the pollution burned my eyes and everybody only wanted to work and
they were all very square with those square (short)
haircuts that the firm‘s bosses liked, and those
square (manicured) women with square outfits to
walk the Paulista Avenue during lunch hour, going
to those square (bourgeois) buffet restaurants and I
suffered a lot from missing Rio and my carioca avantgarde friends and São Paulo when it was avant-garde
and I rode the bus so much and spent so much time
in traffic with those Paulistas and lived in a city that
only had junkyards and a charmless slum behind the
house I resided but now even slums were square
(bourgeois) in São Paulo and I could not see Berlin anywhere and felt like crying just seeing Rio on
TV and did not know anybody anywhere and never
attended an Itamar Assumpção concert and spent
many years like that: just the firm, buffet restaurants, only money and I hate money.
I love São Paulo.
Before I hated it when I thought Rio was much better
and then I realized that I always preferred another
city to where I was living. So I started to pay attention to the good things in São Paulo, like the Augusta Street and the Paulista Avenue lit up during
a winter night. I liked the fact that São Paulo is one
of the largest cities in the world and is such a big
world itself and that it is so impossible to know en-
tirely, that the city‘s downtown is very crazy and that
provincialism can sometime even be modern, when
you stand in the lines to see the Godard movie that
only I and some modern provincial Paulistas enjoy
and the songs of the Beleléu, which are by Itamar
Assumpção, which was only his nickname, talking
about São Paulo at midnight and the orange sun dying
behind the buildings that never end in the oceanless
skyline that blocks the view of the horizon, and the
airship that passes by my window, the quiet of the
holidays, the orange nights and the orange service
roads at dusk, and the solitude that hurts so much
and I keep thinking that there is poetry everywhere
and that Beleléu has died. São Paulo was so lonely
at midnight, São Paulo and I both were so lonely and
the universe is so alone and poetry is a thing for the
lonely and I like to feel that loneliness in my heart in
São Paulo.
André Sant’Anna
*
beleléu – elfish figure of Hades
** Vanguarda Paulista – avant-garde cultural scene of the
70s / 80s in the club “Lira Paulistana“
*** a deselegância discreta de tuas meninas – the ”subtile
clumsiness of your women” from the song “Sampa”,
a musical tribute to São Paulo by Caetano Veloso
BR
IC
Grenzen des Wachstums
Ein unendliches Meer aus Hochhäusern, ein undurchdringlicher Zement-Dschungel, der sich am
Horizont verliert, eingehüllt in eine Dunstglocke, die
in der Abendsonne romantisch schön, aber auch
bedrohlich schimmert. Das Bild spiegelt die Wahrnehmung von São Paulo, wenn man mit dem Flugzeug auf einen der Flughäfen zusteuert, treffend
wider. Anders als Rio de Janeiro ist São Paulo kein
emblematischer Touristenort, der Vorstellungen von
tropischer Exotik und Schönheit evoziert. São Paulo
steht vielmehr für die geballte und faszinierend dynamische Wirtschafts- und Finanzkraft des globalen
Südens. Denn die Metropolregion São Paulo ist nicht
nur das führende Wirtschaftszentrum Brasiliens,
sondern auch das größte industrielle Ballungsgebiet Lateinamerikas und einer der wichtigsten Industriestandorte weltweit. São Paulo ist mehr als eine
Stadt. Es ist eine verdichtete Metropolregion mit
einer Gesamtfläche von 7.947 Quadratkilometern
und einer Bevölkerung von 20,5 Millionen Einwohnern (2010), die neben der eigentlichen Stadt São
Paulo mit 11,11 Millionen Einwohnern (2010) als
Kernzone noch 38 weitere Städte umfaßt.
Während São Paulo für die einen das Sinnbild von
Entwicklung und Fortschritt in einer zunehmend
verflochtenen, multipolaren Welt ist, so ist es für
andere ein paradigmatisches Beispiel für die Grenzen des ökonomischen Wachstums. Denn im Alltag
der Stadt werden uns die ökologischen Folgen einer
einseitigen Wachstumslogik deutlich vor Augen geführt.
Das rapide Wachstum der Metropolregion, die hohe
Industriedichte und Verkehrskonzentration gehen
mit zahlreichen Umweltproblemen einher, die das
Alltagsleben der Menschen prägen und ihre Lebensqualität beeinträchtigen. Am deutlichsten spürt
man die Lärmbelästigung durch den Verkehr und
die Schadstoffbelastung der Luft. Die Luftqualität
São Paulos ist eine der schlechtesten weltweit. War
früher die Industrie der Hauptverursacher von Emissionen, ist es jetzt der Verkehr. Der Kraftfahrzeugbestand der Metropolregion São Paulo ist in den letzten Jahrzehnten deutlich angewachsen. Er umfaßte
2011 circa 7 Millionen PKW, LKW oder Omnibusse,
was etwa das Siebenfache von 1970 darstellt. Weitere gravierende Umweltprobleme sind die Verschmutzung der Gewässer, die Entsorgung von Müll
und Abwasser sowie die Versiegelung von Flächen
und das Verschwinden von Grünflächen. So weist
etwa die Hälfte der Stadt überhaupt keine Form von
Vegetation mehr auf. Aufgrund der fehlenden Stadtund Raumplanung hat die rapide Urbanisierung zu
einem hohen Maß an Umweltdegradation geführt.
Bei der UN-Konferenz Rio + 20 im Juni 2012 in Rio de
Janeiro stellte der WWF-Brazil die neuesten Ergebnisse
einer Studie zum ökologischen Fußabdruck („ecological footprint“) der Metropolregion São Paulo vor.
Unter dem ökologischen Fußabdruck wird die Fläche
auf der Erde (= globale Hektar) verstanden, die notwendig ist, um den Lebensstil und Lebensstandard
eines Menschen unter Fortführung heutiger Produktionsbedingungen dauerhaft zu ermöglichen. Es ist
eine Maßeinheit für die Menge an Umweltressourcen, die für Herstellung, Gebrauch und Entsorgung
eines Gutes oder einer Dienstleistung verbraucht
werden. Die WWF-Brazil-Studie zeigte, daß die Bewohner São Paulos einen ökologischen Fußabdruck
von 4,38 globalen Hektar haben. Das heißt, wir
bräuchten 2,5 mal den Planeten Erde, wenn jeder
Mensch auf der Welt den gleichen Lebensstil wie die
Bewohner São Paulos hätte und dementsprechend
genausoviel „Umwelt“ konsumieren würde. Im Vergleich dazu betragen der brasilianische Durchschnitt
2,93 globale Hektar pro Person (1,6 mal den Planeten Erde) und der Weltdurchschnitt 2,7 globale
Hektar pro Person (1,5 mal den Planeten Erde). Der
„Umweltkonsum“ der Einwohner von São Paulo ist
sehr stark ihren Ernährungsgewohnheiten geschuldet, insbesondere dem Fleischkonsum. Denn Nahrung ist die Kategorie von Gütern, die am stärksten,
nämlich fast zur Hälfte, zur Größe des ökologischen
Fußabdruckes beiträgt. Jedoch verdeutlichte die
Studie auch, daß die Umweltkosten mit höherem
Einkommen steigen. Diejenigen Familien in São
Paulo, deren Einkommen höchstens doppelt so
groß wie das Mindesteinkommen ist, haben einen
ökologischen Fußabdruck von 2,46 globalen Hektar;
diejenigen mit einem hohen Einkommen einen von
11,5 globalen Hektar. Dies weist auf das hohe Maß
an sozial-ökologischen Ungleichheiten in São Paulo hin. Denn nicht nur haben die wohlhabenderen
Bevölkerungsschichten einen Lebensstil, der höhere
Umweltkosten verursacht – sie können sich auch
besser gegen die negativen Auswirkungen und die
Risiken der Umweltveränderungen wappnen.
Das unendliche Meer aus Hochhäusern, in dem und
unter dem die Flüsse unsichtbar geworden sind, der
undurchdringliche Zement-Dschungel, der den grünen Urwald verdrängt hat, sind eine Herausforderung für uns alle; sie bringen auf den Punkt, daß
wir unsere Welt anders denken müssen, um eine
Zukunft zu haben.
Barbara Göbel
Limites do crescimento
108
Um mar sem fim de arranha-céus, uma selva impenetrável de cimento que se perde no horizonte,
envolto em uma mortalha de névoa que, no sol do
entardecer, resplandece lindamente romântica e ao
mesmo tempo ameaçadora. A imagem espelha de
modo certeiro a percepção que se tem de São Paulo
quando se chega de avião em um de seus aeroportos. Diferentemente do Rio de Janeiro, São Paulo não
é um local turístico emblemático que evoca noções
de exotismo e beleza tropical. São Paulo representa
muito mais o Brasil como um todo. Pois a região
metropolitana de São Paulo não é só o principal
centro econômico do Brasil, mas também a maior
região industrial densamente povoada da América
Latina e um dos centros industriais mais importantes
do mundo. São Paulo é mais que uma cidade. Ela é
uma densa região metropolitana com 7.947 quilômetros quadrados de extensão e uma população
de 20,5 milhões de habitantes (2010), que, além da
cidade de São Paulo propriamente dita, com 11,11
milhões de habitantes (2010), ainda engloba 38 cidades adicionais.
Enquanto para uns São Paulo é símbolo de desenvolvimento e progresso em um mundo cada vez
mais integrado e multipolar, para outros a cidade é
um exemplo paradigmático do limite do crescimento econômico. Pois no dia a dia da cidade, nossos
olhos se deparam com as claras consequências ambientais de uma lógica econômica unilateral.
O rápido crescimento da região metropolitana, a
alta densidade industrial e de concentração de trânsito são acompanhados de numerosos problemas
ambientais que marcam a vida cotidiana das pessoas e prejudicam a sua qualidade de vida. O que
se faz sentir de modo mais intenso é o incômodo
do ruído do trânsito e a poluição do ar. A qualidade
do ar de São Paulo é uma das piores do mundo. Se
antigamente o principal responsável pelas emissões
eram as indústrias, hoje é o trânsito. A frota de veículos motorizados da região metropolitana de São
Paulo aumentou sensivelmente na última década.
Em 2011, ela abrangia cerca de 7 milhões de automóveis de passeio, caminhões e ônibus, sete vezes
mais que em 1970. Outros problemas ambientais
graves são a poluição das águas, a eliminação de
resíduos e do esgoto, o excesso de pavimentação e
o desaparecimento das áreas verdes. Praticamente
metade da cidade já não dispõe de nenhuma forma
de vegetação. Em virtude da falta de planejamento
urbano e espacial, a rápida urbanização acarretou
uma alta taxa de degradação ambiental.
Na conferência da ONU Rio + 20 em junho de 2012,
no Rio de Janeiro, a WWF-Brasil apresentou os últi-
109
110
111
mos resultados de um estudo sobre a pegada ecológica da região metropolitana de São Paulo. O que
se entende por pegada ecológica é a área da Terra
(= hectares global) necessária para sustentar o estilo
e o padrão de vida de uma pessoa com a continuidade das condições atuais de produção. Trata-se de
uma unidade de medida que objetiva quantificar os
recursos ambientais gastos na produção, no uso e
na eliminação de um bem ou serviço. O estudo da
WWF-Brasil mostra que a pegada ecológica dos habitantes de São Paulo é de 4,38 hectares globais.
Em outras palavras, precisaríamos de 2,5 vezes o
planeta Terra se cada pessoa sobre o planeta levasse o mesmo estilo de vida que os habitantes de
São Paulo e consumisse quantidade equivalente de
“meio ambiente”. Na comparação, a média brasileira é de 2,93 hectares globais por pessoa (1,6 vezes o planeta Terra), e a média mundial é de 2,7 hectares globais (1,5 vezes o planeta Terra). O consumo
de “meio ambiente” dos habitantes de São Paulo
decorre em larga medida de seus hábitos alimentares, especialmente do consumo de carne. Pois a
alimentação é a categoria de bens que mais contribui – praticamente a metade – para o tamanho da
pegada ecológica. Mas o estudo também esclareceu
que os custos ambientais crescem com o aumento
da renda. A pegada ecológica das famílias de São
Paulo cuja renda é no máximo duas vezes mais alta
que a renda mínima é de 2,46 hectares globais; a
pegada das famílias cuja renda é classificada como
alta, é de 11,5 hectares globais. Isso demonstra a
alta desigualdade socioecológica de São Paulo. Pois
as camadas mais abastadas da população não somente levam um estilo de vida que gera altos custos
ambientais – elas também podem se proteger melhor contra as consequências negativas e os riscos
decorrentes das mudanças climáticas mundiais.
O mar sem fim de edifícios, nos quais e debaixo dos
quais os rios se tornaram invisíveis, e a selva impenetrável de cimento, que expulsou a floresta verde,
constituem desafios para todos nós na medida em
que nos levam a um ponto em que precisamos repensar o nosso mundo para ter um futuro.
Barbara Göbel
Limits To Growth
An endless sea of highrises, an impenetrable cement jungle that is lost on the horizon, shrouded
in a haze shimmers romantically beautiful, but also
threatening in the evening sun. The image aptly reflects the perception of São Paulo, when heading to
one of the airports by plane. Unlike Rio de Janeiro,
São Paulo is not an emblematic tourist destination,
which evokes the images of tropical exoticism and
beauty. São Paulo represents rather the concentrated and fascinating dynamic economic and financial strength of the global South. This is because the
metropolitan region of São Paulo is not only the leading business hub of Brazil, but also the largest industrial conurbation in Latin America and one of the
most important industrial locations worldwide. São
Paulo is more than a city. It is a dense metropolitan
region with a total area of 7,947 square kilometers
and a population of 20.5 million inhabitants (2010),
which, besides the actual city of São Paulo as the
core zone with 11.11 million inhabitants (2010), includes even 38 more cities.
While São Paulo is for some the symbol of development and progress in an increasingly interdependent, multi-polar world, it is for others a paradigmatic
example of the limits of economic growth. This is
because the environmental consequences of a onesided logic of growth are clearly demonstrated in
the everyday life of the city.
The rapid growth of the metropolitan area, the high
density of industry and traffic concentration are associated with numerous environmental issues that
shape the daily lives of people and limt their quality
of life. You feel most clearly the noise pollution from
traffic and air pollution. The air quality of São Paulo
is one of the worst in the world. Industry used to be
the main cause of emissions in the past, but now it
is the traffic. The amount of motor vehicles in the
metropolitan region of São Paulo has increased significantly in recent decades. In 2011, it numbered
about 7 million cars, trucks, or buses, which is about
seven times that of 1970. More serious environmental
problems are water pollution, the disposal of garbage and sewage, as well as the sealing of surfaces
and the disappearance of green spaces. Thus, about
half of the city no longer has any form of vegetation
at all. Due to lack of urban and area planning, rapid
urbanization has led to a high level of environmental
degradation.
At the UN conference Rio + 20 in June 2012 in Rio
de Janeiro, the World Wide Fund For Nature (WWF)Brazil presented the latest results of a study on the
ecological footprint of the metropolitan region of
São Paulo. The global footprint is understood as the
surface of the earth (= global hectares) that is ne-
cessary to make possible permanently the lifestyle
and standard of living of a person under current
production conditions. It is a unit of measure for the
amount of environmental resources that are consumed for production, use, and disposal of a product
or service. The WWF Brazil study showed that the inhabitants of São Paulo have an ecological footprint
of 4.38 global hectares. That is, we would need 2.5
times the planet Earth, if every person in the world
had the same lifestyle as the inhabitants of São
Paulo and therefore consumed as much of the “environment”. By comparison, the Brazilian average
amount is 2.93 global hectares per person (1.6 times
the planet Earth), and the world average is 2.7 global hectares per person (1.5 times the planet Earth).
The “environmental consumption” of the inhabitants of São Paulo is very strong due to their eating
habits, especially the consumption of meat. This is
because food is the category of goods that contribute the strongest, almost half, to the size of the
ecological footprint. However, the study also made
clear that the environmental costs rise with higher
incomes. Those families in São Paulo whose incomes
were, at the most, twice as large as the minimum
income, have an ecological footprint of 2.46 global
hectares; those with a higher income, 11.5 global
hectares. This points to the high degree of socialenvironmental inequalities in São Paulo. For not only
the wealthier strata of the population have created
a lifestyle of higher environmental costs – they can
also better guard against the negative effects and
risks of environmental change.
The endless sea of skyscrapers, where and under
which the rivers have become invisible, the impenetrable cement jungle that has replaced the green
forest, are a challenge for us all – they point out
clearly that we must think differently about our
world to have a future.
Barbara Göbel
IC
Gemischte Wohnquartiere in São Paulo
Die gemischte Bebauung in den InnenstadtrandQuartieren von São Paulo mit horizontalen und vertikalen Stadtbausteinen kann man als Zeitzeugen
einer dynamischen Einwohnerentwicklung lesen.
Noch 1870 hatte São Paulo, gegründet im 16. Jahrhundert, nur 31.000 Einwohner und überschritt
die Siedlungsgrenzen der ehemaligen Kolonialstadt
nicht. Die Stadt bestand aus geschlossenen Bauzeilen an Straßen oder Gassen, zwei- und dreigeschossig mit Ziegeldächern, oft Patio-Häuser mit dahinterliegenden Gärten, und war von weiträumigen
Kaffee-Plantagen umgeben. Die Einwohnerzahl
erhöhte sich erst mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze aufgrund der wachsenden Kaffee-Nachfrage
aus Europa und mit der Abschaffung der Sklaverei
in Brasilien 1888 drastisch. Die Stadt selbst blieb jedoch wie viele lateinamerikanische Städte dicht und
geschlossen nach europäischen Vorbildern. Ab 1880
wurde São Paulo nach einem ersten Kaffee-Boom zur
Stadt der Arbeit suchenden Einwanderer aus Europa.
Zwei Drittel der Einwanderer aus Portugal, Italien
und Deutschland, der Ukraine, später auch Japaner,
blieben in São Paulo. 1900 lag die Einwohnerzahl
von São Paulo bei 240.000. Die Zuwanderung beschleunigte sich nach dem ersten Weltkrieg nochmals, 1920 waren es bereits 580.000 Menschen, die
hier wohnten und arbeiteten.
Der Kaffee-Boom endete mit der Weltwirtschaftskrise von 1929. Danach begann eine Industrialisierung mit Investitionen aus den Gewinnen des Kaffee-Anbaus, der zunächst in die Textilindustrie floß,
später in die Auto-, Maschinenbau-, Elektro- und
Finanzindustrie. 1950 überschritt die Einwohnerzahl
von São Paulo nach einer weiteren Einwanderungswelle aus Europa und Japan infolge des zweiten
Weltkriegs bereits die 2-Millionen-Grenze. Beim
Ausbau der neuen Großstadt verzichtete die StadtRegierung zunächst auf den Bau eines Metro-Netzes
(dieses entstand erst nach dem zweiten Weltkrieg
eher halbherzig) zugunsten des Straßenausbaus zur
Förderung einer weiteren Industrialisierung. Durch
VW und Mercedes-Benz entstanden große Fabriken,
und der PKW-Verkehr nahm unglaublich zu – schneller als der Hochstraßen- und Stadtautobahnbau folgen konnte. Heute leben circa 17 Millionen Menschen in den kommunalen Grenzen, und zusammen
mit den sich daran anschließenden Gemeinden leben
und arbeiten circa 24 Millionen Menschen im Großraum São Paulo, 10 Prozent davon überwiegend in
Favelas. Die genauen Zahlen sind unbekannt, da die
„Favelados“ sich bei den Behörden nicht anmelden.
Die Favelas entstehen inzwischen aus der brasilianischen Binnenwanderung, den „Nordestinos“, die
aus dem trockenen und unterentwickelten Norden
Brasiliens nach São Paulo strömen, weil sie hier auf
Arbeit, Schule für ihre Kinder und medizinische Versorgung hoffen. Alle Neuankömmlinge benötigen
Wohnraum, und neue Wohnviertel werden oft ohne
Stadtplanung in die Parzellenstruktur und die Grenzen der ehemaligen Kaffee-Plantagen der Umgebung hineingebaut.
Seit den 20er und 30er Jahren entstanden im alten Zentrum der Stadt mit den sich explosiv erweiternden Großstadtaufgaben Geschäftshäuser nach
amerikanischen Vorbildern als Hochhäuser mit
bis zu circa 20 Stockwerken, in deren oberen Geschossen bereits in den 30er Jahren sehr erfolgreich
Wohnetagen gebaut wurden. Mit dem weiteren
Einwanderungs-Boom der 50er und 60er Jahre und
stets zu knappen Grundstücken entstanden reine
Wohnhochhäuser mit 20 bis 22 Geschossen. Dafür kauften Kapitalgesellschaften ganze Quartiere
mit Wohnzeilen des 19. Jahrhunderts am Innenstadtrand auf, um sie abzureißen und entsprechend
nachzuverdichten. Inzwischen ist die Notwendigkeit
eines Denkmalschutzes, der die alten Wohnzeilen,
die die Straßenräume am tradierten Innenstadtrand
prägen, erhält, auch in der Stadtverwaltung erkannt
worden. So werden neue Hochhaus-Quartiere erst
hinter den alten Häuserzeilen zugelassen, so daß
selbst die provisorisch erscheinenden Leitungsmasten in den früher einfachen Vierteln erhalten bleiben können.
In den Wohnhochhäusern leben jetzt der Mittelstand und die „Besserverdienenden“. Es sind in
der Regel vertikale „Gated Communities“, sichtbar
eingezäunt und mit Pförtnerloge am Eingang. Eine
Wohnung erstreckt sich inklusive des Zimmers für
das Hausmädchen, die „Empregada“, oft über ein
ganzes Geschoß, es gibt jedoch auch 2 bis 3 Wohnungen je Etage mit Aufzug und Feuertreppenhaus
im Inneren. Beliebte Standorte für diese Hochhäuser
sind die Hügelkuppen mit weitem Ausblick in der
gewellten Topographie São Paulos.
Hans-Joachim Aminde
Quarteirões residenciais mistos em São Paulo
112
A mistura de construções nos quarteirões do centro
da cidade de São Paulo, com blocos urbanos horizontais e verticais, pode ser vista como testemunha
do dinamismo do desenvolvimento habitacional.
Fundada no século XVI, São Paulo tinha meros
31.000 habitantes em 1870 e não ultrapassava os
limites da antiga cidade colonial. A cidade consistia de fileiras de casas fechadas em ruas ou vielas,
com dois ou três andares e telhados de telhas, não
raro casas com quintais e jardins na parte de trás,
e era circundada por vastas plantações de café. O
número de habitantes somente começou a crescer
consideravelmente com a criação de novos postos
de trabalho devido à crescente demanda por café na
Europa e com o fim da escravidão no Brasil em 1888.
A cidade propriamente dita, no entanto, continuou
compacta e fechada, seguindo os padrões europeus,
como também aconteceu com outras cidades latinoamericanas. A partir de 1880, depois de um primeiro
boom cafeeiro, São Paulo passa a ser a cidade dos
imigrantes europeus em busca de trabalho. Dois
terços dos imigrantes vindos de Portugal, da Itália,
da Alemanha, da Ucrânia e, mais tarde, também do
Japão, permaneceram em São Paulo. Em 1900, São
Paulo já contava 240.000 habitantes. Após a Primeira Guerra Mundial, a imigração tomou um novo
impulso, e, em 1920, já havia 580.000 pessoas vivendo e trabalhando em São Paulo.
O boom do café chegou ao fim com a crise econômica mundial de 1929. A partir dali teve início uma
fase de industrialização, com investimentos provenientes dos lucros do café, aplicados inicialmente na
indústria têxtil e, mais tarde, nas indústrias automobilística, de engenharia mecânica, elétrica e financeira. Em 1950, depois de uma nova onda de imigrantes europeus e japoneses como consequência
da Segunda Guerra Mundial, a população da cidade
já passava de dois milhões de pessoas. Nos planos de
expansão da nova metrópole, o governo municipal
primeiramente renunciou à construção de uma rede
de linhas de metrô (essa só surgiu mais tarde, e sem
grande entusiasmo), em favor da ampliação de ruas
e avenidas, a fim de promover uma industrialização
adicional. Grandes fábricas foram construídas pelas
empresas Volkswagen e Mercedes-Benz, e o trânsito
de automóveis de passeio aumentou em proporções
inacreditáveis – num ritmo que a construção de vias
elevadas ou expressas não conseguia acompanhar.
Hoje, os limites urbanos abrigam cerca de 17 milhões de habitantes e, juntando-se as comunidades
adjacentes, vivem e trabalham aproximadamente 24
milhões de pessoas na Grande São Paulo, 10 por
cento dessas morando, sobretudo, em favelas. Não
se conhecem os números exatos, uma vez que os
113
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115
“favelados“ não são registrados pelas autoridades.
Hoje em dia, as favelas surgem com a chegada de
migrantes internos, principalmente nordestinos, que
vêm a São Paulo fugindo do Norte seco e subdesenvolvido, esperançosos de encontrar trabalho, escola
para os filhos e assistência médica. Todos os recémchegados precisam de espaço para viver; assim, novos bairros são inseridos nos loteamentos, muitas
vezes sem nenhum planejamento urbano, ocupando áreas nos limites das antigas plantações de café.
Desde os anos de 1920 e 1930, com a explosão das
funções de uma cidade grande, surgiram no centro velho estabelecimentos comerciais nos padrões
americanos, em edifícios com até 20 andares, e já
nos anos de 1930 foram construídos com grande
sucesso apartamentos residenciais nos andares superiores. Com mais um boom imigratório nos anos
50 e 60, e em vista do tamanho reduzido dos terrenos disponíveis, começaram a surgir edifícios totalmente residenciais de 20–22 andares. Empresas de
capital adquiriam quarteirões inteiros com fileiras de
casas do século XIX nas regiões em torno do centro,
demolindo-os a fim de promover a concentração
populacional. No meio tempo, até o governo municipal reconheceu a necessidade de realizar o tombamento das velhas fileiras de casas que caracterizam
o espaço urbano do tradicional centro velho da cidade. Assim, é permitido construir novos quarteirões
de prédios altos somente atrás das velhas fileiras de
casas, de modo que até mesmo os postes de luz
de aspecto provisório dos bairros anteriormente modestos sejam preservados.
Os edifícios residenciais são habitados hoje pela
classe média e pelas pessoas de melhor poder aquisitivo. Em regra, tratam-se de “comunidades fechadas”, visivelmente cercadas e com guarita na entrada.
Um apartamento abrange muitas vezes todo um andar, incluindo o quarto de empregada, mas também
existem 2–3 apartamentos por andar com elevador
e escada de incêndio interna. Os locais preferidos
para esses prédios altos são os topos dos morros,
com ampla vista para a ondulada topografia de São
Paulo.
Hans-Joachim Aminde
Mixed Residential Neighborhoods
In São Paulo
The mixed development in the inner suburban
neighborhoods of São Paulo, with horizontal and
vertical city building blocks, can be read as witnesses
of a dynamic population development. Yet, in 1870,
São Paulo, founded in the 16th century, had only
31,000 inhabitants and did not exceed the settlement boundaries of the former colonial city. The city
consisted of closed building lines on roads or streets,
two and three story houses with tiled roofs, often
patio homes with gardens behind them, and the
complex was surrounded by vast coffee plantations.
The population first increased with the creation of
new jobs due to the coffee-growing demand from
Europe and dramatically with the abolition of slavery in Brazil in 1888. However, the city itself was,
like many Latin American cities, dense and closed
like European models. From 1880, after the first coffee boom, São Paulo became the city of the immigrants from Europe looking for work. Two-thirds of
the immigrants from Portugal, Italy, and Germany,
from the Ukraine, later also Japanese, remained in
São Paulo. In 1900, the population of São Paulo was
240,000. Immigration accelerated after World War I
again and in 1920, there were already 580,000 people who lived and worked here.
The coffee boom ended with the Great Depression of 1929. Later, industrialization began with
investments from the profits of coffee production,
which first went into the textile industry, later into
the automotive, mechanical engineering, electrical
engineering and financial industries. In 1950 the
population of São Paulo already exceeded the two
million mark after a further wave of immigration
from Europe and Japan as a result of World War II. In
expanding the new metropolis, the city government
initially decided not to build a metro system (this occurred, rather half-heartedly, only after World War
II) in favor of road expansion to promote further
industrialization. With VW and Mercedes-Benz
large factories arose and car traffic increased unbelievably – faster than the construction of highways
and freeways could follow. Today, about 17 million
people live in the municipal boundaries and, along
with the adjoining communities, about 24 million
people live and work in the greater metropolitan São
Paulo area, 10 percent of them mainly in favelas.
The exact figures are unknown, as the “favelados”
do not register with the authorities. The favelas now
arise from domestic Brazilian migration, the “Nordestinos”, who flow from dry and underdeveloped
northern Brazil to São Paulo because they hope here
for work, school for their children, and medical care.
All new arrivals need housing and new residential
areas are often built without urban planning into
the plot structure and the boundaries of the former
coffee plantations of the area.
Since the 1920s and 1930s, office buildings according to American models have arisen as high-rise
buildings of up to 20 stories in the old downtown
area of the city with the explosively expanding tasks
of a big city. Already in the 1930s apartments were
very successfully built on the upper floors. With the
further immigration boom of the 1950s and 1960s
and a constant shortage of available property, purely
residential highrises emerged with 20–22 stories. Investment companies bought entire neighborhoods
with rows of houses from the 19th century at the
edge of the downtown area, to tear them down and
fill them back up again accordingly. In the meantime, the need for historic preservation that keeps
the old residential lines that define the street spaces
at the traditional edge of downtown, has also been
recognized by the city administration. For example,
new high-rise districts are only allowed behind the
old rows of houses so even the power line poles,
that look so temporary, can still be kept in the simple
historic neighborhoods.
The middle class and the “better off” now live in the
residential towers. They are usually vertical gated
communities, visibly fenced in and with a gatehouse
at the entrance. An apartment covers, including the
room for the maid, the “empregada“, often over
an entire floor, but there are also 2–3 apartments
on each floor with elevator and fire escape inside.
Popular locations for these high-rise buildings are
the hilltops with sweeping views of the undulating
topography in São Paulo.
Hans-Joachim Aminde
BR
Leben wie im Club Mediterranée
Die zahlreichen Privatsiedlungen oder „Condomínios
Fechados“, die seit den 1980er Jahren an der Peripherie brasilianischer Großstädte entstehen, sind exklusive Wohnquartiere mit einer weitreichenden Autonomie. Alphaville ist der größte und bekannteste
Cluster solcher „Gated Communities“ in São Paulo.
Die Zone liegt 25 Kilometer westlich vom Stadtzentrum und umfaßt 33 Wohngebiete mit über 20.000
Einfamilienhäusern und Villen, in denen rund 50.000
Menschen leben. An strategischen Stellen haben
sich Geschäfts- und Bürozentren, Privatschulen, Universitäten, Kliniken und Freizeitparks angesiedelt.
Eine hervorragende Versorgung ist damit sichergestellt, der tägliche Verkehrsstau zeigt aber, daß die
Edge City im Hinblick auf qualifizierte Arbeitsplätze
weiterhin von der Kernstadt abhängig ist.
Privatsiedlungen sind „Condomínios“, das heißt,
die gesamte Anlage gehört einer Eigentümergemeinschaft. Es gibt einen gewählten Vorstand oder
„Colegiado“ und einen „Presidente“, die sich um finanzielle Aspekte und um das soziale und kulturelle
Quartiersleben kümmern. Für den Alltagsbetrieb
ist eine private Verwaltung verantwortlich. Große
Privatsiedlungen beschäftigen oft einige hundert
Angestellte, die eine Vielzahl von Dienstleistungen
erbringen: Wachdienst, Reinigung, Wartung der Gebäude und Infrastruktur, Gärtnerei sowie der Betrieb
der gebietsinternen Freizeit-Clubs, Restaurants,
Spiel- und Sportflächen, Kindergärten und Schulen.
Hinzu kommen private Hausmädchen und sonstige
Hilfskräfte in den Familien, die auf eigene Rechnung
angestellt sind. Dies erklärt, warum in den „Condomínios Fechados“ die Zahl der Hilfskräfte und Angestellten die Zahl der Einwohner oft übersteigt.
Ein aufwendiger Sicherheitsapparat innerhalb und
außerhalb der Wohnsiedlungen ist selbstverständlich: Mauern und Eingangskontrollen, Video-Überwachung, patrouillierende Privatpolizei. Die Stadt
gilt als gefährlich und die Sorge um die Sicherheit
begleitet die Bewohner auf Schritt und Tritt. Darüber
hinaus gibt es viele andere Gründe, warum sich die
Mittelschicht zunehmend in die „Selbst-Segregation“ der abgeschlossenen Privatsiedlungen zurückzieht: Prestige und Lebensstil, soziale Homogenität
und Identifikation, Wohnen im Einfamilienhaus und
Werterhaltung der Immobilie.
Fern vom metropolitanen Chaos und Dauerstreß
scheint die Welt in den „Gated Communities“ noch
oder wieder in Ordnung. Kollektiv kann sich die
Mittelschicht den Lebensstil und die Statussymbole
leisten, die sonst der Oberschicht vorbehalten sind.
Allerdings erreichen die Wohnkosten oft schon die
Schmerzgrenze: Nicht nur das Haus oder Apartment
müssen bezahlt werden, sondern auch der kom-
plette Service, den diese Siedlungen bieten. Teuer
sind natürlich auch die Privatschulen, Privatuniversitäten, Privatkliniken und mehrere Autos, die selbstverständlich zum gehobenen Lebensstil gehören.
Ärger bereiten oft die gelangweilten Jugendlichen,
die mit Lärm, Graffiti und Vandalismus die Bewohner
erschrecken. Auch Drogen finden ihren Weg durch
die Sicherheitskontrollen zu den Garten- und PoolParties der Privilegierten. Es gibt sogar Einbrüche
und Überfälle innerhalb der Siedlungen, an denen
gelegentlich der eigene Sicherheitsdienst beteiligt
ist. Die Angst vor Entführungen ist groß, weil das
Dienstpersonal aus den armen Stadtteilen und Favelas kommt und den Lebensrhythmus – und damit die
Sicherheitslücken – der Bewohner aufs Genaueste
kennt.
Trotz dieser Einschränkungen ist die Zufriedenheit
der Bewohner hoch, auch weil es kaum Alternativen
gibt. Die Immobilienfirmen verstärken den Trend mit
aggressiver Werbung, weil die Vermarktung von peripheren Privatsiedlungen lukrativer ist als Stadtumbau
und Altstadtsanierung. Die Stadtverwaltung erteilt
problemlos die Genehmigungen, weil der private
Städtebau die Stadtkasse entlastet, auch wenn es
später an übergreifenden Erschließungs- und Versorgungsnetzen fehlt. Abgeschottete Privatsiedlungen
tauchen auch zunehmend in kleinen Städten auf,
wo es noch kaum Sicherheitsprobleme gibt, ebenso
sind einfache „Condomínios“ für die untere Mittelschicht im Angebot.
Der gegenwärtige Wirtschaftsboom schafft vor allem
in São Paulo neuen Wohlstand und eine wachsende
Mittelschicht, was die reiche Peripherie im Westen
ständig wachsen läßt. Damit verschieben sich auch
die kommerziellen Zentren und die Schwerpunkte
des Stadtlebens, während in anderen Zonen die Armut in die Stadt vordringt. Zwar gibt es innovative
Projekte, um die fortschreitende Segregation und
Fragmentierung der Stadt aufzuhalten. Ob es aber
gelingt, die „zementierte Ungleichheit“ aufzubrechen und in eine pluralistische Stadtgesellschaft zu
verwandeln, muß die Zukunft zeigen.
Eckhart Ribbeck
Viver como no clube Mediterranée
116
Os numerosos loteamentos particulares ou condomínios fechados que vem surgindo na periferia
das grandes cidades brasileiras desde os anos 1980
são distritos residenciais com grande autonomia. Alphaville é a maior e mais conhecida unidade desses
condomínios em São Paulo. A área localizada a 25
quilômetros a oeste do centro de São Paulo abrange
33 loteamentos residenciais com mais de 20 mil habitações unifamiliares e vilas em que vivem cerca de
50 mil pessoas. Centros comerciais e escritórios, escolas particulares, universidades, clínicas e parques
de diversões se instalaram em pontos estratégicos.
Com isso garante-se um excelente abastecimento,
porém o congestionamento diário mostra que a
Edge City continua dependendo da cidade em termos de postos de trabalho qualificado.
Loteamentos privados são condomínios, ou seja,
todo o loteamento pertence a uma comunidade de
proprietários. Há um conselho eleito ou colegiado e
um presidente que se ocupam das questões financeiras e da vida social e cultural do local. Grandes
loteamentos privados frequentemente empregam
algumas centenas de funcionários, que oferecem
uma variedade de serviços como: segurança, limpeza, manutenção das residências e da infraestrutura, jardinagem, bem como o funcionamento dos
clubes, restaurantes, quadras esportivas, jardins de
infância e escolas. Soma-se a isso as empregadas
domésticas e demais serventes das famílias que são
contratados por conta própria. Isso explica porque
o número de empregados e funcionários nos condomínios fechados muitas vezes ultrapassa o número
de habitantes.
Naturalmente, há um dispendioso aparato de segurança dentro e fora dos conjuntos habitacionais:
muros e controles de entrada, vídeo vigilância, patrulhamento da polícia privada. A cidade é considerada perigosa e a preocupação com a segurança
acompanha os residentes a cada passo. Além disso,
há muitas outras razões para que a classe média
cada vez mais se recolha à “auto-segregação” dos
condomínios fechados: prestígio e estilo de vida,
homogeneidade social e identificação, viver em casa
unifamiliar, mantendo o valor da propriedade.
Longe do caos metropolitano e do stress constante,
o mundo nos condomínios, nas “gated communities“ ainda ou novamente parece estar em ordem.
Coletivamente, a classe média pode manter o estilo
de vida e o status usualmente reservados à classe
superior. No entanto, os custos de habitação muitas vezes atingem o limiar da dor: não só a casa
ou apartamento devem ser pagos, mas também o
completo serviço que esses núcleos habitacionais
oferecem. Naturalmente, as escolas privadas, uni-
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118
119
versidades privadas, clínicas privadas e os diversos
carros, que certamente fazem parte do estilo de vida
de alto padrão, também são caros.
Os jovens entediados frequentemente atormentam
os moradores assustando-os com barulho, grafites
e vandalismo. Também as drogas conseguem ludibriar os controles de segurança e penetrar nas festas
realizadas nos jardins e nas piscinas dos privilegiados. Até arrombamentos e assaltos ocorrem nas dependências dos condomínios, e por vezes o próprio
serviço de segurança está envolvido. O medo de sequestro é grande, porque os funcionários vêm dos
bairros mais pobres e das favelas e conhecem muito
bem o ritmo de vida e, portanto, as vulnerabilidades
dos moradores.
Apesar dessas limitações, a satisfação dos moradores
é alta, até porque há poucas alternativas. As empresas imobiliárias reforçam a tendência com marketing
agressivo, porque os condomínios privados periféricos são mais lucrativos que a restauração e o saneamento urbanos. A prefeitura concede a licença facilmente porque as obras privadas alimentam os cofres
municipais, mesmo se mais tarde faltarem redes de
suprimentos e de distribuição. Loteamentos privados
isolados também são cada vez mais frequentes nas
cidades pequenas, onde os problemas de segurança
ainda são poucos, e cresce a oferta de condomínios
simples para a classe média baixa.
O atual boom econômico cria principalmente novas
riquezas e uma classe média crescente, especialmente em São Paulo, provocando uma constante
expansão da periferia rica da região oeste. Com isso
também se deslocam os centros comerciais e as prioridades da vida da cidade, enquanto em outras zonas a pobreza avança. Com efeito, existem projetos
inovadores para deter a segregação e a fragmentação em curso. O futuro dirá se vão conseguir romper
a “desigualdade cimentada” e transformá-la numa
sociedade urbana pluralista.
Eckhart Ribbeck
Life Like The Club Mediterranée
The numerous private settlements or “condomínios
fechados“, that have arisen since the 1980s at the
periphery of Brazilian big cities, are exclusive residential areas with a far-reaching autonomy. Alphaville
is the largest and best-known cluster of such gated
communities in São Paulo. The zone is situated 25
kilometers west of the city center and includes 33
residential areas with over 20,000 single family
homes and villas where about 50,000 people live.
At strategic locations, business and office centers,
private schools, universities, clinics, and amusement
parks have settled. An excellent supply of goods and
services is ensured, but the daily traffic jam shows
that the Edge City is still dependent on the central
city with regard to qualified jobs.
Private settlements are “condomínios“, that is, the
entire plant belongs to an owners‘ association.
There is an elected board or “colegiado“ and a „presidente“, who takes care of financial aspects and of
the social and cultural district life. A private management company is responsible for the everyday business. Large private settlements often employ several
hundred employees who provide a variety of services:
security, cleaning, maintenance of the buildings and
infrastructure, nursery as well as the operation of
internal leisure clubs, restaurants, playgrounds and
sports areas, kindergartens, and schools. There are
also private maids and other assistants in the family
who are employed on their own account. This explains why, in the “condomínios fechados“, the
number of assistants and employees often exceeds
the number of residents.
An elaborate security apparatus within and outside
the residential areas is a given: walls and gate checks,
video surveillance, patrols, private police. The city is
considered dangerous and the concern for the safety
of the residents accompanies the residents at every
step. In addition, there are many other reasons why
the middle class is increasingly withdrawing into the
“self-segregation” of the closed private settlements:
prestige and lifestyle, social homogeneity and identification, living in a single family house, and maintaining the property value.
Far from the metropolitan chaos and constant stress,
the world in the gated communities still seems or is
again in order. Collectively, the middle class can afford the lifestyle and the status symbols which are
usually reserved for the upper class. However, housing costs often reach the pain threshold: Not only
the house or apartment must be paid, but also the
complete service which these settlements offer. The
private schools, private universities, private hospitals,
and having several cars, which, of course are all part
of the upscale lifestyle, are also expensive.
Often bored teenagers get into trouble scaring the
residents with noise, graffiti, and vandalism. Even
drugs find their way through the security checks to
the gardens and pool parties of the privileged. There
are even burglaries and robberies within settlements,
where occasionally the own security service is involved. The fear of kidnappings is great because the
service staff comes from the poor neighborhoods
and favelas and knows the rhythm of life – and the
vulnerabilities – of the residents very well.
Despite these limitations, the satisfaction of the residents is great, also because there are hardly any
alternatives. The real estate companies reinforce
the trend with aggresive advertising because the
marketing of peripheral private settlements is more
lucrative than private urban redevelopment and urban renewal. The city administration grants permits
without any problems because the private urban development eases the city’s treasury, even when it later
lacks cross-indexing and supply networks. Private
insular settlements are also increasingly appearing
in small cities, where there are hardly any security
problems; there are also simple “condomínios“ offered for the lower middle class.
The current economic boom creates mainly in São
Paulo a new wealth and a growing middle class,
which allows the rich periphery in the West to grow
constantly. With this, the commercial centers and
priorities of city life also shift, while poverty advances
into the city in other zones. There are innovative projects to halt the progressive segregation and fragmentation of the city. But, whether they succeed in
breaking up the “cemented inequality” and turn it
into a pluralistic urban society, the future will show.
Eckhart Ribbeck
IC
Bücher der Welt in São Paulo
Páginas do mundo em São Paulo
Pages Of The World In São Paulo
120
Mein São Paulo hofft immer noch, daß die Augen
seiner verlorengegangenen Leser es noch einmal
beachten. Als sie damals die Grenzen und Ozeane
überwanden, hatten diese Augen die unterschiedlichsten Formen und Farben. Sie kamen hierher, um
dem Apostel Paulus, dem Heiligen der neuen Stadt,
ihre Tränen, Ängste und Hoffnungen anzuvertrauen
... und ihre Bücher. – Wie haben sie bloß in die hastig
für das neue Leben gepackten Koffer gepaßt?
Die in São Paulo geborenen Enkel wiederum, die mit
den angestaubten Bibliotheken ihrer Großeltern nichts
mehr anzufangen wußten, packten die Relikte der alten Zeit zusammen und brachten sie in die Antiquariate. So verwundert es nicht, daß es in dieser Stadt,
in der alles so schnell altert, fast mehr gebrauchte als
neue Bücher zu kaufen gibt. Aus allen Stadtteilen kommen heute die Bände, so wie früher aus allen Ecken
der Welt, und finden sich in den gut gefüllten Regalen
wieder. Eine richtige Ordnung existiert nicht, wer kann
sie schon lesen, all die unverständlichen Titel?
Grob unterteilt mit von Hand geschriebenen Schildern,
fügen sie sich Buchdeckel an Buchdeckel in ihr neues
Zuhause ein: englische Klassiker neben billigen Bestsellern und technischen Handbüchern; vergilbte französische Taschenbücher – in Paris einmal topaktuell;
deutsche Bücher, deren Eigentümer überlebende Juden, untergetauchte Nazis und blauäugige Blondinen
waren; nur wenige italienische Bücher, denn die Landarbeiter kannten ihren Dante auswendig; arabische,
russische und hebräische Bücher, die aufgrund ihrer
ungewöhnlichen Schrift im selben Regal altern; Bücher mit Zeichen aus Fernost – die alteingesessenen Japaner werden hier von Neuankömmlingen aus Korea
und China verdrängt; schließlich und bloß vereinzelt
finden sich auch Bücher unserer spanischsprachigen
Nachbarn – sie sind uns so nah und doch so entfernt.
Im Labyrinth der riesigen und ungeordneten Regale,
das an den Gebäude-Wildwuchs draußen erinnert,
birgt jedes Buch zwischen seinen Deckeln unzählige
Träume und Alpträume, die sich weder um den Preis
noch um die Motten scheren. Der aufmerksame Blick
kann hier noch immer Schätze entdecken: Erstausgaben, signierte Werke, Widmungen aus Übersee,
vergessene Fotos, manchmal eine getrocknete Blume
als Zeichen einer großen Liebe.
Am Eingang wartet der sympathische, aus dem Nordosten Brasiliens stammende Angestellte auf neue Leser. Stolz präsentiert er auf seiner Kleidung den Slogan
„Unsere Bücher sind zwar gebraucht – aber nicht verstaubt“. Die wohlgeformten Beine einer Baudelaireschen Passantin überqueren das altbekannte Wahrzeichen der großstädtischen Intellektuellen, was selbst
Kafka schmunzeln ließe. Es war einmal in Amerika ...
Minha São Paulo ainda pede para ser lida nos olhos
de seus leitores perdidos. Olhos antigos, de incontáveis formas e cores, que atravessaram oceanos
e fronteiras para oferecer ao santo da nova cidade
suas lágrimas, medos, esperanças... e livros. Como
couberam nas malas apressadas de toda uma vida?
Os netos paulistanos, incomodados com as bibliotecas empoeiradas de seus avós, juntam as páginas do
passado em caixas de papelão, e as mandam para
os sebos. Nessa cidade, onde o novo envelhece tão
rapidamente, há mais sebos do que livrarias. Os
volumes chegam de todos os bairros, como outrora
vieram de todos os cantos do mundo, e se reencontram nas estantes organizadas caoticamente. Quem
seria capaz de decifrar o sentido de tantos títulos
incompreensíveis?
Lado a lado, sob pequenas plaquetas escritas à mão,
os livros aprendem a conviver na diversidade da bagunça. Clássicos em inglês rodeados por manuais
técnicos e best-sellers baratos. Brochuras franceses
amareladas, que um dia foram as últimas novidades
de Paris. Livros em alemão do sobrevivente judeu, do
nazista escondido e da lourinha de olhos azuis. Poucos livros em italiano, os camponeses sabiam Dante
de cor. Com suas letras inauditas, obras em árabe,
russo e hebraico envelhecem na mesma prateleira.
Ideogramas orientais anunciam os novos tempos:
japoneses mais antigos, abrindo espaço para os recém-chegados coreanos e chineses. Alguns poucos
livros em espanhol, vizinhos tão próximos e tão distantes.
No labirinto de estantes imensas e desalinhadas,
como a selva de prédios lá fora, cada livro esconde
entre as capas uma história de sonho ou pesadelo,
indiferente aos preços e às traças. O olhar atento ainda consegue encontrar tesouros: primeiras edições,
obras autografadas, dedicatórias de além-mar, fotos
esquecidas, eventualmente uma flor ressecada, último alento de uma história de amor.
Ao lado da vitrine, o simpático funcionário nordestino aguarda, orgulhoso, os futuros leitores. Nossos
livros são usados, mas não têm pó, diz sem palavras o avental impecável. Sob as pernas esbeltas de
uma passante baudelairiana, antigo emblema dos
encontros e desencontros da cidade grande, até
mesmo Kafka esboça um sorriso. A América um dia
foi aqui...
My São Paulo still asks to be read on the eyes of
its lost readers. Ancient eyes, of uncountable shapes
and colors, that crossed oceans and frontiers to offer
to the saint of the new city their tears, fears, hopes
... and books. How could they fit in the hurried suitcases of an entire life?
The native grandchildren, bothered by the dusty libraries of their grandparents, gather the pages of the
past in cardboard boxes and send them to secondhand book shops. In this city, where the new ages so
fast, there are more second-hand shops than bookstores. The volumes arrive from all neighborhoods,
similarly to how they once arrived from all corners of
the world, and meet again in chaotically organized
shelves. Who would be capable of deciphering the
meaning of so many incomprehensible titles?
Side by side, under small handwritten plaques, the
books learn to live in the diversity of disorganization.
English classics surrounded by technical manuals and
cheap best-sellers. Yellowed French paperbacks that
one day were Parisian novelties. Books in German
from the Jewish survivor, the hidden Nazi and the
blue-eyed blonde. Few books in Italian, the peasants
must have known Dante by heart. With their unspoken letters, works in Arabic, Russian and Hebrew
age in the same shelf. Oriental ideograms announce
new times: Older Japanese works give space to recently arrived Korean and Chinese. A few books in
Spanish, so distant and yet so close neighbors.
Within the labyrinth of huge and unaligned shelves,
like the jungle of buildings outside, each book hides
in its cover the history of a dream or nightmare,
indifferent to prices and moths. The focused eye
still can find treasuries: first editions, autographed
works, dedications from distant lands, forgotten
photographs, sometimes a desiccated flower, the
last remnant of a love story.
Sitting beside the shop window, the friendly employee from Brazil‘s Northeastern region proudly
awaits future readers. Our books are used but not
dusty, the impeccable apron wordlessly expresses.
Under svelte legs of a Baudelairean passerby, an
old symbol of the matches and mismatches of the
big city, even Kafka tries a smile. Once upon a time
America was here ...
121
Jorge de Almeida
Jorge de Almeida
Jorge de Almeida
Eine Stadt aus Luft Licht und Beton
(São Paulo)
Eine Stadt eine Stadt
die mich nicht sehen hören und doch
umarmen kann
Uma Cidade de Ar Luz e Concreto
(São Paulo)
Eine große Stadt
mit einem nachtblinden schlingernden Motorquietschen
als Herzschlag
bis zu ihren Grenzen
ach ... ohne Grenzen
Ein gedankenloses Herz hat sie
selbstbezogen
doch ohne Selbst
umschließt vereinnahmt sie alles
und meine Wenigkeit wird Teil ihrer Größe
A City Made Of Air, Light,
And Concrete
(São Paulo)
Tanja Dückers
Das Herz der Stadt ist transparent
unter einer Schicht von Schmutz
verstecktes Herz allgegenwärtig
in der Luft im Licht den Mauern im Straßenpflaster
im endlosen Kreisen der Autos
und auch vermute ich
in den Zwillings-Drillings-Hundertlings-Hochhäusern –
wie Pilze im Stadtwald vermehrungsfreudig wie Kaninchen
Und ich kann verschwinden
in dieser Stadtlandschaft irgendwo
in einer Umarmung aus Luft Licht und Beton
flüchtiger und fester
als die üblichen aus Blumen Kino und Schmerz
Am Abend erst macht sich Sonnenbrand bemerkbar
Der Himmel über São Paulo wird rot und schwer
und immer ahnte ich daß Luft ein Gewicht hat
nur die Hochhäuser sind leicht wie Mobiles am Himmel drapiert
Uma cidade uma cidade
que não pode me ver nem me escutar mas que
ainda assim pode me abraçar
Uma cidade grande
com um rangido derrapante de motor sofrendo de cegueira
noturna
como batimentos cardíacos
até seus limites
ah... sem limites
Um coração insensato o dela
ensimesmado
mas sem egoísmo
abraça e aceita a todos
e minha insignificância se torna parte de sua grandeza
O coração da cidade é transparente
debaixo de uma camada de sujeira
coração escondido onipresente
No ar na luz nos muros no pavimento das ruas
no infinito circular dos carros
e também presumo eu
nos prédios geminados-trigeminados-centezigeminados
como cogumelos no bosque loucos para se reproduzir como
coelhos
E eu posso desaparecer
nessa paisagem urbana em algum lugar
num abraço de ar luz e concreto
mais fugaz e firme
como os outros de flores cinema e dores
Só de noite o queimado de sol se torna visível
O céu sobre São Paulo se torna vermelho e pesado
e eu sempre soube que o ar tem um peso
só os arranha-céus são leves como móbiles guarnecendo o
céu
A city, a city
that cannot see me and hear me,
and yet can embrace
A big city
with a night-blind lurching engine squeal
as a heartbeat
to its limits
oh ... without borders
A thoughtless heart it has
self-centered
but without self
it surrounds and captures it all
and my humble self becomes a part of its size
The city’s heart is transparent
under a layer of dirt
a hidden heart ever-present
in the air in the light on the walls in the pavement
in the endless circles of cars
and also I suspect
in the twin- triple- hundredfold high-rise buildings –
like mushrooms in the city forest as prolific as rabbits
And I may disappear
somewhere in this city landscape
in an embrace of air, light, and concrete
more elusive and stronger
than the usual from flowers, cinema, and pain
A sunburn only becomes noticeable in the evening
The sky above São Paulo becomes red and hard
and I always suspected that air has a weight
only the skyscrapers are as light as mobiles draped in the sky
130
131
BR
Verbrechen und Strafe
Crime e castigo
Crime And Punishment
134
Bis sie anfingen, ganze Gebäudeteile abzutragen,
war es eigentlich eine ganz respektable Wohnanlage gewesen. Zuerst wurde der Marmor der Treppenstufen und Eingänge entfernt, dann das Aluminium der Fahrstühle, die Gas- und Kupferleitungen,
die Feuerwehrschläuche, die veredelten Metalle der
Türklinken und Handläufe, wolframhaltige Glühbirnen und sogar der in der Garage gelagerte Metallschrott. Alles verschwand bei Nacht und Nebel vor
den gestreßten und übermüdeten Augen des Wachpersonals. Der Hausverwalter drohte damit, den Kriminellen, so er gefaßt werden sollte, ohne Ansehen
der Person wegen besonders schweren Raubes anzuzeigen. In der Zwischenzeit ließ er die entwendeten Gegenstände auf Kosten der Bewohner ersetzen
und bildete dafür neue Rücklagen, was zu bösem
Blut führte. Die Spannungen steigerten sich, als die
zwar sündhaft teuren, aber dafür energiesparenden
Überwachungskameras, die bei der Überführung der
Diebe helfen sollten, noch in der Nacht ihrer Installation geklaut wurden, ohne etwas Verdächtiges aufnehmen zu können. Der Hausverwalter rief schließlich die Polizei zu Hilfe. Die Untersuchungsbeamten
hatten einige Angestellte im Verdacht und gingen
einer Spur von Auftragsdiebstählen nach, die auf
einen Schattenmarkt mit Gebrauchtwaren hindeutete. Sie stellten Fragen, führten Verhöre durch und
übten Druck aus, doch festgenommen wurde niemand. Dann wurden auch die Gemeinschaftsräume
geplündert: Zuerst das Metall und die Einrichtung
in den Bädern und Toiletten und gleich darauf die
Bänke und Pflanzen im Garten; aus dem Pool wurde
das Wasser abgelassen und plötzlich fehlten auch
noch die Feuerschutz-Türen, was ein Sicherheitsproblem nach sich zog. Das Feuer ließ dann nicht
lange auf sich warten. Es kam rasch und vernichtete den Wohnkomplex bis auf die Grundmauern.
Wundersamerweise konnten alle Bewohner, in der
Mehrzahl alte und gebrechliche Leute mit wenig
Geld, rechtzeitig fliehen oder befanden sich außerhalb des Hauses, so daß niemand ernsthaft verletzt
wurde. Eine schreckliche Sache, dachte der Hausverwalter – aber ganz gut gemacht.
Era um condomínio considerado de respeito, quando começaram a sumir porções da edificação. Subtraíam os mármores das escadas e dos salões, o
alumínio dos elevadores, os tambores de gás, os bicos
de cobre das mangueiras de incêndio, as mangueiras de incêndio, os corrimãos e maçanetas de ferro
niquelado, lâmpadas de tungstênio e até mesmo o
lixo de metal reciclável desaparecia da garagem, na
calada da noite, diante dos vigias e porteiros noturnos, sonolentos e estressados. O síndico ameaçava processar o criminoso por furto qualificado em
abuso de confiança, fosse quem fosse e quando o
pegasse, enquanto repunha tudo o que era levado e
cobrava dos moradores, administrando um fundo de
obras que vivia criando inimizades. Para aumentar
a tensão, as câmeras de segurança, que gastavam
pouca energia, mas eram caríssimas e instaladas em
diversos pontos do local para flagrar a presença dos
ladrões, foram furtadas na mesma noite em que
entraram em funcionamento e sem gravar nada de
suspeito ao seu redor. O síndico finalmente chamou
a polícia. Os investigadores perguntaram, interrogaram e pressionaram, desconfiando de alguns funcionários e de encomendas do mercado negro das
lojas de demolição, mas ninguém foi preso. Então
depenaram as áreas comuns: primeiro os metais sanitários, as louças e o piso dos banheiros; mas logo
foram os bancos e as plantas do jardim; a água da
piscina foi drenada e até mesmo as portas cortafogo foram arrancadas, deixando expostas as saídas
de emergência. Não demorou e o fogo veio. Veio
rápido e consumiu o edifício de apartamentos de
alto a baixo. Milagrosamente, todos os que viviam
nele, na maioria gente idosa, empobrecida e com
dificuldade de locomoção, puderam sair, ou já estavam fora e ninguém se feriu com gravidade. Um
fato terrível, sem dúvida, mas que o síndico achou
bem feito.
The co-op building was considered respectable
until parts of the edifice started to go missing. The
marble from the stairs and hallways began to be
stolen, the aluminum from the elevators, the gas
canisters, the copper tips of the fire hoses, the fire
hoses themselves, the nickel-plated handrails and
the door handles, the tungsten lamps and even the
recyclable metals started to disappear in the dead
of night, in the view of nocturnal, somnolent and
stressed doormen and watchmen. The building
manager threatened to prosecute the criminal for
aggravated theft with breach of confidence, whoever
it was, meanwhile replacing everything that was
stolen and charging the residents, managing a construction fund that was a constant source of enmity.
Adding to the tension, the security cameras, which
drew little power but were very expensive and installed in several locations to catch the thieves, were
stolen the same night they were put in operation
and without recording anything suspicious in the
surroundings. The building manager finally called
the police. The investigators asked, interrogated and
pressured several suspicious employees and traced a
lead of black-market orders from demolition stores,
but nobody was arrested. Then the thieves started
cleaning up the common areas: First the bathroom
pipes, sink, toilets and tiles; but soon they were taking the garden benches and plants; the pool water
was drained and even the fire doors were jolted, leaving emergency exits exposed. It did not take long
for the fire to arrive. It appeared fast and destroyed
the entire apartment building. Miraculously, all residents, mostly impoverished and mobility challenged
seniors, were able to leave or were already outside
and nobody was seriously hurt. A terrible thing, the
building manager thought, but it was well done.
135
Fernando Bonassi
Fernando Bonassi
Fernando Bonassi
BR
Florett oder schwerer Säbel?
Ganz so wie zwei behelmte Krieger wirken der Mann
und die Frau in den beiden gegenüberliegenden
offenen Telephonzellen mitten in São Paulo. Und
die Häuserschlucht des Photos erscheint noch abweisender, noch aggressiver, ganz so wie in weiten
Teilen des vermodernden, alten Zentrums mit seiner
gotischen, festungsartigen Kathedrale und den vielen Obdachlosen. Die Berliner Mauer, ist sie nach
São Paulo gereist? Nichts von der brasilianischen
„Casa da Ternura“, der Zärtlichkeit, nichts von einem
Samba-Schritt – nein, die Szene erinnert eher an den
preußischen Stechschritt. Kommunikation kann hier
jedenfalls, so meint man, nicht gelingen. Auch nicht
das berühmte „Jeitinho“, die Patentlösung, mit der
die Probleme so gern in Brasilien umdribbelt werden. Oder vielleicht doch?
Das dunkle Grün der wenigen Bäume und die hochaufgerichtete Palme erinnern an die tropische Vegetation Brasiliens, an seine Weite, an sein Klima,
das im Frühling betörend wie eine Liebkosung sein
kann. Und an seine Menschen, die gerne vor dem
Denken sehen, hören, riechen und fühlen. Mit ihrer
leichten geschmeidigen Aussprache sollte Verständigung möglich sein, ganz im Sinne des Floretts
und nicht des geschwungenen Säbels, der eher zu
typisch deutschen Diskussionen paßt und den anderen niederwalzt.
Und das ganz besonders in den paulistaner Cafés von
heute oder gestern. Zum Beispiel in dem berühmten
Künstlercafé Celestino Paraventis in der Rua XV de
Novembro. Mitte der 30er Jahre hatte Paraventi, ein
junger, schwerreicher und unkonventioneller Unternehmer gerade den letzten Schrei eingeführt: eine
Espressomaschine! Seine Kundschaft, Schauspieler, Sänger, Schriftsteller und Politiker, exzentrische
Bohemiens wie er, bestellten an den runden Marmortischen nur noch eins: „Espressi“. Stundenlang
schlürften sie die schwarze Droge, schauten den
Passanten nach, natürlich besonders gern den hübschen Mädchen. Bereit, die erspähte Beute zu erobern, das waren sie. Und sie redeten miteinander.
Sie verstanden sich und vergaßen Zeit und Welt. Ein
glücklicher Zustand voller Lebensfreude, der nicht
nach gestern und morgen fragte.
An einem Samstagabend, Paraventi hatte gerade für
einen Radiosender italienische Chansons gesungen,
stand Olga Benario in seinem Café vor ihm. Eine damals siebenundzwanzigjährige, attraktive und elegant gekleidete Deutsche. Sie sprach ihn mit ihrem
schweren, bleiernen Akzent an.
Olga Benario war eine deutsche Jüdin, die in Moskau
zur Agentin ausgebildet und von der Komintern zu
Luiz Carlos Prestes, dem „Ritter der Hoffnung“, als
Helferin für den geplanten kommunistischen Putsch
in Rio im November 1935 abkommandiert worden
war. Sie begleitete Prestes wie ein Schatten. Nach
abenteuerlicher Reise unter Decknamen wie Antonio Vilar und Maria Bergner Vilar, ein wohlhabendes
Paar aus Lissabon in den Flitterwochen, waren sie
von Moskau über Paris, New York, Miami, Kuba,
Peru und Chile heimlich in Brasilien angekommen
und suchten Hilfe, Geld und Unterschlupf.
Und die Verständigung gelang – trotz Olgas vokalfressender Aussprache. Paraventi begriff sehr schnell,
wer vor ihm stand und für wen sie sprach – daß
Prestes in Brasilien angekommen war. Er versteckte die beiden sofort in seinem Landhaus in Santo
Amargo am Stausee Guarapiranga. Sein Haus war
das ihre.
Nach der gescheiterten Revolte im November 1935
wurden Luiz Carlos Prestes und Olga einige Monate
später entdeckt und gefangengenommen. „Nicht
schießen, er ist unbewaffnet“, mit diesen Worten
warf sich Olga bei der Verhaftung vor Prestes und
rettete ihm damit das Leben. Die Soldaten hatten
den Auftrag, ihn zu töten. Die leichte, fast leichtfertige Verständigung wie mit Paraventi war vergessen,
jetzt standen sich mit der brasilianischen Regierung
und den beiden zwei unerbittlich feindliche Lager
gegenüber, Kommunikation fand auch ansatzweise
nicht mehr statt. Im Gegenteil, die schwangere Olga
wurde sogar gegen die brasilianische Verfassung nach
Deutschland ausgeliefert, als Jüdin in den sicheren
Tod. Ihre Tochter Anita brachte sie noch im Berliner
Frauengefängnis Barnimstraße zur Welt.
Kommunikationsstörungen, die bis heute in Deutschland, besonders in Westdeutschland, aber auch
in Brasilien anhalten. Deutschland will von Olgas
Schicksal immer noch nichts hören, und in Brasilien
heißt ein Plenar-Saal im Kongreß immer noch nach
Olgas Häscher Felinto Müller – abgesehen davon,
daß Getulio Vargas, der für Olgas Abschiebung verantwortlich war, 1953 das Bundesverdienstkreuz erhielt, natürlich die höchste Klasse.
Namen, Spuren, Verantwortlichkeiten, die das Photo
aus São Paulo in mir aufgerufen haben. Die nicht
vergessen werden dürfen.
Dieter Strauss
Florete ou sabre pesado?
136
O homem e a mulher parecem ser dois guerreiros
com elmos, parados sob as duas cabines de telefone
abertas, uma oposta à outra, no centro de São Paulo.
E o despenhadeiro de casas da foto parece ainda
mais repulsivo, mais agressivo, do mesmo modo
como muitas partes do deteriorado centro velho,
com a sua catedral gótica imitando uma fortaleza, e
os muitos desabrigados. Será que o muro de Berlim
veio para São Paulo? Nada se vê da “Casa da Ternura” brasileira, nada de ternura, nada de passos de
samba – não, a cena lembra antes um passo de parada prussiano. Ao que parece, a comunicação aqui
não pode ser bem sucedida. Tampouco o famoso
“jeitinho”, a solução mágica com que se procura
driblar os problemas no Brasil. Ou será que sim?
O verde escuro de algumas árvores e a alta palmeira
ereta remetem à vegetação tropical do Brasil, à sua
vastidão, ao seu clima, que na primavera pode ser
encantador como uma carícia. E ao seu povo, que
antes de pensar, prefere ver, ouvir, cheirar e sentir.
Com sua pronúncia leve e suave, o entendimento
deveria ser possível, no espírito do florete e não no
do sabre curvado, que antes combina com as discussões típicas de alemãs e esmaga o outro.
E especialmente nos cafés paulistanos de hoje ou
de ontem. Por exemplo, o famoso café de artistas,
o Celestino Paraventis, na rua XV de Novembro.
Na metade dos anos 1930, Paraventi – um jovem
extremamente rico e empreendedor nada convencional, acabara de introduzir no país o mais novo
trend : uma máquina de café expresso! Sua clientela
– atores, cantores, escritores, políticos e boêmios excêntricos como ele, reunidos em volta das mesas de
mármore, passaram a pedir somente os “espressi”.
Ficavam horas sorvendo a droga preta, olhando para
os transeuntes, especialmente para as meninas bonitas, é claro. Estavam prontos para conquistar suas
presas, isso sim. E conversavam. Se entendiam e esqueciam do tempo e do mundo. Um estado feliz,
cheio de alegria de viver, que não perguntava sobre
ontem, nem sobre amanhã.
Numa noite de sábado, Paraventi tinha acabado de
cantar canções italianas para uma estação de rádio,
Olga Benario ficou parada diante dele no Café. Era
uma moça alemã de vinte e sete anos, atraente e
bem vestida. Ela o abordou com seu pesado sotaque.
Olga Benario era uma judia alemã que fora treinada
em Moscou para a função de agente e tinha sido
destacada pelo Comintern para auxiliar Luiz Carlos
Prestes, o “Cavaleiro da Esperança”, no planejado
golpe comunista no Rio de Janeiro, em novembro de
1935. Ela acompanhava Prestes como uma sombra.
Depois de uma viagem de aventura, usando os
137
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139
pseudônimos de Antonio Vilar e Maria Bergner Vilar,
passando-se por um casal rico de Lisboa em viagem
de lua de mel, chegaram de Moscou via Paris, Nova
York, Miami, Cuba, Peru e Chile secretamente ao
Brasil e procuravam ajuda, dinheiro e abrigo.
E a comunicação deu certo – apesar da pronúncia
de Olga, que “engolia” as vogais. Paraventi entendeu muito rapidamente quem estava diante dele e
em nome de quem ela falava – e que Prestes havia
chegado ao Brasil. Ele escondeu os dois imediatamente em sua fazenda em Santo Amaro, na represa
de Guarapiranga. Sua casa passou a ser a deles.
Após a revolta fracassada de novembro de 1935,
Luiz Carlos Prestes e Olga foram descobertos e
presos poucos meses depois. “Não atirem, ele está
desarmado.” Com essas palavras, Olga se postou
na frente de Prestes no momento de sua prisão, e
assim salvou-lhe a vida. Os soldados tinham ordens
para matá-lo. A comunicação fácil, quase leviana,
como a que se deu com Paraventi estava esquecida;
opunham-se agora dois campos implacavelmente
hostis, o governo brasileiro e os dois, e não havia
mais comunicação, nem mesmo de modo rudimentar. Ao contrário, em violação à Constituição brasileira, Olga foi deportada grávida para a Alemanha,
e, como judia, a deportação significava morte certa.
Ainda pôde dar à luz a sua filha Anita no presídio
feminino de Barnimstraße, em Berlim.
Os distúrbios de comunicação perduram até hoje na
Alemanha, especialmente na Alemanha Ocidental,
mas também no Brasil. A Alemanha continua não
querendo saber do destino de Olga, e, no Brasil,
um salão de plenário no Congresso continua com
o nome de Filinto Müller – além do fato de que Getúlio Vargas, que foi responsável pela deportação de
Olga, ter recebido, em 1953, a Cruz de mérito federal, naturalmente da classe da mais alta distinção.
Tudo isso são nomes, pistas, responsabilidades que
a foto de São Paulo resgatou dentro de mim. E que
não devem ser esquecidos.
Dieter Strauss
Foil Or Heavy Saber?
Just like two helmeted warriors, that is what the
man and the woman look like in the two opposite
open phone booths in downtown in São Paulo. And
the street canyon of the photo looks even more repulsive and more aggressive, just as in many parts of
the decaying old center with its Gothic, fortress-like
cathedral and many homeless. The Berlin Wall, has
it gone to São Paulo? None of the Brazilian “Casa
da Ternura”, the tenderness, no Samba step – no,
the scene reminds you more of the Prussian goose
step. You think there is no way communication can
succeed here. Not even the famous “jeitinho”, the
miracle solution, with which problems are so often
dribbled around in Brazil. Or maybe so?
The dark green of the few trees and the highly erect
palms are reminiscent of the tropical vegetation of
Brazil, its space, its climate that can be as enchanting as a caress in the spring. And its people, who like
to see, hear, smell, and feel before thinking. With
their ease of pronunciation, understanding should
be possible, all in the sense of the foil and not the
curved sword, which fits more to typical German
discussions and knocks the other person down.
And especially in the Paulistano cafés of today or
yesterday. For example, in the famous artists’ café
Celestino Paraventis on Rua XV de Novembro. In
the mid-1930s, Paraventi, a young, very rich, and
unconventional entrepreneur has just introduced
the latest craze: an espresso machine! His clientele,
actors, singers, writers, and politicians, eccentric
Bohémiens as he, only order one thing at the round
marble tables: “Espressi”. For hours, they sip the
black drug, watch passersby, especially pretty girls,
of course. Ready to conquer the spotted prey, that
is what they were. And they chatted together. They
had a good time together and forgot time and the
world. It was a happy state full of the joy of living,
not thinking about yesterday or tomorrow.
On a Saturday evening, after Paraventi had just sung
Italian songs for a radio station, Olga Benario stood
in front of him in his café. Then, a twenty-seven
year-old attractive and elegantly-dressed German,
she addressed him with her heavy leaden accent.
Olga Benario was a German Jewess, who was
trained as an agent in Moscow and assigned by
the Comintern to Luiz Carlos Prestes, the “Knight
of Hope”, as a helper for the planned Communist
coup in Rio in November 1935. She accompanied
Prestes like a shadow. After an adventurous journey
under code names such as Antonio Vilar and Maria
Bergner Vilar, a wealthy couple from Lisbon on their
honeymoon, they had secretly arrived in Brazil from
Moscow via Paris, New York, Miami, Cuba, Peru,
and Chile and sought help, money, and shelter.
And communication was successful – despite Olga’s
vowel consuming pronunciation. Paraventi understood very quickly who was standing in front of him
and who she was speaking for – that Prestes had
arrived in Brazil. He hid the two immediately in his
villa in Santo Amargo at the Guarapiranga Reservoir.
His house was theirs.
After the failed revolt in November 1935, Luiz Carlos Prestes and Olga were later discovered and taken
as prisoners a few months later. “Don‘t shoot, he
is unarmed,” with these words, Olga added in the
arrest before Prestes and thereby saved his life. The
soldiers had orders to kill him. The easy, almost
flippant understanding, as it was with Parventi, was
forgotten. Now the two stood against the Brazilian
government as two implacable enemy camps and
communication did not take place any more, not to
any extent. On the contrary, contrary to the Brazilian
constitution, pregnant Olga was even extradited to
Germany, which, as a Jew, meant certain death. But,
she still bore her daughter Anita in the Women’s
Prison Barnimstraße in Berlin.
Communication breakdowns occur to this day in
Germany, especially in western German, but also in
Brazil. Germany wants to hear nothing about Olga’s
fate and in Brazil, there is a plenary hall in Congress
still called after Olga’s catchpole Felinto Müller – except that Getulio Vargas, who was responsible for
Olga’s deportation, was awarded the Federal Merit
Cross in 1953, of course, the highest class.
The photo of São Paulo has evoked in me names,
traces, and responsibilities, which may not be forgotten.
Dieter Strauss
BR
BR
Von Perdizes aus
Es ist sieben Uhr abends und bald kommen die
Freunde zum Abendessen. Der Tisch ist gedeckt,
die Töpfe im Ofen, die Getränke auf der Theke und
die dekorierten Schüsseln stehen bereit. Mit einem
Espresso sitze ich auf der Terrasse und genieße die
wohlverdiente Pause im magischen Moment des
Sonnenuntergangs, wenn sich das langsam erlöschende Tageslicht mit den künstlichen Lichtern der
Stadt vermischt. Ich koste die Aromen der wunderbaren Kaffeemischung, die ich in der Rösterei Santo
Grão erstanden habe.
Weit fliegen die Gedanken, wenn man vom nordwestlich gelegenen Stadtteil Perdizes aus den schönen Blick auf die üppige Vegetation im Norden genießt, den Horizont beobachtet, dem Nachtgesang
der Vögel lauscht, das Erwachen der Grillen vernimmt und die Avenida Paulista und die südlich gelegenen Stadtteile Higienópolis und Vila Madalena
betrachtet. Eine weitere unbeschwerte Nacht liegt
vor uns – wie dankbar ich dafür bin.
Ich erinnere mich, daß ich einmal in den ersten beiden Monaten nach meiner Ankunft in der Rua Augusta auf zwei Mädchen traf, die mich nach dem
Omnibus nach Perdizes fragten – es war zufällig
auch meiner. Auf der Fahrt freundeten wir uns an
und seitdem sind wir unzertrennlich.
Ich baute mir ein Netzwerk aus Freunden auf, das
ich bis heute pflege und das die Einsamkeit in der ersten Zeit vertrieb, die ich damals, trotz der unzähligen
Veranstaltungen zum 450. Jahrestag von „Sampa”
verspürte. Rasch vergingen acht intensive Jahre, in
denen ich zunächst vor der Herausforderung einer
neuen Arbeitsstelle stand und ohne Verwandte in
der Nähe auskommen mußte. Ich hatte nur diese
Freunde, und in der großen, kosmopolitischen Stadt
einte uns die Neugier und der Wunsch, die Orte, die
Geschichten, die Kunst und die Gastronomie Sampas
zu entdecken. Wir waren alle so weit von unseren
Herkunftsorten entfernt, daß wir unser Zuhause hier
neu erfinden mußten und ständig zusammenhingen.
Da wir alle gern und mit großem Genuß aßen, riefen
wir ein sonntägliches Gourmet-Treffen ins Leben,
bei dem wir die Köstlichkeiten unserer verschiedenen Herkunftsländer – auch der portugiesischsprachigen – zubereiten. Gelegentlich improvisieren
und kombinieren wir die typisch brasilianischen Gerichte mit denen aus den anderen Teilen der Welt.
Wir amüsieren uns wie Kinder, genießen stundenlang und reden dabei über das Leben und die aktuellen Themen aus Wirtschaft, Politik, Religion oder
Fußball. Wir prosten uns mit allem möglichen zu:
mit brasilianischem Cachaça, ausländischem Wodka, mit Wein aus Argentinien oder Europa, mit Sekt
und natürlich auch mit den wunderbaren lokalen
Fruchtsäften.
Wir besuchen unsere Lieblings-Museen (die Pinakothek, das Kunstmuseum MASP oder die Museen
in Ibirapuera) und sehen Filme, Theaterstücke und
Konzerte. Wir haben so viele unterschiedliche Seiten São Paulos gesehen: Festivals, Marathon-Läufe,
Karneval, Paraden, die prächtige Weihnachtszeit,
zwei Fußballweltmeisterschaften. São Paulo verändert sich ständig und ist wie New York eine Stadt,
die niemals schläft. Dabei gibt es auch die Schattenseiten, wie jene Obdachlosen, die inmitten von Nobelvierteln schlafen oder die heruntergekommenen
Kneipen. Manche haben hier die Hände voller Geld
und gleich daneben zeigt sich die Armut – als ob sich
daran niemals etwas ändern würde. So sind wir unterwegs, zu Fuß, mit der Metro, dem Zug oder dem
Auto und immer darauf aus, die Stadt zu entdecken
und uns – wenn möglich – für sie zu begeistern.
Der süße Duft des Jasmins bringt mich zurück in die
Gegenwart und auf meine Terrasse. Ich freue mich
auf all die Gäste. Die vielen Zungenschläge des brasilianischen Portugiesisch werden zu hören sein: aus
Maranhão, Manaus, Ceará, Bahia, Rio de Janeiro,
Espírito Santo, Minas Gerais, Paraná, Goiás und São
Paulo. Dazu kommen noch die Sprachen der Welt:
aus Peru, Kolumbien, Costa Rica, Venezuela, Equador, Porto Rico, den USA, Chile, Argentinien und
Uruguay, Deutschland, Frankreich, Italien, Portugal,
Griechenland, Spanien, Angola, Mosambik, Südafrika, Malaysia, Singapur, China, Korea, Indonesien
und Thailand! Wir sind alle eng miteinander verbunden, unsere Lebenslinien kreuzen sich überall! Das
Telephon klingelt, die ersten Gäste kommen. Wie
wunderbar, ich werde sie jetzt empfangen!
Irene González Pino
Desde Perdizes
São sete da noite e chegarão em breve os amigos
para jantar. A mesa está pronta, as assadeiras no
forno, as travessas sobre o balcão, e as guarnições
nas panelas. Estou no terraço com um café de uma
mistura maravilhosa que comprei no Santo Grão,
curtindo um merecido descanso na hora mágica do
pôr do sol, em que lentamente começam a se extinguir as luzes do dia para dar lugar às da cidade.
O pensamento voa longe, observando o horizonte
desta bela vista de Perdizes e sua exuberante vegetação, ouvindo os adeuses dos pássaros e o despertar dos grilos, apreciando a Paulista, Higienópolis e
a Vila Madalena. Mais uma noite feliz diante de nós,
grata por tê-los em minha vida.
Lembrei de que, ainda nos dois primeiros meses de
minha chegada à cidade, na Rua Augusta, havia topado com duas moças latinas que me perguntaram
qual ônibus tomar, e coincidentemente era o que eu
tomaria. De lá pra cá nunca nos separamos.
Assim iniciou-se uma rede de amigos que mantenho
até hoje e que atenuou a solidão daqueles dias, não
mitigada nem pelos eventos culturais permanentes
durante o 450° aniversário de Sampa. Oito anos
intensos passaram muito rápido por conta de um
novo desafio de trabalho, da falta de laços familiares próximos. Somente esses amigos, unidos pela
curiosidade e vontade de descobrir lugares, pessoas,
histórias, cultura, arte, música e gastronomia. Nós
éramos inseparáveis, estávamos todos tão longe de
onde nascemos procurando construir nosso lar aqui.
Nós sempre tínhamos planos, sempre propiciávamos
encontros.
Unidos pelo prazer da comida, criamos o nosso domingo gourmet, em que cozinhávamos as iguarias
de nossos países, seguíamos as culinárias dos países
de língua portuguesa, e, às vezes, improvisávamos
misturas de pratos típicos brasileiros com toques de
outros cantos do mundo. Nos divertimos feito crianças, foram horas e horas degustando, mastigando e
falando da vida, e sempre tentando debater alguns
tópicos quentes e atuais de economia, política, religião e futebol. Brindamos com tudo, cachaças brasileiras, vodcas estrangeiras, vinhos rio-platenses e
europeus, espumantes, e lógico, maravilhosos sucos
de frutas locais.
Tantos quantos eventos artísticos surgiram, nós os
conferimos: na Pinacoteca, no MASP e nos museus
no Ibirapuera, nos cinemas, teatros e nas casas de
show. Quantas viradas paulistanas, aniversários de
Sampa, maratonas, carnavais, paradas diversas, enfeites do Natal, duas Copas do Mundo de futebol
vivenciamos! Quantas mudanças na cidade, suas
festas, suas estações, seus dias e noites, comprovando que ela nunca dorme, como Nova York. Vimos
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seu lado bom e seu lado ruim. De repente, em um
bairro nobre, dormem os sem-teto e sobrevivem os
antigos e pobres botecos. Muito dinheiro em algumas mãos e a pobreza por perto. Era assim e continua a ser. Andamos muito a pé, de metrô, de trem,
de carro, sempre prontos a descobrir a cidade e nos
encantar.
O cheiro doce de uma dama-da-noite me traz ao
presente, no terraço, e sorrio, pois em breve minha
casa estará cheia. Muitos sotaques virão: Maranhão,
Amazonas, Ceará, Bahia, Rio de Janeiro, Espírito
Santo, Minas Gerais, Paraná, Goiás e São Paulo!
Peru, Colômbia, Costa Rica, Venezuela, Equador,
Porto Rico, Estados Unidos, Chile, Argentina e Uruguai! Alemanha, França, Itália, Portugal, Grécia e Espanha! Angola, Moçambique e África do Sul! Malásia, Cingapura, China, Coreia, Indonésia e Tailândia!
Todos nós somos parte do mesmo tecido, com linhas
se cruzando em todos os sentidos! O telefone toca,
estão chegando os primeiros. Ótimo, beleza, vou
recebê-los!
Irene González Pino
From Perdizes
It is 7:00 PM and soon friends will arrive for dinner.
The table is ready, the baking trays are in the oven,
the drinks are on the counter, the side dishes are in
the pans. I am on the balcony with a cup of coffee
from a wonderful blend I purchased from Santo
Grão, enjoying a well-deserved rest in the magic
sunset hour.
My thoughts wander, watching the horizon of this
beautiful Perdizes view from the northwest side of
town to the north with its exuberant vegetation,
hearing the birds sing goodbye and crickets waking
up, enjoying the view of Paulista Avenue, Higienópolis on the southside and Vila Madalena. Another
happy night awaits us and I am happy to have them
in my life.
I recalled that in the first two months after I arrived
in São Paulo, we ran into two Latino women at Augusta Street who asked me which bus to take, and
coincidentally it was mine too. We have never separated since then.
That is how I started a network of friends that I
keep to this day and that soothed the loneliness of
those days, unmitigated by the never ending cultural
events of Sampa‘s 450th anniversary. Eight intense
years passed very fast due to a new work challenge
and absence of close family links. Only those friends,
united by curiosity and the wish to discover places,
people, histories, culture, art, music and dining. We
were all so far away from home that we had to rediscover our home here and always stick together.
United by the pleasure of food, we created our
gourmet Sunday, in which we prepared the delicacies of our countries, followed the culinary arts
of Portuguese-speaking countries and sometimes
improvised blends of typical Brazilian dishes with a
touch from other corners of the world. We had fun
like children, spending many hours savoring, chewing and talking about life, politics, religion and football. We toasted with everything, Brazilian cachaças,
foreign vodkas, wines from the Rio de la Plata region
of Argentina, bubbly wines and, of course, marvelous local fruit juices.
As much artistic events as there were, we went to
all of them: at the Pinacotheca, at the São Paulo
Museum of Art and the Ibirapuera Museum, Sampa anniversaries, marathons, carnivals, different
parades, Christmas decorations, two World Cups!
How many changes in the city, its parties, seasons,
days and nights proving it never sleeps, just like New
York. We saw its good and bad sides. Suddenly, in
a rich neighborhood, homeless are sleeping and old
and flimsy bars still survive. There is a lot of money in
some hands while there is plenty of poverty around.
That is how it was and still is. Many times we walk-
ed, took the subway, train, car, always ready to discover the city and be charmed.
The sweet smell of a night jasmine brings me back
to the present, to the balcony, and I smile, since
soon my house will be filled. Many accents will
come: Maranhão, Amazonas, Ceará, Bahia, Rio de
Janeiro, Espírito Santo, Minas Gerais, Paraná, Goiás
and São Paulo! Peru, Colombia, Costa Rica, Venezuela, Ecuador, Puerto Rico, the United States, Chile,
Argentina and Uruguay! Germany, France, Italy, Portugal, Greece and Spain! Angola, Mozambique and
South Africa! Malaysia, Singapore, China, Korea,
Indonesia and Thailand! We are all part of the same
fabric, with lines intersecting in every direction! The
phone rings and the first guests are arriving. Great,
beautiful, I am off to receive them!
Irene González Pino
IC
BR
São Paulo oberirdisch
São Paulo unterirdisch
Der Raum dazwischen
Zwei Annäherungen
1
Es war eine bewußte Entscheidung der Jesuiten, São
Paulo 1554 circa 70 Kilometer weit vom Meer entfernt auf einem Hochplateau auf circa 800 Meter
Meereshöhe in der Gabelung der beiden Flüsse Tietê
und Pinheiros zu gründen. Die beiden Flüsse formten
die Landschaft und bestimmten ihre Entwicklung.
Die Stadt entstand nicht auf einer Ebene, sie wurde
nicht „auf“ die Landschaft gesetzt, sondern ihr Thema war und ist die Topographie, eine scheinbar nie
enden wollende Sequenz von Höhen und Senken.
Heute zeichnet die Architektur die Landschaft nach
und überhöht sie. Entstanden ist, zum Beispiel vom
Copan aus geschaut, ein Meer an Gebautem, eine
Stadtlandschaft, die Gewachsenes und Erdachtes
verbindet, São Paulo als Konstrukt.
2
São Paulo bedeutet aber auch eine nie endende
Bewegung, ein steter Fluß ohne Anfang und ohne
Ende, ob zeitlich oder räumlich gesehen, horizontal
oder vertikal. Die Stadt ist spontan, vital, bar jeder
akademischen Planung, vielmehr ein Patchwork aus
Raumfragmenten, geprägt durch den Verkehr. Ein
Verkehr, der sich mittlerweile 24 Stunden lang durch
die Stadt zieht und weder Tageszeiten noch Nachtstunden kennt. Auch wenn die Metro weiter ausgebaut wird, eine 5. Linie, die Gelbe, dazukommt,
wird sich vermutlich wenig daran ändern, werden
sich die Staus kaum auflösen, denn das Auto gehört zum Statussymbol. Zwölf Millionen Menschen
leben in São Paulo, sie fahren mehr als 7 Millionen
Fahrzeuge und jeden Tag kommen 700 neue hinzu.
An manchen Tagen staut sich der Verkehr auf 300
Kilometern. Eine neue Metrolinie zu bauen ist ein
weiterer, kleiner Schritt, diesen Staus eine Alternative entgegenzusetzen, das Problem des Verkehrs als
Netz neu zu definieren.
So transformiert sich São Paulo ständig selbst. Wie
beschreibt Stefan Zweig so schön in seiner Liebeserklärung an Brasilien: „São Paulo gibt kein Bild, weil
es seinen Rahmen ständig erweitert, weil es zu unruhig ist in seiner rapiden Veränderung; man zeigt
es am besten als Film und zwar als einen, der von
Stunde zu Stunde rascher abrollt“. Stefan Zweig vergleicht den Rhythmus der Stadt mit dem starken und
heftigen Herzschlag eines Läufers, der ständig vorwärts rennt und sich an der eigenen Geschwindigkeit berauscht. Ja, was ihr an Schönheit fehlt, macht
sie durch ihre Energie wett, „denn diese Stadt weiß,
daß sie sich ihre Form erst erobern muß“.
Und dies tut sie, in der Art und Weise, wie sie Raum
gestaltet, ihn als formbare Masse betrachtet. Es fasziniert mich immer wieder, wie die Escola Paulista
das Erdgeschoß als Thema konsequent entwickelt
hat und der Raum sich in das Kontinuum des Ortes
einschreibt. Wer einmal die FAU USP, die Architekturfakultät von Vilanova Artigas auf dem Universitätsgelände, besucht hat, wird diesen Raum kaum
je vergessen können. Man betritt ein Gebäude und
öffnet dabei keine Tür. Der ganze Raum fließt, alle
Geschosse sind miteinander verbunden und werden
Teil des Ortes. Das freie Erdgeschoß entwickelt sich
ähnlich einer Topographie unter dem Baukörper
hindurch, gibt den Blick nach oben und unten frei.
Die Raumbegrenzung als Thema tritt in den Hintergrund. Diese Art, „Raum zu bauen“, verlangt eine
Haltung, um ihn so überhaupt denken zu können.
Es ist eine Grundhaltung, das Leben als einen Fluß
zu betrachten, den Raum dazu aber bewußt zu
gestalten, mit Einblicken, Ausblicken und Durchblicken, immer als Teil eines Ganzen und doch als
winzigen Punkt in der Karte von São Paulo. Und so
irritiert auch die formale Ausgestaltung eines Metroabgangs nicht. Die geschwungenen Linien mögen
vielleicht mit der üppigen Vegetation verglichen
oder dem Hang zur freien Form begründet werden,
sie wollen jedoch immer nur eines, das „Fließen“
unterstützen. Neben diesen eher populären Betrachtungen können aber tatsächlich Beziehungen zum
Barock hergestellt werden. Der Raum des Barock
ist bewegt, die Perspektive beginnt sich aufzulösen.
Es gibt keinen idealen Standpunkt mehr, vielmehr
wird der Betrachter aufgefordert, sich im Raum zu
bewegen. São Paulo ist für mich im Sinne von Umberto Eco und seinen Ausführungen zum Barock in
Das offene Kunstwerk eine Einladung, mich zu bewegen, mit seinen Räumen zu interagieren, sie in
meiner Vorstellung zu komplettieren, „um das Werk
unter immer neuen Aspekten zu sehen, so als ob es
in ständiger Umwandlung begriffen wäre“.
Alle diese Assoziationen kann ein Bild einer Metrostation hervorrufen. Dies ist in meinen Augen der
Reichtum nicht nur São Paulos, sondern ganz Brasiliens.
Myriam Claire Gautschi
São Paulo vista de cima
São Paulo vista de baixo
O espaço no entremeio
Duas aproximações
1
Sábia foi a decisão dos jesuítas ao fundar São Paulo
em 1554 a cerca de 70 quilômetros de distância da
praia, num planalto aproximadamente 800 metros
acima do nível do mar, na bifurcação do Tietê e do
Pinheiros. Ambos os rios davam forma à paisagem
e determinaram o desenvolvimento da cidade. Ela
não surgiu numa planície, não foi colocada “na”
paisagem, e sim seu tema foi e é a topografia, uma
sequência de subidas e decidas que parece não querer acabar. Hoje a arquitetura copia a paisagem e a
idealiza. Quando se olha do Copan, por exemplo,
vê-se que surgiu um mar de prédios, uma paisagem
urbana que une o orgânico e o imaginado, São Paulo
como construto.
2
Mas São Paulo também significa um movimento
que nunca termina, um fluxo incessante sem começo nem fim, seja considerado de modo temporal
ou espacial, vertical ou horizontal. Na cidade tudo
se dá de um jeito involuntário, vital, sem planejamento acadêmico algum, São Paulo é muito mais
um patchwork de fragmentos espaciais, marcado
pelo trânsito. Um trânsito que nos últimos tempos se
estende pela cidade 24 horas e não conhece diferença entre dia e noite. Mesmo que o metrô continue
a ser construído, uma quinta linha, a amarela, seja
acrescentada, é provável que pouca coisa mude, que
os congestionamentos quase não diminuam, pois o
carro está entre os símbolos de status. Doze milhões
de pessoas vivem em São Paulo, dirigem mais de
sete milhões de automóveis, aos quais se somam
700 novos todos os dias. Muitas vezes, o congestionamento chega a 300 quilômetros. Construir uma
nova linha de metrô é um próximo passo, pequeno, de apresentar alguma alternativa ao trânsito, de
definir o problema da mobilidade de maneira nova,
interligada.
E assim São Paulo transforma-se a si mesma o tempo inteiro. Como descreveu Stefan Zweig de maneira tão linda na sua declaração de amor ao Brasil: “É
difícil ter uma imagem estática de São Paulo porque
a cidade está constantemente se ampliando, porque
é demasiado irrequieta em sua rápida transformação. A melhor maneira de mostrá-la seria através de
um filme, um daqueles filmes que de hora em hora
se fosse acelerando”. Stefan Zweig compara o ritmo
da cidade à batida do coração, forte e impetuosa,
de um passante que sempre avança correndo e inebria-se com a própria velocidade. Sim, o que falta a
148
149
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151
São Paulo em beleza é compensado por sua energia,
pois “essa cidade sabe que ainda precisa conquistar
a sua forma”.
E isso São Paulo faz no modo pelo qual configura o
espaço, considerando-o como massa a ser formada. Toda vez que vou à Escola Paulista fico fascinada
pelo desenvolvimento consequente do tema no andar térreo, inscrevendo o espaço no continuum do
lugar. Quem já visitou a Faculdade de arquitetura e
urbanismo de Vilanova Artigas no campus da Universidade de São Paulo, dificilmente vai se esquecer.
Entramos numa construção sem ter que abrir portas.
O espaço inteiro flui, todos os andares estão interligados e se tornam parte do lugar. O andar térreo
livre desenvolve-se por toda parte debaixo da construção, semelhante a uma topografia, libertando o
olhar para cima e para baixo. A delimitação do espaço como tema fica em segundo plano. Esse modo
de “construir o espaço” exige um posicionamento
para que seja possível sequer pensar nele.
É um posicionamento básico, que considera a vida
como fluxo, o espaço aí incluído, mas para ser configurado com consciência, visto de dentro, de fora,
sob vários ângulos, sempre como parte de um todo
e mesmo assim como um ponto minúsculo no
mapa de São Paulo. E assim nem o arranjo formal
de uma saída de metrô incomoda. Talvez as linhas
curvas possam ser comparadas à vegetação opulenta ou justificadas pela inclinação à forma livre, mas
querem sempre a mesma e única coisa: sustentar
o “fluir”. Contudo, mais além dessas observações
bem comuns podem ser estabelecidas de fato relações com o barroco. O espaço do barroco é móvel, a
perspectiva começa a se dissolver. Não há mais ponto de vista ideal, o observador é antes convidado
a se movimentar no espaço. Para mim São Paulo é
um convite a me movimentar, interagir com seus espaços, completá-los em minha imaginação, no sentido de Umberto Eco e suas considerações sobre o
barroco em Obra abierta, “ver a obra sob diferentes
e sempre novos aspectos, como se ela pudesse ser
compreendida numa transformação constante”.
Todas essas associações podem ser evocadas por
uma imagem numa estação de metrô. No meu
modo de ver, essa é a riqueza não só de São Paulo,
mas de todo o Brasil.
Myriam Claire Gautschi
São Paulo Aboveground
São Paulo Underground
The Space In Between
Two Approaches
1
It was a conscious decision by the Jesuits to found
São Paulo in the year 1554 about 70 kilometers
from the sea on a high plateau of about 800 meters
above sea level at the fork of two rivers, the Tietê
and the Pinheiros. The two rivers formed the landscape and defined its development. The city did not
arise on a plain, it was not set “on” the landscape,
but its theme was and is topography, a seemingly
never-ending sequence of peaks and valleys. Today,
the architecture sketches the landscape and raises it.
Seen from the Copan, for example, a sea of buildings has arisen, an urban landscape that links what
has grown up and what has been planned, São Paulo
as a construct.
2
But, São Paulo also means a never-ending movement, a steady flow without beginning and without
end, whether seen in time or space, horizontally
or vertically. The city is spontaneous, lively, devoid
of academic planning, but, rather, a patchwork of
space fragments, dominated by traffic. It is a traffic that, in the meantime, runs through the city 24
hours a day and knows neither day nor night-time
hours. Even if the metro is further expanded, a 5th
line, the yellow, is coming, little is likely to change
because the traffic jams are unlikely to be opened up
as the car is part of the status symbol. Twelve million
people live in São Paulo, they drive more than seven
million vehicles and 700 new ones are added to the
number daily. On some days, the traffic is backed
up for 300 kilometers. Building a new metro line is
a further, smaller step to put forth an alternative to
these traffic jams, to redefine the problem of traffic
as a network.
Thus, São Paulo is continually transforming itself, as
Stefan Zweig describes so beautifully in his declaration of love for Brazil: “São Paulo is not a picture
because it is constantly expanding its frame, it is
too restless in its rapid change. It is shown best as
a movie and as one that rolls on more quickly from
hour to hour.” Stefan Zweig compares the rhythm
of the city with the strong and fierce heartbeat of
a runner, who constantly runs forward and is intoxicated by his own speed. Yes, what it lacks in beauty,
it makes up through its energy, “because this city
knows that it must conquer its own form first.”
And this it does, in the way it manages space,
considering it as a malleable mass. It always fascinates me how the Escola Paulista has developed the
ground floor consistently as a theme and space inscribes itself in the continuum of the place. Anyone
who has ever visited the FAU USP, the Department
of Architecture of Vilanova Artigas on the university
campus, will hardly ever forget this space. You enter
a building and do not open any door. The whole
room flows, all the floors are interconnected and become part of the place. The open ground floor (first
floor) develops throughout similar to a topography
beneath the building, offers a clear view up and
down. Space limitation goes into the background
as an issue. This kind of “constructing space” requires an attitude to be able to think of in this way
at all.
It is a basic attitude of looking at life as a river, but
consciously designing the interior, with insights,
views, and perspectives, always as part of a whole
and yet as a tiny dot on the map of São Paulo. And
in this way, the formal design of a metro exit also
does not irritate you. The curved lines may perhaps
be compared with lush vegetation or be based on
the tendency to free form. However, they always
only want one thing, to support the “flow”. But,
besides these more popular considerations, actual
connections to the Baroque can be made. Baroque
space is moved and perspective begins to dissolve.
There is no more ideal point, instead, the viewer is
challenged to move within the space. For me, São
Paulo is, in terms of Umberto Eco and his remarks
on the subject of the Baroque in The Open Work,
an invitation to move, to interact with its spaces, to
complete it in my imagination, “to always see the
work in ever new aspects as if it were understood in
constant transformation.”
An image of a metro station can call forth all these
associations. In my eyes, this is the wealth not only
of São Paulo, but all of Brazil.
Myriam Claire Gautschi
BR
BR
Metro
Ich fahre lieber Metro in São Paulo als U-Bahn in
Berlin. Wie soll ich das meinen brasilianischen und
deutschen Freunden erklären?
São Paulo: Ich überzeuge deutsche Kollegen, auf das
Taxi zu verzichten und mit mir die Metro zu nehmen.
Sie sperren ihre Uhr in den Hotelsafe, verstecken das
Papiergeld im Schuh, bis auf die 30 Dollar für den
Überfall. Und was sehen sie im Abteil? Frauen mit
Ringen, Kettchen, Armbanduhren und schicken
Handtaschen, Yuppies mit iPhone, Menschen, die
ihnen in die Augen schauen, den Blick halten, sie
anlächeln, ansprechen. Ist das die Erotik, die in Brasilien angeblich in der Luft liegt?
Berlin: Brasilianische Freunde wollen unbedingt mit
der berühmten U-Bahn-Linie 1 fahren, in der es im
Grips-Theater-Musical von Volker Ludwig so fröhlich zugeht. Und was sehen sie? Blasse Gesichter,
verbitterte Mienen, schlecht gekleidete Menschen,
die den Blick abwenden, einen Alkoholiker, der den
zähnefletschenden Schäferhund seines Kumpels in
den Schwitzkasten nimmt und erwürgen will. Ist das
Berlin: arm, aber sexy?
Vielleicht sind dies nur Klischees meiner verzerrten
Wahrnehmung eines Wanderers zwischen den
Welten, der das Eigene mies macht und das Fremde
schönredet, der „Sampa“ als seine zweite Heimat
verklärt, der nicht täglich im Menschenstrom durch
stickige Tunnels geschoben, übernächtigt und überarbeitet in Waggons gepreßt, gequetscht und in der
Vorstadt ausgespuckt wird.
Ich bin mit Ignácio de Loyola Brandão in seinem
italienischen Lieblingsrestaurant verabredet. „Metropolis lernst Du am besten kennen, wenn Du die öffentlichen Verkehrsmittel nimmst!“ Ignácio hat als
DAAD-Stipendiat in Berlin gelebt und sich in unsere
Stadt verliebt, noch vor dem Mauerfall. Er ist der Autor von Zero, einem der besten Romane über São
Paulo, einem der wichtigsten Großstadtromane der
Literaturgeschichte. Er instruiert mich: „Du nimmst
die Metro und steigst an der Station Sumaré aus,
dann gehst Du am Jüdischen Kulturzentrum vorbei,
von dort aus sind es nur noch ein paar Meter …“
Ich steige also in Sumaré aus und blicke unvermittelt auf überlebensgroße Schwarzweißphotos, die
auf dem Bahnsteig über der Stadtautobahn an riesigen Glaswänden angebracht sind. Zunächst denke
ich an eine Benetton-Reklame. Doch es handelt sich
um Kunst im öffentlichen Raum, Serigraphien mit
eingesprenkelten Schriftzeichen, Brustbilder von
jüngeren Frauen und Männern – Schwarze, Weiße,
Farbige. Es sind Gesichter des Alltags, die dem aufmerksamen Betrachter Geschichten und Geschichte
erzählen, private und politische, wie Paßphotos, wie
Standphotos im Vergnügungspark. Aber sie wecken
auch Assoziationen an die Erinnerungskultur eines
Christian Boltanski, an Gerhard Richters Fahndungsphotos von Terroristen der RAF in Deutschland, an
die Steckbriefe der Stadt-Guerilla in Brasilien, an
Dokumente des Kolonialismus und Rassismus.
Der Künstler heißt Alex Flemming. Er lebt und arbeitet in Berlin und São Paulo. Wie könnte es anders
sein. Er kommentierte seine künstlerische Arbeit einmal mit folgenden Worten: „Meine gesamte Arbeit
ist politisch, gegen Folter, gegen Krieg … Alle Menschen müssen gleich sein. Wir müssen die Unterschiede akzeptieren.“ Vielleicht gibt es, um dies zu
zeigen, keinen besseren Ort als eine Metrostation.
Henry Thorau
Metrô
152
Prefiro andar de metrô em São Paulo do que em Berlim. Como explicar isso aos meus amigos brasileiros
e alemães?
São Paulo: eu convenço colegas alemães a desistir do
táxi e seguir comigo de metrô. Eles guardam os relógios no cofre do hotel, enfiam as notas de dinheiro
no sapato, exceto os trinta dólares do assaltante. E o
que eles veem no vagão? Mulheres com anéis, colarzinhos, relógios de pulso e bolsas chiques, yuppies
com iPhone, pessoas que olham nos seus olhos, que
mantêm o olhar, sorriem para eles, conversam com
eles. Será este o erotismo que supostamente paira
no ar do Brasil?
Berlim: amigos brasileiros querem por que querem andar com a linha 1 de metrô, em que no musical do
Grips-Theater de Volker Ludwig é tudo tão alegre. E
o que eles veem? Rostos pálidos, fisionomias carrancudas, pessoas mal vestidas, que desviam o olhar, um alcoólatra que agarra o pescoço do pastor
alemão do companheiro, querendo enforcá-lo. É
essa a Berlim: pobre, mas sexy?
Talvez sejam apenas clichês da minha percepção deturpada de viajante entre os mundos, que despreza
o que é seu e enaltece o que é do outro, que transforma Sampa em sua segunda pátria, mas que não é
empurrado diariamente pela torrente humana através de túneis abafados, que, esgotado e fatigado, é
espremido e esmagado nos vagões, para depois ser
“cuspido” no subúrbio.
Combinei um encontro com Ignácio de Loyola
Brandão no restaurante italiano predileto dele. “O
melhor jeito de conhecer uma metrópole é pegando
o transporte público.” Ignácio viveu em Berlim como
bolsista do DAAD e se apaixonou pela cidade, ainda antes da queda do muro. Ele é o autor de Zero,
um dos melhores romances sobre São Paulo, um
dos mais importantes romances de cidade grande
da história da literatura. Ele me instrui: “Você pega
o metrô e desce na estação Sumaré, aí você passa
pelo Centro de Cultura Judaica e dali são só mais
alguns metros...”
Então eu desço na estação Sumaré e dou de cara
com as fotos em branco e preto, em tamanho maior
que o natural, fixadas nas enormes paredes de vidro
da plataforma sobre a avenida. Primeiramente penso
em anúncios da Benetton. Mas trata-se de exposição
de arte em espaço público, serigrafias com caracteres
desenhados, retratos de bustos de homens e mulheres jovens – pretos, brancos, de cor. São rostos
do cotidiano que contam ao espectador atento, histórias e mais histórias, privadas e políticas, tais como
fotos de passaporte, fotos no Parque de diversões.
Mas também despertam associações com a cultura
da lembrança de um Christian Boltanski, com as fo-
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tos de terroristas da RAF na Alemanha tiradas por
Gerhard Richter, com os cartazes de captura dos
guerrilheiros urbanos no Brasil, com documentos do
colonialismo e do racismo.
O artista é Alex Flemming. Vive e trabalha em Berlim
e em São Paulo. Não poderia ser diferente. Certa
vez comentou sobre seu trabalho artístico usando as
seguintes palavras: “Todo meu trabalho é político,
contra a tortura, contra a guerra... Todas as pessoas
devem ser iguais. Temos de aceitar as diferenças”.
Talvez não exista lugar melhor do que uma estação
de Metrô para demonstrar isso.
Henry Thorau
Metro
I prefer taking the metro in São Paulo than the subway in Berlin. How can I explain that to my Brazilian
and German friends?
São Paulo: I convince my German colleagues to do
without the taxi and to take the metro with me.
They lock their watches in the hotel safe, hide their
bills in their shoes, except for the $30 in case of attack. And what do they see on the train? Women
with rings, bracelets, watches, and chic handbags,
yuppies with iPhones, people who look them in the
eye, gaze, smile at them, speak to them. Is this the
eroticism that is supposedly in the air in Brazil?
Berlin: Brazilian friends really want to take the famous subway line 1, which is so cheerful in the Grips
theater musical by Volker Ludwig. And what do they
see? Pale faces, embittered facial expressions, poorly
dressed people who avoid eye contact, an alcoholic
who gets the snarling German shepherd dog of his
buddy in a headlock and wants to strangle it. Is this
Berlin: poor, but sexy?
Maybe these are only stereotypes of my distorted
perception of a vagabond between two worlds,
who makes his own poor and speaks well of what is
foreign, who glorifies “Sampa” as his second home,
who is not pushed by crowd of people daily through
stuffy tunnels, pressed bleary-eyed and overworked
into train cars, crushed, and spat out in the suburbs.
I have an appointment with Ignácio de Loyola
Brandão in his favorite Italian restaurant. “The best
way to get to know a metropolis is to take public
transportation!” Ignácio lived in Berlin as a DAAD
scholarship recipient and fell in love with our city,
even before the fall of the wall. He is the author of
Zero, one of the best novels about São Paulo, one of
the most important urban novels in literary history. He
instructed me: “You take the metro and you get off
at Sumaré station, then you walk by the Jewish Cultural Center, from there, it is only a few meters ...“
So, I get off in Sumaré and look right at the larger
than life black and white photographs that are
mounted on the giant glass windows on the train
platform above the freeway. At first, I think of a Benetton advertisement. But, it is art in a public space,
serigraphs with sprinkled characters, busts of young
women and men – black, white, colored. These are
the faces of everyday life that tell stories and history
to the attentive observer, private and political, like
passport photos, like stills in the amusement park.
But, they arouse also associations with the cultural memory of one Christian Boltanski, of Gerhard
Richter’s mug shots of RAF terrorists in Germany, of
the wanted posters of the city – of the characteristics of urban guerillas in Brazil in the documents of
colonialism and racism.
The artist’s name is Alex Flemming. He lives and
works in Berlin and São Paulo. How could it be
otherwise. He once commented on his artistic work
with the following words: “My whole work is political, against torture, against war ... all people must
be equal. We need to accept the differences.” Maybe there is no better place than a metro station to
show this.
Henry Thorau
Die Toten regieren die Welt
In den meisten Städten vergräbt man elektrische Leitungen unter der Erde. In São Paulo dagegen werden
sie zur Schau gestellt und verteilen sich energiegeladen in alle Richtungen: entlang der metropolitanen Venen und Arterien, entlang der über 50.000
Stadtautobahnen, Hauptstraßen, Nebenstraßen,
Hochstraßen und Gassen, die zumeist den Namen
von längst verstorbenen Persönlichkeiten tragen.
Es ist 5 Uhr morgens, Gisele macht sich auf ihren
Weg zur Haltestelle, der sie die Avenida entlang und
die Straße herunter führt. Sie hat Glück und kann
gleich in dem ersten Zug, der am Bahnsteig hält,
einen Platz ergattern. Nachdem sie eingestiegen
ist und an der gegenüberliegenden Wagenseite
im Gedränge steht, sieht sie einen Zug, der auf der
anderen Seite mit rasender Geschwindigkeit entgegenkommt. Sie fühlt sich schlecht, was jedesmal
passiert, wenn sie daran denkt, wie schnell ihr Leben in den letzten 36 Jahren vergangen ist. Sie und
die halbe Stadtbevölkerung würden jetzt gerne an
einem anderen Ort sein, an dem sie den Blicken der
anderen nicht so früh und so unmittelbar ausgesetzt
wären. Durch Giseles düstere Gedanken dringt die
graue, unansehnliche Landschaft der Vororte, der
beißende Geruch des Zuges und die Zeiger ihrer
Uhr, die sich schneller fortzubewegen scheinen als
sie selbst.
Die Fahrt scheint kein Ende zu nehmen. Doch
schließlich kann Gisele aussteigen und weiter zur
Metro gehen. Ein blitzsauberer Korridor führt zu
einem blitzsauberen Bahnsteig, an dem die überfüllte Metro hält, die den Untergrund der Stadt in
gerade Linien zerschneidet. Dunkelheit umgibt den
Wagen, die fehlende Aussicht zwingt Gisele dazu,
sich im Wagen umzusehen. Ein sitzender Junge liest
ein Buch und erinnert sie daran, daß sie nie Lust hatte zu lesen. Wenn sie besser gelernt hätte, hätte sie
vielleicht auch einen guten Job. Aber jetzt ist es zu
spät. Sie muß zu dem Familienhaus, in dem sie als
Haushaltshilfe arbeitet.
Gisele verläßt die Metrostation und geht einige
Straßenblöcke entlang. Anstatt sich wie sonst über
den chaotischen Verkehr und den unaufhörlichen,
durchdringenden Lärm, den dieser verursacht, zu
ärgern, bemerkt sie zum ersten Mal in ihrem Leben
die Straßen und das Wirrwarr der an Pfosten aufgehängten Stromleitungen, das sie durchzieht. Obwohl sie sie nicht kennt, ziehen die Personen, nach
denen die Straßen benannt sind, ihre Aufmerksamkeit auf sich.
Wie diese Leitungen hat sich auch die Stadt in
kürzester Zeit zu einem wirren Gebilde entwickelt.
1915 hatte São Paulo rund 500.000 Einwohner und
kaum ein halbes Jahrhundert später muß sich Gisele
ihre Wege mit 10,9 Millionen anderen Bewohnern
teilen. Als sie die Straße überquert denkt sie, daß
es doch cool wäre, wenn eine dieser Straßen Gisele
Bündchen hieße! Genauso sollte diese Straße heißen:
hübsch, berühmt, reich und mit dem gleichen Namen
wie ihrer! Wenn es nur nicht Rio Grande do Sul gewesen wäre, wo sie – Gisele Bündchen – geboren ist.
Gisele, die in Rio Grande do Norte geboren ist, hat
weder Familie noch Kinder und war noch nie verreist. Seit sie als kleines Kind nach São Paulo kam,
denkt sie ständig daran, in ihren Heimatort zurückzukehren. Ganz in Gedanken versunken, geht
sie weiter durch das Viertel und stellt sich vor, daß
nie eine Straße so heißen wird wie sie. Obwohl sie
die Personen nicht kennt, nach denen die Straßen
benannt sind, hat sie doch das Gefühl, daß diese
Leute ihr Schicksal und das vieler anderer Menschen
bestimmen.
Am Ende des Tages hat Gisele weder Interesse noch
Zeit, um die Leitungspfosten und die Straßennamen
zu betrachten. Wie immer folgt sie eilig und abgespannt ihrem vorgezeichneten Weg hin zum Stadtrand, inmitten vieler Menschen wie sie, nach denen
nichts und niemand benannt ist – außer vielleicht
ihre Kinder. Zu Hause angekommen, macht sie den
Fernseher an, schaut die Telenovela, ißt irgend etwas und legt ihre Sachen für den nächsten Tag zurecht, der wieder früh beginnt, am anderen Ende
der Stadt. Ohne sich um die Welt der Lebenden zu
sorgen, schläft sie schnell ein und träumt, sie wäre
Gisele Bündchen ...
Fernando Spaziani
Quem manda no mundo são os mortos
156
Na maior parte das cidades os fios elétricos são
enterrados. Em São Paulo são expostos e correm
energicamente em todas as direções junto das veias
e artérias da metrópole, formadas por suas mais de
50 mil ruas, avenidas, ruelas, corredores, viadutos
e becos batizados, em boa parte, com o nome de
gente que já morreu.
São 5 horas da manhã quando Gisele percorre rua
e avenida até chegar à estação do trem. Por sorte
cabe no primeiro comboio que para na plataforma.
Logo que entra e fica espremida no outro lado do
vagão, repara no trem que vem apressado no sentido contrário, o que lhe causa uma sensação de enjôo experimentada toda vez em que pensa como sua
vida correu rápido nos últimos 37 anos. Assim como
a metade da população da cidade, Gisele preferia
morar em outro lugar e não ter de encarar, a curta
distância e tão cedo, os olhares dos outros passageiros daquele vagão barulhento. O desconforto é de
tal ordem que seus pensamentos são desviados para
a paisagem cinza e feia da periferia, pelo cheiro de
embreagem e pelos ponteiros do relógio que insistem em andar mais rápido que o trem.
Quando a viagem parece interminável, ela desce e
parte para a transferência para o metrô. Um corredor limpo demais conduz a uma plataforma e trilhos limpos demais, onde corre o trem, que cheio
de gente, rasga o subsolo da cidade em linhas retas.
Não há paisagem, só o escuro abraça o vagão, o que
força Gisele a olhar em volta. Um rapaz sentado lê
um livro e a faz lembrar-se que nunca teve vontade de se dedicar à leitura. Se tivesse estudado mais,
talvez tivesse um bom emprego. Mas agora é tarde
e já está chegando à casa de família onde trabalha
como diarista.
Ao sair da estação, Gisele caminha algumas quadras
e em vez de se incomodar com o trânsito caótico
e o barulho incessante e agitado que ele impõe à
cidade, pela primeira vez na vida ela repara na quantidade de fios trançados nos postes, no emaranhado
suspenso acima de sua cabeça, correndo por ruas
com nomes de pessoas que ela não conhece e que
estranhamente também estão desviando sua atenção.
Assim como os fios, a metrópole se espalha sem planejamento e muito rapidamente, formando um gigantesco tecido urbano. Se em 1915 abrigou cerca
de 500 mil habitantes, menos de um século depois
Gisele compartilha seus caminhos com outros 10,9
milhões de habitantes. Ao atravessar a rua, ela pensa que seria legal se uma delas se chamasse Gisele
Bündchen! Esta sim merecia ser nome de rua: linda, famosa, rica e com o mesmo nome que o dela!
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Nem que fosse lá no Rio Grande do Sul, onde ela
nasceu.
A Gisele nascida no Rio Grande do Norte não tem
família nem filhos e nunca viajou para lugar algum
desde que chegou pequena a São Paulo, mas sempre pensa em voltar para sua cidade natal. Envolta
neste pensamento, continua desfilando pelo bairro
e imagina que ela nunca vai ser nome de rua. Embora não saiba quem são as pessoas que dão nomes
às ruas, sente que essa gente guia o seu rumo e de
muitas outras pessoas.
No fim do dia Gisele não tem interesse e nem tempo
para voltar a reparar nos postes e nos nomes das
ruas e avenidas. Ela segue apressada e desatenta
repetindo seu desenho rumo à margem da cidade,
cheio de gente como ela, que não dá nome a nada
nem ninguém, a não ser, quem sabe, a seus filhos.
Ao chegar em casa liga a tevê, assiste à novela enquanto come alguma bobagem e arruma suas coisas para o dia seguinte, que começa cedo de novo,
em outra parte da cidade. Sem se preocupar com o
mundo dos vivos, adormece rápido e sonha que é
Gisele Bündchen...
Fernando Spaziani
The Dead Really Rule The World
Power lines are buried in most cities. In São Paulo
they are exposed and run energetically in all directions with the veins and arteries of the metropolis,
formed by its more than 50,000 streets, avenues,
lanes, corridors, viaducts and alleys named mostly
after the deceased.
It is 5:00 AM when Gisele walks on the street and
avenue to reach the train station. Luckily she finds a
seat on the first train that stops at the platform. As
soon as she enters and is squeezed to the other side
of the car, she notices another train going fast in
the opposite direction, causing her to feel the nausea experienced every time she thinks how her life
has gone by so fast in the last 37 years. As half of
the city‘s population, Gisele would rather live somewhere else and not have to face, so closely and early,
the stares of other passengers of that noisy car. The
discomfort is such that her thoughts wander to the
gray and ugly suburban landscape, to the smell of
gears and the watch‘s hands that insist on moving
faster than the train.
When the trip seems it would never end, she hops
off and goes to the subway transfer. A corridor that
is too clean leads to platform and tracks that are too
clean, where trains filled with people cut the city‘s
underground in straight lines. There is no landscape
and only darkness surrounds the car, forcing Gisele
to look around. Seated, a young man reads a book
and inspires the thought that she never wanted to
dedicate herself to reading. If she had studied more,
perhaps she would have a better job. But now is
late and she is arriving at the household where she
works as a housekeeper.
After leaving the station, Gisele walks a couple of
blocks and instead of being bothered by the chaotic
traffic and the incessant and agitated noise it imposes on the city, for the first time she realizes the
amount of wires threaded into posts, suspended in
thickets above her head and running through streets
named after people she does not know and that
strangely also steal her attention.
Like the wires, the metropolis spreads unplanned and
very rapidly to create a huge urban fabric. While it
hosted around 500,000 residents in 1915, less than
a century later Gisele shares her path with another
10.9 million inhabitants. When crossing the street,
she thinks it would be cool if one of them was named
Gisele Bündchen! That would be a real street name:
beautiful, famous, rich and sharing her name! Even
if it were located all the way in Rio Grande do Sul,
where she was born.
The Gisele born in Rio Grande do Norte has no family or children and never traveled anywhere since arriving in São Paulo, but always thinks about going
back to her hometown. Filled with that thought, she
continues parading through the neighborhood and
contemplates that she never will be a street name.
While she does not know who are the people naming the streets, she feels they guide her path and
that of many other people.
By the end of the day Gisele has no interest or time
to again observe the poles and the street and avenue
names. She follows hurriedly and distractedly while
tracing her way to the margins of the city, filled with
people like her, who never name anything or anybody but maybe their children. She turns on the TV
after arriving home, watches the soap opera while
eating a little something and prepares her things for
the next day, that again starts early in another part
of town. Not worrying about the world of the living, she quickly falls asleep dreaming she is Gisele
Bündchen ...
Fernando Spaziani
BR
Herr Mirador
Senhor Mirador
Mr. Mirador
160
Ich bin nur ein Polizist. Meine Wache war auf der
Praça Roosevelt. Die Praça Roosevelt ist ein häßlicher
und schiefer Ort. Ein Ort, an dem alles am falschen
Platz zu sein scheint, sogar die Bäume, und ich
kann nicht sagen, daß ich ihn liebe. In der Mitte des
Platzes eine Backsteinkirche, an ihrem Eingangsportal vorbei eine vierspurige Straße. Linker Hand von
der Kirche unsere Wache, eine Baracke aus Beton,
rechter Hand eine Tiefgarage. Die Platanen um die
Kirche hat man stehenlassen. Da wohnen die Dealer.
Sie wohnen auf den Bäumen, sie schlafen dort und
hängen ihre Kleider in die Äste, und manchmal,
wenn einer von den Anwohnern unter den Bäumen
vorbeigeht, spucken sie ihm auf den Kopf, sie spucken
dir oder pinkeln dir auf den Kopf. Sie haben ihre
Verstecke unter dem Trottoir, in den Gängen, die
sich in die Kanalisation verzweigen. Vor aller Augen
heben sie die Kanaldeckel und lassen die Tüten mit
der Ware hinunter, wo sie sie von den Bäumen aus
beobachten können, aber niemand, nicht die Kinder,
auch nicht die Bonbonverkäuferin, keiner von denen, die sich in einer der unterirdischen Nischen eine
vorübergehende Heimat eingerichtet haben, würde
wagen, irgend etwas von ihnen zu stehlen.
In den Plattenbauten rund um den Platz findest du
die Bordelle. Mit den Bordellen ist es so: Nehmen wir
an, ein Haus hat 18 Stockwerke. Du gehst also zum
Eingang, sagen wir um neun oder zehn Uhr abends,
und zahlst sagen wir 50 Reais. Du fährst mit dem Lift
in den 18. Stock. Und dann suchst du dir ein Zimmer
mit einem Mann oder einer Frau, oder einer Frau,
die ein Mann ist oder einem Mann, der eine Frau ist,
oder mit beidem, du kannst dir in jedem Stockwerk
etwas anderes, jemand anderen aussuchen. Und so
vögelst du dich langsam nach unten durch, durch
alle 18 Stockwerke, bis du um sieben Uhr früh wieder im Erdgeschoß ankommst.
Sou apenas um policial. Meu posto ficava na Praça
Roosevelt. A Praça Roosevelt é um lugar feio e torto.
Um lugar, onde tudo parece estar fora do lugar, até
as árvores, e eu não posso dizer que a amo. No meio
da praça tem uma igreja de tijolos e em frente à porta de entrada passa uma avenida de quatro pistas.
O nosso posto, uma barraca de concreto, fica à esquerda da igreja e à direita de um estacionamento
subterrâneo. Deixaram as árvores de plátano em volta
da igreja. Ali moram os traficantes. Eles moram nas
árvores, dormem ali e penduram suas roupas nos
galhos e, às vezes, quando algum dos moradores
passa embaixo das árvores, eles cospem na cabeça
dele, cospem ou mijam na sua cabeça. Seus esconderijos ficam debaixo da calçada, nas galerias onde
a canalização se bifurca. Levantam as tampas do esgoto, na cara de todo mundo e descem os pacotes
com a mercadoria, em lugares que podem vigiar do
alto das árvores, mas ninguém, nem criança, nem a
vendedora de bombons, ninguém, nem aqueles que
moram nos nichos subterrâneos, que se instalaram
ali, num lar passageiro, ousaria roubar qualquer coisa
deles.
Nos prédios, ao redor da praça, ficam os bordéis.
Nos bordéis é assim: vamos supor que tenha dezoito
andares. Então, você vai até a entrada, digamos que
lá pelas nove ou dez da noite e paga, digamos uns 50
reais. Você pega o elevador até o 18° andar. Aí você
procura um quarto com uma mulher ou um homem,
ou uma mulher que é homem ou um homem que é
mulher, ou com os dois, em cada andar você pode
escolher outra coisa ou outra pessoa. E aí você vai
trepando devagar descendo por todos os dezoito
andares até chegar ao térreo às 7 horas da manhã.
I am just a policeman. My watch was on the Praça
Roosevelt. The Praça Roosevelt is an ugly and crooked
place, a place where everything seems to be in the
wrong place, even the trees, and I cannot say that I
love it. In the middle of the square, there is a brick
church, across its entrance, a four-lane road. On the
left side of the church is our watch, a barracks of
concrete, on the right side, a parking garage. They
left the plantain trees around the church standing.
That is where the dealers live. They live in the trees,
they sleep there and hang their clothes on the limbs,
and sometimes, when one of the residents passes
by under the trees, the spit on his head, they spit
on you, or they pee on your head. They have their
hiding places under the sidewalk, in the corridors
that branch out in the sewer line. In front of everyone,
they lift the manhole cover and let the bags with
the goods down, where they can watch them from
the trees, but no one, not the children, not even the
candy shop assistant, none of them who have set
up a temporary home in one of the subterranean
niches, would dare to steal anything from them.
In the slab buildings all around the square, you find
the brothels. With the brothels, it is like this: Suppose a building has 18 floors. So you go to the
entrance, say at nine or ten o’clock in the evening,
and you pay, let us say, 50 Reais. You take the elevator up to the 18th floor. And then you look for a
room with a man or a woman or a woman who is a
man, or a man who is a woman, or with both, you
choose something different, somebody different on
each floor. And so you bonk your way slowly down
all 18 floors until you arrive again early at seven
o’clock back on the ground floor.
161
Dea Loher
Dea Loher
de: Das Leben auf der Praça Roosevelt
(A vida na Praça Roosevelt )
© Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 2004
taken from: Das Leben auf der Praça Roosevelt
(Life on the Praça Roosevelt)
© Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 2004
Dea Loher
aus: Das Leben auf der Praça Roosevelt
© Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 2004
BR
Die Zukunft von São Paulo nähren
Gastronomisch setzt die Stadt São Paulo weltweit
Maßstäbe, vielleicht ist sie sogar „der“ Maßstab.
Um die Intensität, mit der man in São Paulo leben
könnte, zu veranschaulichen, erkläre ich es für diejenigen, die die Stadt nicht kennen, gewöhnlich so:
Stellen Sie sich einen Ort vor, wo man jede kulinarische Spezialität der Welt zu jeder Tageszeit essen
kann. Das ist São Paulo. Nicht umsonst wird die
Stadt seit 2002 international nach Zahl und Vielfalt
ihrer Restaurants als die gastronomische Hauptstadt
der Welt anerkannt: Unter ihnen sind Lokale von 52
Ethnien zu finden. Und manche sagen, daß viele
Spezialitäten sogar besser schmecken als in ihren
Heimatländern!
Jedoch gibt es in derselben gastronomischen Metropole eine genauso traurige wie – im Kontrast dazu
– erschreckende Realität. Viele Menschen, darunter
viele Kinder, wissen nicht, ob sie überhaupt zu irgendeiner Zeit des Tages irgendeine „Spezialität“
zu sich nehmen können! Und vielleicht noch größer
als die Unsicherheit des Kindes ist der Schmerz des
Vaters oder der Mutter, die von ihrem Sohn oder ihrer Tochter nach Essen gefragt werden. Daher sieht
man in São Paulo häufig jene, die keine Möglichkeit
zu essen haben, beim Betteln bei denen, die nicht
wissen, welche Möglichkeit sie wählen sollen.
Bei der Bildung setzt sich dieser Widerspruch fort,
bei der geistigen „Nahrung“ wiederholt sich dieselbe Realität. Eine der renommiertesten öffentlichen
Universitäten der Welt ist in São Paulo angesiedelt
– die USP – und für die Ausbildung der größten Zahl
von Absolventen des Planeten mit Masterabschluß
oder Doktortitel verantwortlich. Jedoch, während
die Mehrheit der Studierenden an den exzellenten
öffentlichen Universitäten São Paulos aus dem gleichermaßen anerkannten brasilianischen Privatschulsystem kommt, zeigen 95 Prozent der Schulabgänger
der öffentlichen Schulen in Mathematik Leistungen
unter dem Mindestniveau. Und diese Gegensätze
in der Bildung beginnen schon in der Kindheit. Die
Stadt São Paulo leidet zum Beispiel unter dem fehlenden Zugang zu Kinderbetreuungseinrichtungen.
Die Wartezeit für einen Platz kann 2 bis 3 Jahre betragen. Das kann sogar dazu führen, daß ein Kind
erst gar nicht in die Kita kommt, da dort nur Kinder
bis zum Alter von 3 Jahren aufgenommen werden.
Was könnte also dafür getan werden, um für eine
Zukunft ohne Gegensätze in dieser Stadt zu sorgen,
die auf gastronomischem, intellektuellem, wirtschaftlichem, kulturellem oder künstlerischem Gebiet so reich und vielversprechend ist? Die Herausforderung ist immens! Wir sprechen hier von der
nach Einwohnerzahl sechstgrößten Stadt der Welt
mit einem starken Ungleichgewicht bei der Einkom-
mensverteilung. Die zu bewältigenden Probleme
sind Gleichungen mit vielen Unbekannten aufgrund
zahlreicher Faktoren, die hineinspielen, und dem
enormen Ausmaß. São Paulo ist zwar „nur“ eine
Stadt, jedoch mit der Bevölkerungsdichte und wirtschaftlichen Bedeutung eines ganzen Landes und
den Schwierigkeiten eines ganzen Kontinents. Die
Lösungen sind gleichermaßen komplex.
So möchte ich diese Reflexion in eine Einladung
an alle verwandeln, die diese Stadt lieben, darüber
nachzudenken, wie diese Widersprüche gemindert
werden können. Jeder kann seinen Teil zu diesem
großen Unterfangen beitragen. Und wenn alle, die
Zugang zu dieser breiten Palette kulinarischer Möglichkeiten haben, eine Kleinigkeit für diejenigen unternehmen würden, die über keine Möglichkeiten
verfügen, würde sich die Situation schnell ändern.
Lassen Sie mich ein Beispiel anführen: Was würde
passieren, wenn jeder Mensch, der die kulinarische
Bandbreite São Paulos genießen kann, täglich den
Gegenwert nur eines pão francês (etwa ein französisches Baguette-Brötchen, eines der am meisten
gegessenen Lebensmittel vieler Familien São Paulos)
an jemanden spenden würde, dem das „versagt“
ist?
Rafael Haddad
Como nutrir o futuro de São Paulo
164
Na gastronomia, a cidade de São Paulo é referência
mundial, talvez seja até “a” referência. Para que as
pessoas que não conhecem a cidade possam fazer
uma ideia dela, eu costumo explicar assim: imaginem um lugar em que se pode saborear qualquer
especialidade culinária do mundo a qualquer hora do
dia. Esse lugar é São Paulo. Não é à toa que desde
2002 a cidade é reconhecida internacionalmente
como a capital gastronômica do mundo por conta
da quantidade e variedade de seus restaurantes.
Dentre esses, encontram-se locais com comida de
52 etnias diferentes. E muitos dizem que diversas
especialidades são até melhores aqui que em seus
países de origem!
No entanto, nessa mesma metrópole gastronômica
existe uma realidade contrastante que é tão triste
quanto chocante. Muitas pessoas, incluindo muitas
crianças, não sabem se conseguirão ter acesso, em
algum momento do dia, a qualquer “especialidade”
que seja. E, talvez, maior ainda que a insegurança
das crianças seja o sofrimento dos pais ou das mães,
quando os filhos lhes pedem comida. Assim, não é
raro ver em São Paulo aqueles que não têm opções
para comer pedindo esmolas àqueles que não sabem quais das opções escolher.
Na educação, essa contradição se repete; na “nutrição” intelectual, a realidade é a mesma. Uma das
universidades públicas mais renomadas do mundo
– a USP – encontra-se em São Paulo, e é responsável
pela graduação do maior contingente de mestres e
doutores do planeta. Contudo, enquanto a maioria
dos estudantes das excelentes universidades públicas de São Paulo vem do igualmente renomado sistema de escolas particulares de São Paulo, o desempenho de 95 por cento dos alunos que se formam
pelas escolas públicas fica abaixo do nível mínimo.
E esses contrastes na formação começam a se desenhar já na infância. A cidade de São Paulo sofre,
por exemplo, com a falta de creches. A espera por
um lugar pode ser de dois a três anos. Pode acontecer que uma criança nem chegue a entrar na creche,
uma vez que lá só se admitem crianças de até três
anos de idade.
Diante desse quadro, o que poderia ser feito em prol
de um futuro sem contrastes nessa cidade tão rica e
tão promissora do ponto de vista gastronômico, intelectual, econômico, cultural e artístico? O desafio
é imenso! Está-se falando aqui da sexta maior cidade do mundo em população e que apresenta um
forte desequilíbrio quando se trata da distribuição
de renda. Os problemas a serem superados são
equações com muitas incógnitas devido à influência
de numerosos fatores e à enorme dimensão da cidade. Embora São Paulo seja “só” uma cidade, possui
165
166
167
a densidade populacional e a relevância econômica
de todo um país e enfrenta dificuldades de todo um
continente. As possíveis soluções são igualmente
complexas.
Assim, eu gostaria de transformar essa reflexão em
um convite a todos que amam esta cidade, para que
reflitam sobre como essas contradições podem ser
diminuídas. Cada um pode dar a sua contribuição
no enfrentamento desse enorme desafio. E se todos
aqueles que têm acesso a esse amplo leque de possibilidades culinárias fizessem só um pouquinho em
prol daqueles que não dispõem de nenhuma possibilidade, a situação se reverteria rapidamente. Vou dar
um exemplo: O que aconteceria se cada pessoa com
condições de desfrutar do amplo leque culinário de
São Paulo doasse diariamente o valor equivalente a
um pãozinho francês a alguém a quem isso é negado?
Rafael Haddad
Feed The Future Of São Paulo
The city of São Paulo sets global standards, it is
perhaps even “the” standard. To illustrate the intensity with which one could live in São Paulo, I usually
explain it to those who do not know the city like
this: Imagine a place where you can eat every culinary specialty of the world at any time of day. This is
São Paulo. No wonder the city has been recognized
internationally since 2002 for the number and diversity of its restaurants as the gastronomic capital
of the world. Among them restaurants of 52 ethnic
groups can be found. And some say that many dishes
are even better than in their home countries!
However, in the same gastronomic metropolis, there
is also a just as sad – in contrast – as well as terrifying reality. Many people, including many children,
do not know if they can take any “specialty” at any
time of the day at all! And perhaps even greater
than the uncertainty of the child is the pain of the
father or the mother who are asked by their son or
daughter for food. Therefore, you often see in São
Paulo those who have no possibility to eat begging
from those who do not know which possibility to
choose.
In education, this contradiction continues, the same
reality is repeated with intellectual “nourishment”.
One of the most prestigious public universities is located in São Paulo – the USP – and is responsible for
the education of the largest number of graduates of
the planet with master’s degrees or doctorates. Still,
while the majority of the students at the excellent
public universities of São Paulo come from the likewise recognized Brazilian private school system, 95
percent of the graduates of the public schools show
results below the minimum level in mathematics.
And these contrasts in education begin already in
childhood. The city of São Paulo suffers, for example, from the lack of access to childcare facilities.
The waiting period for a space can take two to three
years. This can even mean that a child does not even
get into nursery school because only children up to
three years old are accepted.
So, what could be done to provide for a future
without contradictions in this city that is so rich and
promising in the gastronomic, intellectual, business,
cultural, or artistic field? The challenge is immense!
We are talking about sixth most populous city in the
world with a strong imbalance in the distribution of
income. The problems to be overcome are equations
with many unknown variables due to numerous factors that come into play and the enormous extent.
São Paulo is “only” a city, but with the population
density and economic importance of a whole country and the difficulties of an entire continent. The
solutions are equally complex.
Therefore, I would like to turn this reflection into an
invitation to all who love this city to think about how
these inconsistencies can be reduced. Anyone can
contribute his part to this great endeavor. And when
all who have access to this wide range of culinary
possibilities would do a little something for those
who have no options, the situation would quickly
change. Let me give you an example: What would
happen if every person who can enjoy the culinary
variety of São Paulo would give daily to someone
who is “denied” it the equivalent of only one pão
francês (like a French baguette roll, one of the foods
most widely eaten by many families in São Paulo)?
Rafael Haddad
BR
Kleine Küche
Vorbereitungen, Vorbereitungen, Vorbereitungen ...
Wie macht man in einer kleinen Küche mit kleinem
Geschirr für 60 Leute schwäbische Maultaschen
– original schwäbische Maultaschen?
Und natürlich auch die Frage: Wo gibt es alle Zutaten? Keine Frage, eine logistische und eine sprachliche Herausforderung.
Die Zeit, die uns bleibt, ist dann kostbar, wenn sie intensiv und bewußt wahrgenommen wird. Nur zwei,
fünf oder gar sechs Wochen in São Paulo, in Brasília,
in Brasilien überhaupt hinterlassen Spuren, besondere Erinnerungen. Viele dieser Erinnerungen sind
privat und bleiben es auch. Manche Erinnerungen
entstanden durch die Nähe zu Menschen, die ich
kennenlernen durfte.
Aus der Distanz sehen und aus der Nähe erfahren.
Brasilien ist ein großes Land. Wenn man dort ist, erfährt man einen Kontinent. Natürlich ist São Paulo
aus der Distanz groß, aber der Alltag ist ein Dorf,
man kennt sich, läuft dieselben Wege zur Arbeit,
geht zum Frisör, der Portier grüßt. Morgens ist die
Bar der erste Fixpunkt dieser Nähe.
Jeder kennt jeden, was machst Du, woher kommst
Du? Ich bin Teil des Dorfes, solange ich da, quasi
„vor Ort“ bin. Wer nicht da ist, ist einfach nicht da.
Einfach? Gewiß nicht, denn wir können ja nur mit
unseren Nachbarn sprechen, arbeiten, feiern. Nur,
und das ist faszinierend: Wenn man wiederkommt,
war man nie weg.
Freunde und Familie fordern manchmal viel Nähe
und Aufmerksamkeit. Wir haben unsere Freunde
und deren Familie in Brasilien auch gefordert, allein
schon durch unsere Präsenz, durch unsere intensive
Arbeitsdisziplin. Sie mußten es aushalten, und sie
haben das auch manchmal staunend genossen. Wie
wir selbst manches erstaunt genossen haben.
Bei Proben einer Tanzgruppe (aus meiner Perspektive
als Gast) zuzuschauen und zuzuhören wäre ohne die
uns umfangende Nähe der Tänzer nur halb so beeindruckend geworden. Schokolade aus Europa hat den
Mund geöffnet, schmilzt im Gaumen und wärmt die
Herzen. Der Ort – teatro oficina – selbst ist schon ein
Versprechen, Straßentheater, Welttheater. Lina Bo
Bardi antizipiert Raum als soziales Kunstwerk. Ach
ja, bevor ich es vergesse – wir waren ja wegen der
Architektur dort. Aber die kann man nur sehen, muß
man gesehen haben, nicht beschreiben.
Von meinen 5.000 Nachbarn habe ich nur zwei
im Aufzug getroffen. So einsam kann das größte
Wohnhaus der Welt sein, das Copan. Architektur ist
eine private Leidenschaft, die Ergebnisse sind für jedermann sichtbar. Das Copan und viele andere Gebäude, die ich sah, haben eine sehr feine Stimmung,
eine brasilianische.
Manchmal kocht man für Freunde. Auch ich tat das.
Für etwa 60 Personen. Für die Portiers, die Mitarbeiter, deren Freunde und Eltern. Maultaschen. Ein
etwas exotisches Essen, denn einem unauslöschlichen Klischee zufolge gibt es in Deutschland ja nur
Kartoffeln. Deshalb, um die Vorurteile nicht ganz zu
zerstören, gab es wenigstens Kartoffelsalat.
Mit Sé zum Mercado – Gemüse, Mehl, Eier, Fleisch.
Eine riesige Tütenlandschaft in unserem Taxi. Brät
in São Paulo? Woher? Klar, vom Metzger. Nur, was
ist Brät? Nach Proben aufgeschnittener Bratwürste
schienen wir fündig geworden zu sein.
Und jetzt in die Küche – kleine Küche, kleine Töpfe.
Teig kneten, Teig rollen, Teig über Nacht ruhen lassen.
Teig auswellen. Füllung machen, Koriander, Lauch,
Zwiebel schneiden. Wasser in einem Topf kochen
lassen. Im anderen Topf Fleischbrühe ansetzen,
sechs Maultaschen ins Wasser, sechs Maultaschen
herausnehmen, mit Brühe in einen Topf und servieren. Dieses Procedere wiederholte sich drei Stunden
lang, bis schließlich alle satt waren und eine neue
Erfahrung mitgenommen haben. Der Vorteil einer
kleinen Küche mit kleinen Töpfen? Es ist auch nur
ein kleiner Aufwand nötig, alles wieder in Ordnung
zu bringen.
Wenn ich in zwei Jahren wieder dort sein werde, in
São Paulo, werde ich nie weg gewesen sein.
Josef Lenz
Mein – traditionelles – Maultaschenrezept
178
Zutaten für 4 Personen:
Nudelteig
275 g Mehl
3 Eier
Salz
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Füllung:
1 Brötchen vom Vortag
25 g Speck
50 g Zwiebeln
50 g glatte Petersilie
125 g Blattspinat
125 g Koriander
Salz, Knoblauch
250 g Hackfleisch (nur Rinderhack!)
125 g Bratwurstbrät (in São Paulo waren es aus der „Not“
heraus Würste)
75 ml Schlagsahne
weißer Pfeffer
4 Blätter Liebstöckel
1 l Rinderbrühe
4 El Zwiebeln
1 El Schnittlauch-Röllchen
Zubereitung:
1. Mehl, Eier, Salz zu einem glatten Teig kneten und in Klarsichtfolie 2–3 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen.
2. Das Brötchen 10 Minuten in warmem Wasser einweichen,
ausdrücken. Speck und Zwiebeln in feine Würfel schneiden,
4 Minuten unter Rühren dünsten. Abkühlen lassen. Petersilie
hacken. Spinat waschen, putzen, in kochendem Salzwasser
blanchieren, abschrecken, ausdrücken und hacken.
3. Die Zutaten mit dem Hack, Bratwurstbrät, Sahne, Salz, Pfeffer
und etwas Liebstöckel in eine große Schüssel mit Messer geben.
Zu einer glatten Masse verarbeiten. Kalt stellen.
4. Teig zu einer 1–2 Millimeter dünnen Bahn von 80 x 20 Zentimetern ausrollen. Füllung mit einer Palette darauf streichen.
5. Den Teig von den Längsseiten zur Mitte überlappend einklappen. Die Nudelrolle wenden, damit die Naht unten liegt. In
12 gleich große Stücke schneiden.
6. Maultaschen in kochendes Salzwasser geben, 10 Minuten
ziehen lassen. Abtropfen lassen.
7. Maultaschen in wenig Rinderbrühe (die separat zubereitet
werden muß) mit geschmälzten Zwiebeln und Schnittlauch
servieren.
180
Cozinha pequena
Preparação, preparação, preparação...
Como fazer legítimos “Schwäbische Maultaschen“
(“raviólis“ da Suábia) numa cozinha pequena e com
pouca louça, para sessenta pessoas? E naturalmente
a pergunta: onde conseguir todos os ingredientes?
Sem dúvida, um desafio logístico e de linguística.
O tempo que resta passa a ser precioso quando é
vivenciado de maneira intensa e consciente. Apenas
duas, cinco ou mesmo seis semanas em São Paulo,
em Brasília, aliás, no Brasil deixam rastros e lembranças especiais. Muitas delas são privadas e irão ficar
assim. E algumas surgiram pela proximidade com as
pessoas que eu pude conhecer.
Ver de longe e de perto. O Brasil é um país grande. Quando estamos lá, experimentamos um continente. É claro, São Paulo é grande do ponto de vista
da distância, mas o cotidiano é o de uma vila, as
pessoas se conhecem, percorrem o mesmo caminho
para o trabalho, vão ao cabeleireiro, o porteiro as
cumprimenta. Todas as manhãs, o bar é o primeiro
ponto fixo dessa proximidade.
Todo mundo conhece todo mundo, o que você faz,
de onde vem? Eu sou parte da vila enquanto eu
estou aqui, alguém quase “local”. Quem não está
simplesmente não está. Fácil? Certamente não, porque só podemos falar, trabalhar, comemorar com
nossos vizinhos. Só que, e isto é fascinante, quando
você voltar, você nunca foi embora.
Amigos e família, às vezes, exigem muita proximidade e atenção. Também exigimos bastante dos
nossos amigos e de seus familiares no Brasil, já pela
nossa presença, por nossa disciplina de trabalho intensivo. Eles tinham de suportá-la e, às vezes, também surpreendidos, apreciaram-na. Assim como nós
também nos surpreendemos, apreciando muitas
coisas.
Assistir os ensaios de um grupo de dança (a partir de
minha perspectiva como convidado) não teria sido
tão impressionante sem a proximidade dos bailarinos. Chocolate da Europa faz a boca abrir, derrete
na boca e aquece os corações. O local de encontro,
o Teatro Oficina, já é em si uma promessa, teatro
de rua, teatro do mundo. Lina Bo Bardi antecipou o
espaço como obra social da arte. Ah sim, antes que
eu esqueça, estivemos lá por causa da arquitetura.
Mas essa só pode ser vista, tem de ser vista, não
descrita.
Dos meus 5 mil vizinhos, conheci apenas dois no
elevador. A maior casa do mundo, o Copan, pode
ser bem solitária. A arquitetura é uma paixão particular, os resultados são visíveis a todos. O Copan
e muito outros edifícios que eu vi têm um humor
refinado, brasileiro.
Às vezes, cozinhamos para os amigos. Eu também
fiz isso. Para cerca de sessenta pessoas. Para os porteiros, os funcionários, seus amigos e pais. “Maultaschen”. Um prato um pouco exótico, considerando o clichê indelével de que na Alemanha só comem
batatas. Assim, para não acabar com os preconceitos
completamente, ao menos havia salada de batatas.
Com o Zé para o Mercado – legumes, farinha, ovos,
carne. Uma paisagem enorme de sacolas em nosso
táxi. “Brät“ em São Paulo? Onde? Lógico, no açougue. Mas, o que é “Brät“? Depois de experimentar
salsichas fatiadas começamos a nos entender.
E agora a cozinha – cozinha pequena, panelas
pequenas. Sovar a massa, enrolar a massa, deixar
descansar durante a noite. Esticar a massa. Fazer o
recheio, coentro, cebolinha, cebolas cortadas. Deixar a água ferver em uma panela. Em outra, esquentar o caldo de carne, colocar seis “Maultaschen” na
água, tirar os seis ”Maultaschen”, colocar numa
panela com caldo e servir. Esse procedimento foi
repetido por três horas, até que finalmente todos
estavam satisfeitos e felizes com a nova experiência.
A vantagem de uma cozinha pequena com panelas
pequenas? Dá pouco trabalho para arrumar e colocar tudo no lugar.
Quando eu voltar a São Paulo, daqui a dois anos,
nunca terei estado fora.
Josef Lenz
Minha receita tradicional de “Maultaschen“
Ingredientes para quatro pessoas:
Massa de macarrão
275 g de farinha
3 ovos
Sal
Recheio:
1 pão amanhecido
25 g de bacon
50 g de cebola
50 g de salsinha
125 g de folhas de espinafre
125 g de coentro
Sal, Alho
250 g de carne moída (só bovina!)
125 g de “Bratwurstbrät“ (em São Paulo usamos emergencialmente salsicha)
75 ml de creme de leite
Pimenta branca
4 folhas de levístico
1 l caldo de carne
4 colheres de sopa de cebola
1 colher de sopa de cebolinha
Preparo:
1. Misture em uma massa uniforme a farinha, os ovos, o sal
e deixe descansar em película plástica transparente por 2–3
horas na geladeira.
2. Amoleça o pão em água morna por 10 minutos, esprema.
Corte o bacon e a cebola em cubos pequenos e cozinhe por
4 minutos, mexendo. Deixe esfriar. Pique a salsinha. Lave o
espinafre, escalde-o em água fervente com sal, passar na água
fria e picar.
3. Misture os ingredientes com a carne moída, a salsicha, o
creme de leite, sal, pimenta e o levístico em uma tigela grande.
Processe em uma massa lisa. Leve à geladeira.
4. Estique a massa na espessura de um 1–2 milímetros, num
tamanho de 80 x 20 centímetros. Espalhe sobre ela o recheio
com uma espátula.
5. Dobre a massa da borda para o centro. Corte em 12 pedaços iguais.
6. Cozinhe os “raviólis” na água fervente por 10 minutos. Escorra.
7. Sirva os “raviólis” com um pouco de caldo de carne bovina
(que tem de ser preparado separadamente) e acrescente cebolas douradas e salsinha.
Small Kitchen
Preparations, preparations, preparations ...
How do you make Swabian ravioli – homemade
Swabian ravioli for 60 people in a small kitchen with
small dishes?
And of course, there is also the question: Where will
you get all the ingredients? No question about it, it
is a logistical and a linguistic challenge.
The time we have left is then very precious if it is
experienced in an intense and conscious way. Only
two, five, or even six weeks in São Paulo, in Brasília,
anywhere in Brazil leave behind traces, special memories. Many of these memories are personal and will
remain that way. Some memories were made by the
proximity to people I got to know.
Seen from a distance and experienced up close, Brazil
is a big country. When you are there, you experience
a continent. Of course, São Paulo is big from the
distance, but everyday life is a village. People know
each other, walk the same paths to work, go to the
hairdresser, the doorman greets you. In the morning,
the bar is the first fixed point of this area.
Everyone knows everyone, what are you doing,
where are you from? I am a part of the village as
long as I am there, practically “on-site”. If you are
not there, you are just not there. Simple, is it not?
Certainly not, because we can only speak, work,
and celebrate with our neighbors. Only with them
and this is fascinating: When you come back, it is
like you have never been gone.
Sometimes friends and family require much closeness and attention. We also required this of our
friends and their families in Brazil, simply by our
presence, by our intensive work discipline. They had
to endure it and sometimes they also were amazed
to enjoy it – just as we ourselves were amazed to
enjoy some things.
Watching and listening at the practices of a dance
group (from my perspective as a guest) would have
only been half as impressive without the enveloping
closeness of the dancers. Chocolate from Europe
opened mouths, melted in mouths, and warmed
hearts. The place – teatro oficina – itself is already a
promise, street theater, world theater. Lina Bo Bardi
anticipates space as a social work of art. Oh yes,
before I forget it – we were there because of the
architecture. But, you can only see it, you have just
got to see it, not describe it.
Of my 5,000 neighbors, I only met two on the elevator. The Copan, the world’s largest apartment building, can be that lonely. Architecture is a personal
passion, but the results are visible for everyone. The
Copan and many other buildings that I saw have a
very fine mood, a Brazilian one.
Sometimes you cook for friends. I did that as well,
for about 60 people, for the doormen, the employees, their friends and parents. I made Swabian ravioli,
a somewhat exotic food because, according to an
indelible cliché, there are only potatoes in Germany.
Therefore, in order not to destroy the prejudices entirely, there was at least potato salad.
With Sé to the market – vegetables, flour, eggs,
meat. There are shopping bags all over our taxi.
Sausage meat in São Paulo? Where do you get it?
From the butcher, of course. So, what kind of sausage meat? After trying several sliced up sausages,
we seemed to have found the right one.
And now, into the kitchen – small kitchen, small
pots. Knead the dough, roll the dough, let the
dough rise over night. Roll out the dough. Make
the filling, cut up coriander, leeks, and onions. Boil
water in a pot. Make a meat broth in another pot.
Put six ravioli into the water, take out the six ravioli
with broth in a pot and serve. The procedure was
repeated three hours long until finally, all were full
and had taken a new experience with them. The advantage of having a small kitchen with small pots?
There is also less effort necessary to put everything
back into order.
If I am there again in two years, in São Paulo, I will
never have been away.
Josef Lenz
My Traditional Recipe For Swabian Ravioli
Ingredients for 4 persons:
Dough
275 g of flour
3 eggs
salt
Filling:
1 day-old breakfast roll
25 g of bacon grease
50 g of onions
50 g of parsley
125 g of spinach leaves
125 g of coriander
salt, garlic to taste
250 g of ground meat (only ground beef!)
125 g of sausage meat (São Paulo sausages were made from
the “emergencies”)
75 ml of cream
white pepper
4 lovage leaves
1 l of beef stock (bouillon)
4 tablespoon of onions
1 tablespoon of chives rolls
Preparation:
1. Knead the flour, eggs, and salt into a smooth dough, wrap it
into clear foil and cool in the refrigerator for 2–3 hours.
2. Soak the roll in warm water for 10 minutes, squeeze the
water out of it. Cut the bacon and onions into fine cubes,
sauté for 4 minutes while stirring. Let it cool. Chop parsley.
Wash spinach, clean, and blanch in boiling salt water, rinse,
squeeze, and chop.
3. Add the ingredients to the ground beef, sausage meat,
cream, salt, pepper, and some lovage in a large bowl with a
knife. Process until smooth. Cool.
4. Roll out the dough into a thin 1–2 millimeters sheet of 80 x
20 centimeters. Spread filling onto it with a palette-knife.
5. Fold the dough in from the long sides overlapping towards
the center. Turn the rolling pin so the seam is on the bottom.
Cut into 12 equal pieces.
6. Place ravioli into boiling water and let them cook for 10
minutes. Remove and drain.
7. Serve the ravioli in a bit of beef broth (which must be prepared separately) with onions and chives.
181
Kennenlernen – Erschrecken –
Eintauchen – Lieben
Nach Urlaub in Brasilien und Heirat mit einer Brasilianerin hatte ich den Wunsch, das Land näher kennenzulernen. Das Lehramtsstudium hatte ich beendet – aber als Lehrer nach Brasilien? Vielleicht keine
so gute Idee. Also versuchte ich es in meinem ersten
Beruf als Bankkaufmann. Und es klappte! Die Deutsche Bank suchte einen Ausbildungsbeauftragten für
São Paulo: Bewerbung abgeschickt, Vorstellungsgespräch, 3 Monate Probezeit und ein schönes Apartment in der Rua Frei Caneca. Jeden Tag fuhr ich in
die Rua 15 de Novembro, dem Sitz der Bank im Zentrum, in der Nähe der Praca da Sé, verbrachte den
Tag mit Sitzungen, Gesprächen, Zielvorgaben und
Planungen. Eine dieser Sitzungen endete in lockerer
Runde mit Canapés und importierten Getränken,
in guter Stimmung. Ende gegen 21 Uhr, Fahrstuhl,
raus ... Und da stolperte ich über eine ganze Familie, die im Eingang der Bank „wohnte”. Erschrocken
hielt ich kurz inne, ging in Richtung Metro und begann an meinem Leben zu zweifeln. Wie sollte es
weitergehen? Konnte ich mit diesen Widersprüchen
leben? Nein! So nicht! Ich beendete die Probezeit
und verlängerte meinen Vertrag nicht – erst einmal
kehrte Ruhe ein, emotional und rational.
Doch nun wollte ich mehr wissen und bewarb mich
als Lehrer unter brasilianischen Bedingungen. Das
erste Jahr hielt ich durch, danach verbesserten sich
die Konditionen und ich blieb. Ich tauchte ins Alltagsleben ein und fand Kontakt zu brasilianischen
Familien – die Widersprüche blieben. Aber ich fand
einen Weg, diese für mich zu lösen: Nicht die Verhältnisse würde ich ändern können, doch Hilfe in
„kleinen Dingen” bewirkte etwas, mal war es materiell, mal ideell. Dadurch lernte ich die warmherzige
Seite der Menschen kennen und tauchte in die „Lösungsstrategien” der nicht so betuchten Familien
ein. Wie sie sich gegenseitig halfen und gemeinsam
feierten, die Samba und den Fußball, Churrasco,
Cerveja und Cachaca genossen und den Alltag ein
wenig zu vergessen versuchten – driblar o dia-dia!
Viele andere Widersprüche blieben wie die riesige
Schere zwischen Arm und Reich, korrupte Politiker, die häufige „Abwesenheit“ des Staates. Denn
Anspruch und Wirklichkeit von Demokratie und
Rechtsstaat klaffen bis heute in Brasilien weit auseinander!
Doch ich hatte meinen Weg gefunden und blieb
für 16 Jahre. Demnächst werde ich wohl meinen
Lebensabend dort verbringen, denn ich liebe dieses
Land – sem jeito. Weil ich das Volk, o povão, lieben
lernte und nicht die, die Macht haben und diese zum
Teil brutal ausüben. Ich stehe auf der Seite derjenigen, die trotz vieler Ungerechtigkeiten täglich ver-
suchen, ihr Leben lebenswert zu gestalten, sich ihre
Fröhlichkeit zu bewahren und sich nicht „auf hohem
Niveau” zu beschweren. Und selbst ein Moloch wie
São Paulo läßt in mir das Gefühl von Sehnsucht aufkommen – auch wenn mir Rio de Janeiro und der
Strand in Angra dos Reis näher sind!
Heinz-Ewald Schiewe
Conhecer – assustar-se –
mergulhar – amar
Depois de passar férias no Brasil e de me casar com
uma brasileira, tive o desejo de conhecer o país mais
de perto. Eu terminara os estudos de pedagogia,
mas lecionar no Brasil? Talvez não fosse uma boa
ideia. Então tentei meu primeiro emprego como
funcionário num banco. E deu certo! O Deutsche
Bank procurava um encarregado do treinamento
para São Paulo: inscrição enviada, conversa de
apresentação, três meses de experiência e um belo
apartamento na Rua Frei Caneca. Todos os dias eu
ia de carro até a Rua 15 de Novembro, na agência
central do banco, nas proximidades da Praça da
Sé, passava o dia fazendo reuniões, em conversas,
elaborando metas e fazendo planejamentos. Uma
dessas reuniões terminou numa roda informal, com
canapés e bebidas importadas, em alto astral... Ao
final, por volta das 21 horas, peguei o elevador, saí...
Foi quando tropecei em uma família que “morava”
na entrada do banco. Assustado, parei um instante,
segui na direção do metrô e passei a questionar a
minha vida. Como deveria continuar? Eu conseguiria
conviver com essas contradições? Não! Assim, não!
Concluí o período de experiência e não prorroguei
meu contrato – num primeiro momento, senti uma
paz emocional e racional.
Mas agora eu queria saber mais e me candidatei a
professor sob condições brasileiras. Eu aguentei o
primeiro ano, depois as condições melhoraram e eu
fiquei. Eu mergulhei na vida cotidiana e entrei em
contato com as famílias brasileiras – as contradições
permaneceram. Mas eu encontrei uma maneira de
resolvê-las para mim: eu não mudaria as condições,
mas mudaria algo se ajudasse em “pequenas coisas”, às vezes materialmente, às vezes espiritualmente. Com isso conheci o lado caloroso do povo
e mergulhei nas “soluções estratégicas” de famílias
menos ricas. Como eles ajudam uns aos outros e
celebram juntos o samba e o futebol, apreciam churrasco, cerveja e cachaça tentando esquecer um pouco o dia a dia, “driblar o dia a dia”! Muitas outras
contradições permaneceram, como o enorme fosso
entre ricos e pobres, políticos corruptos, a costumeira “ausência” do Estado. Porque a pretensão e a
realidade da democracia e do Estado de Direito até
hoje no Brasil estão muito distantes uma da outra.
Mas eu encontrei o meu caminho e fiquei por dezesseis anos. Possivelmente, em breve, viverei o ocaso da minha vida lá, porque eu amo este país “sem
jeito”. Porque eu aprendi a amar o povo, o povão,
e não aqueles que têm o poder e exercem-no, em
parte, brutalmente. Eu estou do lado daqueles que
tentam, a cada dia, apesar das muitas injustiças, fazer a vida valer a pena, preservar a alegria e que
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não deixam de se queixar “com propriedade”. E até
mesmo um rolo compressor como São Paulo consegue provocar em mim um sentimento de saudade,
ainda que o Rio de Janeiro e a praia de Angra dos
Reis me sejam mais próximos!
Heinz-Ewald Schiewe
Getting Acquainted – Shock –
Immersion – Love
After a vacation in Brazil and marriage to a Brazilian
woman I had the desire to get to know the country
better. I was finished with my teacher’s degree – but
should I go to Brazil as a teacher? Maybe that was
not such a good idea. Therefore, I tried it in my first
profession as a banker. And it worked! The Deutsche Bank was looking for a training officer for São
Paulo: I sent off my application, had an interview,
went through the three-months provisional time,
and got a nice apartment in Rua Frei Caneca. Every
day I drove to Rua 15 de novembro, the headquarters of the bank in downtown, near Praca da Sé,
spent the day in meetings, conversations, targets,
and planning. One of these meetings ended in a
relaxed atmosphere with Canapés and imported
drinks, in a good mood. It ended around 9:00 PM,
then we left ... And I stumbled across a whole family
that “lived” in the entrance to the bank. Startled,
I paused, walked towards the metro and began to
have doubts about my life. How could it go on?
Could I live with these contradictions? No! Not like
that! I finished the provisional period and did not
extend my contract – once again peace returned,
emotionally and rationally.
But now I wanted to know more and so I applied as
a teacher under Brazilian conditions. I held on for the
first year, later the conditions improved and I stayed.
I immersed myself into everyday life and made contact with Brazilian families – the contradictions remained. But, I found a way to solve this for myself:
I would not be able to change the conditions, yet
help in “small things” made a difference, sometimes
it was materially, other times it was matter of ideals.
In doing so, I got to know the warm side of the
people and dove into the “solution strategies” of
the not so well off families. How they helped one
another and jointly celebrated the samba and the
soccer, enjoyed churrasco, cerveja, and cachaca,
and tried to forget everyday life a little – driblar o
dia-dia! Many other contradictions remained as the
huge gap between rich and poor, corrupt politicians,
the frequent “absence” of the state. It is because
expectations and reality of democracy and the rule
of law differ widely today in Brazil.
But, I had found my way and remained for 16 years.
Soon I will probably spend my retirement there because I love this country – sem jeito. Because I learned to love the people, o povão, and not those who
have power and exercise it, in part, brutally. I am on
the side of those who, despite many injustices daily,
try to make their lives worth living, to preserve their
happiness, and do not complain “at a high level”.
And even a juggernaut like São Paulo arouses in me
the feeling of longing – even if Rio de Janeiro and
the beach in Angra dos Reis are closer to me!
Heinz-Ewald Schiewe
BR
BR
Unfall – Überfall – Bluff?
Acidente – Assalto – Blefe?
Accident – Robbery – Bluff?
188
Für Aufregung in der Familie sorgte eine kleine Kriminalgeschichte, die sich im Juli 2006 ereignete.
Es war ein ganz normaler Tag. Ich fuhr vormittags
gegen 10 Uhr in unserem VW Saveiro auf der Avenida Santo Amaro zum Martius-Staden-Institut, als
neben mir das Handy klingelte. Es war meine Tochter Sarah, die mit etwas ängstlicher Stimme fragte,
wie es mir gehe und wo ich sei. Ich wunderte mich
über diese seltsam-selbstverständliche Frage und
gab kurz Auskunft. Dann brach das Gespräch auch
schon ab. Was war geschehen?
Zu Hause in Caucaia hatte es einen Anruf gegeben,
den unsere Hausangestellte Simone entgegengenommen hatte: Was für einen Wagen der Hausherr
heute fahre, so wurde gefragt. Ja, richtig, ein grauer
Saveiro sei dabei – und der Mann selber heiße doch
– ja, ja, tatsächlich, Joaquim sei unter den Toten und
Verletzten des schweren Auffahrunfalls. Der Anruf
komme von der Polizei, man müsse die Opfer identifizieren und die Angehörigen benachrichtigen.
Simone, in Tränen, rief unsere Tochter Julia und gab
ihr das Telefon. Nun begann die Geschichte von
Neuem und lief ganz anders. Von der Polizei war
nicht mehr die Rede: Es gehe um ein „Sequestro“,
eine Entführung – man habe ihren Vater in der
Hand. Er habe viel geweint („muito chorou“), und
sie werde ihn nur wiedersehen, wenn sie sofort
15.000 Reais per Internet zahle. Doch da schon lief
das Gespräch sich fest. Julia mußte erklären, daß das
nicht möglich sei, es fehlten ihr die dafür erforderlichen Schlüsselzahlen, und ob man das Geld nicht
auch irgendwo direkt überreichen könne. In diesem
Augenblick trat Sarah dazwischen und verkündete,
daß der Papa wohlauf sei und auf dem Wege ins Institut. So daß Julia den Leuten auf der anderen Seite
nur anraten konnte, sich die nötigen Dummen doch
woanders zu suchen.
In den folgenden Tagen erfuhr man, daß es mehrere
Anrufe dieser Art gegeben hatte, und die Telefonrechnungen zeigten später, daß sie offenbar aus Gefängnissen in Rio gekommen waren.
A emoção da família ficou por conta de um pequeno
incidente criminal, que ocorreu em julho de 2006.
Era um dia como os outros. Em torno das dez da
manhã, eu dirigia nossa perua VW Saveiro pela
Avenida Santo Amaro para ir ao Instituto Martius
Staden, quando o celular ao meu lado tocou. Era
minha filha Sarah, perguntando com uma voz assustada se eu estava bem e onde eu estava. Fiquei
surpreso com essa pergunta óbvia e respondi rapidamente. Então a conversa foi interrompida. O que
tinha acontecido?
Lá em casa, em Caucaia a nossa empregada Simone
atendeu uma chamada telefônica em que perguntaram com que carro o patrão estaria hoje. Sim, certo,
era uma Saveiro cinza – e o homem se chamava,
– sim, sim, realmente, Joaquim estava entre os mortos e feridos no grave acidente. A chamada seria da
polícia e deveriam reconhecer as vítimas e notificar
parentes.
Simone, aos prantos, chamou nossa filha Julia e
deu-lhe o telefone. Agora a história começou novamente e já era bem diferente. Já não se falava mais
em polícia: trata-se de um sequestro, – estamos com
o seu pai. Ele chorou muito e vocês só irão vê-lo
novamente se pagarem 15 mil reais imediatamente
pela internet. Mas aí a conversa andou. Julia tinha
que explicar que isso não dava, porque ela não tinha
a senha, e se não era possível entregar o dinheiro
diretamente em algum lugar. Nesse momento, Sarah
entrou no meio e avisou que o pai estava bem e
a caminho do Instituto. Então Julia aconselhou as
pessoas do outro lado da linha a procurarem trouxas
em outro lugar.
Nos dias seguintes, soube-se que tinha havido várias
chamadas desse tipo e as contas de telefone mostraram que aparentemente foram feitas de prisões do
Rio de Janeiro.
A small crime story that occurred in July 2006
brought excitement in our family.
It was a very normal day. I was driving in our VW
Saveiro to the Martius Staden Institute on Avenida
Santo Amaro in the morning around 10 o’clock
when my cell phone next to me rang. It was my
daughter Sarah, who asked me with a bit frightened
voice how I was and where I was. I wondered about
this strange self-explanatory question and answered
her briefly. Then the conversation ended right there.
What had happened?
At home in Caucaia, there was a phone call which
our maid Simone had taken: What kind of a car was
the owner of the house driving today, she was asked.
Yes, right – it was a gray Saveiro – and the man himself was – yes, yes, in fact, Joaquim was among the
dead and injured of the terrible car accident. The call
came from the police, one had to identify the victims
and notify relatives.
Simone, in tears, called our daughter Julia and
handed her the telephone. Now, the story began
anew and went quite differently. There was no more
talk of the police: This was about a “sequestro“, a
kidnapping – they had her father in their hands. He
was crying a lot (“muito chorou”), and she would
only see him again if she paid immediately 15,000
reais via internet. But, the conversation was already
fixed. Julia had to explain that this was not possible,
that she lacked the necessary pin numbers, and if the
money could not also be handed over somewhere
directly. At that moment Sarah stepped in and announced that Dad was doing well and was on the
way to the Institute, so that Julia could only advise
the people on the other hand of the line to find the
stupid people they were looking for elsewhere.
In the days after, we learned that there had been
several calls of this kind and that the phone bills
showed later that they had apparently come from
prisons in Rio.
189
Joachim Tiemann
Joachim Tiemann
Joachim Tiemann
BR
Auf dem Weg nach Hause
No caminho de casa
On The Way Home
190
Rua da Consolaçâo, links die Kirche gleichen Namens, rechts die Avenida Ipiranga und die Rua Rego
Freitas, sommerlicher Feierabendverkehr im Zentrum
der 20-Millionen-Stadt.
Ich stehe mit vielleicht zweihundert weiteren Autos
an der roten Ampel. Es ist warm, das Fenster auf der
Fahrerseite ist offen. Vereinzelt drängen sich Fußgänger vorbei.
Plötzlich stehen vier Jungen neben meinem Wagen.
Ein vielleicht 15-Jähriger bei mir an der Tür, drei
etwas jüngere hinter ihm, jeder mit einem langen
Messer in der Hand. Der Große zieht ein böses Gesicht, die Kleineren lächeln.
Und schon greift der Große durch das offene Fenster
an mir vorbei nach dem Autoradio. Er knurrt einige
drohende Worte und macht sich daran, den Apparat
herauszureißen. Das paulistaner Normalverhalten in
solch einer Situation: machen lassen, vielleicht sogar
nachhelfen – um den Schaden gering zu halten und
Gewalttätigkeit zu vermeiden.
Anders der deutsche Schulmeister. Den packt die
Wut, er greift zur Fensterkurbel und dreht die Scheibe
hoch. Sein Gegenspieler hat das wohl nicht erwartet.
Er zieht, etwas verspätet, die Hand zurück und gerät
dabei in die Klemme. Schreiend und mit ein paar
blutigen Schrammen reißt er sich los und rennt davon, sein Gefolge hinter ihm her.
Und da setzt sich auch schon – die Ampel zeigt Grün
– der Verkehr wieder in Bewegung. Niemand hat etwas gesehen. War was?
An den Vorfall erinnert nur ein Messer, das neben
mir im Wagen liegt.
Rua da Consolação, a Igreja homônima à esquerda,
à direita a Avenida Ipiranga e a Rua Rego Freitas, tráfego da hora do rush no verão, no centro da cidade
de 20 milhões.
Estou parado com cerca de duzentos outros carros
no sinal vermelho. Está quente, a janela do lado do
motorista está aberta. De vez em quando, passam
pedestres se espremendo entre os carros.
De repente, há quatro rapazes do lado do meu carro.
Um deles, talvez com uns quinze anos, para do lado
na minha porta, três mais novos atrás dele, cada um
com uma longa faca na mão. O grande faz cara de
mal, os menores sorriem.
E num segundo o grande já enfiou o braço pela janela aberta e está agarrando o rádio do carro. Ele
rosna algumas palavras ameaçadoras e torna a puxar
o aparelho. O comportamento normal do paulistano
em tal situação: deixar fazer, quem sabe até ajudar
para minimizar os danos e evitar a violência.
Já o professor alemão faz o contrário. Tomado pela
raiva, vira a manivela da janela e fecha o vidro. Seu
adversário certamente não contava com isso. Ele
puxa a mão com certo atraso e com isso fica preso.
Aos gritos e com algumas escoriações sangrentas
ele se solta e foge; os seguidores vão atrás dele.
E o tráfego volta a andar, o sinal ficou verde. Ninguém viu nada. Aconteceu alguma coisa?
Do incidente, apenas uma faca ao meu lado no carro faz lembrar.
Rua da Consolaçâo, to the left, the church of the
same name, on the right, the Avenida Ipiranga and
the Rua Rego Freitas, summer rush hour traffic in
the center of the city of 20 million.
I stand with maybe two hundred other cars at a red
light. It is warm, the window on the driver’s side is
open. Individual pedestrians push on by.
Suddenly, four boys stand next to my car. Maybe a
15 year-old is next to me at the door, three slightly
younger ones behind him, each one with a long knife
in his hand. The big one makes an evil face, the little
one smiles.
And the big one is already reaching through the
open window past me for the car radio. He growls
some threatening words and sets about to tear out
the radio. Normal Paulistano behavior in such a situation: Let him do it, perhaps even help him out, to
minimize the damage and to avoid violence.
The German schoolmaster thinks differently. He gets
angry, reaches for the window crank and rolls up the
window. His opponent has probably not expected
that. He pulls his hand back a bit too late and it
gets caught in the window. Screaming and with a
few bloody scrapes he breaks free and runs away,
his entourage behind him.
And there it is already as well – the light turns green
– the traffic back in motion again. Nobody saw anything. Did anything happen?
Just a knife lying next to me in the car is the only
thing that reminds of the incident.
191
Joachim Tiemann
Joachim Tiemann
Joachim Tiemann
BR
IC
Lebendiger Lehm
Geleia viva
Living Clay
202
Ich träumte von einer Ausgrabung. Nicht wie in
Athen oder Rom. Es gab keinen unerwarteten archäologischen Fund, der Verzögerungen beim Bau
der Metro zur Folge gehabt hätte. Nein, ich träumte,
daß ein großes, lehmiges Erdloch gegraben wurde
und frischer, noch rötlicher Ton zum Vorschein kam,
eine lebendige, formbare Masse. Wir sind Kinder
des Lehms, des ungeformten Tons, eines weichen,
gestaltlosen Materials. Auch der Beton ist aus weichem, gestaltlosem Material – aus Sand, Kies und
Wasser – und mit beiden betonieren wir das Land,
die Luft und die Wolken. Rohe Gedanken, Betonwissenschaft.
Lévi-Strauss schrieb Mitte der 1950er Jahre, daß in
den südamerikanischen Städten – und vor allem in
São Paulo – die vergehende Zeit keine Besserung
mit sich bringt, sondern nur Dekadenz. „Hier sieht
alles noch nach Rohbau aus, dabei sind es schon
Ruinen“, ergänzte Caetano Veloso vier Jahrzehnte
später mit Blick auf die Megacity. Die Opulenz von
São Paulo hat es nicht vermocht, die Stadt in ein
Monument zu verwandeln. Es ist ein Bauen, das in
sich selbst versinkt: im Ur-Magma, im Ton, aus dem
sich die Kinder nicht befreien können, so sehr sie es
auch versuchen. Die Beton-Ur-Suppe.
Die Serra Pelada-Mine im Norden Brasiliens (... mein
Traum geht weiter). São Paulo in Form eines menschlichen Ameisenhaufens. Die Leute streben zum
frisch entdeckten Gold, um ihr Glück zu versuchen:
Alles wird mitgenommen, nichts wird dagelassen.
Der rote Ton verteilt sich auf Körper und Gesicht,
trocknet aus und haftet auf der Haut. „Wir schauen dem Tode nicht mehr ins Gesicht, denn jetzt ist
er ein Teil von uns selbst.“ Im Land der lebenden
Toten sind wir die vom Weltherrscher Kronos gefressenen Kinder, die in dessen Bauch wie Kaulquappen
herumschwimmen und sich an die weichen Wände
schmiegen.
Und wenn wir die Luft und die Wolken betonierten?
Vielleicht ist das eine Lösung. Dann wären nicht
nur wir diejenigen, die nicht mehr ans Licht kämen,
denn auch die anderen würden in der braungrauen
Masse versinken. Alle würden hineinsinken, zusammen mit uns, und würden die Wunder der Dauerhaftigkeit erkennen. Es gäbe keinen Regen, keine
Vögel und auch keinen Wind mehr. Alles wäre ein
strahlend neues Grau: anscheinend träge, aber sehr
lebendig – mit Millionen von Mikroorganismen, die
im Inneren eingeschlossen brodelten. Wir sind ein
junges und fleißiges Volk. Wir sind bereit, die Welt
zu verändern.
Sonhei com um buraco. Não como Atenas, ou
Roma. Não tinha um sítio arqueológico imprevisto
a atrapalhar a construção do metrô. Era um buraco
só lama, sem nada embaixo. O barro novo, nunca
antes escavado, ainda vermelho, como geleia viva.
Nós, os filhos do barro, da lama indistinta, matéria
mole e indiferenciada, a mesma que faz o concreto.
Ou melhor, os filhos do concreto – areia, água e brita
moída –, querendo concretar a terra, o ar, as nuvens.
Pensamento selvagem, ciência do concreto.
Lévi-Strauss escreveu, em meados dos anos 50, que
nas cidades da América – e sobretudo em São Paulo
– a passagem do tempo não é uma promoção, e
sim uma decadência. “Aqui tudo parece que é ainda
construção e já é ruína”, completou Caetano Veloso
quatro décadas depois, com os olhos postos na capital paulista. A opulência de São Paulo não consegue
monumentalizá-la. É construção que afunda em si
mesma, no magma primevo, no barro de onde os
filhos não se descolam por mais que tentem nascer.
A sopa concreta.
Serra Pelada, o formigueiro humano (... continua o
sonho). São Paulo como um garimpo. As pessoas
chegam para tentar a sorte. É tudo objeto de saque.
Saque sem dádiva. O barro vermelho é passado no
corpo, na cara, depois endurece e fica colado à pele.
“E já não enfrentamos a morte, de sempre trazê-la
conosco”. Na terra dos mortos-vivos somos girinos
na barriga de Cronos, apenas alisando suas paredes
moles.
E se concretarmos o ar e as nuvens? Talvez seja uma
solução. Assim não seremos nós os que não nasceram, e sim os outros a afundar também na lama
marrom acinzentada. Virão todos para dentro, para
junto de nós, e perceberão as maravilhas da continuidade. Não haverá mais chuva nem pássaros,
nem vento. Tudo será de um gris reluzente, novo,
parecendo inerte, mas muito vivo, com milhões de
microorganismos fervilhando lá dentro. Somos um
povo novo e operoso. Estamos prontos para mudar
o mundo.
I dreamed about a hole. Not like Athens or Rome.
There was no unexpected archaeological site frustrating subway construction. It was a hole with only
mud, without anything inside. The new clay, never
dug before, still red, as if it were a living jelly. We are
children of the clay, of the indistinct clay, soft and
undifferentiated clay, the same that makes concrete.
Or even better, the children of concrete – sand, water
and crushed rock – wanting to set the land, the air
and the clouds in concrete. The science of concrete
is a savage way of thinking.
Lévi-Strauss wrote in the mid-50s that in the cities
of the American continent – and especially in São
Paulo – the passage of time is not a promotion
but decadence. “Everything here seems still under
construction and already ruined,” concluded Caetano Veloso four decades later, with his eyes on the
São Paulo capital. São Paulo‘s opulence is unable to
make it monumental. It is construction sinking into
itself, in the primeval magma, in the clay children
cannot leave as much as they are trying to be born.
The concrete soup.
Serra pelada, the human anthill (... the dream continues). São Paulo is like a mining pit. People arrive
to try their luck. Everything can be sacked. Sacked
without having to give something back. The red clay
is spread on the body, the face, later hardening and
sticking to the skin. “And we are not facing death
anymore, always bringing it within us.” In the land
of the living dead we are tadpoles in the belly of
Chronos, only caressing its soft walls.
And what if we set the air and the clouds in concrete? Perhaps that is a solution. That way we will
not be the unborn, but others also sinking in the
ashen brown clay. All will come in, near us, and realize the wonders of continuity. There will not be any
rain or birds, nor wind. Everything will be a brilliant
gray, brand new, seemingly inert, but very alive,
with millions of microorganisms simmering inside.
We are a new and industrious people. We are ready
to change the world.
203
Guilherme Wisnik
Guilherme Wisnik
Guilherme Wisnik
BR
Nova Paraisópolis
3. November 2008
Die Favela Nova Paraisópolis wird umgebaut. Bauarbeiter mit Helmen, blauen und orangefarbenen
Arbeitsanzügen gehören schon seit längerem zum
Straßenbild. Sollen all diese Häuser und „spontan“
gebauten Hütten Wohntürmen weichen? Maria Teresa Diniz, Projektleiterin für die Urbanisierung von
Paraisópolis, einer der größten Favelas São Paulos,
blickt selbstbewußt und nicht ohne Stolz auf die
neu angelegten Straßen und Kanaltrassen. „Wir
müssen die Arbeiten zügig voranbringen. Die abgerissenen Häuser in den ‚Risiko-Gebieten‘ werden
sonst schnell über Nacht wieder aufgebaut. Die illegale Besetzung von freien Stellen ist hier an der
Tagesordnung. In Paraisópolis zu wohnen, ist sehr
beliebt ...“ Umsäumt von den bewachten Condomínio-Hochhäusern der Mittel- und Oberklasse liegt
Paraisópolis im Bezirk Morumbí. Nach offiziellen
Angaben wohnen hier über 60.000 Einwohner.
An manchen Stellen trennt eine hoch aufragende
Mauer die beiden Welten. Auf welcher Seite man
sich befindet, bestimmt die Klassenzugehörigkeit.
Einige der Bewohner leben hier schon seit vierzig
Jahren. Damals gab es in der Gegend noch keine
Hochhäuser, der Fluß war sauber, man konnte sogar angeln. Heute ist der Antonico-Fluß überbaut,
und an den wenigen Stellen, die noch freigeblieben
sind, blickt man auf offenes Abwasser. „Sie können
hier wohnen bleiben, die Stadt baut neue Wohneinheiten in Paraisópolis ... Condomínio-Apartments
mit verbessertem Standard“, erklärt Elisabete França,
Direktorin des Sekretariats für Wohnungsbau der
Stadtverwaltung. Die Bewohner blicken ungläubig.
Sie wollen die neuen Wohnungen zuerst sehen, bevor sie ihre Häuser aufgeben. Die Bauarbeiten dafür
haben aber schon längst begonnen. „In Paraisópolis sollen die besten Architekturbüros aus São Paulo
und aus der ganzen Welt zeigen, wie man sinnvoll
und nachhaltig mit diesen ‚Gebieten‘ umgeht. Die
Favela, die informelle Stadt, ist mit ihrer Bevölkerungsdichte und ihrem lebendigen Straßenhandel
die Stadt der Zukunft.“ Während die umliegenden
Wohntürme nach den Gesetzen des Marktes nach
immer gleichen Standards endlos reproduziert werden, soll die informelle Stadt nun von Stadtexperten
neu gedacht werden.
25. Oktober 2012
Der starke Regenfall hat einige Häuser im unteren
Bereich des Flußlaufes zum Einstürzen gebracht. Es
gibt wieder eine neue Baustelle in Paraisópolis. Gilson Rodrigues, der 26 jährige Präsident der Bewohnervereinigung, könnte dies zum Anlaß nehmen,
den Kontakt mit den Leuten der Prefeitura wieder
aufzunehmen. Der talentierte Politiker hat Paraisópolis zum Erfolg verholfen, da er dem Kleinhandel
freie Hand ließ. Seither hat sich die Einkommensstruktur in der Favela drastisch verändert. Durch
ihren gestiegenen Wohlstand hat sich die untere
Mittelklasse, mittlerweile Brasiliens stärkstes Bevölkerungssegment, in dem Gebiet breitgemacht. Von
Gilson fehlt jedoch jegliche Spur. Der Stellvertreter
des Präsidenten meint, daß es ein äußerst ungünstiger Zeitpunkt für ein Treffen sei. Ausgelöst durch
den Regierungswechsel im Stadtparlament, kam es
zu Tumulten. In Paraisópolis gab es Schießereien.
Die Situation sei gerade sehr angespannt. Die Stadtverwaltung werde nach dem Wechsel gerade ausgetauscht. Was bedeutet das für die Maßnahmen
der letzten acht Jahre, in denen die Probleme dieser vernachlässigten Gebiete in Angriff genommen
wurden? Was passiert mit den visionären Entwürfen
der beauftragten Architekten? Für den Weiterbau
der „informellen Stadt“ werden von der neuen Regierung keine ausreichenden Mittel mehr zur Verfügung gestellt. Es bleibt die Hoffnung, daß die Pläne
zu einem späteren Zeitpunkt aus der Schublade geholt werden. In der Zwischenzeit wird das Leben in
Paraisópolis weiter von den Hoffnungen einer aufstrebenden Unterschicht bestimmt – von dem Alltag
der belebten Straßen und engen Gassen, dem Baile
Funk und Forró, den Straßendealern, den Bauarbeitern und den Gewohnheiten populärer brasilianischer Kultur. Gibt es noch eine andere Zukunft für
Paraisópolis – eine Zukunft, die hält, was der Name
verspricht?
Rainer Hehl
Nova Paraisópolis
204
3 de novembro de 2008
A favela Nova Paraisópolis está sendo reconstruída.
Operários da construção civil usando capacetes e
macacões azuis ou laranja já há tempo fazem parte
da cena local. Todas essas casas e casebres construídos de modo “espontâneo” darão lugar a torres
residenciais? Maria Teresa Diniz, diretora do projeto responsável pela urbanização de Paraisópolis,
uma das maiores favelas de São Paulo, contempla
confiante e não sem orgulho as ruas e canalizações
recém-instaladas. “Temos de andar rápido com os
trabalhos. De outro modo, as casas derrubadas nas
áreas de risco serão reerguidas da noite para o dia.
A ocupação ilegal de áreas livres está na ordem do
dia aqui. Morar em Paraisópolis é algo bastante cobiçado...”. Circundada pelos vigiados prédios de
condomínios das classes média e alta, Paraisópolis
fica no Morumbi. Segundo dados oficiais, 60 mil
pessoas moram aqui. Em alguns lugares, os dois
mundos são separados por um alto muro. O lado do
muro em que a pessoa se encontra é determinado
pela classe social à qual ela pertence. Alguns dos
habitantes já vivem aqui há quarenta anos. Naquela
época, ainda não havia altos edifícios na região e
o rio era tão limpo que se podia até pescar nele.
Hoje, o córrego do Antonico praticamente desapareceu debaixo das construções, e nos poucos lugares que ainda ficaram abertos, apresenta esgoto a
céu aberto. “Você pode continuar morando aqui, a
cidade está construindo novas unidades residenciais
em Paraisópolis... Apartamentos em condomínios
e com padrão melhor”, esclarece Elisabete França,
chefe da Superintendência de Habitação Popular da
Prefeitura da cidade. Os moradores parecem céticos. Eles querem ver os novos apartamentos antes
de entregar suas casas. Mas as obras nesse sentido já começaram faz tempo. “Em Paraisópolis, os
melhores escritórios de arquitetura de São Paulo e
do mundo inteiro deverão mostrar de que modo
se podem gerenciar áreas dessa natureza de forma
sensata e sustentável. A favela, a cidade informal,
com sua densidade populacional e seu vigoroso
comércio ambulante, representa a cidade do futuro”. Enquanto as torres residenciais adjacentes são
reproduzidas à exaustão de acordo com as leis do
mercado e seguindo o mesmo padrão, espera-se, da
cidade informal, que ela seja repensada pelos especialistas.
205
25 de outubro de 2012
A forte chuva causou o desabamento de algumas
casas na parte inferior do curso do rio. Mais uma
vez, há um novo canteiro de obras em Paraisópolis.
Gilson Rodrigues, 26 anos, presidente da associação
206
207
de moradores, poderia aproveitar a oportunidade
para retomar o contato com o pessoal da Prefeitura.
O talentoso político ajudou a transformar Paraisópolis em um sucesso por ter dado carta branca ao
comércio varejista. Desde então, o padrão de renda
da favela mudou drasticamente. Em virtude da melhora de sua renda, a classe média baixa, atualmente
o maior segmento populacional do Brasil, espalhouse pela região. Mas de Gilson não se têm notícias.
Segundo o representante do presidente, a época
seria especialmente desfavorável para uma reunião.
A troca de governo na câmara municipal causara
tumultos. Em Paraisópolis haviam ocorrido tiroteios.
A situação estaria bastante tensa. A autoridade municipal estaria sendo trocada no momento. O que
isso significa para as medidas dos últimos oito anos,
durante os quais os problemas dessa região foram
combatidos? O que vai ser dos projetos visionários
da arquiteta encarregada? Para a continuação das
obras na “cidade informal”, o novo governo já não
disponibiliza recursos suficientes. Resta a esperança
de que os planos sejam tirados da gaveta em ocasião
futura. Enquanto isso, a vida de Paraisópolis continua sendo determinada pelas esperanças de uma
classe baixa ascendente – pelo dia a dia das ruas
movimentadas e dos becos estreitos, pelos bailes
funk, pelo forró, pelos vendedores ambulantes, pelos operários da construção e pelos costumes da cultura popular brasileira. Existe ainda um outro futuro
para Paraisópolis – um futuro que cumprirá o que o
nome promete?
Rainer Hehl
Nova Paraisópolis
November 3, 2008
The favela Nova Paraisópolis is being rebuilt. Construction workers with helmets and blue and orange overalls have long been part of the streetscape. Should
all these houses and “hastily thrown up” huts give
way to residential towers? Maria Teresa Diniz, project manager for the urbanization of Paraisópolis,
one of the largest favelas, looks self-confident and
not without pride at the newly created streets and
sewer lines. “We need to bring the work forward,
otherwise the demolished houses in the ‘risk areas’
will quickly be rebuilt overnight.” The illegal occupation of vacant areas is commonplace here. Living
in Paraisópolis is very popular ... “Surrounded by
the gated condominium high-rise buildings of the
middle and upper class, Paraisópolis is located in
the district of Morumbí. According to official statistics, over 60,000 people live here. In some places,
a towering wall separates the two worlds. Class
membership is determined which side you are on.
Some residents have lived here for forty years. At
that time there were no high-rise buildings in the
area, the river was so clean you could even go fishing there. Today, the Antonico River is built over and
in the few places that are still vacant, you look at
open sewage. “You can continue to live here, the
city is building new housing units in Paraisópolis ...
condominium apartments with an improved standard,” explains Elisabete França, Director of the City
Housing Office of the city administration. The residents look incredulously. They want to see the new
apartments first before they give up their homes.
But, the construction work for them has long since
begun. “In Paraisópolis, the best architectural offices
from São Paulo and from around the world ought to
show how meaningful and sustainable you deal with
these ‘areas’. The favela, the informal city, with its
population density and vibrant street trading, is the
city of the future.” While the surrounding residential
towers are reproduced endlessly by the laws of the
market, always according to the same standards,
the informal city now ought to be re-thought by city
experts.
October 25, 2012
The heavy rainfall has caused some houses in the
lower part of the river course to collapse. There is
another new construction site in Paraisópolis. Gilson Rodrigues, the 26 year-old president of the
resident’s association, could take this opportunity to
make contact again with people of the Prefeitura
(prefecture-county government). The talented politician has helped Paraisópolis to success because he
gave free rein to retail trade. Since then, the income
structure in the favela has changed drastically. Due
to their increased wealth, the lower middle-class,
now Brazil’s strongest segment of the population,
has expanded in the area. But, there is no trace of
Gilson anywhere. The vice-president thinks it is a
very bad time for a meeting. Riots were triggered
by the change of government in the city parliament.
There were shootings in Paraisópolis. The situation
was just very tense. There is now a turnover in the
city administration. What does this mean for the actions of the last eight years in which the problems of
these neglected areas have been addressed? What
will happen to the visionary designs of the architects
in charge? Not enough funding will be provided by
the new government for the continued construction
of the “informal city”. The hope remains that the
plans will be taken out of the drawer at a later date.
In the meantime, life in Paraisópolis is further determined by the hopes of an emerging lower-class
– by the everyday life of the busy streets and narrow lanes, the baile funk and forró, by the street
dealers, the construction workers, and the habits of
Brazilian popular culture. Is there any other future
for Paraisópolis – a future that keeps what the name
promises?
Rainer Hehl
IC
IC
Die Monster
Os monstros
The Monsters
220
Nach der Festnahme in der Pension, die das Monster
ereilte, als es gerade auf dem Sofa vor dem Fernseher saß, wurde es im gepanzerten Wagen mit einer Eskorte zur Haftanstalt geführt, wo es von der
Bevölkerung mit einem Pfeifkonzert empfangen
wurde. Ein schrecklicher Verdacht lag auf dem perversen Häftling, und das unnötig grausame Vorgehen rief selbst bei den Beamten Abscheu hervor, die
an die Bestialitäten, die Menschen einander antun,
gewöhnt waren. Sie wollten ihn nicht einmal berühren. Entkleidet, photographiert und aufgenommen
wurde er in der Gewißheit, daß er das Gefängnis
nicht mehr lebend verläßt; so er überlebte, würde
er dahinvegetieren. Er bekam Kleidung, Bettlaken,
Decke, Bezüge und ein Tablett; um sein Erscheinungsbild oder seinen Schlafkomfort waren sie dabei
nicht besorgt. In Handschellen wurde er zu der für
ihn bestimmten Zelle geführt, die mit dem immer
gleichen Photo vollgehängt war. Es war sein eigenes, und das Strafregister hing gleich daneben. Es
waren abscheuliche Straftaten; selbst an dem Ort,
an dem er sich jetzt befand, waren sie schwer zu
tolerieren. Auf wundersame Weise hatte sich die Information aus den vertraulichen Anstaltsakten wie
ein Lauffeuer in der Anstalt verbreitet: „Er kommt!“,
stand auf einer Art Steckbrief unter einem gezeichneten Totenschädel, der kopiert und weitergegeben
wurde. Er wußte genau, was ihm blühte. Wie anders läßt sich erklären, daß er, als ihn eine Gruppe
von Mithäftlingen verfolgte, überhaupt keinen Widerstand leistete; er hat sich nicht umgedreht oder
versucht, wegzurennen. Er war noch beladen mit
den Sachen, die ihm ausgehändigt wurden, als er
den ersten Stich bekam. Die Klinge verschwand tief
in der Rückenmuskulatur. Seine Beine versagten.
Bevor er zu Boden ging, wurde er noch von sechs
weiteren Stichen durchbohrt. Immer von hinten. Sie
wollten ihm nicht ins Gesicht sehen, und als ob er
keine weiteren Umstände machen wollte, blieb er
artig auf dem Bauch liegen, als sie noch weitere
dreiunddreißig Mal auf ihn einstachen. Die Messer
ließen sie im Körper stecken, als ob man damit niemals mehr etwas schneiden könne. Hier auf dem
steinernen Obduktionstisch der Anstalt gibt der
Tote, mit all dem, was aus ihm herausgequollen ist,
ein furchtbares Bild ab. Eine Untersuchung wurde
eingeleitet; sie wird wohl ohne Ergebnis bleiben. Die
Herausgabe der Leiche wurde nicht beantragt. Sie
wird eingeäschert, um die Überreste an einem unbekannten Ort zu verstreuen.
Após ser capturado enquanto assistia à televisão no
sofá da pensão onde residia, o monstro foi levado
em carro blindado, cercado de batedores por todos
os lados e sob os apupos da população, para a casa
de custódia do Estado. Pairavam sobre o facínora
detido as piores acusações, com todas aquelas agravantes desnecessárias e que causavam o repúdio
dos policiais mais acostumados às animalidades
praticadas por um ser humano. Não queriam nem
tocar nele. Foi despido, fotografado e fichado como
quem seria sepultado atrás das grades; abandonado, enquanto sobrevivesse, ao seu instinto mais
nocivo. Ganhou uniforme, um lençol, um cobertor,
fronha e travesseiro; não porque se preocupassem
com a sua apresentação ou com o conforto de sua
cama. Foi conduzido algemado e o caminho percorrido para a cela que lhe designaram estava repleto
da mesma foto. Era a mesma fotografia dele. Com
o prontuário dos seus delitos arrolados logo abaixo. Eram muitos e gravíssimos; algo difícil de tolerar,
até mesmo onde ele se encontrava agora. A informação tinha milagrosa e instantaneamente migrado do sigiloso arquivo penitenciário e sido copiada
para ser distribuída como um cartaz de “procurase” nas galerias: “ele vem aí!“ A inscrição advertia
embaixo do desenho de uma caveira. Advertido de
tudo isso, o criminoso estava. Tanto que quando os
outros detentos se juntaram caminhando por trás
dele, não ofereceu resistência; não virou a cabeça e
nem fez menção de correr. Estava abraçado aos pertences consentidos pela direção do estabelecimento
quando tomou a primeira estocada. A lâmina desceu fundo pelos seus músculos posteriores. E lhe
faltaram as pernas. Antes que caísse, no entanto,
tinha sido perfurado em outros seis lugares. Sempre
pelas costas. Não queriam nem olhar na sua cara.
E como se ele também não quisesse aumentar o
constrangimento de todos, fez o favor de ficar de
bruços enquanto era esfaqueado outras trinta e três
vezes e morrer. As facas eram abandonadas no corpo, como se nunca mais pudessem ser reutilizadas
para cortar nada. O aspecto do morto agora, com
tudo aquilo pendurado, é o pior possível, ali exposto
na pedra do necrotério da prisão. Um inquérito foi
aberto, mas nada será apurado. O cadáver também
não será reclamado por ninguém. Cremado, as cinzas
serão descartadas em lugar desconhecido.
After being captured while watching TV on the
couch of the rooming house where he lived, the
monster was taken in an armored car, surrounded
by motorcycle escorts and under the hoots of the
population, to the state‘s jail hospital. Over the
malefactor hovered the worst accusations, with all
of the necessary aggravating aspects that fueled the
scorn of police officers more used to the animalities
committed by human beings. They refused to touch
him. He was undressed, photographed and booked as someone that would be buried behind bars;
abandoned, while surviving, to his most dangerous
instincts. He received a uniform, sheets, blankets,
pillowcase and pillow; not that they were worried
about his presentation or the comfort of his bed. He
was led handcuffed and the path to the designated
cell was filled with the same picture. It was a picture of him. With his crimes listed below. They were
many and serious; something difficult to tolerate,
even where he now found himself. The information
had migrated miraculously from the secret jail file
and copied to be distributed as a “wanted” poster
through the corridors: “He is coming!,“ warned the
inscription under the drawing of a skull. The criminal
had been warned to all of that. So much so that
when other prisoners gathered to walk behind him,
he offered no resistance; he did not turn his head or
tried to run. He was hugging the belongings allowed by the place‘s management when he received
the first stab. The blade dug deep through his back
muscles. His legs failed him. But before he fell, he
had been stabbed in six other places. Always in the
back. They did not even want to face him. And as if
he did not want to increase the embarrassment of
the others, he did the favor of lying on his stomach
while being stabbed another thirty-three times and
dying. The knives were abandoned by the body, as if
they could never be used to cut anything else again.
The body‘s condition now, with everything hanging
out, is the worst possible. Nobody will claim the
body. After cremation, the ashes will be discarded at
an unknown location.
221
Fernando Bonassi
Fernando Bonassi
Fernando Bonassi
Degeneration
Degeneração
Degeneration
224
Vor den Augen der Nachbarn kommt die krüppelhafte Gestalt um die Ecke ihres heimischen Viertels.
Sie hat zu tief ins Glas geschaut und schwankt, auf
der Suche nach ihrem Gleichgewicht, in Schlangenlinien die Straße entlang. Der Kampf gegen die angeborene Sucht ist verloren. Ziel ist nun – dunkel
kann sie sich daran erinnern – das traute Heim, das
man eigentlich schon lange nicht mehr als solches
bezeichnen kann. Unsicher auf den geschwollenen
Füßen stehend, glaubt die Gestalt voranzukommen,
und taumelt doch immer weiter zurück. Im Chaos
der Gefühle und Körperfunktionen versucht sie psychotisch allem, was sich bewegt, auszuweichen. In
phantasmagorische Sphären abgehoben, ist sie für
diese ganzen Sack-Gesichter nur ein grotesker Clown
und eine durchgedrehte Wildsau, die sich vor allen
Leuten in ihrer Hinfälligkeit suhlt und wie die Karikatur des mit einem zerbrochenen Regenschirm in
der Gosse tanzenden Trinkers erscheint. Unter dem
einen Arm klemmt ein angenagtes Sandwich, während der andere erfolglos nach Halt sucht. Durch das
Entlanghangeln an den Wänden sind beide Seiten
des Gesichtes zerschürft und blutig, immer wieder
entleeren sich Magen und Darm. Ein Fleck breitet
sich aus über der Hose, dann läuft der Urin in die
Schuhe und rinnt schließlich über den Gehsteig. Die
Gestalt ist ein praller Sack, der nur darauf wartet,
ein paar Fäuste abzubekommen. Das ist fast schon
eine Einladung. Hunde haben sich in die Schnürsenkel der Gestalt verbissen, was riskante Trippelschritte
zur Folge hat. Der Bordstein wird zu einem unüberwindlichen Hindernis; Tascheninhalt, Geldbeutel
und Würde verteilen sich auf dem Asphalt, bis die
Kreatur schließlich zusammenklappt. Zur Freude
der herbeigeeilten Kinder-Gang, die nur auf eine
Gelegenheit gewartet hat, ihre unschuldige Grausamkeit auszuleben. Du schaust nach, was da los
ist; mischst dich unter die Kinder, von denen einige
bereits Steine sammeln und sich bereitmachen, dem
Alten voll eins auf die Zwölf zu geben. Es entsteht
ein rauschhaftes Gedränge, jeder will nach vorne
kommen, um den Wehrlosen zu verfluchen, anzuspucken oder ihm eine zu verpassen. Bis schließlich
du an der Reihe bist und du plötzlich merkst, daß du
vor deinem Vater stehst.
É o bairro conhecido, a rua da sua casa, na frente
dos vizinhos. Dobra a esquina aquele vulto estropiado e recém-vencido pelo copo, troço torto teimando em equilíbrio, andando a esmo pela via pública;
torcendo – pelo que se lembra vagamente – para
chegar à segurança de sua própria residência, mas
perdendo para a gravidade do vício congênito, um
lugar que não pode chamar de lar há muito tempo, é
verdade, oscilando nos pés redondos, voltando para
trás, cada vez mais para trás enquanto pensa que
segue em frente, se escondendo de qualquer coisa
em movimento, em desordem sentimental, muscular e psiquiátrica, girando feito corpo celeste por eixos imaginários e fantasmagóricos, mas é apenas o
palhaço burro, o porco lunático e o bode expiatório
que teima em chapinhar a sua decadência à vista
de todos os fodidos, interpretando a caricatura do
bêbado dançando na sarjeta com um guarda-chuva quebrado. Tem um sanduíche carcomido enfiado
debaixo de um braço, a inútil procura por apoio no
outro. O rosto sangrando raspado dos dois lados pelas paredes perseguidas como cego, palmo a palmo,
entre vômitos e caganeiras mal contidos. Enquanto
isso, a mancha de urina se alastra pela calça, encharca os sapatos e se esvai no passeio. É um saco
pronto para pancada. E dá vontade de bater. Os cachorros mordiscando os seus cadarços, obrigandolhe esses dribles arriscados; a guia é uma barreira
gigantesca; os bolsos, a carteira e a dignidade reviradas no asfalto, onde finalmente ele desaba, para
deleite da criançada inimiga, ávida por uma oportunidade como aquela para o exercício da crueldade
de sua inocência. Você se aproxima para o que der e
vier ali entre elas, junta-se com elas quando algumas
pegam pedras e se preparam para atingir o velho em
cheio, formam filas e se empurram para xingar, cuspir ou dar um tapa na cara dele que seja, excitados
com o bagaço de sujeito. Até que chega sua vez. E
você está diante de seu pai.
In the well-known neighborhood, on his street and
in front of the neighbors a mangled figure turns the
corner, recently overcome by drinking, a crooked
thing stubbornly trying to keep his balance, walking
the street aimlessly; rooting – from what he recalls
vaguely – to reach the safety of his own residence,
but losing to the gravity of his congenital addiction,
a place he has not been able to call home for a long
time, truly, wavering on top of his round feet, going
back while thinking he is going ahead, hiding from
any moving thing, in a sentimental, muscular and
psychiatric disarray, spinning like a celestial body
through imaginary and phantasmagorical axes, but
he is only the dumb clown, the lunatic pig and the
scapegoat stubbornly touting his decadence in view
of all their decrepitness, interpreting the caricature
of the drunk dancing in the gutter with a broken
umbrella. There is a nibbled on sandwich under one
warm, the useless search for support with the other.
The bleeding face scratched on both sides by walls
pursued like a blind man, inch by inch, in between
ill-contained vomits and bowel movements. Meanwhile, the urine stain spreads through the pants,
soaking the shoes and emptying on the pavement.
He is a bag ready to be punched. And you feel like
punching it. Dogs nibble at his shoelaces, forcing
him to do risky dribbles; the curb is an impassable
barrier; pockets, wallet and dignity are thrown on
to the asphalt, where he finally collapses, for the
delight of the child enemies, avid for such an opportunity to exercise the cruelty of their innocence. You
come closer, ready for everything among them, even
join them when some pick up stones and prepare
to hit the old man, they form lines and push each
other to curse, spit or slap his face, excited by the
human leftover. Until it is your turn. And you are
facing your father.
225
Fernando Bonassi
Fernando Bonassi
Fernando Bonassi
228
São Paulo – ein Champion der Moderne
São Paulo – die Stadt der technischen Intelligenz.
Europäische Intellektuelle, von Stefan Zweig bis Max
Bense, haben in Brasilien „ein Land der Zukunft“
(Zweig, 1941) gesehen, im Gegensatz zu Europa,
das eine unermeßlich große und lange Tradition hat,
aber dem wegen seiner totalitären Regime im 20.
Jahrhundert wenig Zukunft beschieden wurde. Die
brasilianische Moderne, symbolisiert durch die geschwungene und kurvige Linie der Architektur Oscar
Niemeyers, verkörpert für viele Europäer eine technische Utopie und eine neue Ästhetik jenseits der
Entfremdung. Deswegen entstand um 1960 ein reger Austausch zwischen der deutschen und der brasilianischen Moderne, der sich an der Hochschule für
Gestaltung in Ulm (Max Bill) und um die Technische
Hochschule in Stuttgart (Max Bense) zentrierte. In
der Literatur entstand aus dieser Begegnung die
Kunst der konkreten Poesie (Eugen Gomringer, Haroldo de Campos, Décio Pignatari, Augusto de Campos et cetera). In der Kunst und im Design führte
das zur Bekanntschaft mit Lucia Clark, Mira Schendel, Almir da Silva Mavignier, Clarice Lispector, João
Cabral de Melo Neto und Gui Bonsiepe. Max Bense
hat 1965 in seinem Buch Brasilianische Intelligenz
die Verbindung von Rationalität und Sensibilität,
von Abstraktion und Sinnlichkeit – mit einem Wort,
die schöpferische Kraft von Brasilien gerühmt, wie
zuvor Stefan Zweig, der im Kapitel „Blick auf die
brasilianische Kultur“ seines Buches Brasilien. Ein
Land der Zukunft (1941) schreibt, das Brasilianische
sei eine schöpferische Umwandlung des Europäischen. Brasilien ist also nicht nur eine Ansammlung
von „Tropicana“ und Amazonas, ist also nicht nur
das Land des Dschungels und der Indios, sondern
auch das Land der Selbstbehauptung der Moderne,
zum Beispiel in der Landeshauptstadt Brasília (1960)
durch Lúcio Costa und Oscar Niemeyer. São Paulo,
seit den 1920er Jahren der größte industrielle Motor
Brasiliens, ist noch heute das wichtigste Wirtschafts-,
Finanz- und Kulturzentrum sowie der größte Verkehrsknotenpunkt des Landes. Mit 20 Millionen Einwohnern gehört São Paulo zu den größten Metropolregionen der Welt, multikulturell – hochkulturell.
São Paulo ist in Brasilien der Champion der industriellen Moderne und der Kultur.
Aber São Paulo ist auch ein Champion des Massenmediums Sport. Denn durch die Globalisierung ist
São Paulo aus dem Sektor der Produktion in den
Sektor der Dienstleistung gedrängt worden, so daß
die Armut zunimmt, wie der Gürtel der Favelas und
die ubiquitäre Atmosphäre der Kriminalität belegen.
Deswegen gibt es ein anderes São Paulo, das São
Paulo der Entrechteten und Geknechteten. Es sind
nicht die Intelligenz und die akademische Welt,
die an den urbanen Rändern São Paulos ein adäquates Medium des sozialen Aufstiegs und der persönlichen Verwirklichung bieten. Die Befreiung aus
der Armut gelingt im Medium des Sports. Deshalb
gehört der FC São Paulo zu den größten Fußballvereinen Brasiliens. Der berühmteste Fußballer São Paulos war der Deutsch-Brasilianer Arthur Friedenreich
(1892–1969), dessen Karriere bezeichnenderweise
im Sportclub Germania begann. Der kulturelle Austausch zwischen Deutschland und Brasilien spiegelt
sich auch im Sport. 70.000 Zuschauer sahen in den
1940er Jahren regelmäßig dem Spiel von Leônidas
da Silva, genannt der „Schwarze Diamant“, zu.
Sócrates (1954–2011), der nach seiner Zeit als Fußballer als Kinderarzt arbeitete, war das Enfant terrible
des brasilianischen Fußballs. Zu seinen Verdiensten
gehört es, während der Militärdiktatur den Fußballplatz zu politischen Demonstrationen benutzt zu haben, beispielsweise trug er im Spiel ein Trikot mit der
Aufschrift „Demokratie jetzt“. In den 1990er Jahren
wurde der SPFC endgültig zu einem der ganz Großen
des Weltfußballs, wurde mehrfacher Meister von Brasilien und 2005 FIFA-Klub-Weltmeister.
Neben dem Fußball bilden Autorennen das Medium des sozialen Aufstiegs. Zu den legendären
Weltmeistern der Formel 1 gehören die Brasilianer
Emerson Fittipaldi, Nelson Piquet, Ayrton Senna.
England hat vierzehn Mal den Weltmeister gestellt,
Deutschland neun Mal und Brasilien acht Mal. Auch
hier sieht man wiederum eine Parallele. Bezeichnend für die brasilianische Moderne im Zeichen des
Aufstiegswillens ist der berühmte Satz von Ayrton
Senna: „If you can control your car, you are not
driving fast enough.“ Senna fuhr offensichtlich in
seinem Sinne schnell genug, brasilianisch genug,
denn beim Großen Preis von San Marino 1994 auf
dem Kurs von Imola verunglückte er aufgrund eines
technischen Fehlers tödlich. Der dreifache Weltmeister wurde zwischen 2004 und 2009 immer wieder
von einer 77-köpfigen Jury, bestehend aus Formel1-Piloten, Teamchefs, Ingenieuren und Journalisten,
zum schnellsten Formel-1-Fahrer der Geschichte gewählt.
Brasilianische Intelligenz ist Schnelligkeit, denn nur
der Schnelle erwischt die Beute. Dies lehrte schon
der Urwald. Die Erfindung des Konkreten und die
Erfindung der Schnelligkeit bilden also die beiden
Pole von São Paulo.
Peter Weibel
São Paulo – um campeão da Modernidade
São Paulo – a cidade de inteligência técnica. Intelectuais europeus, de Stefan Zweig a Max Bense,
viram no Brasil “um país do futuro” (Zweig, 1941),
em contraste com a Europa, que possuía uma enorme e longa tradição, mas à qual, em razão de seu
regime totalitário no século XX, se atribuía pouco futuro. O Modernismo brasileiro representado
pelas linhas onduladas e curvas da arquitetura de
Oscar Niemeyer, além do estranhamento, encarna
para muitos europeus uma utopia técnica e uma
nova estética. Por esse motivo, por volta dos anos
1960, estabeleceu-se um ativo intercâmbio entre
o Modernismo alemão e o brasileiro, centralizado
na Hochschule für Gestaltung em Ulm (Max Bill) e
a Technische Hochschule em Stuttgart (Max Bense).
Na literatura, esse encontro resultou na arte da poesia concreta (Eugen Gomringer, Haroldo de Campos,
Décio Pignatari, Augusto de Campos et cetera). Na
arte e design revelou Lucia Clark, Mira Schendel, Almir da Silva Mavignier, Clarice Lispector, João Cabral
de Melo Neto e Gui Bonsiepe. Em seu livro Brasilianische Intelligenz (Inteligência brasileira ), de 1965,
Max Bense enalteceu a ligação da racionalidade
com a sensibilidade, da abstração com a sensualidade – em uma palavra, a força criativa do Brasil, como
antes havia feito Stefan Zweig, no capítulo “Olhar
sobre a cultura brasileira” em seu livro Brasilien. Ein
Land der Zukunft (Brasil, um país do futuro, 1941),
onde ele afirma que o “ser” brasileiro é uma transformação criativa do “ser” europeu. O Brasil não é
apenas um ajuntamento de “Tropicana“ e Amazonas, não é apenas a terra da selva e dos índios, mas
também a terra da autoafirmação do Modernismo
como, por exemplo, a capital do país, Brasília (1960)
de Lúcio Costa e Oscar Niemeyer. Desde a década de
1920, São Paulo é o maior motor industrial do Brasil
e continua sendo o mais importante centro econômico, financeiro e cultural e o maior centro de transportes do país. Com 20 milhões de habitantes, São
Paulo pertence às maiores regiões metropolitanas do
mundo; é multicultural e culturalmente elevada. São
Paulo é o campeão da modernidade industrial e da
cultura no Brasil.
Mas São Paulo também é um campeão na mídia
de massas “esporte”; pois com a globalização, São
Paulo foi levado do setor de produção para o setor
de serviços, de modo que a pobreza está aumentando, bem como o cinturão de favelas e a atmosfera onipresente do crime.
Por isso há outra São Paulo, a São Paulo dos marginalizados e subjugados. Não é a inteligência e o
mundo acadêmico que fornecem um meio adequado
de promoção social e a realização pessoal na periferia urbana de São Paulo. A libertação da pobreza é
bem sucedida no meio do esporte. Por isso, o São
Paulo Futebol Clube (SPFC) é um dos maiores clubes
de futebol no Brasil. O jogador de futebol mais famoso de São Paulo foi o alemão-brasileiro Arthur
Friedenreich (1892–1969), cuja carreira se destacou
no clube Germania. O intercâmbio cultural entre
Brasil e Alemanha se reflete também no esporte.
Setenta mil espectadores assistiam regularmente
na década de 1940 o jogo de Leônidas da Silva,
conhecido como o “diamante negro”. Sócrates
(1954–2011), que trabalhou como pediatra desde
seu tempo como jogador, foi o enfant terrible do
futebol brasileiro. Entre seus méritos, consta ter usado o campo para manifestações políticas durante a
ditadura militar, como por exemplo, a camiseta com
a inscrição “democracia já”. Na década de 1990,
o SPFC tornou-se definitivamente um dos grandes
nomes do futebol mundial, tendo sido diversas vezes campeão do Brasil e em 2005 tornando-se campeão do campeonato mundial da FIFA.
Ao lado do futebol, as corridas de automóveis formam o meio de promoção social. Entre os lendários
campeões da Fórmula 1, os brasileiros incluem
Emerson Fittipaldi, Nelson Piquet e Ayrton Senna. A
Inglaterra foi campeã do mundo por quatorze vezes.
A Alemanha nove e o Brasil oito. Aqui novamente
também é possível traçar um paralelo. A famosa frase
de Ayrton Senna “If you can control your car, you
are not driving fast enough” (se você for capaz de
controlar o seu carro, é porque você não está correndo suficientemente) é indicativa da modernidade
brasileira simbolizando o desejo de ascensão. Parece que Senna, em seu sentido, foi suficientemente
rápido, suficientemente brasileiro, porque no Grand
Prix de San Marino, em 1994 no circuito de Imola,
ele sofreu um acidente mortal devido a um erro técnico. Entre 2004 e 2009, o tricampeão continuou
sendo repetidamente eleito o piloto de Fórmula 1
mais rápido da história por um júri de 77 membros
formado por pilotos de Fórmula 1, chefes de equipe,
engenheiros e jornalistas.
A inteligência brasileira é velocidade, porque o veloz
alcança a presa. Já a selva ensinou isso. A invenção
do concreto e a invenção da velocidade formam os
dois polos de São Paulo.
Peter Weibel
São Paulo – A Champion Of Modernism
São Paulo – the city of technical intelligentsia. European intellectuals, from Stefan Zweig to Max Bense,
have seen in Brazil “a country of the future” (Zweig,
1941), in contrast to Europe, which has an immensely
great and long tradition, but was, because of its totalitarian regime, fated little future in the 20th century. Brazilian modernity, symbolized by the swinging
and curvy line of the architecture of Oscar Niemeyer,
embodies for many Europeans a technical utopia
and a new aesthetic beyond alienation. This is why a
lively exchange arose around 1960 between German
and Brazilian modernism, which was centered at the
Hochschule für Gestaltung (Academy of Design) in
Ulm (Max Bill) and around the Technische Hochschule
(Technical College) in Stuttgart (Max Bense). In literature, from this meeting arose the art of concrete
poetry (Eugen Gomringer, Haroldo de Campos, Décio Pignatari, Augusto de Campos, et cetera). In art
and in design this led to the acquaintance with Lucia Clark, Mira Schendel, Almir da Silva Mavignier,
Clarice Lispector, João Cabral de Melo Neto, and
Gui Bonsiepe. In his book Brasilianische Intelligenz
(Brazilian Intelligence) in 1965, Max Bense praised
the link of rationality and sensibility, of abstraction
and sensuality – in a word, the creative power of
Brazil, like Stefan Zweig before him, who writes in
the chapter “View to the Brazil Culture” of his book
Brasilien. Ein Land der Zukunft (Brazil. A Country of
the Future, 1941), that the Brazilian was a creative
transformation of the European. Brazil is, therefore,
not just a collection of “Tropicana“ and Amazonas,
that is, is not just the land of jungles and Indios,
but also the land of the self-assertion of modernity, such as in the country’s capital Brasília (1960) by
Lúcio Costa and Oscar Niemeyer. São Paulo, since
the 1920s the greatest industrial motor of Brazil, is
still today the most important business, finance, and
cultural center as well as the biggest transport hub
of the country. With a population of 20 million, São
Paulo is one of the greatest metropolitan regions of
the world, multi-cultural – culturally high. In Brazil,
São Paulo is the champion of industrial modernity
and culture.
But, São Paulo is also a champion of the mass medium of sports. It is because globalization has pushed
São Paulo out of the production sector into the
service sector so that poverty increases, as the belt
of favelas and the ubiquitous atmosphere of crime
show.
Therefore, there is another São Paulo, the São Paulo
of the disenfranchised and the enslaved. It is not the
intelligentsia and the academic world that offer an
adequate medium of social advancement and personal fulfillment at the urban edges of São Paulo.
The liberation from poverty succeeds in the medium
of sports. This is why the FC São Paulo is one of
the greatest soccer clubs of Brazil. The most famous
soccer player of São Paulo was the German-Brazilian
Arthur Friedenreich (1892–1969), whose career began significantly in the Sportclub Germania. The cultural exchange between German and Brazil is also
reflected in sports. In the 1940s, seventy thousand
fans watched regularly the play of Leônidas da Silva,
nicknamed the “black diamond”. Sócrates (1954–
2011), who worked as a pediatrician after his time
as a soccer player, was the enfant terrible of Brazilian soccer. To his merits was the fact that, during
the military dictatorship, he used the soccer field for
political demonstrations; for example, he wore in a
game a jersey with the writing on it “Democracy
Now”. In the 1990s, the SPFC finally became one of
the really greats of world soccer, becoming Brazilian
champion several times and the 2005 FIFA World
Champion.
Besides soccer, car racing is another medium of
social advancement. Among the legendary world
champions of Formula 1 racing are the Brazilians
Emerson Fittipaldi, Nelson Piquet, and Ayrton Senna.
England has placed the world champion fourteen
times, Germany nine times, and Brazil eight times.
Again you see here also a parallel. Characteristic
for Brazilian Modernism marked by the rise of will
is the famous sentence of Ayrton Senna: “If you can
control your car, you are not driving fast enough.”
Senna drove apparently fast enough in his mind,
Brazilian enough, because at the Grand Prix of San
Marino in 1994 on the track of Imola, he was killed
due to a technical error. Between 2004 and 2009,
the three-time world champion was selected again
and again as the fastest Formula 1 driver of history
by a 77-member jury consisting of Formula 1 drivers,
team managers, engineers, and journalists.
Brazilian intelligence is quickness because only the
fast catches the prey. This is what the jungle taught.
The invention of the concrete and the invention of
speed thus form the two poles of São Paulo.
Peter Weibel
229
BR
Gooool ... – Passou! / Toooor ... – Vorbei!
Gooool... – Passou!
Gooool ... – Passou! / Goooal ... – Over!
230
Knapp daneben! Die Spannung, die Hoffnung, das
Adrenalin – alles ist da und auf den Ball konzentriert.
Er tritt, der Ball fliegt, nimmt alles mit sich, und das
Tor bewegt sich, er ist drin ... Nein, er ist drauf. Als
würde ein innerer Ballon zerplatzen: Argh!!!
Eigentlich ist es immer ein großartiger Einstieg. Ankunft am Flughafen Guarulhos, rein ins Taxi, und
dann auf dem langen Weg in die Stadt ein paar wesentliche Infos vom Taxifahrer: das Wetter, der Verkehr – und natürlich Fußball.
Diesmal verraten die Aufkleber am Taxi das Team des
Fahrers: Santos aus der Hafenstadt im Bundesstaat.
Bei Santos spielt doch Naymar, der den Hit „Ai si eu
te pego“ erst richtig berühmt gemacht hat, weil er
nach jedem Tor dazu tanzt.
„Mh, Naymar, kostet Santos jede Menge Geld, aber
der hat ja nur noch Zeit für die Nationalelf. Ist auch
nicht schlecht, aber Santos tut das nicht gut.“
Aber im Vorfeld der Copa, der WM 2014 in Brasilien, ist die Nationalelf doch auch wichtig. Der Taxista
reagiert anders als erwartet.
„Ob die WM gut ist für São Paulo, muß sich erst
noch zeigen. Das ganze Theater mit dem Stadion.
Gerade erst hatten sie das Morumbi-Stadion neu
gemacht, und dann war es nicht gut genug für die
FIFA. Dabei passen da ordentlich Leute rein, fast
150.000. Super-Stadion, da spielt Santos auch schon
mal. Jetzt kriegen die Corinthians ein Stadion, ausgerechnet. Das liegt ewig weit draußen, ist nur halb
so groß und kostet einen Haufen Geld. Keiner weiß
so genau, wo das Geld herkommt. Corinthians soll
bezahlen, woher denn? Sind zwar auch viele Fans,
aber die haben doch kein Geld. Und so ein kleines
Stadion als WM-Stadion und dann auch noch für die
Eröffnung! Ein schlechter Witz.“
Jetzt ist kein Halten mehr: „In Itaquera! Das ist ja
ewig weit draußen! Und dann diese Absurdität, daß
die Stehplätze abgeschafft werden sollen, die FIFA
sagt ‚aus Sicherheitsgründen‘. Zu nah an den Spielern. Zu nah an den Spielern geht doch gar nicht.
Wer kann denn dann überhaupt noch rein ins Stadion? Kann sich doch keiner mehr leisten. Bloß die,
die anreisen, für die die teuren Hotels gebaut werden. Es sollen eine Menge Leute umgesiedelt worden sein für die Hotels. Und die Zeit! Wer kommt
denn überhaupt hin zum Stadion? Bei dem Stau und
dann auch wieder zurück.“
Aus dem Taxi raus sind wir benebelt und erst einmal
sprachlos. Das war wohl die andere Seite der Medaille. Fußball. Die WM 2014 steht vor der Tür.
Wenn Brasilien siegt, werden all die Flüche, die Proteste, der Zorn vergessen sein, aber wenn nicht ...
Por pouco! A tensão, a esperança, a adrenalina está
toda concentrada na bola. Ele chuta, a bola voa,
leva tudo com ela e o gol se move, entrou... Não
– foi na trave. É como se um balão interno estourasse: argh!!!
Na verdade, é sempre uma grandiosa iniciação. Chegada no Aeroporto de Guarulhos, entrar no táxi e,
depois, durante o longo caminho para a cidade, colher algumas informações essenciais do motorista
de táxi: o tempo, o tráfego e, claro, o futebol.
Dessa vez, o adesivo no táxi entrega o time do motorista: Santos, o time da cidade portuária do estado.
No Santos joga o Neymar, que popularizou ainda
mais o hit “Ai se eu te pego”, porque ele dança
depois de cada gol.
“Mh, o Neymar custa muito dinheiro ao Santos, mas
só tem tempo para a seleção. Não é ruim, mas para
o Santos não é bom.”
Mas antes da Copa, a Copa do Mundo 2014 no Brasil, a seleção também é importante. O taxista reage
de forma diferente do que se espera.
“Vamos ver se a Copa do Mundo é boa para São
Paulo. Todo esse teatro com o estádio. O estádio
do Morumbi acabou de ser reformado e não é suficientemente bom para a FIFA. E cabem quase 150
mil pessoas. É um super estádio, o Santos joga lá,
às vezes. Agora justo o Corinthians recebendo um
estádio. Fica distante demais, só tem a metade do
tamanho e custou um monte de dinheiro. Ninguém
sabe exatamente de onde vem o dinheiro. O Corinthians vai pagar como? Apesar dos muitos fãs,
o clube não tem dinheiro. E um estádio pequeno
assim para uma Copa do Mundo, e ainda mais para
a festa de abertura! É uma piada de mau gosto.”
Agora não tem mais jeito: “Itaquera! Fica eternamente longe! E depois, esse absurdo de que os
lugares em pé devam ser abolidos. A FIFA diz: “por
razões de segurança”. Ficariam muito próximos aos
jogadores. Muito perto dos jogadores, isso nem é
possível. Quem afinal vai poder entrar no estádio?
Ninguém tem esse dinheiro. Só os que vêm de fora,
para quem estão sendo construídos os hotéis caros.
Um monte de gente foi desalojada por causa dos
hotéis. E o tempo! Quem é que consegue chegar
até o estádio? Com todo esse engarrafamento, e
depois ainda ter de voltar.”
Descemos do táxi atordoados e sem palavras. Certamente esse foi o outro lado da medalha. Futebol. A
Copa do Mundo 2014 está diante da porta.
Se o Brasil ganhar, todos os xingamentos, os protestos, a raiva serão esquecidos, mas se não ganhar...
Just missed! The tension, the hope, the adrenaline –
it is all there and concentrated on the ball. He kicks,
the ball flies, takes everything along with it, and the
goal shakes, it is in ... No, it is over the bar. It is as if
an inner balloon burst: Aaah!!!
Actually, it is always a great introduction. Arrival at
Guarulhos Airport, into the taxi, and then on the
long way into town, a few important bits of information from the taxi driver: the weather, the traffic,
– and, of course, soccer.
This time, the bumper stickers on the taxi tell me
the driver’s team: Santos from the port city in the
state. But, Naymar plays for Santos, the guy who
first made the hit “Ai si eu te pego” really popular
because he dances to it after every goal.
“Mm, Naymar costs Santos a whole lot of money,
but he takes his time for the national team. That is
also not bad, but it is not good for Santos.”
But, ahead of the Copa, the World Cup in 2014 in
Brazil, the national team is also important. The taxi
driver reacts differently than expected.
“Whether or not the World Cup is good for São
Paulo, has yet to be seen. The whole mess with the
stadium. They had just finished renovating Morumbi Stadium and then that was not good enough
for FIFA. Really a lot of people will fit in it, almost
150,000. It is a super stadium, because Santos also
plays there. Now even the Corinthians are even getting a new stadium. It is really far away, is only half
as big, and costs a bunch of money. Corinthians is
supposed to pay for it, how then? There are a lot
of fans, but they do not have any money. And such
a small stadium is supposed to be the World Cup
stadium and then also for the opening game? What
a joke!”
There is no holding back now: “In Itaquera! That is
way outside the city! And then this absurdity that
the standing room should be done away with ‘for security reasons’, as FIFA says. Too close to the players.
It cannot be too close to the players. So, who can
even get into the stadium? Nobody can even afford
it. Just those who travel in, who the expensive hotels are built for. A bunch of people are supposed to
be resettled for the hotels. And the time! Who will
come at all to the stadium? With the traffic and then
back again.”
Out of the taxi we are fuddled and at first speechless. That was probably the other side of the coin.
Soccer. The World Cup of 2014 is just around the
corner.
If Brazil wins, all the curses, the protests, the anger
will be forgotten, but if not ...
231
Annette von Schönfeld /
Kim Carlotta von Schönfeld
Annette von Schönfeld /
Kim Carlotta von Schönfeld
Annette von Schönfeld /
Kim Carlotta von Schönfeld
BR
Das Spiel hört erst auf, wenn es zu Ende ist
Mehr als ein rollendes, mit Luft gefülltes Objekt auf
einem grünen Rasenstück in den Abmessungen
100 x 60 Metern, ist der Fußball ein symbolischer
Raum der Möglichkeiten. Dies wird schon von der
Kugelform des Balls selbst suggeriert, die in vielen
Kulturen Kosmos und Zeit versinnbildlicht und kein
Ende kennt.
Während man in der sogenannten „Alten Welt“
das 20. Jahrhundert nach Weltkriegen bemißt, teilt
man in Brasilien die letzten hundert Jahre in Vierjahresintervalle ein, die den Terminen der Fußballweltmeisterschaften entsprechen. Diese alternative
Geschichtsschreibung erinnert uns Europäer daran,
daß alles, was wir für gegeben halten, auch ganz
anders hätte sein können.
Sollte ein simples Ballspiel in der Lage sein, das im
18. Jahrhundert gescheiterte utopische Projekt der
jesuitischen Missionen im Dreiländereck von Argentinien, Paraguay und Brasilien zu vollenden, und
könnte vielleicht das Spielerisch-Artistische des Fußballs gar dabei helfen, den notorischen Teufelskreis
aus Armut und Unterentwicklung zu durchbrechen?
Auch für den Rest der Welt, einschließlich jener Länder, die nicht unmittelbar am Geschehen teilnehmen, wird die globale Lingua franca des Fußballs als
unüberhörbares Orakel Aufschluß geben über den
Zustand der Welt, über ihre Großzügigkeit und ihr
Ressentiment, ihre Verzweiflung und ihr Glücksversprechen.
Theoretiker und Kulturkritiker auf beiden Seiten des
Atlantiks werden nicht müde, im Fußball einen Katalysator nationaler Eigenheiten zu sehen. Auf der
einen Seite, in Europa, vermutet man die nüchterne
„Prosa”, das heißt eine geradlinige Art, die nur das
Ergebnis im Blick hat, auf der anderen, südamerikanischen, vor allem brasilianischen Seite die berauschende „Poesie” des Spiels mit ihren scheinbar
zwecklosen Schnörkeln und ziellosen Abschweifungen in weiten, leeren Räumen, in denen sich jedes Kalkül und jede Abwehr verliert.
Das barocke Erbe mit seinen Ellipsen ist also nicht
nur im Karneval oder der tiefen Religiosität präsent,
sondern vielleicht noch mehr im brasilianischen Fußball mit dem verblüffenden Trompe l’oeil schwindelerregender Dribblings und sogenannten „pedaladas” (Übersteiger).
Diese unterschiedliche Ästhetik mag auch darauf beruhen, daß in den germanischen Sprachen
„Fußball“ oder „Football“ zwangsläufig mit einem
gewöhnlichen, wenig attraktiven Körperteil in Verbindung gebracht wird, während das Lehnwort
„Futebol-fútbol“ in den romanischen Sprachen
keinerlei physische Bedeutung impliziert, sondern
ungebundene geistige Assoziationen zuläßt. Daraus
entsteht in Südamerika ein gewisses jugendliches
Laissez-faire und eine Ungezwungenheit, die weit in
andere Bereiche der Gesellschaft hineinreicht.
Eine derartige Übung in Freiheit, gepaart mit Euphorie, hat Brasilien, wo der Fußball wie vielleicht nirgends sonst eine authentische Form der kollektiven
Selbstfindung und ein herrschaftsfreies Verständigungsmittel zwischen den unterschiedlichsten Menschen und Klassen sein kann, weltweite Sympathie
und wachsendes Selbstbewußtsein eingetragen.
Und wenn der kometenhafte Aufstieg des Landes
von der Welt nicht mißtrauisch beäugt, sondern beklatscht wird, dann liegt das vielleicht auch am symbolischen Kapital und Goodwill, den der Fußball angehäuft hat. Im Fall Brasilien ist dieser nämlich auch
ein Vehikel kultureller Differenz auf der Basis einer
triethnischen (mit Einflüssen aus Europa, Afrika und
dem indigenen Amerika) Kultur. Dieser Vorzug ist in
einer Welt, deren Bild- und Zeichensprache immer
monotoner wird, nicht hoch genug zu bewerten.
Alfons Hug
O jogo só acaba quando termina
232
Mais que um objeto preenchido de ar que rola sobre
uma área gramada de 100 x 60 metros, a bola de
futebol é um espaço simbólico de possibilidades.
Isso já é sugerido até pela própria forma redonda da
bola, que em várias culturas representa o cosmo e o
tempo e que não conhece fim.
Enquanto no chamado “Velho Mundo” o tempo do
século XX é medido pelas guerras mundiais, no Brasil os últimos cem anos são divididos em intervalos
de quatro anos, que correspondem às datas de realização das copas do mundo de futebol. Essa historiografia alternativa nos faz lembrar que tudo o que
nós europeus temos como líquido e certo também
poderia ter sido bem diferente.
Será que um simples jogo de futebol teria conseguido levar a bom termo o malogrado projeto utópico das missões que os jesuítas quiseram implantar
no século XVIII no triângulo geográfico formado por
Argentina, Paraguai e Brasil? Será que a divertida
arte do futebol não poderia ajudar de algum modo
a romper o notório círculo vicioso de pobreza e subdesenvolvimento?
Também para o restante do mundo, incluindo
aqueles países que não participam diretamente dos
acontecimentos, a linguagem global comum do
futebol fará revelações – como um oráculo que não
pode ser ignorado – sobre o estado das coisas no
mundo, sobre sua generosidade e seu ressentimento,
seu desespero e sua promessa de felicidade.
Teóricos e críticos culturais de ambos os lados do Atlântico não se cansam de ver no futebol um catalisador de particularidades nacionais. Em um dos lados,
na Europa, supõe-se a “prosa” lúcida, ou seja, uma
forma linear que só objetiva o resultado; no outro
lado, na América do Sul, sobretudo no lado brasileiro, a “poesia” inebriante do jogo, com suas espirais
aparentemente sem propósito e suas digressões sem
objetivo em espaços amplos, vazios, nos quais todo
cálculo e toda defesa se perdem.
A herança barroca com suas elipses não está presente, portanto, só no carnaval ou na profunda
religiosidade do povo, mas, sobretudo, no futebol
brasileiro com o surpreendente trompe l’oeil de seus
vertiginosos dribles e nas assim chamadas “pedaladas”.
Essa estética diversificada possivelmente também se
deve ao fato de que nas línguas germânicas as palavras “Fußball“ ou “Football“ são inevitavelmente
relacionadas a uma parte comum e pouco atraente
do corpo, enquanto que a palavra emprestada
“Futebol-fútbol“ nas línguas românicas não implica qualquer significado físico, mas permite fazer
as mais diversas associações. A partir disso surgem,
na América do Sul, certo laissez-faire jovial e uma
233
234
235
informalidade que também permeiam amplamente
outros setores da sociedade.
Uma prática de liberdade dessa natureza, aliada à
euforia, trouxe a simpatia de todo o mundo e uma
crescente autoconfiança para o Brasil, país em que
o futebol chega a representar uma forma autêntica
de autodescobrimento coletivo e um meio de comunicação livre de opressão entre as diversas pessoas e
classes, de uma maneira como provavelmente não
existe em nenhum outro lugar do mundo. E se a
ascensão meteórica do país não é encarada com
ceticismo, mas sim aplaudida pelo mundo, isso talvez se deva também ao capital simbólico e à boa
vontade que o futebol acumulou. No caso do Brasil,
o futebol é também um veículo para as diferenças
culturais com base em uma cultura triétnica (com
influências da Europa, da África e dos indígenas).
Essa vantagem, em um mundo cuja comunicação
por imagens e sinais fica cada vez mais monótona,
tem um elevado valor.
Alfons Hug
The Game Stops Only When It Is Over
More than a rolling object filled with air on a green
lawn with the dimensions 100 by 60 meters, soccer is a symbolic space of possibilities. This is already
suggested by the spherical form of the ball itself,
which in many cultures symbolized the cosmos and
time and knows no end.
Whereas in the so-called “old world”, the 20th century is divided by world wars, the last hundred years
in Brazil are divided into intervals of four years, which
correspond to the World Cup soccer championships.
This alternative history reminds us Europeans that
everything we take for granted could have also been
much different.
Would a simple ball game be able to accomplish
the utopian project of the Jesuit missionaries in the
border region of Argentina, Paraguay, and Brazil
that failed in the 18th century and could the playful
artistry of soccer perhaps even help break through
the notorious vicious cycle of poverty and underdevelopment?
Also for the rest of the world, including those countries that do not participate directly in the events,
the global lingua franca of soccer, as an unmistakable oracle, sheds light on the state of the world, on
its generosity and on its resentment, its despair and
its promise of happiness.
Theorists and cultural critics on both sides of the Atlantic do not tire of looking at soccer as a catalyst
of national pecularities. On the one hand, in Europe, people presume the sober “prose”, that is, a
straightforward way, that only has the result in view.
On the other hand, the South American, especially
the Brazilian side, the intoxicating “poetry” of the
game with their seemingly aimless flourishes and
aimless digressions into vast empty spaces in which
each calculation and every defense loses.
The Baroque heritage with its ellipses is no only present in Carnival or in the deep religiosity, but perhaps
even more in Brazilian soccer with the amazing
trompe l’oeil dizzying dribbles and so-called “pedaladas” (stepovers).
These different aesthetics may also be due to the
fact that, in the Germanic languages, “soccer“ (or
“football“) is invariably connected to an ordinary,
less attractive body part, whereas the loan word
“futebol-fútbol“ implies no physical meaning at all
in the Romance languages, but allows unbound free
mental associations. This creates in South America
a certain youthful laissez-faire and an informality
which extends far into other areas of society.
Brazil has such an exercise of freedom, coupled with
euphoria, where soccer can be, as perhaps nowhere
else, an authentic form of collective self-discovery
and a non-hierarchical medium of understanding
between the most different kinds of people and
classes, bringing in worldwide sympathy and growing self-awareness. And if the meteoric rise of the
country is not regarded with distrust by the world,
but is applauded, then it is perhaps also due to
the symbolic capital and good will that soccer has
amassed. In the case of Brazil, this is also, namely,
a vehicle of cultural difference on the basis of a triethnic (with influences from Europe, Africa, and the
indigenous Americas) culture. This preference, in a
world where the language of images and signs is
becoming more monotonous, cannot be rated high
enough.
Alfons Hug
IC
The Night When Mooca Went To War –
Story Of An Immigrant Family
A noite em que a Mooca entrou em guerra
As the daughter of Spanish and Italian immigrants, I
was born in 1939 in an apartment block on a street
called Tamarataca in the Mooca district. Four families
lived there. It was a world of its own in the backyard:
Turks, Yugoslavs, Russians, Romanians, Spaniards,
Portuguese, and Italians. And they all lived together
in perfect harmony. The backyard consisted of paving
stones and every night the women gathered to scrub
it. They brought water from the well, as there was no
running water. There were just as few gas and pressure cookers. There were few radios. And telephones
... well, I do not remember a single one in the area.
On Christmas we visited a nearby manger scene,
which made me happy because it was mechanical.
On December 31st there was a festival in which the
children of the neighborhood took to the street, beat
pots, and sang: “Zé Pereira bum bum bum. Amanhã é
dia um. Zé Pereira bum bum bum. Amanhã é dia um.”
(Tomorrow is the first).
In 1943 we moved out of the apartment block and
moved onto Game Street, still in Mooca. My father
worked in the Minete Gambá, a flour mill, which today
is Moinho Santo Antônio. My mother helped my father
by washing and ironing in other people’s homes. Times
were hard. World War II had begun. Brazilian soldiers
were sent to war. They were sad on their departure
day, there was no class at schools, and the radios played the hymns of the messengers.
We all suffered from the war. We had rationing stamps
to buy bread and stamps for sugar. Everything was rationed. My mother and my aunt traded places several
times as they spent nights standing in lines to buy a
half a kilo of meat. Each family got a half a kilo as a
ration. There was no wheat flour and salt. If you could,
you bought on the black market.
One night we were really scared: the day before Japan
was bombed and we were all upset by the news about
the atomic bombs. About eight o’clock in the evening
the sky over the Mooca district was lit up. It was red.
A lot of people started running around like crazy and
people were shouting desperately: “It is a bomb, it is
a bomb, it is the Americans, there is war!” It did not
take long before we realized that Brazil had not been
transformed into a theater of World War II, but that
there had “only” been a major fire in a factory building
nearby.
Time passed, but everything remained in my memory: the children playing in the street, the afternoons
with chairs on the sidewalk, the conversations, and the
neighbors who helped one another, and my innocent
and happy childhood.
Filha de um imigrante espanhol e uma imigrante
italiana, nasci em 1939 em um cortiço da Mooca,
na rua Tamarataca. Lá moravam quatro famílias. Era
um mundo naquele quintal: turcos, iugoslavos, russos, romenos, espanhóis, portugueses e italianos. E
todos viviam em perfeita harmonia. O quintal era
de paralelepípedos, e todas as noites as mulheres se
reuniam para lavá-lo. Puxavam água do poço, pois
não havia água encanada; também não gás ou panelas de pressão. Rádios, eram poucos. E telefone,
então, nem lembro de um pela redondeza.
No Natal visitávamos um presépio lá perto, que me
encantava por ser mecânico. No dia 31 de dezembro
era uma festa, as crianças da vizinhança saíam pelas
ruas batendo panela e cantando: “Zé Pereira bum
bum bum. Amanhã é dia um. Zé Pereira bum bum
bum. Amanhã é dia um.”
Em 1943, mudamos do cortiço. Passamos a morar
na rua Game, ainda na Mooca. Meu pai trabalhava na indústria Minete Gambá, fábrica de farinha,
onde hoje é o Moinho Santo Antônio. Minha mãe
o ajudava lavando e passando roupas para fora. Os
tempos eram difíceis. A Segunda Guerra Mundial
estava acontecendo. Os pracinhas brasileiros foram
mandados para a guerra. No dia da partida estavam
tristes, não houve aula nas escolas, e nas rádios só
se ouvia a Canção do Expedicionário.
Com a guerra, todos sofríamos. Tínhamos cartão
para comprar pão, selo para comprar açúcar. Tudo
era racionado. Várias vezes minha mãe e minha tia
se revezavam e passavam noites nas filas para comprar meio quilo de carne, que era a cota de cada
família. Farinha de trigo e sal não tinha. Quem podia, comprava no mercado negro.
Uma noite levamos um grande susto: no dia anterior, o Japão tinha sido bombardeado, e todos estavam impressionados com as notícias da bomba atômica. Mais ou menos às oito da noite, o céu clareou
lá para os lados da Mooca. Ficou tudo vermelho.
Foi um corre-corre, todos gritando desesperados:
“foi a bomba, foi a bomba, são os americanos, é
a guerra”. Não demorou muito e descobrimos que,
ao invés de o Brasil ter se transformado em palco
da Segunda Guerra, era apenas – com o perdão do
“apenas” – um enorme incêndio numa indústria do
bairro.
O tempo passou, tudo ficou na lembrança: as crianças brincando na rua, as tardes com as cadeiras
na calçada, a conversa que era uma terapia e minha
infância inocente e feliz.
Ilka von Borries-Harwardt
Ilka von Borries-Harwardt
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Die Nacht, in der Mooca in den Krieg zog –
Geschichte einer Einwandererfamilie
Als Tochter spanischer und italienischer Immigranten
kam ich 1939 in einem Wohnblock in einer Straße
namens Tamarataca im Stadtteil Mooca zur Welt.
Dort wohnten vier Familien. Es war eine eigene Welt
in diesem Hinterhof: Türken, Jugoslawen, Russen, Rumänen, Spanier, Portugiesen und Italiener. Und alle
lebten sie zusammen in perfekter Harmonie. Der Hinterhof bestand aus Pflastersteinen und jede Nacht
versammelten sich die Frauen, um sie zu schrubben. Sie holten das Wasser aus dem Brunnen, da
es kein Leitungswasser gab. Ebensowenig wie Gas
oder Schnellkochtöpfe. Radios gab es wenige. Und
Telefone ... Nun, ich erinnere mich an keins in der
Umgebung.
Weihnachten besuchten wir eine nahegelegene
Weihnachtskrippe, die mir Freude machte, da sie
mechanisch war. Am 31. Dezember gab es ein Fest,
an dem die Kinder der Nachbarschaft auf die Straße
gingen, auf Töpfe schlugen und sangen: „Zé Pereira
bum bum bum. Amanhã é dia um. Zé Pereira bum
bum bum. Amanhã é dia um.” (Morgen ist der Erste.)
1943 sind wir aus dem Wohnblock weggezogen.
Wir sind in die Straße Game gezogen, immer noch
in Mooca. Mein Vater arbeitete in der Minete Gambá, einer Mehlfabrik, wo heutzutage Moinho Santo
Antônio ist. Meine Mutter half meinem Vater, indem sie für fremde Haushalte wusch und bügelte.
Die Zeiten waren hart. Der zweite Weltkrieg hatte
begonnen. Die brasilianischen Soldaten wurden in
den Krieg geschickt. Am Abreisetag waren sie traurig, es gab keinen Unterricht in den Schulen, und die
Radios spielten die Hymne der Gesandten.
Wir litten alle unter dem Krieg. Wir hatten Marken,
um Brot zu kaufen, und Marken für Zucker. Alles
war rationiert. Mehrere Male wechselten sich meine
Mutter und meine Tante damit ab, nächtelang in der
Schlange zum Kauf eines halben Kilos Fleisch anzustehen. Ein halbes Kilo war für jede Familie als Ration vorgesehen. Weizenmehl und Salz gab es nicht.
Wer konnte, kaufte auf dem Schwarzmarkt.
Eines Nachts erschraken wir sehr: Am Vortag wurde Japan bombardiert und wir alle waren von der
Nachricht über die Atombombe aufgewühlt. Ungefähr um acht Uhr Abends erhellte sich der Himmel
über dem Viertel Mooca. Er wurde rot. Es gab eine
Rennerei, und Menschen schrien verzweifelt: „Es
war eine Bombe, es war eine Bombe, das sind die
Amerikaner, es ist Krieg.“ Es dauerte nicht lange, da
merkten wir, daß sich Brasilien nicht in einen Schauplatz des zweiten Weltkriegs verwandelt hatte, sondern, daß es „lediglich“ ein Großbrand in einem
Fabrikgebäude in der Nähe war.
Die Zeit verging, aber alles blieb in der Erinnerung:
die spielenden Kinder auf der Straße, die Nachmittage mit Stühlen auf dem Gehsteig, die Unterhaltungen und gegenseitige Hilfe unter den Nachbarn
und meine unschuldige und glückliche Kindheit.
Ilka von Borries-Harwardt
BR
Jeder Geldbeutel klingt anders!
Um som pra cada bolso!
A Sound For Each Pocket!
242
Egal ob reich, ob arm, ob Mittel- oder Oberklasse:
In São Paulo hat jedes Viertel seinen eigenen Klang.
Auf eine gut demokratische Weise verrät er uns, in
welchem Milieu wir uns aufhalten.
São Paulo hat in erster Linie ein großes Mundwerk,
das offene Ohr ist weniger ausgeprägt … Du läufst
durch die Vorstadt und wirst mit der grauenhaft lauten Musik, welche die Leute hören, zugedröhnt.
Daß der Alkohol das Gehör beeinträchtigt, ist ja bekannt – der Betrunkene muß deshalb ja auch viel
lauter sprechen! Da aber nicht alle betrunken sein
können, frage ich mich, was die alten Gebrauchtwagen mit ihren kofferraumfüllenden Musikanlagen,
die voll aufgedrehten Fernseher und die ohrenbetäubenden Predigten der Evangelikalen mit ihren
immer ausgefeilteren Klangsystemen sollen?
Die kurze Antwort lautet: Musik ist für die Leute in
der Vorstadt keine Privatsache, sondern eine öffentliche Veranstaltung.
Ich erinnere mich an eine Begebenheit im Jahr 1995,
als ich in Stuttgart war, um zusammen mit dem
brasilianischen Tänzer Ismael Ivo und dem österreichischen Choreographen Johann Kresnik die Musik
für das Ballett Othello zu schreiben. Ich war ganz
begeistert, weil ich endlich eine lange gesuchte CD
von Frank Zappa gefunden hatte, und als ich diese
an einem Samstagnachmittag in gemäßigter Lautstärke genießen wollte …
Waren es fünf Minuten, die es dauerte, bis sich ein
Nachbar bei mir beschwerte???
Das würde mir in São Paulo nie passieren. Da könnte
ich entweder meinen Zappa ungestört genießen
oder würde mir eben eine Kugel einfangen. Das ist
der Unterschied zwischen São Paulo und einer europäischen Stadt: Entweder wirst du ignoriert (was in
einer großen Metropole, in der man sich zuweilen
auch zusammenraufen muß, durchaus auch ein zivilisatorischer Akt ist), oder die Kugel in deinem Kopf
löst das Problem ein für allemal.
Ein Spaziergang durch die Straßen der Stadt kann
ein Klangvergnügen der anderen Art sein, bei dem
man sich auf die Geräusche konzentrieren und mit
den Ohren sehen kann: Prediger, durchdringend
piepsende Billig-Wecker, lautstarke Gespräche, eine
Party.
Ich habe das Orchester der Straßenmusiker von São
Paulo gegründet, in dem Einheimische zusammen
mit zugewanderten Musikern spielen. So mischen
sich die Klänge der Straße mit den Kulturen Japans,
Paraguays, Mexikos, Boliviens et cetera.
Wir sind ein Abbild dieser Stadt, die hier jeder haßt,
aber keiner verläßt!
O som nessa cidade é assim, um pra pobre, outro pra
classe média, outro pra classe média metida a besta,
outro pra rico.
Assim, de uma forma bem democrática o que se
ouve demonstra de onde vens.
São Paulo é sobretudo uma grande boca, mais que
um grande ouvido... Voce anda pela periferia da
cidade e se intriga porque eles ouvem música tão
alto.
A gente sabe que o álcool inibe a audição, e que o
bêbado escuta mais baixo, por isso ele fala alto! Mas
não são todos bêbados, então surgem na cabeça
algumas hipóteses para entender por que se ouve
música tão alto na periferia, no carro (geralmente
velho com mais de dez anos) com aquele sonzão no
porta-malas, a TV colocada tão alto, do alto, de um
púlpito que mais parece um altar, as igrejas evangélicas onde todos gritam e os sistemas de som são cada
vez mais sofisticados e potentes.
Enfim, a música é um evento público.
Me recordo que, em 1995, em Stuttgart na Alemanha,
quando estava criando a música para Othello, com o
bailarino brasileiro Ismael Ivo e o coreógrafo austríaco
Johann Kresnik, estava empolgado porque finalmente
havia encontrado o CD do Frank Zappa, e comecei a
ouvir, não muito alto, num sábado à tarde...
Não é que um vizinho em cinco minutos ja estava me
ligando para reclamar???
Isso nunca aconteceria em São Paulo, ou eu curtiria o meu Zappa em paz ou levaria um tiro! Essa é
a diferença entre São Paulo e uma cidade europeia,
por exemplo. Ou sou ignorado (um certo fator de
civilidade, afinal vivemos numa grande cidade, uma
metrópole, e precisamos conviver, conceder) ou levo
logo um tiro na testa e acaba o problema.
Andar pelas ruas da cidade é outro prazer sonoro,
você pode andar de ouvido. Ou seja, ir acompanhando as coisas pelo som. Tem pregador, relógio
despertador paraguaio soando na orelha, gente gritando, uma festa.
Criei a Orquestra de Músicos das Ruas de São Paulo reunindo músicos de rua e músicos imigrantes. As
sonoridades da rua e das culturas de outros povos
como japoneses, paraguaios, mexicanos, bolivianos,
et cetera.
Somos um retrato dessa cidade que todo mundo por
aqui odeia, mas não larga!
The sounds of this city are like that, one for the poor,
another for the middle class, another for the stuckup middle class, another for the rich.
That way, very democratically, what you hear shows
where you come from.
São Paulo is especially a big mouth, more than a big
ear ... You can walk through the city‘s outskirts and
be intrigued by why they hear music so loud.
We know that alcohol inhibits hearing, and that
drunks listen less, that is why he speaks so loud! But
they are not all drunk, so some hypotheses come
to mind to understand why music is listened to so
loud in the outskirts, inside cars (usually older models with over ten years) with big sound systems in
the trunk, with the TV posted up so high, from up
above, from bully pulpits that seem more like altars,
from evangelical churches where everybody screams
and sound systems are increasingly sophisticated
and powerful.
In short, music is a public event.
I remember that in 1995, in Stuttgart, Germany,
when I was creating music for Othello, with the Brazilian ballet dancer Ismael Ivo and Austrian choreographer Johann Kresnik, I was especially thrilled to
find a Frank Zappa album and started to listen, not
very loud, on a Saturday afternoon ...
Was it only five minutes later that a neighbor was
already calling me to complain???
That would never happen in São Paulo, where I
would enjoy my Zappa in peace or would be shot!
That is the difference between São Paulo and a European city, for instance. Either I am ignored (with a
certain civilized factor, since after all we live in a big
city, a metropolis, and we need to live together, to
yield) or soon I am shot in the face and the problem
is over.
Walking the city‘s street is another resonant pleasure, you can walk it by ear. In other words, you can
follow things by their sounds. There is the preacher,
the Paraguayan alarm clock ringing the ears, people
screaming, a real party.
I created the São Paulo Street Musicians Orchestra
by gathering street and immigrant musicians. The
sounds of the street and of the culture of other peoples like the Japanese, Paraguayan, Mexicans, Bolivians, et cetera.
We are a portrait of this city that everybody around
here hates, but cannot leave!
243
Livio Tragtenberg
Livio Tragtenberg
Livio Tragtenberg
BR
So tanzt São Paulo
Es war 22 Uhr. Samstagnacht. Wir kamen mit der
Metro in Belenzinho an und trafen am Ausgang der
Station gleich auf Jugendliche, die sich entlang einer
Mauer formierten. Wir gingen an der Menschenkette vorbei und steuerten die Chic Show, das Ziel
unseres damaligen Abends, an. Jetzt erst merkte ich,
daß all die Leute für genau dieselbe Veranstaltung
Schlange standen.
Wir steckten damals, 1991, mitten in der Produktion des Dokumentarfilms Como dança São Paulo
(So tanzt São Paulo), der vom städtischen Kulturamt
gefördert wurde.
Vor der Chic Show hatten wir schon im Forró do
Pedro Sertanejo im Stadtteil Brás, im Clube da Saudade in Lapa, im Lambar in Itaim und in anderen
Tanzhallen der Stadt gefilmt. Es fehlten auch noch
andere Aufnahmen, aber diesen Abend zu filmen
war für uns eine besondere Herausforderung. Die
Chic Show stellt eine Weiterentwicklung der „Gafieira“ genannten Samba-Veranstaltungen dar, die
in den Räumen des São Paulo Chic im Stadtteil Barra
Funda stattfinden und allen Gesellschaftsschichten
offenstehen. Die Kinder und Enkel der dort aktiven
Samba-Tänzer haben die Musik ihrer Väter und
Großväter mit neuen, zumeist nordamerikanischen
Rhythmen angereichert und wurden damit so erfolgreich, daß sie in Belenzinho eigene Räume eröffnen konnten.
An diesem Abend tanzten dort mehr als viertausend
Menschen zu Samba-Rock, Soul und Charm: Von
der Bühne aus hatte ich den Eindruck, ich könnte
ganz São Paulo beim Feiern zusehen. Wenig später filmten wir den Tanz der Samba-Schule „Camisa
Verde e Branco“ aus Barra Funda, die wir bei ihrer
letzten Probe wenige Tage vor Beginn des Karnevals
begleiteten.
Es regnete und es war heiß, als der „Mestre-sala“
und die „Porta-bandeira“ – die aus der Zeit gefallenen höfischen Figuren des Großzeremonienmeisters und der Fahnenträgerin – als Anführer ihres
Zuges mit ihrer energiegeladenen Tanz-Choreographie auftraten. Das blaublütige Paar auf dem Photo
gehört übrigens zur Samba-Schule „Pérola Negra“
aus dem Stadtteil Vila Madalena.
In den 21 Jahren, die seit der Erstaufführung der Dokumentation im Jahr 1991 vergangen sind, haben
sich zwar die Rhythmen und das Leben verändert,
die Zahl der Leute, die in São Paulo jeden Tag das
Tanzbein schwingen, ist jedoch beständig gewachsen. Ausgangspunkt der Dokumentation waren
zwei Recherchen für eine im Centro Cultural São
Paulo beheimatete Forschungsgruppe für darstellende Kunst. Meine erste Untersuchung stützte sich
auf Photographien von Gal Oppido, die zweite hatte
einen Film von Aluisio Raulino zur Grundlage. Die
Idee der Dokumentation war, den Tanz aus der Sicht
derjenigen zu zeigen, die ihn fröhlich, enthusiastisch
und durchaus mit Methode aufführen, ohne daraus
einen Beruf zu machen.
Anders als viele glauben, wird in São Paulo genauso
fleißig getanzt wie gearbeitet. An allen möglichen
Orten und auf sehr unterschiedliche Art und Weise
bewegen sich die Paulistaner zur Musik – auf der
Bühne, im Saal, auf öffentlichen Plätzen, in der Disco,
in der Metrostation oder am Bahnhof.
Die Tanzstile kommen und gehen: Der Lambada,
den wir in Como dança São Paulo (So tanzt São Paulo) dokumentierten, ist fast verschwunden, an seine
Stelle ist der Forró universitário und der Hip-Hop getreten. So wird der Rhythmus der Stadt – von dem
viele denken, daß er nur durch Straßen, Gebäude,
Handel, Dienstleistungen und Fabriken bestimmt
wird – auch durch den Tanz geprägt.
Die Gründe für die Freude am Tanz sind vielfältig:
Die Leute tanzen aus Vergnügen, aus Leidenschaft,
Gruppengefühl oder Gewohnheit, um sich mit anderen zu verbinden und zugleich allein mit ihrem
Körper zu sein, aus Freude am Rhythmus, an der
Musik und an der Bewegung oder einfach nur, um
Teil einer reichen und vielschichtigen Kultur zu sein.
Hinzu kommen noch die Profis – die Choreographen
und Tänzer, die mit ihrer Kunst die ganze Bandbreite
der menschlichen Gefühle vermitteln. Ihre Aufführungen erzählen uns – ganz ohne Worte – von den
Themen und Geschichten unserer Zeit. Die Profis
sind die Verbindung zwischen all den Tänzern der
Stadt und werden jedes Jahr auch durch die „Mestre-salas“ und „Porta-bandeiras“ repräsentiert, die
das Sambódromo – das große Festgelände des Karnevals – zum Kochen bringen.
Cássia Navas
Como dança São Paulo
244
São Paulo, 22 horas. Saímos da estação de metrô
Belenzinho, em um sábado à noite. Percebe-se o
final de uma fila de jovens que se organiza ao longo
de um muro junto à saída do metrô. Começamos a
andar ao lado da fila e quando chegamos ao Chic
Show, casa de dança para onde nos dirigimos, percebo que a fila é para comprar os ingressos. A noite
vai ser animada, a pesquisa se misturando à aventura.
Neste dia de 1991, estamos em meio à produção
do documentário Como dança São Paulo, produzido
pela Secretaria Municipal da Cultura.
Até a ida ao Chic Show, já tínhamos filmado o Forró
do Pedro Sertanejo, no Brás, o Clube da Saudade
da Lapa, a Nation, nos Jardins, o Lambar, no Itaim,
e outras casas de dança da cidade. Faltavam ainda
algumas tomadas, mas o desafio de documentar um
baile do Chic Show seria grande. Nascido nas salas
da gafieira São Paulo Chic, na Barra Funda, o evento
fora crescendo depois que netos e filhos dos “bambas” do samba do lugar resolveram criar um baile
para outros ritmos, principalmente aqueles que vinham nas asas do blues norte-americano. Quando o
tamanho do público aumentou, espraiaram-se para
o salão do Belenzinho.
Dentro do Chic Show, a multidão dançava sambarock, rock, soul, charm. Mais de quatro mil pessoas
passariam por ali naquela noite, e de cima do palco
eu observava uma “São Paulo que dança”. Pouco depois, filmaríamos outra tribo dançante, a do samba,
representada no filme e na pesquisa pelo ensaio final
da Escola de Samba Camisa Verde e Branco, na Barra
Funda, dias antes do Carnaval.
Chovia e fazia calor, povo dançando em torno do
mestre-sala e da porta-bandeira, duo que nos apresenta a realeza de cada escola de samba, carregando
o estandarte da escola nas mãos e a energia nos passos coreografados. Como na foto do “casal real” da
Escola de Samba Pérola Negra, da Vila Madalena.
21 anos se passaram da estreia do documentário,
mudaram os ritmos, mudou a vida, mas a quantidade de pessoas que dançam a cada dia em São
Paulo só fez crescer.
No documentário de 1991 – produzido a partir de
duas pesquisas que realizei na Equipe de PesquisaArtes Cênicas / Centro Cultural São Paulo, a primeira
vez pelos registros fotográficos de Gal Oppido e, no
filme, com direção de Aluisio Raulino – a proposta
era mostrar a dança pelo lado de quem, com paciência, método, alegria e entusiasmo, não tem a
arte como uma profissão.
Desde sempre, e diferentemente do que muitos
pensam, dança-se muito em São Paulo, tão laboriosamente quanto se trabalha. Em muitos cantos
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e espaços – palco, salão, quadra, boate, desvão de
estação de metrô ou trem – cidadãos movem-se em
dança, e de variadíssimas maneiras.
Os gêneros destas danças vão e vêm, a lambada que
documentamos no Como dança São Paulo já quase
não existe. Apareceu o forró universitário, as danças do hip hop se fortaleceram e se multiplicaram,
e a pulsação do povo de uma cidade – que muitos
pensam só se mover pelas ruas, prédios, comércio,
serviços e fábricas – continua a se fazer pela dança.
Uma multidão de pessoas dança em São Paulo. Por
prazer, por paixão, pela importância de estar em
comunidade, pela coerção do rito, pela alegria da
pertencer a um ritmo, movimento, cadência. Para
mesmo em companhia estar sozinho controlando
seu corpo em uma cultura rica de significados. Individualidades somadas resultando em culturas grupais.
A todos estes atores, agregam-se aqueles que fazem
da dança sua profissão – coreógrafos e bailarinos
que, para além da ocasião, rito, celebração ou ato
social, a partir da arte comunicam conhecimento
humano através da escrita coreográfica. Estão nos
espetáculos de dança, pelos quais nos contam – sem
palavras – temas, sensações, histórias e emoções de
nossos tempos. Pulsando junto com a cidade, estabelecem conexões com toda a dança que se faz por
aqui, todo dia e a cada momento, e estão representados no balé de cada dupla de porta-bandeira e
mestre sala que rasga o sambódromo, a cada ano.
Cássia Navas
How São Paulo Dances
São Paulo, 10:00 PM. We leave the Belenzinho subway station one Saturday night. A line of young
people is visible organizing itself along a wall by the
subway exit. We start to walk the line and when we
reach Chic Show, the dancing club we are going to,
I realize the line is for buying tickets. The night is
going to be good, research mixing with adventure.
In that day in 1991, we were in the middle of production for the documentary Como dança São Paulo
(How São Paulo Dances), produced by the Municipal
Office of Culture.
Before going to Chic Show, we had already filmed
Forró do Pedro Sertanejo in Brás, at the Clube Saudade da Lapa, at the Nation in Jardins, at the Lambar in Itaim, and at many other of the city‘s dancing
clubs. We still were missing some takes, but the
challenge of documenting a Chic Show party would
be big. Born in the ballrooms of “Gafieira“ club São
Paulo Chic, in Barra Funda, the event grew after
grandchildren and children of the place‘s samba
kings decided to create a ballroom for other rhythms,
especially those coming from the wings of the North
American blues. When the audience grew, it spilled
to the Belenzinho ballroom.
Inside Chic Show, the crowd was dancing samba
rock, rock, soul, and charm. Over four thousand
people would pass through there that night, and
from the stage I watched a “dancing São Paulo”.
Moments later, we would film another dancing
tribe, the samba one, represented in the film and
the research by the final rehearsal of Samba School
Camisa Verde e Branco, in Barra Funda, a few days
before Carnival (Mardi Gras).
It was hot and rainy, and people danced around
the “mestre-sala” (the “master of the room” and
the “porta-bandeira” (flag bearer), a duo that presents the royalty of each samba school, carrying the
school‘s flag and energy in their choreographed
steps. Like the photograph of the “royal couple” of
Samba School Pérola Negra, in Vila Madalena.
Twenty-one years have passed since the debut of the
documentary, the rhythms changed, life changed,
but the amount of people dancing in São Paulo every
day only grows.
In the 1991 documentary – produced from two
surveys I made at Research Group-Scenic Arts / São
Paulo Cultural Center, initially with the photographic
records of Gal Oppido and in the movie with the
direction of Aluisio Raulino – the proposal was to
show the dancing experience from the viewpoint of
those that, with patience, method, cheerfulness and
enthusiasm, do not have the art as their profession.
Ever since, and differently from what many would
think, there is a lot of dancing in São Paulo, with as
much effort as it is work life. In many corners and
spaces – stages, ballrooms, fields, clubs, the gaps of
subway or train stations – citizens move in dance,
and in the most varied forms.
The genres of those dances come and go, the lambada we documented in Como dança São Paulo
(How São Paulo Dances) is almost gone now. College forró appeared, the hip-hop dances strengthened and multiplied, the pulse of a city‘s people
– that many think only moves through the streets,
buildings, shops, services and factories – continues
to be sensed through dance.
A multitude of people dance in São Paulo. For
pleasure, for passion, for the importance of being
part of a community, for the happiness of belonging to a rhythm, movement, cadence. To be alone
even when accompanied, controlling their bodies in
a richly meaningful culture. Individualities added up
to create group cultures.
All of those players are joined by those that make
dancing their trade – choreographers and ballet
dancers which, beyond the occasion, rite and celebration of a social act, use the art to communicate
knowledge through choreography writing. They are
in the dance shows, where they tell us – without
words – the themes, feelings, histories and emotions
of our times. Pulsing with the city, they establish connections with all of the dancing taking place here,
every day and every moment, and are represented
in the ballet of each duo of “porta-bandeira“ and
“mestre-sala“ that every year tears up the Sambódromo (the largest venue of Carnival).
Cássia Navas
IC
Das Lächeln der Großstadt
Was für eine große Eingebung hatten die Jesuiten, als sie São Paulo tauften! Beeinflußt von der
jüdischen, hellenischen und lateinischen Tradition,
war der Apostel Paulus – Namensgeber der Stadt
– ein wahrhaft multikultureller Heiliger. Möglicherweise war er es, der die kleine Siedlung in ein modernes Babylon verwandelte, in dem der größte
Kippa-Verkäufer Sohn eines Ägypters und Ehemann
einer Japanerin ist.
Denke ich an São Paulo, so denke ich vor allem an
ihre großzügigen, aufgeschlossenen und warmherzigen Einwohner. An Überlebenskünstler mit so
unterschiedlichen Wurzeln. An Seemänner, die Salzsteine in den Augen und die Sehnsucht nach fernen
Ländern in der Brust tragen. An lebenslustige Geschichtenerzähler, in deren Seelen stets die Provinz
schlummert.
Es sind Menschen wie Benedito, ein Müllsammler
aus Piauí, der neben dem größten Gemüsemarkt der
Stadt wohnte. Mit einem unverwechselbaren Lederhut auf dem Kopf schob er seinen Müllwagen durch
den dichten Straßenverkehr und deklamierte dabei
volkstümliche Poesie. Seine Hündin „Neguinha“
konnte sprechen. Zu jeder Mahlzeit durfte sie etwas
von seinem Zuckerrohrschnaps trinken. Es war die
wahrhaftigste Liebe, von der ich je erfahren habe.
Oder Egbert, ein in Österreich geborener Taxifahrer.
Er war so ein großer Elvis-Fan, daß er sich als Siebzigjähriger die Haare pechschwarz färben und das
Gesicht liften ließ. Im Auto sorgte er eigenstimmig
für die musikalische Unterhaltung und beantwortete
die Fragen der neugierigen Passagiere mit ausführlicher Gründlichkeit.
Mein Jugendfreund Silvinho lebt bis heute im alten
Dorfkern von Carapicuiba. Als Kind verkaufte er
selbstgemachtes Eis, um die Familie zu unterstützen. Sein Herz war so groß, daß er das Eis oft an die
gesamten Nachbarschaftskinder verschenkte. Den
leeren Styroporkarton ließ er auf dem Boden liegen
und ging Fußball spielen. Zu Hause gab es dann
Kopfnüsse von der Mutter. Heute bringt er Straßenkindern das Fußballspielen bei. Crisone machte aus
mir einen treuen Anhänger des Fußballteams Corinthians und begeisterten Roberto Carlos-Hörer.
Sein Traum war es, einen Lastwagen zu besitzen.
Er starb im Fahrerhaus seines LKWs. Dr. Ulysses, ein
berühmter Pathologe und großartiger Geschichtenerzähler, benützte zum Duschen in der Pathologie
oft die Flipflops der Verstorbenen.
Im Juni vermisse ich die traditionelle „Festa Junina”
der Peo. Die Pädagogin aus Bahia nützte eine grüne
Oase der Stadt, um einen Montessori-Kindergarten
aufzubauen. Es gab Maiskuchen, funkelnde Kinderaugen, bunte Laternen und das einmalige Lächeln
von Dona Eunice (einer beleibten schwarzen Köchin,
die alle Personen stets mit „criatura“ anredete). Und
wie könnte ich die Hausgehilfin Marlete vergessen,
die vor der Trockenheit in Ceará floh, um ein neues
Leben in der Metropole zu suchen? Immer wenn es
regnete, ging sie auf die Straße und segnete jeden
einzelnen Regentropfen.
Inmitten der Hektik und grauen Anonymität der
Großstadt sind diese Menschen wohltuende Schutzhäfen, Einladungen zur Besinnung auf das Echte
und Spiegel der eigenen Seele. In einer subtilen und
bescheidenen Art und Weise geben sie den ganzen
Zauber des Lebens wieder. Wo immer ich bin, trage
ich diese Leute in mir. Sie haben mir die Bedeutung
der Authentizität, die Wichtigkeit der Warmherzigkeit und den Wert eines gemischten Miteinanders
gezeigt. Sie haben mir beigebracht, nicht alles so
ernst zu nehmen und mir die Gewißheit geschenkt,
daß das wahrhaft Gelebte immer überlebt. Möge
der Heilige Paulus sie alle beschützen!
Tim Wegenast
O sorriso da cidade grande
248
Que grande intuição tiveram os jesuítas na hora de
batizar São Paulo. Influenciado pela tradição judaica,
helênica e latina, o apóstolo Paulo – patrono da cidade – foi um santo verdadeiramente multicultural.
Talvez tenha sido ele mesmo quem transformou o
pequeno vilarejo nessa babilônia moderna em que o
maior vendedor de kipá é filho de epípcio e marido
de japonesa.
Quando penso em São Paulo, lembro de sua gente.
Um povo sorridente, dado à conversa, de espírito
leve, generoso, mestre na arte de sobreviver e de
origens bastante ecléticas. Como marinheiros, trazem pedras de sal nos olhares e a saudade de terras
distantes no coração. Na alma de cada um, dorme
a província.
São pessoas como o Seu Benedito, catador de lixo
do Piauí, que morava do lado do Ceasa. Sempre de
chapéu de couro, dirigia sua carroça recitando poesia popular. Mantinha uma linguagem secreta com
a sua cachorra “neguinha” e, na hora do almoço e
do jantar, dividia a pinga com a companheira. Foi o
amor mais verdadeiro de que já tive notícia. O Sr.
Egbert, um taxista nascido na Áustria, gostava tanto
de Elvis Presley que – aos 70 anos de idade – resolveu pintar o cabelo de preto e fazer plástica no
rosto. Respondia às perguntas curiosas dos passageiros com minuciosa precisão um simpático sotaque austríaco.
Amigo de infância, Silvinho até hoje vive na Aldeia de
Carapicuiba. Quando criança, vendia “geladinho”
para ajudar a família. De coração muito generoso,
distribuia o sorvete caseiro de graça para a molecada da vizinhança. Largava o isopor vazio no chão e
ia jogar bola. Ao voltar para a casa, sempre tomava
bronca da mãe. Hoje ensina futebol a crianças carentes. Crisone me ensinou a gostar do Corinthians
e a cantar músicas de Roberto Carlos. Seu sonho
sempre foi ser caminhoneiro. Morreu dentro da boléia de um caminhão. Dr. Ulysses, um famoso patologista e grande contador de histórias, usava os chinelos dos defuntos para tomar banho no instituto
de patologia. Edgar era boliviano e, aos 73 anos de
idade, passava o dia jogando tênis e paquerando as
mulheres no clube. De noite, bebia uísque.
Que saudades das festas juninas da Peo, uma baiana
que construiu uma escola infantil de filosofia Montessori em meio ao verde paulistano. Tinha bolo de milho, olhos de crianças cintilantes, lanternas coloridas,
uma fogueria enorme e o sorriso único de Dona Eunice (uma cozinheira negra que chamava todo mundo
de criatura e deixava as crianças lamberem forma de
bolo na cozinha). E como esquecer da Marlete, empregada doméstica que fugiu da seca cearense para
tentar a vida na metrópole? Quando chovia, agrade-
249
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cia a Deus e saia na rua para se molhar. Morria de
medo de lagartixas e insistia em querer me ensinar
canções religiosas.
Diante da correria e do anonimato cinzento da cidade grande, essas pessoas sao refúgios amenos,
descansos na loucura e espelhos da própria alma. De
forma sutil e despretenciosa, refletem toda a magia
da vida. Por onde ando, levo essa gente dentro de
mim. Mostraram-me a importância da autenticidade, o valor de um coração brando e a riqueza de um
convívio misturado. Ensinaram-me a não levar tudo
tão a sério e que o verdadeiramente vivido sempre
sobrevive. Que São Paulo os abençoe!
Tim Wegenast
The Smile Of The Big City
What a major inspiration the Jesuits had when they
named São Paulo! The apostle Paul – namesake of
the city and influenced by the Jewish, Hellenistic
(Greek), and Latin tradition – was a truly multi-cultural saint. Maybe it was he who transformed the
small settlement into a modern Babylon, in which
the biggest kippah seller is the son of an Egyptian
and the husband of a Japanese woman.
When I think of São Paulo, I think especially of its
generous, open-minded, and warm-hearted inhabitants, of survivalists with so many different roots. I
think of mariners who have salt stones in their eyes
and carry the longing for distant lands in their breasts.
I think of fun-loving storytellers, in whose souls the
province always slumbers.
It is people like Benedito, a garbage collector from
Piauí, who lived next to the largest vegetable market
in the city. With a distinctive leather hat on his head,
he pushed his garbage cart through the dense traffic and declaimed his popular poetry. His dog “Neguinha” could talk. At every meal she was allowed
to have a drink of his rum. It was the truest love I
have ever experienced. Or Egbert, an Austrian-born
taxi driver. He was such a big Elvis fan that he dyed
his hair jet black and got a facelift when he was a
seventy year-old. In the car, he provided solo musical
entertainment and answered the questions of curious
passengers with detailed thoroughness.
My childhood friend Silvinho still lives in the old village center of Carapicuiba. As a child he sold homemade ice cream to support the family. His heart was
so big that he often gave free ice cream to all the
neighborhood kids. He left the empty styrofoam box
on the ground and went to play soccer. At home, his
mother clobbered him. Today, he teaches the street
kids how to play soccer. Crisone made me a loyal fan
of the Corinthians soccer team and an enthusiastic
listener of Roberto Carlos. His dream was to own a
commercial truck. He died in the cab of his truck. Dr.
Ulysses, a famous pathologist and great storyteller,
often used the flipflops of the deceased to shower
in the pathology department.
In June, I miss the traditional “Festa Junina” of the
Peo. The teacher from Bahia used a green oasis of
the city to build a Montessori kindergarten. There
was corn cake, the sparkling eyes of children, colorful laterns, and the unique smile of Dona Eunice (an
obese black cook who always addressed everybody
with “criatura”). And how could I forget Marlete the
housemaid who fled the drought in Cearás to seek
a new life in the metropolis? Whenever it rained,
she went out into the street and blessed every drop
of rain.
Amidst the hustle and gray anonymity of the big
city, these people are soothing shelters, invitations
to reflect on what is real and a mirror of one’s own
soul. In a subtle and humble way, they give all the
magic of life. Wherever I am, I carry these people in
me. They have shown me the meaning of authenticity, the importance of warmth, and the value of a
mixed interaction. They have taught me not to take
everything so seriously and given me the certainty
that what is truly lived always survives. May Saint
Paul protect them all!
Tim Wegenast
BR
Schatten am Lichtbahnhof
Denn die einen sind im Dunkeln
Und die anderen sind im Licht.
Und man siehet die im Lichte
Die im Dunkeln sieht man nicht.
(Bertolt Brecht, Dreigroschenoper )
Daß die im Dunkeln gelegentlich doch gesehen
werden, bezeugen seit Jahrhunderten die präzisen
und verstehenden Blicke mancher Dichter, Maler,
Photographen auf Außenseiter: Herumlungerer,
Eckensteher, Huren, Zuhälter, Glückspieler, Bettler,
Drogensüchtige, Straßenverkäufer, Handlanger und
andere, die auf der Schattenseite des Lebens stehen.
Wie hier auf Menschen an der Rückwand des berühmten Bahnhofs Luz, wenige Meter über der labyrinthischen Unterwelt der U-Bahn-Station Luz, nahe
dem Park Jardim da Luz und dem Kloster Luz – dies
alles im Stadtviertel desselben freundlichen Namens,
der „Licht“ bedeutet.
Ein ungleich und ungerecht verteiltes Licht, trotz seines frommen Ursprungs, kommt es doch von der
im 17. Jahrhundert erbauten Igreja Nossa Senhora da Luz – Mariä Lichtmeß-Kirche – Kernzelle des
Klosters aus dem folgenden Jahrhundert, das heute
vom Orden der unbefleckten Empfängnis geführt
wird und ein bedeutendes Museum für Sakralkunst
beherbergt. Entworfen wurde der spätbarocke
und dennoch schlichte Bau, eines der ganz wenigen architektonischen Zeugnisse der Kolonialzeit in
São Paulo, vom Franziskanerpater Antônio Galvão,
der im Symboljahr der Staatsgründung 1822 starb
und hier bestattet wurde. Täglich besuchen Pilger
das Grab dieses Freundes der Armen, der als bisher
einziger Brasilianer heiliggesprochen wurde, weil er
Pillen erfand, die aus mit Gebeten beschriebenen
Zetteln bestehen und im Volk bis heute als Rettungsmittel gelten. Wo sonst in der Welt verleiben
sich Menschen das geschriebene Wort so wörtlich
ein, und wo sonst entfaltet es so umweglos eine
heilsame Wirkung? Eine Eucharistie sehr eigener
Art, die bei Schriftstellern Neid wecken könnte.
Andererseits: Wieviel Dunkel ist nötig, damit soviel
Wunderglaube wirkt?
Seit dreihundert Jahren empfängt das Lichtviertel
Mönche und Maultiertreiber, Soldaten und Bauern,
Arbeiter und Kapitalisten, ehrbare und betrügerische
Händler, Ingenieure und Kaffeebarone, Gestrandete
und Selfmademen, neuerdings auch Touristen und
Kunstfreunde aus aller Welt, und so sind hier die unterschiedlichsten Gebäude emporgewachsen, teils
wieder verschwunden oder auch verwandelt neu erstanden: Kirchen und Kaschemmen, Läden und Fabriken, Banken und Bordelle, Spielhöllen und Hotels,
Flachbauten und Wolkenkratzer, Massenquartiere
und Musentempel. Und vor allem zwei prachtvolle
Bahnhöfe: die neoklassizistische Estação da Luz, im
viktorianischen England entworfen und von dort
um 1900 in Einzelteilen herangeschafft, mit ihrem
schlanken Uhrenturm ein Wahrzeichen des ganzen
Viertels, und in fußläufiger Entfernung die Estação Júlio Prestes, ein eklektischer Monumentalbau
der 30er Jahre, eigentlich schon im Nachbarviertel
Campos Elíseos gelegen, den „Elysischen Gefilden“,
die heute ihrem Namen wenig Ehre machen. Die
Eisenbahn – Motor der Industrialisierung und Verstädterung – brachte das Exportprodukt Kaffee aus
dem Hinterland hierher und dann weiter zum Hafen
von Santos, die Reisenden von und nach der alten
Hauptstadt Rio de Janeiro und die Einwanderer aus
beiden Hafenstädten nach Luz, viele von ihnen auch
weiter ins Landesinnere. Es war ein Durchgangsviertel, aber auch eines zum Bleiben für Unter- und
Mittelschichten, insgesamt gesehen eine der „besseren“ Gegenden der Stadt.
Als die brasilianischen Eliten in kurzsichtiger Modernisierungseuphorie begannen, die Eisenbahnen verfallen zu lassen und sich ganz dem Automobil und
dem Flugzeug verschrieben, seit den 1950er Jahren
also, begann auch der Verfall der Bahnhöfe und darüber hinaus des ganzen Viertels, das die Mittelklasse
auch deshalb verließ, weil ihre Wohnhäuser keine
Garagen hatten. Armut, Verslumung, Gewalt, Prostitution und Drogenhandel breiteten sich aus, die
öffentlichen Räume verkamen. Der einen Steinwurf
von der Estação Júlio Prestes erstellte Busbahnhof,
in dem ich an einem grauen Oktobermorgen des
Jahres 1968 den Boden von São Paulo zum ersten
Mal betrat, war ein unschöner und letztlich untauglicher Ersatz für die stillgelegten Fernbahnhöfe und
mußte bereits in den 80er Jahren wegen ständiger
Staus in den benachbarten Straßen verlegt werden,
nordwärts zur Stadtautobahn am Rio Tietê. Da waren die glanzvollen Kathedralen der Moderne schon
längst zu verwahrlosten Haltestellen für Vorortzüge
herabgesunken.
Bis sie von den Musen wieder wachgeküßt wurden.
Denn die Bahnhöfe haben, wie auch andere öffentliche Bauten des Viertels, vor einigen Jahren einen
Funktionswandel durchgemacht: Der degradierte
Lichtbahnhof wurde aufwendig restauriert, und sein
Verwaltungstrakt wurde zum Sitz des Museums der
Portugiesischen Sprache erhoben, das Linguistik und
auch Literatur populär aufbereitet – eine sinnvolle
Verbindung, sind doch beide, Eisenbahn und Sprache, Mittel des Verkehrs und der Verständigung.
Und aus der Haupthalle des ebenfalls restaurierten
Bahnhofs Júlio Prestes hat man die Sala São Paulo
gezaubert, den schönsten Konzertsaal der Stadt.
Der Park auf der Lichtseite des Lichtbahnhofs, als
Botanischer Garten bereits 1798 angelegt und ge-
wissermaßen das aufklärerische Pendant zum benachbarten Kloster, ist derselbe, in dem Macunaíma
– der Taugenichts aus dem gleichnamigen Roman
von Mário de Andrade – in den zwanziger Jahren mit
der Frau seines Bruders schäkerte. Auch diese Grünanlage, lange Zeit verwahrlost, hat sich feingemacht
und ist sogar eine Art Freilichtmuseum geworden,
dank zahlreicher Skulpturen aus der angrenzenden
Pinakothek. Diese, aus einer großartig umgebauten
Schule für Gewerbe und Gestaltung hervorgegangen, zeigt berühmte Werke brasilianischer und europäischer Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts im
Dialog. Die neuen Kulturbauten halten den weiteren
Verfall des Viertels auf und verleihen ihm neuen
Glanz, der allerdings zu einer – in Ansätzen bereits
erkennbaren – Gentrifizierung führen dürfte.
Zu den Schatten- und Lichtseiten des Viertels gehören auch die Repression und ihre Aufarbeitung. Zwischen beiden Bahnhöfen lag während der Militärdiktatur (1964–85) die Zentrale der Politischen Polizei,
deren Räume zur Gedenkstätte des Widerstands
sowie zu einer Außenstelle der Pinakothek umgewidmet wurden. Wenige Gehminuten entfernt, zwischen Pinakothek und Kloster an der Avenida Tiradentes, deren Namensgeber ein republikanischer
Freiheitsheld von 1789 war, erhebt sich mitten auf
dem Gehweg ein merkwürdig freistehendes Tor.
Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre war es für
viele Gegner der Diktatur der Eingang zur Hölle, zum
Presídio Tiradentes, wo unter anderen die heutige
Staatspräsidentin Dilma Rousseff drei Jahre in Haft
war. Auf dem Areal stehen heute ein Studiotheater
von TV Cultura und eine Filiale der Banco do Brasil,
was unbedingt ein Fortschritt ist, selbst wenn man
mit Brecht die Frage stellen wollte, was denn der
Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer
Bank sei.
Blickt man durchs frühere Gefängnistor auf die
andere Straßenseite, wird man an Kontinuitäten
zwischen Diktatur und Demokratie erinnert. Die
dortige Kaserne ist die Zentrale der ROTA, einer in
den 70er Jahren gegründeten sogenannten Elitepolizei, berüchtigt wegen ihrer vorschnellen Gewaltbereitschaft nach dem Motto: erst schießen, dann
fragen. Wesentlich geändert haben sich nicht ihre
Methoden, sondern zum Teil ihre Opfer, denn heute
verfolgt sie nicht die politische Opposition, sondern
wirkliche und vermeintliche Kriminelle. Und alle, die
im Dunkeln stehen, müssen Angst vor ihr haben.
Den Menschen, die neben dem Hintereingang des
Lichtbahnhofs stehen, zeigt dieser Prachtbau mit
seinen vielen zugemauerten hohen Tür- und Fensterbögen die kalte Schulter. Anders als die von links
ins Bild tretende Frau, die eine Studentin oder Lehrerin sein mag, finden die Schattenmenschen zur Bilder- und Sprachkultur auf der anderen Bahnhofseite
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keinen Zugang. Obschon Schatten auch wohltuend
und Licht auch schmerzend sein kann, würden sie
gewiß gern öfter auf lichtvollere Szenen blicken. Was
vor ihnen liegt, ist keine Augenweide, wenn auch lebensvolle Wirklichkeit: kein großzügiger Platz, wenig
Grün, nicht abgeholter Müll, ungepflegte und holprige Fahrbahnen und Bürgersteige, doch Straßen
voller Läden und Buden, von Menschen wimmelnd,
bunt und quirlig, für Händler offenbar lukrativ und
für Kunden attraktiv. Mittel- und Oberschichtsangehörige verirren sich selten hierher, denn der Kiez gilt
an dieser Stelle als „Cracolândia“ – Crackland.
Auf der anderen, der Postkartenseite des Bahnhofs,
an der Praça da Luz dagegen: Offenheit, Großzügigkeit, ja Schönheit, genossen vor allem von Besuchern aus anderen Stadt- und Weltbezirken. Jeder
Türbogen eine Tür, jeder Fensterbogen ein Fenster,
gern tritt man ein und auch wieder heraus. Nach
Innen fällt der Blick auf die prächtige Wandelhalle,
nach außen auf weite, fast leere Flächen mit wenigen Fußgängern, auf Taxis und Touristenbusse, den
Park und die Pinakothek, auf den – von hier gesehen
– fast hochhauslosen Himmel, ein visueller Luxus in
dieser Stadt, und rechter Hand weist ein Schild zum
Eingang des Sprachmuseums. So markiert der Bahnhof eine unsichtbare Grenze zwischen denen im
Dunkeln und denen im Licht.
Dennoch kehre ich immer wieder gern nach Luz zurück, hier bin ich der Stadt zuerst begegnet, hier
war ich 24 Stunden lang Häftling der Diktatur, hier
haben Menschen und Straßen und Kunstwerke
bleibenden Eindruck in mir hinterlassen. Hier ist
die Tendenz zur räumlich-sozialen Segregation und
Ghettobildung weniger ausgeprägt als in anderen
brasilianischen Stadtlandschaften, und hier haben
die im Dunkeln einen – wenn auch prekären – Platz.
Luz, an der Peripherie des alten Zentrums gelegen
und übergangslos mit ihm verbunden, ist nicht nur
kontrastreicher, es ist auch vitaler, faszinierender,
wirklicher als schickere Teile der Megalopolis mit
ihren Glitzerfassaden, Shopping-Centern und Oberschichtenghettos. Schäbigkeit und Schönheit, Abbruch und Aufbruch, Vergessen und Gedenken,
Geschmacklosigkeit und Kreativität gehören hier zusammen: Immer ist ein Neuanfang möglich, nie wird
das Lichtviertel fertig, immer erfindet es sich neu.
Luz ist die Quintessenz São Paulos, die Quintessenz
Brasiliens, vielleicht der Welt.
Berthold Zilly
Sombras na Estação da Luz
Pois alguns na sombra estão,
E outros estão na luz.
Vemos os que estão na luz,
Os que estão na sombra, não.
(Bertolt Brecht, Dreigroschenoper / A Ópera dos Três Vinténs)
Que os que estão na sombra às vezes são vistos,
sim, é atestado, há séculos, pelo olhar exato e compreensivo que certos poetas, pintores e fotógrafos
dedicam aos excluídos: a vagabundos, ociosos da
esquina, meretrizes, gigolôs, jogadores de azar, mendigos, viciados em drogas, vendedores ambulantes,
serventes e tantos outros que ficam do lado sombrio
da vida. É o que ocorre com as pessoas aqui, nos
fundos da famosa Estação da Luz, a poucos metros
do submundo labiríntico da estação de metrô Luz,
perto do parque Jardim da Luz e do Mosteiro da Luz
– tudo isso no bairro com o mesmo nome aprazível
e sugestivo: Luz.
Uma luz distribuída de forma desigual e injusta,
apesar da origem piedosa do nome, que provém da
Igreja Nossa Senhora da Luz, construída no século
XVII, cerne do mosteiro do século seguinte, hoje administrado pela Ordem das Irmãs Concepcionistas,
que abriga o importante Museu de Arte Sacra. É
um prédio singelo, apesar de ser do barroco tardio,
uma das poucas reminiscências arquitetônicas do
período colonial em São Paulo. Foi projetado pelo
padre franciscano Antônio Galvão, que morreu no
ano simbólico da fundação do Estado brasileiro em
1822, e aqui está sepultado. Todos os dias, romeiros visitam o túmulo desse amigo dos pobres, até
agora o único brasileiro santificado, por ter inventado pílulas que consistem de orações redigidas em
papeizinhos e que o povo até hoje considera salvadoras. Em que outro lugar, neste vasto mundo, as
pessoas literalmente incorporam a palavra escrita, e
em que outro lugar ela surte um efeito tão salutar, e
de modo tão direto? Uma eucaristia muito própria,
de causar inveja a escritores. Por outro lado: quanta
sombra é necessária para que toda essa crença milagrosa seja eficaz?
Há trezentos anos, o bairro da Luz recebe monges
e tropeiros, soldados e camponeses, trabalhadores
e capitalistas, comerciantes honestos e desonestos,
engenheiros e barões do café, náufragos e selfmade
men e, em anos mais recentes, turistas e amigos
da arte do mundo inteiro. Foi assim que surgiram
as construções mais diversas, parcialmente já desaparecidas, ou renascidas e transfiguradas: igrejas e
tavernas, lojas e fábricas, bancos e bordéis, inferninhos e hotéis, prédios baixos e arranha-céus, cortiços e templos das musas. E, principalmente, duas
suntuosas estações ferroviárias: a neoclassicista
Estação da Luz, projetada e produzida na Inglaterra
vitoriana e trazida de lá, por volta de 1900, em componentes pré-fabricados, com sua elegante torre de
relógio, um símbolo para o bairro todo. E, numa distância que pode ser percorrida a pé, a Estação Júlio
Prestes, monumental construção eclética dos anos
1930, situada no bairro vizinho dos Campos Elíseos,
que já não faz jus ao nome. A ferrovia – motor da
industrialização e da urbanização – transportava o
café, produto de exportação, do interior para cá e
depois até o porto de Santos. Transportava também
os viajantes da e para a antiga capital federal, o Rio
de Janeiro, e os imigrantes de ambas as cidades portuárias para a Luz, muitos dos quais seguiam para
o interior. Era um lugar de passagem, mas também
de estadia permanente para as classes de baixa e
média renda, considerado uma área relativamente
“boa” da cidade.
Nos anos 50, quando as elites brasileiras, numa míope euforia de modernização, começaram a deixar
decair as ferrovias, passando a apostar exclusivamente no automóvel e no avião, começou a decadência das estações de trem e do bairro como um
todo, que também foi abandonado pela classe média, porque suas residências não tinham garagens.
Pobreza, favelização, violência, prostituição e tráfico
de drogas se alastraram, os espaços públicos se degradaram. A Estação Rodoviária, erguida a poucos
passos da Estação Júlio Prestes, e onde pisei o chão
de São Paulo pela primeira vez, em uma cinzenta
manhã de outubro de 1968, era um sucedâneo
feio e praticamente inútil das desativadas estações
de trem. Nos anos 80, devido aos incessantes engarrafamentos nas ruas adjacentes, a rodoviária foi
transferida para a marginal do rio Tietê, no norte.
Naquela ocasião, as magníficas catedrais da modernidade já se haviam transformado em desmazeladas
paradas de trens de subúrbio.
Mas foram novamente acordadas, como que beijadas pelas musas. Assim como outros prédios públicos do bairro, há alguns anos as estações de trem
passaram a ganhar uma nova função. A degradada
Estação da Luz foi suntuosamente restaurada e sua
ala administrativa transformada em sede do Museu
da Língua Portuguesa, que aborda de forma popular
a linguística e a literatura – uma conexão que faz
sentido, uma vez que tanto a ferrovia quanto a linguagem são meios de transporte e de comunicação.
E o saguão principal da também restaurada Estação
Júlio Prestes foi transformado, num passe de mágica, na mais bela sala de concertos da cidade, a Sala
São Paulo.
O parque do lado iluminado da Estação da Luz, projetado já em 1798 para servir de jardim botânico
− de certo modo, o correspondente iluminista do
mosteiro vizinho − é o mesmo em que Macunaí-
ma, o malandro do romance homônimo de Mario
de Andrade, namorou, nos anos 1920, a mulher do
seu irmão. Abandonada durante muito tempo, esta
área verde também se enfeitou, tornando-se uma
espécie de museu a céu aberto, graças às inúmeras
esculturas provenientes da vizinha Pinacoteca. Esta
construção, nascida de uma grandiosa reforma do
prédio do antigo Liceu de Artes e Ofícios, exibe famosas obras da arte brasileira e europeia dos séculos
XIX e XX, dialogando entre si. Os novos prédios culturais barram o declínio do bairro e lhe conferem um
novo brilho, o que poderá provocar – e já há indícios
disso – um fenômeno de gentrificação.
Também se inserem no jogo de luz e sombra do
bairro a repressão e sua elucidação crítica. Entre as
duas estações de trem, na época da ditadura militar (1964–1985), ficava a central da polícia política
de São Paulo, o Departamento Estadual de Ordem
Política e Social (DEOPS) cujas dependências foram
transformadas, depois do fim da ditadura, no Memorial da Resistência, e também em uma extensão
da Pinacoteca. A poucos minutos a pé, entre a Pinacoteca e o Mosteiro, na Avenida Tiradentes −
cujo nome homenageia um herói republicano na
luta contra o jugo colonial, de 1789 − ergue-se, no
meio da calçada, um portal estranhamente isolado, de vão livre. Para muitos adversários da ditadura militar do final dos anos 1960 e início dos anos
1970, representava a entrada ao inferno: o presídio
Tiradentes onde, entre outros, a atual presidente da
República Dilma Rousseff ficou presa durante três
anos. Hoje ficam aqui um teatro-estúdio da TV Cultura e uma filial do Banco do Brasil, o que decerto é
um progresso, mesmo se, com Brecht, quiséssemos
perguntar o que é o assalto a um banco em comparação com a fundação de um banco.
Ao olhar através do antigo portal do presídio para o
outro lado da avenida, somos induzidos a lembrar
de continuidades entre a ditadura e a democracia.
O quartel ali localizado é a sede da ROTA, polícia
supostamente de elite, formada nos anos 1970, de
triste fama devido à sua ávida prontidão para a violência que parece seguir o lema: primeiro atirar e
depois perguntar. Na essência, o que mudou não
são os seus métodos, mas em parte as suas vítimas:
hoje, não persegue mais a oposição política, mas
verdadeiros e pretensos criminosos. E todos os que
vivem na sombra têm razões de temê-la.
As pessoas ao lado da entrada dos fundos da Estação
da Luz são ignoradas por essa magnífica construção
com suas portas e janelas arqueadas, mas aqui quase todas fechadas, emparedadas. Diferentemente
da mulher que entra em cena pela esquerda e que
pode ser uma universitária ou professora, as pessoas
na sombra não têm acesso à cultura das letras e das
artes plásticas do outro lado da Estação. Apesar de
uma sombra também poder ser aprazível e a luz extenuante, certamente gostariam de ver cenas cheias
de luz. O que se lhes apresenta não é um deleite
para os olhos, ainda que seja uma realidade repleta
de vida: uma praça nada generosa, pouco verde, lixo
acumulado, ruas e calçadas sem trato e esburacadas,
mas cheias de quiosques e lojas e, lotadas de gente,
coloridas e efervescentes, aparentemente lucrativas
para os comerciantes e atrativas para os fregueses.
Membros da classe média e alta raramente se perdem por aqui, porque essa parte do bairro é considerada uma “cracolândia”.
Do outro lado, “cartão postal” da Estação da Luz,
na Praça da Luz, encontramos o oposto: abertura,
generosidade, uma verdadeira beleza, desfrutada
geralmente por visitantes de outras partes da cidade
e do mundo. Cada arco de porta uma porta, cada
arco de janela uma janela, é prazeroso entrar e sair.
Para dentro, o olhar recai sobre o esplêndido hall da
estação, para fora, sobre áreas amplas, quase vazias,
com poucos pedestres, sobre táxis e ônibus com turistas, sobre o Jardim da Luz e a Pinacoteca, sobre
– visto daqui – um céu quase sem arranha-céus, um
luxo visual nessa cidade e, à direita, uma placa indica
a entrada do museu da Língua Portuguesa. Assim, a
Estação marca uma fronteira invisível entre os que
estão na sombra e os que estão na luz.
Apesar de tudo, sempre gosto de voltar para a Luz.
Aqui tive meu primeiro encontro com a cidade, aqui
fui, por 24 horas, um preso da ditadura, aqui pessoas e ruas e obras de arte deixaram marcas inesquecíveis em mim. Aqui a tendência à segregação
espacial e social e à formação de guetos é menos
visível do que em outras paisagens urbanas brasileiras, e aqui os que estão na sombra têm o seu lugar,
ainda que precário. Luz, bairro localizado na periferia do antigo centro da cidade e ligado a ele sem
interrupções, não é somente mais rico em contrastes, é também mais vital e fascinante, mais real do
que partes mais chiques da megalópole com suas
fachadas reluzentes, shoppings e guetos das classes
mais altas. Desleixo e beleza, demolição e elevação,
esquecimento e memória, mau gosto e criatividade
aqui andam juntos: sempre é possível um recomeço,
nunca o bairro da Luz fica pronto, sempre se reinventa. A Luz é a quintessência de São Paulo, a quintessência do Brasil, quem sabe, do mundo.
Berthold Zilly
Shadow At The Light Station
There are some who are in darkness
And the others are in light.
And you see the ones in brightness
Those in darkness drop from sight.
(Bertolt Brecht, Dreigroschenoper / The Threepenny Opera)
That those in darkness can still be seen occasionally
has been attested to for centuries by the precise and
understanding views of some poets, painters, and
photographers of outsiders: idlers, loafers, whores,
pimps, gamblers, beggars, drug addicts, street vendors, henchmen, and others who live on the shady
side of life. Like here on the people at the back wall
of the famous Luz train station a few meters above
the labyrinthine underworld of the Luz subway station, close to the Jardim da Luz Park and the Luz
Monastery – all of it in the neighborhood of the
same friendly name, that means “light”.
An unequal and unfairly distributed light, despite its
pious origin, comes from the Igreja Nossa Senhora
da Luz – Our Lady Candlemass Church – built in the
17th century, a core cell of the monastery from the
following century, which is run today by the Order
of the Immaculate Conception and houses an important museum for sacred art. The late Baroque
and still simple construction, one of the very few
architectural works of the colonial period in São
Paulo, was designed by Franciscan friar Antônio Galvão, who died in the symbolic year of the country’s
founding in 1822 and was buried here. Pilgrims visit
daily the tomb of this friend of the poor, who is the
only canonized Brazilian saint because he invented
pills that were made from prayers written on pieces
of paper and are still considered by people today as
a remedy. What other place in the world do people
take the written word so literally and where it develops a healing effect so easily? It is an eucharist of
its very own style, which could arouse envy among
writers. On the other hand: How much darkness is
necessary for belief in miracles to work?
For three hundred years, the light district has welcomed monks and mule drivers, soldiers and farmers,
workers and capitalists, honorable and fraudulent
merchants, engineers and coffee barons, stranded
people and self-made men, and more recently, tourists and art-lovers from around the world, and this
is how the most diverse buildings have grown up
here, partly disappearing again or rising anew in an
altered way: churches and seedy bars, shops and
factories, banks and brothels, casinos and hotels,
low-rise buildings and skyscrapers, camps and music
halls. And especially two magnificent train stations:
the Neo-Classical Estação da Luz, designed in Victorian England and shipped in parts from there around
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1900, with its slender clock tower, is a landmark
of the whole district, and within walking distance,
the Estação Júlio Prestes, an eclectic monumental
building of the 30s, located actually already in the
neighboring district of Campos Elíseos, the “Elysian
Fields”, that bring little honor to its name today. The
railroad – engine of industrialization and urbanization – brought the export product coffee here from
the countryside and then on to the Port of Santos,
which transported passengers from and to the old
capital of Rio de Janeiro and the immigrants from
both port cities to Luz, many of them also further to
the country’s interior. It was a transit area, but also
one to stay for lower and middle classes, overall,
one of the “better” areas of the city.
When the Brazilian elites began to let the railroads
fall into decay in the myopic euphoria of modernization and to commit themselves entirely to the automobile and the airplane, that is, since the 1950s,
the decay of the stations also began and, beyond
that, of the entire district, which the middle class
also therefore left because their homes had no garages. Poverty, slums, violence, prostitution, and
drug trafficking spread, public spaces degenerated.
The bus station erected only a stone’s throw from
the Estação Júlio Prestes, in which I first set foot in
São Paulo on a gray October morning in the year
1968, was an ugly and ultimately unfit substitute for
the disused railway stations and had to be moved
even in the 80s because of constant traffic jams in
the neighboring streets, northward to the freeway
at the Rio Tietê. The glorious cathedrals of the Modern age had long since sunk into squalid stops for
suburban trains.
They stayed like this until they were kissed awake
again by the muses. It is because the train stations,
like also other public works of the district, underwent a change of function a few years ago: The degraded light station was restored at great expense,
and its administration wing was raised to become
the seat of the Museum of the Portuguese Language,
which popularizes the study of language and literature – a useful connection, as both the railway and
language, are means of transport and communication. Moreover from the main hall of the also restored
Júlio Prestes train station, the Sala São Paulo, the
most beautiful concert hall of the city, was conjured
up.
The park on the bright side of the Light train station,
created as a botanical garden in 1798, and, to a certain extent, the Enlightenment counterpart to the
neighboring monastery, is the same, in which Macunaíma – the scamp from the novel by the same name
by Mário de Andrade – flirted with his brother’s wife
in the twenties. Even this park, neglected for a long
time, has been sharpened up and has even become
a kind of open-air museum, thanks to the numerous
sculptures of the adjacent Pinakothek. Emerging
from a great school converted for commerce and
design, this features famous Brazilian and European
art of the 19th and 20th centuries in dialogue. The
new cultural buildings slow the further decay of the
district and give it a new shine, which, though, could
lead to a gentrification – already evident in part.
The shadowy and bright sides of the district also include the repression and the coming to terms with
it. Between the two stations was the headquarters
of the political police during the military dictatorship
(1964–85), where the rooms were rededicated as a
memorial to the resistance as well as a branch of
the art gallery. Within walking distance, between art
gallery and monastery on the Avenida Tiradentes,
whose namesake was a republican freedom hero in
1789, stands a strangely detached gate in the middle
of the sidewalk. At the end of the 60s and early 70s,
it was the entrance to hell for many opponents of
the dictatorship, to the Presídio Tiradentes, where,
among others, the current president Dilma Rousseff
was imprisoned three years. On the site today stand
a studio theater of TV Cultura and a branch of the
Banco do Brasil, which is definitely a step forward,
even if you wanted to ask the question with Brecht,
what does breaking into a bank have to do with
founding a bank.
If you look through the former prison gate over to
the other side of the street, you will be reminded of
the continuities between dictatorship and democracy. The barracks there are the headquarters of
the ROTA, a so-called elite police unit founded in
the 1970s, notorious for their haste to use violence
according to the motto: shoot first, ask questions
later. Their methods have not changed significantly,
but only in part their victims, because today they do
not pursue the political opposition, but real and supposed criminals. And all who are in darkness must
fear them.
This magnificent building, with its many high-walled door and window arches, gives the people who
stand next to the rear entrance of the light station
the cold shoulder. Unlike the woman kicking into
the picture from the left, who could be a student or
a teacher, the shadowy people find no entrance to
the image and language culture on the other side of
the train station. Although shadows can be soothing
and light can also be painful, they would certainly
like to look more often on brighter scenes. What lies
ahead is no feast for the eyes, though it is full of life
reality: no generous space, little green, uncollected
trash, unkempt and bumpy roads and sidewalks,
yet streets full of shops and stands, teeming with
people, colorful and lively, apparently lucrative for
merchants and attractive for customers. Middle and
upper class members rarely get lost here because
the neighborhood at this point is considered “cracolândia“ – crack country.
On the other, postcard side of the train station,
however, at the Praça da Luz: visitors, especially from
other districts of the city and world, enjoy openness,
generosity, even beauty. Every gateway is a door,
every arched window a window, you like entering
and exiting again. To the inside, your view is directed
to a magnificent foyer, to the outside, to wide, almost empty spaces with few pedestrians, to taxis
and tour buses, the park and the art gallery (Pinakothek), to the sky almost devoid of skyscrapers – from
this vantage point – a visual luxury in this city and
on the right hand a sign points to the entrance of
the language museum. Thus, the station marks an
invisible boundary between those in darkness and
those in light.
Nevertheless, I keep going back to Luz again, this is
where I first met the city, here I was a prisoner of the
dictatorship for 24 hours, here people and streets
and works of art have left lasting impressions on me.
Here, the tendency for socio-spatial segregation and
creating ghettos is less pronounced than in other
Brazilian urban landscapes, and here those in darkness have – albeit precarious – space. Luz, located
at the periphery of the old center and seamlessly
conntected to it, is not only rich in contrasts, but
it is also vital, fascinating, more real than the more
chic parts of the megalopolis with their glittering façades, shopping centers, and upper class ghettos.
Shabbiness and beauty, demolition and new beginnings, forgetting and remembering, crassness and
creativity go together here: A new beginning is always possible, the light district is never finished, it
is always reinventing itself. Luz is the quintessence
of São Paulo, the essence of Brazil, perhaps of the
world.
Berthold Zilly
IC
Weg von zu Hause (Out Of Home)
Als ich eingeladen wurde, über „mein São Paulo“ zu
schreiben, fragte ich mich: Was kann ich über eine
Stadt schreiben, die mir zwar sehr wichtig ist, aus
der ich aber vor über 30 Jahren weggezogen bin?
Da merkte ich plötzlich, daß ich die Häuser, in denen
ich als Kind wohnte, und die Straßen und Viertel
meiner Jugend nie ganz verlassen habe.
Was mir im Rückblick auf diese Zeit als erstes in den
Kopf kommt, ist der Schrecken einer lebensgefährlichen Situation. Als Vierjährige rannte ich nämlich
einmal einem Ball hinterher und wäre dabei vor
unserem Haus in der Rua Tavares Cabral fast überfahren worden. Dabei war es eigentlich eine ruhige
Straße, in der unser weiß verputztes Haus mit den
Fifties-Möbeln stand. Es waren aber nur einige wenige Meter bis zur Kreuzung Avenida Faria Lima und
Avenida Rebouças und entnervte Fahrer versuchten
dem starken Verkehr zu entkommen, indem sie eine
Abkürzung durch unser Sträßchen nahmen. Es fehlten nur wenige Millimeter zwischen dem weißen
VW Käfer und meinem kleinen, zerbrechlichen Körper. Ich überlebte, ohne die Gefahr zu spüren, und
sah nur die fassungslosen Gesichter des Kindermädchens und des Paares hinter dem Steuer. Ich erinnere
mich, daß ich mich stark fühlte, weil ich das Auto im
richtigen Moment angehalten hatte.
Unser zweites Haus befand sich in der Straße Pedroso de Morais, an der Praça dos Omaguás auf Höhe
der Padaria Cisne. Ich war dort nur selten auf der
Straße – außer zum Süßigkeitenkaufen beim Bäcker
oder einmal zum Besuch eines Musik-Festivals in der
Grünanlage. Mein Bruder und ich waren meistens
im Hinterhof, wo wir durch eine hohe Mauer und
ein mächtiges, zur Straße hin blickdichtes Holztor an
einem Ort mit wenig Grün eingeschlossen waren.
Ich fühlte mich wie Dornröschen: Draußen war eine
lebendige Welt voller Wunder, Geheimnisse und interessanter Leute, die entdeckt werden wollte – und
wir mußten unsere Zeit in diesem langweiligen Hinterhof verbringen. Einen Ausweg bot schließlich der
Gang ins Internat. Meine Eltern hatten sich aus wirtschaftlichen Gründen entschlossen, ihre Geschäfte in
der Stadt zu verkaufen, um eine Auto-Niederlassung
im Landesinneren zu betreiben, wohin sie schließlich
auch umzogen. Jedoch weigerte ich mich mit meinen 13 Jahren, São Paulo zu verlassen – eine Stadt,
die ich so gerne kennenlernen wollte. Ich hätte alles
getan, um zu bleiben, und so bot sich als einzige
Möglichkeit das Internat Santa Marcelina an, dessen Mauern jedoch noch höher als die unseres Hinterhofs waren. Das Leben mit Nonnen erwies sich
dann auch schnell als eine Hölle auf Erden. Wegen
schlechten Benehmens bekam ich am Wochenende
Hausarrest und konnte ebensowenig etwas von der
Stadt erleben wie vorher. Nach einem Jahr verließ
ich resigniert das Internat und zog zu meinen Eltern,
danach ging ich für ein Jahr zu meinem Onkel nach
Chicago, um Englisch zu lernen.
Erst mit 19 Jahren kam ich wieder zurück in die
Stadt. Ich zog zu meiner geliebten Großmutter in
die Rua Bela Cintra – bis heute mein Lieblingsquartier und „mein São Paulo“. Von dort aus eroberte
ich schließlich die Attraktionen dieser Stadt, überwand meine Ängste und riß alle Mauern nieder, die
mich von den Straßen trennten, an deren Leben ich
so gerne teilhaben wollte. Zusammen mit drei oder
vier Freunden ging ich täglich um Mitternacht zu
Fuß in die Stadt. Jede Nacht den Weg von der Uni
in Pacaembú ins Zentrum, von der Avenida Paulista
zur Rua da Consolação, hin zur berühmt-anrüchigen
Bar das Putas, die zwar mit den schlechtesten Sandwiches der Stadt aufwartete, die aber zu dieser Zeit
auch von einer intellektuellen Szene besucht wurde,
die sich gerne unter das Rotlicht-Publikum mischte.
Apropos Bar das Putas: Daß es ein paar Blöcke weiter ein Restaurant namens Sujinho (Dreckspatz) gibt,
das so erfolgreich ist, daß es mit einer weiteren Filiale auf die andere Straßenseite expandieren kann,
das gibt es nur in São Paulo. Offensichtlich war es
nicht der Name, der es so erfolgreich machte.
Das alles kommt mir in den Sinn, wenn ich das Photo sehe, das in der Avenida Paulista in der Nähe der
Rua Frei Caneca und von der Rua Cannabrava aus
aufgenommen wurde. Es zeigt die nächtliche Großstadt, voller Lichter, fröhlich und jung. Diese Szene
ist mir so vertraut, daß sie – sähe man die aktuellen
elektronischen Geräte nicht – auch einen Moment
aus meiner Vergangenheit zeigen könnte.
Cristina Barroso
Fora de Casa (Out Of Home)
260
Quando recebi o convite para escrever sobre a “minha São Paulo”, me perguntei o que poderia dizer
sobre a cidade que é tão importante para mim, mas
de onde saí há mais de 30 anos. Na verdade, nunca
deixei São Paulo, as casas onde morei, as ruas e os
bairros da minha infância e adolescência.
A primeira impressão dessa época que me vem à
cabeça é de alívio e sobrevivência. Aos 4 anos, saí
correndo atrás de uma bola e um carro quase me
atropelou na frente de casa, na rua Tavares Cabral.
Uma rua calma, com a casa de cerquinha branca,
mobiliada no estilo da década de 50. Só que ficava
a poucos metros do cruzamento das avenidas Faria Lima e Rebouças, do qual, para evitar o trânsito,
motoristas nervosos fugiam, fazendo um atalho por
nossa ruazinha pacata. Poucos milímetros separaram o Fusquinha branco de meu corpo pequeno e
frágil. Sobrevivi sem notar o perigo, vi somente a expressão incrédula no rosto da babá e do casal atrás
do volante, e lembro de me sentir poderosa por ter
feito o carro parar na hora certa.
Nossa segunda casa ficava na rua Pedroso de Morais, em frente à praça dos Omaguás e à padaria
Cisne. Além das poucas visitas à padaria para comprar doces e a ida a um festival de música popular
brasileira na pracinha, tive pouco contato com a rua.
Meu irmão e eu ficávamos só no quintal da casa,
um lugar de pouco verde e com um muro enorme,
fechado por um portão de madeira branca maciça
que velava toda a visão da rua. Me sentia como
a princesa presa na torre dos contos de fadas. Lá
fora existia um mundo cheio de vida, de maravilhas
a descobrir, mistérios, perigos, gente interessante,
tudo menos o tédio que residia naquele fundo de
quintal. De lá, fui me confinar no interior das paredes ainda mais altas do colégio interno. Foi minha a
decisão de morar com as freiras da rua Cardoso de
Almeida. Meus pais tinham decidido, por motivos
econômicos, vender todos os negócios na cidade e
concentrar tudo em uma agência de carros no interior, para onde resolveram se mudar. Eu, com os meus
13 anos, me recusei a sair de São Paulo, a cidade
que tanto queria conhecer melhor. Faria qualquer
negócio para ficar e a única possibilidade foi o colégio interno Santa Marcelina. Logo percebi que seria
um verdadeiro inferno morar com as freiras. Elas me
tiravam os finais de semanas livres e me prendiam
no interior do colégio por mau comportamento.
Resignada, depois de um ano sem poder usufruir
nada da cidade, saí para morar com os meus pais,
primeiro, e depois com meus tios, em Chicago, para
aprender inglês por um ano.
Somente aos 19 anos voltei para São Paulo. Foi
quando me mudei para o apartamento da minha
261
262
263
querida avó na rua Bela Cintra, até hoje o meu bairro na “minha São Paulo”. Foi lá que eu finalmente
conquistei o melhor da cidade, superei os medos e
consegui derrubar todos os muros que me separavam das ruas de que tanto queria participar. Virou
cotidiano andar à pé pela cidade no meio da noite
com uma turma de três ou quatro amigos, fazendo
o caminho da faculdade, no Pacaembu, até o centro. Depois, da avenida Paulista à rua da Consolação, passando pelo famoso Bar das Putas, do pior
sanduíche da cidade, mas que reunia, na época, um
público intelectual misturado com aquelas que lhe
deram nome. Por falar nisso, só mesmo São Paulo
para ter um restaurante a poucos quarteirões dali
com o nome de Sujinho. Ele fez tanto sucesso que
foi aberta uma filial do outro lado da avenida. Obviamente, o que fez o lugar não foi o nome.
Tudo isso me veio a cabeça quando vi essa foto, tirada na avenida Paulista, na altura da rua Frei Caneca,
pelo Cannabrava. Mostra a cidade grande, cheia de
luzes, noturna, alegre e jovem. Tudo isso reflete uma
cena tão familiar. A foto é de agora, mas, não fossem os aparelhos eletrônicos, poderia ser de minha
situação no passado.
Cristina Barroso
Out Of Home
After receiving the invitation to write about “my São
Paulo”, I asked myself what could I write about a city
that is so important to me, but that I had left over 30
years ago. The reality is that I never left São Paulo,
the houses where I lived, the streets and neighborhoods or my childhood and adolescence.
One of my first memories back then is of relief and
survival. When I was 4 years old, I ran after a ball
and was almost run over by a car in front of my
home on Tavares Cabral Street. A quiet street, with
a white-fenced house, furnished with a 50s style.
But it was a few meters from the intersection of avenues Faria Lima and Rebouças, from where nervous
drivers tried to escape by taking a detour through
our peaceful little street. Few millimeters separated
the white Beetle from my small and fragile body. I
survived without being aware of the danger, only
seeing the look of disbelief in the nanny‘s face and
of the couple behind the wheel. I recall feeling powerful for making a car stop at the right time.
Our second home was in Pedroso de Morais Street,
facing Omaguás Square and the Cisne bakery shop.
Besides the few visits to the bakery to buy sweets
and the square to watch a Brazilian music festival,
I had little contact with the street. My sister and I
stayed alone in the house‘s backyard, a place of little
greenery and a huge wall, closed by a massive white
wood gate that shut out the street view. I felt like a
princess prisoner in a fairy tale tower. Outside there
was a world filled with life, of wonders to discover,
mysteries, danger, interesting people, everything but
the tedium residing in that backyard. From there,
I was confined within the even taller walls of a
boarding school. It was my choice to live with the
nuns of Cardoso de Almeida street. My parents had
decided for economic reasons to sell all businesses
in the city and focus everything on a car agency upstate, to where they moved. At 13 years, I refused
to leave São Paulo, the city that I wanted so much
to know better. I would do anything to stay and the
only possibility was the Santa Marcelina boarding
school. Soon I realized that living with nuns would
be a true hell. They robbed me of the free weekends
and locked me inside the school for bad behavior. In
despair after one year without enjoying anything of
the city, I left to first live with my parents then with
my aunt and uncle in Chicago for a year to learn
English.
It was only at 19 that I returned to São Paulo. That
was when I moved to the apartment of my dear
grandmother on Bela Cintra Street, to this day my
neighborhood in “my São Paulo”. It was there that
I finally conquered the best the city had to offer,
overcame my fears and managed to bring down all
the walls separating me from the streets I wanted
so much to take part in. It became commonplace
to walk through the city in the middle of the night
with three or four friends, making the way from college in Pacaembu to downtown. Then, from Paulista Avenue to Consolação Street, passing by the
famous Bar das Putas, offering the worst sandwich
in the city but attracting at the time intellectual patrons that mixed with the sex workers that name it.
By the way, only São Paulo can have a restaurant a
few blocks from there named Sujinho (Litter Lout).
It became so successful that a branch was opened
on the other side of the avenue. The name obviously
was not what made the place a success.
It all came to my mind when I saw the picture,
taken at Paulista Avenida with Frei Caneca Street,
by Cannabrava. It shows a big city, filled with lights,
nocturnal, happy and young. It all reflected such a
familiar scene. The picture is recent, but if it were
not for the electronic gadgets, it could have been
my own past experience.
Cristina Barroso
BR
Autoren Autores Authors
Photographen Fotógrafos Photographers
271
272
Beate Althuon
Hans-Joachim Aminde
Estevão Azevedo
war 40 Jahre in verschiedenen Funktionen in Schuleinrichtungen tätig, u. a. als brasilianische Direktorin des Instituto
Pedagógico Brasil Alemanha (IPBA) und als Generaldirektorin
des Colégio Humboldt – Colégio Alemão de São Paulo. Sie ist
Co-Autorin des Buchs Reunião de pais – sofrimento ou prazer,
das zur Zeit in 9. Auflage vorliegt. Zahlreiche Artikel in Fachzeitschriften. Gegenwärtig ist Beate Althuon in ganz Brasilien in
der Evaluierung und Zulassung von privaten und öffentlichen
Schulen tätig.
taught District Planning and Design offered by the Department
of Architecture of the University of Stuttgart and had an architecture and urban planning office for 35 years with many projects for urban renewal and urban university building designs.
Hans-Joachim Aminde was a visiting professor several times at
the State University and at the Catholic Mackenzie University
in São Paulo and now lives in Berlin.
nasceu em 1978, em Natal, no Rio Grande do Norte, e vive na
cidade de São Paulo. Formado em Jornalismo e Letras, trabalha
como editor e escritor. Publicou O terceiro dia (contos, Edições
K, 2004), O som de nada acontecendo (contos, Edições K, 2005)
e o romance Nunca o nome do menino (Editora Terceiro Nome,
2008), finalista do Prêmio São Paulo de Literatura em 2009, do
qual foi membro do júri em 2010. Em 2013, teve conto publicado na antologia alemã Popcorn unterm Zuckerhut – Junge
brasilianische Literatur, da editora Verlag Klaus Wagenbach.
(S. 49)
Beate Althuon
por quarenta anos, exerceu várias funções em instituições escolares, entre as quais diretora brasileira do Instituto Pedagógico
Brasil Alemanha (IPBA) e diretora geral do Colégio Humboldt
– Colégio Alemão de São Paulo. É coautora do livro Reunião
de pais – sofrimento ou prazer, atualmente na 9ª edição. Tem
inúmeros artigos publicados em revistas especializadas. Atua
como consultora em qualidade na gestão escolar, em todo
território brasileiro, e exerce a função de avaliadora técnica de
instituições escolares no Brasil, da rede pública e privada, para
fins de certificação.
(p. 114)
Carla Andrade Martins Torres
wurde in Santos geboren und zog mit 24 Jahren nach São
Paulo. Sie ist Journalistin und Unternehmerin. Carla Andrade
Martins Torres begann ihre Laufbahn in Santos und arbeitete
dann erfolgreich für große Medienunternehmen. 2010 gründete sie ein eigenes Unternehmen, das sich mit zwei weiteren
Teilhabern erfolgreich entwickelte. Carla Andrade Martins
Torres glaubt, dies wäre an einem anderen Ort nicht möglich
gewesen. Sie ist verheiratet und hat einen Sohn, Arthur, der im
September 2011 in São Paulo geboren wurde.
(S. 193)
(p. 49)
Carla Andrade Martins Torres
Beate Althuon
nasceu em Santos e mudou-se para São Paulo. É jornalista e
empresária. Começou sua carreira em Santos, mas foi em São
Paulo que tornou-se bem sucedida, trabalhando em grandes
empresas de comunicação. Em 2010, abriu sua própria empresa e, com suas duas sócias, viu seu negócio prosperar. Carla
Andrade Martins Torres acredita que, se morasse em outro lugar, isso não teria acontecido. É casada e tem um filho, Arthur,
nascido em São Paulo em setembro de 2011.
over the last forty years, Beate Althuon has held various positions
at several educational institutions including Brazilian director of
the Brazil Germany Pedagogical Institute (IPBA) and general director of the Colégio Humboldt – São Paulo German School.
She also co-authored the book Reunião de pais – sofrimento ou
prazer, currently in the 9th printing. In addition, Beate Althuon
has published numerous articles in academic journals. She currently works in the field of quality management consultancy
in education where she is responsible for the evaluation and
accreditation of private and public schools in all of Brazil.
(p. 50)
Hans-Joachim Aminde
lehrte Stadtteilplanung und Entwerfen an der Architekturfakultät der Universität Stuttgart und hatte 35 Jahre lang ein
Architektur- und Städtebaubüro mit vielen Projekten zur Stadterneuerung und zu städtebaulichen Hochschulkonzepten.
Hans-Joachim Aminde war mehrfach Gastprofessor an der
Staatsuniversität und der Katholischen Mackenzie-Universität
in São Paulo und lebt in Berlin.
(S. 113)
Hans-Joachim Aminde
foi professor de Planejamento Urbano na Faculdade de Arquitetura da Universidade de Stuttgart e teve, durante 35 anos,
um escritório de arquitetura e urbanismo, onde foram realizados muitos projetos de renovação urbana e desenvolvidos
novos conceitos. Foi por diversas vezes professor convidado da
Universidade Federal de São Paulo e da Universidade Presbiteriana Mackenzie. Atualmente, mora em Berlim.
(p. 113)
(p. 193)
Carla Andrade Martins Torres
was born in Santos and moved to São Paulo. She is a journalist and businesswoman. Carla Andrade Martins Torres started her career in Santos, but became successful in São Paulo
while working for important media organizations. In 2010 she
successfully started her own business with two partners. Carla
Andrade Martins Torres believes that her story could not have
happened if she lived somewhere else. She is married and has
one son, Arthur, born in São Paulo in September 2011.
(p. 193)
Estevão Azevedo
wurde 1978 in Natal, Rio Grande do Norte, geboren und lebt
in São Paulo. Er studierte Journalismus und Literatur und arbeitet als Lektor und Schriftsteller. Estevão Azevedo veröffentlichte die Bücher O terceiro dia (Erzählungen, Edições K, 2004),
O som de nada acontecendo (Erzählungen, Edições K, 2005)
und den Roman Nunca o nome do menino (Editora Terceiro
Nome, 2008). Er war 2009 Finalist beim Literaturpreis von São
Paulo und 2010 Mitglied der Jury. Eine seiner Kurzgeschichten wird 2013 in der Anthologie Popcorn unterm Zuckerhut
– Junge brasilianische Literatur im Verlag Klaus Wagenbach
erscheinen.
(S. 13)
(p. 13)
Estevão Azevedo
was born in 1978 in Natal, Rio Grande do Norte, and lives
in São Paulo. With degrees in journalism and literature, he
works as an editor and writer. Estevão Azevedo has published
O terceiro dia (short stories, Edições K, 2004), O som de nada
acontecendo (short stories, Edições K, 2005) and the novel
Nunca o nome do menino (Editora Terceiro Nome, 2008), one
of the finalists of the São Paulo Literature Prize in 2009. He was
also a member of the prize‘s panel in 2010. One of his short
stories was published in 2013 in the German anthology Popcorn unterm Zuckerhut – Junge brasilianische Literatur (Verlag
Klaus Wagenbach).
(p. 13)
Norval Baitello Junior
ist Professor für Kultur- und Medientheorie im Postgraduierten-Studium an der Pontifícia Universidade Católica (PUC) in
São Paulo. Er ist Autor der Bücher O pensamento sentado
(2012), A serpente, a maçã e o holograma (2010), La era de
la iconofagia (2008) und Flussers Völlerei (2007). Norval Baitello Junior war Dekan der Fakultät für Kommunikation und
Philosophie und entwickelte die Studiengänge Kommunikation
und Körperkünste sowie Multimediale Kommunikation. Er war
Gastprofessor an den Universitäten Sevilla, Barcelona, St. Petersburg, Wien und Évora.
(S. 45)
Norval Baitello Junior
é professor de pós-graduação em Teoria da Cultura e Teoria
da Mídia na PUC de São Paulo, autor dos livros O pensamento
sentado (2012), A serpente, a maçã e o holograma (2010),
La era de la iconofagia (2008) e Flussers Völlerei (2007). Foi
diretor da Faculdade de Comunicação e Filosofia, criou os
cursos de Comunicação e Artes do Corpo e Comunicação em
Multimeios. Professor convidado das universidades de Sevilha,
Barcelona, São Petersburgo, Viena e Évora.
(p. 45)
Norval Baitello Junior
is Professor of Culture and Media Theory in the Postgraduated
Program at the Pontifícia Universidade Católica de São Paulo
(PUC), and the author of the non-fiction books O pensamento
sentado (2012), A serpente, a maçã e o holograma (2010), La
era de la iconofagia (2008) and Flussers Völlerei (2007). Norval
Baitello Junior was dean of the Department of Communication
and Philosophy and created the courses in Communication
and Body Arts and Communication and Multimedia. He has
held visiting professorships at the universities of Seville, Barcelona, St. Petersburg, Vienna, and Évora.
(p. 45)
Cristina Barroso
wurde in São Paulo geboren und hat Philosophie und Geschichte an der Southern Illinois University in Carbondale (USA)
sowie Malerei am San Francisco Art Institute studiert. Zwischen
1983 und 1992 hatte sie Ateliers in San Francisco, São Paulo, Mailand und Berlin. Sie beteiligte sich u. a. an folgenden
Stipendien- und Austauschprogrammen: Helmut BaumannStipendium (Göppingen), Deutsch-Brasilianischer Workshop
(Maceió), Aktionsforum Praterinsel (München), Villa Waldberta
(Starnberg) und Künstlerhaus Schloß Plüschow. Darüber hinaus realisierte Cristina Barroso seit 1982 zahlreiche Einzel- und
Gruppenausstellungen in Brasilien, Deutschland, Ungarn, Chile,
den USA und Korea. Sie lebt seit 2001 in Stuttgart.
(S. 261)
Cristina Barroso
nasceu em São Paulo e estudou Filosofia e História na Southern
Illinois University, Carbondale (EUA), e Pintura no San Francisco
Art Institute. De 1983 a 1992, teve ateliês em São Francisco,
São Paulo, Milão e Berlim. Teve diversas bolsas e residências,
entre elas: Helmut Baumann Stipendium (Göppingen), Workshop Brasil / Alemanha (Maceió), Aktionsforum Praterinsel
(Munique), Villa Waldberta (Starnberg) e Schloß Plüschow
(Plüschow, no norte da Alemanha). Fez diversas exposições
individuais e coletivas desde 1982 no Brasil e em países como
Alemanha, Hungria, Chile, EUA, e Coréia. Mora em Stuttgart
desde 2001.
(p. 261)
Cristina Barroso
was born in São Paulo and studied philosophy and history at
Southern Illinois University, Carbondale (USA), and painting at
the San Francisco Art Institute. From 1993 to 1992, she had art
studios in San Francisco, São Paulo, Milan and Berlin. She was
the recipient of several grants and artistic residence awards,
among them: Helmut Baumann Stipendium (Göppingen), Brazil / Germany Workshop (Maceió), Aktionsforum Praterinsel
(Munich), Villa Waldberta (Starnberg) and Schloß Plüschow
(Plüschow, northern Germany). Cristina Barroso has had several collective and solo exhibitions in Brazil since 1982, and in
countries like Germany, Hungary, the U.S., and South Korea.
She lives in Stuttgart since 2001.
(p. 262)
Margret Becker
arbeitet als Architektin in Berlin. Sie studierte an der TU Braunschweig und am Georgia Institute of Technology in Atlanta,
lehrte und forschte an der BTU Cottbus. Ab 2003 folgten
mehrere Auslandsaufenthalte in Brasilien. Seit 2011 forscht
Margret Becker an der Research School der HCU Hamburg.
2012 erschien ihr Buch Der Raum des Öffentlichen: Die Escola
Paulista und der Brutalismus in Brasilien.
(S. 105)
Margret Becker
trabalha como arquiteta em Berlim. Estudou na TU Braunschweig e no Georgia Institute of Technology, em Atlanta, e foi
professora e pesquisadora na BTU Cottbus. A partir de 2003,
seguiram-se vários períodos no Brasil. Desde 2011, é pesquisadora no Research School da HCU Hamburg. Seu livro Der
Raum des Öffentlichen: Die Escola Paulista und der Brutalismus
in Brasilien (O espaço público: a Escola Paulista e a brutalidade
no Brasil ) foi publicado em 2012.
(p. 105)
Margret Becker
works as an architect in Berlin. She studied at the Technical
University of Braunschweig and at the Georgia Institute of
Technology in Atlanta, and has taught and researched at the
BTU in Cottbus. Beginning in 2003, she has had several stays
abroad in Brazil. Since 2011, Margret Becker has done research
at the Research School of the HCU in Hamburg. In 2012, her
book Der Raum des Öffentlichen: Die Escola Paulista und der
Brutalismus in Brasilien (Public Space: The Paulista Escola and
Brutalism in Brazil) was published.
(p. 106)
Joachim Bernauer
wurde 1961 geboren und studierte in Berlin Gesang, Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie. Er promovierte über
die Lyrik und Poetik Friedrich Schillers („Schöne Welt, wo bist
du?”, Berlin 1995). Mit Curt Mayer-Clason übersetzte Joachim Bernauer Portugiesische Lyrik seit Pessoa (Tabacaria No.
4, 1997). Seit 1993 arbeitet er für das Goethe-Institut. Nach
den ersten fünf Jahren in Lissabon war er von 1999 bis 2002
als Leiter der Künstlerresidenz Villa Aurora in Los Angeles tätig,
anschließend sechs Jahre für die Programmarbeit der Region
Südamerika am Goethe-Institut São Paulo verantwortlich. Seit
2008 leitet Joachim Bernauer das Goethe-Institut Portugal.
(S. 33)
Joachim Bernauer
Residence Villa Aurora in Los Angeles from 1999 to 2002 and
was finally then responsible for the program work of the South
America region at the Goethe Institute in São Paulo. Since 2008
Joachim Bernauer has led the Goethe Institute Portugal.
(p. 34)
Silvia Bittencourt
studierte Journalismus an der Universität São Paulo und Geschichte in Köln und Berlin. Sie lebt seit 22 Jahren in Deutschland und arbeitet als freie Journalistin der Tageszeitung Folha
de S.Paulo, als Übersetzerin und Dozentin im Sprachlabor der
Universität Heidelberg. Silvia Bittencourt ist Autorin des Buchs
O euro (Publifolha, 2002) und A cozinha venenosa – um jornal
contra Hitler (Três Estrelas, 2013).
(S. 125)
Silvia Bittencourt
estudou Jornalismo na Universidade de São Paulo e História
em Colônia e Berlim. Vive há 22 anos na Alemanha, onde trabalha como colaboradora do jornal Folha de S.Paulo, tradutora e docente do Laboratório de Línguas da Universidade de
Heidelberg. É autora de O euro (Publifolha, 2002) e A cozinha
venenosa – um jornal contra Hitler (Três Estrelas, 2013).
(p. 125)
Silvia Bittencourt
studied journalism at the University of São Paulo and history
in Cologne and Berlin. She has lived in Germany for 22 years,
where she is a freelance journalist for the newspaper Folha de
S.Paulo and a translator and teacher at the Heidelberg University Language Lab. Silvia Bittencourt has authored non-fiction
books O euro (Publifolha, 2002) and A cozinha venenosa – um
jornal contra Hitler (Três Estrelas, 2013).
(p. 125)
Willi Bolle
ist Professor für Literaturwissenschaft an der Universidade de
São Paulo. Er stammt aus Berlin und ging 1966, mit 22 Jahren, nach Brasilien, um das Land anhand des Romans Grande
Sertão: Veredas (1956) von Guimarães Rosa zu studieren. Willi
Bolle hat die Physiognomik der modernen Metropole / Fisiognomia da metrópole moderna (1994) und grandesertão.br
– O romance de formação do Brasil (Der Roman der brasilianischen Identitätsbildung, 2004) sowie als Mitherausgeber
Amazonien – Weltregion und Welttheater / Amazônia – região
universal e teatro do mundo (2010) veröffentlicht.
nasceu em 1961 e estudou Canto, Germanística e História da
Arte e Filosofia, em Berlim. Doutorou-se com tese sobre a lírica e a poética de Friedrich Schiller, “Schöne Welt, wo bis du?“
(Belo mundo, onde estás?, Berlim 1995). Juntamente com Curt
Mayer-Clason, traduziu Portugiesische Lyrik seit Pessoa (Poesia
portuguesa desde Pessoa, Tabacaria No. 4, 1997). Desde 1993,
trabalha para o Instituto Goethe. Após os primeiros cinco anos
em Lisboa, foi responsável pela direção da residência artística
Vila Aurora, em Los Angeles, entre 1999 e 2002, e, nos seis
anos seguintes, pelo programa de trabalho da região América
do Sul. Desde 2008, é diretor do Instituto Goethe de Portugal.
(S. 61)
(p. 33)
Willi Bolle
Joachim Bernauer
é professor de Teoria da Literatura na Universidade de São
Paulo. Oriundo de Berlim, migrou para o Brasil em 1966, aos
22 anos, para estudar o país baseando-se no romance Grande
Serão: Veredas (1956) de Guimarães Rosa. Publicou Fisiognomia da metrópole moderna (1994) e grandesertão.br – O romance de formação do Brasil (2004), além de organizar Amazônia – região universal e teatro do mundo (2010).
was born in 1961 and studied voice, German literature, art history, and philosophy in Berlin. He completed his doctorate in
lyricism and poetry of Friedrich Schiller (”Schöne Welt, wo bist
du?”, Berlin 1995). With Curt Mayer-Clason Joachim Bernauer
translated Portugiesische Lyrik seit Pessoa (Tabacaria No. 4,
1997). He has worked for the Goethe Institute since 1993. After
the first five years in Lisbon, he worked as head of the Artist in
(p. 61)
273
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Willi Bolle
Jens Brinkmann
is Professor of Literature at the Universidade de São Paulo. He
hails from Berlin and, in 1966, he went to Brazil at the age of 22
to study the country based on the novel Grande Sertão: Veredas
(1956) by Guimarães Rosa. Willi Bolle has published the Physiognomik der modernen Metropole / Fisiognomia da metrópole
moderna (1994) and grandesertão.br – O romance de formação
do Brasil (Der Roman der brasilianischen Identitätsbildung, 2004),
as well as co-edited Amazonien – Weltregion und Welttheater /
Amazônia – região universal e teatro do mundo (2010).
arbeitet seit 2012 an einem Promotionsvorhaben am Institut
für Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin
und am Fachbereich Architektur und Städtebau an der Universität São Paulo. Er hat 2000 als Architekt bei Jean Nouvel in
Paris und von 2002 bis 2003 in São Paulo in den Büros bei Andrade Morettin Arquitetos, Paulo Mendes da Rocha und MMBB
Arquitetos gearbeitet. 2004 hat er sein eigenes Büro United
Architektur in Berlin gegründet. Bis 2012 war Jens Brinkmann
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Entwerfen, Wohnund Sozialbauten an der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) in Cottbus.
(p. 62)
Fernando Bonassi
wurde 1962 im Stadtviertel Mooca in São Paulo geboren. Er ist
Drehbuchautor, Dramaturg, Filmregisseur und Autor verschiedener Werke, u. a.: Subúrbio (Objetiva), Passaporte und Declaração universal do moleque invocado (beide bei Cosac Naify,
São Paulo). Die wichtigsten Arbeiten für das Kino waren die
Drehbücher für Estação Carandiru (von Hector Babenco) und
Lula, o filho do Brasil (von Fábio Barreto). Am Theater inszenierte Fernando Bonassi Apocalipse 1,11 (in Zusammenarbeit
mit dem Teatro da Vertigem) und Arena conta Danton (unter
der Leitung von Cibele Forjaz). Er war Preisträger des DAADKunststipendiums (Deutscher Akademischer Austauschdienst)
und verbrachte das Jahr 1998 als Schriftsteller in Berlin. Von
1997 bis 2006 war Fernando Bonassi Kolumnist der Zeitung
Folha de S.Paulo. Derzeit arbeitet er an Drehbüchern der Serie
„Força Tarefa“ des Senders Rede Globo de Televisão.
(S. 135 / 221 / 225)
Fernando Bonassi
nasceu em 1962 no bairro da Mooca, em São Paulo. É roteirista, dramaturgo, cineasta e escritor de diversas obras, entre
elas: Subúrbio (Objetiva, São Paulo), Passaporte e Declaração
universal do moleque invocado (ambos pela Cosac Naify, São
Paulo). No cinema, destacam-se os roteiros de Estação Carandiru (de Hector Babenco) e Lula, o filho do Brasil (de Fábio
Barreto). No teatro, as montagens de Apocalipse 1,11 (em colaboração com o Teatro da Vertigem) e Arena conta Danton
(com direção de Cibele Forjaz). Vencedor da bolsa de artes do
DAAD (Serviço Alemão de Intercâmbio), passou o ano de 1998
escrevendo em Berlim. Foi colunista do jornal Folha de S.Paulo
entre 1997 e 2006. É atualmente roteirista do seriado “Força
Tarefa“ da Rede Globo de Televisão.
(p. 135 / 221 / 225)
Fernando Bonassi
was born in 1962 in the São Paulo neighborhood of Mooca. He
is screenwriter, film maker and writer of several works, among
them: Subúrbio (Objetiva, São Paulo), Passaporte and Declaração universal do moleque invocado (both by Cosac Naify, São
Paulo). For film, he wrote the screenplay of Estação Carandiru
(Hector Babenco) and Lula, o filho do Brasil (by Fábio Barreto).
For theater, Fernando Bonassi wrote Apocalipse 1,11 (in collaboration with Teatro da Vertigem) and Arena conta Danton
(directed by Cibele Forjaz). Selected for the German Academic Exchange Service (DAAD) scholarship, he spent 1998 as
a writer in Berlin. Fernando Bonassi was a columnist for daily
Folha de S.Paulo between 1997 and 2006. Currently he is a
screenwriter for Globo TV‘s “Força Tarefa“ series.
(p. 135 / 221 / 225)
(S. 19)
Jens Brinkmann
trabalha desde 2012 em um programa de doutorado no Instituto para Ciências Culturais na Universidade Humboldt, de
Berlim, e no Departamento de Arquitetura e Urbanismo da
Universidade de São Paulo. Como arquiteto, trabalhou, em
2000, no escritório Jean Nouvel, em Paris, e de 2002 a 2003,
em São Paulo, para os escritórios Andrade Morettin Arquitetos,
Paulo Mendes da Rocha e MMBB Arquitetos. Em 2004, fundou
seu próprio escritório, o United Architektur, em Berlim. Até
2012, foi assistente na cátedra de Planejamento, Moradia e
Edificações Sociais, na Universidade Técnica de Brandenburgo
(BTU), em Cottbus.
(p. 19)
Jens Brinkmann
has been working towards a Ph.D. since 2012 at the Institute
of Cultural Studies at the Humboldt University in Berlin and
at the Department of Architecture and Urban Planning at the
University of São Paulo. He worked in 2000 as an architect
with Jean Nouvel in Paris and from 2002 to 2003 in São Paulo
in the offices of Andrade Morettin Arquitetos, Paulo Mendes
da Rocha and MMBB Arquitetos. In 2004 he founded his own
office, United Architektur in Berlin. Until the year 2012 Jens
Brinkmann was a research assistant at the Department of Design, Residential, and Social Housing of the Brandenburg Technical University (BTU) in Cottbus.
(p. 20)
Alexander Busch
ist Jahrgang 1963 und wuchs in Venezuela auf. Seit 20 Jahren
berichtet er aus Brasilien über Lateinamerika als Korrespondent
der Verlagsgruppe Handelsblatt (Wirtschaftswoche, Handelsblatt) und der Schweizer Finanz und Wirtschaft sowie für die
Neue Zürcher Zeitung. Parallel zur Kölner Journalistenschule
studierte Alexander Busch Volkswirtschaft und Politik in Köln
und Buenos Aires. Er lebt und arbeitet in São Paulo und Salvador/Bahia. Veröffentlichungen u. a. Wirtschaftsmacht Brasilien
(2011) bei Hanser. Übersetzungen in Mandarin, Portugiesisch
und Englisch.
(S. 215)
Alexander Busch
nasceu em 1963 e cresceu na Venezuela. Trabalha há 20 anos
como correspondente do Brasil e da América Latina para o
grupo editorial Handelsblatt (Wirtschaftswoche, Handelsblatt)
e dos jornais suíços Finanz und Wirtschaft e Neue Zürcher Zeitung. Estudou na Kölner Journalistenschule (Escola de Jornalismo de Colônia), além de Economia e Política, em Colônia
e Buenos Aires. Vive e trabalha em São Paulo e em Salvador.
Publicou, entre outros, Wirtschaftsmacht Brasilien (Brasil – poder econômico ), pela editora Hanser (2011). Seu livro foi traduzido em chinês, português e inglês.
(p. 215)
Alexander Busch
was born in 1963 and grew up in Venezuela. For 20 years he
has reported from Brazil as a Latin America correspondent for
the Handelsblatt publishing group (Business Week, Handelsblatt)
and the Swiss publications Finanz und Wirtschaft as well as the
Neue Zürcher Zeitung. Besides his studies at the Cologne School
of Journalism, Alexander Busch studied economics and politics in
Cologne and Buenos Aires. Today, he lives and works in São Paulo
and Salvador/Bahia. Besides his other publications, he has published the volume Wirtschaftsmacht Brasilien with Hanser Publishing with translations into Mandarin, Portuguese, and English.
(p. 215)
Iatã Cannabrava
ist Photograph, Kurator und Kulturaktivist. Zur Zeit beschäftigt
er sich mit der Dokumentation von Stadtlandschaften, insbesondere der Peripherie großer Metropolen. Iatã Cannabrava
hat an mehr als 40 Ausstellungen teilgenommen, war 1985
Gewinner der Preise P/B der Quadriennale der Photographie
von São Paulo, 1987 des Wettbewerbs Marc Ferraz der FUNARTE und von zwei Preisen des Kulturamts des Bundesstaates
São Paulo in den Jahren 1996 und 2006. Seine Photographien
sind Teil der Sammlungen des MASP-Pirelli, der Galeria Fotoptica von Joaquim Paiva und des MAM / São Paulo und in acht
Publikationen zu städtischen Themen erschienen. Er hat zwei
Bücher veröffentlicht: Casas Paulistas (Häuser in São Paulo),
2000, und Uma Outra Cidade (Eine andere Stadt), 2009. Als
Kulturaktivist war Iatã Cannabrava von 1989 bis 1994 Präsident des Photographenverbands von São Paulo. Er gründete
und leitete die Estudios Madalena, wo er als Kurator tätig war
und bisher mehr als 30 Ausstellungen organisiert und über 80
Workshops geleitet hat, neben besonderen Projekten wie „Revele o Tietê que Você Vê“ (Entwickle den Tietê, wie du ihn
siehst), 1991, „Povos de São Paulo – Uma Centena de Olhares
sobre a Cidade Antropofágica“ (Völker von São Paulo – Hunderte von Blicken auf eine menschenfressende Stadt), 2004,
oder „Expedição Cívica, Ecológica e Fotográfica de Olho nos
Mananciais“ (Ökologische und photographische Expedition
der Bürger – mit Blick auf die Wasserquellen), 2008. Aktuell ist
Iatã Cannabrava Leiter des Internationalen Festivals der Photographie von Paratý – „Paratý em Foco“ – und des lateinamerikanischen Forums für Photographie von São Paulo.
Iatã Cannabrava
é fotógrafo, curador e agitador cultural. Atualmente desenvolve trabalhos documentais com a paisagem urbana das cidades,
especificamente das periferias das grandes metrópoles. Iatã
Cannabrava participou de mais de 40 exposições, foi ganhador dos prêmios P/B da Quadrienal de Fotografia de São Paulo
em 1985, do concurso Marc Ferrez da FUNARTE em 1987, e de
dois prêmios da Secretaria de Estado da Cultura de São Paulo
em 1996 e 2006. Suas fotografias integram as coleções MASPPirelli, Galeria Fotoptica, Joaquim Paiva e MAM / São Paulo e
também foram publicados em oito livros sobre temas urbanos.
Tem dois livros publicados: Casas Paulistas, 2000, e Uma Ou-
tra Cidade, 2009. Como agitador cultural, Iatã Cannabrava foi
presidente da União dos Fotógrafos de São Paulo de 1989 a
1994, criou e dirige a empresa Estúdio Madalena, onde fez a
curadoria e organizou mais de 30 exposições, ministrou mais
de 80 workshops, além de projetos especiais, como: “Revele
o Tietê que Você Vê“, em 1991, “Povos de São Paulo – Uma
Centena de Olhares sobre a Cidade Antropofágica“, em 2004,
e “Expedição Cívica, Ecológica e Fotográfica de Olho nos Mananciais“, em 2008. Atualmente Iatã Cannabrava é coordenador do Festival Internacional de Fotografia de Paraty – “Paraty
em Foco“ – e coordenador do Fórum-Latino Americano de
Fotografia de São Paulo.
Iatã Cannabrava
is a photographer, curator, and cultural activist. Currently, he
is working on a documentary of city landscapes, particularly
the perimeters of large metropolitan cities. Iatã Cannabrava
has taken part in more than 40 exhibitions, was the winner of
the P/B awards of the Quadriennale of the photography of São
Paulo in 1985, the Marc Ferraz competition of the FUNARTE
in 1987, and of two awards of the Ministry of Culture of the
Federal State of São Paulo in 1996 and 2006. His photographs
have appeared as part of the collections from the MASP-Pirelli,
the Galeria Fotoptica, from Joaquim Paiva and of the MAM
/ São Paulo as well as in eight books about topics related to
the city. He has published two books: Casas Paulistas (Homes
in São Paulo), in 2000, and Uma Outra Cidade (A Different
City), in 2009. As a cultural protagonist, Iatã Cannabrava was
president of the Photographers‘ Association of São Paulo from
1989 to 1994. He founded and leads the Studio Estudios Madalena, where he has worked as curator and organized more
than 30 exhibitions and led over 80 workshops. In addition, he
has led special projects such as “Revele o Tietê que Você Vê“
(Develop the Tietê, As You See Him) in 1991, “Povos de São
Paulo – Uma Centena de Olhares sobre a Cidade Antropofágica“ (Peoples of São Paulo – Hundreds of Views of a City That
Devours People) in 2004 and “Expedição Cívica, Ecológica e
Fotográfica de Olho nos Mananciais“ (An Ecological and Photographic Expedition of the Citizens – With Respect to Their
Sources of Water) in 2008. Currently, Iatã Cannabrava is the director of the International Photography Festivals of Paratý – “Paratý em Foco“ – and the leader of the Latin American Forum for
Photography of São Paulo.
Elcias Correia Mota
wurde 1957 in Fortaleza, Ceará, geboren. Er studierte deutsche und portugiesische Literatur an der Universidade Federal
do Ceará. Dort arbeitete Elcias Correia Mota 10 Jahre als Reiseführer für Kreuzfahrt-Touristen, hier besonders für deutschsprachige Touristen. Gleichzeitig arbeitete er für die Fluggesellschaft VASP, zunächst am Check-in-Schalter und dann bei der
Flugreservierung. 1987 kam Elcias Correia Mota nach São Paulo, um Germanistik zu studieren. Dort unterrichtet er Deutsch
und ist gleichzeitig „Chefkoch“ im Freundeskreis und für die
Freunde seiner Freunde und kann dabei seine gastronomische
Leidenschaft ausleben.
(S. 41)
Elcias Correia Mota
nasceu em Fortaleza, Ceará, em 1957. Estudou Letras Alemão
e Português na Universidade Federal do Ceará. Lá trabalhou
durante quase 10 anos como guia turístico na recepção de
navios estrangeiros, especialmente turistas de língua alemã.
Paralelamente trabalhava na VASP, primeiro na recepção do
aeroporto, depois como atendente de reservas de passageiros.
Em 1987, veio para São Paulo estudar Germanística. Em São
Paulo, trabalha como professor de alemão e é personal chef
para pequenos grupos de amigos e amigos de amigos, onde
pode expressar sua paixão pela gastronomia.
(p. 41)
Elcias Correia Mota
was born in Fortaleza, Ceará, in 1957. He studied German and
Portuguese literature at the Federal University of Ceará. There,
Elcias Correira Mota worked for 10 years as a tourist guide
for cruise tourists, especially German speaking visitors. At the
same time he worked at the now defunct airline VASP, first in
the airport‘s reception area and later as a reservation agent. In
1987, Elcias Correira Mota moved to São Paulo to pursue an
education in German studies. He currently works as a German
teacher and “personal chef“ to small groups of friends and
their friends, where he is able to express his passion for the
culinary arts.
(p. 42)
Renato Cymbalista
2002), São Paulo 360° (with Helmut Batista, Ed. Panaview,
2008) and Sangue, ossos e terras: os mortos e a ocupação do
território luso-brasileiro (Ed. Alameda / FAPESP, 2011).
(p. 268)
Jorge de Almeida
ist Doktor der Philosophie und Professor für vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität São Paulo. Er arbeitet als Übersetzer und Musikkritiker, ist Autor des Buches Crítica dialética
em Theodor Adorno (Adornos kritische Dialektik, 2007) und verschiedener Essays zu Musikgeschichte, Modernismus und Avantgarde sowie Herausgeber der dreibändigen Reihe Pensamento
alemão no séc. XX (Deutsche Denker des 20. Jahrhunderts).
(S. 121)
Jorge de Almeida
é doutor em Filosofia e professor de Teoria Literária e Literatura comparada na Universidade de São Paulo. Tradutor e crítico musical, é autor de Crítica dialética em Theodor Adorno
(2007) e vários ensaios sobre história da música, modernismo
e vanguardas, além de organizador dos três volumes da série
Pensamento alemão no séc. XX.
ist Architekt und Stadtplaner und erwarb seinen Master- und
Doktortitel an der Fakultät für Architektur und Städtebau an
der Universität von São Paulo. Er ist Professor für Stadtentwicklung und Städtebau an der gleichen Fakultät und war Koordinator für den Bereich Städtebau am Institut Pólis (2003–2008).
Renato Cymbalista ist Autor verschiedener Bücher und Artikel
zur Stadtgeschichte und Stadtplanung, darunter Cidades dos
vivos: arquitetura e atitudes perante a morte nos cemitérios
do estado de São Paulo (Ed. Anna Blume / FAPESP, 2002), São
Paulo 360° (mit Helmut Batista, Ed. Panaview, 2008) und Sangue, ossos e terras: os mortos e a ocupação do território lusobrasileiro (Ed. Alameda / FAPESP, 2011).
is a Doctor of Philosophy and Professor of Comparative Literature at the University of São Paulo. He works a a translator and
music critic, is author of the book Crítica dialética em Theodor
Adorno (Adorno‘s Critical Dialectic, 2007) and various essays
on music history, Modernism, and avant-garde as well as the
editor of a three-volume series Pensamento alemão no séc. XX
(German Thinkers of the 20th Century).
(S. 267)
(p. 121)
Renato Cymbalista
é arquiteto e urbanista, mestre e doutor pela Faculdade de
Arquitetura e Urbanismo da Universidade de São Paulo. É professor de Urbanização e Urbanismo na mesma Faculdade. Foi
coordenador da área de urbanismo do Instituto Pólis (2003–
2008). É autor de diversos livros e artigos sobre história urbana
e planejamento urbano, entre os quais Cidades dos vivos: arquitetura e atitudes perante a morte nos cemitérios do estado
de São Paulo (Ed. Anna Blume / FAPESP, 2002), São Paulo 360°
(com Helmut Batista, Ed. Panaview, 2008) e Sangue, ossos e
terras: os mortos e a ocupação do território luso-brasileiro (Ed.
Alameda / FAPESP, 2011).
(p. 267)
Renato Cymbalista
is an architect and urban planner and earned his Master‘s and
Doctor‘s degrees at the Department of Architecture and Urbanism at the University of São Paulo. He is Professor of Urbanization and Urban Development in the same department and was
coordinator for the area of urban planning at the Pólis Institute (2003–2008). Renato Cymbalista is the author of different
books and articles on urban history and planning, including
Cidades dos vivos: arquitetura e atitudes perante a morte nos
cemitérios do estado de São Paulo (Ed. Anna Blume / FAPESP,
(p. 121)
Jorge de Almeida
Tereza de Arruda
wurde in São Paulo geboren, arbeitet als freie Kuratorin und
lebt seit 1989 in Berlin. Dort studierte sie Kunstgeschichte.
Tereza de Arruda war als Kuratorin bei der Documenta 11 tätig, ebenso im Haus der Kulturen der Welt in Berlin, im ZKM /
Karlsruhe, bei internationalen Biennalen, im Museu de Arte de
São Paulo und an anderen Institutionen.
(S. 197)
Tereza de Arruda
Paulistana, curadora independente, vive desde 1989 em Berlim,
onde estudou história da arte. Fez curadorias e projetos na Documenta 11, Casa das Culturas do Mundo / Berlim, ZKM / Karlsruhe,
bienais internacionais, Museu de Arte de São Paulo, entre outros.
(p. 197)
Tereza de Arruda
is a São Paulo native and independent curator living in Berlin
since 1989, where she studied art history. Tereza de Arruda
was responsible for curating and developing projects at Documenta 11, Casa das Culturas do Mundo / Berlin, ZKM / Karls-
275
276
ruhe, international biennales and the São Paulo Museum of
Art (MASP), among others.
Harryette Mullen, Rosmarie Waldrop und Ezequiel Zaidenwerg.
Seit 2002 lebt und arbeitet er in Berlin.
(p. 198)
(S. 83)
Michael de la Fontaine
ist in Frankfurt/Main aufgewachsen, Diplomsoziologe und promovierter Musikwissenschaftler mit zahlreichen Lehraufträgen
und wissenschaftlichen Veröffentlichungen. In den 60er Jahren
war Michael de la Fontaine Teil des Liedermacher-Duos „Christopher & Michael“, das mehrere LPs und Singles aufgenommen hat und bei zahlreichen Konzerten aufgetreten ist. Mehr
als 30 Jahre hat er für das Goethe-Institut gearbeitet, von 1987
bis 1992 war er Programmreferent für Brasilien in São Paulo.
Michael de la Fontaine ist Projektkoordinator für das Deutschlandjahr 2013 in Brasilien. Er ist verheiratet, hat vier Kinder
und lebt in Berlin.
(S. 16)
Michael de la Fontaine
cresceu em Frankfurt. Formou-se em Sociologia, doutorou-se
em Musicologia, publicou em inúmeras publicações especializadas e atuou na área de ensino. Nos anos 60, fez parte da
dupla “Christopher & Michael“, com vários LPs e singles gravados, além de inúmeros concertos. Trabalhou durante mais de
30 anos para o Instituto Goethe, tendo sido diretor regional do
Brasil, de 1987 a 1992, em São Paulo. É coordenador do Ano
da Alemanha no Brasil, em 2013. Casado, tem quatro filhos e
vive em Berlim.
(p. 16)
Michael de la Fontaine
grew up in Frankfurt/Main and, after studying sociology and
completing his doctorate in musicology, has had numerous
lectureships and scientific publications. In the 60s, Michael
de la Fontaine was a part of the singer-songwriter duo “Christopher & Michael“ recorded on several LPs and singles and
appearing in numerous concerts. He worked at the Goethe
Institute for more than 30 years and was a program officer for
Brazil from 1987 to 1992. Michael de la Fontaine is the project
coordinator for the Germany Year 2013 project in Brazil. He is
married, has four children, and lives in Berlin.
(p. 17)
Ricardo Domeneck
wurde 1977 in Bebedouro, São Paulo, geboren. Er veröffentlichte die Bücher Carta aos anfíbios (Bem-Te-Vi, 2005), A cadela sem Logos (Cosac Naify / 7Letras, 2007), Sons: Arranjo:
Garganta (Cosac Naify / 7Letras, 2009), Cigarros na cama (Berinjela / Modo de Usar & Co., 2011), Ciclo do amante substituível (7Letras, 2012) und Körper: Ein Handbuch (Verlagshaus
J. Frank, 2013). Ricardo Domeneck ist Mitherausgeber der
Zeitschriften Modo de Usar & Co. und Hilda. Er arbeitete für
brasilianische und ausländische Literaturzeitschriften und seine
Gedichte wurden ins Deutsche, Englische, Spanische, Katalanische, Französische, Holländische, Slowenische, Schwedische
und Arabische übersetzt. Lesungen und Performances führten ihn nach Buenos Aires, Mexiko-Stadt, Brüssel, Barcelona,
Ljubljana und Dubai. Ricardo Domeneck übersetzte Gedichte
von Hans Arp, Friederike Mayröcker, Frank O‘Hara, Jack Spicer,
Ricardo Domeneck
nasceu em Bebedouro, São Paulo, em 1977. Lançou os livros
Carta aos anfíbios (Bem-Te-Vi, 2005), A cadela sem Logos
(Cosac Naify / 7Letras, 2007), Sons: Arranjo: Garganta (Cosac Naify / 7Letras, 2009), Cigarros na cama (Berinjela / Modo
de Usar & Co., 2011), Ciclo do amante substituível (7Letras,
2012) e Körper: Ein Handbuch (Verlagshaus J. Frank, 2013). É
coeditor das revistas Modo de Usar & Co. e Hilda. Colaborou
com revistas literárias brasileiras e estrangeiras e seus poemas
foram traduzidos para o alemão, inglês, castelhano, catalão,
francês, holandês, esloveno, sueco e árabe. Apresentou leituras e performances em Buenos Aires, Cidade do México, Bruxelas, Barcelona, Liubliana e Dubai. Traduziu poemas de Hans
Arp, Friederike Mayröcker, Frank O‘Hara, Jack Spicer, Harryette
Mullen, Rosmarie Waldrop e Ezequiel Zaidenwerg. Vive desde
2002 em Berlim, na Alemanha.
Tanja Dückers
was born in Berlin (West) in 1968 and is a writer and publicist. After several stays abroad, she lives today with her family
in Berlin. Her most recent publications are the novel Hausers
Zimmer (2011) and a book of poetry, Fundbüros und Verstecke
(2012).
(p. 131)
Cassiano Elek Machado
(p. 84)
ist Sonderreporter der Zeitung Folha de S.Paulo, bei der er
schon einmal zwischen 1996 und 2005 gearbeitet hat. Er
studierte Journalismus an der PUC-SP (Pontifícia Universidade Católica de São Paulo), Sozialwissenschaften an der USP
(Universidade de São Paulo) und Spanische Kultur an der Universidad Complutense (Madrid). Cassiano Elek Machado war
Chefredakteur der Zeitschrift Trip und einer der Mitbegründer
der Zeitschrift Piauí, für die er zwei Jahre als Journalist und
Herausgeber arbeitete. 2007 war er Programmdirektor des
Literaturfestivals FLIP (Festa Literária Internacional de Paraty)
und 2008 Cheflektor des Verlags Cosac Naify.
Ricardo Domeneck
(S. 123)
was born in 1977 in Bebedouro, São Paulo. He has published
the books Carta aos anfíbios (Bem-Te-Vi, 2005), A cadela sem
Logos (Cosac Naify / 7Letras, 2007), Sons: Arranjo: Garganta (Cosac Naify / 7Letras, 2009), Cigarros na cama (Berinjela
/ Modo de Usar & Co., 2011), Ciclo do amante substituível
(7Letras, 2012) and Körper: Ein Handbuch (Verlagshaus J.
Frank, 2013). Ricardo Domeneck is the co-editor of the magazines Modo de Usar & Co. and Hilda. He has worked for
Brazilian and foreign literary journals and his poems have been
translated into German, English, Spanish, Catalan, French,
Dutch, Slovenian, Swedish, and Arabic. Readings and performances have taken him to Buenos Aires, Mexico City, Brussels,
Barcelona, Ljubljana, and Dubai. Ricardo Domeneck has translated poems by Hans Arp, Friederike Mayröcker, Frank O‘Hara,
Jack Spicer, Harryette Mullen, Rosmarie Waldrop, and Ezequiel
Zaidenwerg. Since 2002 he lives and works in Berlin.
Cassiano Elek Machado
(p. 84)
Tanja Dückers
wurde 1968 in Berlin (West) geboren, ist Schriftstellerin und
Publizistin. Nach verschiedenen Auslandsaufenthalten lebt sie
heute mit ihrer Familie in Berlin. Zuletzt erschienen von ihr der
Roman Hausers Zimmer (2011) sowie der Lyrikband Fundbüros
und Verstecke (2012).
(S. 131)
é repórter especial da Folha de S.Paulo, onde já havia trabalhado por nove anos, entre 1996 e 2005. Estudou Jornalismo
na PUC-SP, Ciências Sociais na USP e Cultura Espanhola na
Universidad Complutense (Madrid). Foi redator-chefe da revista Trip e integrou a equipe inicial da revista Piauí, da qual foi
repórter e editor por dois anos. Foi diretor de programação da
FLIP (Festa Literária Internacional de Paraty), em 2007, e diretor
editorial da Cosac Naify, de 2008 a 2012.
(p. 123)
Cassiano Elek Machado
is a senior reporter at the newspaper Folha de S.Paulo, where
he previously had worked nine years, from 1996 to 2005.
He studied journalism at the PUC-SP (Pontifícia Universidade
Católica de São Paulo), social sciences at the USP (University
of São Paulo) and Spanish culture at Universidad Complutense (Madrid). Cassiano Elek Machado was editor-in-chief of Trip
magazine and part of the initial team of magazine Piauí, where
he was a reporter and editor for two years. He was the programming director of the Paraty International Literary Festival
(FLIP) in 2007 and Cosac Naify‘s editorial director from 2008
to 2012.
(p. 123)
Tanja Dückers
Alex Flemming
nasceu em 1968, na Berlim ocidental. É escritora e jornalista.
Após vários períodos no exterior, mora atualmente com sua
família, em Berlim. Recentemente, publicou o romance Hausers Zimmer (Quartos da casa, 2011) e o livro de poemas Fundbüros und Verstecke (Achados e perdidos, 2012).
wurde 1954 in São Paulo geboren. Er ist bildender Künstler und
pendelt seit den 1990er Jahren zwischen São Paulo und Berlin.
Alex Flemming hatte eine Reihe von Einzelausstellungen und
war an mehreren Gruppenausstellungen wie u. a. 1981/83/91
der Biennale São Paulo, von 1986 bis 1997 der Havanna Biennale und 1998 der Ausstellung „Der Brasilianische Blick“ im
Haus der Kulturen der Welt, Berlin beteiligt.
(p. 131)
(S. 47)
Alex Flemming
Rodolfo García Vázquez
nasceu em 1954 em São Paulo. É artista plástico e vive entre
São Paulo e Berlim desde os anos 1990. Fez uma série de exposições individuais e participou de diversas exposições coletivas,
como da Bienal de São Paulo em 1981, 1983 e 1991, da Bienal
de Havana nos anos de 1986 e 1997, e em 1998 da exposição
“O olhar brasileiro” no Haus der Kulturen der Welt, Berlin.
(p. 47)
wurde in São Paulo geboren, wuchs im Vorstadtviertel Carandiru auf und spielte in seiner Kindheit hinter dem gleichnamigen Gefängnis. Er ist Theaterdirektor und Gründer der
Gruppe „Os Satyros“. Mit seinen umfangreichen Erfahrungen
in über zwanzig Ländern sagt Rodolfo García Vázquez, daß er
keine so schwierige und rätselhafte Stadt wie São Paulo kennt.
Das Stadtzentrum, dieses wankende Herz der Metropole, wurde
in mehreren seiner Theaterstücke zum Hauptdarsteller.
Alex Flemming
(S. 74)
Myriam Claire Gautschi
was born in São Paulo in 1954. He is a visual artist and commutes since the 1990s between São Paulo and Berlin. Since
1981, Alex Flemming has had a number of solo exhibitions
and has participated in several group exhibitions, including the
1981, 1983, and 1991 of the São Paulo Biennial, the 1986 to
1997 in the Havana Biennial, and in the 1998 exhibition “The
Brazilian Look” at the House of World Cultures in Berlin.
Rodolfo García Vázquez
was born in Bern in 1959. After studying architecture at the
ETH Zürich and doing a graduate thesis with Prof. Dolf Schnebli,
she worked in an architecture office in Zürich und founded
the company ZETBE for the manufacture and sales of her own
design products. Thereafter, Myriam Claire Gautschi was an
research assistant at the ETH Zürich and founded in 1990 together with Günther H. Zöller the PAK Office of Planning, Architecture, and Concept Design in Karlsruhe. Since then, she
has had lectureships in Switzerland and in Germany. Since 2002
she has been professor at the College of Engineering, Business
and Design (HTWG) in Constance. In 2007 and in 2011 Myriam
Claire Gautschi spent two sabbaticals in Rio de Janeiro und
São Paulo and in 2012, she organized and directed the 1st
summer school of the HTWG Konstanz in São Paulo. She lives
in Germany, is married and has adopted with her husband two
Brazilian children.
(p. 47)
nascido em São Paulo, foi criado no suburbano bairro do Carandiru e cresceu brincando nos fundos do presídio homônimo. É diretor teatral e fundador do grupo “Os Satyros“. Em
sua vasta experiência trabalhando em mais de vinte países, diz
nunca ter conhecido uma cidade tão difícil e enigmática quanto São Paulo. O centro da cidade, esse coração cambaleante
da metrópole, se converteu em protagonista de várias de suas
obras teatrais.
Helmut Galle
(p. 73)
wurde 1954 in Wittenberg geboren und siedelte 1961 in die
Bundesrepublik über. Nach der Schul- und Bundeswehrzeit in
Hannover studierte er Germanistik an der Freien Universität
Berlin und schloß mit einer Arbeit über den Psalm als Gattung
der deutschen Lyrik (mit Inka Bach) ab. Von 1989 bis 2000
war Helmut Galle als DAAD-Lektor an Universitäten in Aveiro,
Recife und Buenos Aires tätig. Seit 2001 ist er Professor für
Deutsche Literatur an der Universität São Paulo. Helmut Galle
hat über deutsche Literatur, Autobiographie und zum kulturellen Gedächtnis publiziert.
Rodolfo García Vázquez
(S. 77)
(p. 73)
Helmut Galle
nasceu em Wittenberg, em 1954, e migrou para a Alemanha
Ocidental, em 1961. Após completar os estudos escolares
e servir às forças armadas, graduou-se em Germanística, na
Freie Universität Berlin (Universidade Livre de Berlim), com uma
monografia sobre o Salmo como gênero da Literatura Alemã,
escrita em conjunto com Inka Bach. Entre 1989 e 2000, foi
leitor do DAAD nas universidades de Aveiro, Recife e Buenos
Aires. Desde 2001, é professor de Literatura Alemã na Universidade de São Paulo. Possui publicações sobre literatura alemã,
autobiografia e memória cultural.
(p. 77)
Helmut Galle
was born in 1954 in Wittenberg and settled in western Germany in 1961. After school and military service in Hannover,
he studied German literature at the Free University of Berlin,
graduating with a dissertation on the psalm as a genre of
German poetry (with Inka Bach). From 1989 to 2000 Helmut
Galle was a DAAD lecturer at universities in Aveiro, Recife and
Buenos Aires. Since 2001 he has been Professor of German
Literature at the University of São Paulo. Helmut Galle has published works on German literature, autobiography, and cultural
memory.
(p. 77)
was born in São Paulo, raised in the suburban neighborhood
of Carandiru and grew up playing near the similarly named jail.
He is a theater director and founder of “Os Satyros“ group.
With vast experience working in over twenty countries, Rodolfo García Vázquez says he has never seen such an enigmatic and difficult city as São Paulo. The city‘s downtown, that
staggering metropolitan heart, is the protagonist of several of
his plays.
Myriam Claire Gautschi
wurde 1959 in Bern geboren. Nach einem Architekturstudium
an der ETH Zürich und Diplom bei Prof. Dolf Schnebli hat sie in
einem Architekturbüro in Zürich gearbeitet und die Firma ZETBE
zur Herstellung und zum Vertrieb eigener Design-Artikel gegründet. Danach war Myriam Claire Gautschi Assistentin an der
ETH Zürich und hat 1990 zusammen mit Günther H. Zöller das
PAK-Büro für Planung, Architektur und Konzeptdesign in Karlsruhe gegründet. Seitdem hatte sie Lehraufträge in der Schweiz
und in Deutschland. Seit 2002 ist sie Professorin an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Konstanz. 2007
und 2011 hat Myriam Claire Gautschi zwei Forschungssemester
in Rio de Janeiro und São Paulo verbracht sowie 2012 die 1.
Summerschool der HTWG Konstanz in São Paulo organisiert
und geleitet. Sie wohnt in Deutschland, ist verheiratet und hat
mit ihrem Mann zwei brasilianische Kinder adoptiert.
sign. Desde então, dá aulas na Suiça e na Alemanha. Desde
2002, é professora na Hochschule für Technik, Wirtschaft und
Gestaltung (Escola Superior de Tecnologia, Economia e da Forma), em Constança. Em 2007 e 2011, realizou dois semestres
de pesquisa no Rio de Janeiro e em São Paulo, bem como
organizou e dirigiu, em 2012, o 1° summerschool da HTWG
em São Paulo. Mora na Alemanha, casada, e tem dois filhos
brasileiros adotados.
(p. 57 / 149)
(p. 58 / 150)
Martin Gegner
hat Politikwissenschaften studiert und in Soziologie in Berlin
promoviert. Dort arbeitete er als Forscher und Dozent an verschiedenen Wissenschaftsinstitutionen. Seit 2010 ist Martin
Gegner Gastprofessor für Stadt- und Architektursoziologie an
der Faculdade de Arquitetura e Urbanismo (FAU) der Universidade São Paulo (USP). Zugleich leitet er das Büro des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in São Paulo.
(S. 79)
Martin Gegner
estudou Ciências Políticas e se doutorou em Sociologia, em
Berlim, onde trabalhou como pesquisador e professor em diferentes instituições. Desde 2010, é professor visitante de Fundamentos Sociais de Arquitetura e Urbanismo da Faculdade de
Arquitetura e Urbanismo (FAU) da Universidade de São Paulo.
Ademais, dirige o escritório do Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD, Serviço alemão de intercâmbio acadêmico), em São Paulo.
(p. 80)
(S. 57 / 149)
Martin Gegner
Myriam Claire Gautschi
studied political science and completed his doctorate in sociology in Berlin. There he worked as a researcher and lecturer at
various academic institutions. Since 2010 Martin Gegner has
been a visiting Professor for Urban and Architectural Sociology at the Faculdade de Arquitetura e Urbanismo (FAU) of the
Universidade São Paulo (USP). He also directs the office of the
German Academic Exchange Service (DAAD) in São Paulo.
nasceu em Berna, em 1959. Formou-se em Arquitetura na ETH
Zürich e, depois de concluir o mestrado sob a supervisão do
professor Dolf Schnebli, trabalhou em um escritório de arquitetura e fundou a firma ZETBE, para a produção e marketing dos
próprios produtos. Foi assistente na ETH Zürich e, em 1990,
juntamente com Günther H. Zöller, fundou em Karlsruhe o
escritório PAK, para planejamento, arquitetura e concept de-
(p. 81)
277
278
Barbara Göbel
hat Ethnologie in München und Göttingen studiert und war
an den Universitäten Göttingen, Tübingen, Bonn, Köln und
Hohenheim in der Forschung und Lehre tätig. Sie war Postdoc-Stipendiatin am Laboratoire d’Anthropologie Social (Collège de France), Paris, sowie Gastprofessorin an verschiedenen
Universitäten in Argentinien, Bolivien und Chile. Im Rahmen
mehrerer interdisziplinärer Projekte war Barbara Göbel für
längere Forschungsaufenthalte im Andenhochland NordwestArgentiniens und Nord-Chiles. Von 2002 bis 2005 war sie
Executive Director der internationalen Wissenschaftsorganisation „International Human Dimensions Programme on Global
Environmental Change“, seit Juni 2005 ist sie Direktorin des
Ibero-Amerikanischen Instituts (IAI) der Stiftung Preußischer
Kulturbesitz in Berlin. Barbara Göbel hat zu den Themen
Mensch-Umwelt-Beziehungen, sozial-ökologische Ungleichheiten und transregionale Wissensasymmetrien publiziert.
(S. 109)
Barbara Göbel
estudou Etnologia, em Munique e em Göttingen, e trabalhou
como pesquisadora e docente nas universidades de Göttingen,
Tübingen, Bonn, Colônia e Hohenheim. Foi bolsista de pósdoutorado no Laboratorie d’Anthropologie Social do Collège
de France, em Paris, além de ter sido professora visitante em
diversas universidades da Argentina, Bolívia e Chile. Devido a
vários projetos interdisciplinares, passou longos períodos nas regiões andinas, no noroeste argentino e no norte do Chile. Entre
2002 e 2005, trabalhou como diretora executiva da organização científica internacional “International Human Dimensions
Programme on Global Environmental Change“ e, desde junho
de 2005, é diretora do Instituto Ibero-Americano (IAI, para a
sigla em alemão) da Stiftung Preußischer Kulturbesitz (Fundação do Patrimônio Cultural Prussiano), em Berlim. Publicou
artigos sobre a relação homem-meio ambiente, desigualdades
socioecológicas e assimetrias de conhecimento transregionais.
(p. 109)
Barbara Göbel
studied anthropology in Munich and Göttingen and has had
research and teaching stints at the universities of Göttingen,
Tübingen, Bonn, Cologne and Hohenheim. She was a postdoctoral fellow at the Laboratory of Social Anthropology (Collège de France), Paris, as well as visiting professor at different
universities in Argentina, Bolivia and Chile. As part of several
interdisciplinary projects, Barbara Göbel had longer research
stays in the Andes highlands, in northwestern Argentina and
northern Chile. From 2002 to 2005 she was Executive Director
of the scientific organization, “International Human Dimensions
Programme on Global Environmental Change” and since June
2005 she has been Director of the Ibero-American Institute
(IAI) of the Prussian Cultural Heritage Foundation in Berlin.
Barbara Göbel has published on the topics of human-environment relationships, social-ecological inequalities and trans-regional knowledge asymmetries.
(p. 110)
und arbeitet seit 1991 in Berlin. 2012 war er mit „The Pavilion
of World Fairs“ an der Ausstellung „The World Is Not Fair – Die
Große Weltausstellung“ auf dem Tempelhofer Feld in Berlin
und mit Zeichnungen und Früchte-Trocknern im Rahmen seines Projektes BIOCUB an der 11. Havanna Biennale beteiligt.
(S. 37)
Erik Göngrich
é um artista plástico interessado em um trabalho cru, direto,
espontâneo, desenhado, arquitetural, de cores vivas, subjetivo, documentarista e escultural, um trabalho que provoque
o observador. Formado em Artes e Arquitetura, vive e trabalha
desde 1991 em Berlim. Em 2012, participou, com “The Pavilion of World Fairs“, da exposição “The World Is Not Fair“ no
Tempelhofer Feld, em Berlim, e da décima primeira Bienal de
Havana, apresentando seus trabalhos com desenhos e secadores de fruta, no contexto do seu projeto BIOCUB.
(p. 37)
Erik Göngrich
is an artist interested in raw, direct, spontaneous, graphic, architectural, colorful, subjective, documentary and sculptural
work that excites the viewer. He is a trained artist and architect
who has worked in Berlin since 1991. In 2012 he took part in
the exhibition “The World Is Not Fair“ at Tempelhof Field in
Berlin with “The Pavilion of World Fairs“ and with drawings
and fruit dryers as a part of his project BIOCUB at the 11th
Havana Biennial.
(p. 38)
Ana Gonçalves Magalhães
ist Dozentin und Kuratorin der Abteilung Kunstforschung,
Kunsttheorie und -kritik am Museu de Arte Contemporânea
der Universität São Paulo. Als Kunsthistorikerin war sie zwischen 2001 und 2008 für die Publikationen der Fundação Bienal de São Paulo verantwortlich. Seit 2000 ist Ana Gonçalves
Magalhães Mitglied des Comitê Brasileiro de História da Arte
(CBHA). Sie besitzt einen Bachelor in Geschichte der Universidade Estadual de Campinas (UNICAMP, 1992), einen Master
in Kunst- und Kulturgeschichte der gleichen Universität (1995)
und den Doktortitel in Kunstgeschichte und Kunstkritik der
Universidade de São Paulo (USP, 2000).
(S. 68)
Ana Gonçalves Magalhães
é docente e curadora da Divisão de Pesquisa em Arte, Teoria e
Crítica do Museu de Arte Contemporânea da Universidade de São
Paulo. Historiadora da arte, atuou como coordenadora editorial
da Fundação Bienal de São Paulo entre 2001 e 2008. Membro do
Comitê Brasileiro de História da Arte (CBHA) desde 2000. Possui
bacharelado em História pela Universidade Estadual de Campinas
(UNICAMP, 1992), mestrado em História da Arte e da Cultura pela
mesma universidade (1995), e doutorado em História e Crítica da
Arte pela Universidade de São Paulo (USP, 2000).
Erik Göngrich
(p. 67)
ist ein Künstler, der an rauher, direkter, spontaner, zeichnerischer, architekturaler, farbenfroher, subjektiver, dokumentarischer und skulpturaler Arbeit interessiert ist, die die Betrachter anregt. Er ist ausgebildeter Künstler und Architekt und lebt
Ana Gonçalves Magalhães
is Art Professor and Curator of the Art, Theory and Criticism Research Division of the Contemporary Art Museum of the Univer-
sity of São Paulo. An art historian, she has worked as editorial
coordinator of the São Paulo Biennial Foundation from 2001
to 2008. Ana Gonçalves Magalhães has been a member of the
Brazilian Art History Committee (CBHA) since 2000. She holds a
Bachelor‘s degree in history from the São Paulo State University in
Campinas (UNICAMP, 1992), a Master of Arts in Art and Culture
History from the same university (1995) and a Ph.D. in Art History
and Criticism from the University of São Paulo (USP, 2000).
(p. 67)
Irene González Pino
ist seit 2004 CEO der Banco República Oriental del Uruguay
(BROU) in São Paulo, wo sie auch als Repräsentantin des Espacio Uruguay (ein Handels- und Kulturzentrum der BROU) tätig ist, an dessen Entwurf und Konzept sie beteiligt war. Irene
González Pino ist Mitglied des Comité Fiscal der ABBI und
nimmt regelmäßig an den Konferenzen der BID und FELABAN
in Nord- und Südamerika teil. Sie studierte an der Universität
für Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften in Montevideo
(Uruguay), wo sie geboren ist. Irene González Pino begann ihre
Laufbahn in der Banco Real (Uruguay, Porto Alegre, Rio de Janeiro, São Paulo) und in der Royal Bank of Canada (London,
Guernsey und Jersey). 15 Jahre lang arbeitete sie freiberuflich,
war an verschiedenen Forschungsarbeiten beteiligt und lehrte
am Ausbildungszentrum der BROU in Uruguay.
(S. 141 / 145)
Irene González Pino
é CEO do Banco República Oriental del Uruguay na cidade de
São Paulo desde 2004, onde também atua como Representante do Espacio Uruguay (primeiro espaço de negócios e cultural no exterior do BROU), tendo participado ativamente do
desenho, estrutura, logística e criação do mesmo a partir de
2011. É membro do Comitê Fiscal da ABBI. Participa nas reuniões e confêrencias do BID e FELABAN em múltiplas cidades do
continente americano. Formou-se na Universidade de Ciências
Econômicas e de Administração em Montevidéu, Uruguai, onde
nasceu. Começou seu trabalho no setor bancário atuando no
Banco Real (Uruguay, Porto Alegre, Rio de Janeiro, São Paulo)
e no Royal Bank of Canadá (Londres, Guernsey e Jersey), onde
está até o presente. Exerceu a profissão de forma independente
durante 15 anos. Participou de vários trabalhos de investigação.
Foi docente do Centro de Capacitação do BROU no Uruguai.
(p. 141 / 145)
Irene González Pino
has been the CEO of the Banco República Oriental del Uruguay
(BROU) in São Paulo since 2004, where she also works as a
representative of Espacio Uruguay (a commercial and cultural
center of the BROU), which she was involved in designing and
creating. Irene González Pino is a member of the Comité Fiscal
of the ABBI and participates regularly in the conferences of the
BID and FELABAN in North and South America. She studied
at the University of Economics and Administrative Sciences in
Montevideo (Uruguay), where she was born. Irene González
Pino began her career at the Banco Real (Uruguay, Porto Alegre,
Rio de Janeiro, São Paulo) and at the Royal Bank of Canada
(London, Guernsey, and Jersey). She worked for 15 years as a
freelancer, has been involved in various research projects and
taught at the training center of the BROU in Uruguay.
(p. 142 / 146)
Rafael Haddad
Rainer Hehl
Michael Horn
wurde in São Paulo geboren und ist Jurist. Mehr als 12 Jahre
war Rafael Haddad in den bilateralen Beziehungen zwischen
Deutschland / Europa und Brasilien / MERCOSUR aktiv, arbeitete in verschiedenen Management-Funktionen und war als
Vertreter diverser Institutionen und Unternehmen in beiden
Ländern tätig. Seit 2010 ist er Geschäftsführer des BDI Brazil
Boards in Berlin.
is an architect and an urban planner. Currently, he directs the
Master of Advanced Studies in Urban Design at the ETH Zürich.
As a curator for the 4th Architecture Biennale in Rotterdam
(IABR) 2009 he initiated favela upgrading projects on five test
sites in Paraisópois, São Paulo. In addition to having lectured
widely on urban informality, popular architecture, and hybrid
urbanities, Hehl co-founded the non-profit organization and
online network urbaninform.net. He edited Building Brazil!
and Informalize! (Ruby Press, 2011) and most recently Cidade
de Deus – City of Gods (Ruby Press, 2013). Rainer Hehl holds a
Ph.D. from the ETH Zürich on urbanization strategies for informal settlements, focusing on case studies in Rio de Janeiro.
wurde in Stuttgart geboren. Seit 2005 ist er stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der Landesbank Baden-Württemberg,
seit 2008 Honorarkonsul von Brasilien in Baden-Württemberg.
(S. 165)
Rafael Haddad
nasceu em São Paulo e é jurista. Durante mais de 12 anos,
participou ativamente das relações bilaterais entre Alemanha /
Europa e Brasil / Mercosul, trabalhando em diferentes funções
na área de gestão, além de atuar como representante de diversas instituições e companhias nos dois países. Desde 2010, é
diretor chefe do BDI Brazil Boards, em Berlim.
(p. 165)
Rafael Haddad
was born in São Paulo and is a lawyer. For more than 12 years Rafael Haddad was active in the bilateral relations between Germany
/ Europe and Brazil / MERCOSUR, worked in different management positions and worked as a representative of several different
institutions and companies in both countries. Since 2010 he has
been the Managing Director of the BDI Brazil Boards in Berlin.
(S. 23)
Michael Horn
nasceu em Stuttgart. Desde 2005, é vice-presidente do Conselho do Landesbank Baden-Württemberg e, desde 2008, cônsul
honorário do Brasil, em Baden-Württemberg.
(p. 23)
(p. 206)
Peter Herrmann
wurde 1949 in Güstrow/Mecklenburg geboren. Nach einem
Studium in Jura, Germanistik und Politik in Marburg/Lahn war
er ab 1980 Lehrer an zwei UNESCO-Modellschulen in Hessen,
ab 1990 in der Schulleitung tätig und hat Konzepte zur Ausländerpädagogik in der Lehrerfortbildung und im Hessischen
Kultusministerium entwickelt. Von 1995 bis 2000 war Peter
Herrmann Deutscher Schulleiter am Colegio Visconde de Porto Seguro in São Paulo. Danach, von 2000 bis 2012, war er
Schulleiter in Darmstadt sowie Initiator und Projektleiter „Internationale Begegnungsschule, Darmstadt“. Seit August 2012
betreibt Peter Herrmann die selbständige Fach- und Prozeßberatung „BildungsZukunft“.
Michael Horn
was born in Stuttgart. Since 2005, he has been Deputy Chairman of the Management Board of the Landesbank BadenWürttemberg. Since 2008, he has been an Honorary Consul of
Brazil in Baden-Württemberg.
(p. 24)
Alfons Hug
wurde 1950 in Hochdorf geboren. Er leitet seit 2002 das
Goethe-Institut in Rio de Janeiro. 2002 und 2004 kuratierte
Alfons Hug die Biennale von São Paulo sowie 2003 und 2005
den Brasilianischen Pavillon auf der Biennale von Venedig.
(p. 166)
(S. 169)
(S. 233)
Rainer Hehl
Peter Herrmann
Alfons Hug
ist Architekt und Stadtplaner. Derzeit leitet er den Masterstudiengang in Städtebau an der ETH Zürich. Als ein Kurator der
vierten Architekturbiennale in Rotterdam (IABR) 2009 initiierte
er Favela-Aufwertungsprojekte auf fünf Testgrundstücken in
Paraisópois, São Paulo. Zusätzlich zu vielen gehaltenen Vorlesungen über urbane Informalität, Populärarchitektur und
hybride Urbanitäten ist Rainer Hehl Mitbegründer der Nonprofit-Organisation und des Online-Netzwerks urbaninform.net.
Er veröffentlichte Building Brazil! und Informalize! (Ruby Press,
2011) und vor kurzem Cidade de Deus – City of Gods (Ruby
Press, 2013). Rainer Hehl promovierte an der ETH Zürich über
Urbanisierungsstrategien für informelle Siedlungen, mit dem
Schwerpunkt auf Fallbeispielen in Rio de Janeiro.
nasceu em 1949, em Güstrow/Mecklenburg, Alemanha. Após
estudos de Direito, Germanística e Política em Marburg/Lahn,
foi professor, a partir dos anos 1980, em duas escolas-modelo
da UNESCO, em Hessen, e, desde 1990, passou a fazer parte
da direção da escola, desenvolvendo conceitos de pedagogia
para estrangeiros no “Lehrerfortbildung“ (centro de formação
de professores) e no Ministério de Cultura de Hessen. De 1995
a 2000, foi diretor de alemão do Colégio Visconde de Porto
Seguro. Depois disso, até 2012, foi diretor em Darmstadt bem
como iniciador e projetista da “Escola Bilíngue Internacional“,
em Darmstadt. Desde agosto de 2012, oferece consultoria técnica e de acompanhamento em educação do futuro.
nasceu em 1950, em Hochdorf. Desde 2002, dirige o Instituto
Goethe no Rio de Janeiro. Em 2002 e em 2004, foi curador
da Bienal de São Paulo, assim como do Pavilhão Brasileiro da
Bienal de Veneza, em 2003 e 2005.
(p. 233)
Alfons Hug
was born in 1950 in Hochdorf. He has led the Goethe Institute
in Rio de Janeiro since 2002. In 2002 and in 2004 Alfons Hug
was curator of the São Paulo Biennial as well as curator of the
Brazilian Pavilion in 2003 and 2005 at the Venice Biennale.
(p. 169)
(S. 205)
Rainer Hehl
Peter Herrmann
(p. 234)
Uwe Kaestner
é arquiteto e urbanista. Atualmente, dirige o programa de
mestrado em Urbanismo na ETH Zürich. Como curador da
quarta Bienal de Arquitetura, em Roterdã (IABR), em 2009,
iniciou projetos-piloto de melhorias em favela em cinco terrenos em Paraisópolis, São Paulo. Além de oferecer inúmeras
palestras sobre informalidade urbana, arquitetura popular
e urbanidades híbridas, é cofundador da ONG e rede social
virtual urbaninform.net. Pela Ruby Press, publicou, em 2011,
Building Brazil! e Informalize! e, em 2013, Cidade de Deus
– City of Gods (Ruby Press, 2013). Doutorou-se pela ETH Zürich
com tese sobre estratégias de urbanização para assentamentos
informais, com ênfase em casos no Rio de Janeiro.
was born in 1949 in Güstrow/Mecklenburg, Germany. After
studying law, German literature, and political science in Marburg/Lahn, he began working as a teacher in 1980 in two
UNESCO-model schools in Hessen. He continued work in school
administration beginning in 1990 and developed models for
teaching foreigners in teacher training and in the Hessian Ministry of Education. From 1995 to 2000 Peter Herrmann was
German headmaster at the Colegio Visconde de Porto Seguro
in São Paulo. Then, from 2000 to 2012, he was headmaster in
Darmstadt as well as initiator and project manager of the “International Encounter School” of Darmstadt. Since August 2012,
Peter Herrmann has run the independent technical and process
consulting agency “BildungsZukunft“ (Educational Future).
wurde 1939 in Dresden geboren. Er studierte Jura an den Universitäten Freiburg, Köln und Bonn, wo er auch promovierte. 1963
trat er in den Auswärtigen Dienst ein und begann seine diplomatische Laufbahn in Rio de Janeiro. Nach weiteren Auslandsstationen war Uwe Kaestner von 2001 bis 2004 Botschafter in Brasilien. Von 1993 bis 1995 war er Beauftragter des Auswärtigen
Amtes für Lateinamerikapolitik im Range eines Botschafters und
von 1998 bis 1999 Leiter der Abteilung Dritte-Welt-Politik. Seit
2004 ist Uwe Kaestner Präsident der Deutsch-Brasilianischen
Gesellschaft e. V. und Mitherausgeber der Zeitschrift Tópicos. Er
ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.
(p. 205)
(p. 170)
(S. 29)
279
280
Uwe Kaestner
Nelson Rubens Kunze
Eckhard E. Kupfer
nasceu em Dresden, em 1939. Estudou Direito nas Universidades de Freiburg, Colônia e Bonn, onde se doutorou. Em
1963, ingressou para o Serviço de Diplomacia, começando sua
carreira no Rio de Janeiro. Depois de percorrer inúmeros países,
foi, entre 2001 e 2004, embaixador no Brasil. De 1993 a 1995,
foi representante do Ministério das Relações Exteriores para a
política latino-americana, na categoria de embaixador, e, de
1998 a 1999, diretor do setor de política do terceiro mundo.
Desde 2004, é presidente da Deutsch-Brasilianischen Gesellschaft e. V. (Sociedade Brasil-Alemanha) e co-editor da revista
Tópicos. Casado e três filhos.
wurde in São Paulo geboren. Nachdem er in Brasilien ein Ingenieurdiplom erworben und ein Musikstudium absolviert hatte,
besuchte Nelson Rubens Kunze Ergänzungsstudien in Musik
und Kommunikationswissenschaften in Berlin (HdK und TU). Er
ist Unternehmer im Kulturbereich und herausgebender Direktor der Zeitschrift CONCERTO, eines monatlich erscheinenden
Führers zur klassischen Musik in Brasilien.
(p. 29)
nasceu em São Paulo. Estava diplomado em engenharia e tinha terminado os seus estudos na Escola Superior de Música
no Brasil quando cursou a pós-graduação em Música e Ciências da Comunicação em Berlim (Hdk e TU). Nelson Rubens
Kunze é empresário cultural e diretor editorial da revista CONCERTO, um guia mensal da música clássica do Brasil.
was born in 1942 in Stuttgart. After high school and an internship at a daily newspaper, Eckhard E. Kupfer studied German
literature and philosophy in Stuttgart and Frankfurt/Main from
1963 on and foreign trade at the School of Transport and Foreign Trade in Bremen and graduated in 1968 with a degree
in business administration. From 1968 to 2002 he worked in
business with a focus on logistics, beginning in 1977 in leading
positions in the USA and Brazil. Since 1998 Eckhard E. Kupfer
has worked in Brazil as a journalist, since 2002, responsible for
publications in the Martius Staden Institute in São Paulo. Since
2005 he has been the director of the institute. In 2012, Eckhard E. Kupfer’s book Weltgeschichten (World Histories) was
published in which his German press articles and those written
over the past 15 years in Brazil are summarized.
Uwe Kaestner
was born in 1939 in Dresden. He studied law at the universities
of Freiburg, Cologne and Bonn, where he also completed his
doctorate. In 1963 he joined the Foreign Service and began
his diplomatic career in Rio de Janeiro. After further stints abroad, Uwe Kaestner was German ambassador to Brazil from
2001 until 2004. From 1993 to 1995 he was a representative
of the Foreign Office for Latin American Policy at the rank of
an ambassador and from 1998 to 1999 he was head of the
Department of Third World Politics. Since 2004 Uwe Kaestner
has been president of the German-Brazilian Society and co-editor of the journal Tópicos. He is married and has three grown
children.
(p. 30)
Elisabeth Koller
wurde 1951 in Regensburg geboren. Sie studierte an der Universität Regensburg Germanistik und Romanistik für das Lehrfach und hat in Bayern an Gymnasien sowie in den 1980er
Jahren an der Deutschen Schule in Washington, D.C. unterrichtet. Seit 1993 lebt Elisabeth Koller in São Paulo. Nach Unterrichtsjahren an örtlichen Schulen ist sie heute als Privatlehrerin tätig.
(S. 237)
Elisabeth Koller
nasceu em 1951 em Regensburg onde estudou Filologia
Germânica e Românica para o ensino de 2° grau. Ela trabalhou como professora em diversas escolas de segundo grau na
Bavária e nos anos 80 no colégio alemão de Washington, D.C.
Mora em São Paulo desde 1993 e atua hoje como professora
particular depois dos anos em escolas públicas.
(p. 237)
Elisabeth Koller
was born in 1951 in Regensburg. She studied German and Romance languages at the University of Regensburg to become a
school teacher and she taught in high schools in Bavaria as well
as at the German School in Washington, D.C. in the 1980s.
Since 1993 Elisabeth Koller has lived in São Paulo. After years
of teaching at local schools she works today as a private tutor.
(p. 238)
(S. 252)
Nelson Rubens Kunze
(p. 251)
Nelson Rubens Kunze
was born in São Paulo. After earning an engineering degree in
Brazil and graduating with a music degree, Nelson Rubens Kunze
did additional studies in music and communications in Berlin (College of the Arts and the Technical University). He is an entrepreneur in the field of culture and the publishing director of the magazine CONCERTO, a monthly guide to classical music in Brazil.
(p. 251)
Eckhard E. Kupfer
wurde 1942 in Stuttgart geboren. Nach Abitur und Volontariat
bei einer Tageszeitung hat Eckhard E. Kupfer ab 1963 Germanistik und Philosophie in Stuttgart und Frankfurt/Main und
Außenhandel an der Schule für Verkehr und Außenhandel in
Bremen studiert und das Studium 1968 als Diplom-Kaufmann
abgeschlossen. Von 1968 bis 2002 war er mit dem Schwerpunkt Logistik in der freien Wirtschaft tätig, ab 1977 in führenden Positionen in den USA und Brasilien. Seit 1998 ist Eckhard
E. Kupfer in Brasilien als Journalist tätig, seit 2002 im MartiusStaden-Institut in São Paulo für Publikationen verantwortlich.
Seit 2005 ist er Direktor des Instituts. 2012 ist Eckhard E. Kupfers Buch Weltgeschichten erschienen, in dem seine deutschsprachigen, in den letzten 15 Jahren in Brasilien entstandenen
Presseartikel zusammenfaßt sind.
(S. 91 / 172)
Eckhard E. Kupfer
nasceu em 1942, em Stuttgart. Depois de concluir o ensino
médio, trabalhou como voluntário em um jornal, até começar,
em 1963, seus estudos de Germanística e Filosofia, em Stuttgart, e de Comércio Exterior, na Escola de Relações e Comércio
Exteriores, em Bremen. Em 1968, formou-se em management
assistent. De 1968 a 2002, atuou na área de logística no setor
privado, tendo, desde 1977, assumido posições de liderança
nos EUA e no Brasil. Desde 1998 trabalha como jornalista no
Brasil e, desde 2002, é responsável pelas publicações do Instituto Martius Staden, do qual é diretor desde 2005. Em 2012,
publicou Weltgeschichten (Histórias mundiais), uma compilação
dos seus artigos publicados nos últimos quinze anos, no Brasil.
(p. 91 / 171)
(p. 92 / 171)
Josef Lenz
hat an der Universität Stuttgart Architektur und Städtebau
studiert und seit dem Diplom 1983 als selbständiger Architekt
gearbeitet. Von 1987 bis 1991 war er Assistent am Institut für
Baukonstruktion und Entwerfen, 1991 wurde er Professor für
Entwerfen, Gestalten und Konstruieren an der Architekturfakultät der Hochschule für Wirtschaft, Technik und Gestaltung
in Konstanz. 1992 hat Josef Lenz zusammen mit Heinz Nagler
ein Architekturbüro in Stuttgart gegründet. Seit 1997 hat er zu
einer Reihe von Themen geforscht, wie zur Architektur der Niederlande (Berlage-Institut, Amsterdam / TU Delft, 1997), über
das Hofhaus in Spanien (Universität Sevilla, 2003) und über
„Kinderwelten“ (Universität Köln 2008).
(S. 179)
Josef Lenz
estudou Arquitetura e Urbanismo na Universidade de Stuttgart
e desde 1983 trabalha como arquiteto autônomo. Entre 1987
e 1991, trabalhou como assistente no Instituto de Construção
Civil e Planejamento e, em 1991, tornou-se professor de Planejamento, Forma e Construção da Faculdade de Arquitetura
da Hochschule für Wirtschaft, Technik und Gestaltung (Escola
Superior de Tecnologia, Economia e da Forma), em Constança. Em 1992, abriu, com Heinz Nagler, um escritório de arquitetura, em Stuttgart. Desde 1997, vem pesquisando sobre
uma série de temas, como a arquitetura da Holanda (Instituto
Berlage, Amsterdã / TU Delft, 1997), a casa-pátio, na Espanha
(Universidade de Sevilla, 2003) e os “Kinderwelten” (mundos
infantis) (Universidade de Colônio, 2008).
(p. 180)
Josef Lenz
studied architecture and urban planning at the University of
Stuttgart and has worked as a freelance designer since graduating in 1983. From 1987 to 1991 he was an assistant at
the Institute for Construction and Design, in 1991 he became
Professor of Planning, Design and Construction at the Department of Architecture of the University of Business, Technology,
and Design in Constance. In 1992, together with Heinz Nagler,
Josef Lenz founded an architect office in Stuttgart. Since 1997,
he has done research on a range of topics, such as the architecture of the Netherlands (at the Berlage Institute, Amsterdam /
Delft University of Technology, 1997), on the courtyard house
in Spain (at the University of Seville, 2003) and on “Children’s
Worlds” (at the University of Cologne, 2008).
(p. 181)
Dea Loher
wurde 1964 in Traunstein geboren. Sie studierte Philosophie
und Germanistik in München sowie Szenisches Schreiben in
Berlin und verbrachte längere Zeit im Ausland, vor allem in Südamerika. Dea Loher lebt in Berlin. Ihre letzten inszenierten Theaterstücke waren Diebe und Am Schwarzen See (Deutsches
Theater Berlin, 2009 und 2012), 2012 hat sie den Roman Bugatti taucht auf veröffentlicht. Dea Loher hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Bertolt-Brecht-Preis 2006,
den Mülheimer Dramatikerpreis 1998 und 2008, den Berliner
Literaturpreis 2009 und den Marie-Luise-Fleißer-Preis 2009.
(S. 161)
Dea Loher
nasceu em 1964, em Traunstein. Estudou Filosofia e Germanística em Munique e Roteiro para Teatro em Berlim. Passou
muitos anos no exterior, principalmente na América do Sul.
Vive em Berlim. Suas últimas peças de teatro encenadas foram
Diebe (Ladrões) e Am Schwarzen See (No lago negro), ambas
no Theater Berlin, em 2009 e 2012, respectivamente. Também
em 2012, foi publicado seu romance Bugatti taucht auf (Bugatti se levanta). Foi contemplada com diversos prêmios, entre
eles o Bertolt Brecht, em 2006, o Mülheimer de dramaturgia,
em 1998 e 2008, o Berliner de literatura, em 2009, e o Marie
Luise Fleißer, em 2009.
(p. 161)
Dea Loher
was born in 1964 in Traunstein. She studied philosophy and
German literature in Munich as well as playing in Berlin and
spent considerable time abroad, especially in South America.
Dea Loher now lives in Berlin. Her last staged plays were Diebe
(Thieves) and Am Schwarzen See (At the Black Lake) at the
Deutsches Theater Berlin, in 2009 and in 2012. In 2012, she
published the novel Bugatti taucht auf (Bugatti Emerges). Dea
Loher has received numerous awards, including the Bertolt
Brecht Prize in 2006, the Mühlheim Dramatists‘ Award in 1998
and 2008, the Berlin Literature Prize in 2009, and the Marie
Luise Fleißer Award in 2009.
(p. 161)
Marina Ludemann
hat Literaturwissenschaft und Geschichte in Tübingen und
Hamburg studiert. Nach Abschluß des Studiums mit Magister
Artium hat sie zunächst als Journalistin gearbeitet. Seit 1988
ist Marina Ludemann für das Goethe-Institut tätig. Von 1992
bis 2002 leitete sie die Programmabteilung des Goethe-Instituts São Paulo. Danach war sie für das Goethe-Institut in Berlin
und München tätig, u. a. als Referentin für Film in der Zentrale.
Seit Juni 2013 ist Marina Ludemann Leiterin des Goethe-Instituts Porto Alegre.
(S. 127)
Marina Ludemann
estudou Literatura e História em Tübingen e Hamburgo e após
graduar-se com um mestrado em artes, trabalhou como jornalista. Desde 1988, Marina Ludemann trabalha para o Instituto
Goethe. De 1992 a 2002, chefiou o departamento de programas do Instituto em São Paulo. Depois disso, trabalhou para
o Instituto Goethe, em Berlim e Munique, entre outros, como
consultora do departamento de cinema. Desde junho 2013
Marina é diretora do Instituto Goethe de Porto Alegre.
(p. 127)
Marina Ludemann
studied literature and history in Tübingen and Hamburg. After graduating with a Master of Arts degree, she first worked
as a journalist. Since 1988, Marina Ludemann has worked for
the Goethe Institute. From 1992 to 2002 she headed the program department of the Goethe Institute in São Paulo. Later,
she worked for Goethe Institute in Berlin und Munich, among
others as a consultant for film at the central office. In June
2013, Marina Ludemann became the director of the Goethe
Institute in Porto Alegre.
(p. 128)
Antiopy Lyroudias Garbade
hat Romanistik und Altphilologie an der Universität Paris IV
Sorbonne studiert. Sie war wissenschaftliche Assistentin am
romanischen Seminar der Eberhard Karls Universität Tübingen,
wo sie im Bereich Literaturkritik des 20. Jahrhunderts promoviert hat. Später war Antiopy Lyroudias Garbade als langjährige
Programmleiterin bei der Robert Bosch Stiftung in Stuttgart für
deutsch-französische Bildungs- und Kulturprojekte zuständig.
Sie hat die Kataloge der Künstlerin Gerlinde Beck ins Französische übersetzt. Antiopy Lyroudias Garbade lebt seit 2003 in
Brasilien und ist Mitglied des Kulturbeirats des Instituto Martius
Staden in São Paulo.
(S. 26)
Antiopy Lyroudias Garbade
estudou Romanística e Filologia Clássica na Sorbonne IV, em
Paris. Foi assistente no departamento de romanística da Eberhard Karls Universität Tübingen, onde concluiu seu doutorado
com tese sobre crítica literária no século XX. Durante anos, foi
diretora do programa de projetos culturais e educativos bilaterais, envolvendo a França e a Alemanha, da Fundação Robert
Bosch, em Stuttgart. Traduziu para o francês o catálogo da
artista plástica Gerinde Beck. Desde 2003, vive no Brasil e é
membro do conselho cultural do Instituto Martius Staden, em
São Paulo.
(p. 25)
Antiopy Lyroudias Garbade
studied Romance and ancient philology at the University of Paris IV Sorbonne. She was a research assistant at the Romance
Languages Department of the Eberhard Karls University of
Tübingen, where she did her Ph.D. in the area of literary criticism of the 20th century. Later, Antiopy Lyroudias Garbade
was responsible for Franco-German educational and cultural
projects as the long-time Program Director at the Robert Bosch
Foundation in Stuttgart. She translated the catalogues of the
artist Gerlinde Beck into French. Antiopy Lyroudias Garbade
has lived in Brazil since 2003 and is a member of the cultural
advisory board of the Instituto Martius Staden in São Paulo.
(p. 25)
Júlio Medaglia
wurde 1938 in São Paulo geboren, wo er auch studierte und
seine berufliche Laufbahn begann. Er studierte Dirigieren an
der Musikhochschule Freiburg und absolvierte Interpretationskurse bei Sir John Barbirollo. Neben seiner Karriere als Dirigent
in Brasilien und im Ausland komponierte Júlio Medaglia über
100 Soundtracks für Theater, Kino und Fernsehen. Als Arrangeur avantgardistischer Populärmusik ist er einer der Gründer
des „Tropicalismo”, einer Bewegung, die die brasilianische
Musik erheblich verändert hat. Júlio Medaglia war Direktor
der städtischen Theater von Rio de Janeiro, São Paulo, Brasília
und Amazonien. Er leitete das Centro Cultural São Paulo, die
Universidade Livre de Música, das Festival de Campos do Jordão, das Radio Roquette Pinto do Rio und die Abteilung Musik
von TV Globo. Einige seiner Kompositionen und Arrangements
wurden von Musikern der Berliner Philharmoniker gespielt und
aufgenommen. Júlio Medaglia ist darüber hinaus Schriftsteller
und Mitglied der Academia Paulista de Letras. Seit 25 Jahren
produziert und moderiert er täglich ein Programm im Rádio
Cultura de São Paulo.
(S. 95)
Júlio Medaglia
nasceu em São Paulo em 1938, onde iniciou seus estudos e
vida profissional. Formou-se em Regência Sinfônica pela Escola
Superior de Música da Universidade de Freiburg, Alemanha. Fez
curso de alta interpretação orquestral com Sir John Barbirolli.
Além de sua carreira de regente no Brasil e exterior, compôs
tambem mais de 100 trilhas para teatro, cinema e TV. Como
arranjador de música popular progressiva, é um dos fundadores do movimento “Tropicalismo”, que mudou os rumos da
música popular no Brasil. Foi diretor do Teatro Municipal do Rio
de Janeiro, de São Paulo, de Brasília e do Amazonas. Dirigiu o
Centro Cultural São Paulo, a Universidade Livre de Música, o
Festival de Campos do Jordão, a Rádio Roquette Pinto do Rio
e o departamento musical da TV Globo. Tem composições e
arranjos executados e gravados pelos músicos da Filarmônica
de Berlim. É escritor e membro da Academia Paulista de Letras.
Produz e apresenta há 25 anos um programa diário na Rádio
Cultura de São Paulo.
(p. 95)
Júlio Medaglia
was born in São Paulo in 1938, where he started his studies and
professional life. He is an orchestral conducting graduate from
the Freiburg University of Music, and also took a orchestral interpretation course with Sir John Barbirolli. Besides his career
as an orchestra conductor in Brazil and abroad, Júlio Medaglia
has composed over 100 soundtracks for theater, film and TV.
As an arranger of progressive popular music, he is one of the
founders of the “Tropicalismo” movement that revolutionized
Brazilian popular music. Júlio Medaglia was the director of the
municipal theaters of Rio de Janeiro, São Paulo, Brasília, and
Amazonas, of the São Paulo Cultural Center, the Free University of Music, the Campos do Jordão Festival, of Rio de Janeiro‘s
Rádio Roquette Pinto, and of TV Globo‘s musical department.
He has arrangements and compositions played and recorded
281
282
by musicians from the Berlin Philamornic. Júlio Medaglia is also
a writer and member of the São Paulo Academy of Letters. He
has produced and presented for the last 25 years a daily show
for São Paulo‘s Rádio Cultura.
an der UNICAMP / Universidade de Campinas forscht Cássia
Navas, schreibt Essays und kuratiert Festivals.
(S. 245)
Paulo. He was artist in residence in the Copan, São Paulo, and
has released publications including Suave loucura, Pinacoteca
de São Paulo, as well as Copan: diário paulistano (São Paulo
diary).
(p. 96)
Cássia Navas
(p. 54)
Martina Merklinger
studierte Kunstgeschichte, Iberoromanische Philologie und
Pädagogik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität
Bonn und promovierte dort über den deutsch-brasilianischen
Kulturaustausch im Zusammenhang mit den Gründungsjahren der Biennale São Paulo. Seit einem Praktikum 1994
am Goethe-Institut in Porto Alegre ist sie mit deutsch-brasilianischen Themen befaßt. Später war sie Mitarbeiterin bei der
ifa-Galerie Bonn, der Deutsch-Brasilianischen Gesellschaft e. V.
und deren Zeitschrift Tópicos (Bonn), der Humboldt-Universität
Berlin und des Martius-Staden-Instituts (São Paulo). Seit 2011
ist Martina Merklinger als Kulturreferentin in einem Unternehmen im Raum Stuttgart tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte
sind Kunst in Deutschland und Brasilien, Gegenwartskunst sowie bilateraler Kulturaustausch.
nascida em São Paulo, no bairro da Bela Vista, e morou no Belém, Tucuruvi, Jardim São Paulo, Moema, Lapa e Alto de Pinheiros, tudos em São Paulo, sua cidade e casa. Pesquisadora e
ensaísta, é professora de história / teoria da dança na UNICAMP /
Universidade de Campinas e curadora de mostras / festivais.
(p. 245)
Cássia Navas
was born in São Paulo, in the Bela Vista neighborhood, and
lived in Belém, Tucuruvi, Jardim São Paulo, Moema, Lapa and
Alto de Pinheiros, all of them in São Paulo, her city and home.
A researcher and essayist, Cássia Navas is a Professor of History
and Theory of Dance at the University of Campinas (UNICAMP)
and a curator of festivals and exhibitions.
(p. 246)
(S. 87)
Martina Merklinger
Jürgen Partenheimer
estudou História da Arte, Filologia Ibero-românica e Pedagogia
na Friedrich-Wilhelms-Universität, de Bonn, e doutorou-se na
mesma instituição com tese sobre o intercâmbio cultural teutobrasileiro no contexto dos anos de fundação da Bienal de São
Paulo. Desde um período de estágio no Instituto Goethe de Porto
Alegre, dedica-se a temas teuto-brasileiros. Foi assistente na ifaGalerie, em Bonn, na Sociedade Alemanha-Brasil e sua respectiva
revista, Tópicos, também em Bonn, na Universidade Humboldt,
em Berlim, e no Instituto Martius Staden, em São Paulo. Desde
2011, é conselheira cultural em uma empresa na região de Stuttgart. Suas pesquisas se concentram na arte na Alemanha e no
Brasil, na arte contemporânea e no intercâmbio bilateral.
wurde 1947 in München geboren. Er studierte Kunst und Philosophie in Deutschland, Frankreich, Mexiko und den USA und
hat an den Biennalen von Paris, Venedig und São Paulo teilgenommen. Jürgen Partenheimer hatte zahlreiche internationale
Einzel- und Gruppenausstellungen sowie Beteiligungen u. a. im
Museum of Modern Art, New York, in der Fundacion Miró,
Barcelona, in der Nationalgalerie Berlin, im Stedelijk Museum,
Amsterdam, dem National Museum of Art, Peking, und in der
Pinacoteca de São Paulo. Er war artist in residence im Copan,
São Paulo, und hat Publikationen, u. a. Suave loucura, Pinacoteca de São Paulo sowie Copan: diário paulistano (São PauloTagebuch) veröffentlicht.
(p. 87)
(S. 53)
Martina Merklinger
Jürgen Partenheimer
studied art history, Ibero-Romance philology and pedagogy at
the Friedrich-Wilhelms-Universität of Bonn and completed her
doctorate on German-Brazilian cultural exchange in connection with the founding years of the São Paulo Biennial. Since
her internship in 1994 at the Goethe Institute in Porto Alegre
she has dealt with German-Brazilian topics. Later, she worked
at the ifa Gallery of Bonn, the German-Brazilian Society and
its journal Tópicos (Bonn), at the Humboldt University of Berlin
and at the Martius Staden Institute (São Paulo). Since 2011,
Martina Merklinger works as a cultural consultant in a company in the Stuttgart area. Her main research interests are art
in Germany and Brazil, contemporary art, as well as bilateral
cultural exchange.
nasceu em Munique, em 1947. Estudou Arte e Filosofia, na
Alemanha, na França, no México e nos Estados Unidos. Participou das Bienais de Paris, Veneza e São Paulo, além de inúmeras exposições internacionais, individuais e em grupo, no
Museu de Arte Moderna de Nova Iorque, na Fundação Miró,
em Barcelona, na Nationalgalerie de Berlim, no Museu Stedelijk, de Amsterdã, no Museu Nacional de Arte de Pequim e na
Pinacoteca de São Paulo. Foi artista-residente no Copan, em
São Paulo, e publicou, entre outros, Suave loucura, Pinacoteca
de São Paulo e Copan: diário paulistano.
(p. 88)
Cássia Navas
wurde in São Paulo im Stadtviertel Bela Vista geboren. Sie lebte
in Belém, Tucuruvi, Jardim São Paulo, Moema, Lapa und Alto
de Pinheiros – Stadtteile von São Paulo, ihrer Stadt und Heimat. Als Professorin für die Geschichte und Theorie des Tanzes
(p. 53)
Jürgen Partenheimer
was born in Munich in 1947. He studied art and philosophy in
Germany, France, Mexico, and the U.S. and participated in the
biennials of Paris, Venice, and São Paulo. Jürgen Partenheimer
has had numerous international solo and group exhibitions as
well as presented work, for example, in the Museum of Modern Art, New York, the Fundacion Miró, Barcelona, the National Gallery in Berlin, the Stedelijk Museum, Amsterdam, the
National Museum of Art, Peking, and in the Pinacoteca de São
Alfried Karl Plöger
wurde 1939 in Stettin geboren und lebt seit 1948 in Brasilien.
Er studierte bis 1966 Wirtschaftswissenschaft in Deutschland
und nahm 1980 die brasilianische Staatsbürgerschaft an. 1969
trat Alfried Karl Plöger in das Unternehmen Companhia Melhoramentos de São Paulo – Indústrias de Papel ein, wo er von
1984 bis 2002 Vorstandsvorsitzender war. Gegenwärtig ist er
Vorstandsmitglied der Firma Cia. Melhoramentos e da Melpaper S.A. Alfried Karl Plöger erhielt u. a. folgende Auszeichnungen: Bundesverdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik
Deutschland, 2002 überreicht durch den Bundespräsidenten,
die Auszeichnung Líder Empresarial do Setor de Papel e Celulose der Zeitschrift Gazeta Mercantil 2003, den Preis Líder
Gráfico da América 1996, verliehen von Conlatingraf (Confederação Latino-Americana da Indústria Gráfica) und PAF (Printing Association of Florida). Er war Empresário do Ano 1995
und 1997 der Associação Comercial de São Paulo und Cidadão
Paulistano, verliehen 2008 vom Gemeinderat vom São Paulo.
(S. 71)
Alfried Karl Plöger
nasceu em Stettin, Alemanha, em 1939, e reside no Brasil
desde 1948. Formou-se em 1966 pela Escola Superior de Economia na Alemanha. Naturalizou-se brasileiro em 1980. Em
1969, ingressou na Companhia Melhoramentos de São Paulo
– Indústrias de Papel, da qual exerceu a função, de 1984 a
2002, de Presidente do Conselho de Administração. Atualmente, ocupa o cargo de Conselheiro de Administração da Cia.
Melhoramentos e da Melpaper S.A. Recebeu, entre outras, as
seguintes distinções: Ordem do Mérito 1ª Classe, da República Federal da Alemanha, conferido em 2002 pelo Presidente
da República; prêmio Líder Empresarial do Setor de Papel e
Celulose conferido pela Gazeta Mercantil, em 2003, prêmio
Líder Gráfico da América 1996, pela Conlatingraf (Confederação Latino-Americana da Indústria Gráfica) e pela PAF (Printing
Association of Florida); Empresário do Ano em 1995 e 1997,
da Associação Comercial de São Paulo; e Cidadão Paulistano,
recebido da Câmara Municipal de São Paulo, em 2008.
(p. 71)
Alfried Karl Plöger
was born in Stettin, Germany, in 1939, and resided in Brazil
since 1948. After graduating with a degree in economics in
1966 from the Technische Universität Darmstadt, he became
a naturalized Brazilian in 1980. In 1969, Alfried Karl Plöger
joined Companhia Melhoramentos de São Paulo – Indústrias
de Papel, where he was chairman of the board from 1984 to
2002. He currently is chairman of the board at Cia Melhoramentos and Melpaper S.A. Alfried Karl Plöger has received the
following distinctions, among others: Grand Cross 1st Class
of the Order of Merit of the Federal Republic of Germany, in
2002, by the President of the Republic; Business Leader of the
Paper and Pulp Industry, granted by newspaper Gazeta Mercantil in 2003, and Printing Industry Leader in America 1996,
by the Latin American Confederation of the Graphic Industry
(Conlatigraf) and the Printing Association of Florida (PAF); Busi-
nessman of the Year in 1995 and 1997 by the São Paulo Commercial Association; and Citizen of São Paulo from the São
Paulo City Council, in 2008.
(p. 72)
Britta Radike
lebt und arbeitet als Photographin in Essen. Nach einem Projektjahr in Neuseeland und Studien der Geographie, Ethnologie und Psychologie an der Humboldt-Universität in Berlin
(1999–2000) studierte sie Photographie an der FH Dortmund
und schloß das Studium 2006 mit dem Diplom ab, verbunden
mit einem Buchprojekt über „Ogaden – Somalische Flüchtlinge am Horn von Afrika“. 2007 nahm Britta Radike an der
TPW Masterclass mit Stanley Green & Kadir von Lohuizen in
Italien teil. Mit Hilfe eines Stipendiums des Kulturwerks der VG
Bild-Kunst realisierte sie 2009 eine längere Reportage über die
Situation der Waisenkinder in Ruanda, 15 Jahre nach dem Genozid. Es folgten verschiedene Reportagen, Dokumentationen
und Buchprojekte im Ausland, u. a. über Beirut, Jordanien,
Äthiopien, Kambodscha, Syrien, Thailand, Afghanistan, Ruanda, Korea und Mexiko. Britta Radikes Arbeiten wurden wiederholt mit Preisen ausgezeichnet, wie z. B. dem Focus Award
(2005), dem Lumix digital photo award (2006), der UNICEFNominierung zum Bild des Jahres 2008 und der Nominierung
zum CNN Journalist Award (2010). Über kontinuierliche Ausstellungen, z. B. in Frankfurt (Buchmesse 2006), im GoetheInstitut Dresden (2008), zur ISA-Konferenz in New York (2009),
in Hamburg, Kabul und Lagos (2010) sind ihre Arbeiten einem
größeren Publikum bekannt. Britta Radike ist Mitglied von freelens e. v.
Britta Radike
vive e trabalha como fotógrafa em Essen. Após um ano de projeto na Nova Zelândia e estudos de Geografia, Etnologia e Psicologia na Universidade Humboldt de Berlim (1999–2000), estudou Fotografia na FH Dortmund, onde graduou-se em 2006
com um projeto de publicação sobre os “Ogaden – Refugiados
da Somália no Chifre da África“. Em 2007 Britta Radike participou na TPW Masterclass com Stanley & Kadir de Lohuizen,
na Itália. Com a ajuda de uma bolsa do Kulturwerk da VG BildKunst ela realizou em 2009 uma reportagem sobre a situação
de orfãos em Ruanda, 15 anos após o genocídio. Seguiram
várias reportagens, documentários e projetos de publicação no
exterior, entre outros sobre Beirute, Jordânia, Etiópia, Camboja,
Síria, Tailândia, Afeganistão, Ruanda, Coréia e México. Os trabalhos de Britta Radike foram premiadas em várias ocasiões, por
exemplo com o Focus Award (2005), Lumix Digital Photo Award
(2006), a indicação para a foto do ano 2008 da UNICEF e do
CNN Jornalist Award (2010). Seu trabalho tornou-se conhecido
por meio de exposições como as da Feira do Livro de Frankfurt
(2006), do Instituto Goethe de Dresden (2008), da conferência
do ISA em Nova Iorque (2009), em Hamburgo, Cabul e Lagos
(2010). Britta Radike é sócia do clube de fotografia freelens e. v.
Britta Radike
lives and works as a photographer in Essen. After completing
a project year in New Zealand and her studies in geography,
ethnology, and psychology at the Humboldt University in Berlin
(1999–2000), she also studied photography at the Technical
University of Dortmund, Germany and completed her degree
in 2006 in connection with a book project about “Ogaden –
Somali Refugees at the Horn of Africa“. In 2007 Britta Radike
took part in the TPW Master Class with Stanley Green & Kadir
von Lohuizen in Italy. Supported by a scholarship from the Cul-
tural Foundation of the VG Bild-Kunst, she produced in 2009
a longer documentary on the situation of orphan children in
Rwanda, 15 years after the genocide there. Other documentaries and book projects abroad followed, for example, on Beirut, Jordan, Ethiopia, Cambodia, Syria, Thailand, Afghanistan,
Rwanda, Korea, and Mexico. Britta Radike‘s work has won
awards time and again, such as the Focus Award (2005), the
Lumix Digital Photo Award (2006), UNICEF nominee for the
Picture of the Year 2008 and nominee for the CNN Journalist
Award (2010). Her work has become well-known to a wider
public through continuous exhibitions, for example, at the
Frankfurt Book Fair (2006), the Goethe Institute of Dresden,
Germany (2008), at the ISA Conference in New York (2009), in
Hamburg, Kabul and Lagos (2010). Britta Radike is a member
of the photography club, freelens e. v.
Eckhart Ribbeck
hat in Aachen und Stuttgart studiert. Er war als Stadtplaner
in Stuttgart sowie als Stadt- und Regionalplaner in der Karibik
(UNDP) und in Brasilien (GTZ) tätig. In Mexiko-Stadt übernahm
er eine Gastprofessur. Ab 1991 war Eckhart Ribbeck Professor
an der Universität Stuttgart, bevor er im Jahr 2010 emeritiert
wurde.
mais recente, foi mostrada no Paço das Artes em São Paulo no
início de 2013. Atualmente trabalha na Secretaria Municipal
de Cultura em Pelotas como Diretor de Artes Visuais, Audiovisual e Novas Mídias.
(p. 103)
Giorgio Ronna
is an artist, curator and researcher. He was born in Pelotas, Rio
Grande do Sul, in 1970. In 2004 Giorgio Ronna was the curator of the exhibition “Entre Pindorama: Contemporary Brazilian Art” at the Künstlerhaus Stuttgart, together with Elke aus
dem Moore. “Walking”, his most recent curating work, was
shown in the São Paulo Palace of the Arts in early 2013. Giorgio Ronna currently works for the Pelotas Secretariat of Culture
as Director of Visual Arts, Audiovisual and New Media.
(p. 103)
André Sant’Anna
(p. 117)
ist Schriftsteller, Musiker und Drehbuchautor für TV- und Werbefilme. Er verfaßte die Trilogie Amor (Edições Dubolso, Sabará), Sexo und Amizade (Companhia das Letras, São Paulo),
den Roman O paraíso é bem bacana (Companhia das Letras,
São Paulo) und Inverdades (7Letras, Rio de Janeiro). Seine Erzählung „O importado vermelho de Noé“ erschien im Rahmen
der Anthologie Os cem melhores contos brasileiros do século
(Die 100 besten brasilianischen Kurzgeschichten des Jahrhunderts), „Pro Beleléu“ wurde in der Anthologie As cem melhores
crônicas brasileiras (Die 100 besten Erzählungen Brasiliens) veröffentlicht (beide bei Objetiva, São Paulo). In den 1980er Jahren
war André Sant‘Anna Teil der Performancegruppe „Tao e Qual“
und wirkt heute bei dem Musikprojekt „Sons e Furyas“ mit.
Eckhart Ribbeck
(S. 99)
studied in Aachen and in Stuttgart, Germany. He has worked
as a city planner in Stuttgart, in the Caribbean (UNDP) and
in Brazil (GTZ). He has also lectured as a visiting professor in
Mexico City. From 1991 to 2010 Eckhart Ribbeck was a professor at the University of Stuttgart before retiring as an emeritus
professor.
André Sant’Anna
(S. 117)
Eckhart Ribbeck
estudou em Aachen e Stuttgart. Trabalhou como urbanista em
Stuttgart e também no Caribe (UNDP) e no Brasil (GTZ). Foi professor visitante na Cidade do México e da Universidade de Stuttgart, de 1991 até 2010, quando se tornou professor emérito.
(p. 118)
Giorgio Ronna
ist Künstler, Kurator und Kunstwissenschaftler. Er wurde 1970
in Pelotas geboren und war zusammen mit Elke aus dem
Moore Kurator der Ausstellung „Entre Pindorama – Arte Contemporânea Brasileira e Antropofagia“ im Künstlerhaus Stuttgart. Seine jüngste Arbeit als Kurator heißt „Walking“ und
wurde Anfang 2013 im Paço das Artes in São Paulo gezeigt.
Gegenwärtig arbeitet Giorgio Ronna im Kulturamt von Pelotas
als Direktor für Visuelle und Audiovisuelle Künste und Neue
Medien.
(S. 103)
Giorgio Ronna
é artista, curador e pesquisador. Nasceu em Pelotas em 1970.
Em 2004 foi curador da mostra “Entre Pindorama – Arte Contemporânea Brasileira e Antropofagia“ na Künstlerhaus Stuttgart junto com Elke aus dem Moore. “Walking”, sua curadoria
é escritor, músico, roteirista de televisão e publicidade. Escreveu a trilogia Amor (Edições Dubolso, Sabará), Sexo e Amizade (Companhia das Letras, São Paulo), o romance O paraíso
é bem bacana (Companhia das Letras, São Paulo) e Inverdades
(7Letras, Rio de Janeiro). Teve o conto “O importado vermelho
de Noé“ incluído na antologia Os cem melhores contos brasileiros do século e a crônica “Pro Beleléu“ incluído na antologia As cem melhores crônicas brasileiras (Objetiva, São Paulo).
Integrou o grupo performático “Tao e Qual“ nos anos 80 e
participa do show “Sons e Furyas”.
(p. 99)
André Sant’Anna
is a writer, musician, and screenwriter for TV and advertisements. He has written the trilogy Amor (Edições Dubolso, Sabará), Sexo and Amizade (Companhia das Letras, São Paulo),
the novel O paraíso é bem bacana (Companhia das Letras, São
Paulo) and Inverdades (7Letras, Rio de Janeiro). His short story
“O importado vermelho de Noé“ was included in the collection Os cem melhores contos brasileiros do século, while the
short story “Pro Beleléu“ was included in the collection As cem
melhores crônicas brasileiras (both Objetiva, São Paulo). André
Sant’Anna was part of the performance group “Tao e Qual“ in
the 1980s and is now in the show team “Sons e Furyas“.
(p. 100)
283
284
Heinz-Ewald Schiewe
wurde 1946 in Wilhelmshaven geboren. Nach einer Lehre
arbeitete er zehn Jahre als Bankkaufmann. Auf dem zweiten
Bildungsweg hat Heinz-Ewald Schiewe ein Lehramtsstudium
in Deutsch und Politik an der Carl-von-Ossietzky-Universität in
Oldenburg absolviert. Er arbeitete 16 Jahre lang als Lehrer in
Guaratinguetá und São Paulo, danach in Darmstadt. Während
der Brasilienzeit begleitete Heinz-Ewald Schiewe immer wieder Schüler auf ihren Austauschreisen nach Deutschland. In
Darmstadt organisierte er einen Austausch mit Praktikum von
Schülern bei deutschen Firmen in São Paulo. Diese Arbeit soll
ab September 2013 weitergeführt werden.
(S. 183)
Heinz-Ewald Schiewe
nasceu em 1946, em Wilhelmshaven. Após um curso profissionalizante, trabalhou durante dez anos como bancário. Como
segunda carreira, realizou estudos de Alemão e Política na
Universidade Carl von Ossietzky, em Oldenburg. Trabalhou 16
anos como professor em Guaratinguetá, São Paulo, e, posteriormente, Darmstadt. Durante seu período no Brasil, acompanhou alunos nas suas viagens de intercâmbio, na Alemanha.
Em Darmstadt, organizou um programa de intercâmbio e estágio,
levando alunos a firmas alemãs, em São Paulo. Este trabalho
deve ter continuidade a partir de setembro de 2013.
(p. 183)
Heinz-Ewald Schiewe
was born in 1946 in Wilhelmshaven. After an apprenticeship,
he worked ten years as a banker. After further education,
Heinz-Ewald Schiewe completed a teaching degree in German
and political science at the Carl von Ossietzky University in
Oldenburg. He worked for sixteen years as a teacher in Guaratinguetá and São Paulo, then in Darmstadt. During his time in
Brazil, Heinz-Ewald Schiewe always accompanied high school
students on their exchange trips to Germany. In Darmstadt, he
organized an exchange program with internships for business
school students in German companies in São Paulo. This work
will be continued in September 2013.
(p. 184)
Márcio Seligmann-Silva
hat an der Freien Universität Berlin promoviert, war Gastdozent in Yale und Professor für Literaturtheorie an der Universität UNICAMP. Er ist Autor mehrerer Bücher, darunter Ler o
livro do mundo. Walter Benjamin: romantismo e crítica poética (Iluminuras / FAPESP, 1999), Adorno (Publifolha, 2003)
und O local da diferença. Ensaios sobre memória, arte, literatura e tradução (Editora 34, 2005). Márcio Seligmann-Silva
hat Werke von Walter Benjamin, Gotthold Ephraim Lessing,
Philippe Lacoue-Labarthe, Jean-Luc Nancy, Jürgen Habermas
und anderen übersetzt. Er schrieb verschiedene Essays, die in
brasilianischen und ausländischen Büchern und Zeitschriften
veröffentlicht wurden.
(S. 209)
Márcio Seligmann-Silva
é doutor pela Universidade Livre de Berlim, foi visiting scholar
em Yale e é professor de Teoria Literária na UNICAMP. É autor
de vários livros, entre eles, Ler o livro do mundo. Walter Benjamin: romantismo e crítica poética (Iluminuras / FAPESP, 1999),
Adorno (Publifolha, 2003) e O local da diferença. Ensaios
sobre memória, arte, literatura e tradução (Editora 34, 2005).
Traduziu obras de Walter Benjamin, G.E. Lessing, Philippe
Lacoue-Labarthe, Jean-Luc Nancy, J. Habermas, entre outros.
Possuí vários ensaios publicados em livros e revistas no Brasil
e no exterior.
(p. 209)
Márcio Seligmann-Silva
holds a Ph.D. from the Free University of Berlin, was a visiting
scholar at Yale University and is Professor of Literary Theory at
the State University of São Paulo in Campinas (UNICAMP). He
is the author of several books, including Ler o livro do mundo.
Walter Benjamin: romantismo e crítica poética (Iluminuras /
FAPESP, 1999), Adorno (Publifolha, 2003) and O local da diferença. Ensaios sobre memória, arte, literatura e tradução (Editora 34, 2005). Márcio Seligmann-Silva has translated works
by Walter Benjamin, G.E. Lessing, Philippe Lacoue-Labarthe,
Jean-Luc Nancy, J. Habermas and others. He has also published
several essays in books and magazines in Brazil and abroad.
(p. 210)
Leão Serva
wurde in São Paulo geboren und ist Journalist und Schriftsteller. Er arbeitete als Reporter, Redakteur und Chefredakteur für
verschiedene brasilianische Zeitungen und Zeitschriften (Folha
de S.Paulo, Jornal da Tarde, Lance!, Notícias Populares, Placar,
Diário de S.Paulo) und das Internetportal iG. Leão Serva war
Kriegskorrespondent (Bosnien, Kuwait, Angola, Mosambik).
Seine Reportagen waren Grundlage für das Buch Batalha de
Sarajevo (1994). Von 2005 bis 2009 war er Pressereferent der
Stadtverwaltung São Paulo. Leão Serva ist Leiter der ContentAgentur Santa Clara Ideias. Er ist Autor von Cidade Limpa – O
projeto que mudou a cara de São Paulo sowie des Führers
Como viver em São Paulo sem carro.
(S. 65)
Leão Serva
é paulistano. Jornalista e escritor, trabalhou como repórter,
editor ou editor-chefe de vários jornais brasileiros (Folha de
S.Paulo, Jornal da Tarde, Lance!, Notícias Populares, Placar,
Diário de S.Paulo) e do portal de internet iG. Foi correspondente de guerra (Bósnia, Kuait, Angola, Moçambique). Desse
período resultou o livro de reportagens Batalha de Sarajevo
(1994). Foi coordenador de Imprensa da Prefeitura de São
Paulo entre 2005 e 2009. Dirige a agência de conteúdo Santa
Clara Ideias. É autor também de Cidade Limpa – O projeto que
mudou a cara de São Paulo e coautor do guia Como viver em
São Paulo sem carro.
(p. 65)
Leão Serva
was born in São Paulo. A journalist and writer, he has worked as a reporter, editor, and chief editor of several Brazilian
newspapers and magazines (Folha de S.Paulo, Jornal da Tarde,
Lance!, Notícias Populares, Placar, Diário de S.Paulo) and the
internet portal iG. Leão Serva was a war correspondent in Bosnia, Kuwait, Angola and Mozambique. That period inspired the
non-fiction book Batalha de Sarajevo (1994). He was the press
coordinator of the São Paulo City Hall from 2005 to 2009.
Leão Serva is currently director of the content agency Santa
Clara Ideias. He is the author of Cidade Limpa – O projeto que
mudou a cara de São Paulo and co-author of the guide Como
viver em São Paulo sem carro.
(p. 66)
Fernando Spaziani
studierte an der USP (Universität São Paulo) Philologie und besitzt einen Master in Ästhetik und Kunstgeschichte. Gegenwärtig ist er Programmleiter des Centro Cultural, Banco do Brasil
in São Paulo und verantwortlich für die Programmgestaltung
dieser Institution. Fernando Spaziani ist bildender Künstler und
nahm an verschiedenen monographischen und Gruppenausstellungen sowie an Kongressen, Kursen und Künstlerateliers
teil. Als freier Kurator stellte er Bildende Künstler aus, schrieb
Kunstkritiken und war Mitglied wichtiger Kunst-Jurys.
(S. 157)
Fernando Spaziani
é graduado em Letras e mestre em Estética e História da Arte
pela USP. Atualmente é gerente de Programação no Centro Cultural Banco do Brasil em São Paulo, sendo responsável pela composição da grade de programação da instituição. É artista plástico, com diversas exposições individuais e coletivas. Também
frequentou congressos, cursos e ateliês de artistas. Como curador independente apresentou artistas plásticos em exposições,
escreveu textos críticos e fez parte de importantes júris de arte.
(p. 157)
Fernando Spaziani
holds a literature degree and a Master of Arts in Art History
and Aesthetics from the University of São Paulo (USP). He is
currently the programming director at the Banco do Brasil
Cultural Center São Paulo, being responsible for creating the
institution‘s schedule of events. Fernando Spaziani is also a
visual artist with several solo and collective showings. He also
has participated in seminars, courses and artist studios. As an
independent curator, he has presented visual artists in showings, written reviews, and has been a jury member for important art prizes.
(p. 158)
Dieter Strauss
Nach dem Studium der Germanistik und Geschichte arbeitete Dieter Strauss 33 Jahre lang am Goethe-Institut, u. a.
als Institutsleiter in Santiago de Chile, São Paulo, Paris und
Rabat-Casablanca. Er hat Bücher über die Schriftstellerfamilie
Mann, zur deutschen auswärtigen Kulturpolitik sowie über
den „Humboldt Brasiliens“, den Baron Georg Heinrich von
Langsdorff, veröffentlicht.
(S. 137)
Dieter Strauss
formou-se em Germanística e História. Durante 33 anos, trabalhou no Instituto Goethe, principalmente como diretor em
Santiago do Chile, São Paulo, Paris e Rabat-Casablanca. Publicou livros sobre a família de escritores Mann, sobre a política
cultural externa alemã e também sobre o “Humboldt do Brasil”, o Barão Georg Heinrich von Langsdorff.
(p. 137)
Dieter Strauss
After studying German literature and history, Dieter Strauss
worked 33 years at the Goethe Institute, including work as
the director of the institutes in Santiago de Chile, São Paulo,
Paris and Rabat-Casablanca. He has published books about the
Mann family of writers, on German foreign cultural policy as
well as the “Humboldt of Brazil”, Baron Georg Heinrich von
Langsdorff.
(p. 138)
Max Thiermann
ist amtierender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Allianz-Versicherung. Er studierte Ingenieurwissenschaften an der Pontifícia Universidade Católica do Chile und trat 1989 als Verwaltungs- und Finanzchef in die chilenische Niederlassung der
Allianz-Gruppe ein. 1994 nahm Max Thiermann das Angebot
an, die Allianz in Venezuela zu leiten. Diesen Posten hatte er
bis 1999 inne, bis er nach Kolumbien wechselte, um Präsident
von Colseguros zu werden, einer Gesellschaft, die gerade von
der Allianz-Gruppe übernommen worden war. 2003 wurde
Max Thiermann nach Brasilien versetzt, um dort die Allianz
Seguros und Allianz Saúde zu leiten. Diesen Posten besetzte
er bis Anfang 2012.
Henry Thorau
hält einen Lehrstuhl für Brasilianische und Portugiesische Kulturwissenschaft an der Universität Trier. Er war von 1999 bis
2003 Präsident des Deutschen Lusitanistenverbandes und ist
es seit 2009 wieder. Henry Thoraus Arbeitsschwerpunkte liegen in der Literatur und dem Theater Brasiliens und Portugals.
Seine letzte Veröffentlichung war Unsichtbares Theater, Berlin
2013. Er war Herausgeber von À procura da Lisboa africana:
da encenação do império ultramarino às realidades suburbanas,
Braga 2009 (gemeinsam mit Orlando Grossegesse) und Corpo
a corpo: Körper, Geschlecht, Sexualität in der Lusophonie, Berlin
2011 (gemeinsam mit Tobias Brandenberger). Henry Thorau ist
Träger des Ordem do Mérito Cultural und Cavaleiro da Ordem
de Rio Branco.
is a retired school principal and lives in Hildesheim, Germany.
From 1990 to 1995 Joachim Tiemann worked in São Paulo
in the German department of the Colégio Visconde de Porto
Seguro and from 1997 to 2005 at the library and in the archive
of the Martius Staden Institute of São Paulo.
(p. 189 / 191)
Henry Thorau
wurde 1981 in Hongkong geboren und zog mit acht Jahren
nach São Paulo um. Nach Schulzeit und Abitur am Colégio
Porto Seguro 2001 hat sie in Tübingen Politik und Geographie
studiert und 2010 mit dem Magister abgeschlossen. Seit 1999
ist Ulrike Tiemann-Arsenic nebenberuflich Caporeia-Lehrerin,
seit 2002 in Tübingen und Stuttgart. Sie ist verheiratet und hat
zwei Söhne.
é professor de Cultura Brasileira e Portuguesa na Universidade de
Trier. De 1999 a 2003, foi presidente da Deutschen Lusitanistenverband (Associação Alemã de Lusitanistas), e, desde 2009, reassumiu o cargo. Suas pesquisas se concentram na literatura e no
teatro do Brasil e de Portugal. Sua última publicação foi Unsichtbares Theater (Teatro invisível ), Berlim, em 2013. Organizou, juntamente com Orlando Grossegesse, À procura da Lisboa africana:
da encenação do império ultramarino às realidades suburbanas,
Braga, em 2009, e Corpo a corpo: Körper, Geschlecht, Sexualität
in der Lusophonie (Corpos, gênero e sexualidade na lusofonia ),
2011 (com Tobias Brandenberger). Foi condecorado com a Ordem do Mérito Cultural e Cavaleiro da Ordem de Rio Branco.
(p. 153)
Max Thiermann
holds a Professorship in Brazilian and Portuguese Cultural Studies at the University of Trier. From 1999 to 2003 he was President of the German Lusitanist Association and has held this
office again since 2009. Henry Thorau’s work focuses on the
literature and theater of Brazil and Portugal. His latest publication was Unsichtbares Theater (Invisible Theater), Berlin 2013.
He was editor of À procura da Lisboa africana: da encenação
do império ultramarino às realidades suburbanas, Braga 2009
(together with Orlando Grossegesse), and Corpo a corpo: Körper, Geschlecht, Sexualität in der Lusophonie (Body, Gender,
and Sexuality Among Lusophones), Berlin 2011 (together with
Tobias Brandenberger). Henry Thorau was awarded the Ordem
do Mérito Cultural and Cavaleiro da Ordem de Rio Branco.
(p. 154)
Max Thiermann
Joachim Tiemann
is the current chairman of the board of directors of Allianz
Seguros. Holding an engineering degree from the Pontifical
Catholic University of Chile, Max Thiermann joined Allianz in
1989 as finance and administration director of the Chilean subsidiary. In 1994, he was invited by the parent company to take
over the role of chief operating officer of Allianz in Venezuela
and remained at that post until 1999, when he was transferred
to Colombia to head Colseguros, a recently acquired Allianz
unit. Max Thiermann was transferred to Brazil in 2003 as CEO
of Allianz Seguros and Allianz Saúde, staying in that role until
early 2012.
ist Oberstudiendirektor i. R. und lebt in Hildesheim. Von 1990
bis 1995 arbeitete Joachim Tiemann in São Paulo in der Deutschen Abteilung des Colégio Visconde de Porto Seguro und
von 1997 bis 2005 in der Bibliothek und im Archiv am MartiusStaden-Institut São Paulo.
(p. 176)
Joachim Tiemann
Ulrike Tiemann-Arsenic
Henry Thorau
(p. 175)
(p. 189 / 191)
(S. 153)
(S. 175)
é o atual presidente do Conselho de Administração da Allianz
Seguros. Formado em Engenharia pela Pontifícia Universidade
Católica do Chile, Max Thiermann ingressou no Grupo Allianz
em 1989 como diretor administrativo e de finanças da subsidiária chilena. Anos depois, em 1994, foi convidado pela
matriz para assumir a presidência das operações do Grupo
na Venezuela, permanecendo no cargo até 1999, quando foi
transferido para a Colômbia a fim de presidir a Colseguros,
companhia que acabava de ser adquirida pelo conglomerado.
Em 2003, foi transferido para o Brasil para presidir a Allianz
Seguros e Allianz Saúde, permanecendo no cargo até o início
de 2012.
a 2005, na biblioteca e no arquivo do Instituto Martius Staden,
na mesma cidade.
(S. 189 / 191)
Joachim Tiemann
é diretor escolar aposentado e vive em Hildesheim, Alemanha.
De 1990 a 1995, trabalhou no departamento de alemão do
Colégio Visconde de Porto Seguro, em São Paulo, e, de 1997
(S. 200)
Ulrike Tiemann-Arsenic
nasceu em 1981, em Hong Kong, e se mudou para São Paulo
aos oito anos de idade. Após concluir os estudos no Colégio Porto Seguro, em 2001, estudou Política e Geografia, em Tübingen,
tendo concluído o mestrado em 2010. Desde 1999, trabalha
paralelamente como professora de capoeira, dando aulas em
Tübingen e Stuttgart, desde 2002. É casada e tem dois filhos.
(p. 199)
Ulrike Tiemann-Arsenic
was born in 1981 in Hong Kong and moved to São Paulo at
the age of eight. After finishing high school at the Colégio
Porto Seguro in 2001, she studied politics and geography in
Tübingen and completed her Master’s degree in 2010. Since
1999, Ulrike Tiemann-Arsenic has worked part-time as a Caporeia instructor and she has been a teacher in Tübingen and
Stuttgart since 2002. She is married and has two sons.
(p. 199)
Livio Tragtenberg
ist Komponist, Schriftsteller, Musikproduzent und Regisseur von
Multimedia-Aufführungen. Er war Stipendiat von VITAE und der
Guggenheim Foundation. Livio Tragtenberg hat das Orquestra
de Músicos das Ruas de São Paulo (Straßenmusiker-Orchester
São Paulos) gegründet, das die CD Neuropolis im Selo SESC
präsentierte. Ebenso gründete er das Nervous City Orchestra
in Miami, das Berliner Straßenmusiker Orchester und das Orquestra Mediterrânea. Livio Tragtenberg hat mehrere CDs veröffentlicht, darunter Othello. Er komponiert für den Film, für
Videos, Theater, Tanz und entwickelt Audio-Installationen. Livio
Tragtenberg hat mehrere Bücher veröffentlicht, darunter O ofício do compositor hoje, Artigos musicais, Música de cena (alle
Perspectiva) und Contraponto – uma arte de compor (EDUSP).
(S. 243)
285
286
Livio Tragtenberg
é compositor, escritor, produtor musical e diretor de espetáculos multimídia. Recebeu bolsas de composição da VITAE e
da Guggenheim Foundation. Criou a Orquestra de Músicos
das Ruas de São Paulo, cujo CD Neuropolis foi lançado pelo
Selo SESC. Criou também a Nervous City Orchestra em Miami,
Berliner Straßenmusiker Orchester, em Berlim, e a Orquestra
Mediterrânea. Tem vários CDs editados, entre eles, Othello.
Compõe para cinema, vídeo, teatro, dança e cria instalações
sonoras. Tem vários livros editados, entre eles O ofício do compositor hoje, Artigos musicais, Música de cena (Perspectiva) e
Contraponto, uma arte de compor (EDUSP).
(p. 243)
Livio Tragtenberg
is a composer, writer, musical producer and director of multimedia shows. He was also the recipient of composition scholarships from VITAE and the Guggenheim Foundation. Livio
Tragtenberg created the São Paulo Street Musicians Orchestra,
which released its album Neuropolis through the SESC label.
He also created the Nervous City Orchestra in Miami, the Berlin
Street Musicians Orchestra and the Mediterranean Orchestra.
Livio Tragtenberg also has released several albums, among
them Othello. He currently composes soundtracks for films,
videos, theater, dance shows, and art exhibitions. Livio Tragtenberg has edited several books, like O ofício do compositor
hoje, Artigos musicais, Música de cena (all Perspectiva) and
Contraponto, uma arte de compor (EDUSP).
(p. 243)
Ilka von Borries-Harwardt
wurde 1947 in Augsburg geboren. Sie hat ihre Karriere in der
Schifffahrt begonnen und war die „Erste Hafenkapitänin“ Brasiliens. Danach war sie einige Jahre Vize-Konsulin von Trinidad
und Tobago. Ilka von Borries-Harwardt war Geschäftspartnerin
von Aquarius Consulting-SP und Mitbegründerin und Partnerin des Centro Empressarial de Estudos Internacionais (CEEI).
Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in Brasilien war sie als
International Consultant für brasilianische und deutsche Unternehmen tätig.
(p. 240)
Ilka von Borries-Harwardt
nasceu em Augsburg, em 1947. Começou sua carreira na
área de navegação, sendo a “primeira capitã portuária” do
Brasil. Durante alguns anos, foi vice-consulesa em Trinidad e
Tobago. Foi sócia da Aquarius Consulting-SP e uma das fundadoras e parceira do Centro Empresarial de Estudos Internacionais (CEEI). Devido à sua longa experiência no Brasil, atuou
como consultora internacional para várias empresas brasileiras
e alemãs.
(p. 239)
Ilka von Borries-Harwardt
was born in 1947 in Augsburg. She started her career in the
shipping industry and was the first female “harbor captain” of
Brazil. Later she was Vice-Consul of Trinidad and Tobago for
some years. Ilka von Borries-Harwardt was a business partner
of Aquarius Consulting-SP and co-founder and partner of the
Centro Empressarial de Estudos Internacionais (CEEI). Because
of her long experience in Brazil, she has also worked as an international consultant for Brazilian and German companies.
besondere Weise nahegebracht. Genauso wie das Taxi-Fahren,
und immer wieder Fußball ... está com saudade!
(S. 231)
(p. 239)
Isabel von Holt
wurde 1983 geboren. Sie ist leidenschaftliche Literaturwissenschaftlerin. An der Freien Universität Berlin und der University
of Texas at Austin hat Isabel von Holt Germanistik und Lateinamerikanistik studiert. Dabei hat sie ihre Begeisterung für die
brasilianische Literatur und ihre Liebe zur portugiesischen Sprache entdeckt. Nachdem sie für das Goethe-Institut tätig war
und bei verschiedenen deutsch-brasilianischen Übersetzungsprojekten mitgewirkt hat, promoviert Isabel von Holt gegenwärtig in Neuerer Deutscher Literatur an der Freien Universität
Berlin.
(S. 265)
Isabel von Holt
nasceu em 1983. É uma apaixonada pesquisadora de teoria
literária. Formou-se em Germanística e em Estudos Latino
Americanos pela Freie Universität Berlin (Universidade Livre de
Berlim) e pela Universidade do Texas, em Austin, onde descobriu seu entusiasmo pela literatura brasileira e sua paixão pela
língua portuguesa. Após um período trabalhando no Instituto
Goethe e envolvida em diversos projetos de tradução teutobrasileiros, doutora-se, atualmente, em literatura alemã contemporânea, na Freie Universität Berlin.
(p. 265)
Isabel von Holt
was born in 1983 and she is a passionate scholar of literature.
Isabel von Holt studied German and Latin American literature
at the Free University of Berlin and at the University of Texas.
In the process she discovered her passion for Brazilian literature
and her love for the Portuguese language. After working for
the Goethe Institute and contributing to several German-Brazilian translation projects, Isabel von Holt is currently completing
her doctorate in Modern German literature at the Free University of Berlin.
(p. 265)
Annette von Schönfeld
ist Leiterin des Büros Mexiko, Zentralamerika und Karibik der
Heinrich-Böll-Stiftung. Zuvor leitete sie von 2006 bis 2012 das
Lateinamerika-Referat der Stiftung in Berlin. Von 2000 bis 2004
lebte Annette von Schönfeld in Recife. São Paulo war in dieser
Zeit für sie das häufig besuchte, großstädtische Ausflugsziel ins
wirklich Urbane. Annette von Schönfeld hat Kommunikationswissenschaften an der FU Berlin studiert und war vor ihrer Tätigkeit in der Stiftung nahezu 15 Jahre in verschiedenen Ländern
Lateinamerikas in der Entwicklungs-Zusammenarbeit tätig.
Kim Carlotta von Schönfeld
hat ebenfalls im Nordosten Brasiliens gelebt und studiert
heute Humangeographie und Stadtforschung in Amsterdam
und Berlin. Sie hat 2012 ihre Bachelor-Arbeit in São Paulo zum
Thema Wasser geschrieben. Das hat ihr São Paulo auf ganz
Annette von Schönfeld
é diretora do escritório da Fundação Heinrich Böll para o México,
América Central e Caribe. De 2006 a 2012, dirigiu a divisão da
América Latina da mesma fundação. Viveu em Recife de 2000
a 2004 e, durante esse período, visitou constantemente a cidade de São Paulo, imergindo-se numa metrópole, numa vida
realmente urbana. Estudou Ciências da Comunicação na FU de
Berlim e, devido ao seu cargo na fundação, esteve envolvida
por quase quinze anos com trabalhos de desenvolvimento em
diversos países latino-americanos.
Kim Carlotta von Schönfeld
também viveu no Nordeste e atualmente estuda Geografia
Humana e Urbanismo em Amsterdã e Berlim. Em 2012, escreveu sua monografia de graduação em São Paulo, tendo como
tema a água. Isso a aproximou da cidade de São Paulo de um
modo bastante peculiar, assim como o andar de táxi e, principalmente, o futebol... está com saudade!
(p. 231)
Annette von Schönfeld
is head of the Heinrich Böll Foundation offices in Mexico, Central America, and the Caribbean. Previously she led the Latin
American division of the foundation in Berlin from 2006 to
2012. Annette von Schönfeld lived in Recife from 2000 to
2004. During this time, São Paulo was a frequently visited metropolitan destination for her into real urban life. Annette von
Schönfeld studied communications at the University of Berlin
and, before her employment at the foundation, she worked
for nearly 15 years in development cooperation in various Latin
American countries of Latin America.
Kim Carlotta von Schönfeld
has also lived in northeastern Brazil and is currently studying
human geography and urban studies in Amsterdam and Berlin.
She wrote her Bachelor’s thesis in 2012 in São Paulo on the
topic of water. This has brought her close to São Paulo in a very
special way. Just like riding in a taxi, and, even more so soccer,
... está com saudade!
(p. 231)
Tim Wegenast
verbrachte mehr als 18 Jahre in São Paulo. Nach einem Studium der Internationalen Politik in Deutschland promovierte er
in Politikwissenschaften in Barcelona. Heute forscht er zu politischen, sozioökonomischen und ökologischen Entwicklungsfragen und den Ursachen von Gewalt und Frieden an der Universität Konstanz. Seine Kommentare erscheinen regelmäßig
in brasilianischen Tageszeitungen. Der brasilianischen Kultur
fühlt Tim Wegenast sich sehr verbunden.
(S. 249)
Tim Wegenast
viveu mais de 18 anos em São Paulo. Após se formar em
Política Internacional, na Alemanha, doutorou-se em Ciências
Políticas, em Barcelona. Atualmente, pesquisa sobre temas de
desenvolvimento e sobre as causas de violência e paz, na Universidade de Constança. Regularmente colabora com jornais
brasileiros.
ter Weibel led the Institute for New Media at the Städel School
in Frankfurt/Main, was the art director of Ars Electronica in
Linz from 1986 to 1995 and the Commissioner of the Venice
Biennal from 1993 to 1999. Since 1999, Peter Weibel has been
the CEO of the ZKM | Center for Art and Media Technology in
Karlsruhe. In 2008 he was art director of the Biennale of Seville
(Biacs3) and in 2011 art director of the 4th Moscow Biennale
of Contemporary Art.
(p. 249)
(p. 229)
Tim Wegenast
spent more than 18 years in São Paulo. After studying international politics in Germany, he received his doctorate in
political science in Barcelona. Today, he conducts research on
political, socio-economic, and environmental development issues and the causes of violence and peace at the University
of Constance. His commentaries appear regularly in Brazilian
newspapers. Tim Wegenast still feels very connected to the
Brazilian culture.
(p. 250)
Peter Weibel
wurde 1944 in Odessa geboren und ist eine zentrale Figur in
der europäischen Medienkunst. Seit 1984 ist er Professor an
der Universität für Angewandte Kunst in Wien. Von 1984 bis
1989 war er Professor für Video und Digitale Kunst am Center
for Media Study an der State University of New York in Buffalo. Peter Weibel leitete von 1989 bis 1995 das Institut für
Neue Medien an der Städelschule in Frankfurt/Main, war von
1986 bis 1995 künstlerischer Leiter der Ars Electronica in Linz
und von 1993 bis 1999 Österreichs Kommissär der Biennale
von Venedig. Seit 1999 ist Peter Weibel Vorstand des ZKM |
Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe. 2008
war er künstlerischer Leiter der Biennale von Sevilla (Biacs3)
und 2011 künstlerischer Direktor der 4. Moskau Biennale für
zeitgenössische Kunst.
Guilherme Wisnik
wurde 1972 geboren, ist Architekt und Essayist. Er veröffentlichte Lucio Costa (Cosac Naify, 2001), Caetano Veloso
(Publifolha, 2005) und Estado crítico: à deriva nas cidades
(Publifolha, 2009). Guilherme Wisnik ist Kurator der 10. Architektur-Biennale von São Paulo (2013).
(S. 203)
Guilherme Wisnik
nasceu em 1972, é arquiteto e ensaísta. Publicou Lucio Costa
(Cosac Naify, 2001), Caetano Veloso (Publifolha, 2005) e Estado crítico: à deriva nas cidades (Publifolha, 2009). É curador da
10ª Bienal de Arquitetura de São Paulo (2013).
(p. 203)
Guilherme Wisnik
was born in1972, is an architect and essayist. He has published
non-fiction books Lucio Costa (Cosac Naify, 2001), Caetano
Veloso (Publifolha, 2005), and Estado crítico: à deriva nas cidades (Publifolha, 2009). Guilherme Wisnik is the curator of
the 10th Architecture Biennial of São Paulo (2013).
(p. 203)
Claudia Zilla
was born in 1973 in Buenos Aires. She is head of the research
group “America” at the Foundation for Science and Politics
(Stiftung Wissenschaft und Politik – SWP) in Berlin and also lecturer at the Latin America Institute (LAI) of the Free University
of Berlin. Claudia Zilla studied political science, sociology, and
psychology in Buenos Aires and Heidelberg. She has a Ph.D.
in Political Science with research specializations in Latin America as well as German or European-Latin American relations.
Claudia Zilla has lived in Germany since 1993.
(p. 187)
Berthold Zilly
wurde 1945 in Helmstedt geboren, studierte in Bonn, Caen
(Frankreich), São Paulo und Berlin, ist Literaturwissenschaftler
und Übersetzer. Er hat an der FU Berlin über Molière promoviert und von 1974 bis 2010 an dieser Universität Lateinamerikanistik gelehrt, von 2004 bis 2010 auch an der Universität
Bremen. Seit 2011 ist Berthold Zilly als Gastprofessor an der
UFSC Florianópolis tätig. Er hat Aufsätze vor allem zur brasilianischen Literatur verfaßt sowie eine Reihe von brasilianischen,
portugiesischen und argentinischen Klassikern ins Deutsche
übersetzt.
(S. 255)
Berthold Zilly
nasceu em 1945, em Helmstedt, Alemanha. Estudou em Bonn,
Caen (França), São Paulo e Berlim. É professor de literatura e
tradutor. Doutorou-se na FU de Berlim, com tese sobre Molière, de 1974 a 2000, foi professor de Estudos Latinoamericanos, na mesma universidade, e, de 2004 a 2010, também
na Universidade de Bremen. Desde 2011, é professor visitante
da UFSC, em Florianópolis. Publicou ensaios sobre literatura
brasileira e traduziu diversos clássicos brasileiros, portugueses
e argentinos para o alemão.
(S. 228)
Claudia Zilla
(p. 256)
Peter Weibel
wurde 1973 in Buenos Aires geboren. Sie ist Leiterin der Forschungsgruppe „Amerika“ der Stiftung Wissenschaft und
Politik (SWP), Berlin, und zudem Lehrbeauftragte am Lateinamerika-Institut (LAI) der Freien Universität Berlin. Claudia Zilla
hat Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie in Buenos
Aires und Heidelberg studiert. Als promovierte Politologin
hat sie als Forschungsschwerpunkt Lateinamerika sowie die
deutsch- bzw. europäisch-lateinamerikanischen Beziehungen.
Seit 1993 lebt Claudia Zilla in Deutschland.
Berthold Zilly
nasceu em 1944, em Odessa. É uma das figuras centrais do
new media art europeu. Desde 1984, é professor da Universidade de Arte Aplicada de Viena. De 1984 a 1989, foi professor de Vídeo e Arte Digital no Center for Media Study na
Universidade do Estado de Nova Iorque, em Buffalo. De 1989
a 1995, dirigiu o Instituto de Novas Mídias na Städelschule, em
Frankfurt, e, de 1986 a 1995, foi conselheiro artístico do Ars
Electronica, em Linz. De 1993 a 1999, foi tutor do pavilhão da
Áustria na Bienal de Veneza. Desde 1999, é diretor executivo
do ZKM (Centro de Arte e Tecnologia de Mídia, para a sigla
em alemão), em Karlsruhe. Em 2008, foi conselheiro artístico
da Bienal de Sevilha (Biacs3) e, em 2011, diretor artístico da 4ª
Bienal de Arte Contemporânea de Moscou.
(p. 228)
Peter Weibel
was born in Odessa in 1944 and is a central figure in European
media art. Since 1984 he has been professor at the University
of Applied Arts in Vienna. From 1984 to 1989 he was Professor
of Video and Digital Arts at the Center for Media Study at the
State University of New York in Buffalo. From 1989 to 1995 Pe-
(S. 187)
Claudia Zilla
nasceu em Buenos Aires, em 1973. É diretora do grupo de
pesquisa “América“, da Fundação Ciência e Política, de Berlim,
e professora do Instituto Latino Americano (LAI, para a sigla
em alemão) da Freie Universität Berlin (Universidade Livre de
Berlim). Estudou Ciências Políticas, Sociologia e Psicologia em
Buenos Aires e Heidelberg. Doutorou-se em Ciências Políticas,
com foco na América Latina e nas relações entre a região e a
Alemanha e a Europa. Desde 1993, vive na Alemanha.
(p. 187)
was born in 1945 in Helmstedt, Germany, studied in Bonn,
Caen (France), São Paulo, and Berlin, and is a literary scholar
and translator. He did his doctoral dissertation on Molière at
the Free University of Berlin and taught Latin American studies
at the same university from 1974 to 2010, and from 2004 to
2010 also at the University of Bremen. Since 2011, Berthold
Zilly has been a visiting professor at the UFSC Florianópolis. He
has written essays especially on Brazilian literature and translated a number of Brazilian, Portuguese, and Argentine classics
into German.
(p. 257)
287
edition
esefeld
& traub
ISBN 978-3-9809887-9-7
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MINHASP - edition esefeld & traub