MN Der Tod
Brasilianischer Küns tler bemalt Kirche formal an die nordbrasilianische Tradition schichten entstanden im 17. Jahrhundert in einem Klima der kulturellen
Frankfurt - Speto erzählt in seinen Wandmalereien Geschichten, die sich inhaltlich und
Mat thäusNachrichten
Kostenlose Sonderausgabe
Herbst 2013 · kostenlose Sonderausgabe Nr. 1/13
Evangelische Hoffnungsgemeinde, Frankfurt/Main
Frankfurt/Main - Im Rahmen des Ehrengastauftritts von Brasilien bei der Frankfurter Buchmesse 2013 präsentiert die
Schirn Kunsthalle Frankfurt erstmals in
Deutschland die Vielfalt der brasilianischen
Graffitikunst. In Brasiliens Metropolen findet sich eine der weltweit lebendigsten und
künstlerisch interessantesten Szenen in
diesem Bereich. Diese bunte, dynamische
und einzigarte Bewegung unterscheidet
sich sowohl inhaltlich als auch ästhetisch
wesentlich von der amerikanischen und europäischen Street-Art-Szene. Nicht nur das
spezifische politisch-soziale Klima in einem
von tiefgreifenden Umbrüchen gekennzeichneten Land, sondern auch eine ungeheure Vielfalt von Techniken und Stilen
lassen die brasilianische Street-Art aus der
globalisierten Graffitikultur hervortreten.
Elf Künstler und Künstlergruppen aus São
Paulo und anderen Metropolen Brasiliens
sind eingeladen, ihre Bilder ausgehend vom
Gebäude der Schirn im gesamten Frankfurter Stadtraum zu realisieren und damit den
alltäglichen Blick auf die Stadt zu verändern.
Eine ganze Reihe von Videos finden Sie auf
der Internetseite der Schirn unter
www.schirn.de
oder direkt mit folgendem QR-Code:
*Mittagsakademie
Lunch & Lecture
in Zusammenarbeit
mit der Evangelischen
Akademie Frankfurt
und der Pfarrstelle für
Stadtkirchenarbeit an
Sankt Katharinen
Unkostenbeitrag
10,00 Euro
bitte anmelden
(069)174 1526-0 oder
[email protected]
der „Literatura de Cordel“ anlehnen. Diese mit
Holzschnitten illustrierten mystischen Ge-
Durchmischung. Sie vereinen collagenhaft indigene Legenden, christliche Motive und afrikanische Kultur. (... weiter auf Seite 2)
kommt per
Kurier
Frankfurt/Main - Das goldene Kreuz vor
den Hochhausfassaden als Motiv für ein
Konzept, das gerade in einer „verkauften
Kirche“ das Evangelium als Alternative
zum Markt auf dem Markt erlebbar macht
– und als Kontrast zu diesem Kreuz das
Werk eines brasilianischen Künstlers, das
vom alltäglichen Überlebenskampf und
vom Tod erzählt: „Matthäus macht Programm“.
ÒÒ Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn war Gastprediger, „Joggupy
– wir laufen gegen Zockerei“ begrüßte als
Banner die Läufer des J. P. Morgan Chase,
Occupyaktivisten und angehende Banker
kamen in einer Mediationsveranstaltung
zu gemeinsamen Statements, „Winterreise“ und „Wiegenlieder“, „Das Kreuz mit
dem Kreuz“ profilieren die Kirche als medial inszenierten Erlebnisort, an dem sich
Kunst und Religion kreuzen.
ÒÒ Zurzeit ist „Zwischennutzung“. Die Kirche präsentiert sich in einer singulären, aber
vorwärtsweisenden medialen Konstellation:
das Street-Art-Brazil-Projekt an der Außenfassade, ein deutscher Maler drinnen, Lesungen, Lunch and Lectures und Gottesdienste
bei laufendem Umbau: neue Raumerlebnisse und Nutzungspotentiale erschließen sich
der Gemeinde, der Stadtöffentlichkeit und
überregionalen Zielgruppen.
ÒÒ Ziel der übergemeindlichen Programmarbeit ist es, das gesellschaftliche Verständigungspotential zu vergrößern und durch
den Dialog mit der Wirtschaft gleichzeitig
die strategische Überlebensfähigkeit der
Kirche zu sichern. Es gehört zur Umsetzungsstrategie der Kirche, Kunst als Brückenmedium zu nutzen – wobei es nicht
um Verzweckung, sondern um die innere
Beziehung zwischen Kreativität, Innovation und Schöpfung geht. (wn)
Termine zur Buchmesse 2013
9. Oktober – 12.00 Uhr
Lunch & Lecture* – Brasilien im Fokus
9. Oktober – 18.00 Uhr Vernissage – „Walter Urbach – Papaver“
10. Oktober – 12.00 Uhr
Lunch & Lecture* – „Street-Art Brazil“
Mit einem Grußwort von Marcelo Andrade de Moraes Jardim, Generalkonsul der Föderativen Republik Brasilien und Prof. Dr.
Erhard S. Gerstenberger, Visiting Professor an der PUCPR, Curitiba: „Brasilien – Land der Zukunft“ (Stefan Zweig)
Walter Urbachs Rollbilder-Zyklus und Großaquarelle „Papaver – Auslaufende Fassungen“ in Anwesenheit des Künstlers, mit
Prof. Dr. Manfred Schneckenburger (in Zusammenarbeit mit Curatorial Partners)
Die Kuratorin Carolin Köchling (Schirn) über das künstlerische Phänomen von Graffiti in Brasilien, die Ausstellung in Frankfurt
und die Arbeit an der Matthäuskirche“
10. Oktober – 18.00 Uhr „Brasilianische Betthupferl“
Auf dem Weg nach Hause von der Messe zum Bahnhof: gemixt aus 2 Cocktails zum Selbermachen, brasilianischen Tapas und
einem ganz unbrasilianischen Text über einen Whisky zu viel bei Lord Russell – mit Dr. Karsten Kopjar an der Bar, Prof. Dr. Wolfgang Nethöfel (Lesung) und Bernd Hans Göhrig am brasilianischen Jazzflügel // Unkostenbeitrag 15,00 Euro
11. Oktober – 18.00 Uhr „Tod eines Investmentbankers“
Autorenlesung mit Prof. Dr. Dr. Nils Ole Oermann, Direktor des Instituts für Ethik und Transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung an der Leuphana Universität Lüneburg (in Zusammenarbeit mit dem Verlag Herder)
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Matthäus-Nachrichten · Sonderausgabe · Nr 1/13
Brasilianischer
Künstler bemalt Kirche
(FORTSETZUNG VON SEITE 1)
Die „Literatura de Cordel“ wurde durch das
Aufgreifen zeitgeschichtlicher
Geschehnisse
auch als Kommunikationsmedium genutzt
und ist in dieser Funktion dem heutigen brasilianischen Graffiti sehr
ähnlich. Ausgangspunkt
von Spetos Bild an der
Fassade der Frankfurter
Matthäuskirche ist eine
Cordel-Dichtung
über
den skurrilen Tag eines
„motoboys“ (A Última
Viagem de Mortoboy).
Die „paulista“ (Einwohner São Paulos) bezeichnen mit diesem Begriff
die etwa 220.000 Motorradkuriere der Stadt,
von denen viele bei ihren
täglichen Fahrten durch
den dichten Verkehr
ums Leben kommen.
LITERATURA DE CORDEL, AUTOR:RODRIGO LEÃO
In São Paulo stieg ich aus dem Flugzeug und direkt in ein Taxi.
Auf der Autobahn – meine erste Beobachtung war die überwältigende Zahl an Motorrädern. Alles Einzylinder: Suzuki, Yamaha
und Honda. Alle rücksichtslos durch den Verkehr getrieben
von Fahrern die man nur als dunkle Silhouetten beschreiben
kann. Die Fahrer scheinen sich als eine Gruppe zu bewegen, als
wären Sie die Infanterie in einem Klassenkrieg. Diese dunklen
Silhouetten sind die Motoboys. Brasiliens „E-Klasse“.
Wenn wir über Mercedes reden würden, wäre das eine
gute Sache, aber das tun wir nicht. Wir reden über ein vergessenes Volk. Brasiliens räumliche Trennung der verschiedenen
Wie die Maler Paulo Cesar Silva (Speto) aus
São Paulo und Walter Urbach aus Kaarst
sich durch die Matthäuskirche treffen
(Elmar Zorn, München) – Schnell müssen beide sein: der Street Art-Künstler Seto
mit seiner Sprühtechnik auf Mauern und
der Rollbild-Künstler Urbach mit seiner
Schichtenauftragung von verdünntem
Lack auf Leinwand.
» Überdimensional sind ihre Werke gleichfalls: das Wandgemälde von Seto füllt eine
ganze Kirchenfassade aus und die Rollbilder
von Urbach haben eine Länge von 3,50 m.
» Aus dem Hintergrund archetypischer
Menschheitserzählungen holen beide
ihre Motive: die indianischen und afrikanischen Mythen speisen den Bildervorrat
von Setos Motorradkurier-Alltagsgeschichte aus dem Megacity-Dschungel Sao Paulos
und Walter Urbach seinerseits evoziert navigierende Protuberanzen aus der Ursuppe
der Zeiten.
» Die Bildfantasien von beiden – so verschieden auch die schrille, gelbe Fassadenmalerei Setos und die rotbraun gedämpften Lackfarben Urbachs daherkommen
– weisen nicht nur in ferne Vergangenheiten, sondern ebenso in die Aktualität unseres Lebens. Setos „Motoboy“ ist Prototyp einer zeitgenössischen „Ecce Homo“- Kreatur
und Urbachs so lyrische wie dramatische
Rollbilder – „Mohn“ und „Vulkan“ - sind
Chromosomen-Bänder eines abstrakten
Raum-Zeit-Comics.
» Beide gestalten Fragmente eines heutigen künstlerischen Daseinsaufrufs in einen
Rahmen sprengenden imaginierten Raum
hinein. Jeder lässt dabei auf seine Weise in
seiner visuellen Inszenierung das herkömmliche Tafelbild weit hinter sich zurück.
Gesellschaftsschichten ist wie ein großer Gastank und ganz
am Boden liegen die Motoboys. Jene, die bereit sind, ihr
Leben zu riskieren, um ein Paket in 15 Minuten ans andere
Ende der Stadt zu liefern, für vierzig Cent.
Die Motorräder, die ich sah wie sie Fahrspuren kreuzten, Schlangenlinien um die anderen Autos fuhren und durch
den Verkehr beschleunigten, die eine völlige Missachtung
für Leib und Leben zeigten, waren die Motoboys. Ein guter
Vernissage
mit Walter Urbach und
Prof. Dr. Manfred Schneckenburger
9.Oktober
18:00 Uhr
Matthäuskirche
Motoboy kann bis zu 1600 Euro im Monat verdienen. Ein
gutes Einkommen für einen Menschen der brasilianischen
Unterschicht. Sie werden oft als eine Art Plage, fahrende Organspender oder Kakerlaken bezeichnet.
Die Motorräder selbst sind im Besitz von „Corporate Brazil“ und die „Boys“ gehören ebenso Brasilien. „Du
kannst in Brasilien kein Geschäft machen, ohne die Hilfe
eines Motoboy“, erzählte mir ein Ladenbesitzer um 8 Uhr
Nada anda em suas veias.
Seu coração jaz parado.
A ganância e a ambição
construíram seu legado
num asfaltado colosso
eternamente parado.
A cidade segue parada.
O trânsito todo trancado.
Nem Dona Morte consegue
correr pelo combinado.
Mortoboy vai avisando
aos vivos que serão finados.
“Cidade que come gente
antes mesmo de crescer.
Corta o fio da história
do que iria acontecer.
Flor pra sempre semente,
sem amante conhecer.”
Zunindo pelo asfalto,
com o motor faiscando,
derrubou um motoqueiro
que ali vinha passando
e nem olhou pra ver
o pobre se despedaçando!
Mortoboy estacionou
bem na frente do bordel,
onde um trafica gringo,
representante de cartel,
encontrava com um tenente
recém-saído do quartel.
Das pilhas de dinheiro
jogadas em cima da cama,
Mortoboy pegou um tanto
pra fazer duas baganas
e enfiou como charutos
na boca dos dois bacanas.
É um animal moribundo:
de concreto, combalido;
um bicho crescido doente,
de um sistema já falido,
que não grita, só geme,
mas ninguém lhe dá ouvidos.
O funesto mensageiro
rompe-lhes o estupor
acordando-os pra vida
com morte, não com amor.
O coração das trevas:
O horror! O horror!
A entrega dele era dupla,
assim poupou gasolina,
pois era ali testemunha
também a avó da menina,
que, ao ver o esculhambo,
fez-se branca parafina.
Radial rumo ao Centro,
pra onde o trampo conduz,
Amaral Gurgel, Arouche,
rumo à Estação da Luz,
“onde o dia é sempre noite
na pedra que os louco seduz.”
Se a roupa era diferente,
algo lhes era comum:
a gana pelo dinheiro
do outro igual à do um.
Ouviram na porta o ruído:
Tum! Tum-tum-tum!
Desceu e olhou a rua,
acendendo um cigarro.
Mirou a Rota passando,
cumprimentou com catarro;
o cuspe explodindo ali,
bem na cara de São Paulo.
A cidade, antes viva,
resta toda putrefata,
sua carne decompondo
a sua gente estupefata,
esfarelada na violência
que a esperança mata.
O padeiro acordou
do sonho assustado,
mas não era devaneio
que o havia estorvado:
era Mortoboy avisando
que a hora tinha chegado.
“Oh! Senhor, o que fiz
pra tanto merecer?
O quanto te ofendi
pra tal castigo sofrer?”
E, dito isso, tombou,
tomada por um AVC.
“O noínha se cala,
a pedra incandesce,
a fumaça desprende
a cobra que desce
a língua do homem
e inverte sua prece.”
A porta aberta revelou
os dois de arma na mão.
“Quem interrompe a gente
no meio da transação?”
“Vai comer muito chumbo.
Não vai ter conversa, não!”
No fundo da viatura,
na cachorreira, deitada,
seguia outra criatura
bem recém-desencarnada:
um motoboy que cruzou
com a esquina errada.
No meio dela ele vai:
chutando retrovisor,
navalhando asfalto,
vergando corredor,
enrolando o cabo
do seu acelerador.
“Nem mais um croissant!
Nem mais um pão de ló!
Dona Morte tem fome
e não sabe o que é dó.
Larga aí a farinha,
que cê vai virar pó.”
Olhando menina e avó,
Mortoboy elucubrou:
“Pior que as duas ali
era a sina da que ficou.
Mãe duma e filha d’outra,
dela ninguém se lembrou.”
Nessa última tragada,
o coração estancou.
A batucada forte
do samba cessou.
O moinho do mundo
seu sonho triturou.
Não era inimigo jurado,
nem ninguém do Partido.
Não era tropa de choque,
nem era nada parecido.
Era Mortoboy parado
como um defunto perdido.
“Nem a morte se sacode
pra buscar esses condenados
que nas motos zombeteiras
terminam estraçalhados,
perseguindo a pressa tola
dos cidadãos respeitados.”
Mortoboy faz entregas
de um tipo diferente:
trabalha para Dona Morte,
“a indesejada das gentes”,
avisando aos escolhidos
a hora dos finalmentes.
Ainda na Zona Leste,
foi a segunda corrida.
Uma criança pequena
e uma bala perdida,
num encontro marcado
pra virar despedida.
“Hoje o serviço tá duro”,
disse, e montou na cabrita:
cegêzinha cor-de-rosa,
adesivo “É Nóis na Fita”,
com “as roda de liga dourada
que as mina acha bonita”.
Uma gárgula de meio-fio,
era defunto ali travado.
Demorou mais de uma hora
pro noínha, nele encostado,
reparar que ele se fora
deste pro outro lado.
Entrou tipo Bruce Lee,
veloz como assombração,
e os pistoleiros, confusos,
atiraram sem atenção,
acertando um ao outro
e ficando os dois pelo chão.
“O Imperador do Sorvete”
não era nome de poesia,
mas de bufê de sorvete
lá pros lados da Freguesia,
onde o Mortoboy marcou
de encontrar a sua filha.
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Matthäus-Nachrichten · Sonderausgabe · Nr 1/13
Die Geschichte
eines Mortoboys
(Speto) „A Última Viagem de Mortoboy“
– Mortoboys letzte Lieferung – ist eine
Cordel-Dichtung in sechszeiligen Strophen. Es ist die Geschichte eines Motoboys
mit dem ungewöhnlichsten aller Auftraggeber, dem Tod persönlich. Im Verkehrschaos von São Paulo muss selbst der Tod
die Dienste eines Motoboys in Anspruch
nehmen, um seiner Aufgabe nachzukommen. Die Geschichte erzählt einen Tag im
Leben dieser unheilvollen und appolonischen Figur – der Motoboy als Bote eines
makaberen Auftraggebers – bei der sich
das alltägliche Leben in der Stadt und seine
Todes-Lieferungen für die Einwohner São
Paulos immer mehr zu einem unheilvollen Ablauf verflechten, bis hin zur letzten
Lieferung des Tages – eine, die alles ändern
wird: sein Schicksal und das Schicksal seines Auftraggebers.
morgens bei einer Tasse französisch-brasilianischem Kaffee.
Der Tag hatte gerade erst begonnen und ein Leben hatte
schon geendet. Einer der Motoboys war bereits um 6:30 Uhr
bei einem Unfall gestorben. Am Morgen, noch bevor der
Wecker klingelt, hört man ihre Einzylinder-Motorräder wie
sie ihre Motoren durch die Gassen jagen, als würden sie bei
einem Moto Cross Rennen teilnehmen.
Gegen Mittag warnte mich ein Taxifahrer, meinen
Arm nicht aus dem offenen Fenster hängen zu lassen, aus
Angst ein Motoboy könnte ihn mir mit seinem Lenker abreißen. Brasilien fürchtet die Motoboys.
Sie lärmen unaufhörlich wie das Summen eines
Bienenschwarms. Und die Autofahrer hören genau hin. Niemand will einen Motoboy töten. Ich traf einen Taxifahrer, der
in einen Unfall mit einem Motoboy verwickelt war. Sein Taxi
wurde beschädigt und war einen Monat außer Betrieb. Der
Fahrer konnte drei Nächte lang nicht schlafen. Und wenn er
einschlief, hatte er wiederkehrende Alpträume. Ein weiterer
Autofahrer erzählte mir, was zu tun ist, wenn man einen
Unfall mit einem Motoboy hatte: „Bleiben Sie in Ihrem Auto,
sagen sie nichts und warten sie auf die Polizei. Die Motoboys
denken, sie beherrschen die Straße, und wenn dein Auto
beschädigt ist, ist es nicht ihre Schuld.“
Bis zum Mittag ein Durchschnittstag. Zwei oder drei
Motoboys waren bereits tödlich verunglückt, zusammen
mit einer noch größeren Zahl von Fußgängern, die durch
Motoboys verletzt oder getötet wurden. Während meiner
zehn Tage in São Paulo sah ich Tausende von Motoboys,
drei tödliche Unfälle, und war selbst von einem Motoboy angefahren worden, weil dieser nicht
anhalten wollte, um keine Zeit zu verschwenden. Zeit ist Geld.
Das Problem ist eine Tatsache und es wird als unvermeidlich hingenommen. Die Motoboys sind diejenigen, die dieses „Spiel“, das sie jeden Tag spielen, auf Dauer verlieren müssen.
Und wenn sie es verlieren, bezahlen sie es üblicherweise mit ihrem Leben. Wenn ein Moto-Boy
von seinem Motorrad fällt, kommen immer andere dazu und bilden einen Kreis um ihren
gestürzten Kollegen, um ihn vor weiteren Verletzungen zu schützen, obwohl dieser oft schon tot
ist. Diese Kreise verhindern, dass der Verkehr in Sao Paulo flüssig laufen kann, genauso wie
die Krankenwagen, die die gefallenen Moto-Boys von der Straße kratzen müssen.
Gegen zehn Uhr in der Nacht, während ich in der Stadt unterwegs war
auf der Suche nach einer Bar um etwas zu trinken, bemerkten mein Freund
und ich viele Motorräder, die vor einer Bar abgestellt waren.
Wir nahmen an, dass es sich um eine Biker-Bar handelte.
Obwohl das Publikum nicht zu gespenstig aussah,
verzichteten wir darauf hinein zu gehen.
Erst später erfuhr ich, dass die Motorräder vor der benachbarten Drogerie
parkten, wo die Motoboys auf ihre
Chance warteten, eine Lieferung
machen zu können und damit ihr
Leben zu riskieren, weil vielleicht jemand Kopfschmerzen hat oder ein
Kondom braucht.
Die Motoboys sind weder
lästig noch ein notwendiges Übel,
sondern ein Symptom für eine
gesellschaftliche Krankheit Brasiliens,
die dringend geheilt werden muss.
“E aí, menina bonita,
o que cê conta pro pai?
E esse seu dente da frente?
Parece que logo cai.
Próximo fim de semana,
quem sabe nós vai pra praia?”
A tarde já ia caindo,
quando vibrou o celular:
mensagem de Dona Morte
mandando ele acelerar!
Além da cota do dia,
tinha mais alma pra levar.
Muitos protestavam
não aceitando a sorte
de não receber o rito
de mão própria da Morte,
mas daquele motoqueiro,
seu estranho consorte.
“Meia-noite lá no alto
daquela ladeira no Sumaré
que leva o nome da Senhora
e malandro não sobe a pé ,
só os skatistas que descem
pra ver quem é que é.”
“Meu serviço vai bem —
sempre na correria.
E como vai sua mãe?
Ainda brigada com a tia?
Pode tomar outro, sim.
Deixa que eu entro na fila.”
E ele seguiu no serviço:
um morto a cada parada,
reunindo os participantes
de sua mórbida consoada,
que iguala quatrocentões
e os irmãos da quebrada.
Queriam ver procuração,
autenticada em duas vias,
provando que o interposto,
aquele que os levaria,
trabalhava pra “Iniludível”,
e faziam a maior gritaria.
E, ponta firme que era,
responsa de firma fechada,
lá no alto ele estava,
bem na hora marcada,
de colete California Racing,
com a magrela ainda ligada.
Olhando a menina comer
um lindo sorvete escarlate,
Mortoboy se entristeceu
relembrando o disparate:
depois daquele refresco,
voltaria pra sua arte.
Vítimas da maldade alheia,
da obesidade, da pneumonia,
das gorduras saturadas,
do amor, da pedofilia,
da injustiça, da perversão,
e até do excesso de folia.
Mas, um depois do outro,
foram sendo encaminhados
para a “Terra do Pé Junto”
muito bem abotoados,
com seus paletós de pinho
e dedos entrelaçados.
E a menina ali pulsando
destoava do seu dia,
todo feito do estertor
de gente que não sabia
o que andava fazendo
ou mesmo por que vivia.
Vítimas de disparates,
de complôs bem tramados,
vítimas de excesso de zelo,
de crimes mal planejados,
de acidentes domésticos
e eventos muito aguardados.
“Pra que tanto esperneio?
Pra que tanta surpresa?
Como se não soubessem
— não tivessem certeza —
que a história terminaria
em choro e vela acesa.”
A Morte colou na dele
no seu rabecão tunado,
com as rodas branco gelo
e o escapamento zoado,
que solta os gritos loucos
daqueles que foram levados.
O vê-oitão roncando
que nem um porco nervoso.
Ela abaixou o vidro,
mostrando seu rosto dengoso.
“Chega junto, Vida Loka,
pra bater um papo gostoso.”
“Faz um favor pro pai
e presta atenção na vida;
nas coisas pequenas e boas,
e nas histórias compridas,
nos sorrisos e nos abraços
das pessoas mais queridas.”
Vítimas de casamentos,
de células cancerígenas,
de infecções mal curadas,
de abduções alienígenas,
vítimas, enfim, da vida,
que, se começa, termina.
Sacudiu no bolso da calça
o celular insistente
com mais uma mensagem
de tom impertinente.
Era Dona Morte querendo marcar
um encontro frente a frente.
E malandro estuda na escola
onde se aprende malandragem
a estudar os outros malandros
para sacar cada pilantragem,
e aquela conversa alertou
que dali vinha sabotagem.
“Pode falar daí mesmo,
que eu consigo escutar.
Não quero seu dedo frio
sem querer a me relar.
Tenho minha filha e mais
dois sobrinhos pra criar.”
com tudo ele acelerou;
embicando pra direita,
na calçada ele mirou.
Entre o muro e o poste:
foi ali que ele passou.
em Cordel de Speto e Leão,
ainda presta serviços
por toda essa região.
É exemplo pra sua filha
e torce pelo timão.
“Pois é ela mesma, sua filha,
que eu quero. Vá lá buscar.
Sua joia mais lindinha
cê vai ter que me entregar.
E acelera essa lambretinha,
senão o bicho vai pegar.”
Dona Morte vinha quente
e não conseguiu frear.
Foi pega de lado com tudo
pelo Oito Sete Cinco H,
busão que vinha da Lapa
e fez o rabecão decolar.
Para sempre inseparáveis,
o herói e sua cabrita:
cegêzinha cor-de-rosa,
adesivo “É Nóis na Fita”,
com “as roda de liga dourada
que as mina acha bonita”.
“Liga eu, vagabunda!
Tá me tirando de Abraão?
Sou ZN, Curíntia e São Jorge!
Só caio de espada na mão!”
E meteu-lhe o pé na porta,
amassando o camburão.
E, voando sobre o Sumaré,
a Morte pôs-se a pensar:
“Devia mudar para Campinas,
ou pra Americana, sei lá.
Do jeito que as coisas vão,
esta cidade vai me matar.”
A Morte ficou nervosa
e desceu a ladeira apressada,
perseguindo Mortoboy
com uma mortal gargalhada
que ardia como arnica
e queimava feito navalhada.
E quem andava pela vila,
batendo perna ou papo,
tomando um trago ou outro,
não se deu conta do fato
de que o rabecão da Morte
explodia ali do lado.
Faltando trinta metros
pra chegar no pé da ladeira,
Mortoboy fez uma manobra
que parecia uma besteira:
pisando no freio de trás,
foi derrapando de rabeira.
Faltando só dez metros,
“Fogos de artifício?”, pensaram.
“Inauguração de balada?”
Mas jamais entenderiam,
se a verdade fosse contada,
que era a Morte explodindo
em sua caranga envenenada.
Mortoboy, agora imortal
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Matthäus-Nachrichten · Sonderausgabe · Nr 1/13
Editorial
Hoffnungsgemeinde
auf dem Weg in die Zukunft
Frankfurt/Main – Holen wir uns noch einmal
die Fakten in Erinnerung: Das Grundstück der
Matthäuskirche an der Friedrich-Ebert-Anlage
steht zum Verkauf. Auf dem Grundstück soll ein
Bürohochhaus entstehen, das dem aktuellen
Hochhausentwicklungsplan der Stadt Frankfurt
entspricht. Dabei muss das Kirchengebäude
weitestgehend erhalten bleiben. Für den eigentlichen Kirchraum besteht die Zusage, dass
dieser weiterhin gemeindlicher und kirchlicher
Nutzung zur Verfügung steht und vom Käufer
des Geländes entsprechend einzuplanen ist. Daher muss für diesen Kirchraum ein Konzept entwickelt werden, dass die Chancen des besonderen Ortes für die kirchliche Präsenz fördert und
den besonderen Wert des Standortes für den
Investor genauso wie für den Nutzer und hier
vor allem der Gemeinde und deren Mitglieder
deutlich macht.
Um diese Beschlüsse zwischen Evangelischem
Regionalverband und der Evangelischen Hoffnungsgemeinde aus den Jahren 2007 bzw.
2008 jetzt zum Zeitpunkt des Bezugs des Gemeindehauses in der Hafenstraße, der Aufgabe
der Gutleutkirche und der Abgabe des Gemeindehauses in der Hohenstaufenstraße mit Leben
zu füllen, haben in der letzten Zeit verschiedene
Arbeitsgruppen der Gemeinde und des Regionalverbandes unter Einbeziehung von Architekten und anderen Fachleuten getagt. Wie kann
eine Nutzung der zukünftigen Matthäuskirche
nach Umbau und Integration in eine große
Gewerbeimmobilie aussehen – welche Themen
werden dort angesprochen – wie sehen zukünftige Gottesdienste aus – wer werden neben der
Gemeinde die zukünftigen Besucher der kirchlichen Räume sein – welche neue Chancen einer
kirchlichen Arbeit tun sich hier auf?
In seiner Abschiedsvorlesung an der Universität Marburg hat Professor Wolfgang Nethöfel,
seit vielen Jahren Mitglied in unserem Kirchenvorstand, eine „Vision Matthäuskirche 2030“
gezeichnet. Ich zitiere aus dieser Ansprache,
die im Juli 2011 auch von vielen Mitgliedern der
Gemeinde als Gäste in Marburg gehört wurde: „Ich sehe, wie das Licht des strahlenden
Sonntagmorgens sich in der muschelförmigen Hochhauskulisse wie in einem Brennglas
sammelt. Plötzlich leuchtet das goldene Kreuz
der Frankfurter Matthäuskirche auf und steht
wieder als flammendes Zeichen vor den monotonen Rastern der Bankenfassaden. Darunter,
im Inneren des vertrauten und doch völlig
verwandelten Kirchengebäudes, wuselt es. Im
Foyer treffen die neugierigen Messebesucher,
die von der Straße aus gleichsam hineingezogen werden ins Gebäude auf eine aufgekratzte
Gottesdienstgemeinde, die schon diskutierend
aus der berühmten umgebauten Oberkirche
kommt. Niemand kann sich der verwandelnden
Kraft dieses Ortes entziehen, der jeden freundlich empfängt wie er ist, ihn sonntags auf das
gottesdienstliche Geschehen, im Alltag auf sich
selbst konzentriert, ihn ruhig werden lässt und
öffnet für die aufregenden Inszenierungen, die
ihn hier zuverlässig erwarten. diese Gespräche
und Ereignisse haben die Matthäuskirche zu
einem einzigartigen Ort des Dialogs zwischen
Kirche, Kunst und Wirtschaft gemacht.“
Wolfgang Nethöfel ist ein aktives Mitglied
in den Arbeitsgruppen, die diese Vision einer
zukünftigen Matthäuskirche in der Hoffnungsgemeinde voranbringen wollen. Die Gemeinde
ist und bleibt in der Matthäuskirche zu Hause,
diese Kirche ist sonntags der Hauptversammlungsort der Gemeinde und gibt ihr ein Zuhause. Dabei weiß die Gemeinde ebenso, dass ihr
Kirchraum zugleich ein Ort außergewöhnlicher
Veranstaltungen und Ereignisse ist und nutzt
die Kommunikationsmöglichkeiten, die sich
daraus ergeben. Die Gemeinde bietet, auch in
Zusammenarbeit mit anderen, Besuchern aber
auch die Möglichkeit, die Spiritualität dieses
Ortes vertieft zu erfahren. Zu nennen sind da
aus der jüngeren Vergangenheit die Veranstaltungsreihe in der Passionszeit 2012 „Das Kreuz
mit dem Kreuz“ ebenso wie die Frankfurter
Wiegenlieder oder die Predigtreihe unter dem
Motto „Kirche und Wirtschaft. Was trägt in der
Krise“.
Immer wieder Kirche und christlichen Glauben
in immer neuen Zusammenhängen und aus
dem Alltagsgeschehen heraus neu erfahren:
das ist die Aufgabe, die wir uns am Beispiel der
Umgestaltung der Matthäuskirche stellen.
Um der Gemeinde und auch möglichen Investoren, die den Grund und Boden um die Matthäuskirche erwerben wollen, eine Vorstellung
zu geben, wie die Matthäuskirche zukünftig,
nämlich unter dem Motto Matthäuskirche
2030, funktionieren kann, werden wir auf eine
Zeitperspektive von fünf Jahren kleine gestalterische Maßnahmen umsetzen. In einer Gemeindeversammlung im Juni haben wir als Kirchenvorstand bereits davon berichtet. Es werden
umfangreiche Malerarbeiten im Kirchenschiff
durchgeführt. Mit Licht, Form und Farbe wollen
wir aufzeigen, wie neben den Gottesdiensten
verschiedene Veranstaltungen im kirchlichen
Raum möglich sind. Wir werden anstatt der Kirchenbänke eine andere Bestuhlung einsetzen,
die sich flexibel an die jeweiligen Veranstaltungen anpassen lässt. Ein gemeinsamer Etat der
Gemeinde und des Regionalverbandes machen
diese Projektarbeit möglich.
Als Kirchenvorstand lade ich Sie herzlich ein,
mit uns diese Veränderungen zu erleben und
durch viele Besuche auch zu beleben. Die Veranstaltungen zur Buchmesse (dort besucht uns
der brasilianische Generalkonsul) und die diesjährige Predigtreihe (dann besucht uns unser
Kirchenpräsident) bieten dazu besondere Gelegenheiten. Sie finden dazu Hinweise in dieser
Zeitung. Wir wollen neue Begegnungen möglich machen und alte Beziehungen vertiefen.
Wir wollen vor allem eine lebendige Gemeinde
sein, in der die Begegnungen Freude machen
und sich immer wieder neue Anregungen für
die doch so unterschiedlichen Bewohner und
Besucher unseres Stadtgebietes ergeben.
VON HORST MICHAELS,
Vorsitzender des Kirchenvorstands der
Evangelischen Hoffnungsgemeinde,
Frankfurt/M.
EVANGELISCHE HOFFNUNGSGEMEINDE
FRANKFURT AM MAIN
Matthäus „Innen“ –
Matthäus „Außen“
Wenn wir als Betrachter „Innen“ und „Außen“ sagen, dann stellt
sich uns natürlich sofort die Frage nach der Perspektive? Was ist
„Innen“ und was ist „Außen“?
XX Wir betrachten die Matthäuskirche von Außen: Kirchen sind
Stadtmarken und dienen der Identitätsstiftung. Sie sind für unsere moderne Gesellschaft aber auch Steine des Anstoßes. Die
Matthäuskirche befindet sich im Wandel, da Immobilenmärkte
sich verschieben und neu orientieren. Welche Möglichkeiten sich
daraus entwickeln können, wird in den nächsten Jahren in Form
einer Zwischennutzung ausprobiert. Manche zweifeln den Erfolg
von Zwischennutzungen angesichts winkender Renditen auf den
Immobilienmärkten an. Andere sind davon überzeugt, dass Zwischennutzungen Keimzellen einer nutzergetragenen Stadtentwicklung sind. Mittlerweile wird anerkannt, dass Zwischennutzungen
– insbesondere jene mit sozialen und kulturellen Qualitäten – eine
Aufwertung der Liegenschaften und ganzer Stadtviertel zur Folge
haben können. Dadurch hat sich das Phänomen Zwischennutzung
in den letzen Jahren zunehmend zu einem wichtigen Bestandteil
von Raumplanung, Kulturpolitik und Immobilienwirtschaft entwickelt.
XX Wir betrachten die Matthäuskirche von Innen: Worin unterscheiden sich Kirchen von anderen Gebäuden. Welche räumlichen
Bilder haben wir von Kirche? Sakraler Raum definiert sich über
wertige Materialität – geführtes Licht – Orientierung und Aussrichtung – räumliche Grenzüberschreitung mit Zonierungen und
durch die Größe und Leere des Raums. Hier in der Matthäuskirche
finden wir eine Raumaufteilung vor, die sich an den klassischen
Typus der Basilica anlehnt: Mittelschiff – Seitenschiffe – Empore –
Chorraum – erhöhter Altarrraum – Seitenlichtöffnung akzentuiert
den Altarraum. Das alles sind Mittel, die eine Differenzierung von
ungleichen Orten erreichen. Dazu das Christusbild, die Kanzel und
die bunten Kirchenfenster – diese Symbole wecken Erinnerungen.
In einer Gesellschaft der fortschreitenden Virtualisierung bedarf
es der Materialität als Kompensation. Immobilität schafft Vertrauen – es bedarf des Dinghaften und des Symbolhaften. Genau dort
fängt der Wandel in Matthäus an.
XX Welcher Elemente bedarf es, um einen sakralen Raum zu erschaffen und welche inneren Bilder entstehen bei den Menschen
durch diese Architektur. Die aktuelle Veränderung in der Matthäuskirche ist eine Reduzierung auf wenige wesentliche Elemente. Es entsteht kein neutraler profaner Raum, sondern eine flexibel
nutzbarer Raum mit loser Bestuhlung und mobilem Altar – ein
qualitativ einheitlicher Raum mit weißen Wänden, einem weißen
Dach und einem einheitlichen Boden. Eine neue Beleuchtung setzt
Akzente und schafft Zonierung. Die vorhandenen Symbolwerte
und Geometrien des Kirchbaus bleiben erhalten.
(weiter auf Seite 6 ...)
Impressum
Die „Matthäus-Nachrichten“ werden von der Evangelischen Hoffnungsgemeinde Frankfurt/ Main herausgegeben.
V.i.S.d.P.:
Prof. Dr. Wolfgang Nethöfel (wn)
Evangelische Hoffnungsgemeinde Frankfurt
Gemeindebüro, Hafenstraße 5, 60327 Frankfurt/Main
Wir laden Sie ganz herzlich zu den sonntäglichen Gottesdiensten
um 11:00 Uhr in der Evangelischen Matthäuskirche ein.
(Friedrich-Ebert-Anlage 33, 60327 Frankfurt/Main)
Weitere Informationen zu den Gottesdienstterminen, der Evangelischen
Hoffnungsgemeinde und weiteren Veranstaltungen finden Sie auf unserer
Internetseite: www.ev-hoffnungsgemeinde.de
Das Projekt wird von der Evangelischen Zukunftsstiftung Frankfurt/Main
und der EKHN-Stiftung gefördert.
Seite 5
Matthäus-Nachrichten · Sonderausgabe · Nr 1/13
Die Renovierungsarbeiten in
der Matthäuskirche sind bis
zum Beginn der Frankfurter
Buchmesse abgeschlossen!
Organisationszielen, und er bildet Mediatoren
aus. Netzwerker und Mediatoren wollen, dass
die ununterbrochen neu entwickelten Tools, mit
denen sie erfolgreich arbeiten, endlich in einer
Art Lehrbuch zusammengestellt werden.
„Die Zwischennutzung wird neue Bilder provozieren.“
Denksteine zum
Bahnhofsgeburtstag
Frankfurt/Main – Während des Jubiläumsfestes tauschten der Frankfurter Bahnhof und sein
Viertel Steine aus. Das Viertel erhielt einen alten
Fassadenstein, der Bahnhof ein Fassadenfragment aus der Kaiserstraße. Beide erzählen die
gleiche Geschichte, wenn man ein Smartphone
darauf richtet: unter anderem von Alfred Hottenrott, einem Menschen, der fast in Vergessenheit
geriet, obwohl er ursächlich mitverantwortlich
ist, für die Entstehung des Frankfurter Bahnhofsviertels.
Das Geschenk des Viertels ist „Denkstein Nr. 2“,
den der Stadtteilbildhauer Oskar Mahler neben
weiteren Denksteinen gefertigt hat. „Denkstein
Nr. 3“ ist Gerald Hintze gewidmet, dem langjährigen Kurator der Weißfrauen Diakoniekirche im
Frankfurter Bahnhofsviertel, der am 22. Dezember 2012 gestorben ist. Beide sind eine Spende
des neu gegründeten „Frankfurter QRaftwerk“.
Geschäftsführer ist Professor Dr. Wolfgang
Nethöfel. Als einer der Moderatoren der „Werkstatt Bahnhofsviertel“ ist er seit langem im
Viertel engagiert, ebenso wie Oskar Mahler,
der Präsident des Gewerbevereins „Treffpunkt
Bahnhofsviertel“ ist. Gegenwärtiger Standort des
QRaftwerks ist die Schuhmacherei Lenz, in der
auch Mahlers „Hammermuseum“ seinen Ort hat.
Dort wird schon produziert. „QRaftwerk“ ist eine
Marke, die dessen handwerklich-künstlerische
Dimension repräsentiert. „Denksteine“ (Nr. 1 ist
anlässlich der Gründung entstanden), stehen für
den dichten Zusammenhang des weiten QRaftwerk-Angebots. Der integrierte QR-Code führt zu
einer dauerhaften Webpräsenz – und dort findet
man eine zu Ende erzählte Geschichte. Dass eine
einzigartige „Story“ wahrgenommen, gewürdigt
und zukunftsfähig gestaltet wird, gilt für alle
QRaftwerk-Dienstleistungen vom Coaching über
Beratung und Mediation bis zur öffentlichen
Präsentation nach einer bewältigten Krise. Auch
so kann eine Erfolgsstory aussehen.
Nicht nur Denksteine und Zukunftsbilder werden in des „Frankfurter QRaftwerk“ hergestellt.
„Zwischen Kreativität und Schöpfung“ ist der
Untertitel des „großen Buches“ an dem Nethöfel
arbeitet: „Da steht eigentlich alles drin.“ „Innovation“ heißt der bereits erschienene erste Band,
der zweite soll „Regulierung“ heißen. Durchgehend wendet er dort seine „Innovationsformel“
an: dieselbe, mit der Oskar Mahler und er die
Geschichte des Bahnhofviertels „erfinden“ oder,
wie er lieber sagt „konstruieren“.
Nethöfel berät unter dem Leitmotiv „integral
innovation“ innerhalb eines Beraternetzwerks
beim Setzen und Umsetzen von Lebens- und
Die Schuhmacherei Lenz ist der eine Standort des
Unternehmens, der andere soll die Matthäuskirche sein. Hier, wo es auch schon eine Mediationsveranstaltung mit Occupy-Aktivisten und
Bankern gab, soll Zukunft produziert werden.
„Übrigens überwiegend mit jungen Leuten. Wir
wollen dort so oft wie möglich unsere Community versammeln, mit der wir uns zusammen
weiterentwickeln“, erläutert Nethöfel. „Unterm
Goldkreuz vor den Hochhäusern liegt ein Schatz!
Wir wollen ihn heben“, lautet seine Botschaft, so
wie Mahler behauptet: „Hottenrott lebt! in den
Katakomben unter dem Bahnhof, in den Bunkern und Kellern des Bahnhofsviertels. Er taucht
nachts in den ungenutzten Passagen zwischen
Münchener- und Kaiserstraße auf.“ Das kann
missverstanden werden. „Wolfgang Nethöfel will
Matthäus kaufen.“ „Oskar Mahler hat Hottenrott
erfunden.“ Beide lachen. „Wir kennen die Geschichten.“
Nethöfel wird ernst: „So wie Oskar Mahler zwischen Bahnhof und Bahnhofsviertel vermittelt,
so ich zwischen dem Viertel und der Matthäuskirche. Er glaubt, dass Hottenrott im Frankfurter
Bahnhof und im Bahnhofsviertel lebt. Wir glauben an die Zukunft der Matthäuskirche als Ort eines deutschlandweiten Dialogs zwischen Kirche,
Wirtschaft, Kunst und Gesellschaft. Zusammen
mit dem akkumulierten Erfahrungswissen unterschiedlicher Traditionsgemeinschaften, wie sie im
Bahnhofsviertel friedlich zusammenleben, vergrößert das das Lösungspotential der Zivilgesellschaft und macht sie zukunftsfähig. Daher wollen
wir mit einigen unserer Partner Ankermieter im
Untergeschoss werden, wenn es soweit ist.“
„Vielleicht sind wir eine Firma, die Stiftung werden will und gründen wieder aus, wenn wir zu
erfolgreich werden“, überlegt er, während er mit
einem Spaten in der Hand seine Innovationsformel präsentiert. „Wir haben geduldige Investoren
und daher einen langen Atem.“ Er selbst kann
sich vorstellen, das QRaftwerk zunächst über
soziale Netzwerke weiter zu entwickeln. „Dabei
können Sie übrigens mitwirken“, schließt Oskar
Mahler. „Haben Sie es schon gemerkt? Smartphone genügt.“
(Interview und Foto: Thomas Schröder)
Frankfurt
Seite 6
Das Silber- und Goldloch,
durch das alles abfließt,
was wächst und gedeiht!
Foto: madochab / photocase.com
Matthäus „Innen“ – Matthäus „Außen“
(Fortsetzung von Seite 4)
XX Schon immer gab es geteilte Meinungen darüber, wie ein evangelischer Kirchenraum auszusehen hat. Diese Diskussion ist so alt
wie die Reformation selbst. Es geht bei der Zwischennutzung in
der Matthäuskirche aber nicht darum, die unterschiedlichen Ansätze zu bewerten, sondern im Rahmen dieser Zwischennutzung
Möglichkeiten aufzuzeigen, neue Erfahrungen und neue Bilder in
diesem Raum entstehen zu lassen. In der Matthäuskirche treffen
zwei Ansätze aufeinander: Freier einheitlicher Raum in einer klassischen Geometrie. Die Devise lautet dabei: vorhandene Freiräume
nutzen und neu definieren.
XX Das größte Geschenk, das eine Kirche machen kann, ist der unbezahlbar große Freiraum – Raum zu verschenken, und diesen an
die Öffentlichkeit zu geben. Von „Innen“ nach „Außen“. Die Frage
ist: Was kann hier an einem Ort für Begegnung und Kommunikation neben einer sonntäglichen Gottesdienststunde alles noch
stattfinden? Wenn die Matthäuskirche Teil eines Hochhausgebäudes wird, dann hat sie beste Ausgangslage am öffentlichen Leben
teilzunehmen. Die Zwischennutzung wird Initiator einer neuen
Identität sein und neue Bilder provozieren.
Gott hat uns Deutsche fallen
lassen, so dass wir unser Gold
und Silber in fremde Länder
wegwerfen müssen, alle Welt
reich machen, selber aber Bettler bleiben. England würde
wohl weniger Gold besitzen,
wenn ihm Deutschland nicht
sein Tuch abkaufte, und der König von Portugal würde auch
weniger haben, nähmen wir
ihm nicht seine Gewürze ab.
Rechne selber nach, wieviel
Geld während einer Frankfurter Messe aus Deutschland
herausgebracht wird ohne
Notwendigkeit und Grund!
Du wirst dich wundern, wie es
kommt, dass überhaupt noch
ein Heller in Deutschland ist.
Frankfurt ist das Silber- und
Goldloch, durch das alles abfließt, was wächst und gedeiht,
bei uns gemünzt und geprägt
wird. Wäre dieses Loch zugestopft, brauchte man sich jetzt
nicht die Klage anzuhören,
dass es überall nichts als Schulden gibt, aber kein Geld und
dass alle Länder und Städte mit
Zinsen belastet und vom Wucher ausgesogen sind.
MARTIN LUTHER (1524)
Von Kauffshandel und Wucher
vollständig modernisierter Text
Fakten: Die Matthäuskirche befindet sich im
Frankfurter Stadtteil Gallus zwischen Messegelände und Hauptbahnhof an der Westseite
der Friedrich-Ebert-Anlage. Das Grundstück
mit dem Kirchengebäude und einem Nebengebäude ist im Besitz des Evangelischen Regionalverbands Frankfurt am Main und wird
von der Evangelischen Hoffnungsgemeinde
genutzt. Der ursprüngliche Kirchenbau wurde in den Jahren 1903 bis 1905 vom Architekten Friedrich Pützer im neugotischen Stil
errichtet. Der 1952 bis 1955 nach Plänen von
Ernst Görcke aufgeführte Neubau orientierte
sich am Konzept der alten Matthäuskirche,
folgte aber der schlichten Formensprache der
Nachkriegszeit. Vom Vorgängerbau blieben
lediglich einige Teile des Erdgeschosses erhalten, die in den Neubau einbezogen wurden.
Bei ihrer Einweihung war sie mit 1.250 Sitzplätzen die größte evangelische Kirche Frankfurts. Das Grundstück der Matthäuskirche in
der Friedrich-Ebert-Anlage steht zum Verkauf.
Auf ihm soll ein Bürohochhaus entstehen, das
gemäß aktuellem Hochhausentwicklungsplan der Stadt Frankfurt am Main eine Höhe
von 130 Meter bei einer Bruttogeschossfläche
von ca. 22.000 qm haben wird. Dabei muss
das Kirchengebäude weitestgehend erhalten bleiben und steht weiterhin kirchlicher
Nutzung zur Verfügung. Im Rahmen einer
„Zwischennutzung“ werden Konzepte entwickelt, die die Chancen des besonderen Orts
für kirchliche Präsenz fördern und den Wert
des Standorts deutlich machen sollen.
Matthäus-Nachrichten · Sonderausgabe · Nr 1/13
BABYLON
Die Stadt: nah und doch so fern. Da ist
der „Moloch Stadt“, das lärmende, lichterzuckende New York, das nie schläft,
das lockende mächtige BABYLON. Es sind
die aufsteigenden und fallenden großen
Städte, die einzelne übermächtig groß
werden lassen und sie mitreißen in ihrem Untergang. Die große Stadt lockt
alle an und speit die meisten wieder aus
in die ständig wachsenden Banlieus und
Slums der Peripherie, in der die nächste
Generation wie festgebannt hockt und
sich an die erinnert, die das Zentrum auf
Nimmerwiedersehen verschluckt hat. Da
ist aber auch die Stadt Jerusalem, wo man
sich trifft, „nächstes Jahr“, wie „nach dem
Krieg um sechs“ in Prag. Paris als „Stadt
der Liebe“, das verloren gegangene Paradies der Jugend, die Heimat, die man immer sucht, egal wo man lebt.
» Greifbarer scheint die Stadt zu sein als
Ort geschäftigen Bauens, nacheilenden
Planens. Im komplexen Über- und Durcheinander von Verbindungen vielfältiger
Art kreuzen sich Verkehrsströme, Informationen und Interessen. Knoten werden geschnürt und lösen sich wieder auf,
Grenzen verschieben sich. Hektisches
Treiben im Zentrum wechselt ab mit bleierner Ruhe und Monotonie in den städtischen Übergangszonen. Was gestern gestaltet wurde, wird heute abgerissen und
morgen rekonstruiert. Ruhe findet der
Städter allenfalls in den kühlen alten Kirchen im Zentrum. Dort begegnet er Abraham unterm Sternenzelt, dem Täufer in
der Wüste, Maria und Josef in der Stallidylle, Jesus einsam auf dem Berg, allein
im Garten oder mit den Jüngern am See,
Antonius vor seiner Höhle, Franziskus allein mit den Vögeln oder mit seiner Schar
im Freien. Wenn uns die fernen Urbilder
unserer Religion im städtischen Alltag
wieder nahe gekommen sind, können sie
auch heute noch Kraft und Halt geben in
Krisenzeiten. Vielleicht halten wir sogar
im Alltag Ausschau nach ihnen und arbeiten in der Stadt darauf hin, ihnen im
Urlaub oder spätestens im Ruhestand näher zu kommen. Aber wir glauben zu wissen, dass sie über uns ebenso wenig oder
so viel aussagen wie die Bilder unserer
Reisekataloge. Echt sind sie nur als Bilder
unserer Sehnsüchte.
» Die Stadt umfängt uns mitsamt unseren Träumen. „Wir sind von ihr umgeben und umschlungen – unvermögend,
aus ihr herauszutreten, und unvermögend tiefer in sie hineinzukommen. Ungebeten und ungewarnt nimmt sie uns
in den Kreislauf ihres Tanzes auf und
treibt sich mit uns fort, bis wir ermüdet sind und ihrem Arme entfallen. Sie
schafft ewig neue Gestalten; was da ist,
war noch nie; was war, kommt nicht wieder – alles ist neu, und doch immer das
Alte“, sagt der Dichter – von der Natur.
Auch deren Inszenierung als Idylle hat
ihren Ursprung in der Stadt. Sie ist deren
Gegenbild, das in der Stadt produziert
wird und diese als Hintergrund voraussetzt, um verstanden zu werden. Solche
Orientierungsmarken werden innerhalb
der Mauern gebraucht, und sie weisen
ohne diesen Zusammenhang drinnen
wie draußen in die Irre.
Seite 7
MatthäusKirche
Wirtschaft
Kunst
Matthäus-Nachrichten · Sonderausgabe · Nr 1/13
Matthäuskirche in
neuem Gewand
Predigtreihe „Kirche – Wirtschaft“ 2013
„Suchet der Stadt Bestes!“
Dies sind die Worte des Briefes, den der Prophet
Jeremia von Jerusalem sandte an den Rest der Ältesten, die weggeführt waren, an die Priester und
Propheten und an das ganze Volk, das Nebukadnezar von Jerusalem nach Babel weggeführt
hatte – nachdem der König Jechonja und die
Königinmutter mit den Kämmerern und Oberen
in Juda und Jerusalem samt den Zimmerleuten
und Schmieden aus Jerusalem weggeführt waren
–, durch Elasa, den Sohn Schafans, und Gemarja, den Sohn Hilkijas, die Zedekia, der König von
Juda, nach Babel sandte zu Nebukadnezar, dem
König von Babel: So spricht der HERR Zebaoth, der
Gott Israels, zu den Weggeführten, die ich von Jerusalem nach Babel habe wegführen lassen: Baut
Häuser und wohnt darin; pflanzt Gärten und esst
ihre Früchte; nehmt euch Frauen und zeugt Söhne und Töchter, nehmt für eure Söhne Frauen
und gebt eure Töchter Männern, dass sie Söhne
und Töchter gebären; mehrt euch dort, dass ihr
nicht weniger werdet. Suchet der Stadt Bestes,
dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet
für sie zum HERRN; denn wenn's ihr wohlgeht,
so geht's auch euch wohl. Denn so spricht der
HERR Zebaoth, der Gott Israels: Lasst euch durch
die Propheten, die bei euch sind, und durch die
Wahrsager nicht betrügen, und hört nicht auf
die Träume, die sie träumen! Denn sie weissagen euch Lüge in meinem Namen. Ich habe sie
nicht gesandt, spricht der HERR. Denn so spricht
der HERR: Wenn für Babel siebzig Jahre voll sind,
so will ich euch heimsuchen und will mein gnädiges Wort an euch erfüllen, dass ich euch wieder
an diesen Ort bringe. Denn ich weiß wohl, was ich
für Gedanken über euch habe, spricht der HERR:
Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass
ich euch gebe das Ende, des ihr wartet.
aus Jeremia 29
(Jeremias Brief an die Weggeführten in
Babel, Lutherbibel 1984)
» Die Stadt ist der gemeinsame „Sitz im
Leben“ alter und neuer Schreckens- und
Wunschbilder. Gerade in ihrer Doppelung von Bild und Gegenbild und als Arrangement von Figur und Hintergrund in
wechselnden Konstellationen speichern
die städtischen Traditionsmuster die
traditionskritischen Erfahrungen vieler
Generationen. Diese Erfahrungen haben
vom Abendland aus das Gesicht der Erde
geprägt und quer durch die Kulturen hindurch das kollektive Gedächtnis der Welt.
Heute organisieren sie Bedeutung „glokal“. Stadt und Land haben sich immer
aneinander orientiert, heute tun sie dies
weltweit vernetzt in Zusammenhängen,
die sich überlagern und die den Planeten
verändert haben, auf dem wir durch das
Weltall rasen. Es lohnt sich, die Schichten
abzutragen und einzeln zu betrachten,
um sich besser in einer Welt zurechtzufinden, in der mehr als die Hälfte der
3. November 2013 11:00 Uhr · Matthäuskirche
Dr. Eberhard Schnebel (AEU)
Group Risk Management, Commerzbank AG
10. November 2013 11:00 Uhr · Matthäuskirche
Dr. Christiane Nickel
Leiterin der Konjunkturanalyse der EZB
17. November 2013 11:00 Uhr · Matthäuskirche
Kirchenpräsident Dr. Volker Jung
Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Predigtreihe mit moderierten Nachgesprächen
Die Matthäuskirche ist ein Gottesdienstort
mit bewegter Vergangenheit und wegweisender Zukunft. Immer wieder füllen Veranstaltungen wie die „Winterreise“ und die „Wiegenlieder“ die Kirche, in denen das Schicksal
von Menschen am Rande der Gesellschaft
die Herzen der Besucher bewegt. Ausstellungen wie „Das Kreuz mit dem Kreuz“, die Luminale-Inszenierungen des Gebäudes oder
Lesungen regen Diskussionen an.
Das alles geschieht nicht perspektivlos: Unsere Kirche soll zum
zentralen Ort des Dialogs Kirche – Wirtschaft werden. Dabei geht
es um Stiftung und Sponsoring und um das Brückenmedium
Kunst als wichtige Zukunftsthemen der Kirche.
Wie in unserer diakonischen Gemeindearbeit verpflichtet uns dabei die vorrangige Option für die Armen. Die kann sich in Widerspruch und Protest äußern. Aber wir fragen eben auch: Wie halten wir es selbst, wie hält es die Kirche mit dem Geld? Auf echte
Zukunftsfragen gibt es keine einfachen Antworten. Bei unseren
Diskussions- und Mediationsveranstaltungen geht es uns vor allem um die Pflege der Gesprächskultur und um die Stärkung des
Verständigungspotentials unserer Gesellschaft.
Menschheit in Städten wohnt und in der
städtische Netze „das Land“ längst von
allen Seiten umgeben. Die grünen Inseln
zwischen den Städten sind als „Natur“ zur
Deponie städtischer Träume und Wünsche geworden, geheiligt und gefährdet
als Ort, an dem die Städter nach Herkunft
und Zukunft suchen.
» Die Stadt ist gelebte Werbung. Ein gebautes Versprechen: Heimat.
aus
Stadtreligion: Frankfurt - Babylon
Wolfgang Nethöfel
ISBN 978-3868930405
Abdruck mit freundlicher
Genehmigung des
EB-Verlag Dr. Brandt e.K., Berlin
www.ebv-berlin.de
Foto: Jakob von Siebenthal
... oder mit der
Seite 8
Limousine?
Investmentbanker gelten als
Hauptbeteiligte in einem Spiel,
von dem viele glauben, dass es uns
unseren Wohlstand und unsere
Sicherheit kostet. Aber wer sind
diese Leute und was bewegt sie?
Matthäus-Nachrichten · Sonderausgabe · Nr 1/13
Tod eines
Investmentbankers
Lesung mit Nils Ole Oermann
11. Oktober 2013
18:00 Uhr
Matthäuskirche
Frankfurt, Friedrich-Ebert-Anlage 33
Univ.-Prof. Dr. Dr. Nils Ole Oermann,
geb. 1973, ist Direktor des Instituts für
Ethik und Transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung an der Leuphana
Universität Lüneburg und hat dort eine
Professur für Ethik mit Schwerpunkt
Nachhaltigkeit und nachhaltiges Wirtschaften inne. Weiterhin ist er Direktor
am Forschungsbereich "Religion, Politics and Economics" an der Humboldt
Universität Berlin und Gastprofessor
mit Schwerpunkt Wirtschaftsethik an
der Universität St. Gallen. Von 20042007 war er der Persönliche Referent
von Bundespräsident Dr. Horst Köhler,
dem er bis heute zuarbeitet. Seit 2009
ist er zudem beratend für den Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang
Schäuble, tätig. Er lebt mit seiner Familie in der Altmark.
Foto: Anni K. (Freygeist) / photocase.com
www.frankfurter-qraftwerk.de
Nils Ole Oermann legt ausgehend von dem 2000 verstorbenen Aufstieg der Deutschen Bank im globalen
Edson Mitchell, dem Prototypen des Investmentbankers, eine An- Investmentbanking. Mitchell machte die
thropologie der Finanz- und Wirtschaftskrise vor und erzählt den Deutsche Bank ab Mitte der 1990er-Jahre
von einem zweitklassigen MarktteilnehAnzeige
mer zum Global Player im Investmentbanlesen – schreiben – lieben – leben
king. Anshu Jain etwa, der Co-VorstandsWir suchen sechs mutige Männer
vorsitzende der Deutschen Bank, wurde
und sechs mutige Frauen,
aus Frankfurt und Umgebung,
maßgeblich von ihm geprägt. An Edson
die zusammen ein Wochenende lang
Mitchells Karriere lässt sich so gut wie vielum ihr Leben schreiben wollen.
leicht an keiner anderen erklären, wie in
Sie sollten es sich leisten können,
den letzten 15 Jahren Investmentbanking
denn wir lassen es uns etwas kosten,
zum bestimmenden Spiel in der globalen
sie an ihre Grenzen zu führen
Finanzindustrie werden konnte, nach welund darüber hinaus.
chen Regeln es gespielt wird und wer die
Am 1. 10. anfangen! Bis zum Sommer ist viel zu tun.
Spieler sind.
In Kooperation mit dem Verlag Herder
www.herder.de
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Matthäus- Nachrichten - Matthäus macht Programm