Vorwort Gerne bin ich dem Wunsch von Herrn Dr. Reik gefolgt, aus Anlaß seines 50. Geburtstages die nachfolgend dokumentierte Fachtagung zu unterstützen. Es sollen hier die vielfältigen Möglichkeiten diskutiert werden, die sich bei geschickter Kombination von Mechanik, Hydraulik, Elektrik und Elektronik bieten, um bei gutem Komfort Leistung und Verbrauch von Kraftfahrzeugen zu optimieren. Wir alle und besonders Herr Dr. Reik hoffen, daß sich als Ergebnis eine fruchtbare Diskussion ergibt, die eine Richtung im Nebel der Zukunft erkennen läßt, für die es sich lohnt, Anstrengung und Geld aufzuwenden. Ernst H. Kohlhage Inhalt Rekuperation - eine "ewige" Herausforderung Startergenerator: System, Funktion, Komponenten 5 - 19 21 - 35 Mögliche Anordnungen des Startergenerators im Antriebsstrang 37 - 63 Integration automatisierter Schaltgetriebe mit E-Maschine 65 - 85 Automatisiertes Fahrzeuggetriebe mit elektrischer Regelung Å Hybridgetriebe 87 - 114 Rekuperation – eine „ewige“ Herausforderung Prof. Dr. Gunter Jürgens TU Graz Einleitung Die Verminderung des Verbrauchs durch Wiedergewinnung der Bremsenergie (Rekuperation) ist ein Thema, das die Automobilingenieure schon lange beschäftigt. Wenn man aus der Geschichte des Automobilbaus einige Beispiele herausgreift, dann haben diese nicht immer oder nicht nur die Rückgewinnung der Bremsenergie beabsichtigt, sondern auch andere Ziele verfolgt. Die gewählten Beispiele sollen außerdem einen Überblick über verschiedenste Möglichkeiten der Energiezwischenspeicherung geben. Immer ist aber in den gewählten Fällen der Energiespeicher parallel zum Verbrennungsmotor eingesetzt, so daß nur Parallelhybridantriebe betrachtet werden. Diese können im Gegensatz zum seriellen Hybrid je nach Ausführung und Fahrstrategie deutliche Verbrauchseinsparungen bewirken [1]. Auf die Möglichkeit abgasfrei nur mit dem zweiten Antrieb zu fahren, wird im Rahmen dieses Vortrags nicht eingegangen. Beispiele Das erste gewählte Beispiel ist aus dem Jahre 1978 und betrifft einen Stadtlinienbus mit hydrostatischer Rückgewinnung der Bremsenergie [2]. Bei den zu dieser Zeit noch häufig eingesetzten O-Bussen wurde die Bremsenergie elektrisch wieder in das Netz zurückgespeist. Es war naheliegend, bei Stadtbussen mit Verbrennungsantrieb zur Reduktion des Verbrauchs sowie der Abgas- und Geräuschbelästigung an Haltestellen zu versuchen, ebenfalls die Bremsenergie des Anhaltevorgangs zwischenzuspeichern und damit wieder anzufahren. Als Speichermedium wurden in den 70er Jahren verschiedene Formen wie Elektrospeicher und Schwungräder untersucht und verglichen. Im zitierten Falle wurde ein Hydrospeicher gewählt und die Aufladung bzw. Energieentnahme über ein stufenloses hydrostatisches Getriebe durchgeführt. Der Aufbau des Gesamtsystems ist dem folgenden Bild zu entnehmen. 5 Hydrostatischer Wandler Zusatzgetriebe Ringschieber Konstantpumpe Feststellbremse Dieselmotor Bowex Kupplung Überlastrutschkupplung Freilauf Verteilerbremse Differentialwandler Bild 1: zur Hinterachse Rücklaufsperre Nachschaltgetriebe Schaltkupplung Befehle von der "Automatischen Kontrolleinrichtung" Antriebsstruktur „Hydrobus“ aus [2] Die Hydrospeicher (500 Wh) waren in der Lage, mehr als die kinetische Energie des Busses bei etwa 50 km/h (330 Wh) aufzunehmen. Der Vorteil der Hydrospeicher liegt in dem guten Wirkungsgrad, der größer als 95% ist. Da für den Fahrantrieb also 2 Energiearten zur Verfügung stehen, die außerdem gleichzeitig eingesetzt werden können, handelt es sich um einen Parallelhybridantrieb, der damit eine höhere Beschleunigungsfähigkeit durch Addition der Verbrennungskraftmaschine (68 kW) mit dem Hydroantrieb erlaubt. Gelobt wurde der hohe Fahrkomfort, da die Beschleunigungsphase im wesentlichen stufenlos hydrostatisch abgedeckt wurde. Die Betriebsstrategie nutzte die Hydrospeicherung jedoch nur für die Bremsenergiespeicherung. Für Konstantfahrten und zur Deckung der Verluste wurde der Dieselmotor im Teillastgebiet betrieben, was naturgemäß Nachteile gegenüber dem Betrieb im Verbrauchsbestpunkt hat. 6 h =0,92 h =0,99 h =0,9 Hydrost Pumpe Hydrospeicher Bremsphase Dieselmotor Hydrost.Wandler h =0,99 h =0,94 DIWAbusgetriebe Standaufladung Bild 2: Anfahrphase Zusatzgetriebe Hinterachse Konstantfahrtphase Betriebsstrategie des „Hydrobusses“ aus [2] Bei der Wahl der Beispiele für Hybridantriebe kann man nicht an den vielen seitens des Volkswagenkonzerns ausgeführten Versionen vorbeigehen [3]. Eine der neueren Ausführungen ist hier der in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich entwickelte ET-Hybrid 3 [4,5]. Die Ziffer 3 kann hier nicht nur als Nummer für die Version 3 gesehen werden, sondern zeigt auch, daß in diesem Falle 3 Antriebsquellen zur Verfügung stehen. Dem folgenden Strukturbild des Triebstrangs ist zu entnehmen, daß ein Ottomotor, ein Elektroantrieb und ein Schwungradantrieb verwendet werden. AW1 AW2 B1 B2 DK E EWP Abgaswärmetauscher 1 Abgaswärmetauscher 2 Bordnetzbatterie Fahrbatterie (austauschbar) Drosselklappe Elektromotor/Generator Elektr. Wasserpumpe Bild 3: G HW K KP KS LE LW Stufenloses Getriebe Anschluss Wagenheizung Kupplungen Wärme- und Lärmkapsel Dreiwegekatalysator Leistungselektronik Luftwasserkühler LWS M R S SL W Latentwärmespeicher Wasser Verbrennungsmotor Antriebsräder Schwungrad Schalldämpfer-Luftfilter Zwischenwelle Antriebstrangstruktur des ETH –Hybrid 3 aus [5] 7 Das Schwungrad (max. 60 Wh Energieinhalt) wird hier in erster Linie zur Ergänzung der Abgabe und Aufnahme von Spitzenleistungen beim Elektrobetrieb genutzt. Die max. Leistung des Elektroantriebes mit 6 kW genügt für Geschwindigkeiten in der Ebene bis ca. 65 km/h. Der Einsatz der drei Antriebsmöglichkeiten erlaubt maßgeschneiderte Betriebsstrategien. Eine ausschließliche Anwendung der Energiespeicherung durch Schwungräder ist im ausgeführten Hybridantrieb der Universität Eindhoven zu sehen [6,7]. In diesem Fall ist alternativ zur Verbrennungskraftmaschine ein Schwungrad mit hoher Energiespeicherkapazität (max. 120 Wh) vorgesehen, das über ein stufenloses Getriebe be- und entladen wird. Auch hier gibt es verschiedenste Betriebsmodi. Bild 4: Antriebsstruktur des Hybrids der TU Eindhoven aus [7] Last not least möchte ich kurz auf den Toyota Prius eingehen [8], der seit 2 Jahren in Japan erhältlich ist und im Gegensatz zu den bisher erwähnten Antrieben auf mechanische Drehmomentwandler (Stufen- oder stufenlose Getriebe) komplett verzichtet. Leistungsverzweigt wird über ein mechanisches Differential (Planetengetriebe) im ottomotorischen und elektrischen Betrieb gefahren und diese Anordnung auch als elektrisches stufenloses Getriebe benutzt. Der Energieinhalt der Batterie beträgt 1800 Wh. Die Verbrauchsvorteile gegenüber konventionellen Fahrzeugen 8 gleicher Größe und Fahrleistung sind – wie zu erwarten - vor allem bei Stop and Go–Verkehr erheblich. [Concept] n Parallel-serial with gasoline eng. n Low energy storage type [Technologies] Bild 5: n Continuous variable transmission n Highly efficient gasoline engine n New control strategies n High power Ni-MH Battery Antriebsstruktur des Toyota Prius aus [8] Der Ottomotor hat 43 kW Leistung, der Elektromotor 30 kW. Energie- bzw. Leistungsbedarf Mit Ausnahme des ersten Beispiels (Stadtbus) werden alle vorgestellten Hybridantriebe in PKW’s benutzt. Der Leistungsbedarf eines Pkw im FTPZyklus ist im folgenden Bild dargestellt. Die mittlere Dauerleistung am Rad ist nur 4,2 kW! Bild 6: Leistungsbedarf im FTP-Zyklus aus [9] 9 Zur besseren Vorstellung der benötigten Antriebsleistungen bzw. notwendigen Antriebsenergien seien dazu nun einige vereinfachte Zahlenbeispiele angeführt. Mit dieser Darstellungsart kann wahrscheinlich die Problematik der Rekuperation und anderer Effekte besser nachvollzogen werden als mit modernen Simulationsrechnungen. Meist kommt in diesen doch nur eine Zahl als Ergebnis heraus, aber die Transparenz, wie es zu diesem Ergebnis kommt, ist nicht gegeben. Für die Zahlenbeispiele sind einfach einzuprägende Werte gewählt und die Ergebnisse bzw. Zwischenergebnisse auf- oder abgerundet, um leichter merkbar zu sein. Die gewählten Rahmenbedingungen für die Zahlenbeispiele haben folgenden Hintergrund: 1. Es soll an zwei verschiedenen Massen (1000 bzw. 1500 kg) der geringere Einfluß des Gewichtes bei Einsatz von Rekuperation aufgezeigt werden. Dies ist insofern von Bedeutung, als der Einsatz von Speichern jeglicher Art nach dem heutigen Stand der Technik immer ein Zusatzgewicht bedeutet und weiter die zunehmende Bedeutung des Komforts für die Fahrzeuginsassen ( z.B. „elektrische Helfer“) trotz allen Leichtbaus einen Gewichtsanstieg zur Folge hat. 2. Es wird im Regelfall der Betrieb unter 50 km/h betrachtet. Dies wird vielleicht gering erscheinen, wurde aber bewußt aus mehreren Gründen so gewählt. Der eine Grund ist, daß mit Ausnahme weniger Langstreckenfahrer die häufigst gefahrene Geschwindigkeit eher im Bereich von 50 km/h denn höher liegt. 3. Wie jeder aus Erfahrung weiß, ist vor allem im Kurzstrecken- bzw. Stadtbetrieb ein höherer Verbrauch zu erwarten als im Überlandbetrieb. Es wäre daher sehr vorteilhaft, wenn durch Rekuperation dies umgekehrt und der Verbrauch in der Stadt gegenüber den bisherigen Werten reduziert würde. Dann wäre sogar eine Erhöhung des Verbrauchs bei höheren Geschwindigkeitsbereichen zu akzeptieren, da diese von den meisten Verkehrsteilnehmern viel seltener genutzt werden. Zahlenbeispiele Das Fahrzeug habe mit Insassen 1000 kg Masse (extremer Leichtbau oder 2 kleines Fahrzeug), einen cw-Wert von 0,3, eine Stirnfläche von 2 m und einen Rollwiderstandsbeiwert von 0,012. Das führt bei 50 km/h zu einem Rollwiderstand von 120 N und zu einem Luftwiderstand von 75 N. Während z.B. bei 100 km/h der Rollwiderstand bei modernen Reifen gleich hoch bleibt, steigt der Luftwiderstand auf 300 N an. 10 Das Fahrzeug hat aufgrund der angeführten Daten bei 50 km/h eine 5 kinetische Energie von 10 Nm oder zur besseren Vorstellung von 27 Wh. Die bei 50 km/h benötigte Antriebsleistung liegt bei ungefähr 3 kW, was bei einem Antriebsstrangwirkungsgrad von 1 und einem angenommenen Betrieb im Bestpunkt des Motors mit 250g/kWh einen Benzinverbrauch von 2 l auf 100 km/h bedeuten würde. Ein Motorkennfeld eines relativ kleinvolumigen Motors zeigt, daß eine Kurbelwellenleistung von 5 kW bei niedriger Drehzahl noch im verbrauchsungünstigen Teillastgebiet liegt. Eine weitere Drehzahlreduktion bzw. Lasterhöhung durch eine andere Triebstrangübersetzung (weitgespreiztes Getriebe) ist kaum mehr möglich. Bild 7: Motorkennfeld des 1,25 l Zetec-Motors (Ford) aus [10] Die Verlustleistung eines CVTs in diesem Leistungsbereich (5 kW) liegt bei 500 W. Die Verlustleistung eines (kleinen) Ottomotors beträgt ca 800 W (genaue Werte sind ein gut gehütetes Geheimnis der Motorentwickler). Wenn man den Verbrennungsmotor also zwecks Verbrauchseinsparung abschaltet, darf die Verlustleistung des Parallelantriebes inklusive Ladeund Entnahmeverluste nicht größer sein! Bei 100 km/h ist die benötigte Antriebsleistung bei einem Antriebsstrangwirkungsgrad von 1 schon 13 kW und der Verbrauch damit über 8 l. Man 11 sieht, daß dieser Wert sehr nahe den üblichen Verbräuchen liegt, wenn 2 man berücksichtigt, daß mit einer Stirnfläche von 2 m ein relativ großes Fahrzeug gewählt wurde. Im zweiten Zahlenbeispiel hat das Fahrzeug schon realistischere 1500 kg, wodurch sich die Werte für Energie, Widerstände etc. entsprechend 2 erhöhen, wieder einen cw-Wert von 0,3, eine Stirnfläche von 2 m und einen Rollwiderstandsbeiwert von 0,012. Das führt bei 50 km/h zu einem Rollwiderstand von 180 N. Das Fahrzeug hat aufgrund der angeführten Daten bei 50 km/h eine 5 kinetische Energie von 1,5.10 Nm oder zur besseren Vorstellung von 40 Wh. Die bei 50 km/h benötigte Antriebsleistung liegt bei ungefähr 3,5 kW, was bei einem Antriebsstrangwirkungsgrad von 1 und einem angenommenen Betrieb im Bestpunkt des Motors mit 250 g/kWh einen Benzinverbrauch von ca. 2,5 l auf 100 km/h bedeuten würde. Man sieht, daß sich das Gewicht auf den Anteil des Rollwiderstands im Vergleich zum Gesamtwiderstand sehr gering auswirkt, jedoch der Einfluß auf die Bremsenergie erheblich wird. Was hier auch gezeigt werden sollte, ist, daß Leichtbau im wesentlichen nur zur Verringerung der Bremsverluste beiträgt, aber bei Einsatz von Rekuperation selbst unter Annahmen von realistischen Wirkungsgraden für die Zwischenspeicherung und Entnahme von kinetischer Energie das "Gewichtspönale" des zusätzlichen Aufwands nicht so hoch ist. Als weiterer Anhaltswert soll genannt sein, daß der Leerlaufverbrauch eines Mittelklasse Ottomotors bei 1 l Treibstoff pro Stunde liegt. Das bedeutet, daß mit dem Verbrauch von einer Stunde Leerlaufbetrieb eine Strecke von 50 km mit 50 km/h (ohne Triebstrangverluste) gefahren werden könnte. Wenn man an den heutigen dichten Verkehr mit stop and go in den Städten denkt, so wird klar, daß die Reduzierung der Stillstandsverluste ein wesentlicher Beitrag zur Verbrauchsverringerung und Abgasreduzierung ist. Ein Beispiel dazu ist im folgenden Bild gezeigt. Um bei Bedarf unmittelbar Antriebsmoment zur Verfügung zu haben, ist ein Schwungrad über ein CVT mit Abtrieb und Antrieb verbunden. Das Schwungrad selbst hat 300 W Schleppverlust und das CVT hat im Mittel auch ca. 300 W Verluste bei dieser Betriebsart. Diese 600 W Verluste werden intermittierend durch den Motor im Bestverbrauchsbereich gedeckt. So reduzieren sich die Leerlaufverluste deutlich. 12 Bild 8: Optimierung des Leerlaufverbrauchs aus [12] Auch wenn Start-Stop-Systeme keine Hybridantriebssysteme im eigentlichen Sinn sind, seien sie jedoch hier erwähnt. Gleichzeitig sieht man aber im Start-Stop-System auch einen wesentlichen Unterschied zum Hybrid. Steht der Verbrennungsmotor still, so ist eine endliche Wiederstartzeit notwendig. Es kann zwar die Startphase durch ein bereits mit höherer Drehzahl drehendes Schwungrad sehr kurz sein, letztlich ist jedoch die unmittelbare Reaktion auf den Losfahrwunsch des Fahrers nicht gegeben. Beim Hybridsystem kann die zweite Antriebsquelle Energie bis zur möglichen Nutzung des Verbrennungsmotors während dessen Starts liefern. Einen ähnlichen Effekt müssen wir bei dem Betrieb des Motors im verbrauchsgünstigen Niederdrehzahl–Hochlastbereich sehen. Im folgenden Bild ist dies dargestellt. 13 Bild 9: Dynamik einer Leistungssteigerung aus [12] Bei einem Betrieb im Teillastbereich kann durch Gasgeben ohne Erhöhung der Motordrehzahl unmittelbar mehr Leistung abgefordert werden. Wird der Motor aber bei niederer Drehzahl und hoher Last betrieben, so kann eine höhere Leistungsanforderung nur durch ein Hochbeschleunigen des Motors auf ein anderes Drehzahlniveau erfüllt werden. Für diese Hochbeschleunigung benötigt der Motor – wegen der Erhöhung seiner kinetischen Energie – einen Teil seines Antriebsmomentes, so daß vorübergehend für den Vortrieb des Fahrzeuges nur weniger Moment zur Verfügung steht. Dies ist der Hauptgrund, warum zu extreme Overdriveübersetzungen nicht akzeptiert werden, da selbst bei sehr komfortablen Rückschaltungen einfach eine zu lange Zeit verstreicht, bis die gewünschte Vortriebsleistung zur Verfügung steht. Über dieses Manko bei einer Rückschaltung kann man denken wie man will, die geringe Marktakzeptanz von extremen Overdriveübersetzungen zeigt jedoch deutlich, daß dieser Weg so nicht gangbar ist. Auch hier bietet der Parallel-Hybridantrieb Vorteile. Jeder Wechsel von Energieformen oder Energiespeicherorten ist mit Verlusten verbunden. Es ist daher naheliegend, mit möglichst wenig Energieformen auszukommen. Hierbei ist der nicht zu vernachlässigende Energiebedarf der Hilfsaggregate eines Fahrzeuges zu berücksichtigen. Heizung und 14 Klimatisierung, Servolenkung, elektrische Scheibenheber, Sitzverstellungen usw., Licht etc. benötigen Energie, die zwar in den offiziellen Verbrauchszyklen nicht berücksichtigt werden muß, jedoch im praktischen Betrieb eine nicht unerhebliche Rolle spielt. So ist z.B. zu bedenken, daß die Fahrzeugheizung heute im Regelfall durch Verluste des Motors gedeckt wird und bei Verringerung dieser Verluste die Heizleistung zurückgeht. Dies ist ja bereits schon bei teillastverbrauchsoptimierten, modernen Motoren spürbar. Klimaanlage Lüfter Servolenkung 100% Generator Kühlwasserpumpe Getriebe 0 1 P/P0 Bild 10: Summenhäufigkeit der Hilfsaggregatleistungen aus [11] Setzt man also einen hydrostatischen Speicher mit hydrostatischem Getriebe ein, so wäre es durchaus zu überlegen, möglichst viele Servoleistungen des Fahrzeuges durch Hydraulikaktoren verrichten zu lassen. Für die Servolenkung ist dies ein üblicher Weg, jedoch ist die Betätigung von Scheiben etc. durch hydraulische Aktoren unüblich und nur vom Mercedes 600 bekannt. (Die Servohydraulik für Cabrioverdecke sei hierbei außer Acht gelassen). Da wesentliche Hilfsdienste im Fahrzeug heute elektrisch erbracht werden, wäre also die Elektrik als Energieträger durchaus naheliegend. Der Hauptnachteil der Elektrik für den Triebstrang liegt darin, daß Leistungsspitzen beim Bremsen und beim Beschleunigen vom üblichen Speicherkonzept schlecht abgedeckt werden. Für den Leistungsbedarf der Servoaggregate gilt im übrigen das gleiche wie für den Leistungsbedarf des Fahrzeugantriebes selbst. Die Spitzenleistungen werden nur äußerst selten benötigt, jedoch wird der entsprechende Antrieb bzw. Triebstrang für diesen Spitzenbedarf 15 ausgelegt. Dies führt beim Motor bzw. Antriebsstrang selbst zu unnötig hohen Schleppverlusten, die sich insbesondere im Teillastbetrieb verheerend auswirken. Weiter kann bei einer Entkoppelung der Servoaggregatdrehzahl von der Motordrehzahl das Servoaggregat kleiner und damit mit geringeren Verlusten dimensioniert werden. Ein Schwungrad ist als Speichermedium im Zusammenhang mit einem stufenlosen Getriebe als Kurzzeit-Energiespeicher vorteilhaft. Hier ist die maximale Leistungseinspeisung bzw. Leistungsabgabe praktisch nur durch die Drehmomentkapazität des stufenlosen Getriebes begrenzt. Dies bedeutet, daß kurzzeitige Beschleunigungsspitzen von einem Vielfachen der heute möglichen Beschleunigung auch bei höheren Fahrgeschwindigkeiten denkbar sind. Die Forderung nach hohen Beschleunigungsreserven seitens des Marktes, sprich Autokunden, ist nicht wegzuleugnen und hat in der Vergangenheit zu einem immer geringeren Leistungsgewicht bzw. einer immer höherer Leistung pro Fahrzeugmasse geführt. Die Konsequenz ist, daß das Fahrzeug nun immer höhere Zeitanteile im immer extremeren Teillastbetrieb betrieben wird und der Verlust bei Teillast wegen der höheren Maximalleistung zu höheren Schleppverlusten, wie bereits erwähnt, führen muß und damit eher zu einer Verschlechterung im Teillastgebiet führt. Auch mit stufenlosen Getrieben ist der Betrieb im Bestverbrauchsgebiet nicht mehr möglich, da diese Bestpunkte im Muscheldiagramm bei relativ hohen Leistungen liegen. Auch würde die zeitliche Verzögerung bis zum Erreichen einer kurzzeitig geforderten hohen Leistung, wie schon vorher beschrieben, nicht akzeptiert werden. Ein Weg aus dieser Problematik ist mit Hybridantrieben möglich, wo bei Teillastanforderungen diese entweder aus dem Speicher allein oder aus der Verbrennungskraftmaschine bei höherer Leistung mit gleichzeitiger Speicherung der Überschußleistung gegenüber der geforderten Fahrleistung möglich ist. Ein Beispiel dieser Betriebsweise zeigt das folgende Bild. 16 v Fahrgeschwindigkeit t Speicherenergie Motorbetrieb Bild 11: Taktbetrieb und Nutzbremsung aus [11] Es ist natürlich einleuchtend, daß diese Betriebsstrategien genau durchdacht sein müssen, da insbesondere beim Schwungrad, aber auch bei anderen Speichermedien die Zwischenspeicherung sowohl beim Speicherals auch im Entleervorgang mit Verlusten behaftet ist, als auch die Speicherverluste selbst (vor allem beim Schwungrad) die Bilanz verschlechtern. Mit anderen Worten, es ist nicht sinnvoll, knapp vor dem Abstellen des Fahrzeuges noch mit einer hohen Motorleistung im besten Verbrauchspunkt ein Schwungrad aufzuladen, da dieses in der Folge aufgrund seiner Verluste die komplette Energie verlieren muß. Wird nur die Bremsenergie gespeichert, so hätten deren Verluste nur den Rückfall auf das heute übliche Niveau, bei dem die Bremsenergie in Umweltwärme umgesetzt wird, zur Folge. Die Erhöhung der Antriebsleistung durch gleichzeitige Nutzung aller Antriebsquellen kann dann verwendet werden, wenn die geringere Antriebsleistung bei Ausfall eines Antriebs (z.B. leerer Speicher) dem Betreiber bewußt ist. So ist die deutliche Reduzierung des Leistungsangebots eines kalten Dieselmotors im Markt akzeptiert, weil sich der Fahrer darauf einstellen kann. Ähnlich ist es vorstellbar, daß die geringere Antriebsleistung bei voll- oder teilentladenem Speicher akzeptiert wird, wenn dies bei ähnlichen Betriebszuständen auftritt. 17 Die Anforderung an einen optimalen Hybridantrieb müssen also sein: • Reduzierung der Triebstrangverluste, damit zum Roll- und Luftwiderstand des Fahrzeuges möglichst wenig zusätzliche Verluste kommen. Dies bedeutet, daß z.B. nicht zu aufwendige Getriebe mit vielen Schaltelementen und damit resultierenden hohen Schleppverlusten notwendig werden. • Effiziente Speicherung der Energie-Niveaus und Leistungen, die häufig im praktischen Fahrbetrieb vorkommen. • Keine Auslegung in Richtung „eierlegende Wollmilchsau“, die zwar dem Ingenieur eine gewisse Selbstbefriedigung bringt, jedoch für den Kunden mit hohen Anschaffungspreisen und meist auch hohen Betriebsverlusten und Störungsrisiko wenig nützen. • Verwendung der Energieformen, die auch für andere im Fahrzeug benötigte Leistungen günstig Verwendung finden, wie es z.B. bei der Elektrik der Fall ist, • Eine Betriebsstrategie, die den Komfort eher verbessert als verschlechtert (hier ist das hohe Niveau heutiger Automatikgetriebe in bezug auf Triebstrangdynamik als Mindestmaß zu sehen), • Berücksichtigung der Betriebsarten, die die Summenhäufigkeitsverteilungen der Antriebsleistungen der meisten Autofahrer repräsentieren (niedrige Fahrgeschwindigkeiten mit hohen Stillstandsphasen und nicht der statistisch seltene Betrieb bei Autobahngeschwindigkeit). 18 Literatur [1] Flaig, Kunz, Lechner: Auslegung von Hybridantrieben Gesichtspunkten mittels Fahrsimulation, VDI Berichte 1459 nach energetischen [2] Korkmaz, Willumeit, Benneter, Thier: Stadtlinienbus mit hydrostatischer Bremsenergierückgewinnung („Hydro-Bus“), ölhydraulik und pneumatik 22 (1978) Nr.4 [3] Barske: Rationale Verwendung von Kraftstoff: Autos mit 3 Liter Benzinverbrauch, eine Utopie? Basel, 1991 [4] Dietrich, Eberle: Das ETH Hybrid III Antriebskonzept, VDI-Berichte 1225 [5] Dietrich, Eberle: Betriebsverhalten des ETH Hybrid III Antriebes – auf dem dynamischen Prüfstand und im Fahrzeug, VDI-Berichte 1459 [6] van der Graaf: Ein Hybrid-Antrieb mit Schwungrad und stufenlosem Getriebe für Pkw, VDI-Berichte 1175 [7] van der Graaf, Kok, Spijker: Integration of Drive System, Subsystems and Auxiliary Systems of a Flywheel Hybrid Driveline with respect to Design Aspects and Fuel Economy, VDI-Berichte 1459 [8] Killmann, Yeagashi, Hirose, Takaoka: TOYOTA Prius-Development and market experiences, VDI-Berichte 1459 [9] Fischer, Götz, Michael: Anforderungen an die Auslegung von Hybridantrieben, VDIBerichte 1459 [10] Menne, Heuser, Grünert: Die Entwicklung und der aktuelle technologische Stand des Ford Zetec-SE, Fortschrittsberichte VDI, Reihe 12, Nr.267 [11] Jürgens: Moderne Triebwerkstechnik im Widerspruch zum Teillastwirkungsgrad? Motor und Umwelt 95, Graz [12] Jürgens: Stufenlose Getriebe - erreichter Fortschrittsberichte VDI, Reihe 12, Nr.267 Stand und zukünftige Potentiale, 19 Startergenerator: System, Funktion, Komponenten Dr.-Ing. Hubert Bischof Dr.-Ing. Michael Bork Dr.-Ing. Robert Schenk Robert Bosch GmbH, K9, Stuttgart Einleitung Die Funktionen „Start des Verbrennungsmotors“ und „Stromerzeugung“ werden im heutigen Kraftfahrzeug von zwei Einzelkomponenten sehr unterschiedlicher Bauform bereitgestellt, die spezifisch auf ihre jeweilige Funktion optimiert sind. Die Tatsache, daß stets eine Maschine ruht, wenn die andere arbeitet, führte bei Bosch in der Vergangenheit immer wieder zu dem Versuch, beide Aufgaben in einem Aggregat zu vereinen. Dies scheiterte bislang an der Kompromißauslegung des elektrischen Antriebs beispielsweise aufgrund der sehr unterschiedlichen Drehzahlen im Starterund Generatorbetrieb, deren Verhältnis etwa 1:50 beträgt. Während in der Vergangenheit vorwiegend der Start- und der Generatorbetrieb für sich den Kundennutzen prägten, ist es heute eine Vielzahl von Funktionen, die den Systemkosten gegenübergestellt werden. Getrieben durch Forderungen zum Startkomfort, zur Kraftstoffverbrauchsund Emissionsreduzierung sowie aus Entwicklungstendenzen in Richtung elektromechanischer Triebstrang wird die Frage des Einsatzes von Startergeneratoren gegenwärtig wieder grundsätzlich diskutiert, einige Kraftfahrzeughersteller haben ihre Serienabsichten bereits öffentlich erklärt. Kundennutzen, Systemanforderungen Die Motivation zur Einführung des Startergenerators ergibt sich aus einer Vielzahl von Systemmerkmalen, die im Themenfeld Komfort, Kraftstoffverbrauch und Emissionen entsprechend der Systemkonfiguration unterschiedlich stark gewichtete Verbesserungen ermöglichen. Beispielsweise kann der Startergenerator im Gegensatz zum heutigen Einrückstarter auch bei höheren Kurbelwellendrehzahlen noch ein Drehmoment abgeben und damit dem Verbrennungsmotor eine Hochlaufunterstützung bieten. Es ergibt sich zum einen ein schnellerer Start, zum anderen werden die Startemissionen deutlich reduziert, die der 21 Motor in diesem extrem niedrigen Drehzahlbereich produziert, wenn er aus eigener Kraft hochläuft. Wegen der zur Emissionsbewertung herangezogenen Kurzstreckenfahrzyklen hat die Warmlaufphase einen hohen Anteil an den Gesamtemissionen. p Hohe Generatorleistung p Hoher Generatorwirkungsgrad p Bremsenergie-Rückgewinnung möglich p Niedriges Startgeräusch p Fähigkeit für Start-Stopp-Betrieb p Fähigkeit für Boost-Betrieb p Entfall des Riementriebs p Reduzierung der Startemissionen p Triebstrangfunktionen und Integration in ASG möglich Bild 1: Möglicher Kundennutzen Neben der Maschine ist eine moderne Leistungselektronik erforderlich, um den Anforderungen zu genügen. Sie ermöglicht nicht nur das Umschalten zwischen Motor- und Generatorbetrieb, sondern erhöht durch intelligente Regelstrategien auch die Ausnutzung der Maschine in einem weiten Betriebsbereich und ermöglicht deren hochdynamischen Betrieb. Voraussetzung für den Einsatz von Elektronik in diesem Leistungsbereich ist der Übergang zu höheren Bordnetzspannungen als 14 V, weil nur so ein guter Wirkungsgrad erreicht werden kann. Die Anforderungen an das System sind im weiteren: p Bordnetzspannung ³ 42 V p Generatorleistung 6 - 10 kW p Wirkungsgrad > 80 % p Startdrehmoment 200 - 400 Nm p Rückspeisefähige Hochstrombatterie 400 - 1000 A p Lebensdauer bis 500.000 Starts p Kühlwassertemperatur bis 130 °C Bild 2: Anforderungen und Randbedingungen 22 Systemansätze Topologie Im heutigen System kann die Lebensdauer des Starters durch den Einsatz einer Startsteuerelektronik so weit erhöht werden, daß sie für den einfachen Start-Stopp Betrieb ausreicht. Dennoch bleibt die grundsätzliche Begrenzung der Startwiederholungen erhalten. Die mittlere Generatorleistung kann durch Weiterentwicklung der Klauenpolmaschine von heute etwa 1,2 kW bis auf etwa 4 kW gesteigert werden. Damit können Bordnetzdauerleistungsforderungen bis ca. Kalenderjahr 2010 weitgehend erfüllt werden. Weitere Funktionen lassen sich mit diesem Ansatz schwer realisieren. ESC1 Startleistung: Einrückstarter (alle Motoren) Vorteile: • Serienstand • Niedrige Kosten • Start-Stopp möglich Generatorleistung: bis 3 kW Nachteile: • Riemen erforderlich • Generatorleistung beschränkt • Keine Antriebsfunktion des Generators • Verschleißbehaftetes Startsystem Bild 3: Konventionelles System mit getrennten Komponenten 23 Für die Zusammenfassung von Starter- und Generatorfunktion in einem Aggregat und dessen Integration in die Triebstrangfunktion gibt es unterschiedliche Lösungsansätze. Der Einsatz einer koaxialen Maschine zwischen Motor und Fahrkupplung ermöglicht den direkten Start (Direktstart) des Verbrennungsmotors ohne verschleißbehaftete Komponenten. Gegenüber einem konventionellen Starter mit Übersetzungsgetriebe ergibt sich auf die Kurbelwelle bezogen ein kleineres Massenträgheitsmoment. Durch die kompressionsbedingten Drehmoment- und Drehzahlschwankungen steigt die erforderliche mittlere Startdrehzahl und damit auch die mechanische Leistung an. Da die elektrische Maschine bei sehr kleinen Drehzahlen nur einen mäßigen Wirkungsgrad besitzt, ist eine hohe Batterieleistung die Konsequenz. Für große Verbrennungsmotoren ist diese elektrische Leistung mit vertretbarem Volumen, Gewicht und Kosten unter Großserienbedingungen nur schwer darstellbar. Startleistung: Direktstart (alle Motoren) Generatorleistung: bis 10 kW Vorteile: • Schneller, geräuschloser Start • Wenige Komponenten • Hohe Generatorleistung Nachteile: • 3-4fache Batterieleistung für Start erforderlich • kein Impulsstart / Segelbetrieb • Rekuperation eingeschränkt • hohe Kosten Bild 4: Kurbelwellenmaschine für Direktstart 24 Der Einsatz einer zweiten Kupplung zwischen Startergenerator und Verbrennungsmotor eröffnet weitere Funktionen. Der Start kann als Impulsstart erfolgen, bei dem der Startergenerator zunächst im Leerlauf auf Drehzahl gebracht wird und so kinetische Energie aufbaut. Nach Ablauf der Hochlaufzeit wird die Zusatzkupplung geschlossen und reißt den Verbrennungsmotor mit. Dies verringert die erforderliche elektrische Startleistung deutlich. Die zweite Kupplung ermöglicht, eine zyklenfeste Batterie vorausgesetzt, zudem die verbesserte Rekuperation im Schiebebetrieb und eine Synchronisationsunterstützung des Getriebes. Startleistung: Impuls- / Direktstart (alle Motoren) Generatorleistung: bis 10 kW Vorteile: • Schneller, geräuschloser Start • Hohes Startmoment und moderater Leistungsbedarf bei Impulsstart • Synchronisationsunterstützung • Rekuperation möglich Nachteile: • Zweite Kupplung erforderlich • Wartezeit bei Kaltstart • Hohe Kosten Bild 5: Kurbelwellenmaschine mit Doppelkupplung Auch achsparallele Anordnungen können die Funktion eines Startergenerators übernehmen. Die Anbindung auf der Getriebeseite ermöglicht wie das Doppelkupplungssystem Impulsstart und Rekuperation, erfordert aber ein intelligentes Getriebemanagement, da der Start nur bei Getriebeleerlauf erfolgen kann. Außerdem wird ein zusätzlicher Getriebeabgang zur Kopplung der elektrischen Maschine und damit mechanische Komponenten benötigt. 25 Startleistung: Impulsstart (alle Motoren) Vorteile: • Kein Eingriff in den Triebstrang • Guter Zugang zur Maschine • Segelbetrieb möglich • Moderater Leistungsbedarf • Rekuperation möglich Generatorleistung: bis 10 kW Nachteile: • Direktstart nur bei Getriebeleerlauf • Modifikation am Getriebe • Hohe Kosten Bild 6: Getriebeseitiger Startergenerator Startleistung: Direktstart (bis 1,6 l Otto, 1,2 l Diesel) Generatorleistung: bis 6 kW mit Leistungselektronik Vorteile: Nachteile: • keine Modifikation des Systems • Riemen bleibt erhalten • guter Zugang zur Maschine • Kaltstart bei großen Motoren • niedrige Kosten erfordert zusätzlich konventionellen Starter Bild 7: Riemengekoppelter Startergenerator 26 Gegenwärtigen Systemen am nächsten ist die Anbindung des Startergenerators über den Riemen nach Bild 7. Zu diesem Konzept lassen sich mehrere Varianten angeben. Der Startergenerator läßt sich grundsätzlich als Asynchronmaschine oder als Klauenpolmaschine darstellen. Die Anbindung erfolgt direkt, über ein einstufiges oder ein zweistufiges Getriebe, das wahlweise in die Maschine oder in die Riemenscheibe auf der Kurbelwelle integriert ist. Die Umschaltung der Getriebestufen wird entweder passiv über die Drehmomentrichtung oder aktiv durch ein elektrisch betätigtes Stellglied gesteuert. Zur Übertragung großer Drehmomente erfolgt der Übergang von einem Poly-V-Riemen auf einen Zahnriemen. Bosch bearbeitet gemeinsam mit Kunden vier verschiedene Konzepte mit dem Ziel einer grundlegenden Systementscheidung. Die darin eingesetzten Komponenten Kupplung, Getriebe und Dämpfer stammen von der Firma LuK. Damit ist das Spektrum der Triebstrangintegrationsmöglichkeiten weitgehend abgedeckt. Die erwähnten Generatorleistungen ergeben sich aus den Forderungen, die kundenspezifisch an das Gesamtsystem gestellt werden, und sind grundsätzlich nicht systembedingt. Impulsstart, 10 kW Direktstart, 6 kW ASM SE LE ASM G VM Schaltbares Getriebe, 4 kW SE LE KM Getriebe: 2 Stufen VM ASG SE LE G VM Festes Getriebe, 6 kW SE LE ASM VM Getriebe: 1 Stufe AT KM - Klauenpolmaschine SE - Steuerelektronik ASM - Asynchronmaschine LE - Leistungselektronik Bild 8: Kundenprojekte 27 Die dargestellten Konzepte benötigen verschieden hohe elektrische Startleistungen. Dies ist auf das unterschiedliche bezogene Trägheitsmoment an der Kurbelwelle, den unterschiedlichen Wirkungsgrad der Systeme und die Art des Hochlaufs zurückzuführen. Den grundsätzlichen Zusammenhang zeigt Bild 9. 20 KW-Direktstart 18 16 P_Diesel el. Startleistung [kW] 14 P_Otto 12 10 8 Impulsstart 6 4 konventioneller Starter 2 0 0 1 2 3 4 Hubvolumen [l] Bild 9: Elektrische Startleistung verschiedener Systeme 28 5 6 Elektrische Maschine, Elektronik, Batterie, Bordnetz Die Frage nach dem am besten für die Anwendung als Startergenerator geeigneten Maschinentyp läßt sich nicht pauschal beantworten. Die verschiedenen Typen haben individuelle Stärken und Schwächen, die im einzelnen nachstehend aufgeführt sind. Asynchronmaschine PM - Synchronmaschine + großer Feldschwächbereich + guter Wirkungsgrad + Überlastfähigkeit, Robustheit – kaum Feldschwächung möglich – schlechter Wirkungsgrad bei kleinen Drehzahlen – Befestigung der Magnete Reluktanzmaschine – hohe Kosten Klauenpolgenerator + großer Feldschwächbereich + gute Regelmöglichkeiten – sehr kleiner Luftspalt erforderlich + kostengünstige Fertigung – hohe Geräuschentwicklung – Baugröße / Leistung begrenzt – Aufwand für Leistungselektronik + hohe Serienreife – nur mittelmäßiger Wirkungsgrad Bild 10: Maschinenvergleich Die Klauenpolmaschine weist Vorteile bei der Regelbarkeit und bei den Kosten auf, die ihn für Generatorleistungen bis etwa 6 kW und ausreichende Startleistung auch für Motoren über 3 Liter Hubraum sehr attraktiv machen; er unterliegt allerdings einer typbedingten Baugrößenbeschränkung. Die anderen Maschinen sind alle geeignet, das Leistungsspektrum nach oben zu erweitern. Die PM-Synchronmaschine bietet den Vorteil einer verlustfreien Erregung, läßt sich aber bei hohen Drehzahlen nur schlecht feldschwächen, wodurch die induzierte Spannung unerwünscht hohe Werte annimmt. Das Reluktanzprinzip offenbart Schwächen vor allem im Geräuschverhalten und den kleinen Toleranzforderungen beim Luftspalt. Die Asynchronmaschine glänzt in keiner Disziplin durch Bestwerte, kann aber in allen Bereichen mit akzeptablen Eigenschaften aufwarten, was die Entscheidung für ihren Einsatz fallen ließ. 29 Das Doppelkupplungssystem besteht aus einer Asynchronmaschine, in deren Rotor sowohl die Fahr- als auch die Startkupplung integriert sind. Dadurch entsteht ein mechanisch sehr kompakter Aufbau, der den Antriebstrang geringstmöglich verlängert. Kurbelwellen Starter-Generator (ASM) Zwischenring (el. Maschine) Stator Druckleitung Kupplungssteller Rotor GetriebeEingangswelle Kurbelwelle Antriebswelle (Rad) Kühlanschlüsse (el. Maschine) Bild 11: Kurbelwellenmaschine mit zwei Kupplungen Der getriebeseitige Startergenerator ist ebenfalls als wassergekühlte Asynchronmaschine ausgeführt. Die Übersetzung ist so gewählt, daß die Drehzahl bis 20000/min reicht. Im dargestellten Gehäuse ist das Getriebe nicht enthalten. 30 Bild 12: Asynchronmaschine für 20000/min Als Beispiel für die Anbindung des Startergenerators über den Riementrieb ist eine Klauenpolmaschine mit integriertem Planetengetriebe dargestellt. Die Umschaltung der Übersetzungen 1:1 und 1:2,5 erfolgt aktiv durch einen Aktuator. Die hohe Übersetzung wird dabei nicht nur für den Start benutzt sondern dient auch dem Generatorbetrieb bei niedrigen Motordrehzahlen. Dadurch werden Leistungsabgabe und Wirkungsgrad deutlich angehoben. 4 kW/42V - Klauenpolgenerator schleifringlos mit Flüssigkeitskühlung Ständer Stellmotor für Getriebeübersetzung (Schneckentrieb) Läufer zum G etr iebe Planetengetriebe (2-stufig) el. Anschlüsse (Steuergerät) Erregerspule Gehäuse Flüssigkeitskühlung Bild 13: Klauenpolmaschine mit umschaltbarem Getriebe 31 Alle Startergeneratoren erfordern eine Leistungselektronik. Die Hauptanforderungen sind Hochstromfähigkeit bei Kaltstart für Ströme um 1000 A und guter Wirkungsgrad im Generatorbetrieb. Zur Unterbringung der Elektronik im Motorraum wird eine kompakte Bauweise gewünscht. Wegen der dadurch bedingten großen Leistungsdichte lassen sich die Verluste des Leistungsteils von einigen 100 W nur mit Hilfe einer Flüssigkeitskühlung abführen. Hierzu wird üblicherweise der Wasserkreislauf des Verbrennungsmotors mitbenutzt, dessen Vorlauftemperaturen bis zu 130°C betragen können. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die thermische Belastbarkeit der Halbleiter. Die räumliche Nähe zwischen Leistungselektronik und Maschine ist aus EMV-Gründen sehr zu empfehlen. Bild 14: MOSFET-Wechselrichter Die hohen Leistungsanforderungen zukünftiger Bordnetze lassen sich mit den heutigen 14 V-Systemen nicht mehr wirtschaftlich versorgen. In den Hochleistungsbordnetzen wird es zwei Versorgungsspannungen geben, 14 V und 42 V, die jeweils angepaßte Verbraucher versorgen. Der Generator speist nur auf der 42 V-Seite Leistung ein, die Aufladung der 14 V-Batterie erfolgt über einen DC/DC-Gleichspannungswandler. 32 p Ladepriorität für Startspeicher p Optimierte Batterieauslegung p Gewichtsreduzierung 2-Spannungs-Bordnetz p Einbauvorteile StG p Redundanz p Vorteile bei 42V: 42V-Verbraucher Startergenerator DC - Leistungshalbleiter DC - Kabelbaum, Stecker 36V Batterie 2 p Voraussetzung für: 14V-Verbraucher 12V Batterie 1 - Hochleistungsverbraucher - Starter-Generator Bild 15: Zukünftiges Zweispannungsbordnetz Die im Bordnetz vorhandenen Verbraucher werden auf der jeweils für sie günstigeren Spannungsebene angesiedelt. Nicht immer kann eine eindeutige Zuordnung getroffen werden, aber tendenziell liegen Verbraucher mit hohem Leistungsbedarf auf der 42 V-Ebene. Komponenten wie Elektromagnetischer Ventiltrieb oder Frontscheibenheizung sind bei 14 V überhaupt nicht möglich. Auf der anderen Seite ist die Fahrzeugbeleuchtung ein typischer Verbraucher für die niedrige Spannungsebene, weil Glühlampen für höhere Spannungen deutlich erschütterungsempfindlicher sind. Auch Steuergeräte und Sensoren werden auf der 14 V-Ebene bleiben. Weitere Beispiele für 42 VVerbraucher zeigt Bild 16. 42V sinnvoll: 42V erforderlich: p Elektrische Servolenkung p Elektromagnetischer p Elektrische Wasserpumpe p Kraftstoffpumpe p Wankstabilisierung p Elektromotorische Bremse p Heckscheibenheizung p Sitzheizung Ventiltrieb p Starter-Generator p Frontscheibenheizung p Elektrischer Klimakompressor p Audio-Komponenten p ... Bild 16: 42 V-Verbraucher 33 Bewertung Ausgehend von der Annahme, daß der elektromechanische Triebstrang bzw. das Hybridfahrzeug künftig an Bedeutung gewinnen wird, ist dem Einsatz des im Triebstrang koaxial angeordneten Asynchronantriebs große Bedeutung beizumessen. Die diesem Konzept zuzuordnenden hohen Systemkosten können nur dann über Kraftstoffverbrauchseinsparung amortisiert werden, wenn geeignete Batteriekonzepte zur Verfügung stehen, die eine umfassende Rekuperation ermöglichen. Bei großen Verbrennungsmotoren sind bei Direktstart die geforderten Startdrehmomente hoch, was aufgrund der damit verbundenen Motorströme von über 1000 A bezüglich der technischen und wirtschaftlichen Realisierung eine interessante Herausforderung darstellt. Der Impulsstart ist mit einer Kupplung zwischen Kurbelwelle und O Startergenerator möglich. Bei kaltem Motor (<0 C) werden die notwendigen Startströme reduziert, was sich auf Antriebsdesign und damit Kosten auswirkt. Die Kaltstartzeit wird dabei unter Umständen verlängert. Die erwähnte Kupplung erhöht das Rekuperationspotential und ermöglicht dem beschriebenen Konzept in Verbindung mit einer zyklenfesten Hochleistungsbatterie den stufenlosen Übergang zum Hybridantrieb. Der Startergenerator im Nebentrieb kann ähnlich wie der heutige Generator in geringer Varianz mit dem Verbrennungsmotor kombiniert werden. Außerdem stellt dieses Konzept keine wesentlichen Zusatzforderungen an die axiale Triebstranglänge, was besonders bei quereingebauten Motoren vorteilhaft ist. Die begrenzten übertragbaren Kräfte schränken dieses Konzept auf die Startergeneratorfunktion ein. Vor allem für kleine und mittelgroße Fahrzeugmotorisierungen stellt dieses Startergeneratorkonzept eine vergleichsweise kostengünstige Lösung dar. Dies gilt vor allem dann, wenn die großserientechnisch gefertigte Klauenpolmaschine eingesetzt wird. 34 Zusammenfassung Die Forderungen nach gesteigerter Bordnetzleistung bei besserem Erzeugerwirkungsgrad und Komfort auf der einen Seite und geringeren Emissionen auf der anderen Seite haben die Diskussion um den Startergenerator neu belebt. In letzter Zeit wurde eine Reihe von neuen Konzepten entwickelt, die sich sowohl in ihrer Topologie als auch in ihrer Funktionalität deutlich voneinander unterscheiden. Die Ergebnisse reichen vom leistungsgesteigerten Generator mit Warmstartfunktion bis hin zu kleinen Hybridantrieben. Gemeinsam ist allen Ansätzen der Übergang zum 42 V-Bordnetz, weil sich die großen Verbraucherleistungen nur mit diesem erhöhten Spannungsniveau wirtschaftlich versorgen lassen. Die koaxialen Lösungen zwischen Verbrennungsmotor und Getriebe greifen in einer bisher nicht gekannten Weise in das Systemlayout ein. Die Integration erfordert fahrzeugspezifische Konstruktionen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Variantenvielfalt. Durch die mechanisch robuste Anbindung bietet diese Lösung aber gleichzeitig das höchste Funktionspotential. Die achsparallen Konzepte können sowohl über Zahnradgetriebe als auch über Riemen an den Triebstrang gekoppelt werden. Durch den Einsatz einer zweistufigen Übersetzung kann die Startleistung erhöht und der mittlere Wirkungsgrad im Generatorbetrieb verbessert werden. Das Getriebe kann wahlweise auf der Kurbelwellenseite oder auf der Maschinenseite angeordnet sein und über eine aktive oder passive Umschaltung verfügen. Die Anbindung über den vorhandenen Riementrieb gestattet eine sanfte Migration vom heutigen System zum Startergenerator bei geringem Entwicklungsrisiko. Die Weiterentwicklung der bestehenden Batterietechnologie zu höheren Leistungsdichten wird zukünftig die Möglichkeit bieten, auch bei großen Motoren und niedrigen Temperaturen einen Kurbelwellendirektstart zu realisieren und größere Leistungen zu rekuperieren. Außerdem werden die Zusatzfunktionen des Startergenerators als elektrischer Antrieb an Bedeutung gewinnen. Sie bieten die Perspektive, den Kraftstoffverbrauch und die Emissionen der Fahrzeuge weiter zu reduzieren. 35 Startergenerator im Antriebsstrang Dr.-Ing. Wolfgang Reik LuK GmbH & Co., Bühl Einleitung Die Idee des Startergenerators ist nicht neu. LuK war auf diesem Feld schon vor mehr als 15 Jahren tätig. Die Zeit war allerdings damals noch nicht reif für solch ein System. Da nutzten auch die Anzeigen nichts, die LuK schaltete, um die Schwungnutzkupplung, wie der Startergenerator damals hieß, zu forcieren. Ein Beispiel für den langen Atem, der bei solchen Entwicklungen notwendig ist. Bild 1: Bosch - LuK - Startergenerator (um 1990) Normalerweise wird unter einem Startergenerator eine E-Maschine verstanden, deren Rotor direkt auf der Kurbelwelle befestigt ist und sowohl als Generator als auch als Motor arbeiten kann. Wie der Name sagt, kann damit der Starter und der Generator ersetzt werden. Die Gründe für eine solche Anordnung ergeben sich aus dem teilweise stark steigenden Bedarf an elektrischer Energie im Fahrzeug, wie zum Beispiel vermehrter Einsatz 37 von elektrisch angetriebenen Komponenten. Die fordern teilweise höhere Spannungen im Bordnetz, um den Wirkungsgrad zu verbessern, wie zum Beispiel elektrische Ventilbetätigungen [1]. Außerdem sollte konsequent eine Start-Stopp-Funktion integriert werden, die ein Abstellen des Motors beim Stillstand des Fahrzeugs und einen geräuschlosen und schnellen Neustart erlaubt. Dazu muß allerdings die E-Maschine so stark dimensioniert werden, daß auch bei sehr tiefen Temperaturen noch sicher gestartet werden kann. Je nach Motor sind dazu kurzzeitig selbst im PKWBereich Momente bis über 400 Nm erforderlich. Wenn man sich schon für den Einbau eines solch teuren Systems entschließt, wird man versuchen, weitere Zusatzfunktionen zu integrieren. Der Kreativität der Ingenieure sind hier kaum Grenzen gesetzt. Im Bild 2 sind einige weitere Forderungen aufgelistet, die von Fall zu Fall sogar noch von größerer Bedeutung werden können als die ursprüngliche Motivation, nämlich nur Starter und Generator in einer leistungsfähigen E-Maschine zu vereinen. Bild 2: • Hohe Generatorleistung bei gutem Wirkungsgrad • Freie Wahl der Generatorleistung • Start/Stopp-Funktion bei leisem Start (Motorstopp im Schub und Fahrzeugstillstand) • Direktstart • Impulsstart • Booster • Energierückgewinnung im Schub • Aktive Synchronisation • Zugkraftunterbrechung bei automatisierten Schaltgetrieben auffüllen • Gleichartiges Konzept bei allen Getriebearten • Torsionsschwingungsdämpfung Mögliche Forderungen an E-Maschine im Antriebsstang Wie bereits erwähnt, erfordern die heutzutage viel diskutierten Startergeneratoren für den Start bei tiefen Temperaturen eine Mindestleistung der E-Maschine. Beim Impulsstart, bei dem die E-Maschine zunächst auf Schwung gebracht und erst danach der Motor 38 ausgekuppelt wird, kann die Leistung der E-Maschine alleine nach der erforderlichen Generatorleistung dimensioniert werden. Wenn schon eine relativ große E-Maschine mit einer Leistung von bis zu 10 KW eingesetzt wird, sollte diese auch noch, zumindest kurzfristig, den Verbrennungsmotor unterstützen und damit als Booster wirken. In Zukunft vielleicht noch interessanter wird die Aufgabe, Bremsenergie zurückzugewinnen. In vielen Konzepten rückt deshalb die Rekuperation in den Mittelpunkt. In mehreren Ansätzen wurde versucht, die E-Maschine auch zur Synchronisation des Getriebes einzusetzen, was jedoch kaum möglich ist, da extrem hohe elektrische Leistungen benötigt werden, um das eigene Massenträgheitsmoment schnell genug auf eine neue Drehzahl zu bringen. In die gleiche Kategorie sind die Bemühungen einzustufen, die Ungleichförmigkeit des Motors durch eine aktive Gegenkopplung zu eliminieren. Ein schöner Gedanke, der leider zu einem deutlichen Kraftstoffmehrverbrauch führen würde [2]. Eine weitere Idee ist, die automatisierten Schaltgetriebe, die ja bei den Schaltungen unter der Zugkraftunterbrechung leiden, so geschickt mit einer E-Maschine zu kombinieren, daß diese Unterbrechung zumindest teilweise aufgefüllt werden kann. Dies erscheint so interessant, daß dafür ein eigener Beitrag vorgesehen ist [3]. Bei der Entscheidung für ein Konzept wird sicher auch die Frage eine Rolle spielen, ob ein gleichartiges Konzept für alle Getriebearten möglich ist. Bild 3a: Übliche Anordnung von Lichtmaschine und Anlasser 39 Kurbelwelle Zwischen zwei Kupplungen Getriebeeingang Bild 3b: Koaxiale Anordnung der E-Maschine 40 Schwungrad Zwischen zwei Kupplungen Getriebeeingang Bild 3c: Nichtkoaxiale Anordnung der E-Maschine 41 Bild 3d: Startergenerator im Nebenabtrieb Bild 3e: Startergenerator im Getriebe Im Bild 3 sind die wichtigsten Anordnungen schematisch zusammengestellt. Grob unterschieden wurde zwischen koaxialen und nichtkoaxialen Anordnungen. Bei den koaxialen Anordnungen gibt es im wesentlichen 3 Möglichkeiten. Zunächst die übliche Anordnung mit E-Maschine auf der Kurbelwelle, dann auf der Getriebeeingangswelle und zwischen 2 Kupplungen (Bild 3b). Bei den nichtkoaxialen Lösungen sind zunächst ähnliche Anordnungen möglich, wobei lediglich die jetzt seitlich angeordnete E-Maschine über einen irgendwie gearteten Antrieb verbunden werden muß (Bild 3c). Darüber hinaus kann man sich jedoch auch noch weitere Anordnungen vorstellen, zum Beispiel den Startergenerator im Nebenabtrieb (Bild 3d). Auch hierfür sind interessante Lösungen in Sicht. 42 E-Maschine auf Kurbelwelle Bei der bekanntesten und vielleicht auch einfachsten Anordnung ist der Rotor der E-Maschine direkt an der Kurbelwelle angeschraubt und ersetzt damit das herkömmliche Schwungrad (Bild 4). Stator Rotor Bild 4: Koaxialer Startergenerator mit einer Kupplung. Rotor direkt mit der Kurbelwelle befestigt. Da die Rotorbleche selbst nicht als Gegenreibfläche für einen Kupplungsbelag geeignet sind, muß mit dem Rotor zunächst einmal eine dem herkömmlichen Schwungrad ähnliche Gegenreibfläche angebracht werden, auf die dann die Kupplung aufgeschraubt wird. Es liegt nahe, beide über einen Torsionsdämpfer miteinander zu verbinden und damit die Funktion eines Zweimassenschwungrades zu gewinnen (Bild 5). Die Wirkung des Zweimassenschwungrades fällt damit fast umsonst an. Selbstverständlich kann auch versucht werden, die Kupplung innerhalb des Rotors anzuordnen. In diesem Fall hat allerdings kein Torsionsdämpfer mehr Platz, was aber, wie weiter unten gezeigt wird, durch andere Maßnahmen kompensiert werden kann. Der Kupplungsdurchmesser wird dann in vielen Fällen zu klein werden. Die dadurch erforderliche Zweischeibenkupplung wäre vom axialen Bauraum her gesehen nicht ganz unkritisch. 43 Primäre Schwungmasse Bild 5: Sekundäre Schwungmasse Startergenerator mit ZMS-Funktion Gleichgültig, welche Bauform gewählt wird, der Startergenerator beansprucht eine Menge zusätzlichen axialen Bauraum, der in vielen Fahrzeugen nicht zur Verfügung steht. Deshalb wird man bestrebt sein, bei Einsatz eines Startergenerators auf der Seite der Nebenabtriebe Platz zu sparen und alle Nebenaggregate elektrisch anzutreiben. Dies ist bis auf den Klimakompressor sicher auch problemlos möglich. Bei dem Klimakompressor wird in der Fachwelt noch kontrovers diskutiert, ob ein elektrischer Antrieb bei der hohen erforderlichen Leistung vom Wirkungsgrad her überhaupt zu vertreten ist. Falls man auf den Nebenabtrieb ganz verzichtet, ist der erforderliche Platz für den Startergenerator geschaffen. Der Motor kann entsprechend verschoben werden. Allerdings muß berücksichtigt werden, daß bei sehr vielen Motoren in der Riemenscheibe ein Torsionsschwingungsdämpfer bzw. Tilger angebracht ist, der die kritischen Kurbelwelleneigenfrequenzen dämpft. Dafür ist dann natürlich kein Platz mehr vorhanden. LuK hat deshalb einen Spezialtilger entwickelt, der an der letzten Kurbelwellenwange angebracht wird und die gleiche Funktion aufweist wie die herkömmlichen, in der Riemenscheibe angeordneten Dämpfer. 44 Um die Start-Stopp-Funktion sinnvoll ausnutzen zu können, sollte dem Fahrer die Hoheit über die Kupplung entzogen und die Kupplung automatisch betätigt werden. Nur so kann garantiert werden, daß ein sicherer Motorstart gewährleistet wird, ohne daß das Fahrzeug sich unbeabsichtigt in Bewegung setzt. In diesem Zusammenhang greift LuK die an sich alte Idee auf, mit einer schlupfenden Kupplung die Ungleichförmigkeit des Motors herauszufiltern und somit vom Getriebe fernzuhalten [4]. Bild 6 zeigt die Wirksamkeit solch einer Kupplung, die dazu lediglich einen Schlupf von unter 100 U/min aufweisen muß. An dieser Idee wurde bereits vor 10 Jahren intensiv gearbeitet. Wegen erhöhtem Belagverschleiß wurden diese Entwicklungen damals weltweit wieder eingestellt. Außerdem hatte der Schlupf in der Kupplung natürlich auch noch einen etwas erhöhten Benzinverbrauch zur Folge. Drehzahl [1/min] 2050 2000 1950 1900 1850 1,9 1,95 2 2,05 2,1 Zeit [s] Bild 6: Schwingungsisolation mit schlupfender Kupplung Den LuK-Ingenieuren hat dies jedoch in den ganzen Jahren keine Ruhe gelassen. Durch eine Reihe von einzelnen Verbesserungen läßt sich heute eine schlupfende Kupplung darstellen ohne die Nachteile, die damals zum Abbruch der Entwicklung geführt haben. Durch eine geschickte Kombination eines Torsionsdämpfers in der Kupplungsscheibe mit einer ausgeklügelten Schlupfstrategie, das heißt nur so viel Schlupf, wie für den betreffenden Fahrzustand notwendig ist, und dem vollständigen Verzicht auf Schlupf bei Drehzahlen über ca. 45 1500 U/min, läßt sich der Mehrverbrauch auf unter 0,5 % reduzieren. Dies wirkt sich natürlich auch positiv auf den Verschleiß aus. Eine weitere Verschleißverbesserung erzielen die modernen Kupplungsbeläge. Und da auch das noch nicht ganz ausreicht, kommt die verschleißnachstellende Kupplung zu Hilfe, die bis zu doppelt so viel Verschleißvolumen zur Verfügung stellt. Beharrlichkeit hat hier zum Ziel geführt. Es entsteht dadurch eine Lösung, die für alle Anwendungen höchst interessant ist, bei denen eine automatisierte Kupplung eingesetzt wird. • Kombination mit speziellem Torsionsdämper erlaubt Minimierung des erforderlichen Schlupfbereichs Schlupf D n [1/min] 100 80 60 40 20 0 0 500 1000 1500 2000 2500 Drehzahl n [1/min] • • SAC erlaubt höhere Verschleißreserve Verschleißarme Kupplungsbeläge Bild 7: Verbrauchs- und verschleißmindernde Maßnahmen bei einer schlupfenden Kupplung Startergenerator zwischen Motor und Getriebe mit zwei Kupplungen Die bis jetzt vorgestellte Anordnung mit einem direkt auf der Kurbelwelle befestigten Rotor erlaubt nicht die Ausnutzung aller wünschenswerten Möglichkeiten. So ist zum Beispiel die Energierückgewinnung oder Rekuperation nur sehr eingeschränkt möglich. Außerdem ist man in der 46 Wahl der Größe der E-Maschine nicht frei, da ein Direktstart auch bei tiefsten Temperaturen möglich sein muß. Diese Schwierigkeiten werden durch eine zweite Kupplung umgangen, so daß im Prinzip die E-Maschine zwischen diesen beiden Kupplungen sitzt (Bild 8). Damit kann man die E-Maschine entweder mit dem Verbrennungsmotor oder wahlweise mit dem Getriebe verbinden. Bild 8: Startergenerator mit zwei Kupplungen Bei warmem Motor wird direkt gestartet, also mit geschlossener erster Kupplung. Bei tiefen Temperaturen, wenn das Schleppmoment des Verbrennungsmotors sehr groß ist, wird bei geöffneten Kupplungen zunächst der Rotor hochbeschleunigt und dann die erste Kupplung schnell geschlossen. Die Kurbelwelle wird dann hochgerissen und der Motor startet schlagartig. Dies wird deshalb auch Impulsstart genannt. Auf diese Weise hat man sich einen zusätzlichen Freiheitsgrad geschaffen, die Größe der E-Maschine muß jetzt nicht mehr am höchsten Schleppmoment des Verbrennungsmotors orientiert werden. Nebenbei erfolgt solch ein schneller Start auch bei deutlich verringerten Emissionen. Ein weiteres Argument ist möglicherweise noch schlagkräftiger. Ist nämlich die E-Maschine direkt auf der Kurbelwelle befestigt, kann immer nur der Bremsenergieanteil zurückgewonnen werden, der über das hinausgeht, was der Motor über innere Reibung vernichtet. Insbesondere bei höheren Drehzahlen werden im Schub ganz erhebliche Leistungen in Wärme umgewandelt. Bild 9 zeigt dies jeweils für einen Benzin- und Dieselmotor. 47 80 Diesel Schubmoment [Nm] 70 60 Benzin 50 40 30 20 10 0 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 Drehzahl n [1/min] Schubmoment Schubleistung [kW] 40 30 Diesel 20 Benzin 10 0 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 Drehzahl n [1/min] Bremsleistung Bild 9: 48 Bremswirkung von Motoren mit ca. 2,0 l Hubraum im Schub Die in einem Fahrzeug gemessene tatsächliche Verteilung von Beschleunigung und Verzögerung zeigt, daß die meisten Verzögerungen mit einer Verzögerungsleistung von weniger als 10 KW stattfinden (Bild 10). Das sind normalerweise gerade die, bei denen der Fahrer lediglich vom Gas geht und den Motor als Bremse benutzt. Bei einem Generator, der direkt mit der Kurbelwelle verbunden ist, kann man diese Energie nicht rückgewinnen. Beim Startergenerator mit 2 Kupplungen kann jedoch die erste Kupplung geöffnet werden, was einen sofortigen Motorstillstand zur Folge hat. Die Verzögerungsleistung kann vollständig rückgewonnen werden, solange sie nicht die maximale Leistung der EMaschine überschreitet. 30% 25% 20% 15% 10% 5% Verzögerung -30 -20 -10 Beschleunigung 0 10 20 30 Leistung [kW] Bild 10: Verteilung von Beschleunigung und Verzögerung im FTP75-Zyklus Daß sich dies durchaus lohnt, zeigt Bild 11 für verschiedene Fahrkollektive. Der untere grüne Balken stellt die Benzineinsparung durch Start-Stopp dar. Darüber sind die durch Rekuperation zu erwartenden theoretischen bzw. realen Einsparungen wiedergegeben. Die realen Werte beinhalten bereits den Wirkungsgrad bei der Umwandlung von mechanischer in elektrische Energie und umgekehrt. Trotz dieses Umwandlungsverlustes lohnt es sich, über die Rekuperation nachzudenken. Bild 11 beweist dies eindringlich. Im Gesamtfahrzeug ist wohl durch keine einzelne Maßnahme soviel an Verbrauchseinsparung herauszuholen. Aus diesem Grund meint LuK, daß die Bremsenergierückgewinnung das eigentliche Entwicklungsziel beim Startergenerator darstellen sollte. Dies sollte sich dann auch in einer neuen, noch zu findenden Bezeichnung widerspiegeln. 49 Rekuperation real Rekuperation theoretisch Benzineinsparung 40% 30% Start - Stopp 20% 10% 0% Mittel Stadt Land Autobahn Bild 11: Benzineinsparung durch Start-Stopp und Rekuperation für verschiedene Fahrzyklen Werden tatsächlich zwei Kupplungen eingesetzt, so stellt sich die Frage nach der Aufteilung der Massen auf Motor und Rotor. Bild 12a zeigt nochmals die Struktur mit einer direkt auf der Kurbelwelle angebrachten kleinen Schwungmasse und wahlweise einem Torsionsdämpfer in der Kupplung KM. Abhängig vom Vorhandensein eines Torsionsdämpfers muß die Auslegung für die Kupplung KM erfolgen. Ohne Torsionsdämpfer und bei kleinem JMotor kommen praktisch die vollen Momentenspitzen an der Kupplung an, die deshalb, insbesondere bei Dieselmotoren, ein maximales Moment übertragen können muß, das ein Vielfaches des Motormoments beträgt (Bild 12b). Um die Auslegung der Kupplung einfacher zu gestalten, wird man versucht sein, eine passende Schwungmasse an der Kurbelwelle mit einem Torsionsdämpfer anzubringen. Da die Resonanzdrehzahl nicht über 600 U/min steigen sollte, darf die Federrate im Torsionsdämpfer nicht die in Bild 12c gezeigte Grenzkurve übersteigen. Man erhält dann den vollen Zweimassenschwungrad-Effekt. Der Impulsstart wird mit größerem JMotor zunehmend schwieriger. Es ist zu befürchten, daß im Fahrzeug ein Ruck spürbar wird, wenn der Verbrennungsmotor durch schnelles Schließen der Kupplung KM wieder gestartet wird, der durch Verlängern der Kupplungsschließzeit abgemildert werden kann (Bild 12d). Diese Diskussion zeigt die teilweise widersprüchlichen Anforderungen an die mit der Kurbelwelle verbundene Schwungmasse und den Torsionsdämpfer. Im konkreten Fall wird ein günstiger Kompromiß zu suchen sein. 50 JMotor Spitzenmomente an der Kupplung KM KM JSG KG a bei Dieselmotor ohne TD bei Benzinmotor ohne TD bei Dieselmotor mit TD bei Benzinmotor mit TD 1500 Moment [Nm] TD = Torsionsdämpfer 1000 b 500 stat. Motormoment 0 0 0,1 0,2 max. Dämpfersteifigkeit c [Nm/°] J Motor [kgm2 ] 20 c 15 Resonanzdrehzahl < 600 U/min 10 5 0 0 0,1 0,2 J Motor [kgm2 ] max. Fzg.-Beschleunigung [m/s2 ] 8 6 4 JSG = 0,20 kgm2 d JSG= 0,04 kgm2 2 0 0,0 Kupplungs-Schließzeit [s] 1,0 Bild 12: Zur Wahl der Massenverteilung zwischen Motor und Rotor bei einem Startergenerator mit zwei Kupplungen 51 Bild 13 zeigt eine ausgeführte Konstruktion. Beide Kupplungen werden automatisiert über hydraulische Ausrücksysteme betätigt. In diesem Fall wird die Kupplung KM über einen Zentralausrücker von der Motorseite her ausgerückt. Dies ist natürlich nicht die platzsparenste Lösung. Deshalb werden Doppelkupplungen entwickelt, bei denen beide Kupplungen von der Getriebeseite her über einen doppelten Zentralausrücker betätigt werden können (Bild 14). Bild 13: Startergenerator mit zwei Kupplungen. Beide Kupplungen werden durch getrennte hydraulische Ausrücksysteme betätigt. Eine genaue Analyse der erforderlichen Zustände der Kupplung zeigt, daß auch eine sequentielle Abfolge möglich ist. Die zwei Kupplungen könnten deshalb auch über eine Schaltwalze über nur einen Aktor betätigt werden, ohne daß wesentliche Einschränkungen bezüglich des Startverhaltens (Direktstart oder Impulsstart), Anfahrverhalten oder Rekuperation erfolgten. LuK hat erkannt, daß der Erfolg des Startergenerators ganz wesentlich von der Kompaktheit der Kupplungen abhängt. Es wird deshalb mit großem Aufwand nach weiteren einfacheren und kompakteren Lösungen gesucht. 52 Bild 14: Startergenerator mit zwei Kupplungen und zwei konzentrischen Ausrücklagern. Motorseitige Kupplung geschlossen, Rotor mit der Kurbelwelle verbunden. Startergenerator bei Automatikgetrieben mit Wandler Die Forderung nach Bereitstellung von höheren elektrischen Leistungen wird insbesondere in den Fahrzeugen der Oberklasse stärker werden, da dort für eine Vielzahl von Komfortlösungen elektrische Verbraucher installiert werden. In dieser Fahrzeugklasse haben sich bereits weitgehend die Automatikgetriebe durchgesetzt. Deshalb müßte der Zwang zum Startergenerator dafür noch größer sein. Die einfachste Lösung, aber nur mit begrenzten Möglichkeiten, stellt wiederum ein Startergenerator dar, der direkt auf der Kurbelwelle befestigt ist. Falls man sich beim Schaltgetriebe für eine Doppelkupplungslösung entscheidet, die neben voller Rekuperation auch noch einen Impulsstart ermöglicht, wird man dies auch auf Automatikgetriebe erweitern wollen. Wie Bild 15 zeigt, ergibt sich hierfür sogar eine besonders elegante Lösung. In den Bauraum der heutigen Lock-up-Kupplung wird lediglich noch eine zweite Kupplung integriert, die den Motor von dem Pumpengehäuse trennen kann. Es ergibt sich dadurch eine besonders 53 platzsparende Konstruktion. Beide Kupplungen werden hydraulisch betätigt. Wird die erste Kupplung geöffnet, kann der Verbrennungsmotor abgestellt werden, und die E-Maschine wird immer noch betrieben. Es lassen sich also damit alle Zustände realisieren, die im vorangegangenen Kapitel bei der Zweigkupplungslösung beschrieben wurden. Kupplung KM Lock-up Kupplung Bild 15: Startergenerator mit zwei Kupplungen für Automatikgetriebe. Die linke Kupplung kann Kurbelwelle mit Rotor verbinden, die rechte stellt die übliche Lock-up-Kupplung dar. Startergenerator im CVT-Getriebe Auch hier kann der Startergenerator direkt an der Kurbelwelle befestigt werden (Bild 16 oben). Aber gerade im CVT können durch geschickte Anordnung besondere Effekte erzielt werden. Im Bild 16 Mitte und unten ist wiederum vor und nach der E-Maschine eine Kupplung angebracht. Die E-Maschine kann koaxial aber auch seitlich versetzt angeordnet werden. Wie man leicht sieht, lassen sich damit alle bis jetzt diskutierten Fälle wie Direktstart, Impulsstart, Booster und Rekuperation realisieren. Für die Rekuperation ergeben sich besonders günstige Verhältnisse, da die Energiespeicherung jetzt nicht nur elektrisch, sondern über die Schwungmasse des Rotors zusätzlich mechanisch erfolgen kann. 54 Bild 16: Anordnungen einer E-Maschine in einem CVT-Getriebe 55 Bei der mechanischen Rekuperation wird man die Kupplung KM öffnen und dann den Variator in Richtung Underdrive verstellen, so daß der Rotor schneller dreht. Er entzieht dem Antriebsstrang dadurch kinetische Energie und verzögert das Fahrzeug. Bei der nächsten Beschleunigung wird der Variator wieder in Richtung Overdrive verstellt und beschleunigt wiederum das Fahrzeug. Die kurzzeitige Speicherung von mechanischer Energie wird mit deutlich weniger Verlusten erfolgen können als bei einer elektrischen Speicherung. Man wird sich deshalb an die in Bild 11 dargestellte theoretische Verbrauchseinsparung annähern, also auf über 20 % Einsparungen im Kraftstoffverbrauch kommen. Daß auch tatsächlich nennenswerte Energien mechanisch gespeichert werden können, zeigt ein Vergleich der Schwungenergie eines fahrenden Fahrzeugs mit einer rotierenden Schwungmasse. Bild 17 oben zeigt die kinetische Energie eines Fahrzeuges mit einer Masse von 1500 kg als Funktion der Geschwindigkeit, dazu im unteren Bild die kinetische Energie einer Schwungmasse mit J = 0,3 kgm² als Funktion der Drehzahl. Nimmt man für den Rotor der E-Maschine eine maximale Drehzahl von 10.000 U/min an, stellt man fest, daß in einer solch schnell drehenden Schwungmasse soviel kinetische Energie steckt wie in einem Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h. Daraus wird ersichtlich, daß viele der im praktischen Fahrbetrieb auftretenden Verzögerungsvorgänge mechanisch rekuperiert werden können. Es ergibt sich aber noch ein weiterer Vorteil. Soll nach der Phase der Rekuperation der Verbrennungsmotor wieder angeworfen werden, kann man sich jetzt dafür die passende Drehzahl am Rotor heraussuchen. Sinnvollerweise wird man also zunächst einen großen Teil des Schwunges zur Beschleunigung des Fahrzeuges nutzen und dann bei niedriger Rotordrehzahl die Kupplung KM schnell schließen. Um dabei einen Verzögerungsruck auf das Fahrzeug zu vermeiden, wird gleichzeitig der Variator schnell ein wenig in Overdrive verstellt, was einen kleinen Beschleunigungsruck erzeugt, der den Verzögerungsruck ausgleichen kann. Zusätzlich kann kurzzeitig noch die E-Maschine regulierend eingreifen. Ein Ruck beim Anlassen des Motors müßte sich damit zuverlässig vermeiden lassen. Eine Kombination eines CVT-Getriebes mit E-Maschine verspricht nahezu ideales Verhalten. Die durch die Kombination mit der mechanischen Rekuperation verbesserte Energierückgewinnung wird bei weitem den etwas schlechteren Wirkungsgrad eines stufenlosen Variators ausgleichen. Gesamtwirkungsgrad und Komfort müßten unübertroffen sein. 56 600 Energie [kJ] 500 Fahrzeug mit m = 1500 kg 400 300 200 100 0 0 20 40 60 80 100 Fahrzeuggeschwindigkeit [km/h] Energie [kJ] 200 Rotierende Schwungmasse mit J = 0,3 kgm2 150 100 50 0 0 2000 4000 6000 8000 10000 Drehzahl n [1/min] Bild 17: Kinetische Energie in rotierender Schwungmasse (oben) und Fahrzeug (unten) 57 Startergenerator im Nebenabtrieb Die bis jetzt vorgestellten Konzepte erfordern gravierende Änderungen am Antriebsstrang (z. B. Getriebeverlängerungen). Falls dieser Schritt zu groß erscheint, bietet sich auch noch eine andere Lösung an, die bis jetzt aber kaum beachtet wurde. Dabei wird die Lichtmaschine durch einen etwas größeren Startergenerator ersetzt, der nur geringfügig mehr Bauraum benötigt. Um einen sicheren Start des Verbrennungsmotors zu gewährleisten, ist ein Zweistufengetriebe vorteilhaft, das entweder direkt in der Riemenscheibe an der Kurbelwelle oder am Startergenerator eingreift. Bild 18 zeigt die möglichen Anordnungen, die Vor- und Nachteile haben. Die Getriebe sind dabei so ausgebildet, daß sie sich entweder abhängig von der Momentenrichtung, die sich zwischen Generator- und Starterbetrieb ändert, oder von außen betätigt zwischen den 2 Stufen umschalten lassen. Wird das Zweistufengetriebe an der Kurbelwelle angebracht, ergeben sich günstige Belastungen für den Riementrieb. Im Generatorfall ändert sich gegenüber der heutigen Situation nichts, da das Zweistufengetriebe auf direkten Durchtrieb geschaltet ist. Beim Starten braucht der Riementrieb nur verhältnismäßig kleine Momente zu übertragen, weil das hohe, zum Starten erforderliche Moment erst im Zweistufengetriebe mit einer Übersetzung von ca. 3 - 4 erzeugt wird. Läuft das Getriebe dagegen auf dem Startergenerator, erfolgt beim Startvorgang erst eine Übersetzung auf hohe Momente und darauf die Übertragung über den Riementrieb. An den Riementrieb sind deshalb erhöhte Forderungen zu stellen. Nach jetzigen Erkenntnissen wird dies nur für relativ kleine Fahrzeuge mit den üblichen Keilrippenriemen gehen. Bei größeren erforderlichen Startmomenten müßten evtl. Zahnriemen eingesetzt werden, bei denen allerdings die Geräuschsituation kritisch sein dürfte. Vorteilhaft wäre natürlich, daß wegen der höheren Drehzahl das Getriebe am Startergenerator auf wesentlich kleinere Momente ausgelegt werden kann als bei einem Getriebe auf der Kurbelwelle. Bild 19 zeigt solch ein Zweistufengetriebe für den Anbau an die Kurbelwelle. Ein integriertes, umschaltbares Planetengetriebe erlaubt im Generatorfall einen direkten Durchtrieb und im Anlasserfall eine Untersetzung um ca. Faktor 4. Die Umschaltung erfolgt abhängig von der Momentenrichtung. Dazu ist das Planetengetriebe stark schrägverzahnt. Auf das Hohlrad wirken deshalb je nach Momentenrichtung Axialkräfte in entgegengesetzter Richtung. Das Hohlrad ist axial verschiebbar. In der linken Stellung (oberes Teilbild) erfolgt der direkte Durchtrieb, alle Teile des Planetengetriebes drehen sich mit der gleichen Drehzahl. In der rechten Stellung (unteres Teilbild) ist das Hohlrad mit dem feststehenden 58 Motorblock verbunden. Es entsteht dann die Übersetzung in höhere Momente, wie es für den Start notwendig ist. Bild 18a: Startergenerator im Nebenabtrieb Bild 18b: Startergenerator mit Zweistufengetriebe an der Kurbelwelle Bild 18c: Startergenerator mit Zweistufengetriebe an der E-Maschine 59 am Motorblock befestigt Generatorbetrieb i=1 Kurbelwelle Startvorgang i=4 Bild 19: Zweistufengetriebe an der Kurbelwelle 60 Im Fahrbetrieb soll stets die direkte Übersetzung eingestellt bleiben. Wenn der Verbrennungsmotor schnell abgebremst wird, treten ebenfalls Momentenwechsel auf. Eine Fliehkraftsperre verhindert dann die Umschaltung. Ein ähnlicher Aufbau, allerdings für kleinere Momente, ist auch vor der E-Maschine möglich. Im Bild 20 ist eine Variante gezeigt, bei der die Umschaltung über eine Magnetkupplung erfolgt. Damit wäre eine bedarfsgerechte Umschaltung möglich. Diese wirkt allerdings nur auf die E-Maschine, da alle anderen Nebenaggregate mit einer fixen Übersetzung im Riementrieb eingebunden sind. elektromagnetisch betätigte Kupplung schaltet zwischen Übersetzung i = 2,5 und i = 1 Freilauf Riemen Bild 20: Zweistufengetriebe an Startergenerator Eine E-Maschine im Nebenabtrieb ersetzt Starter und Generator. StartStopp ist damit ohne Einschränkung möglich. Selbst Boosterbetrieb ist denkbar, sofern die E-Maschine eine entsprechende Leistung aufweist. Der Startergenerator im Nebenabtrieb stellt also durchaus eine Alternative dar. Ein Arbeitskreis aus den Firmen Bosch, ContiTech und LuK arbeitet an entsprechenden Lösungen und wird hoffentlich mit weiteren überzeugenden Vorschlägen aufwarten. 61 Bild 21: Bewertung der Anordnungen von E-Maschine im Antriebsstrang 62 + + + + 0 + + 0 + 0 + + 0 Start-Stopp (leise und emissionsarm) Energierückgewinnung im Schub Boosten Elektrisch Anfahren und Rangieren Antiruckeldämpfung Aktive Synchronisation bei automatisierten Schaltgetrieben Automatisierte Schaltgetriebe ohne Zugkraftunterbrechung Wenig Veränderungen am Triebstrang Gleichartiges Konzept bei allen Getriebearten Systemkosten - - - - - Impulsstart durch Rotormasse (Kaltstart kein Auslegungskriterium) + - - - - + + + + + + 0 + Getriebeeingang ASG - - - - + + + + 0 + + Direktstart + + Zwischen Motor und Getriebe 2 Kupplungen + Kurbelwelle Hohe Generatorleistung bei gutem Wirkungsgrad Nebenabtrieb 0 - - + 0 + + + + 0 + Getriebeeingang Automatikgetriebe 2 Lock-up - - - + 0 + + + + 0 + Getriebeeingang CVT 2 Kupplungen + - - + + + + + + + + 0 + Getriebeeingang ESG [3] Zusammenfassung Es wurde gezeigt, daß es nicht nur eine Art von Startergenerator gibt. Eine Vielzahl von Varianten bieten sich heute dem Antriebsstrangentwickler an. Je nach Entwicklungsziel wird man sich für die eine oder andere Lösung entscheiden. Bild 21 soll dafür eine Hilfestellung ein. Die wichtigsten Argumente im Zusammenhang mit dem Einsatz einer E-Maschine im Antriebsstrang sind für die verschiedenen Ausführungsformen bewertet. Leider fehlen zur Zeit noch verläßliche Angaben über die Kosten. Es ist deshalb noch etwas zu früh, zuverlässige Vorhersagen darüber zu machen, welche Systeme sich am Ende durchsetzen werden. Interessant erscheint der Startergenerator im Nebenabtrieb, weil damit die geringsten Änderungen am Gesamtfahrzeug möglich werden. Wird das Schwergewicht auf die Rekuperation gelegt, wird man sich für eine Zweikupplungslösung entscheiden. Das CVT-Getriebe bietet durch eine Kombination von mechanischer und elektrischer Rekuperation eine besonders vorteilhafte Getriebestruktur. Der nachfolgende Beitrag zeigt, welche zusätzlichen Vorteile eine E-Maschine im automatisierten Handschaltgetriebe bringen kann [3]. 63 Literatur [1] Ehlers, K.: Konsequenzen des 3-Liter-Autos auf die Architektur des elektrischen Bordnetzes, Technische Mitteilungen 91 (1998), S. 116 - 124 [2] Reik W.: Das Zweimassenschwungrad, 6. LuK-Kolloquium 1998, S. 69 - 94 [3] Fischer, R. und Hirt, G.: Integration automatisierter Schaltgetriebe mit E-Maschine, LuK-Fachtagung E-Maschine im Antriebsstrang, 1999 [4] Fischer, R. und Berger R.: Automatisierung von Schaltgetrieben, 6. LuK-Kolloquium 1998, S. 95 - 121 64 Integration automatisierter Schaltgetriebe mit E-Maschine Dr. techn. Robert Fischer Gunter Hirt LuK Getriebe-Systeme, Bühl Einleitung Totgesagte leben länger – das gilt ganz sicher für das Handschaltgetriebe, das heute in Europa immer noch über 80 % Marktanteil besitzt. Ursachen findet man im hohen Wirkungsgrad, dem geringen Bauraum bei niedrigem Gewicht und günstigem Preis. Inzwischen zeigen sich Möglichkeiten, das Handschaltgetriebe erfolgreich zu automatisieren und dabei mit geringem Aufwand zusätzliche Vorteile zu gewinnen. Zunächst kam die automatische Kupplung auf den Markt, wie sie LuK und Bosch für die Mercedes-Benz A-Klasse liefern. Inzwischen gibt es die ersten automatisierten Schaltgetriebe (ASG), die als Basis ein Handschaltgetriebe verwenden [1], [2]. Ein großes Verbesserungspotential bleibt die Beseitigung der Zugkraftunterbrechung. Wie in anderen Vorträgen aufgezeigt, können mit einem Startergenerator nicht nur die Anforderungen zukünftiger Bordnetze erfüllt, sondern auch große energetische Vorteile erreicht werden. Die Energieeinsparung kann nach Simulationsrechnungen von LuK ca. 20 % gegenüber einem heutigen Handschaltgetriebe betragen, dank Start-Stopp-Automatik und Rekuperation von Brems- und Schubenergie [3] bis [7]. LuK hat sich zum Ziel gesetzt, durch intelligente Kombination von ASG und Startergenerator mehr als nur die Summe der Vorteile dieser Systeme zu erreichen – nämlich darüber hinaus die Zugkraftunterbrechung zu beseitigen. Ein derartiges elektrisches Schaltgetriebe bezeichnet LuK als ESG. 65 Anordnungen Startergenerator im ASG Bild 1 zeigt die Übersicht verschiedener Anordnungsmöglichkeiten der E-Maschine im Antriebsstrang mit Schaltgetriebe. LastAutomation RekuStart & Generieren peration schaltung notwendig a) b) c) d) Bild1: i NEIN i JA i JA i JA Anordnungen des Startergenerators im Antriebsstrang Zunächst einmal kann der Startergenerator an der Kurbelwelle angebracht werden (Bild 1a). Damit kann man Starten und Generieren. Rekuperation ist prinzipiell auch möglich, nutzt aber nicht das volle Potential des Startergenerators, da der Verbrennungsmotor immer mitgeschleppt werden muß. Die E-Maschine kann auf der Getriebe-Eingangswelle plaziert werden (Bild 1b). Dies hat den Vorteil, daß die E-Maschine vom Motor entkoppelt werden kann und somit das volle Potential der Rekuperation ausschöpft. Gegenüber den vorher genannten motorseitig angebrachten Lösungen liegt das Einsparpotential um ca. 10% höher. 66 Der Start des Verbrennungsmotors erfolgt wahlweise mit geschlossener Anfahrkupplung direkt oder durch Impulsstart, indem erst der Startergenerator beschleunigt und dann die Kupplung geschlossen wird. Somit muß die E-Maschine nicht für die maximalen Schleppmomente bei tiefen Temperaturen ausgelegt werden. Für diese Lösung ist eine Automatisierung des Schaltgetriebes fast zwingend notwendig, da zum Starten der Gang herausgenommen und die Kupplung geschlossen werden muß, und zum Rekuperieren der Gang eingelegt und die Kupplung geöffnet werden muß. Mit der E-Maschine auf der Eingangswelle bleibt der Schwachpunkt des ASG – die Zugkraftunterbrechung während der Schaltung – erhalten. Will man dies ändern, dann muß die E-Maschine auf den Abtrieb wirken (Bild 1c). In diesem Fall ist Rekuperation ebenfalls möglich. Auch hier ist die Verbindung mit automatisierter Kupplung oder automatisiertem Schaltgetriebe erforderlich. Mit dieser Anordnung läßt sich der Verbrennungsmotor aber nicht mehr durch den E-Motor starten und Generieren ist nur noch während der Fahrt möglich. Um alle Anforderungen, d.h. Starten, Generieren, Rekuperieren und Lastschaltung zu erfüllen, muß die E-Maschine wahlweise auf die Eingangswelle und auf den Abtrieb wirken können (Bild 1d). Die angestrebten Verbrauchsvorteile und Startergeneratorfunktionen lassen sich also nur erzielen, wenn die E-Maschine auf den Getriebeeingang wirken kann. Deshalb werden im weiteren nur die Varianten 1b und 1d behandelt. 67 Schaltung mit Einzel-Synchronisierungen Mit der E-Maschine auf der Getriebeeingangswelle liegt die Herausforderung im Ablauf des Schaltvorganges. Um dies zu verdeutlichen, wird zunächst der Schaltvorgang eines Handschaltgetriebes bzw. ASG beschrieben. Drehzahlen Bild 2 zeigt auf der rechten Seite (in Symbolen) den Antriebsstrang mit Handschaltgetriebe (bzw. ASG). Die Kupplung verbindet Verbrennungsmotor und Eingangswelle. Zwischen Eingangswelle und Ausgangswelle wirken zwei Zahnradpaare mit unterschiedlichen Übersetzungen und einer schaltbaren Klauenkupplung. An jeder Klauenkupplung wirkt eine einzelne Synchronisierung. An der Ausgangswelle ist die Fahrzeugmasse durch einen Reifen symbolisiert. A B C D Motor Eingangswelle Abtriebsmoment Zeit Zeit Bild 2: 68 Hochschaltung des ASG mit Einzel-Synchronisierungen Auf der linken Seite werden im oberen Diagramm Drehzahlverläufe von Motor und Eingangswelle über der Zeit und im unteren Diagramm das dementsprechende Moment an der Abtriebswelle gezeigt. Was passiert nun während des Gangwechsels? Betrachten wir zunächst den Ablauf ohne Startergenerator. Um die Klauenkupplung des alten Ganges lösen zu können, wird das Drehmoment am Getriebeeingang auf Null reduziert (Zeitpunkt A). Hierzu wurde das Motormoment abgebaut und die Anfahrkupplung geöffnet. Das wirkt sich direkt auf das Abtriebsmoment aus. Sowohl die Getriebeeingangswelle als auch der Verbrennungsmotor werden sehr langsam verzögert. Durch die Synchronisierung an der Klauenkupplung des neuen Ganges wird nun die Eingangswelle sehr schnell auf das Drehzahlniveau für den folgenden Gang gebracht (Bereich von Punkt B bis C). Anschließend kann die neue Klauenkupplung eingespurt werden (Punkt D). Am Ende muß noch die Drehzahlgleichheit zwischen Motor und Getriebeeingangswelle mit Hilfe der Anfahrkupplung hergestellt werden. Danach wirkt am Abtrieb das Moment des neuen Ganges. Die dünnen Linien zeigen die Drehzahlverläufe, die sich ohne die Anpassung durch die Synchronsierung und das Wiedereinkuppeln ergeben würden. Verbindet man nun den Startergenerator mit der Eingangswelle, so muß während der Synchronisierungsphase (Bereich von Punkt B bis C) nicht nur die Drehmasse der Eingangswelle, sondern auch die der E-Maschine beschleunigt werden. Dadurch würde diese Phase länger dauern und die Synchronisierung stärker belastet. Zur Unterstützung kann man die E-Maschine bestromen. Jedoch ist der Leistungsbedarf sehr hoch, wenn die gleiche Schaltzeit wie ohne diese zusätzliche Drehmasse erreicht werden soll. An dieser Problematik sind einige Integrationsversuche des Startergenerators in das ASG gescheitert. Gesucht ist also eine Synchronisierung, welche der Masse der E-Maschine Rechnung trägt. Die folgenden zwei Abschnitte zeigen hier Ansatz und Lösung. 69 Synchronisierung mit Motorbremse gegen Gehäuse Drehzahlen Das hier vorgestellte Prinzip wird heute schon bei LKW eingesetzt (Bild 3). A B Abtriebsmoment Zeit Zeit Bild 3: Synchronisierung durch Motorbremse gegen Gehäuse Die Drehzahlanpassung von Getriebeeingangswelle, Verbrennungsmotor und E-Maschine erfolgt durch eine leistungsfähige Bremse gegen das Gehäuse. Die Synchronisierungen an den einzelnen Klauenkupplungen können damit entfallen. Jedoch ist auch bei dieser Art der Synchronisierung die Zugkraftunterbrechung unvermeidlich. 70 Synchronisierung mit Motorbremse gegen Abtrieb Drehzahlen Bei dem oben vorgestellten Prinzip der Motorbremse wird das Moment am Gehäuse abgestützt. Beim Abbremsen des Verbrennungsmotors und der E-Maschine wird deren kinetische Energie in Wärme transformiert und geht dem Antrieb verloren. A B Abtriebsmoment Zeit Zeit Bild 4: Synchronisierung durch Motorbremse gegen Abtrieb Vorteilhafter ist es, dieses Moment über eine Lastschaltkupplung gegen den Abtrieb abzustützen und somit Anteile der kinetischen Energie des Verbrennungsmotors und der E-Maschine während der Schaltung an das Fahrzeug weiterzuleiten (Bild 4). Dies ist das Grundprinzip des elektrischen Schaltgetriebes (ESG). 71 Hierbei erfüllt die Lastschaltkupplung zwei Funktionen: • Synchronisieren von Getriebeeingangswelle, Verbrennungsmotor und E-Maschine • Vermeiden der Zugkraftunterbrechung durch Momentenabstützung am Triebstrang Im Vergleich zum ASG fallen bei diesem Prinzip zur Drehzahlanpassung die Totzeiten zwischen dem Ausspuren der Klauenkupplung und dem Synchronisierungsbeginn sowie zwischen dem Synchronisierungsende und dem Wiedereinspuren weg. Die Bewegung der Schaltelemente erfolgt in der Phase ohne Formschluß zeitgleich und unabhängig zur Synchronisierung durch die Lastschaltkupplung. Der Gradient der Getriebeeingangsdrehzahl während der Synchronisierung darf nun deshalb geringer als beim ASG (Bild 2) sein, ohne daß dadurch die Schaltzeit verlängert wird. Somit vereinfachen sich die Anforderungen an die EMaschine. Die dünne Linie in Bild 4 zeigt im Vergleich wieder den Verlauf der Drehzahl, wie er sich ohne die Synchrosierung durch die Lastschaltkupplung ergeben würde. 72 Das elektrische Schaltgetriebe – ESG Aufbau des ESG In Bild 5 wird dargestellt, wie ein ESG grundsätzlich aufgebaut sein könnte. Kuppeln Kuppeln 5 4 3 2 1 i Bild 5: R 6 Schalten Wählen Aufbau des ESG Die Synchronisierungen entfallen, und zur Anfahrkupplung kommt nun eine zusätzliche Lastschaltkupplung hinzu. Diese verbindet über ein Gangrad – hier dargestellt für den sechsten Gang – die Eingangswelle mit der Abtriebswelle. An diese Kupplung werden bezüglich Moment und Leistung ähnliche Anforderungen wie an eine Anfahrkupplung gestellt. Außer zur Lastschaltung kann diese Kupplung auch noch als Parksperre genutzt werden, und dies ohne Mehraufwand! Hierzu wird die Lastschaltkupplung geschlossen, nachdem ein Gang eingelegt wurde, und damit wird der Triebstrang verspannt. 73 Die Anfahrkupplung ist - wie oben erwähnt - während der Schaltvorgänge geschlossen, um die Trägheitswirkung und das Moment des Verbrennungsmotors in das Getriebe und somit über die Lastschaltkupplung zum Fahrzeug weiterzuleiten. Das heißt, beim Anfahren benutzt man nur die Anfahrkupplung und beim Schalten nur die Lastschaltkupplung. Darauf basiert die Idee, diese beiden Kupplungen mit einem gemeinsamen Aktor zu betätigen und sie als Kombikupplung auszuführen (Bild 6). Kuppeln i 6 5 4 3 2 1 R i Schalten Wählen Bild 6: 74 ESG mit einem Aktor für Anfahr- und Lastschaltkupplung Die zugehörigen Momentenkennlinien sind in Bild 7 dargestellt. Lastschaltkupplung Moment Anfahrkupplung Aktorweg A Bild 7: B C Momente von Anfahrkupplung und Lastschaltkupplung über Aktorweg Befindet sich der Aktor in Punkt A, so sind beide Kupplungen geöffnet. Auf dem Weg von Punkt A nach Punkt B wird die Anfahrkupplung geschlossen und das Fahrzeug fährt an. Steht der Aktor in Punkt B, kann er entweder nach links verfahren und die Anfahrkupplung öffnen bzw. die Momentennachführung realisieren oder nach rechts (Richtung Punkt C) und dann durch Betätigung der Lastschaltkupplung die Schaltung einleiten, wobei die Anfahrkupplung komplett geschlossen bleibt. 75 Aufwandsvergleich ESG zu ASG Beim ESG werden so viele Komponenten wie möglich vom ASG übernommen. Folgende treten in gleicher Zahl auf: • Anfahrkupplung • Kupplungsaktor • Schaltaktoren • innere Schaltmechanik • Eingangswelle • Ausgangswelle • Radsätze • Klauenkupplungen • Gehäuse • Ausrücklager Trotz Lastschaltung und E-Maschine ist also kein weiterer Aktor notwendig. Folgende Komponenten werden zusätzlich benötigt: • Anbindung ans Getriebe • • größere Batterie • Lastschaltkupplung • E-Maschine / Elektronik Verkabelung Dafür entfallen folgende Komponenten: 76 • Synchronisierungen • Generator • Starter • Riemenebene (?) Systemanforderungen des ESG Steuerung Die Ansteuerung des Systems und insbesondere der Kupplungen ist eine wesentliche Herausforderung beim ESG. Die Lastschaltkupplung, der Verbrennungsmotor und die E-Maschine müssen koordiniert angesteuert werden, um die Synchronisierfunktion zu erfüllen. Neben den Schaltstrategien müssen die zusätzlichen Funktionen der elektrischen Maschine (Starten, Versorgung Bordnetz usw.) sichergestellt werden. Während der Schaltphase schlupft die Lastschaltkupplung und bestimmt damit dominierend das Abtriebsmoment. Dies erfordert eine feinfühlige Ansteuerung. Eine weitere Herausforderung ist das Aus- und Einspuren der Klauenkupplungen. Beim Ausspuren muß genau der Augenblick getroffen werden, in dem die Klauenkupplung momentenfrei ist. Beim Einspuren muß Drehzahlgleichheit erreicht sein, aber gleichzeitig sollten auch die Drehzahlgradienten möglichst gleich groß sein. Für diese Koordinierung von Motor, Kupplungen und Getriebe ist ein umfangreiches Gesamtsystemwissen notwendig. Hier hat sich LuK schon bei der ASG-Entwicklung viel Know-how erarbeitet. Konstruktion der Lastschaltkupplung Wie von der Anfahrkupplung werden auch von der Lastschaltkupplung hohe Reibleistungen und gute Modulierbarkeit gefordert. Der Energieeintrag kann sogar noch höher als jener der Anfahrkupplung sein, was eine Verschleißnachstellung sinnvoll erscheinen läßt. Werden die Kupplungen als Kombikupplung ausgeführt - also Anfahrkupplung und Lastschaltkupplung in einer Baueinheit -, stellt dies eine besonders hohe Herausforderung dar. Zudem müssen beide Kupplungen kraftreduziert sein, um einen kleinen Kupplungsaktor verwenden zu können. Das ist sicherlich die richtige Aufgabe für den Kupplungsentwicklungsbereich von LuK. 77 Auf dem Weg zum ESG: Das unterbrechungsfreie Schaltgetriebe – USG Mit dem hier vorgestellten ESG offerieren wir bei der Revolution des Fahrzeug-Bordnetzes ein gesamthaft optimiertes Getriebesystem. Vorbereitend können mit geringerem Aufwand schon Teilaspekte dieser Technologie eingeführt werden. Das vorgestellte Konzept der Lastschaltung läßt sich auch ohne die Integration der E-Maschine bereits als eigenständige Alternative zu Handschaltgetriebe bzw. ASG einsetzen. Dieses System bezeichnet LuK als unterbrechungsfreies Schaltgetriebe (USG). Aufbau des USG In Bild 8 ist der Aufbau eines USG mit Kombikupplung, die nur durch nur einen Aktor betätigt wird, abgebildet. Kuppeln i 6 5 4 3 2 1 i Schalten Wählen Bild 8: 78 Aufbau des USG R Den ersten Schritt geht LuK mit dem im Bild 9 dargestellten Prototypen. Hierbei wird an einem vorhandenen ASG die Lastschaltkupplung am fünften Gang angebracht. Die zwei Kupplungen sollen erst im nächsten Entwicklungsschritt zur Kombikupplung vereinigt werden. Bild 9: LuK Prototyp für USG 79 Aufwandsvergleich USG zu ASG Folgende Komponenten treten bei ASG und USG in gleicher Anzahl auf: • Anfahrkupplung • Kupplungsaktor • Schaltaktoren • innere Schaltmechanik • Eingangswelle • Ausgangswelle • Radsätze • Klauenkupplungen • Gehäuse • Ausrücklager Trotz der Funktionserweiterung vom ASG zum USG ist also kein weiterer Aktor notwendig. Es wird nur eine zusätzliche Komponente benötigt, wobei diese durch Integration in die vorhandene Kupplung kostengünstig gestaltet werden kann: • Lastschaltkupplung Dafür entfallen folgende Komponenten: • Synchronisierungen Dieser Vergleich zeigt, daß das USG trotz der Vorteile nicht aufwendiger als das ASG sein muß. Auch die Aufrüstung des USG zum ESG ist ohne großen Aufwand möglich. Einen weiteren Vorteil sehen wir im Erhalt bestehender Investitionen bei den Getriebeherstellern, was durch die überwiegende Anzahl gleichartiger Teile möglich ist. 80 Zusammenfassung der Eigenschaften Das ASG ist in vielen Disziplinen Klassenbester. Bester Wirkungsgrad und niedrigste Herstellkosten verbunden mit geringstem Gewicht auf kleinstem Bauraum führen zu geringsten Verbräuchen und versprechen noch ein langes Leben für das ASG und somit für die getätigten Investitionen ins Handschaltgetriebe (Bild 10). Mehrfachnutzung von Komponenten Start & Stopp Generieren Rekuperieren Höhere Bordnetzleistung Boosten Lastschaltung Parksperre Automation Komfort Start & Stopp Kosten Schlupf Investionserhalt Wirkungsgrad Gewicht Verbrauch Bauraum ESG USG ASG Bild 10: Eigenschaften von ASG, USG und ESG Alle diese Vorteile bleiben für das USG erhalten. Es bietet jedoch ohne Mehrkosten mehr Funktionen wie Lastschaltung und Parksperre. Somit ist das USG für sich ein eigenständiges System. Das USG ist wiederum die optimale Basis für die Erweiterung durch den Startergenerator zum ESG. Das ESG ist ein schlüssiges Gesamtkonzept, das die Vorteile von ASG und USG beibehält und das Potential des Startergenerators bei Start-Stopp und Rekuperation voll ausschöpft. All die zusätzlichen Funktionen des Startergenerators, wie z.B. Energiewandlung, höhere Bordnetzleistung und Boosten sind möglich. 81 Fahrzeugbeschleunigung Im ESG unterstützt die E-Maschine die Lastschaltung des USG, so daß die Schaltung noch komfortabler und schneller vonstatten geht (siehe Bild 11). ESG USG ASG Zeit Bild 11: Fahrzeugbeschleunigung während der Schaltung mit ASG, USG und ESG Einordnung der Systeme In diesem Vortrag wurden das unterbrechungsfreie Schaltgetriebe (USG) und das elektrische Schaltgetriebe (ESG) als Weiterentwicklung des automatisierten Schaltgetriebes (ASG) behandelt. Wie stehen diese Systeme zueinander in Verbindung, und wie stehen sie im Vergleich zu anderen Getriebesystemen? In Bild 12 ist der Versuch einer Kosten-Nutzen-Bewertung dargestellt, wobei der Nutzen für den Kunden guter Komfort und guter Wirkungsgrad bedeutet. 82 Kosten EVT AT CVT ESG ASG USG EKM HSG Nutzen (Komfort, Wirkungsgrad) ESG = Elektrisches Schaltgetriebe EVT = Elektrisch variables Getriebe USG = Unterbrechungsfreies Schaltgetriebe CVT = Stufenloses Getriebe ASG = Automatisiertes Schaltgetriebe AT = Automatik-Getriebe EKM = Elektronisches Kupplungsmanagement HSG = Handschaltgetriebe Bild 12: Kosten-Nutzen-Vergleich verschiedener Triebstrangautomatisierungen Als Basis wird vom Handschaltgetriebe (HSG) als heute günstigstes System ausgegangen. Den anderen bekannten Eckpunkt stellt das Automatikgetriebe (AT) dar, mit höherem Nutzen, aber auch höheren Kosten. Das Elektronische Kupplungsmanagement (EKM) befindet sich nach unserer Einschätzung sowohl beim Nutzen als auch bei den Kosten auf einem Drittel zwischen diesen beiden Systemen. Beim ASG steigt der Nutzen im Vergleich zum EKM stark an, ohne viel höhere Kosten. 83 Das USG dürfte so preiswert wie das ASG sein. Allerdings steigt der Komfort weiter, da die Zugkraftunterbrechung eliminiert wird. LuK schätzt den Nutzen des USG gleichwertig zum Automatikgetriebe ein, allerdings mit dem Fokus auf andere Fahrzeugklassen. Der Schaltkomfort des Automatikgetriebes wird mit dem USG zwar nicht ganz erreicht, der Verbrauch ist jedoch viel geringer. Das ESG ist die Weiterentwicklung des USG. Die zusätzlichen Kosten für die elektrische Maschine und die Leistungselektronik dürfen nicht allein dem Getriebe zugeordnet werden, da die vielen Vorteile eines Startergenerators zum Teil unabhängig vom Antriebsstrang zu bewerten sind. Den großen Vorteil sehen wir im Kraftstoffeinsparpotential. Das CVT kostet ungefähr soviel wie ein Automatikgetriebe, bietet aber deutlich mehr Komfort. Steht bei der Entwicklung der bestmögliche Komfort im Vordergrund, werden Nachfolger für Automatikgetriebe und CVT gesucht. Es werden Systeme - wie sie zum Beispiel auch Herr Prof. Tenberge in seinem Beitrag vorstellt [8] - zum Einsatz kommen. Wie man in Bild 12 erkennen kann, handelt es sich hier aber um ein anderes Marktsegment als beim ESG. ASG, USG und ESG sind Weiterentwicklungen des Handschaltgetriebes. Daran arbeitet die LuK! 84 Literatur [1] Fischer, R.; Berger, R.: Automatisierung von Schaltgetrieben, 6. LuK-Kolloquium 1998 [2] Berger, R.; Fischer, R.; Salecker, M.: Von der Automatisierten Kupplung zum Automatisierten Schaltgetriebe; VDI-Bericht 1393 [3] Reik, W.: Startergenerator im Antriebstrang, LuK-Fachtagung E-Maschine im Antriebsstrang 1999 [4] Boll, W.; Antony P.: Der Parallel-Hybridantrieb von Mercedes-Benz, VDI-Bericht 1225 [5] Kerschl, S.; Höhn, B.; Pflaum, H.: Einsparpotentiale des Autarken Hybrid-Fahrzeugs, VDI-Bericht 1459 [6] Buschhaus, W.; Jaura, A.; Tamor, M: P2000 LSR – Fords Systematic and Integrated HEV Development Program, VDI-Bericht 1459 [7] Dietrich P., Eberle M.: Betriebsverhalten des ETH-Hybrid III Antriebes auf dem dynamischen Prüfstand und im Fahrzeug, VDI-Bericht 1459 [8] Tenberge, P.: Automatisiertes Fahrzeuggetriebe mit elektrischener Å Hybridgetriebe, LuK-Fachtagung E-Maschine im Antriebsstrang 1999 Regelung 85 Automatisiertes Fahrzeuggetriebe mit elektrischer Regelung Í Hybridgetriebe Prof. Dr.-Ing. Peter Tenberge Prof. Dr.-Ing. Wilfried Hofmann TU Chemnitz Einleitung Kombiniert man einen Planetenradsatz aus einem Automatgetriebe mit Schaltelementen aus Handschaltgetrieben und automatisiert die Übersetzungsverstellung über ein elektrisches Stellgetriebe mit angeschlossenem Energiespeicher, dann erhält man ein Hybridgetriebe. Mit seinem unendlich großen, stufenlos regelbaren Stellbereich kann das Hybridgetriebe die Starterfunktion für den Verbrennungsmotor und die Generatorfunktion für das Bordnetz mit übernehmen. Ohne Anfahrkupplung oder Wandler hängen V-Motor und Getriebe immer zusammen. Durch Energierekuperation über den Speicher läßt sich der Kraftstoffverbrauch weiter reduzieren. Zielsetzung für neue Fahrzeuggetriebe Das Getriebe als Leistungswandler zwischen Verbrennungsmotor und Antriebsrädern eines Fahrzeugs war für die Forschung zwar immer von Interesse. Im Markt konnten sich neue Getriebesysteme bislang jedoch nur in kleinen Stückzahlen oder Sonderanwendungen gegenüber Handschaltgetrieben und Automatgetrieben durchsetzen. Denn diese zeichnen sich durch hohe Wirkungsgrade, zuverlässige Funktionen, nahezu Wartungsfreiheit und durch geringe Herstellkosten als Folge ausgereifter Fertigungstechnologien aus. Ihr Übersetzungsbereich und die Stufung der Gänge erlauben ein Anfahren unter höchsten Lastanforderungen und eine gute Ausnutzung der Vollastkurve des Verbrennungsmotors zum Beschleunigen bis zur Höchstgeschwindigkeit. Handschaltgetriebe gelten als sportlich, Automatgetriebe als komfortabel. Verbrauchsbewußte Autofahrer fahren Diesel, die durch Pumpe-Düse, Common-Rail, etc. niedrigsten Kraftstoffverbrauch mit Laufruhe und höchster Kraft so vereinigen, daß selbst verwöhnte Fahrer zufrieden sind. Wozu dann noch andere Getriebe ? Was fehlt uns denn noch ? Nachteilig bei Handschaltgetrieben ist die Beschränkung auf 5 bis 6 Vorwärtsgänge und die Zugkraftunterbrechung beim Gangwechsel. Aus 87 Kostengründen wird in Handschaltgetrieben meist eine vom Fahrer zu betätigende Reibungskupplung zum Anfahren des Fahrzeugs eingesetzt. Nur in Verbindung mit einer großen Übersetzung des 1. Ganges kann dann das erforderliche max. Abtriebsdrehmoment erzeugt werden. Selbst wenn man von diesem 1. Gang aus 5 weitere Gänge gut schaltbar stuft, reicht der Übersetzungsbereich nicht aus, um den V-Motor bei Konstantfahrt im Bereich höchster Wirkungsgrade zu betreiben. Aus diesem Grunde werden Schaltgetriebe mit 6 und mehr Gängen entwickelt. Um den Fahrer von den dann vielen Gangwechseln zu entlasten, werden diese Getriebe automatisierte Kupplungsbetätigungen und Gangwechsel haben. Nachteilig bei Automatgetrieben sind die vielen reibschlüssigen Schaltelemente, von denen in jedem Betriebszustand die meisten offen sind. Je nach Relativdrehzahl erzeugen diese Schaltelemente Schleppverluste. Zum Anfahren und zum Schalten ohne Zugkraftunterbrechung werden in Automatgetrieben heute fast ausschließlich hydrodynamische Wandler eingesetzt, die nach dem Anfahren und nach Schaltvorgängen mittels einer Kupplung überbrückt werden. Die Schaltelemente und der Wandler erfordern eine hydraulische Druckölversorgung mit einer direkt mit dem V-Motor verbundenen Ölpumpe. Die Antriebsleistung der Ölpumpe und die Verluste in den Schaltelementen sind hauptsächlich für den schlechteren Wirkungsgrad der Automatgetriebe im Vergleich zu Handschaltgetrieben verantwortlich. Heutige Automatgetriebe decken ebenfalls einen zu kleinen Übersetzungsbereich ab, um den Verbrennungsmotor hinsichtlich Kraftstoffverbrauch optimal zu betreiben. Deshalb arbeitet man an Konzepten mit 6 und mehr Fahrstufen für den Einsatz in Pkws. Als Alternative zu Getrieben mit gestuften Übersetzungen gibt es stufenlose Getriebe. Reibradgetriebe und Umschlingungsgetriebe ermöglichen schon im Variator selbst Übersetzungsspreizungen zwischen 5 bis 6. Durch mehrfache Nutzung der Variatoren in mehreren Fahrbereichen [4, 5, 6], zum Teil mittels Leistungsverzweigung, lassen sich Spreizungen bis unendlich (geared neutral) erreichen. Mit elektrischen und mit hydrostatischen Getrieben sind unendlich große Stellbereiche auch ohne weitere Zusatzeinrichtungen erreichbar. Sie haben jedoch niedrigere Wirkungsgrade als mechanische stufenlose Getriebe. Deshalb verwendet man mechanische Überlagerungsgetriebe zur Leistungsverzweigung in sogenannten Koppelgetrieben [1, 2, 9, 12, 13, 14]. Die Antriebsleistung vom V-Motor wird dadurch in eine Teilleistung aufgeteilt, die rein mechanisch zum Abtrieb übertragen wird, und eine Teilleistung, die über das stufenlos elektrische oder hydrostatische Stellgetriebe fließt. Je kleiner die stufenlos übertragene Teilleistung wird, desto kleiner wird der Stellbereich, den dann das Koppelgetriebe im Verhältnis zum Stellbereich des Stellgetriebes aufweist. 88 Das TOYOTA-Hybridsystem [1, 2] ist so ein Getriebe, bei dem der unendlich große Stellbereich des elektrischen Stellgetriebes in einem sehr einfachen Koppelgetriebe, das nur ein dreiwelliges Planetengetriebe und keine Schaltelemente aufweist, auf den für einen Pkw-Einsatz nötigen Wert reduziert wird. Das elektrische Stellgetriebe baut jedoch noch relativ groß. Die Antriebswelle dieses TOYOTA-Getriebes ist ohne Schaltelement mit dem V-Motor verbunden und treibt die Stegwelle eines Planetengetriebes. An der Hohlradwelle des Planetengetriebes hängt eine erste, große elektrische Maschine und an der Sonnenradwelle eine zweite, kleine elektrische Maschine des Stellgetriebes. Die Leistungssteuerung ist noch mit einer Batterie als Energiespeicher verbunden. Beim Anfahren treibt die große E-Maschine zuerst alleine mit Energie aus dem Speicher den Abtrieb. Der Verbrennungsmotor steht dabei still. Erst ab einer bestimmten Geschwindigkeit wird über die kleine E-Maschine der Verbrennungsmotor beschleunigt und gestartet. Ab diesem Betriebszustand wird das Fahrzeug leistungsverzweigt weiter beschleunigt. Über die kleine E-Maschine und Energie aus dem Speicher kann auch bei stehendem Abtrieb der V-Motor beschleunigt und gestartet werden. Aus diesem Betriebszustand (gearedneutral) heraus wird dann das Fahrzeug leistungsverzweigt angefahren. Je nach Ladezustand des Speichers ist die eine oder andere Anfahrstrategie zu bevorzugen. Beim leistungverzweigten Fahren kann über den Speicher und das Stellgetriebe kurzzeitig zusätzlich Leistung zum Fahren bereitgestellt werden, oder auch der Speicher geladen werden. Auch beim Bremsen kann man mit einem Teil der kinetischen Fahrzeugenergie den Speicher laden. Durch die Rekuperation der Bremsenergie wird gerade in instationären Fahrzyklen der Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs noch wesentlich gesenkt. Im Stadtverkehr hat TOYOTA sehr niedrige Kraftstoffverbräuche gemessen. Der wesentliche Nachteil des Getriebes nach [1, 2] ist die sehr große zweite E-Maschine auf der Getriebeabtriebswelle, die das volle Anfahrdrehmoment bereitstellen muß. Um die gleiche Fahrdynamik wie mit einem Fahrzeug mit Handschaltgetriebe zu erreichen, muß diese große E-Maschine ein kurzzeitiges Anfahrdrehmoment (z.B. Tabmax=700 Nm) erreichen, das dem Maximalmoment des V-Motors (z.B. Tanmax=200 Nm) multipliziert mit der Übersetzung des 1. Ganges (z.B. i1=3,5) des Handschaltgetriebes entspricht. Aus diesem Grunde ist das TOYOTA Hybridsystem in dieser Form nicht für leistungsstarke Fahrzeuge geeignet. Aus der Analyse der Vor- und Nachteile des Standes der Technik ergeben sich folgende Anforderungen an ein neuartiges Fahrzeuggetriebe. Um einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen, soll der wesentliche Leistungsanteil wie in Stufengetrieben mechanisch über wenige Zahnräder und Schaltelemente geleitet werden. Bei jeder Übersetzung sollen auch nur wenige Zahnräder und Schaltelemente ohne Last geschleppt mitlaufen. 89 Trotzdem soll das Getriebe einen unendlich großen Übersetzungsbereich stufenlos abdecken. Denn nur dann kann die Antriebswelle des Getriebes ohne Anfahrelement fest mit dem Verbrennungsmotor verbunden sein. Das Getriebe soll wie das TOYOTA-System an einen Speicher angeschlossen sein, mit dessen Energie das Fahrzeug bei stehendem Verbrennungsmotor angefahren oder der Verbrennungsmotor bei stehendem Fahrzeug gestartet werden kann. Im Fahr- und Bremsbetrieb soll der Speicher je nach Ladezustand entladen oder geladen werden können. Die zu installierende Eckleistung aller nicht mechanischen Bauteile soll klein sein, damit das Getriebe bei gleichem Leistungsvermögen hinsichtlich Baugröße, Gewicht und Kosten wettbewerbsfähig ist zu Automatgetrieben und anderen Stufenlosgetrieben. Speicher Steuerung E2 E1 ab VM R St S 3-W-PG Bild 1: TOYOTA-Hybridsystem (THS) Steuerung Speicher KD BE BH BO E2 E1 H 27 VM 39 45 32 -105 -99 5-W-PG Bild 2: 90 Hybridgetriebe HG 120 mit 5-Wellen-Planetengetriebe ab Das Hybridgetriebe HG 120 Im Gegensatz zum TOYOTA-Hybridsystem weist unser Vorschlag für ein neues Hybridgetriebe ein fünfwelliges Planetengetriebe auf. Die Stegwelle ist Abtriebswelle des Getriebes. Weiterhin gibt es ein kleines und ein großes Sonnenrad sowie ein kleines und ein großes Hohlrad. Der Steg trägt 3 Sätze Planetenräder, von denen jeder 2 miteinander kämmende Planetenräder umfaßt. Das kleine Planetenrad geht über die gesamte Breite des Steges und kämmt mit dem kleinen Hohlrad und dem großen Sonnenrad. Das kleine Sonnenrad und das große Hohlrad kämmen mit dem großen Planetenrad, das nur halb so breit ist wie das kleine Planetenrad. Das Planetengetriebe entspricht einem etwas erweiterten Ravigneaux-Satz. Bild 3: Wirkungsgradkennfeld einer permanenterregten Synchronmaschine Das kleine Sonnenrad ist mit der E-Maschine E1, das große Sonnenrad mit der E-Maschine E2 fest verbunden. In einer gestreckten Getriebeausführung für ein heckgetriebenes Fahrzeug (Bild 2) sitzen die beiden E-Maschinen koaxial zum Planetengetriebe. Als schlanke Innenläufermaschinen haben sie ein kleines Massenträgheitsmoment. Außerdem lassen sich außenliegende Statoren besser kühlen. 91 Die hier vorgesehene Wasserkühlung ist unabhängig vom Kühlkreislauf des V-Motors, um die Temperatur des Stellgetriebes und seiner Leistungssteuerung unter 120° C zu halten. Der Kühlkreislauf hat eine elektrisch getriebene Wasserpumpe mit variabler Drehzahl zur Regelung der Kühlleistung. Für eine Anwendung in einem Fahrzeug mit einem zu bis 250 Nm starken V-Motor haben beide E-Maschinen ein kurzzeitiges Spitzendrehmoment von 120 Nm (daher die Bezeichnung HG 120) und eine Dauerleistung von 20 kW. Für das Stellgetriebe kommen permanenterregte Synchronmaschinen oder Asynchronmaschinen infrage. Für die Synchronmaschinen spricht ein hoher Wirkungsgrad, insbesondere bei Teillast (Bild 3), und eine hohe Kraftdichte. Die Asynchronmaschinen sind wegen ihrer Robustheit, des hohen Drehvermögens aufgrund der einfacheren Feldschwächbarkeit und der niedrigeren Herstellkosten interessant, obwohl sie etwas größer bauen. Das Getriebe hat eine elektrisch betriebene Ölpumpe zur Zahnrad- und Lagerschmierung, zur Getriebkühlung und zur Druckversorgung der Schaltelemente. Bei den hier vorgesehenen vier Schaltelementen ist eine elektrohydraulische Betätigung energetisch sinnvoller als der Einsatz von mindestens zwei elektrischen Schaltaktoren. Betriebs- und Schaltzustände im HG 120 Im HG 120 treibt der Verbrennungsmotor VM ohne Anfahrelement das große Hohlrad und kann über eine Bremse BE mit dem Gehäuse verbunden werden. In diesem Betriebszustand Rangieren kann das Fahrzeug rein elektrisch über beide E-Maschinen unabhängig voneinander mit betragsmäßig hoher Übersetzung betrieben werden. Betriebs-/Schaltzustand nVM/nab nE2/nab nE1/nab nH/nab Dauerbetrieb BH = geschlossen 1,943 3,2 -1,539 0 nE1 = 0 1,371 1,866 0 0,607 KD = geschlossen 1 1 1 1 BO = geschlossen 0,572 0 2,154 1,454 BE = geschlossen 0 -1,33 3,69 2,06 Rangierbetrieb Tabelle 1: 92 Drehzahlverhältnisse in den verschiedenen Betriebs-/ Schaltzuständen Das kleine Hohlrad H ist über eine Bremse BH mit dem Gehäuse verbindbar. In dieser Schaltstellung ergibt sich eine feste Übersetzung von i=nVM/nab=1,94 zwischen V-Motor und Abtrieb und ebenfalls betragsmäßig hohe Übersetzungen zwischen den E-Maschinen und dem Abtrieb, um auch mit kleinen E-Maschinen große Abtriebsdrehmomente erzeugen zu können. Die Kupplung KD verbindet für einen Direktgang den V-Motor direkt mit der Abtriebswelle. Das Planetengetriebe läuft mit der Übersetzung i=1 als unbelasteter Block um. Bis auf Schleppverluste an den Bauteilen und Verluste in den nur durch Gewichtskräfte belasteten Lagern erfolgt die Leistungsübertragung in diesem Schaltzustand verlustlos. Mit der Bremse BO kann für einen Overdrive mit i=0,57 die E-Maschine E2 festgehalten werden. Über eine weitere Bremse ließe sich auch das kleine Sonnenrad mit der Maschine E1 festhalten. Dadurch ergäbe sich eine feste UnderdriveÜbersetzung von i=1,37. Da so eine Übersetzung bei konstanter Geschwindigkeit nur selten gefahren wird, verzichten wir auf dieses Schaltelement. Denn auch die Kupplung KD und die Bremse BO sollen nur betätigt werden, wenn das Fahrzeug z.B. auf der Autobahn mit nahezu konstanter Geschwindigkeit gefahren wird. Bei geschlossener KD werden im Direktgang mit höchstem Wirkungsgrad hohe Geschwindigkeiten und Beschleunigungen erreicht. Bei geschlossener BO fährt ein Fahrzeug mit den Daten aus Tabelle 2 im Bereich von 80 km/h bis 130 km/h mit niedrigen Motordrehzahlen zwischen 1220/min und 1900/min, hohem Wirkungsgrad und geringem Kraftstoffverbrauch. Die stufenlose Übersetzungsverstellung zwischen den festen Übersetzungen regelt das elektrische Stellgetriebe so, daß bei den Schaltungen synchrone Drehzahlen an den Schaltelementen vorliegen. Das elektrische Getriebe ist mit seinen kleinen E-Maschinen so ausreichend dimensioniert, daß im Hauptfahrbereich alle Betriebszustände auch ohne Betätigung irgendwelcher Schaltelemente fahrbar sind. Die Schaltelemente KD und BO dienen also nur zur Entlastung des Stellgetriebes und zur Erhöhung des Wirkungsgrades auf das Niveau von Handschaltgetrieben bei den zwei oft benutzten Gesamtübersetzungen (incl. Achsantrieb) von iges=3,5 und iges=2. Bei diesen Übersetzungen dreht der Verbrennungsmotor mit ca. 3100/min bzw. 1800/min bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h. Das Zusammenwirken des elektrischen Stellgetriebes mit dem Planetengetriebe und dem V-Motor läßt sich besonders einfach anhand mehrerer Drehzahl- und Drehmomentendiagramme erläutern. In einem Drehzahlleiterdiagramm gibt es für jede Welle eines Planetengetriebes eine Drehzahlleiter, auf der nach oben die Drehzahl aufgetragen wird. 93 Der Abstand der Drehzahlleitern wird durch die Standübersetzungen bzw. Zähnezahlen im Getriebe bestimmt. Jeder Betriebszustand läßt sich durch eine gerade Linie beschreiben, deren Schnittpunkte mit den Drehzahlleitern den momentanen Drehzahlzustand wiedergibt. Die Drehmomentverhältnisse werden deutlich, wenn man die Linie des Betriebszustandes als einen Hebel auffaßt und die Drehmomente an den Getriebewellen als Kräfte an diesem Hebel. Während bei einem dreiwelligen Planetengetriebe feste Beziehungen zwischen den Drehmomenten der drei Wellen vorliegen, sind in einem fünfwelligen Planetengetriebe vielfältige Drehmomentverhältnisse möglich. Die folgenden Bilder verdeutlichen, wie der V-Motor, die E-Maschinen und der Speicher in den verschiedenen Betriebszuständen zusammenarbeiten. Um ein Fahrzeug mit dem HG 120 aus dem Stillstand zu beschleunigen, versuchen zuerst beide E-Maschinen alleine die Abtriebslast zu stützen und die Beschleunigungsleistung aufzubringen (Bild 4). Eine der beiden E-Maschinen (z.B. E2) wird dabei über das Fahrpedal lastgeregelt. Die andere (E1) wird drehzahlgeregelt, und zwar so, daß das große Hohlrad steht (nH=0/min). Die Übersetzungen sind so gewählt, daß das Getriebe dann mit nVM/nab ca. 2 läuft und daß die Drehzahlleiter des Steges=Abtriebswelle ziemlich genau in der Mitte zwischen den Drehzahlleitern der beiden E-Maschinen steht. Das Abtriebsdrehmoment belastet die E-Maschinen daher nahezu gleichmäßig. Wenn die beiden E-Maschinen, wie in diesem Beispiel max. jeweils 120 Nm aufbringen, kann so ein Abtriebsdrehmoment von ca. 240 Nm abgestützt werden. Da E2 eine positive Drehzahl aufweist, fließt von E2 eine Leistung über das Planetengetriebe zum Abtrieb. Ein Teil dieser Leistung fließt jedoch über das kleine Sonnenrad, E1 und die Leistungssteuerung im Kreis wieder E2 zu, solange E1 eine negative Drehzahl hat. Reicht ein Abtriebsdrehmoment von 240 Nm zum Anfahren nicht aus, so wird das bereits stehende große Hohlrad H mit der Bremse BH ans Gehäuse gekoppelt (Bild 5). Für BH wäre somit auch ein formschlüssiges Schaltelement geeignet. Nun kann hier ebenfalls ein Drehmoment abgestützt und E1 entlastet werden. Sobald die Bremse BH Moment überträgt, wird auch E1 lastgeregelt, da nun beide E-Maschinen unabhängig voneinander arbeiten. Je mehr E1 entlastet wird, desto mehr Last übernimmt BH, bis sich bei E1 das Drehmoment sogar umkehrt (Bild 6). Dann treiben beide E-Maschinen den Abtrieb. Mit BH als Abstützpunkt des Hebels erzeugen die je 120 Nm der E-Maschinen das max. erforderliche Abtriebsdrehmoment von ca. 600 Nm. Das reicht sicher zum Beschleunigen des Fahrzeuges und des V-Motors. Sobald der VMotor seine Mindestdrehzahl erreicht, wird er gestartet (Bild 7). Nach der Fahrpedalstellung gibt er ein bestimmtes Drehmoment ab. 94 Um den V-Motor möglichst ruckfrei zuzuschalten, werden mit dem Drehmomentaufbau des V-Motors die Momente in den E-Maschinen reduziert, und zwar hauptsächlich an E1. Bei TE1=TE2=0Nm werden beide E-Maschinen geschleppt. Das Fahrzeug fährt rein verbrennungsmotorisch mit einer Übersetzung von ca. 2. So kann z.B. bei einer längeren Paßfahrt das elektrische Getriebe entlastet werden und nur noch bei kurzzeitigen Lastspitzen als „Booster” wirken. Das Moment am Hohlrad H entspricht dann ungefähr dem Motormoment. Wirkt das Drehmoment TE1 wie in Bild 8 nach oben und das Drehmoment TE2 nach unten, so wird Welle H immer weiter entlastet. Sobald TH=0Nm ist, kann die Bremse BH lastfrei geöffnet werden. Sofort wird E1 wieder drehzahlgeregelt und E2 lastgeregelt. Damit ist der Anfahrvorgang unter Vollast beendet. Die häufigen Anfahrvorgänge mit Abtriebsdrehmomenten kleiner 240 Nm kommen ohne Schaltung von BH aus. Über die beiden E-Maschinen werden das Fahrzeug und der V-Motor beschleunigt. Nach dem Starten des V-Motors befindet sich das Getriebe sofort im Zustand Hybrides Fahren mit Speicherbetrieb (Bild 8) . Über die Drehzahlregelung von E1 kann nun stufenlos die Übersetzung eingestellt werden. Dabei fließt von E1 Leistung ins Getriebe zum Abtrieb. Über die Lastregelung von E2 wird die Lade- oder Entladeleistung der Batterie eingestellt. Je nach den Erfordernissen kann während der Fahrt der Speicher geladen werden, oder Speicherleistung als „Booster” zusätzlich zum V-Motor wirken. Der maximale „Booster”-Effekt hängt von den momentan möglichen Vollastdrehmomenten der beiden E-Maschinen ab, die mit den Maschinendrehzahlen abnehmen. Bei mittleren Übersetzungen um i=1 kann über alle o.a. Antriebe zusammen ein Abtriebsdrehmoment erzeugt werden wie bei einem konventionellen Fahrzeug mit einem über 400 Nm starken V-Motor. Wenn die Summe der Leistungen beider E-Maschinen und der elektrischen Verlustleistung Null ist, wird der Speicher momentan nicht benutzt. Ein Mindestladezustand in der Batterie darf durch den Fahrbetrieb nicht unterschritten werden, um ausreichend Energie für andere Verbraucher und für einen Notstart zu haben. Sollte beim Anfahren der Speicher einmal fast leer sein, kann das Getriebe auch in einem geared neutral-Modus (Bild 10) beschleunigt werden. Dazu wird im Fahrzeugstillstand über E2 drehzahlgeregelt der V-Motor auf seine Leerlaufdrehzahl beschleunigt und gestartet. E1 wird dabei so drehzahlgeregelt, daß der Abtrieb stehenbleibt. Sobald das Fahrpedal betätigt wird, wird der Speicher geladen und das Fahrzeug beschleunigt bis i=2. Danach wird in den bekannten Hybridmodus umgeschaltet. 95 PE2 TE2 E2 Tab ab Pab E2 PE2 TE2 ab ab Pab Steuerung VM H PE1 TH TE1 nH =0 E1 PE1 Pab E1 Bild 5: Anfahren mit mittlerer Last Speicher 12000/min 10000/min 8000/min 6000/min 4000/min 2000/min 0/min -2000/min -4000/min -6000/min n E2 PE2 Steuerung Speicher E1 Pab BE BH PSp. PSp.. PE1 TE1 nH =0 H E1 PE1 Speicher PSp.. Steuerung VM E2 PE2 Steuerung Bild 4: Anfahren mit kleiner Last 12000/min 10000/min 8000/min 6000/min 4000/min 2000/min 0/min -2000/min -4000/min -6000/min n PSp. H BE BH Speicher H 96 PE2 TE2 E2 Pab TH Tab ab n PE2 PVM Pab E1 Pab PE1 TE1 nH =0 PE1 Bild 7: Anfahren mit 3 Antrieben H E1 TH Tab ab Steuerung VM TE2 TVM E2 Speicher 12000/min 10000/min 8000/min 6000/min 4000/min 2000/min 0/min -2000/min -4000/min -6000/min Pvm E2 PE2 Steuerung Speicher TE1 E1 Pab BE BH PSp. PSp. PE1 nH =0 H E1 PE1 Speicher PSp. Steuerung VM E2 PE2 Steuerung Bild 6: Anfahren mit hoher Last 12000/min 10000/min 8000/min 6000/min 4000/min 2000/min 0/min -2000/min -4000/min -6000/min n PSp. H BE BH Speicher H 97 PE2 TE2 E2 ab Tab Pab Speicher H E1 PSp.. Steuerung VM E2 PE2 Steuerung PE1 TE1 PE1 E1 Pab Bild 8: Hybrides Fahren mit Speicherbetrieb 12000/min 10000/min 8000/min 6000/min 4000/min 2000/min 0/min -2000/min -4000/min -6000/min n BE BH Speicher H PSp. 12000/min 10000/min 8000/min 6000/min 4000/min 2000/min 0/min -2000/min -4000/min -6000/min PVM PVM Tab ab Pab Speicher PSp. Steuerung VM TVM PE2 TE2 E2 E2 PE2 H E1 Pab E1 TE1 PE1 PE1 Steuerung Bild 9: Elektrisches Bremsen n PSp. BE BH Speicher H 98 n PE2 PVM E1 H nab =0 Tab ab Pab =0 E2 PE2 TE2 Steuerung Tab ab nvm =0 VM Pab H E1 PE1 TE1 Bild 11: Rangieren vorwärts/rückwärts Speicher 12000/min 10000/min 8000/min 6000/min 4000/min 2000/min 0/min -2000/min -4000/min -6000/min n E2 Steuerung Speicher E1 Pab =0 BE BH PSp. PSp.. PE1 TE1 PE1 Speicher PSp.. Steuerung VM TE2 TVM E2 E2 PE2 Steuerung Bild 10: Anfahren aus geared-neutral 12000/min 10000/min 8000/min 6000/min 4000/min 2000/min 0/min -2000/min -4000/min -6000/min PVM PSp. H BE BH Speicher H 99 E1 Pab Beim elektrischen Bremsen (Bild 9) hängt das maximale elektrische Bremsmoment von den Vollastmomenten beider E-Maschinen als Funktion ihrer Drehzahlen bzw. der Abtriebsdrehzahl und der Getriebeübersetzung ab. Zum Bremsen wird über das Bremspedal ein Lastwert (z.B. 30%) für die lastgeregelte E2 vorgegeben. E1 wird auch beim Bremsen drehzahlgeregelt, so daß mit Abnahme der Fahrgeschwindigkeit die Übersetzung bis auf maximal i=2 ansteigt. Da über das Bremspedal auch immer die mechanische Bremse mitbetätigt wird, kann auch bei kleinen Bremsmomenten nur ein Teil der Fahrzeugenergie rekuperiert werden. Sobald eine ABS- oder EPS-Regelung aktiviert wird, wird die elektrische Bremskomponente deaktiviert. Zum Rückwärtsfahren schaltet das Getriebe in einen Rangiermodus (Bild 11), bei dem zuerst der V-Motor stillgesetzt wird. Wie beim elektrischen Anfahren wird nun E2 lastgeregelt und E1 drehzahlgeregelt, aber so, daß nVM=0/min bleibt. Wenn auch in diesem Betriebszustand höhere Abtriebsdrehmomente gefordert werden, als über E1 und E2 allein abstützbar sind, dann wird die Bremse BE geschlossen, so daß ähnliche Hebel wie bei nH=0/min vorliegen. Bild 12: Maximale elektrische Bremsmomente am Abtrieb des Hybridgetriebes 100 Erkennt die Regelung beim hybriden Fahren, daß das Fahrzeug mit nahezu konstanter Übersetzung im Bereich von i=1 oder i=0.57 gefahren wird, so wird bei diesen Übersetzungen durch Schließen der Elemente KD oder BO das Stellgetriebe überbrückt. Da diese Schaltungen im Synchronpunkt erfolgen und nicht zeitkritisch sind, werden dafür formschlüssige Schaltelemente eingesetzt. Auch für die Bremsen BH und BE wären Formschlußelemente möglich. Da jedoch zumindest BH drehmomentabhängig schnell geschlossen werden muß, bietet eine reibschlüssige Bremse BH eine höhere Funktionssicherheit. Tabelle 2 gibt noch eine Übersicht über die einzelnen Betriebszustände. Betriebsmodus E-Maschine Tab Elektrisches Welle H E1 E2 klein drehzahlgeregelt lastgeregelt geschleppt BH auf hoch lastgeregelt lastgeregelt geschleppt BH zu hoch lastgeregelt lastgeregelt lastgeregelt BH zu ca. -2 TVM geschleppt geschleppt lastgeregelt BH zu drehzahlgeregelt lastgeregelt lastgeregelt BH auf klein drehzahlgeregelt lastgeregelt lastgeregelt BH auf f(nab,nan) drehzahlgeregelt lastgeregelt geschleppt BH auf klein drehzahlgeregelt lastgeregelt BE auf BH auf hoch lastgeregelt lastgeregelt BE zu BH auf Anfahren Hybrides Fahren V-Motor mit i = i1 ca. 2 Hybrides Fahren i1 > i > imin Geared neutral Anfahren i > i1 Elektrisch Bremsen Rangieren Tabelle 2: Übersicht über die Betriebszustände im Hybridgetriebe HG 120 101 = P Parken Elektrisch entriegelte, federbelastete mechanische Parksperre Abtriebswelle wirkend auf = Rangieren Rangieren vorwärts und Rangieren rückwärts in einer Fahrschalterebene. Rangieren rückwärts hat Vorrang. N = Neutral Beide E-Maschinen lastfrei, alle Schaltelemente offen D = Fahrbetrieb Elektrisches Anfahren + hybrides Fahren mit adaptiver Drehzahlregelung. Rr Rv Anfahren mit geared neutral wird über den Ladezustand des Speichers automatisch erkannt. Schaltung von KD und BO wird über Bewertung des Fahrzustandes automatisch erkannt. Tabelle 3: Fahrschalter für das Hybridgetriebe HG 120 Der Fahrschalter für das HG 120 hat 5 Positionen in 4 Ebenen (Tabelle 3). Im Rangiermodus geht der Fahrschalter vorrangig in Position Rangieren rückwärts (Rr). Rangieren vorwärts (Rv) muß besonders aktiviert werden. 102 In diesem rein elektrischen Fahrbetrieb kann das Fahrzeug Geschwindigkeiten bis ca. 100 km/h erreichen. Im Dauerbetrieb erkennt die Regelung über den Ladezustand des Speichers, in welchem Modus angefahren werden soll und wann feste Übersetzungen zu schalten sind. Regelung des Hybridgetriebes und Simulation des Betriebsverhaltens Wie heute bereits von Automatgetrieben bekannt, erhält das Hybridgetriebe eine adaptive Regelung. Die Zuordnung der Solldrehzahl des V-Motors zur Fahrgeschwindigkeit hängt dabei vom momentanen Streckenprofil und der Fahrweise des Fahrers (Geschwindigkeitsprofil) ab. Aus Fahrgeschwindigkeit, Beschleunigung und Steigung wird in einem Beobachtungszeitfenster ein mittlerer Dynamikleistungswert bestimmt. Das Beobachtungsfenster ist geschwindigkeitsabhängig und beträgt im Stadtverkehr mit max. Geschwindigkeiten bis 70 km/h nur einige Sekunden. Je höher die Geschwindigkeit außerstädtisch ist, desto größer wird das Beobachtungsfenster, um das Regelverhalten nicht zu schnell zu verändern. Die mittlere Dynamikleistung wird zum Leistungsbedarf für die momentane, als konstant angenommene Fahrgeschwindigkeit addiert. Über die Minimalverbrauchskennlinie ergibt sich so eine Solldrehzahl für den V-Motor. Der Dynamikwert hat nicht nur Einfluß auf die Regelkennlinie Solldrehzahl/Fahrgeschwindigkeit, sondern er beeinflußt auch die zulässigen Übersetzungsgradienten. Bei einem hohen Dynamikanspruch soll die Motordrehzahl bei einer Lastforderung durch Erhöhung der Übersetzung schnell steigen können, sie soll aber bei Lastrücknahme nicht durch Übersetzungsverringerung zu schnell sinken. Im Gegensatz dazu verlangt eine kraftstoffsparende Fahrweise eine schnelle Drehzahlabnahme, wann immer die Last dies zuläßt, und eine etwas langsamere Drehzahlsteigerung bei Lasterhöhung. Die zulässigen Drehzahlgradienten hängen dabei nicht nur vom Dynamikwert ab, sondern auch noch von der Fahrgeschwindigkeit und der momentanen Übersetzung. Mit steigender Fahrgeschwindigkeit und fallender Übersetzung nehmen alle Gradienten ab. Um Fahrern, die bisher gestufte Getriebe gewohnt sind, ein bekanntes Fahrgefühl zu vermitteln, soll eine mit der Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv steigende Mindestdrehzahl des V-Motors nicht unterschritten werden. Später können auch andere, noch mehr auf Kraftstoffsparen orientierte CVT-Regelungen verwendet werden. Durch den Hybridaufbau mit Energiespeicher sind sogar getaktete Betriebsweisen möglich, bei 103 denen der V-Motor nur im Speicherbetrieb immer aktiv ist. Bestpunkt betrieben wird und der Aus den o.a. Algorithmen erhält man die Solldrehzahl des V-Motors und mit der Fahrgeschwindigkeit auch die Sollübersetzung des Hybridgetriebes. Solange iSoll>1,943 ist, bleibt das Getriebe im Anfahrmodus. Dieser wird auch erst verlassen, wenn die Abtriebslast so weit reduziert ist, daß die Bremse BH lastfrei geöffnet werden kann. Mit den Drehzahlen beider E-Maschinen sind alle Drehzahlen im Getriebe eindeutig bestimmbar. Eine Solldrehzahl des V-Motors definiert somit bei einer bestimmten Fahrzeuggeschwindigkeit die Solldrehzahl der drehzahlgeregelten E-Maschine. Der Drehmomentzustand in einem 5-Wellen-Planetengetriebe wird durch 3 Drehmomente eindeutig bestimmt. Kennt man somit die Momente beider E-Maschinen und das Moment an Welle H, sind auch alle anderen Drehmomente eindeutig definiert. Die Momente im Stellgetriebe liegen über eine Strommessung in der Leistungssteuerung vor. Da Welle H nur bei geschlossener Bremse BH ein Drehmoment führen kann, reicht hier als Drehmomentsensor ein Kraftsensor am gehäusefesten Teil von BH aus. Somit kann sich die Regelung stetig ein Bild vom V-Motorkennfeld machen, die Fahrpedalstellung als Sollantriebsdrehmoment interpretieren und je nach Betriebszustand das Sollmoment der drehmomentgeregelten E-Maschine bestimmen. Bild 13: Ladezustand des Speichers beim Fahren des US-City-Zyklusses mit dem Sportmotor bei Regelung auf Fahrdynamik mit und ohne BSP 104 Um mit einem Mittelklassefahrzeug innerstädtisch noch eine Strecke von 20 km rein elektrisch fahren zu können, reicht eine Batteriekapazität von 2 bis 2,5 kWh aus. Möchte man nur den Rangierbetrieb rein elektrisch abdecken, so reicht für einen Startvorgang unter Extrembedingung und für einen effektiven Bremsbetrieb eine Speicherkapazität von max. 1 kWh aus. Bei jedem elektrischen Anfahren, jedem „Booster”-Betrieb und durch weitere elektrische Verbraucher wird die Batterie entladen. Sinkt der Ladezustand z.B. unter 60%, wird im Hybridmodus die Batterie geladen. Somit bleibt immer eine ausreichende Kapazität für einen plötzlich größeren rein elektrischen Leistungsbedarf. Sinkt der Ladezustand trotzdem einmal unter 30%, fährt das Fahrzeug nur im geared neutralModus an, bis wieder ein Ladezustand von min. 50% erreicht ist. Steigt der Ladezustand durch Bremsrekuperation über z.B. 75%, wird auch im Hybridbetrieb aus der Batterie Leistung entnommen, um immer freie Kapazität für anfallende Bremsenergie zu haben. In den bekannten genormten Fahrzyklen treten speicherbare Bremsenergien und rein elektrische Beschleunigungsenergien von max. 100 Wh pro Bremsung bzw. Beschleunigung auf. Somit bleibt der Ladezustand der Batterie zwischen 55% und 80%. Bild 13 verdeutlicht den Verlauf des Ladezustandes beim Fahren eines Stadtzyklusses. Bei Ladezuständen unterhalb von Wspmin wird der Speicher auch im Zugbetrieb bei laufendem V-Motor geladen. Oberhalb von Wspmax wird der Speicher auch im Zugbetrieb entladen. Simulation des Betriebsverhaltens In den letzten Jahren haben wir an der TU Chemnitz ein Simulationsprogramm entwickelt, mit dem wir das Betriebsverhalten eines Getriebes in jedem Fahrzeug in Verbindung mit jedem Motor beim Fahren beliebiger Strecken bis ins Detail beschreiben können. Gemessene oder gerechnete Wirkungsgradkennfelder jeder Antriebskomponente können dabei ebenso berücksichtigt werden wie die Dynamik aller Teilsysteme. Die Erfahrung zeigt, daß erst bei einem sehr hohen Aufwand zur Berechnung des Leistungsbedarfes und der Wirkungsgrade im Teillastbereich und einer genauen Abbildung der Regelung einigermaßen mit Versuchsergebnissen übereinstimmende Kraftstoffverbräuche berechnet werden können. Im Rahmen dieses Beitrags war das Ziel der Simulationen, den unterschiedlichen Einfluß des Verbrennungsmotors, der Getrieberegelung und der Bremsenergierückgewinnung auf den Kraftstoffverbrauch zu gewichten. Dazu wurde in der Simulation ein Fahrzeug mit einer fahrbereiten Masse von 1545 kg einmal mit einem direkteinspritzenden 81 kW Turbodieselmotor oder mit einem 150 kW Sportwagenmotor über den US-City-Zyklus und den US-Highway-Zyklus geschickt. 105 Tabelle 4: 106 = = = Zusatzmasse Batterie (1 kWh) dyn. Reifenhalbmesser Luftwiderstandsfläche 3 7,7 27,8 TE2 eff. [Nm] 100,0 TE1 eff. [Nm] rel. Verbrauch [%] 25,1 TE2 eff. [Nm] 4,57 21,0 Verbr. [L/100 km] 100,0 TE1 eff. [Nm] Kraftstoffverbräuche beim simulierten Fahren mit verschiedenen V-Motoren auf unterschiedlichen Strecken 31,3 7,8 97,6 4,46 25,1 21,0 100,0 5,90 31,4 9,3 93,2 4,26 27,4 25,2 86,9 5,13 42,1 9,5 92,3 4,22 30,1 25,0 82,7 4,88 MVK mit BSP MVK minus Dynamikleistung keine BSP rel. Verbrauch [%] Regelung entlang Bremsenergiespeicherung 21,0 8,7 100,0 7,48 27,3 21,0 100,0 9,13 33,6 8,0 90,8 6,79 30,9 21,2 97,1 8,87 33,7 9,5 86,6 6,48 31,0 25,6 81,5 7,44 56,8 11,5 86,6 6,48 37,4 24,2 76,7 7,00 MVK mit BSP MVK minus Dynamikleistung keine BSP 0,45 7300/min 6000/min iAchs 0,45 3,491 3,497 nabmax imin 236 km/h 191 km/h Vmax ρ(Kraftstoff) 730 kg/m 3 830 kg/m 247 g/kWh 198 g/kWh Tmax bemin 150 kW bei 6000/min 245 Nm bei 4500/min 81 kW bei 4150/min 2 235 Nm bei 1900/min 0,63 m 299 mm 30 kg 30 kg 1475 kg Pmax 5,90 US-HighwayZyklus 0,822° = 0,692° = Fahrzeugmasse Zusatzmasse Leistungssteuerung US-City-Zyklus Verbr. [L/100 km] stufenlose Betriebsweise des Getriebes Motor: Fahrzeugdaten: Mit 235 Nm bzw. 245 Nm liefern beide V-Motoren annähernd das gleiche Spitzendrehmoment. Die spezifischen Bestverbräuche liegen jedoch mit 198 g/kWh und 247 g/kWh weit auseinander. Für beide Motoren sind Kraftstoffverbrauchskennfelder veröffentlicht. Bild 14: Häufigkeitsverteilung der Speicherleistung beim Fahren des USCity-Zyklusses mit dem Sportmotor bei Regelung auf Fahrdynamik mit und ohne BSP Ebenso gibt es für Fahrzeuge mit beiden Motoren veröffentlichte Verbrauchsmessungen, um die Simulationsergebnisse vergleichen zu können. Bei dieser Simulation wurde der Ladezustand der Batterie in engeren Grenzen gehalten. Die trotzdem verbliebene Energiedifferenz von wenigen Wh wurde mit dem mittleren spez. Kraftstoffverbrauch im Zyklus in zusätzlichen Kraftstoffverbrauch umgerechnet. Tabelle 4 faßt die Simulationsergebnisse zusammen. Der jeweilige Bezugsverbrauch von 100% ergibt sich beim Fahren mit dem stufenlosen Hybridgetriebe und einer minimalen Übersetzung, bei der das Fahrzeug seine Höchstgeschwindigkeit erreicht. Die Motordrehzahl wird dabei so geregelt, daß von der Minimalverbrauchskennlinie ein Abstand mit der im Regelzeitfenster ermittelten Dynamikleistung gehalten wird. Außerdem wird die Bremsenergie noch nicht rekuperiert. 107 Bild 15: Auslastung des Hybridantriebes mit Dieselmotor im US-CityZyklus mit BSP bei Regelung entlang der Minimalverbrauchskennlinie MVK 108 Bild 16: Auslastung des Hybridantriebes mit Sportmotor im US-City-Zyklus mit BSP bei Regelung entlang der MVK minus Dynamikleistung 109 Mit dem Sportmotor stellt sich in der Stadt ein Verbrauch von 9,13 L/100 km ein und mit dem Dieselmotor einer von 5,9 L/100 km. Auch diese Rechnungen zeigen, daß der Verbrennungsmotor nach wie vor den größten Einfluß auf den Kraftstoffverbrauch hat. Mit einem gestuften Getriebe wäre der Verbrauch des Dieselfahrzeugs um 0,2 L/100 km und der der Sportwagen um 0,4 L/100 km höher. Dies resultiert aus dem Energiebedarf für die häufig zu beschleunigenden Antriebsdrehmassen und der etwas schlechteren Kennfeldausnutzung. Eine Vergrößerung des Overdrivebereiches bringt beim Dieselmotor in der Stadt auch bei stufenloser Übersetzungsänderung fast nichts, weil eine auf Fahrbarkeit ausgelegte Regelung extremen Overdrive nur kurz zuläßt wie die Häufigkeitsverteilung der Getriebeübersetzung zeigt. Beim Sportwagen mit seiner höheren Drive-Übersetzung bringt der große Overdrive noch eine Kraftstoffeinsparung von 0,26 L/100 km. Erst die Bremsenergiespeicherung (BSP) führt in beiden Fahrzeugen im Stadtzyklus zu einer wesentlichen Kraftstoffeinsparung von 0,77 L/100 km beim Dieselfahrzeug bzw. 1,69 l/100 km beim Sportwagen im Vergleich zum Fahren ohne Overdrive. Die Häufigkeitsverteilung der Batterieleistung (Bild 14) verdeutlicht die selbst bei Bremsenergienutzung (BSP) geringe mittlere Belastung der elektrischen Komponenten. Ohne BSP wird der Speicher im verbrennungsmotorischen Betrieb geladen, um bei jedem Anfahren belastet werden zu können. Regelt man den V-Motor entlang der MVK, kann der Verbrauch in der Stadt noch weiter gesenkt werden. Dies beeinträchtigt die Fahrbarkeit eines Fahrzeugs mit einem Hybridgetriebe kaum, weil der Hybridantrieb durch seine „Booster”-Möglichkeit einen Beschleunigungswunsch des Fahrers sofort umsetzen kann. Im US-Highway-Zyklus erreicht das Dieselfahrzeug mit einem gut gestuften Schaltgetriebe ähnlich gute Verbrauchswerte wie mit einem stufenlosem Getriebe mit geringerem Wirkungsgrad und ohne extreme CVT-Regelung. Ein großer Overdrive spart hier 0,1 L/100 km. Da in diesem Zyklus weniger gebremst wird, kann selbst mit Bremsenergiespeicherung nur ein weiterer Verbrauchsvorteil von 0,2 L/100km erreicht werden. Da die Dynamikanforderungen in diesem Zyklus gering sind, wird der V-Motor immer entlang der MVK geregelt. Beim Sportwagen bewirkt schon der lange Overdrive eine Verbrauchssenkung von ca. 0,7 L/100km. Durch Bremsenergiespeicherung kann die Einsparung sogar auf 1 L/100km gesteigert werden. Die Bilder 15 und 16 verdeutlichen die Auslastungen der E-Maschinen und des V-Motors beim Fahren des US-City-Zyklusses. Man erkennt deutlich die Teillastigkeit des Betriebes und wie sehr die Regelung bemüht ist, den V-Motor im Bereich niedriger Kraftstoffverbräuche zu halten. 110 Kreise kennzeichnen die Betriebspunkte im Zugbetrieb, Kreuze solche im Schubbetrieb. Die Bilder verdeutlichen auch den Unterschied zwischen einer Regelung in Hinblick auf eine gute dynamische Fahrbarkeit des Fahrzeugs (Bild 15) und einer CVT-Regelung entlang der Minimalverbrauchskennlinie (Bild 16). Ein getakteter V-Motorbetrieb immer nur im Bestpunkt des Kennfeldes würde den Verbrauch noch weiter reduzieren, aber den Speicher extrem belasten. Gleiches gilt für eine Betriebsweise, bei der beim Anfahren möglichst lange rein elektrisch gefahren wird, um dann im verbrennungsmotorischen Betrieb bei höherem Motorwirkungsgrad den Speicher wieder zu laden. Tabelle 4 nennt noch die effektiven Belastungen des Stellgetriebes in den einzelnen Fahrzyklen und Regelungen. Ein höherer Overdrive-Anteil und die Regelung entlang der MVK belasten hauptsächlich die E-Maschine 2 zusätzlich. Die höhere Driveübersetzung des Sportwagen führt wegen des höheren Overdrive-Anteils deshalb zu einer höheren Belastung des Stellgetriebes. Bremsenergiespeicherung belastet hauptsächlich die E-Maschine 1 zusätzlich. Bei Bedarf liefert das Simulationsprogramm detailliert alle Belastungen jedes Getriebeelementes. Zusammenfassung Beim TOYOTA Hybridsystem und dem hier vorgestellten Hybridgetriebe HG120 ist eine weitgehende Systemintegration des elektrischen Antriebes in einen überwiegend verbrennungsmotorischen Antriebsstrang gelungen. Beide Systeme kommen mit einer sehr einfachen Mechanik aus, weil hier das hohe Drehmoment zum Anfahren und Beschleunigen nicht wie bei bekannten Antrieben über mechanische Übersetzungen aufgebaut wird, sondern über eine Addition von Drehmomenten aus dem V-Motor und 2 E-Maschinen. Da solche Betriebszustände in Pkws immer nur kurze Zeit dauern und kleine Energiebeträge erfordern, reicht dafür eine noch relativ kleine Batterie als Energiespeicher aus. Das 5-Wellen-Planetengetriebe des HG 120 erlaubt überdies mehrere feste Übersetzungen. Zum einen kann damit das Fahrzeug auch eine längere Strecke mit hohem Drehmoment ohne Belastung des elektrischen Zweiges fahren. Zum anderen kann auch auf der Landstraße oder der Autobahn bei Konstantfahrt das Stellgetriebe überbrückt werden. Dadurch steigt der Wirkungsgrad und die thermische Belastung des elektrischen Zweiges sinkt. Als Mehraufwand gegenüber einem Standardantrieb sind bei den Hybridgetrieben die Leistungssteuerung, die Batterie und die zusätzliche Wasserkühlung des elektrischen Stellgetriebes mit ca. 150 W max. 111 Pumpenleistung zu nennen. Die Leistungssteuerung versorgt neben dem elektrischen Stellgetriebe das Bordnetz mit sehr stabilen Spannungen und vielleicht zukünftig verschiedenen Spannungsniveaus. Die gegenüber dem Standardantrieb größere Batterie bringt den wesentlichen Zusatznutzen der Bremsenergierekuperation. Über den elektrischen Zweig ist außerdem jederzeit ein „Booster”-Effekt möglich, als ob das Fahrzeug über einen wesentlich größeren V-Motor verfügen würde. Gegenüber bekannten Elektrofahrzeugen ist die Batterie jedoch relativ klein, weil auf eine große elektrisch fahrbare Reichweite bewußt verzichtet wird. Auch bei niedrigem Ladezustand der Batterie läßt sich das Fahrzeug in einem geared neutral Modus ohne weitere Batteriebelastung anfahren. Gegenüber dem Standardantrieb entfallen Starter (Anlasser) und Generator (Lichtmaschine). Ohne Lichtmaschine wird der Aggregatetrieb des V-Motors wesentlich entlastet und das Motorpackaging erleichtert. Über das elektrische Stellgetriebe läßt sich der V-Motor komfortabler starten als über einen Anlasser. Da die zusätzlichen Komponenten schwerer sind als die entfallenden, wurde in den Simulationsrechnungen von einem Mehrgewicht von 70 kg gegenüber einem Fahrzeug mit Automatgetriebe ausgegangen. Das HG120 hat ein sehr kompakt bauendes 5-Wellen-Planetengetriebe mit drei jeweils im Stillstand zu schaltenden Bremsen und einer Kupplung. Bei diesem Getriebe sind keine Wechselschaltungen mit zwei beteiligten Schaltelementen nötig, sondern nur Einfachschaltungen, um ein bereits auf Drehzahl 0 oder Synchrondrehzahl geregeltes Getriebeelement mit dem Gegenteil zu verbinden. Eine elektrisch angetriebene Ölpumpe versorgt die Schmierung und die Schaltaktoren mit Druck. Der Wirkungsgrad dieser Mechanik allein liegt über dem von Handschaltgetrieben. Die E-Maschinen des elektrischen Stellgetriebes liegen koaxial zum Planetengetriebe und sind wegen ihrer Spitzendrehzahlen von 11000/min (E1) und 8000/min (E2) schlank ausgeführt. Für diesen Fahrzeugeinsatz sind sowohl permanenterregte Synchronmaschinen, als auch Asynchronmaschinen geeigent. Wegen des hohen mechanischen Leistungsanteiles und der festen Übersetzungen mit rein mechanischer Leistungsübertragung erreicht das Hybridgetriebe trotz des elektrischen Zweiges Spitzenwirkungsgrade auf dem Niveau von Automatgetrieben. Der große Stellbereich des Hybridgetriebes ermöglicht den optimalen Betrieb des V-Motors. Der in den Simulationen errechnete Kraftstoffverbrauchsvorteil ergibt sich jedoch bei einem schon sparsamen Dieselfahrzeug hauptsächlich aus der Bremsenergienutzung. Bei einem sportlichen Ottomotor überwiegt im instationären Betrieb der Effekt der Bremsenergienutzung und in fast stationären Zyklen der Effekt der großen Übersetzungsspreizung. 112 Nur durch einen in allen Details optimierten Verbrennungsmotor und ein Getriebe, daß diesen Motor optimal zur Geltung bringt, Energie verlustarm und stufenlos wandelt und speichern kann, sind wirklich sparsame Fahrzeuge darstellbar. Automatisierte Fahrzeuggetriebe mit elektrischer Regelung => Hybridgetriebe bieten dafür interessante Alternativen. 113 Literatur [1] T. Yaegashi: Toyota Hybrid System THS. Toyota Motor Corporation (1997) [2] J. Yamaguchi: Toyota readies gasoline/electric hybrid system. Automotive Engineeing (1997), 55 ... 58 [3] M. Lehna: Audi duo, ein Hybridfahrzeug für die City-Logistik VDI-Berichte 1378 (1998), 119 ... 128 [4] T. Vollmer, B.-R. Höhn, S. Kerschl, B. Pinnekamp: Der Autarke Hybrid: Auslegung des Gesamtsystems. VDI-Berichte 1225 (1995), 9 ... 26 [5] B.-R. Höhn, B. Pinnekamp, S. 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