Vorwort
Gerne bin ich dem Wunsch von Herrn Dr. Reik gefolgt, aus Anlaß
seines 50. Geburtstages die nachfolgend dokumentierte Fachtagung zu
unterstützen. Es sollen hier die vielfältigen Möglichkeiten diskutiert
werden, die sich bei geschickter Kombination von Mechanik,
Hydraulik, Elektrik und Elektronik bieten, um bei gutem Komfort
Leistung und Verbrauch von Kraftfahrzeugen zu optimieren.
Wir alle und besonders Herr Dr. Reik hoffen, daß sich als Ergebnis
eine fruchtbare Diskussion ergibt, die eine Richtung im Nebel der
Zukunft erkennen läßt, für die es sich lohnt, Anstrengung und Geld
aufzuwenden.
Ernst H. Kohlhage
Inhalt
Rekuperation - eine "ewige" Herausforderung
Startergenerator: System, Funktion, Komponenten
5 - 19
21 - 35
Mögliche Anordnungen des Startergenerators im
Antriebsstrang
37 - 63
Integration automatisierter Schaltgetriebe
mit E-Maschine
65 - 85
Automatisiertes Fahrzeuggetriebe mit
elektrischer Regelung Å Hybridgetriebe
87 - 114
Rekuperation – eine „ewige“ Herausforderung
Prof. Dr. Gunter Jürgens
TU Graz
Einleitung
Die Verminderung des Verbrauchs durch Wiedergewinnung der Bremsenergie (Rekuperation) ist ein Thema, das die Automobilingenieure schon
lange beschäftigt. Wenn man aus der Geschichte des Automobilbaus
einige Beispiele herausgreift, dann haben diese nicht immer oder nicht nur
die Rückgewinnung der Bremsenergie beabsichtigt, sondern auch andere
Ziele verfolgt. Die gewählten Beispiele sollen außerdem einen Überblick
über verschiedenste Möglichkeiten der Energiezwischenspeicherung
geben. Immer ist aber in den gewählten Fällen der Energiespeicher parallel
zum Verbrennungsmotor eingesetzt, so daß nur Parallelhybridantriebe
betrachtet werden. Diese können im Gegensatz zum seriellen Hybrid je
nach Ausführung und Fahrstrategie deutliche Verbrauchseinsparungen
bewirken [1]. Auf die Möglichkeit abgasfrei nur mit dem zweiten Antrieb zu
fahren, wird im Rahmen dieses Vortrags nicht eingegangen.
Beispiele
Das erste gewählte Beispiel ist aus dem Jahre 1978 und betrifft einen
Stadtlinienbus mit hydrostatischer Rückgewinnung der Bremsenergie [2].
Bei den zu dieser Zeit noch häufig eingesetzten O-Bussen wurde die
Bremsenergie elektrisch wieder in das Netz zurückgespeist. Es war
naheliegend, bei Stadtbussen mit Verbrennungsantrieb zur Reduktion des
Verbrauchs sowie der Abgas- und Geräuschbelästigung an Haltestellen zu
versuchen, ebenfalls die Bremsenergie des Anhaltevorgangs zwischenzuspeichern und damit wieder anzufahren. Als Speichermedium wurden in
den 70er Jahren verschiedene Formen wie Elektrospeicher und Schwungräder untersucht und verglichen. Im zitierten Falle wurde ein Hydrospeicher
gewählt und die Aufladung bzw. Energieentnahme über ein stufenloses
hydrostatisches Getriebe durchgeführt. Der Aufbau des Gesamtsystems ist
dem folgenden Bild zu entnehmen.
5
Hydrostatischer
Wandler
Zusatzgetriebe
Ringschieber
Konstantpumpe
Feststellbremse
Dieselmotor
Bowex
Kupplung
Überlastrutschkupplung
Freilauf
Verteilerbremse
Differentialwandler
Bild 1:
zur
Hinterachse
Rücklaufsperre
Nachschaltgetriebe
Schaltkupplung
Befehle von der
"Automatischen Kontrolleinrichtung"
Antriebsstruktur „Hydrobus“ aus [2]
Die Hydrospeicher (500 Wh) waren in der Lage, mehr als die kinetische
Energie des Busses bei etwa 50 km/h (330 Wh) aufzunehmen. Der Vorteil
der Hydrospeicher liegt in dem guten Wirkungsgrad, der größer als 95%
ist. Da für den Fahrantrieb also 2 Energiearten zur Verfügung stehen, die
außerdem gleichzeitig eingesetzt werden können, handelt es sich um einen
Parallelhybridantrieb, der damit eine höhere Beschleunigungsfähigkeit
durch Addition der Verbrennungskraftmaschine (68 kW) mit dem Hydroantrieb erlaubt.
Gelobt wurde der hohe Fahrkomfort, da die Beschleunigungsphase im
wesentlichen stufenlos hydrostatisch abgedeckt wurde. Die Betriebsstrategie nutzte die Hydrospeicherung jedoch nur für die Bremsenergiespeicherung. Für Konstantfahrten und zur Deckung der Verluste wurde der
Dieselmotor im Teillastgebiet betrieben, was naturgemäß Nachteile gegenüber dem Betrieb im Verbrauchsbestpunkt hat.
6
h =0,92
h =0,99
h =0,9
Hydrost
Pumpe
Hydrospeicher
Bremsphase
Dieselmotor
Hydrost.Wandler h =0,99
h =0,94
DIWAbusgetriebe
Standaufladung
Bild 2:
Anfahrphase
Zusatzgetriebe
Hinterachse
Konstantfahrtphase
Betriebsstrategie des „Hydrobusses“ aus [2]
Bei der Wahl der Beispiele für Hybridantriebe kann man nicht an den vielen
seitens des Volkswagenkonzerns ausgeführten Versionen vorbeigehen [3].
Eine der neueren Ausführungen ist hier der in Zusammenarbeit mit der
ETH Zürich entwickelte ET-Hybrid 3 [4,5]. Die Ziffer 3 kann hier nicht nur
als Nummer für die Version 3 gesehen werden, sondern zeigt auch, daß in
diesem Falle 3 Antriebsquellen zur Verfügung stehen. Dem folgenden
Strukturbild des Triebstrangs ist zu entnehmen, daß ein Ottomotor, ein
Elektroantrieb und ein Schwungradantrieb verwendet werden.
AW1
AW2
B1
B2
DK
E
EWP
Abgaswärmetauscher 1
Abgaswärmetauscher 2
Bordnetzbatterie
Fahrbatterie (austauschbar)
Drosselklappe
Elektromotor/Generator
Elektr. Wasserpumpe
Bild 3:
G
HW
K
KP
KS
LE
LW
Stufenloses Getriebe
Anschluss Wagenheizung
Kupplungen
Wärme- und Lärmkapsel
Dreiwegekatalysator
Leistungselektronik
Luftwasserkühler
LWS
M
R
S
SL
W
Latentwärmespeicher Wasser
Verbrennungsmotor
Antriebsräder
Schwungrad
Schalldämpfer-Luftfilter
Zwischenwelle
Antriebstrangstruktur des ETH –Hybrid 3 aus [5]
7
Das Schwungrad (max. 60 Wh Energieinhalt) wird hier in erster Linie zur
Ergänzung der Abgabe und Aufnahme von Spitzenleistungen beim
Elektrobetrieb genutzt. Die max. Leistung des Elektroantriebes mit 6 kW
genügt für Geschwindigkeiten in der Ebene bis ca. 65 km/h. Der Einsatz
der drei Antriebsmöglichkeiten erlaubt maßgeschneiderte Betriebsstrategien.
Eine ausschließliche Anwendung der Energiespeicherung durch Schwungräder ist im ausgeführten Hybridantrieb der Universität Eindhoven zu sehen
[6,7]. In diesem Fall ist alternativ zur Verbrennungskraftmaschine ein
Schwungrad mit hoher Energiespeicherkapazität (max. 120 Wh) vorgesehen, das über ein stufenloses Getriebe be- und entladen wird. Auch hier
gibt es verschiedenste Betriebsmodi.
Bild 4:
Antriebsstruktur des Hybrids der TU Eindhoven aus [7]
Last not least möchte ich kurz auf den Toyota Prius eingehen [8], der seit
2 Jahren in Japan erhältlich ist und im Gegensatz zu den bisher erwähnten
Antrieben auf mechanische Drehmomentwandler (Stufen- oder stufenlose
Getriebe) komplett verzichtet. Leistungsverzweigt wird über ein
mechanisches Differential (Planetengetriebe) im ottomotorischen und
elektrischen Betrieb gefahren und diese Anordnung auch als elektrisches
stufenloses Getriebe benutzt. Der Energieinhalt der Batterie beträgt
1800 Wh. Die Verbrauchsvorteile gegenüber konventionellen Fahrzeugen
8
gleicher Größe und Fahrleistung sind – wie zu erwarten - vor allem bei
Stop and Go–Verkehr erheblich.
[Concept]
n
Parallel-serial with gasoline eng.
n
Low energy storage type
[Technologies]
Bild 5:
n
Continuous variable transmission
n
Highly efficient gasoline engine
n
New control strategies
n
High power Ni-MH Battery
Antriebsstruktur des Toyota Prius aus [8]
Der Ottomotor hat 43 kW Leistung, der Elektromotor 30 kW.
Energie- bzw. Leistungsbedarf
Mit Ausnahme des ersten Beispiels (Stadtbus) werden alle vorgestellten
Hybridantriebe in PKW’s benutzt. Der Leistungsbedarf eines Pkw im FTPZyklus ist im folgenden Bild dargestellt. Die mittlere Dauerleistung am Rad
ist nur 4,2 kW!
Bild 6:
Leistungsbedarf im FTP-Zyklus aus [9]
9
Zur besseren Vorstellung der benötigten Antriebsleistungen bzw. notwendigen Antriebsenergien seien dazu nun einige vereinfachte Zahlenbeispiele angeführt. Mit dieser Darstellungsart kann wahrscheinlich die
Problematik der Rekuperation und anderer Effekte besser nachvollzogen
werden als mit modernen Simulationsrechnungen. Meist kommt in diesen
doch nur eine Zahl als Ergebnis heraus, aber die Transparenz, wie es zu
diesem Ergebnis kommt, ist nicht gegeben.
Für die Zahlenbeispiele sind einfach einzuprägende Werte gewählt und die
Ergebnisse bzw. Zwischenergebnisse auf- oder abgerundet, um leichter
merkbar zu sein.
Die gewählten Rahmenbedingungen für die Zahlenbeispiele haben folgenden Hintergrund:
1. Es soll an zwei verschiedenen Massen (1000 bzw. 1500 kg) der
geringere Einfluß des Gewichtes bei Einsatz von Rekuperation
aufgezeigt werden. Dies ist insofern von Bedeutung, als der Einsatz
von Speichern jeglicher Art nach dem heutigen Stand der Technik
immer ein Zusatzgewicht bedeutet und weiter die zunehmende
Bedeutung des Komforts für die Fahrzeuginsassen ( z.B. „elektrische
Helfer“) trotz allen Leichtbaus einen Gewichtsanstieg zur Folge hat.
2. Es wird im Regelfall der Betrieb unter 50 km/h betrachtet. Dies wird
vielleicht gering erscheinen, wurde aber bewußt aus mehreren
Gründen so gewählt. Der eine Grund ist, daß mit Ausnahme weniger
Langstreckenfahrer die häufigst gefahrene Geschwindigkeit eher im
Bereich von 50 km/h denn höher liegt.
3. Wie jeder aus Erfahrung weiß, ist vor allem im Kurzstrecken- bzw.
Stadtbetrieb ein höherer Verbrauch zu erwarten als im Überlandbetrieb.
Es wäre daher sehr vorteilhaft, wenn durch Rekuperation dies umgekehrt und der Verbrauch in der Stadt gegenüber den bisherigen Werten
reduziert würde. Dann wäre sogar eine Erhöhung des Verbrauchs bei
höheren Geschwindigkeitsbereichen zu akzeptieren, da diese von den
meisten Verkehrsteilnehmern viel seltener genutzt werden.
Zahlenbeispiele
Das Fahrzeug habe mit Insassen 1000 kg Masse (extremer Leichtbau oder
2
kleines Fahrzeug), einen cw-Wert von 0,3, eine Stirnfläche von 2 m und
einen Rollwiderstandsbeiwert von 0,012. Das führt bei 50 km/h zu einem
Rollwiderstand von 120 N und zu einem Luftwiderstand von 75 N. Während
z.B. bei 100 km/h der Rollwiderstand bei modernen Reifen gleich hoch
bleibt, steigt der Luftwiderstand auf 300 N an.
10
Das Fahrzeug hat aufgrund der angeführten Daten bei 50 km/h eine
5
kinetische Energie von 10 Nm oder zur besseren Vorstellung von 27 Wh.
Die bei 50 km/h benötigte Antriebsleistung liegt bei ungefähr 3 kW, was bei
einem Antriebsstrangwirkungsgrad von 1 und einem angenommenen
Betrieb im Bestpunkt des Motors mit 250g/kWh einen Benzinverbrauch von
2 l auf 100 km/h bedeuten würde.
Ein Motorkennfeld eines relativ kleinvolumigen Motors zeigt, daß eine
Kurbelwellenleistung von 5 kW bei niedriger Drehzahl noch im
verbrauchsungünstigen Teillastgebiet liegt. Eine weitere Drehzahlreduktion
bzw. Lasterhöhung durch eine andere Triebstrangübersetzung (weitgespreiztes Getriebe) ist kaum mehr möglich.
Bild 7:
Motorkennfeld des 1,25 l Zetec-Motors (Ford) aus [10]
Die Verlustleistung eines CVTs in diesem Leistungsbereich (5 kW) liegt bei
500 W. Die Verlustleistung eines (kleinen) Ottomotors beträgt ca 800 W
(genaue Werte sind ein gut gehütetes Geheimnis der Motorentwickler).
Wenn man den Verbrennungsmotor also zwecks Verbrauchseinsparung
abschaltet, darf die Verlustleistung des Parallelantriebes inklusive Ladeund Entnahmeverluste nicht größer sein!
Bei 100 km/h ist die benötigte Antriebsleistung bei einem Antriebsstrangwirkungsgrad von 1 schon 13 kW und der Verbrauch damit über 8 l. Man
11
sieht, daß dieser Wert sehr nahe den üblichen Verbräuchen liegt, wenn
2
man berücksichtigt, daß mit einer Stirnfläche von 2 m ein relativ großes
Fahrzeug gewählt wurde.
Im zweiten Zahlenbeispiel hat das Fahrzeug schon realistischere 1500 kg,
wodurch sich die Werte für Energie, Widerstände etc. entsprechend
2
erhöhen, wieder einen cw-Wert von 0,3, eine Stirnfläche von 2 m und
einen Rollwiderstandsbeiwert von 0,012. Das führt bei 50 km/h zu einem
Rollwiderstand von 180 N.
Das Fahrzeug hat aufgrund der angeführten Daten bei 50 km/h eine
5
kinetische Energie von 1,5.10 Nm oder zur besseren Vorstellung von
40 Wh.
Die bei 50 km/h benötigte Antriebsleistung liegt bei ungefähr 3,5 kW, was
bei einem Antriebsstrangwirkungsgrad von 1 und einem angenommenen
Betrieb im Bestpunkt des Motors mit 250 g/kWh einen Benzinverbrauch
von ca. 2,5 l auf 100 km/h bedeuten würde.
Man sieht, daß sich das Gewicht auf den Anteil des Rollwiderstands im
Vergleich zum Gesamtwiderstand sehr gering auswirkt, jedoch der Einfluß
auf die Bremsenergie erheblich wird.
Was hier auch gezeigt werden sollte, ist, daß Leichtbau im wesentlichen
nur zur Verringerung der Bremsverluste beiträgt, aber bei Einsatz von
Rekuperation selbst unter Annahmen von realistischen Wirkungsgraden für
die Zwischenspeicherung und Entnahme von kinetischer Energie das
"Gewichtspönale" des zusätzlichen Aufwands nicht so hoch ist.
Als weiterer Anhaltswert soll genannt sein, daß der Leerlaufverbrauch
eines Mittelklasse Ottomotors bei 1 l Treibstoff pro Stunde liegt. Das
bedeutet, daß mit dem Verbrauch von einer Stunde Leerlaufbetrieb eine
Strecke von 50 km mit 50 km/h (ohne Triebstrangverluste) gefahren
werden könnte. Wenn man an den heutigen dichten Verkehr mit
stop and go in den Städten denkt, so wird klar, daß die Reduzierung der
Stillstandsverluste ein wesentlicher Beitrag zur Verbrauchsverringerung
und Abgasreduzierung ist.
Ein Beispiel dazu ist im folgenden Bild gezeigt. Um bei Bedarf unmittelbar
Antriebsmoment zur Verfügung zu haben, ist ein Schwungrad über ein
CVT mit Abtrieb und Antrieb verbunden. Das Schwungrad selbst hat
300 W Schleppverlust und das CVT hat im Mittel auch ca. 300 W Verluste
bei dieser Betriebsart. Diese 600 W Verluste werden intermittierend durch
den Motor im Bestverbrauchsbereich gedeckt. So reduzieren sich die
Leerlaufverluste deutlich.
12
Bild 8:
Optimierung des Leerlaufverbrauchs aus [12]
Auch wenn Start-Stop-Systeme keine Hybridantriebssysteme im eigentlichen Sinn sind, seien sie jedoch hier erwähnt. Gleichzeitig sieht man aber
im Start-Stop-System auch einen wesentlichen Unterschied zum Hybrid.
Steht der Verbrennungsmotor still, so ist eine endliche Wiederstartzeit
notwendig. Es kann zwar die Startphase durch ein bereits mit höherer
Drehzahl drehendes Schwungrad sehr kurz sein, letztlich ist jedoch die
unmittelbare Reaktion auf den Losfahrwunsch des Fahrers nicht gegeben.
Beim Hybridsystem kann die zweite Antriebsquelle Energie bis zur
möglichen Nutzung des Verbrennungsmotors während dessen Starts
liefern.
Einen ähnlichen Effekt müssen wir bei dem Betrieb des Motors im
verbrauchsgünstigen Niederdrehzahl–Hochlastbereich sehen.
Im folgenden Bild ist dies dargestellt.
13
Bild 9:
Dynamik einer Leistungssteigerung aus [12]
Bei einem Betrieb im Teillastbereich kann durch Gasgeben ohne Erhöhung
der Motordrehzahl unmittelbar mehr Leistung abgefordert werden. Wird der
Motor aber bei niederer Drehzahl und hoher Last betrieben, so kann eine
höhere Leistungsanforderung nur durch ein Hochbeschleunigen des
Motors auf ein anderes Drehzahlniveau erfüllt werden. Für diese Hochbeschleunigung benötigt der Motor – wegen der Erhöhung seiner
kinetischen Energie – einen Teil seines Antriebsmomentes, so daß
vorübergehend für den Vortrieb des Fahrzeuges nur weniger Moment zur
Verfügung steht. Dies ist der Hauptgrund, warum zu extreme Overdriveübersetzungen nicht akzeptiert werden, da selbst bei sehr komfortablen
Rückschaltungen einfach eine zu lange Zeit verstreicht, bis die gewünschte
Vortriebsleistung zur Verfügung steht. Über dieses Manko bei einer Rückschaltung kann man denken wie man will, die geringe Marktakzeptanz von
extremen Overdriveübersetzungen zeigt jedoch deutlich, daß dieser Weg
so nicht gangbar ist. Auch hier bietet der Parallel-Hybridantrieb Vorteile.
Jeder Wechsel von Energieformen oder Energiespeicherorten ist mit
Verlusten verbunden. Es ist daher naheliegend, mit möglichst wenig
Energieformen auszukommen.
Hierbei ist der nicht zu vernachlässigende Energiebedarf der Hilfsaggregate eines Fahrzeuges zu berücksichtigen. Heizung und
14
Klimatisierung,
Servolenkung,
elektrische
Scheibenheber,
Sitzverstellungen usw., Licht etc. benötigen Energie, die zwar in den offiziellen
Verbrauchszyklen nicht berücksichtigt werden muß, jedoch im praktischen
Betrieb eine nicht unerhebliche Rolle spielt. So ist z.B. zu bedenken, daß
die Fahrzeugheizung heute im Regelfall durch Verluste des Motors gedeckt
wird und bei Verringerung dieser Verluste die Heizleistung zurückgeht.
Dies ist ja bereits schon bei teillastverbrauchsoptimierten, modernen
Motoren spürbar.
Klimaanlage
Lüfter
Servolenkung
100%
Generator
Kühlwasserpumpe
Getriebe
0
1 P/P0
Bild 10: Summenhäufigkeit der Hilfsaggregatleistungen aus [11]
Setzt man also einen hydrostatischen Speicher mit hydrostatischem
Getriebe ein, so wäre es durchaus zu überlegen, möglichst viele Servoleistungen des Fahrzeuges durch Hydraulikaktoren verrichten zu lassen.
Für die Servolenkung ist dies ein üblicher Weg, jedoch ist die Betätigung
von Scheiben etc. durch hydraulische Aktoren unüblich und nur vom
Mercedes 600 bekannt. (Die Servohydraulik für Cabrioverdecke sei hierbei
außer Acht gelassen). Da wesentliche Hilfsdienste im Fahrzeug heute
elektrisch erbracht werden, wäre also die Elektrik als Energieträger
durchaus naheliegend. Der Hauptnachteil der Elektrik für den Triebstrang
liegt darin, daß Leistungsspitzen beim Bremsen und beim Beschleunigen
vom üblichen Speicherkonzept schlecht abgedeckt werden.
Für den Leistungsbedarf der Servoaggregate gilt im übrigen das gleiche
wie für den Leistungsbedarf des Fahrzeugantriebes selbst. Die Spitzenleistungen werden nur äußerst selten benötigt, jedoch wird der
entsprechende Antrieb bzw. Triebstrang für diesen Spitzenbedarf
15
ausgelegt. Dies führt beim Motor bzw. Antriebsstrang selbst zu unnötig
hohen Schleppverlusten, die sich insbesondere im Teillastbetrieb
verheerend auswirken. Weiter kann bei einer Entkoppelung der Servoaggregatdrehzahl von der Motordrehzahl das Servoaggregat kleiner und
damit mit geringeren Verlusten dimensioniert werden.
Ein Schwungrad ist als Speichermedium im Zusammenhang mit einem
stufenlosen Getriebe als Kurzzeit-Energiespeicher vorteilhaft. Hier ist die
maximale Leistungseinspeisung bzw. Leistungsabgabe praktisch nur durch
die Drehmomentkapazität des stufenlosen Getriebes begrenzt. Dies
bedeutet, daß kurzzeitige Beschleunigungsspitzen von einem Vielfachen
der heute möglichen Beschleunigung auch bei höheren Fahrgeschwindigkeiten denkbar sind.
Die Forderung nach hohen Beschleunigungsreserven seitens des Marktes,
sprich Autokunden, ist nicht wegzuleugnen und hat in der Vergangenheit
zu einem immer geringeren Leistungsgewicht bzw. einer immer höherer
Leistung pro Fahrzeugmasse geführt. Die Konsequenz ist, daß das
Fahrzeug nun immer höhere Zeitanteile im immer extremeren Teillastbetrieb betrieben wird und der Verlust bei Teillast wegen der höheren
Maximalleistung zu höheren Schleppverlusten, wie bereits erwähnt, führen
muß und damit eher zu einer Verschlechterung im Teillastgebiet führt.
Auch mit stufenlosen Getrieben ist der Betrieb im Bestverbrauchsgebiet
nicht mehr möglich, da diese Bestpunkte im Muscheldiagramm bei relativ
hohen Leistungen liegen. Auch würde die zeitliche Verzögerung bis zum
Erreichen einer kurzzeitig geforderten hohen Leistung, wie schon vorher
beschrieben, nicht akzeptiert werden. Ein Weg aus dieser Problematik ist
mit Hybridantrieben möglich, wo bei Teillastanforderungen diese entweder
aus dem Speicher allein oder aus der Verbrennungskraftmaschine bei
höherer Leistung mit gleichzeitiger Speicherung der Überschußleistung
gegenüber der geforderten Fahrleistung möglich ist. Ein Beispiel dieser
Betriebsweise zeigt das folgende Bild.
16
v
Fahrgeschwindigkeit
t
Speicherenergie
Motorbetrieb
Bild 11: Taktbetrieb und Nutzbremsung aus [11]
Es ist natürlich einleuchtend, daß diese Betriebsstrategien genau durchdacht sein müssen, da insbesondere beim Schwungrad, aber auch bei
anderen Speichermedien die Zwischenspeicherung sowohl beim Speicherals auch im Entleervorgang mit Verlusten behaftet ist, als auch die
Speicherverluste selbst (vor allem beim Schwungrad) die Bilanz verschlechtern. Mit anderen Worten, es ist nicht sinnvoll, knapp vor dem
Abstellen des Fahrzeuges noch mit einer hohen Motorleistung im besten
Verbrauchspunkt ein Schwungrad aufzuladen, da dieses in der Folge
aufgrund seiner Verluste die komplette Energie verlieren muß. Wird nur die
Bremsenergie gespeichert, so hätten deren Verluste nur den Rückfall auf
das heute übliche Niveau, bei dem die Bremsenergie in Umweltwärme
umgesetzt wird, zur Folge.
Die Erhöhung der Antriebsleistung durch gleichzeitige Nutzung aller
Antriebsquellen kann dann verwendet werden, wenn die geringere
Antriebsleistung bei Ausfall eines Antriebs (z.B. leerer Speicher) dem
Betreiber bewußt ist. So ist die deutliche Reduzierung des Leistungsangebots eines kalten Dieselmotors im Markt akzeptiert, weil sich der
Fahrer darauf einstellen kann. Ähnlich ist es vorstellbar, daß die geringere
Antriebsleistung bei voll- oder teilentladenem Speicher akzeptiert wird,
wenn dies bei ähnlichen Betriebszuständen auftritt.
17
Die Anforderung an einen optimalen Hybridantrieb müssen also sein:
•
Reduzierung der Triebstrangverluste, damit zum Roll- und Luftwiderstand des Fahrzeuges möglichst wenig zusätzliche Verluste kommen.
Dies bedeutet, daß z.B. nicht zu aufwendige Getriebe mit vielen
Schaltelementen und damit resultierenden hohen Schleppverlusten
notwendig werden.
•
Effiziente Speicherung der Energie-Niveaus und Leistungen, die häufig
im praktischen Fahrbetrieb vorkommen.
•
Keine Auslegung in Richtung „eierlegende Wollmilchsau“, die zwar dem
Ingenieur eine gewisse Selbstbefriedigung bringt, jedoch für den
Kunden mit hohen Anschaffungspreisen und meist auch hohen
Betriebsverlusten und Störungsrisiko wenig nützen.
•
Verwendung der Energieformen, die auch für andere im Fahrzeug
benötigte Leistungen günstig Verwendung finden, wie es z.B. bei der
Elektrik der Fall ist,
•
Eine Betriebsstrategie, die den Komfort eher verbessert als
verschlechtert (hier ist das hohe Niveau heutiger Automatikgetriebe in
bezug auf Triebstrangdynamik als Mindestmaß zu sehen),
•
Berücksichtigung der Betriebsarten, die die Summenhäufigkeitsverteilungen der Antriebsleistungen der meisten Autofahrer
repräsentieren (niedrige Fahrgeschwindigkeiten mit hohen Stillstandsphasen und nicht der statistisch seltene Betrieb bei Autobahngeschwindigkeit).
18
Literatur
[1] Flaig, Kunz, Lechner: Auslegung von Hybridantrieben
Gesichtspunkten mittels Fahrsimulation, VDI Berichte 1459
nach
energetischen
[2] Korkmaz, Willumeit, Benneter, Thier: Stadtlinienbus mit hydrostatischer
Bremsenergierückgewinnung („Hydro-Bus“), ölhydraulik und pneumatik 22 (1978) Nr.4
[3] Barske: Rationale Verwendung von Kraftstoff: Autos mit 3 Liter Benzinverbrauch, eine
Utopie? Basel, 1991
[4] Dietrich, Eberle: Das ETH Hybrid III Antriebskonzept, VDI-Berichte 1225
[5] Dietrich, Eberle: Betriebsverhalten des ETH Hybrid III Antriebes – auf dem
dynamischen Prüfstand und im Fahrzeug, VDI-Berichte 1459
[6] van der Graaf: Ein Hybrid-Antrieb mit Schwungrad und stufenlosem Getriebe für Pkw,
VDI-Berichte 1175
[7] van der Graaf, Kok, Spijker: Integration of Drive System, Subsystems and Auxiliary
Systems of a Flywheel Hybrid Driveline with respect to Design Aspects and Fuel
Economy, VDI-Berichte 1459
[8] Killmann, Yeagashi, Hirose, Takaoka: TOYOTA Prius-Development and market
experiences, VDI-Berichte 1459
[9] Fischer, Götz, Michael: Anforderungen an die Auslegung von Hybridantrieben, VDIBerichte 1459
[10] Menne, Heuser, Grünert: Die Entwicklung und der aktuelle technologische Stand des
Ford Zetec-SE, Fortschrittsberichte VDI, Reihe 12, Nr.267
[11] Jürgens: Moderne Triebwerkstechnik im Widerspruch zum Teillastwirkungsgrad? Motor
und Umwelt 95, Graz
[12] Jürgens: Stufenlose Getriebe - erreichter
Fortschrittsberichte VDI, Reihe 12, Nr.267
Stand
und
zukünftige
Potentiale,
19
Startergenerator: System, Funktion,
Komponenten
Dr.-Ing. Hubert Bischof
Dr.-Ing. Michael Bork
Dr.-Ing. Robert Schenk
Robert Bosch GmbH, K9, Stuttgart
Einleitung
Die Funktionen „Start des Verbrennungsmotors“ und „Stromerzeugung“
werden im heutigen Kraftfahrzeug von zwei Einzelkomponenten sehr
unterschiedlicher Bauform bereitgestellt, die spezifisch auf ihre jeweilige
Funktion optimiert sind. Die Tatsache, daß stets eine Maschine ruht, wenn
die andere arbeitet, führte bei Bosch in der Vergangenheit immer wieder zu
dem Versuch, beide Aufgaben in einem Aggregat zu vereinen. Dies
scheiterte bislang an der Kompromißauslegung des elektrischen Antriebs
beispielsweise aufgrund der sehr unterschiedlichen Drehzahlen im Starterund Generatorbetrieb, deren Verhältnis etwa 1:50 beträgt.
Während in der Vergangenheit vorwiegend der Start- und der Generatorbetrieb für sich den Kundennutzen prägten, ist es heute eine Vielzahl
von Funktionen, die den Systemkosten gegenübergestellt werden.
Getrieben durch Forderungen zum Startkomfort, zur Kraftstoffverbrauchsund Emissionsreduzierung sowie aus Entwicklungstendenzen in Richtung
elektromechanischer Triebstrang wird die Frage des Einsatzes von
Startergeneratoren gegenwärtig wieder grundsätzlich diskutiert, einige
Kraftfahrzeughersteller haben ihre Serienabsichten bereits öffentlich
erklärt.
Kundennutzen, Systemanforderungen
Die Motivation zur Einführung des Startergenerators ergibt sich aus einer
Vielzahl von Systemmerkmalen, die im Themenfeld Komfort, Kraftstoffverbrauch und Emissionen entsprechend der Systemkonfiguration
unterschiedlich stark gewichtete Verbesserungen ermöglichen. Beispielsweise kann der Startergenerator im Gegensatz zum heutigen
Einrückstarter auch bei höheren Kurbelwellendrehzahlen noch ein
Drehmoment abgeben und damit dem Verbrennungsmotor eine
Hochlaufunterstützung bieten. Es ergibt sich zum einen ein schnellerer
Start, zum anderen werden die Startemissionen deutlich reduziert, die der
21
Motor in diesem extrem niedrigen Drehzahlbereich produziert, wenn er aus
eigener Kraft hochläuft. Wegen der zur Emissionsbewertung
herangezogenen Kurzstreckenfahrzyklen hat die Warmlaufphase einen
hohen Anteil an den Gesamtemissionen.
p
Hohe Generatorleistung
p
Hoher Generatorwirkungsgrad
p
Bremsenergie-Rückgewinnung möglich
p
Niedriges Startgeräusch
p
Fähigkeit für Start-Stopp-Betrieb
p
Fähigkeit für Boost-Betrieb
p
Entfall des Riementriebs
p
Reduzierung der Startemissionen
p
Triebstrangfunktionen und Integration in ASG möglich
Bild 1: Möglicher Kundennutzen
Neben der Maschine ist eine moderne Leistungselektronik erforderlich, um
den Anforderungen zu genügen. Sie ermöglicht nicht nur das Umschalten
zwischen Motor- und Generatorbetrieb, sondern erhöht durch intelligente
Regelstrategien auch die Ausnutzung der Maschine in einem weiten
Betriebsbereich und ermöglicht deren hochdynamischen Betrieb.
Voraussetzung für den Einsatz von Elektronik in diesem Leistungsbereich
ist der Übergang zu höheren Bordnetzspannungen als 14 V, weil nur so ein
guter Wirkungsgrad erreicht werden kann. Die Anforderungen an das
System sind im weiteren:
p
Bordnetzspannung ³ 42 V
p
Generatorleistung 6 - 10 kW
p
Wirkungsgrad > 80 %
p
Startdrehmoment 200 - 400 Nm
p
Rückspeisefähige Hochstrombatterie 400 - 1000 A
p
Lebensdauer bis 500.000 Starts
p
Kühlwassertemperatur bis 130 °C
Bild 2: Anforderungen und Randbedingungen
22
Systemansätze
Topologie
Im heutigen System kann die Lebensdauer des Starters durch den Einsatz
einer Startsteuerelektronik so weit erhöht werden, daß sie für den
einfachen Start-Stopp Betrieb ausreicht. Dennoch bleibt die grundsätzliche
Begrenzung der Startwiederholungen erhalten.
Die mittlere Generatorleistung kann durch Weiterentwicklung der Klauenpolmaschine von heute etwa 1,2 kW bis auf etwa 4 kW gesteigert werden.
Damit können Bordnetzdauerleistungsforderungen bis ca. Kalenderjahr
2010 weitgehend erfüllt werden.
Weitere Funktionen lassen sich mit diesem Ansatz schwer realisieren.
ESC1
Startleistung:
Einrückstarter (alle Motoren)
Vorteile:
• Serienstand
• Niedrige Kosten
• Start-Stopp möglich
Generatorleistung:
bis 3 kW
Nachteile:
• Riemen erforderlich
• Generatorleistung beschränkt
• Keine Antriebsfunktion des
Generators
• Verschleißbehaftetes
Startsystem
Bild 3: Konventionelles System mit getrennten Komponenten
23
Für die Zusammenfassung von Starter- und Generatorfunktion in einem
Aggregat und dessen Integration in die Triebstrangfunktion gibt es
unterschiedliche Lösungsansätze.
Der Einsatz einer koaxialen Maschine zwischen Motor und Fahrkupplung
ermöglicht den direkten Start (Direktstart) des Verbrennungsmotors ohne
verschleißbehaftete Komponenten. Gegenüber einem konventionellen
Starter mit Übersetzungsgetriebe ergibt sich auf die Kurbelwelle bezogen
ein kleineres Massenträgheitsmoment. Durch die kompressionsbedingten
Drehmoment- und Drehzahlschwankungen steigt die erforderliche mittlere
Startdrehzahl und damit auch die mechanische Leistung an.
Da die elektrische Maschine bei sehr kleinen Drehzahlen nur einen
mäßigen Wirkungsgrad besitzt, ist eine hohe Batterieleistung die
Konsequenz. Für große Verbrennungsmotoren ist diese elektrische
Leistung mit vertretbarem Volumen, Gewicht und Kosten unter
Großserienbedingungen nur schwer darstellbar.
Startleistung:
Direktstart (alle Motoren)
Generatorleistung:
bis 10 kW
Vorteile:
• Schneller, geräuschloser Start
• Wenige Komponenten
• Hohe Generatorleistung
Nachteile:
• 3-4fache Batterieleistung für Start
erforderlich
• kein Impulsstart / Segelbetrieb
• Rekuperation eingeschränkt
• hohe Kosten
Bild 4: Kurbelwellenmaschine für Direktstart
24
Der Einsatz einer zweiten Kupplung zwischen Startergenerator und
Verbrennungsmotor eröffnet weitere Funktionen. Der Start kann als
Impulsstart erfolgen, bei dem der Startergenerator zunächst im Leerlauf
auf Drehzahl gebracht wird und so kinetische Energie aufbaut. Nach Ablauf
der Hochlaufzeit wird die Zusatzkupplung geschlossen und reißt den
Verbrennungsmotor mit. Dies verringert die erforderliche elektrische
Startleistung deutlich.
Die zweite Kupplung ermöglicht, eine zyklenfeste Batterie vorausgesetzt,
zudem die verbesserte Rekuperation im Schiebebetrieb und eine Synchronisationsunterstützung des Getriebes.
Startleistung:
Impuls- / Direktstart (alle Motoren)
Generatorleistung:
bis 10 kW
Vorteile:
• Schneller, geräuschloser Start
• Hohes Startmoment und
moderater
Leistungsbedarf bei Impulsstart
• Synchronisationsunterstützung
• Rekuperation möglich
Nachteile:
• Zweite Kupplung erforderlich
• Wartezeit bei Kaltstart
• Hohe Kosten
Bild 5: Kurbelwellenmaschine mit Doppelkupplung
Auch achsparallele Anordnungen können die Funktion eines Startergenerators übernehmen. Die Anbindung auf der Getriebeseite ermöglicht
wie das Doppelkupplungssystem Impulsstart und Rekuperation, erfordert
aber ein intelligentes Getriebemanagement, da der Start nur bei Getriebeleerlauf erfolgen kann. Außerdem wird ein zusätzlicher Getriebeabgang zur
Kopplung der elektrischen Maschine und damit mechanische
Komponenten benötigt.
25
Startleistung:
Impulsstart (alle Motoren)
Vorteile:
• Kein Eingriff in den Triebstrang
• Guter Zugang zur Maschine
• Segelbetrieb möglich
• Moderater Leistungsbedarf
• Rekuperation möglich
Generatorleistung:
bis 10 kW
Nachteile:
• Direktstart nur bei Getriebeleerlauf
• Modifikation am Getriebe
• Hohe Kosten
Bild 6: Getriebeseitiger Startergenerator
Startleistung:
Direktstart
(bis 1,6 l Otto, 1,2 l Diesel)
Generatorleistung:
bis 6 kW mit Leistungselektronik
Vorteile:
Nachteile:
• keine Modifikation des Systems • Riemen bleibt erhalten
• guter Zugang zur Maschine
• Kaltstart bei großen Motoren
• niedrige Kosten
erfordert zusätzlich
konventionellen Starter
Bild 7: Riemengekoppelter Startergenerator
26
Gegenwärtigen Systemen am nächsten ist die Anbindung des Startergenerators über den Riemen nach Bild 7. Zu diesem Konzept lassen sich
mehrere Varianten angeben. Der Startergenerator läßt sich grundsätzlich
als Asynchronmaschine oder als Klauenpolmaschine darstellen. Die Anbindung erfolgt direkt, über ein einstufiges oder ein zweistufiges Getriebe, das
wahlweise in die Maschine oder in die Riemenscheibe auf der Kurbelwelle
integriert ist.
Die Umschaltung der Getriebestufen wird entweder passiv über die
Drehmomentrichtung oder aktiv durch ein elektrisch betätigtes Stellglied
gesteuert. Zur Übertragung großer Drehmomente erfolgt der Übergang von
einem Poly-V-Riemen auf einen Zahnriemen.
Bosch bearbeitet gemeinsam mit Kunden vier verschiedene Konzepte mit
dem Ziel einer grundlegenden Systementscheidung. Die darin eingesetzten
Komponenten Kupplung, Getriebe und Dämpfer stammen von der Firma
LuK. Damit ist das Spektrum der Triebstrangintegrationsmöglichkeiten
weitgehend abgedeckt. Die erwähnten Generatorleistungen ergeben sich
aus den Forderungen, die kundenspezifisch an das Gesamtsystem gestellt
werden, und sind grundsätzlich nicht systembedingt.
Impulsstart, 10 kW
Direktstart, 6 kW
ASM
SE
LE
ASM
G
VM
Schaltbares Getriebe, 4 kW
SE
LE
KM Getriebe:
2 Stufen
VM
ASG
SE
LE
G
VM
Festes Getriebe, 6 kW
SE
LE
ASM
VM
Getriebe:
1 Stufe
AT
KM - Klauenpolmaschine SE - Steuerelektronik
ASM - Asynchronmaschine LE - Leistungselektronik
Bild 8: Kundenprojekte
27
Die dargestellten Konzepte benötigen verschieden hohe elektrische
Startleistungen. Dies ist auf das unterschiedliche bezogene Trägheitsmoment an der Kurbelwelle, den unterschiedlichen Wirkungsgrad der
Systeme und die Art des Hochlaufs zurückzuführen. Den grundsätzlichen
Zusammenhang zeigt Bild 9.
20
KW-Direktstart
18
16
P_Diesel
el. Startleistung [kW]
14
P_Otto
12
10
8
Impulsstart
6
4
konventioneller Starter
2
0
0
1
2
3
4
Hubvolumen [l]
Bild 9: Elektrische Startleistung verschiedener Systeme
28
5
6
Elektrische Maschine, Elektronik, Batterie, Bordnetz
Die Frage nach dem am besten für die Anwendung als Startergenerator
geeigneten Maschinentyp läßt sich nicht pauschal beantworten. Die
verschiedenen Typen haben individuelle Stärken und Schwächen, die im
einzelnen nachstehend aufgeführt sind.
Asynchronmaschine
PM - Synchronmaschine
+ großer Feldschwächbereich
+ guter Wirkungsgrad
+ Überlastfähigkeit, Robustheit
– kaum Feldschwächung möglich
– schlechter Wirkungsgrad bei
kleinen Drehzahlen
– Befestigung der Magnete
Reluktanzmaschine
– hohe Kosten
Klauenpolgenerator
+ großer Feldschwächbereich
+ gute Regelmöglichkeiten
– sehr kleiner Luftspalt
erforderlich
+ kostengünstige Fertigung
– hohe Geräuschentwicklung
– Baugröße / Leistung begrenzt
– Aufwand für
Leistungselektronik
+ hohe Serienreife
– nur mittelmäßiger
Wirkungsgrad
Bild 10: Maschinenvergleich
Die Klauenpolmaschine weist Vorteile bei der Regelbarkeit und bei den
Kosten auf, die ihn für Generatorleistungen bis etwa 6 kW und
ausreichende Startleistung auch für Motoren über 3 Liter Hubraum sehr
attraktiv machen; er unterliegt allerdings einer typbedingten Baugrößenbeschränkung. Die anderen Maschinen sind alle geeignet, das Leistungsspektrum nach oben zu erweitern.
Die PM-Synchronmaschine bietet den Vorteil einer verlustfreien Erregung,
läßt sich aber bei hohen Drehzahlen nur schlecht feldschwächen, wodurch
die induzierte Spannung unerwünscht hohe Werte annimmt.
Das Reluktanzprinzip offenbart Schwächen vor allem im Geräuschverhalten und den kleinen Toleranzforderungen beim Luftspalt.
Die Asynchronmaschine glänzt in keiner Disziplin durch Bestwerte, kann
aber in allen Bereichen mit akzeptablen Eigenschaften aufwarten, was die
Entscheidung für ihren Einsatz fallen ließ.
29
Das Doppelkupplungssystem besteht aus einer Asynchronmaschine, in
deren Rotor sowohl die Fahr- als auch die Startkupplung integriert sind.
Dadurch entsteht ein mechanisch sehr kompakter Aufbau, der den
Antriebstrang geringstmöglich verlängert.
Kurbelwellen Starter-Generator (ASM)
Zwischenring
(el. Maschine)
Stator
Druckleitung
Kupplungssteller
Rotor
GetriebeEingangswelle
Kurbelwelle
Antriebswelle
(Rad)
Kühlanschlüsse
(el. Maschine)
Bild 11: Kurbelwellenmaschine mit zwei Kupplungen
Der getriebeseitige Startergenerator ist ebenfalls als wassergekühlte
Asynchronmaschine ausgeführt. Die Übersetzung ist so gewählt, daß die
Drehzahl bis 20000/min reicht. Im dargestellten Gehäuse ist das Getriebe
nicht enthalten.
30
Bild 12: Asynchronmaschine für 20000/min
Als Beispiel für die Anbindung des Startergenerators über den Riementrieb
ist eine Klauenpolmaschine mit integriertem Planetengetriebe dargestellt.
Die Umschaltung der Übersetzungen 1:1 und 1:2,5 erfolgt aktiv durch
einen Aktuator. Die hohe Übersetzung wird dabei nicht nur für den Start
benutzt sondern dient auch dem Generatorbetrieb bei niedrigen
Motordrehzahlen. Dadurch werden Leistungsabgabe und Wirkungsgrad
deutlich angehoben.
4 kW/42V - Klauenpolgenerator schleifringlos
mit Flüssigkeitskühlung
Ständer
Stellmotor für
Getriebeübersetzung
(Schneckentrieb)
Läufer
zum
G etr
iebe
Planetengetriebe
(2-stufig)
el. Anschlüsse
(Steuergerät)
Erregerspule
Gehäuse Flüssigkeitskühlung
Bild 13: Klauenpolmaschine mit umschaltbarem Getriebe
31
Alle Startergeneratoren erfordern eine Leistungselektronik. Die Hauptanforderungen sind Hochstromfähigkeit bei Kaltstart für Ströme um 1000 A
und guter Wirkungsgrad im Generatorbetrieb. Zur Unterbringung der
Elektronik im Motorraum wird eine kompakte Bauweise gewünscht. Wegen
der dadurch bedingten großen Leistungsdichte lassen sich die Verluste des
Leistungsteils von einigen 100 W nur mit Hilfe einer Flüssigkeitskühlung
abführen. Hierzu wird üblicherweise der Wasserkreislauf des Verbrennungsmotors mitbenutzt, dessen Vorlauftemperaturen bis zu 130°C
betragen können. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die
thermische Belastbarkeit der Halbleiter. Die räumliche Nähe zwischen
Leistungselektronik und Maschine ist aus EMV-Gründen sehr zu
empfehlen.
Bild 14: MOSFET-Wechselrichter
Die hohen Leistungsanforderungen zukünftiger Bordnetze lassen sich mit
den heutigen 14 V-Systemen nicht mehr wirtschaftlich versorgen. In den
Hochleistungsbordnetzen wird es zwei Versorgungsspannungen geben,
14 V und 42 V, die jeweils angepaßte Verbraucher versorgen. Der
Generator speist nur auf der 42 V-Seite Leistung ein, die Aufladung der
14 V-Batterie erfolgt über einen DC/DC-Gleichspannungswandler.
32
p Ladepriorität für Startspeicher
p Optimierte Batterieauslegung
p Gewichtsreduzierung
2-Spannungs-Bordnetz
p Einbauvorteile
StG
p Redundanz
p Vorteile bei 42V:
42V-Verbraucher
Startergenerator
DC
- Leistungshalbleiter
DC
- Kabelbaum, Stecker
36V
Batterie 2
p Voraussetzung für:
14V-Verbraucher
12V
Batterie 1
- Hochleistungsverbraucher
- Starter-Generator
Bild 15: Zukünftiges Zweispannungsbordnetz
Die im Bordnetz vorhandenen Verbraucher werden auf der jeweils für sie
günstigeren Spannungsebene angesiedelt. Nicht immer kann eine
eindeutige Zuordnung getroffen werden, aber tendenziell liegen
Verbraucher mit hohem Leistungsbedarf auf der 42 V-Ebene.
Komponenten wie Elektromagnetischer Ventiltrieb oder Frontscheibenheizung sind bei 14 V überhaupt nicht möglich. Auf der anderen Seite ist
die Fahrzeugbeleuchtung ein typischer Verbraucher für die niedrige
Spannungsebene, weil Glühlampen für höhere Spannungen deutlich
erschütterungsempfindlicher sind. Auch Steuergeräte und Sensoren
werden auf der 14 V-Ebene bleiben. Weitere Beispiele für 42 VVerbraucher zeigt Bild 16.
42V sinnvoll:
42V erforderlich:
p Elektrische Servolenkung
p Elektromagnetischer
p Elektrische Wasserpumpe
p Kraftstoffpumpe
p Wankstabilisierung
p Elektromotorische Bremse
p Heckscheibenheizung
p Sitzheizung
Ventiltrieb
p Starter-Generator
p Frontscheibenheizung
p Elektrischer
Klimakompressor
p Audio-Komponenten
p ...
Bild 16: 42 V-Verbraucher
33
Bewertung
Ausgehend von der Annahme, daß der elektromechanische Triebstrang
bzw. das Hybridfahrzeug künftig an Bedeutung gewinnen wird, ist dem
Einsatz des im Triebstrang koaxial angeordneten Asynchronantriebs große
Bedeutung beizumessen. Die diesem Konzept zuzuordnenden hohen
Systemkosten können nur dann über Kraftstoffverbrauchseinsparung
amortisiert werden, wenn geeignete Batteriekonzepte zur Verfügung
stehen, die eine umfassende Rekuperation ermöglichen. Bei großen
Verbrennungsmotoren sind bei Direktstart die geforderten Startdrehmomente hoch, was aufgrund der damit verbundenen Motorströme von
über 1000 A bezüglich der technischen und wirtschaftlichen Realisierung
eine interessante Herausforderung darstellt.
Der Impulsstart ist mit einer Kupplung zwischen Kurbelwelle und
O
Startergenerator möglich. Bei kaltem Motor (<0 C) werden die
notwendigen Startströme reduziert, was sich auf Antriebsdesign und damit
Kosten auswirkt. Die Kaltstartzeit wird dabei unter Umständen verlängert.
Die erwähnte Kupplung erhöht das Rekuperationspotential und ermöglicht
dem beschriebenen Konzept in Verbindung mit einer zyklenfesten Hochleistungsbatterie den stufenlosen Übergang zum Hybridantrieb.
Der Startergenerator im Nebentrieb kann ähnlich wie der heutige
Generator in geringer Varianz mit dem Verbrennungsmotor kombiniert
werden. Außerdem stellt dieses Konzept keine wesentlichen
Zusatzforderungen an die axiale Triebstranglänge, was besonders bei
quereingebauten Motoren vorteilhaft ist. Die begrenzten übertragbaren
Kräfte schränken dieses Konzept auf die Startergeneratorfunktion ein. Vor
allem für kleine und mittelgroße Fahrzeugmotorisierungen stellt dieses
Startergeneratorkonzept eine vergleichsweise kostengünstige Lösung dar.
Dies gilt vor allem dann, wenn die großserientechnisch gefertigte
Klauenpolmaschine eingesetzt wird.
34
Zusammenfassung
Die Forderungen nach gesteigerter Bordnetzleistung bei besserem Erzeugerwirkungsgrad und Komfort auf der einen Seite und geringeren
Emissionen auf der anderen Seite haben die Diskussion um den
Startergenerator neu belebt. In letzter Zeit wurde eine Reihe von neuen
Konzepten entwickelt, die sich sowohl in ihrer Topologie als auch in ihrer
Funktionalität deutlich voneinander unterscheiden. Die Ergebnisse reichen
vom leistungsgesteigerten Generator mit Warmstartfunktion bis hin zu
kleinen Hybridantrieben. Gemeinsam ist allen Ansätzen der Übergang zum
42 V-Bordnetz, weil sich die großen Verbraucherleistungen nur mit diesem
erhöhten Spannungsniveau wirtschaftlich versorgen lassen.
Die koaxialen Lösungen zwischen Verbrennungsmotor und Getriebe
greifen in einer bisher nicht gekannten Weise in das Systemlayout ein. Die
Integration erfordert fahrzeugspezifische Konstruktionen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Variantenvielfalt. Durch die mechanisch robuste
Anbindung bietet diese Lösung aber gleichzeitig das höchste Funktionspotential.
Die achsparallen Konzepte können sowohl über Zahnradgetriebe als auch
über Riemen an den Triebstrang gekoppelt werden. Durch den Einsatz
einer zweistufigen Übersetzung kann die Startleistung erhöht und der
mittlere Wirkungsgrad im Generatorbetrieb verbessert werden. Das
Getriebe kann wahlweise auf der Kurbelwellenseite oder auf der
Maschinenseite angeordnet sein und über eine aktive oder passive
Umschaltung verfügen. Die Anbindung über den vorhandenen Riementrieb
gestattet eine sanfte Migration vom heutigen System zum Startergenerator
bei geringem Entwicklungsrisiko.
Die Weiterentwicklung der bestehenden Batterietechnologie zu höheren
Leistungsdichten wird zukünftig die Möglichkeit bieten, auch bei großen
Motoren und niedrigen Temperaturen einen Kurbelwellendirektstart zu
realisieren und größere Leistungen zu rekuperieren. Außerdem werden die
Zusatzfunktionen des Startergenerators als elektrischer Antrieb an
Bedeutung gewinnen. Sie bieten die Perspektive, den Kraftstoffverbrauch
und die Emissionen der Fahrzeuge weiter zu reduzieren.
35
Startergenerator im Antriebsstrang
Dr.-Ing. Wolfgang Reik
LuK GmbH & Co., Bühl
Einleitung
Die Idee des Startergenerators ist nicht neu. LuK war auf diesem Feld
schon vor mehr als 15 Jahren tätig. Die Zeit war allerdings damals noch
nicht reif für solch ein System. Da nutzten auch die Anzeigen nichts, die
LuK schaltete, um die Schwungnutzkupplung, wie der Startergenerator
damals hieß, zu forcieren. Ein Beispiel für den langen Atem, der bei
solchen Entwicklungen notwendig ist.
Bild 1:
Bosch - LuK - Startergenerator (um 1990)
Normalerweise wird unter einem Startergenerator eine E-Maschine
verstanden, deren Rotor direkt auf der Kurbelwelle befestigt ist und sowohl
als Generator als auch als Motor arbeiten kann. Wie der Name sagt, kann
damit der Starter und der Generator ersetzt werden. Die Gründe für eine
solche Anordnung ergeben sich aus dem teilweise stark steigenden Bedarf
an elektrischer Energie im Fahrzeug, wie zum Beispiel vermehrter Einsatz
37
von elektrisch angetriebenen Komponenten. Die fordern teilweise höhere
Spannungen im Bordnetz, um den Wirkungsgrad zu verbessern, wie zum
Beispiel elektrische Ventilbetätigungen [1]. Außerdem sollte konsequent
eine Start-Stopp-Funktion integriert werden, die ein Abstellen des Motors
beim Stillstand des Fahrzeugs und einen geräuschlosen und schnellen
Neustart erlaubt. Dazu muß allerdings die E-Maschine so stark
dimensioniert werden, daß auch bei sehr tiefen Temperaturen noch sicher
gestartet werden kann. Je nach Motor sind dazu kurzzeitig selbst im PKWBereich Momente bis über 400 Nm erforderlich.
Wenn man sich schon für den Einbau eines solch teuren Systems
entschließt, wird man versuchen, weitere Zusatzfunktionen zu integrieren.
Der Kreativität der Ingenieure sind hier kaum Grenzen gesetzt.
Im Bild 2 sind einige weitere Forderungen aufgelistet, die von Fall zu Fall
sogar noch von größerer Bedeutung werden können als die ursprüngliche
Motivation, nämlich nur Starter und Generator in einer leistungsfähigen
E-Maschine zu vereinen.
Bild 2:
•
Hohe Generatorleistung bei gutem Wirkungsgrad
•
Freie Wahl der Generatorleistung
•
Start/Stopp-Funktion bei leisem Start
(Motorstopp im Schub und Fahrzeugstillstand)
•
Direktstart
•
Impulsstart
•
Booster
•
Energierückgewinnung im Schub
•
Aktive Synchronisation
•
Zugkraftunterbrechung bei automatisierten Schaltgetrieben
auffüllen
•
Gleichartiges Konzept bei allen Getriebearten
•
Torsionsschwingungsdämpfung
Mögliche Forderungen an E-Maschine im Antriebsstang
Wie bereits erwähnt, erfordern die heutzutage viel diskutierten
Startergeneratoren für den Start bei tiefen Temperaturen eine
Mindestleistung der E-Maschine. Beim Impulsstart, bei dem die
E-Maschine zunächst auf Schwung gebracht und erst danach der Motor
38
ausgekuppelt wird, kann die Leistung der E-Maschine alleine nach der
erforderlichen Generatorleistung dimensioniert werden.
Wenn schon eine relativ große E-Maschine mit einer Leistung von bis zu
10 KW eingesetzt wird, sollte diese auch noch, zumindest kurzfristig, den
Verbrennungsmotor unterstützen und damit als Booster wirken.
In Zukunft vielleicht noch interessanter wird die Aufgabe, Bremsenergie
zurückzugewinnen. In vielen Konzepten rückt deshalb die Rekuperation in
den Mittelpunkt.
In mehreren Ansätzen wurde versucht, die E-Maschine auch zur
Synchronisation des Getriebes einzusetzen, was jedoch kaum möglich ist,
da extrem hohe elektrische Leistungen benötigt werden, um das eigene
Massenträgheitsmoment schnell genug auf eine neue Drehzahl zu bringen.
In die gleiche Kategorie sind die Bemühungen einzustufen, die
Ungleichförmigkeit des Motors durch eine aktive Gegenkopplung zu
eliminieren. Ein schöner Gedanke, der leider zu einem deutlichen
Kraftstoffmehrverbrauch führen würde [2].
Eine weitere Idee ist, die automatisierten Schaltgetriebe, die ja bei den
Schaltungen unter der Zugkraftunterbrechung leiden, so geschickt mit
einer E-Maschine zu kombinieren, daß diese Unterbrechung zumindest
teilweise aufgefüllt werden kann. Dies erscheint so interessant, daß dafür
ein eigener Beitrag vorgesehen ist [3].
Bei der Entscheidung für ein Konzept wird sicher auch die Frage eine Rolle
spielen, ob ein gleichartiges Konzept für alle Getriebearten möglich ist.
Bild 3a: Übliche Anordnung von Lichtmaschine und Anlasser
39
Kurbelwelle
Zwischen zwei Kupplungen
Getriebeeingang
Bild 3b: Koaxiale Anordnung der E-Maschine
40
Schwungrad
Zwischen zwei Kupplungen
Getriebeeingang
Bild 3c: Nichtkoaxiale Anordnung der E-Maschine
41
Bild 3d: Startergenerator im Nebenabtrieb
Bild 3e: Startergenerator im Getriebe
Im
Bild 3
sind
die
wichtigsten
Anordnungen
schematisch
zusammengestellt. Grob unterschieden wurde zwischen koaxialen und
nichtkoaxialen Anordnungen. Bei den koaxialen Anordnungen gibt es im
wesentlichen 3 Möglichkeiten. Zunächst die übliche Anordnung mit
E-Maschine auf der Kurbelwelle, dann auf der Getriebeeingangswelle und
zwischen 2 Kupplungen (Bild 3b).
Bei den nichtkoaxialen Lösungen sind zunächst ähnliche Anordnungen
möglich, wobei lediglich die jetzt seitlich angeordnete E-Maschine über
einen irgendwie gearteten Antrieb verbunden werden muß (Bild 3c).
Darüber hinaus kann man sich jedoch auch noch weitere Anordnungen
vorstellen, zum Beispiel den Startergenerator im Nebenabtrieb (Bild 3d).
Auch hierfür sind interessante Lösungen in Sicht.
42
E-Maschine auf Kurbelwelle
Bei der bekanntesten und vielleicht auch einfachsten Anordnung ist der
Rotor der E-Maschine direkt an der Kurbelwelle angeschraubt und ersetzt
damit das herkömmliche Schwungrad (Bild 4).
Stator
Rotor
Bild 4:
Koaxialer Startergenerator mit einer Kupplung. Rotor direkt mit der
Kurbelwelle befestigt.
Da die Rotorbleche selbst nicht als Gegenreibfläche für einen
Kupplungsbelag geeignet sind, muß mit dem Rotor zunächst einmal eine
dem herkömmlichen Schwungrad ähnliche Gegenreibfläche angebracht
werden, auf die dann die Kupplung aufgeschraubt wird. Es liegt nahe,
beide über einen Torsionsdämpfer miteinander zu verbinden und damit die
Funktion eines Zweimassenschwungrades zu gewinnen (Bild 5). Die
Wirkung des Zweimassenschwungrades fällt damit fast umsonst an.
Selbstverständlich kann auch versucht werden, die Kupplung innerhalb des
Rotors anzuordnen. In diesem Fall hat allerdings kein Torsionsdämpfer
mehr Platz, was aber, wie weiter unten gezeigt wird, durch andere
Maßnahmen kompensiert werden kann. Der Kupplungsdurchmesser wird
dann in vielen Fällen zu klein werden. Die dadurch erforderliche
Zweischeibenkupplung wäre vom axialen Bauraum her gesehen nicht ganz
unkritisch.
43
Primäre
Schwungmasse
Bild 5:
Sekundäre
Schwungmasse
Startergenerator mit ZMS-Funktion
Gleichgültig, welche Bauform gewählt wird, der Startergenerator
beansprucht eine Menge zusätzlichen axialen Bauraum, der in vielen
Fahrzeugen nicht zur Verfügung steht. Deshalb wird man bestrebt sein, bei
Einsatz eines Startergenerators auf der Seite der Nebenabtriebe Platz zu
sparen und alle Nebenaggregate elektrisch anzutreiben. Dies ist bis auf
den Klimakompressor sicher auch problemlos möglich. Bei dem
Klimakompressor wird in der Fachwelt noch kontrovers diskutiert, ob ein
elektrischer Antrieb bei der hohen erforderlichen Leistung vom
Wirkungsgrad her überhaupt zu vertreten ist.
Falls man auf den Nebenabtrieb ganz verzichtet, ist der erforderliche Platz
für den Startergenerator geschaffen. Der Motor kann entsprechend
verschoben werden. Allerdings muß berücksichtigt werden, daß bei sehr
vielen Motoren in der Riemenscheibe ein Torsionsschwingungsdämpfer
bzw. Tilger angebracht ist, der die kritischen Kurbelwelleneigenfrequenzen
dämpft. Dafür ist dann natürlich kein Platz mehr vorhanden. LuK hat
deshalb einen Spezialtilger entwickelt, der an der
letzten
Kurbelwellenwange angebracht wird und die gleiche Funktion aufweist wie
die herkömmlichen, in der Riemenscheibe angeordneten Dämpfer.
44
Um die Start-Stopp-Funktion sinnvoll ausnutzen zu können, sollte dem
Fahrer die Hoheit über die Kupplung entzogen und die Kupplung
automatisch betätigt werden. Nur so kann garantiert werden, daß ein
sicherer Motorstart gewährleistet wird, ohne daß das Fahrzeug sich
unbeabsichtigt in Bewegung setzt. In diesem Zusammenhang greift LuK
die an sich alte Idee auf, mit einer schlupfenden Kupplung die
Ungleichförmigkeit des Motors herauszufiltern und somit vom Getriebe
fernzuhalten [4]. Bild 6 zeigt die Wirksamkeit solch einer Kupplung, die
dazu lediglich einen Schlupf von unter 100 U/min aufweisen muß. An
dieser Idee wurde bereits vor 10 Jahren intensiv gearbeitet. Wegen
erhöhtem Belagverschleiß wurden diese Entwicklungen damals weltweit
wieder eingestellt. Außerdem hatte der Schlupf in der Kupplung natürlich
auch noch einen etwas erhöhten Benzinverbrauch zur Folge.
Drehzahl [1/min]
2050
2000
1950
1900
1850
1,9
1,95
2
2,05
2,1
Zeit [s]
Bild 6:
Schwingungsisolation mit schlupfender Kupplung
Den LuK-Ingenieuren hat dies jedoch in den ganzen Jahren keine Ruhe
gelassen. Durch eine Reihe von einzelnen Verbesserungen läßt sich heute
eine schlupfende Kupplung darstellen ohne die Nachteile, die damals zum
Abbruch der Entwicklung geführt haben.
Durch eine geschickte Kombination eines Torsionsdämpfers in der
Kupplungsscheibe mit einer ausgeklügelten Schlupfstrategie, das heißt nur
so viel Schlupf, wie für den betreffenden Fahrzustand notwendig ist, und
dem vollständigen Verzicht auf Schlupf bei Drehzahlen über ca.
45
1500 U/min, läßt sich der Mehrverbrauch auf unter 0,5 % reduzieren. Dies
wirkt sich natürlich auch positiv auf den Verschleiß aus. Eine weitere
Verschleißverbesserung erzielen die modernen Kupplungsbeläge. Und da
auch das noch nicht ganz ausreicht, kommt die verschleißnachstellende
Kupplung zu Hilfe, die bis zu doppelt so viel Verschleißvolumen zur
Verfügung stellt. Beharrlichkeit hat hier zum Ziel geführt. Es entsteht
dadurch eine Lösung, die für alle Anwendungen höchst interessant ist, bei
denen eine automatisierte Kupplung eingesetzt wird.
•
Kombination mit speziellem Torsionsdämper erlaubt Minimierung des
erforderlichen Schlupfbereichs
Schlupf D n [1/min]
100
80
60
40
20
0
0
500
1000
1500
2000
2500
Drehzahl n [1/min]
•
•
SAC erlaubt höhere Verschleißreserve
Verschleißarme Kupplungsbeläge
Bild 7:
Verbrauchs- und verschleißmindernde Maßnahmen bei einer
schlupfenden Kupplung
Startergenerator zwischen Motor und Getriebe mit
zwei Kupplungen
Die bis jetzt vorgestellte Anordnung mit einem direkt auf der Kurbelwelle
befestigten Rotor erlaubt nicht die Ausnutzung aller wünschenswerten
Möglichkeiten. So ist zum Beispiel die Energierückgewinnung oder
Rekuperation nur sehr eingeschränkt möglich. Außerdem ist man in der
46
Wahl der Größe der E-Maschine nicht frei, da ein Direktstart auch bei
tiefsten Temperaturen möglich sein muß.
Diese Schwierigkeiten werden durch eine zweite Kupplung umgangen, so
daß im Prinzip die E-Maschine zwischen diesen beiden Kupplungen sitzt
(Bild 8). Damit kann man die E-Maschine entweder mit dem
Verbrennungsmotor oder wahlweise mit dem Getriebe verbinden.
Bild 8:
Startergenerator mit zwei Kupplungen
Bei warmem Motor wird direkt gestartet, also mit geschlossener erster
Kupplung. Bei tiefen Temperaturen, wenn das Schleppmoment des
Verbrennungsmotors sehr groß ist, wird bei geöffneten Kupplungen
zunächst der Rotor hochbeschleunigt und dann die erste Kupplung schnell
geschlossen. Die Kurbelwelle wird dann hochgerissen und der Motor
startet schlagartig. Dies wird deshalb auch Impulsstart genannt. Auf diese
Weise hat man sich einen zusätzlichen Freiheitsgrad geschaffen, die
Größe der E-Maschine muß jetzt nicht mehr am höchsten Schleppmoment
des Verbrennungsmotors orientiert werden. Nebenbei erfolgt solch ein
schneller Start auch bei deutlich verringerten Emissionen.
Ein weiteres Argument ist möglicherweise noch schlagkräftiger. Ist nämlich
die E-Maschine direkt auf der Kurbelwelle befestigt, kann immer nur der
Bremsenergieanteil zurückgewonnen werden, der über das hinausgeht,
was der Motor über innere Reibung vernichtet. Insbesondere bei höheren
Drehzahlen werden im Schub ganz erhebliche Leistungen in Wärme
umgewandelt. Bild 9 zeigt dies jeweils für einen Benzin- und Dieselmotor.
47
80
Diesel
Schubmoment [Nm]
70
60
Benzin
50
40
30
20
10
0
0
1000
2000
3000
4000
5000
6000
Drehzahl n [1/min]
Schubmoment
Schubleistung [kW]
40
30
Diesel
20
Benzin
10
0
0
1000
2000
3000
4000
5000
6000
Drehzahl n [1/min]
Bremsleistung
Bild 9:
48
Bremswirkung von Motoren mit ca. 2,0 l Hubraum im Schub
Die in einem Fahrzeug gemessene tatsächliche Verteilung von
Beschleunigung und Verzögerung zeigt, daß die meisten Verzögerungen
mit einer Verzögerungsleistung von weniger als 10 KW stattfinden
(Bild 10). Das sind normalerweise gerade die, bei denen der Fahrer
lediglich vom Gas geht und den Motor als Bremse benutzt. Bei einem
Generator, der direkt mit der Kurbelwelle verbunden ist, kann man diese
Energie nicht rückgewinnen. Beim Startergenerator mit 2 Kupplungen kann
jedoch die erste Kupplung geöffnet werden, was einen sofortigen
Motorstillstand zur Folge hat. Die Verzögerungsleistung kann vollständig
rückgewonnen werden, solange sie nicht die maximale Leistung der EMaschine überschreitet.
30%
25%
20%
15%
10%
5%
Verzögerung
-30
-20
-10
Beschleunigung
0
10
20
30
Leistung [kW]
Bild 10: Verteilung von Beschleunigung und Verzögerung im
FTP75-Zyklus
Daß sich dies durchaus lohnt, zeigt Bild 11 für verschiedene Fahrkollektive.
Der untere grüne Balken stellt die Benzineinsparung durch Start-Stopp dar.
Darüber sind die durch Rekuperation zu erwartenden theoretischen bzw.
realen Einsparungen wiedergegeben. Die realen Werte beinhalten bereits
den Wirkungsgrad bei der Umwandlung von mechanischer in elektrische
Energie und umgekehrt. Trotz dieses Umwandlungsverlustes lohnt es sich,
über die Rekuperation nachzudenken. Bild 11 beweist dies eindringlich. Im
Gesamtfahrzeug ist wohl durch keine einzelne Maßnahme soviel an
Verbrauchseinsparung herauszuholen. Aus diesem Grund meint LuK, daß
die Bremsenergierückgewinnung das eigentliche Entwicklungsziel beim
Startergenerator darstellen sollte. Dies sollte sich dann auch in einer
neuen, noch zu findenden Bezeichnung widerspiegeln.
49
Rekuperation
real
Rekuperation
theoretisch
Benzineinsparung
40%
30%
Start - Stopp
20%
10%
0%
Mittel
Stadt
Land
Autobahn
Bild 11: Benzineinsparung durch Start-Stopp und Rekuperation für
verschiedene Fahrzyklen
Werden tatsächlich zwei Kupplungen eingesetzt, so stellt sich die Frage
nach der Aufteilung der Massen auf Motor und Rotor. Bild 12a zeigt
nochmals die Struktur mit einer direkt auf der Kurbelwelle angebrachten
kleinen Schwungmasse und wahlweise einem Torsionsdämpfer in der
Kupplung KM. Abhängig vom Vorhandensein eines Torsionsdämpfers muß
die Auslegung für die Kupplung KM erfolgen. Ohne Torsionsdämpfer und
bei kleinem JMotor kommen praktisch die vollen Momentenspitzen an der
Kupplung an, die deshalb, insbesondere bei Dieselmotoren, ein maximales
Moment übertragen können muß, das ein Vielfaches des Motormoments
beträgt (Bild 12b). Um die Auslegung der Kupplung einfacher zu gestalten,
wird man versucht sein, eine passende Schwungmasse an der Kurbelwelle
mit einem Torsionsdämpfer anzubringen. Da die Resonanzdrehzahl nicht
über 600 U/min steigen sollte, darf die Federrate im Torsionsdämpfer nicht
die in Bild 12c gezeigte Grenzkurve übersteigen. Man erhält dann den
vollen Zweimassenschwungrad-Effekt.
Der Impulsstart wird mit größerem JMotor zunehmend schwieriger. Es ist zu
befürchten, daß im Fahrzeug ein Ruck spürbar wird, wenn der
Verbrennungsmotor durch schnelles Schließen der Kupplung KM wieder
gestartet wird, der durch Verlängern der Kupplungsschließzeit abgemildert
werden kann (Bild 12d). Diese Diskussion zeigt die teilweise
widersprüchlichen Anforderungen an die mit der Kurbelwelle verbundene
Schwungmasse und den Torsionsdämpfer. Im konkreten Fall wird ein
günstiger Kompromiß zu suchen sein.
50
JMotor
Spitzenmomente an der Kupplung KM
KM
JSG
KG
a
bei Dieselmotor ohne TD
bei Benzinmotor ohne TD
bei Dieselmotor mit TD
bei Benzinmotor mit TD
1500
Moment [Nm]
TD = Torsionsdämpfer
1000
b
500
stat. Motormoment
0
0
0,1
0,2
max. Dämpfersteifigkeit c [Nm/°]
J Motor [kgm2 ]
20
c
15
Resonanzdrehzahl < 600 U/min
10
5
0
0
0,1
0,2
J Motor [kgm2 ]
max. Fzg.-Beschleunigung [m/s2 ]
8
6
4
JSG = 0,20 kgm2
d
JSG= 0,04 kgm2
2
0
0,0
Kupplungs-Schließzeit [s]
1,0
Bild 12: Zur Wahl der Massenverteilung zwischen Motor und Rotor bei
einem Startergenerator mit zwei Kupplungen
51
Bild 13 zeigt eine ausgeführte Konstruktion. Beide Kupplungen werden
automatisiert über hydraulische Ausrücksysteme betätigt. In diesem Fall
wird die Kupplung KM über einen Zentralausrücker von der Motorseite her
ausgerückt. Dies ist natürlich nicht die platzsparenste Lösung. Deshalb
werden Doppelkupplungen entwickelt, bei denen beide Kupplungen von
der Getriebeseite her über einen doppelten Zentralausrücker betätigt
werden können (Bild 14).
Bild 13: Startergenerator mit zwei Kupplungen. Beide Kupplungen werden
durch getrennte hydraulische Ausrücksysteme betätigt.
Eine genaue Analyse der erforderlichen Zustände der Kupplung zeigt, daß
auch eine sequentielle Abfolge möglich ist. Die zwei Kupplungen könnten
deshalb auch über eine Schaltwalze über nur einen Aktor betätigt werden,
ohne daß wesentliche Einschränkungen bezüglich des Startverhaltens
(Direktstart oder Impulsstart), Anfahrverhalten oder Rekuperation erfolgten.
LuK hat erkannt, daß der Erfolg des Startergenerators ganz wesentlich von
der Kompaktheit der Kupplungen abhängt. Es wird deshalb mit großem
Aufwand nach weiteren einfacheren und kompakteren Lösungen gesucht.
52
Bild 14: Startergenerator mit zwei Kupplungen und zwei konzentrischen
Ausrücklagern. Motorseitige Kupplung geschlossen, Rotor mit der
Kurbelwelle verbunden.
Startergenerator bei Automatikgetrieben mit Wandler
Die Forderung nach Bereitstellung von höheren elektrischen Leistungen
wird insbesondere in den Fahrzeugen der Oberklasse stärker werden, da
dort für eine Vielzahl von Komfortlösungen elektrische Verbraucher
installiert werden. In dieser Fahrzeugklasse haben sich bereits weitgehend
die Automatikgetriebe durchgesetzt. Deshalb müßte der Zwang zum
Startergenerator dafür noch größer sein. Die einfachste Lösung, aber nur
mit begrenzten Möglichkeiten, stellt wiederum ein Startergenerator dar, der
direkt auf der Kurbelwelle befestigt ist.
Falls man sich beim Schaltgetriebe für eine Doppelkupplungslösung
entscheidet, die neben voller Rekuperation auch noch einen Impulsstart
ermöglicht, wird man dies auch auf Automatikgetriebe erweitern wollen.
Wie Bild 15 zeigt, ergibt sich hierfür sogar eine besonders elegante
Lösung. In den Bauraum der heutigen Lock-up-Kupplung wird lediglich
noch eine zweite Kupplung integriert, die den Motor von dem
Pumpengehäuse trennen kann. Es ergibt sich dadurch eine besonders
53
platzsparende Konstruktion. Beide Kupplungen werden hydraulisch
betätigt. Wird die erste Kupplung geöffnet, kann der Verbrennungsmotor
abgestellt werden, und die E-Maschine wird immer noch betrieben. Es
lassen sich also damit alle Zustände realisieren, die im vorangegangenen
Kapitel bei der Zweigkupplungslösung beschrieben wurden.
Kupplung KM
Lock-up Kupplung
Bild 15: Startergenerator mit zwei Kupplungen für Automatikgetriebe. Die
linke Kupplung kann Kurbelwelle mit Rotor verbinden, die rechte
stellt die übliche Lock-up-Kupplung dar.
Startergenerator im CVT-Getriebe
Auch hier kann der Startergenerator direkt an der Kurbelwelle befestigt
werden (Bild 16 oben). Aber gerade im CVT können durch geschickte
Anordnung besondere Effekte erzielt werden. Im Bild 16 Mitte und unten ist
wiederum vor und nach der E-Maschine eine Kupplung angebracht. Die
E-Maschine kann koaxial aber auch seitlich versetzt angeordnet werden.
Wie man leicht sieht, lassen sich damit alle bis jetzt diskutierten Fälle wie
Direktstart, Impulsstart, Booster und Rekuperation realisieren. Für die
Rekuperation ergeben sich besonders günstige Verhältnisse, da die
Energiespeicherung jetzt nicht nur elektrisch, sondern über die
Schwungmasse des Rotors zusätzlich mechanisch erfolgen kann.
54
Bild 16: Anordnungen einer E-Maschine in einem CVT-Getriebe
55
Bei der mechanischen Rekuperation wird man die Kupplung KM öffnen und
dann den Variator in Richtung Underdrive verstellen, so daß der Rotor
schneller dreht. Er entzieht dem Antriebsstrang dadurch kinetische Energie
und verzögert das Fahrzeug. Bei der nächsten Beschleunigung wird der
Variator wieder in Richtung Overdrive verstellt und beschleunigt wiederum
das Fahrzeug. Die kurzzeitige Speicherung von mechanischer Energie wird
mit deutlich weniger Verlusten erfolgen können als bei einer elektrischen
Speicherung. Man wird sich deshalb an die in Bild 11 dargestellte
theoretische Verbrauchseinsparung annähern, also auf über 20 %
Einsparungen im Kraftstoffverbrauch kommen.
Daß auch tatsächlich nennenswerte Energien mechanisch gespeichert
werden können, zeigt ein Vergleich der Schwungenergie eines fahrenden
Fahrzeugs mit einer rotierenden Schwungmasse.
Bild 17 oben zeigt die kinetische Energie eines Fahrzeuges mit einer
Masse von 1500 kg als Funktion der Geschwindigkeit, dazu im unteren Bild
die kinetische Energie einer Schwungmasse mit J = 0,3 kgm² als Funktion
der Drehzahl. Nimmt man für den Rotor der E-Maschine eine maximale
Drehzahl von 10.000 U/min an, stellt man fest, daß in einer solch schnell
drehenden Schwungmasse soviel kinetische Energie steckt wie in einem
Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h. Daraus wird ersichtlich,
daß viele der im praktischen Fahrbetrieb auftretenden Verzögerungsvorgänge mechanisch rekuperiert werden können.
Es ergibt sich aber noch ein weiterer Vorteil. Soll nach der Phase der
Rekuperation der Verbrennungsmotor wieder angeworfen werden, kann
man sich jetzt dafür die passende Drehzahl am Rotor heraussuchen.
Sinnvollerweise wird man also zunächst einen großen Teil des Schwunges
zur Beschleunigung des Fahrzeuges nutzen und dann bei niedriger
Rotordrehzahl die Kupplung KM schnell schließen. Um dabei einen
Verzögerungsruck auf das Fahrzeug zu vermeiden, wird gleichzeitig der
Variator schnell ein wenig in Overdrive verstellt, was einen kleinen
Beschleunigungsruck erzeugt, der den Verzögerungsruck ausgleichen
kann. Zusätzlich kann kurzzeitig noch die E-Maschine regulierend
eingreifen. Ein Ruck beim Anlassen des Motors müßte sich damit
zuverlässig vermeiden lassen.
Eine Kombination eines CVT-Getriebes mit E-Maschine verspricht nahezu
ideales Verhalten. Die durch die Kombination mit der mechanischen
Rekuperation verbesserte Energierückgewinnung wird bei weitem den
etwas schlechteren Wirkungsgrad eines stufenlosen Variators ausgleichen.
Gesamtwirkungsgrad und Komfort müßten unübertroffen sein.
56
600
Energie [kJ]
500
Fahrzeug mit m = 1500 kg
400
300
200
100
0
0
20
40
60
80
100
Fahrzeuggeschwindigkeit [km/h]
Energie [kJ]
200
Rotierende Schwungmasse mit J = 0,3 kgm2
150
100
50
0
0
2000
4000
6000
8000
10000
Drehzahl n [1/min]
Bild 17: Kinetische Energie in rotierender Schwungmasse (oben) und
Fahrzeug (unten)
57
Startergenerator im Nebenabtrieb
Die bis jetzt vorgestellten Konzepte erfordern gravierende Änderungen am
Antriebsstrang (z. B. Getriebeverlängerungen). Falls dieser Schritt zu groß
erscheint, bietet sich auch noch eine andere Lösung an, die bis jetzt aber
kaum beachtet wurde. Dabei wird die Lichtmaschine durch einen etwas
größeren Startergenerator ersetzt, der nur geringfügig mehr Bauraum
benötigt. Um einen sicheren Start des Verbrennungsmotors zu
gewährleisten, ist ein Zweistufengetriebe vorteilhaft, das entweder direkt in
der Riemenscheibe an der Kurbelwelle oder am Startergenerator eingreift.
Bild 18 zeigt die möglichen Anordnungen, die Vor- und Nachteile haben.
Die Getriebe sind dabei so ausgebildet, daß sie sich entweder abhängig
von der Momentenrichtung, die sich zwischen Generator- und
Starterbetrieb ändert, oder von außen betätigt zwischen den 2 Stufen
umschalten lassen.
Wird das Zweistufengetriebe an der Kurbelwelle angebracht, ergeben sich
günstige Belastungen für den Riementrieb. Im Generatorfall ändert sich
gegenüber der heutigen Situation nichts, da das Zweistufengetriebe auf
direkten Durchtrieb geschaltet ist. Beim Starten braucht der Riementrieb
nur verhältnismäßig kleine Momente zu übertragen, weil das hohe, zum
Starten erforderliche Moment erst im Zweistufengetriebe mit einer
Übersetzung von ca. 3 - 4 erzeugt wird.
Läuft das Getriebe dagegen auf dem Startergenerator, erfolgt beim
Startvorgang erst eine Übersetzung auf hohe Momente und darauf die
Übertragung über den Riementrieb. An den Riementrieb sind deshalb
erhöhte Forderungen zu stellen. Nach jetzigen Erkenntnissen wird dies nur
für relativ kleine Fahrzeuge mit den üblichen Keilrippenriemen gehen. Bei
größeren erforderlichen Startmomenten müßten evtl. Zahnriemen
eingesetzt werden, bei denen allerdings die Geräuschsituation kritisch sein
dürfte. Vorteilhaft wäre natürlich, daß wegen der höheren Drehzahl das
Getriebe am Startergenerator auf wesentlich kleinere Momente ausgelegt
werden kann als bei einem Getriebe auf der Kurbelwelle.
Bild 19 zeigt solch ein Zweistufengetriebe für den Anbau an die
Kurbelwelle. Ein integriertes, umschaltbares Planetengetriebe erlaubt im
Generatorfall einen direkten Durchtrieb und im Anlasserfall eine
Untersetzung um ca. Faktor 4. Die Umschaltung erfolgt abhängig von der
Momentenrichtung. Dazu ist das Planetengetriebe stark schrägverzahnt.
Auf das Hohlrad wirken deshalb je nach Momentenrichtung Axialkräfte in
entgegengesetzter Richtung. Das Hohlrad ist axial verschiebbar. In der
linken Stellung (oberes Teilbild) erfolgt der direkte Durchtrieb, alle Teile
des Planetengetriebes drehen sich mit der gleichen Drehzahl. In der
rechten Stellung (unteres Teilbild) ist das Hohlrad mit dem feststehenden
58
Motorblock verbunden. Es entsteht dann die Übersetzung in höhere
Momente, wie es für den Start notwendig ist.
Bild 18a:
Startergenerator im Nebenabtrieb
Bild 18b:
Startergenerator mit Zweistufengetriebe an der Kurbelwelle
Bild 18c:
Startergenerator mit Zweistufengetriebe an der E-Maschine
59
am Motorblock befestigt
Generatorbetrieb
i=1
Kurbelwelle
Startvorgang
i=4
Bild 19: Zweistufengetriebe an der Kurbelwelle
60
Im Fahrbetrieb soll stets die direkte Übersetzung eingestellt bleiben. Wenn
der Verbrennungsmotor schnell abgebremst wird, treten ebenfalls
Momentenwechsel auf. Eine Fliehkraftsperre verhindert dann die
Umschaltung.
Ein ähnlicher Aufbau, allerdings für kleinere Momente, ist auch vor der
E-Maschine möglich. Im Bild 20 ist eine Variante gezeigt, bei der die
Umschaltung über eine Magnetkupplung erfolgt. Damit wäre eine
bedarfsgerechte Umschaltung möglich. Diese wirkt allerdings nur auf die
E-Maschine, da alle anderen Nebenaggregate mit einer fixen Übersetzung
im Riementrieb eingebunden sind.
elektromagnetisch betätigte
Kupplung schaltet zwischen
Übersetzung
i = 2,5 und i = 1
Freilauf
Riemen
Bild 20: Zweistufengetriebe an Startergenerator
Eine E-Maschine im Nebenabtrieb ersetzt Starter und Generator. StartStopp ist damit ohne Einschränkung möglich. Selbst Boosterbetrieb ist
denkbar, sofern die E-Maschine eine entsprechende Leistung aufweist. Der
Startergenerator im Nebenabtrieb stellt also durchaus eine Alternative dar.
Ein Arbeitskreis aus den Firmen Bosch, ContiTech und LuK arbeitet an
entsprechenden Lösungen und wird hoffentlich mit weiteren
überzeugenden Vorschlägen aufwarten.
61
Bild 21: Bewertung der Anordnungen von E-Maschine im Antriebsstrang
62
+
+
+
+
0
+
+
0
+
0
+
+
0
Start-Stopp
(leise und emissionsarm)
Energierückgewinnung im Schub
Boosten
Elektrisch Anfahren und Rangieren
Antiruckeldämpfung
Aktive Synchronisation bei
automatisierten Schaltgetrieben
Automatisierte Schaltgetriebe
ohne Zugkraftunterbrechung
Wenig Veränderungen am
Triebstrang
Gleichartiges Konzept bei allen
Getriebearten
Systemkosten
-
-
-
-
-
Impulsstart durch Rotormasse
(Kaltstart kein Auslegungskriterium)
+
-
-
-
-
+
+
+
+
+
+
0
+
Getriebeeingang
ASG
-
-
-
-
+
+
+
+
0
+
+
Direktstart
+
+
Zwischen
Motor und
Getriebe
2 Kupplungen
+
Kurbelwelle
Hohe Generatorleistung bei gutem
Wirkungsgrad
Nebenabtrieb
0
-
-
+
0
+
+
+
+
0
+
Getriebeeingang
Automatikgetriebe
2 Lock-up
-
-
-
+
0
+
+
+
+
0
+
Getriebeeingang
CVT
2 Kupplungen
+
-
-
+
+
+
+
+
+
+
+
0
+
Getriebeeingang
ESG [3]
Zusammenfassung
Es wurde gezeigt, daß es nicht nur eine Art von Startergenerator gibt. Eine
Vielzahl von Varianten bieten sich heute dem Antriebsstrangentwickler an.
Je nach Entwicklungsziel wird man sich für die eine oder andere Lösung
entscheiden. Bild 21 soll dafür eine Hilfestellung ein. Die wichtigsten
Argumente im Zusammenhang mit dem Einsatz einer E-Maschine im
Antriebsstrang sind für die verschiedenen Ausführungsformen bewertet.
Leider fehlen zur Zeit noch verläßliche Angaben über die Kosten. Es ist
deshalb noch etwas zu früh, zuverlässige Vorhersagen darüber zu
machen, welche Systeme sich am Ende durchsetzen werden.
Interessant erscheint der Startergenerator im Nebenabtrieb, weil damit die
geringsten Änderungen am Gesamtfahrzeug möglich werden. Wird das
Schwergewicht auf die Rekuperation gelegt, wird man sich für eine
Zweikupplungslösung entscheiden. Das CVT-Getriebe bietet durch eine
Kombination von mechanischer und elektrischer Rekuperation eine
besonders vorteilhafte Getriebestruktur.
Der nachfolgende Beitrag zeigt, welche zusätzlichen Vorteile eine
E-Maschine im automatisierten Handschaltgetriebe bringen kann [3].
63
Literatur
[1]
Ehlers, K.: Konsequenzen des 3-Liter-Autos auf die Architektur des elektrischen
Bordnetzes, Technische Mitteilungen 91 (1998), S. 116 - 124
[2]
Reik W.: Das Zweimassenschwungrad, 6. LuK-Kolloquium 1998, S. 69 - 94
[3]
Fischer, R. und Hirt, G.: Integration automatisierter Schaltgetriebe mit E-Maschine,
LuK-Fachtagung E-Maschine im Antriebsstrang, 1999
[4]
Fischer, R. und Berger R.: Automatisierung von Schaltgetrieben, 6. LuK-Kolloquium
1998, S. 95 - 121
64
Integration automatisierter Schaltgetriebe
mit E-Maschine
Dr. techn. Robert Fischer
Gunter Hirt
LuK Getriebe-Systeme, Bühl
Einleitung
Totgesagte leben länger – das gilt ganz sicher für das Handschaltgetriebe,
das heute in Europa immer noch über 80 % Marktanteil besitzt. Ursachen
findet man im hohen Wirkungsgrad, dem geringen Bauraum bei niedrigem
Gewicht und günstigem Preis.
Inzwischen zeigen sich Möglichkeiten, das Handschaltgetriebe erfolgreich
zu automatisieren und dabei mit geringem Aufwand zusätzliche Vorteile zu
gewinnen.
Zunächst kam die automatische Kupplung auf den Markt, wie sie LuK und
Bosch für die Mercedes-Benz A-Klasse liefern. Inzwischen gibt es die
ersten automatisierten Schaltgetriebe (ASG), die als Basis ein Handschaltgetriebe verwenden [1], [2]. Ein großes Verbesserungspotential bleibt die
Beseitigung der Zugkraftunterbrechung.
Wie in anderen Vorträgen aufgezeigt, können mit einem Startergenerator
nicht nur die Anforderungen zukünftiger Bordnetze erfüllt, sondern auch
große energetische Vorteile erreicht werden. Die Energieeinsparung kann
nach Simulationsrechnungen von LuK ca. 20 % gegenüber einem heutigen
Handschaltgetriebe
betragen,
dank
Start-Stopp-Automatik
und
Rekuperation von Brems- und Schubenergie [3] bis [7].
LuK hat sich zum Ziel gesetzt, durch intelligente Kombination von ASG und
Startergenerator mehr als nur die Summe der Vorteile dieser Systeme zu
erreichen – nämlich darüber hinaus die Zugkraftunterbrechung zu
beseitigen. Ein derartiges elektrisches Schaltgetriebe bezeichnet LuK als
ESG.
65
Anordnungen Startergenerator im ASG
Bild 1 zeigt die Übersicht verschiedener Anordnungsmöglichkeiten der
E-Maschine im Antriebsstrang mit Schaltgetriebe.
LastAutomation
RekuStart &
Generieren peration schaltung notwendig
a)
b)
c)
d)
Bild1:
i
NEIN
i
JA
i
JA
i
JA
Anordnungen des Startergenerators im Antriebsstrang
Zunächst einmal kann der Startergenerator an der Kurbelwelle
angebracht werden (Bild 1a). Damit kann man Starten und Generieren.
Rekuperation ist prinzipiell auch möglich, nutzt aber nicht das volle
Potential des Startergenerators, da der Verbrennungsmotor immer
mitgeschleppt werden muß.
Die E-Maschine kann auf der Getriebe-Eingangswelle plaziert werden
(Bild 1b). Dies hat den Vorteil, daß die E-Maschine vom Motor entkoppelt
werden kann und somit das volle Potential der Rekuperation ausschöpft.
Gegenüber den vorher genannten motorseitig angebrachten Lösungen
liegt das Einsparpotential um ca. 10% höher.
66
Der Start des Verbrennungsmotors erfolgt wahlweise mit geschlossener
Anfahrkupplung direkt oder durch Impulsstart, indem erst der
Startergenerator beschleunigt und dann die Kupplung geschlossen wird.
Somit muß die E-Maschine nicht für die maximalen Schleppmomente bei
tiefen Temperaturen ausgelegt werden.
Für diese Lösung ist eine Automatisierung des Schaltgetriebes fast
zwingend notwendig, da zum Starten der Gang herausgenommen und die
Kupplung geschlossen werden muß, und zum Rekuperieren der Gang
eingelegt und die Kupplung geöffnet werden muß.
Mit der E-Maschine auf der Eingangswelle bleibt der Schwachpunkt des
ASG – die Zugkraftunterbrechung während der Schaltung – erhalten.
Will man dies ändern, dann muß die E-Maschine auf den Abtrieb wirken
(Bild 1c). In diesem Fall ist Rekuperation ebenfalls möglich. Auch hier ist
die Verbindung mit automatisierter Kupplung oder automatisiertem
Schaltgetriebe erforderlich. Mit dieser Anordnung läßt sich der
Verbrennungsmotor aber nicht mehr durch den E-Motor starten und
Generieren ist nur noch während der Fahrt möglich.
Um alle Anforderungen, d.h. Starten, Generieren, Rekuperieren und Lastschaltung zu erfüllen, muß die E-Maschine wahlweise auf die
Eingangswelle und auf den Abtrieb wirken können (Bild 1d).
Die angestrebten Verbrauchsvorteile und Startergeneratorfunktionen
lassen sich also nur erzielen, wenn die E-Maschine auf den Getriebeeingang wirken kann. Deshalb werden im weiteren nur die Varianten 1b
und 1d behandelt.
67
Schaltung mit Einzel-Synchronisierungen
Mit der E-Maschine auf der Getriebeeingangswelle liegt die Herausforderung im Ablauf des Schaltvorganges. Um dies zu verdeutlichen, wird
zunächst der Schaltvorgang eines Handschaltgetriebes bzw. ASG
beschrieben.
Drehzahlen
Bild 2 zeigt auf der rechten Seite (in Symbolen) den Antriebsstrang mit
Handschaltgetriebe (bzw. ASG). Die Kupplung verbindet Verbrennungsmotor und Eingangswelle. Zwischen Eingangswelle und Ausgangswelle
wirken zwei Zahnradpaare mit unterschiedlichen Übersetzungen und einer
schaltbaren Klauenkupplung. An jeder Klauenkupplung wirkt eine einzelne
Synchronisierung. An der Ausgangswelle ist die Fahrzeugmasse durch
einen Reifen symbolisiert.
A
B
C
D
Motor
Eingangswelle
Abtriebsmoment
Zeit
Zeit
Bild 2:
68
Hochschaltung des ASG mit Einzel-Synchronisierungen
Auf der linken Seite werden im oberen Diagramm Drehzahlverläufe von
Motor und Eingangswelle über der Zeit und im unteren Diagramm das
dementsprechende Moment an der Abtriebswelle gezeigt.
Was passiert nun während des Gangwechsels? Betrachten wir zunächst
den Ablauf ohne Startergenerator.
Um die Klauenkupplung des alten Ganges lösen zu können, wird das
Drehmoment am Getriebeeingang auf Null reduziert (Zeitpunkt A). Hierzu
wurde das Motormoment abgebaut und die Anfahrkupplung geöffnet. Das
wirkt sich direkt auf das Abtriebsmoment aus. Sowohl die
Getriebeeingangswelle als auch der Verbrennungsmotor werden sehr
langsam verzögert. Durch die Synchronisierung an der Klauenkupplung
des neuen Ganges wird nun die Eingangswelle sehr schnell auf das
Drehzahlniveau für den folgenden Gang gebracht (Bereich von Punkt B bis
C). Anschließend kann die neue Klauenkupplung eingespurt werden (Punkt
D). Am Ende muß noch die Drehzahlgleichheit zwischen Motor und
Getriebeeingangswelle mit Hilfe der Anfahrkupplung hergestellt werden.
Danach wirkt am Abtrieb das Moment des neuen Ganges. Die dünnen
Linien zeigen die Drehzahlverläufe, die sich ohne die Anpassung durch die
Synchronsierung und das Wiedereinkuppeln ergeben würden.
Verbindet man nun den Startergenerator mit der Eingangswelle, so muß
während der Synchronisierungsphase (Bereich von Punkt B bis C) nicht
nur die Drehmasse der Eingangswelle, sondern auch die der E-Maschine
beschleunigt werden. Dadurch würde diese Phase länger dauern und die
Synchronisierung stärker belastet. Zur Unterstützung kann man die
E-Maschine bestromen. Jedoch ist der Leistungsbedarf sehr hoch, wenn
die gleiche Schaltzeit wie ohne diese zusätzliche Drehmasse erreicht
werden soll. An dieser Problematik sind einige Integrationsversuche des
Startergenerators in das ASG gescheitert.
Gesucht ist also eine Synchronisierung, welche der Masse der E-Maschine
Rechnung trägt. Die folgenden zwei Abschnitte zeigen hier Ansatz und
Lösung.
69
Synchronisierung mit Motorbremse gegen Gehäuse
Drehzahlen
Das hier vorgestellte Prinzip wird heute schon bei LKW eingesetzt (Bild 3).
A
B
Abtriebsmoment
Zeit
Zeit
Bild 3:
Synchronisierung durch Motorbremse gegen Gehäuse
Die Drehzahlanpassung von Getriebeeingangswelle, Verbrennungsmotor
und E-Maschine erfolgt durch eine leistungsfähige Bremse gegen das
Gehäuse.
Die Synchronisierungen an den einzelnen Klauenkupplungen können damit
entfallen. Jedoch ist auch bei dieser Art der Synchronisierung die Zugkraftunterbrechung unvermeidlich.
70
Synchronisierung mit Motorbremse gegen Abtrieb
Drehzahlen
Bei dem oben vorgestellten Prinzip der Motorbremse wird das Moment am
Gehäuse abgestützt. Beim Abbremsen des Verbrennungsmotors und der
E-Maschine wird deren kinetische Energie in Wärme transformiert und geht
dem Antrieb verloren.
A
B
Abtriebsmoment
Zeit
Zeit
Bild 4:
Synchronisierung durch Motorbremse gegen Abtrieb
Vorteilhafter ist es, dieses Moment über eine Lastschaltkupplung gegen
den Abtrieb abzustützen und somit Anteile der kinetischen Energie des
Verbrennungsmotors und der E-Maschine während der Schaltung an das
Fahrzeug weiterzuleiten (Bild 4). Dies ist das Grundprinzip des
elektrischen Schaltgetriebes (ESG).
71
Hierbei erfüllt die Lastschaltkupplung zwei Funktionen:
•
Synchronisieren von Getriebeeingangswelle, Verbrennungsmotor und
E-Maschine
•
Vermeiden der Zugkraftunterbrechung durch Momentenabstützung am
Triebstrang
Im Vergleich zum ASG fallen bei diesem Prinzip zur Drehzahlanpassung
die Totzeiten zwischen dem Ausspuren der Klauenkupplung und dem
Synchronisierungsbeginn sowie zwischen dem Synchronisierungsende und
dem Wiedereinspuren weg. Die Bewegung der Schaltelemente erfolgt in
der Phase ohne Formschluß zeitgleich und unabhängig zur
Synchronisierung durch die Lastschaltkupplung. Der Gradient der
Getriebeeingangsdrehzahl während der Synchronisierung darf nun deshalb
geringer als beim ASG (Bild 2) sein, ohne daß dadurch die Schaltzeit
verlängert wird. Somit vereinfachen sich die Anforderungen an die EMaschine.
Die dünne Linie in Bild 4 zeigt im Vergleich wieder den Verlauf der Drehzahl, wie er sich ohne die Synchrosierung durch die Lastschaltkupplung
ergeben würde.
72
Das elektrische Schaltgetriebe – ESG
Aufbau des ESG
In Bild 5 wird dargestellt, wie ein ESG grundsätzlich aufgebaut sein könnte.
Kuppeln
Kuppeln
5
4 3
2 1
i
Bild 5:
R 6
Schalten
Wählen
Aufbau des ESG
Die Synchronisierungen entfallen, und zur Anfahrkupplung kommt nun eine
zusätzliche Lastschaltkupplung hinzu. Diese verbindet über ein Gangrad –
hier dargestellt für den sechsten Gang – die Eingangswelle mit der
Abtriebswelle. An diese Kupplung werden bezüglich Moment und Leistung
ähnliche Anforderungen wie an eine Anfahrkupplung gestellt. Außer zur
Lastschaltung kann diese Kupplung auch noch als Parksperre genutzt
werden, und dies ohne Mehraufwand! Hierzu wird die Lastschaltkupplung
geschlossen, nachdem ein Gang eingelegt wurde, und damit wird der
Triebstrang verspannt.
73
Die Anfahrkupplung ist - wie oben erwähnt - während der Schaltvorgänge
geschlossen, um die Trägheitswirkung und das Moment des Verbrennungsmotors in das Getriebe und somit über die Lastschaltkupplung
zum Fahrzeug weiterzuleiten.
Das heißt, beim Anfahren benutzt man nur die Anfahrkupplung und beim
Schalten nur die Lastschaltkupplung. Darauf basiert die Idee, diese beiden
Kupplungen mit einem gemeinsamen Aktor zu betätigen und sie als
Kombikupplung auszuführen (Bild 6).
Kuppeln
i
6
5
4
3
2 1
R
i
Schalten
Wählen
Bild 6:
74
ESG mit einem Aktor für Anfahr- und Lastschaltkupplung
Die zugehörigen Momentenkennlinien sind in Bild 7 dargestellt.
Lastschaltkupplung
Moment
Anfahrkupplung
Aktorweg
A
Bild 7:
B
C
Momente von Anfahrkupplung und Lastschaltkupplung über
Aktorweg
Befindet sich der Aktor in Punkt A, so sind beide Kupplungen geöffnet. Auf
dem Weg von Punkt A nach Punkt B wird die Anfahrkupplung geschlossen
und das Fahrzeug fährt an. Steht der Aktor in Punkt B, kann er entweder
nach links verfahren und die Anfahrkupplung öffnen bzw. die
Momentennachführung realisieren oder nach rechts (Richtung Punkt C)
und dann durch Betätigung der Lastschaltkupplung die Schaltung einleiten,
wobei die Anfahrkupplung komplett geschlossen bleibt.
75
Aufwandsvergleich ESG zu ASG
Beim ESG werden so viele Komponenten wie möglich vom ASG übernommen. Folgende treten in gleicher Zahl auf:
•
Anfahrkupplung
•
Kupplungsaktor
•
Schaltaktoren
•
innere Schaltmechanik
•
Eingangswelle
•
Ausgangswelle
•
Radsätze
•
Klauenkupplungen
•
Gehäuse
•
Ausrücklager
Trotz Lastschaltung und E-Maschine ist also kein weiterer Aktor notwendig.
Folgende Komponenten werden zusätzlich benötigt:
•
Anbindung ans Getriebe •
•
größere Batterie
•
Lastschaltkupplung
•
E-Maschine / Elektronik
Verkabelung
Dafür entfallen folgende Komponenten:
76
•
Synchronisierungen
•
Generator
•
Starter
•
Riemenebene (?)
Systemanforderungen des ESG
Steuerung
Die Ansteuerung des Systems und insbesondere der Kupplungen ist eine
wesentliche Herausforderung beim ESG.
Die Lastschaltkupplung, der Verbrennungsmotor und die E-Maschine
müssen koordiniert angesteuert werden, um die Synchronisierfunktion zu
erfüllen. Neben den Schaltstrategien müssen die zusätzlichen Funktionen
der elektrischen Maschine (Starten, Versorgung Bordnetz usw.) sichergestellt werden.
Während der Schaltphase schlupft die Lastschaltkupplung und bestimmt
damit dominierend das Abtriebsmoment. Dies erfordert eine feinfühlige
Ansteuerung.
Eine weitere Herausforderung ist das Aus- und Einspuren der Klauenkupplungen. Beim Ausspuren muß genau der Augenblick getroffen
werden, in dem die Klauenkupplung momentenfrei ist. Beim Einspuren
muß Drehzahlgleichheit erreicht sein, aber gleichzeitig sollten auch die
Drehzahlgradienten möglichst gleich groß sein.
Für diese Koordinierung von Motor, Kupplungen und Getriebe ist ein
umfangreiches Gesamtsystemwissen notwendig. Hier hat sich LuK schon
bei der ASG-Entwicklung viel Know-how erarbeitet.
Konstruktion der Lastschaltkupplung
Wie von der Anfahrkupplung werden auch von der Lastschaltkupplung
hohe Reibleistungen und gute Modulierbarkeit gefordert. Der Energieeintrag kann sogar noch höher als jener der Anfahrkupplung sein, was eine
Verschleißnachstellung sinnvoll erscheinen läßt. Werden die Kupplungen
als Kombikupplung ausgeführt - also Anfahrkupplung und Lastschaltkupplung in einer Baueinheit -, stellt dies eine besonders hohe Herausforderung dar. Zudem müssen beide Kupplungen kraftreduziert sein, um
einen kleinen Kupplungsaktor verwenden zu können. Das ist sicherlich die
richtige Aufgabe für den Kupplungsentwicklungsbereich von LuK.
77
Auf dem Weg zum ESG:
Das unterbrechungsfreie Schaltgetriebe – USG
Mit dem hier vorgestellten ESG offerieren wir bei der Revolution des
Fahrzeug-Bordnetzes ein gesamthaft optimiertes Getriebesystem.
Vorbereitend können mit geringerem Aufwand schon Teilaspekte dieser
Technologie eingeführt werden. Das vorgestellte Konzept der Lastschaltung läßt sich auch ohne die Integration der E-Maschine bereits als
eigenständige Alternative zu Handschaltgetriebe bzw. ASG einsetzen.
Dieses System bezeichnet LuK als unterbrechungsfreies Schaltgetriebe
(USG).
Aufbau des USG
In Bild 8 ist der Aufbau eines USG mit Kombikupplung, die nur durch nur
einen Aktor betätigt wird, abgebildet.
Kuppeln
i
6
5
4 3
2 1
i
Schalten
Wählen
Bild 8:
78
Aufbau des USG
R
Den ersten Schritt geht LuK mit dem im Bild 9 dargestellten Prototypen.
Hierbei wird an einem vorhandenen ASG die Lastschaltkupplung am
fünften Gang angebracht. Die zwei Kupplungen sollen erst im nächsten
Entwicklungsschritt zur Kombikupplung vereinigt werden.
Bild 9:
LuK Prototyp für USG
79
Aufwandsvergleich USG zu ASG
Folgende Komponenten treten bei ASG und USG in gleicher Anzahl
auf:
•
Anfahrkupplung
•
Kupplungsaktor
•
Schaltaktoren
•
innere Schaltmechanik
•
Eingangswelle
•
Ausgangswelle
•
Radsätze
•
Klauenkupplungen
•
Gehäuse
•
Ausrücklager
Trotz der Funktionserweiterung vom ASG zum USG ist also kein weiterer
Aktor notwendig. Es wird nur eine zusätzliche Komponente benötigt,
wobei diese durch Integration in die vorhandene Kupplung kostengünstig
gestaltet werden kann:
•
Lastschaltkupplung
Dafür entfallen folgende Komponenten:
•
Synchronisierungen
Dieser Vergleich zeigt, daß das USG trotz der Vorteile nicht aufwendiger
als das ASG sein muß. Auch die Aufrüstung des USG zum ESG ist ohne
großen Aufwand möglich.
Einen weiteren Vorteil sehen wir im Erhalt bestehender Investitionen bei
den Getriebeherstellern, was durch die überwiegende Anzahl gleichartiger
Teile möglich ist.
80
Zusammenfassung der Eigenschaften
Das ASG ist in vielen Disziplinen Klassenbester. Bester Wirkungsgrad und
niedrigste Herstellkosten verbunden mit geringstem Gewicht auf kleinstem
Bauraum führen zu geringsten Verbräuchen und versprechen noch ein
langes Leben für das ASG und somit für die getätigten Investitionen ins
Handschaltgetriebe (Bild 10).
Mehrfachnutzung von Komponenten
Start & Stopp
Generieren
Rekuperieren
Höhere Bordnetzleistung
Boosten
Lastschaltung
Parksperre
Automation
Komfort
Start & Stopp
Kosten
Schlupf
Investionserhalt
Wirkungsgrad
Gewicht
Verbrauch
Bauraum
ESG
USG
ASG
Bild 10: Eigenschaften von ASG, USG und ESG
Alle diese Vorteile bleiben für das USG erhalten. Es bietet jedoch ohne
Mehrkosten mehr Funktionen wie Lastschaltung und Parksperre. Somit ist
das USG für sich ein eigenständiges System.
Das USG ist wiederum die optimale Basis für die Erweiterung durch den
Startergenerator zum ESG. Das ESG ist ein schlüssiges Gesamtkonzept,
das die Vorteile von ASG und USG beibehält und das Potential des
Startergenerators bei Start-Stopp und Rekuperation voll ausschöpft. All die
zusätzlichen Funktionen des Startergenerators, wie z.B. Energiewandlung,
höhere Bordnetzleistung und Boosten sind möglich.
81
Fahrzeugbeschleunigung
Im ESG unterstützt die E-Maschine die Lastschaltung des USG, so daß die
Schaltung noch komfortabler und schneller vonstatten geht (siehe Bild 11).
ESG
USG
ASG
Zeit
Bild 11: Fahrzeugbeschleunigung während der Schaltung mit ASG, USG
und ESG
Einordnung der Systeme
In diesem Vortrag wurden das unterbrechungsfreie Schaltgetriebe (USG)
und das elektrische Schaltgetriebe (ESG) als Weiterentwicklung des automatisierten Schaltgetriebes (ASG) behandelt. Wie stehen diese Systeme
zueinander in Verbindung, und wie stehen sie im Vergleich zu anderen
Getriebesystemen?
In Bild 12 ist der Versuch einer Kosten-Nutzen-Bewertung dargestellt,
wobei der Nutzen für den Kunden guter Komfort und guter Wirkungsgrad
bedeutet.
82
Kosten
EVT
AT
CVT
ESG
ASG
USG
EKM
HSG
Nutzen (Komfort, Wirkungsgrad)
ESG
= Elektrisches Schaltgetriebe
EVT
= Elektrisch variables Getriebe
USG
= Unterbrechungsfreies Schaltgetriebe
CVT
= Stufenloses Getriebe
ASG
= Automatisiertes Schaltgetriebe
AT
= Automatik-Getriebe
EKM
= Elektronisches Kupplungsmanagement
HSG
= Handschaltgetriebe
Bild 12: Kosten-Nutzen-Vergleich verschiedener Triebstrangautomatisierungen
Als Basis wird vom Handschaltgetriebe (HSG) als heute günstigstes
System ausgegangen. Den anderen bekannten Eckpunkt stellt das Automatikgetriebe (AT) dar, mit höherem Nutzen, aber auch höheren Kosten.
Das Elektronische Kupplungsmanagement (EKM) befindet sich nach
unserer Einschätzung sowohl beim Nutzen als auch bei den Kosten auf
einem Drittel zwischen diesen beiden Systemen.
Beim ASG steigt der Nutzen im Vergleich zum EKM stark an, ohne viel
höhere Kosten.
83
Das USG dürfte so preiswert wie das ASG sein. Allerdings steigt der
Komfort weiter, da die Zugkraftunterbrechung eliminiert wird. LuK schätzt
den Nutzen des USG gleichwertig zum Automatikgetriebe ein, allerdings
mit dem Fokus auf andere Fahrzeugklassen. Der Schaltkomfort des
Automatikgetriebes wird mit dem USG zwar nicht ganz erreicht, der
Verbrauch ist jedoch viel geringer.
Das ESG ist die Weiterentwicklung des USG. Die zusätzlichen Kosten für
die elektrische Maschine und die Leistungselektronik dürfen nicht allein
dem Getriebe zugeordnet werden, da die vielen Vorteile eines Startergenerators zum Teil unabhängig vom Antriebsstrang zu bewerten sind.
Den großen Vorteil sehen wir im Kraftstoffeinsparpotential.
Das CVT kostet ungefähr soviel wie ein Automatikgetriebe, bietet aber
deutlich mehr Komfort.
Steht bei der Entwicklung der bestmögliche Komfort im Vordergrund,
werden Nachfolger für Automatikgetriebe und CVT gesucht. Es werden
Systeme - wie sie zum Beispiel auch Herr Prof. Tenberge in seinem
Beitrag vorstellt [8] - zum Einsatz kommen. Wie man in Bild 12 erkennen
kann, handelt es sich hier aber um ein anderes Marktsegment als beim
ESG.
ASG, USG und ESG sind Weiterentwicklungen des Handschaltgetriebes.
Daran arbeitet die LuK!
84
Literatur
[1]
Fischer, R.; Berger, R.: Automatisierung von Schaltgetrieben, 6. LuK-Kolloquium 1998
[2]
Berger, R.; Fischer, R.; Salecker, M.: Von der Automatisierten Kupplung zum
Automatisierten Schaltgetriebe; VDI-Bericht 1393
[3]
Reik, W.: Startergenerator im Antriebstrang, LuK-Fachtagung E-Maschine im
Antriebsstrang 1999
[4]
Boll, W.; Antony P.: Der Parallel-Hybridantrieb von Mercedes-Benz, VDI-Bericht 1225
[5]
Kerschl, S.; Höhn, B.; Pflaum, H.: Einsparpotentiale des Autarken Hybrid-Fahrzeugs,
VDI-Bericht 1459
[6]
Buschhaus, W.; Jaura, A.; Tamor, M: P2000 LSR – Fords Systematic and Integrated
HEV Development Program, VDI-Bericht 1459
[7]
Dietrich P., Eberle M.: Betriebsverhalten des ETH-Hybrid III Antriebes auf dem
dynamischen Prüfstand und im Fahrzeug, VDI-Bericht 1459
[8]
Tenberge, P.: Automatisiertes Fahrzeuggetriebe mit elektrischener
Å Hybridgetriebe, LuK-Fachtagung E-Maschine im Antriebsstrang 1999
Regelung
85
Automatisiertes Fahrzeuggetriebe mit
elektrischer Regelung Í Hybridgetriebe
Prof. Dr.-Ing. Peter Tenberge
Prof. Dr.-Ing. Wilfried Hofmann
TU Chemnitz
Einleitung
Kombiniert man einen Planetenradsatz aus einem Automatgetriebe mit
Schaltelementen aus Handschaltgetrieben und automatisiert die
Übersetzungsverstellung über ein elektrisches Stellgetriebe mit
angeschlossenem Energiespeicher, dann erhält man ein Hybridgetriebe.
Mit seinem unendlich großen, stufenlos regelbaren Stellbereich kann das
Hybridgetriebe die Starterfunktion für den Verbrennungsmotor und die
Generatorfunktion für das Bordnetz mit übernehmen. Ohne
Anfahrkupplung oder Wandler hängen V-Motor und Getriebe immer
zusammen. Durch Energierekuperation über den Speicher läßt sich der
Kraftstoffverbrauch weiter reduzieren.
Zielsetzung für neue Fahrzeuggetriebe
Das Getriebe als Leistungswandler zwischen Verbrennungsmotor und
Antriebsrädern eines Fahrzeugs war für die Forschung zwar immer von
Interesse. Im Markt konnten sich neue Getriebesysteme bislang jedoch nur
in
kleinen
Stückzahlen
oder
Sonderanwendungen
gegenüber
Handschaltgetrieben und Automatgetrieben durchsetzen. Denn diese
zeichnen sich durch hohe Wirkungsgrade, zuverlässige Funktionen,
nahezu Wartungsfreiheit und durch geringe Herstellkosten als Folge
ausgereifter Fertigungstechnologien aus. Ihr Übersetzungsbereich und die
Stufung der Gänge erlauben ein Anfahren unter höchsten
Lastanforderungen und eine gute Ausnutzung der Vollastkurve des
Verbrennungsmotors zum Beschleunigen bis zur Höchstgeschwindigkeit.
Handschaltgetriebe gelten als sportlich, Automatgetriebe als komfortabel.
Verbrauchsbewußte Autofahrer fahren Diesel, die durch Pumpe-Düse,
Common-Rail, etc. niedrigsten Kraftstoffverbrauch mit Laufruhe und
höchster Kraft so vereinigen, daß selbst verwöhnte Fahrer zufrieden sind.
Wozu dann noch andere Getriebe ?
Was fehlt uns denn noch ?
Nachteilig bei Handschaltgetrieben ist die Beschränkung auf 5 bis 6
Vorwärtsgänge und die Zugkraftunterbrechung beim Gangwechsel. Aus
87
Kostengründen wird in Handschaltgetrieben meist eine vom Fahrer zu
betätigende Reibungskupplung zum Anfahren des Fahrzeugs eingesetzt.
Nur in Verbindung mit einer großen Übersetzung des 1. Ganges kann dann
das erforderliche max. Abtriebsdrehmoment erzeugt werden. Selbst wenn
man von diesem 1. Gang aus 5 weitere Gänge gut schaltbar stuft, reicht
der Übersetzungsbereich nicht aus, um den V-Motor bei Konstantfahrt im
Bereich höchster Wirkungsgrade zu betreiben. Aus diesem Grunde werden
Schaltgetriebe mit 6 und mehr Gängen entwickelt. Um den Fahrer von den
dann vielen Gangwechseln zu entlasten, werden diese Getriebe
automatisierte Kupplungsbetätigungen und Gangwechsel haben.
Nachteilig bei Automatgetrieben sind die vielen reibschlüssigen
Schaltelemente, von denen in jedem Betriebszustand die meisten offen
sind. Je nach Relativdrehzahl erzeugen diese Schaltelemente
Schleppverluste.
Zum
Anfahren
und
zum
Schalten
ohne
Zugkraftunterbrechung werden in Automatgetrieben heute fast
ausschließlich hydrodynamische Wandler eingesetzt, die nach dem
Anfahren und nach Schaltvorgängen mittels einer Kupplung überbrückt
werden. Die Schaltelemente und der Wandler erfordern eine hydraulische
Druckölversorgung mit einer direkt mit dem V-Motor verbundenen
Ölpumpe. Die Antriebsleistung der Ölpumpe und die Verluste in den
Schaltelementen sind hauptsächlich für den schlechteren Wirkungsgrad
der Automatgetriebe im Vergleich zu Handschaltgetrieben verantwortlich.
Heutige Automatgetriebe decken ebenfalls einen zu kleinen
Übersetzungsbereich ab, um den Verbrennungsmotor hinsichtlich
Kraftstoffverbrauch optimal zu betreiben. Deshalb arbeitet man an
Konzepten mit 6 und mehr Fahrstufen für den Einsatz in Pkws.
Als Alternative zu Getrieben mit gestuften Übersetzungen gibt es
stufenlose Getriebe. Reibradgetriebe und Umschlingungsgetriebe
ermöglichen schon im Variator selbst Übersetzungsspreizungen zwischen
5 bis 6. Durch mehrfache Nutzung der Variatoren in mehreren Fahrbereichen [4, 5, 6], zum Teil mittels Leistungsverzweigung, lassen sich
Spreizungen bis unendlich (geared neutral) erreichen.
Mit elektrischen und mit hydrostatischen Getrieben sind unendlich große
Stellbereiche auch ohne weitere Zusatzeinrichtungen erreichbar. Sie haben
jedoch niedrigere Wirkungsgrade als mechanische stufenlose Getriebe.
Deshalb verwendet man mechanische Überlagerungsgetriebe zur
Leistungsverzweigung
in
sogenannten
Koppelgetrieben
[1, 2, 9, 12, 13, 14]. Die Antriebsleistung vom V-Motor wird dadurch in eine
Teilleistung aufgeteilt, die rein mechanisch zum Abtrieb übertragen wird,
und eine Teilleistung, die über das stufenlos elektrische oder
hydrostatische Stellgetriebe fließt. Je kleiner die stufenlos übertragene
Teilleistung wird, desto kleiner wird der Stellbereich, den dann das
Koppelgetriebe im Verhältnis zum Stellbereich des Stellgetriebes aufweist.
88
Das TOYOTA-Hybridsystem [1, 2] ist so ein Getriebe, bei dem der
unendlich große Stellbereich des elektrischen Stellgetriebes in einem sehr
einfachen Koppelgetriebe, das nur ein dreiwelliges Planetengetriebe und
keine Schaltelemente aufweist, auf den für einen Pkw-Einsatz nötigen Wert
reduziert wird. Das elektrische Stellgetriebe baut jedoch noch relativ groß.
Die Antriebswelle dieses TOYOTA-Getriebes ist ohne Schaltelement mit
dem V-Motor verbunden und treibt die Stegwelle eines Planetengetriebes.
An der Hohlradwelle des Planetengetriebes hängt eine erste, große
elektrische Maschine und an der Sonnenradwelle eine zweite, kleine
elektrische Maschine des Stellgetriebes. Die Leistungssteuerung ist noch
mit einer Batterie als Energiespeicher verbunden. Beim Anfahren treibt die
große E-Maschine zuerst alleine mit Energie aus dem Speicher den
Abtrieb. Der Verbrennungsmotor steht dabei still. Erst ab einer bestimmten
Geschwindigkeit wird über die kleine E-Maschine der Verbrennungsmotor
beschleunigt und gestartet. Ab diesem Betriebszustand wird das Fahrzeug
leistungsverzweigt weiter beschleunigt. Über die kleine E-Maschine und
Energie aus dem Speicher kann auch bei stehendem Abtrieb der V-Motor
beschleunigt und gestartet werden. Aus diesem Betriebszustand (gearedneutral) heraus wird dann das Fahrzeug leistungsverzweigt angefahren. Je
nach Ladezustand des Speichers ist die eine oder andere Anfahrstrategie
zu bevorzugen. Beim leistungverzweigten Fahren kann über den Speicher
und das Stellgetriebe kurzzeitig zusätzlich Leistung zum Fahren
bereitgestellt werden, oder auch der Speicher geladen werden. Auch beim
Bremsen kann man mit einem Teil der kinetischen Fahrzeugenergie den
Speicher laden. Durch die Rekuperation der Bremsenergie wird gerade in
instationären Fahrzyklen der Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs noch
wesentlich gesenkt. Im Stadtverkehr hat TOYOTA sehr niedrige
Kraftstoffverbräuche gemessen.
Der wesentliche Nachteil des Getriebes nach [1, 2] ist die sehr große
zweite E-Maschine auf der Getriebeabtriebswelle, die das volle
Anfahrdrehmoment bereitstellen muß. Um die gleiche Fahrdynamik wie mit
einem Fahrzeug mit Handschaltgetriebe zu erreichen, muß diese große
E-Maschine ein kurzzeitiges Anfahrdrehmoment (z.B. Tabmax=700 Nm)
erreichen, das dem Maximalmoment des V-Motors (z.B. Tanmax=200 Nm)
multipliziert mit der Übersetzung des 1. Ganges (z.B. i1=3,5) des
Handschaltgetriebes entspricht. Aus diesem Grunde ist das TOYOTA
Hybridsystem in dieser Form nicht für leistungsstarke Fahrzeuge geeignet.
Aus der Analyse der Vor- und Nachteile des Standes der Technik ergeben
sich folgende Anforderungen an ein neuartiges Fahrzeuggetriebe. Um
einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen, soll der wesentliche
Leistungsanteil wie in Stufengetrieben mechanisch über wenige Zahnräder
und Schaltelemente geleitet werden. Bei jeder Übersetzung sollen auch
nur wenige Zahnräder und Schaltelemente ohne Last geschleppt mitlaufen.
89
Trotzdem soll das Getriebe einen unendlich großen Übersetzungsbereich
stufenlos abdecken. Denn nur dann kann die Antriebswelle des Getriebes
ohne Anfahrelement fest mit dem Verbrennungsmotor verbunden sein.
Das Getriebe soll wie das TOYOTA-System an einen Speicher
angeschlossen sein, mit dessen Energie das Fahrzeug bei stehendem
Verbrennungsmotor angefahren oder der Verbrennungsmotor bei
stehendem Fahrzeug gestartet werden kann. Im Fahr- und Bremsbetrieb
soll der Speicher je nach Ladezustand entladen oder geladen werden
können. Die zu installierende Eckleistung aller nicht mechanischen Bauteile
soll klein sein, damit das Getriebe bei gleichem Leistungsvermögen
hinsichtlich Baugröße, Gewicht und Kosten wettbewerbsfähig ist zu
Automatgetrieben und anderen Stufenlosgetrieben.
Speicher
Steuerung
E2
E1
ab
VM
R
St
S
3-W-PG
Bild 1:
TOYOTA-Hybridsystem (THS)
Steuerung
Speicher
KD BE BH
BO
E2
E1
H
27
VM
39 45
32
-105
-99
5-W-PG
Bild 2:
90
Hybridgetriebe HG 120 mit 5-Wellen-Planetengetriebe
ab
Das Hybridgetriebe HG 120
Im Gegensatz zum TOYOTA-Hybridsystem weist unser Vorschlag für ein
neues Hybridgetriebe ein fünfwelliges Planetengetriebe auf. Die Stegwelle
ist Abtriebswelle des Getriebes. Weiterhin gibt es ein kleines und ein
großes Sonnenrad sowie ein kleines und ein großes Hohlrad. Der Steg
trägt 3 Sätze Planetenräder, von denen jeder 2 miteinander kämmende
Planetenräder umfaßt. Das kleine Planetenrad geht über die gesamte
Breite des Steges und kämmt mit dem kleinen Hohlrad und dem großen
Sonnenrad. Das kleine Sonnenrad und das große Hohlrad kämmen mit
dem großen Planetenrad, das nur halb so breit ist wie das kleine
Planetenrad. Das Planetengetriebe entspricht einem etwas erweiterten
Ravigneaux-Satz.
Bild 3:
Wirkungsgradkennfeld einer permanenterregten
Synchronmaschine
Das kleine Sonnenrad ist mit der E-Maschine E1, das große Sonnenrad mit
der
E-Maschine
E2
fest
verbunden.
In
einer
gestreckten
Getriebeausführung für ein heckgetriebenes Fahrzeug (Bild 2) sitzen die
beiden E-Maschinen koaxial zum Planetengetriebe. Als schlanke
Innenläufermaschinen haben sie ein kleines Massenträgheitsmoment.
Außerdem lassen sich außenliegende Statoren besser kühlen.
91
Die hier vorgesehene Wasserkühlung ist unabhängig vom Kühlkreislauf
des V-Motors, um die Temperatur des Stellgetriebes und seiner
Leistungssteuerung unter 120° C zu halten. Der Kühlkreislauf hat eine
elektrisch getriebene Wasserpumpe mit variabler Drehzahl zur Regelung
der Kühlleistung. Für eine Anwendung in einem Fahrzeug mit einem zu bis
250 Nm starken V-Motor haben beide E-Maschinen ein kurzzeitiges
Spitzendrehmoment von 120 Nm (daher die Bezeichnung HG 120) und
eine Dauerleistung von 20 kW. Für das Stellgetriebe kommen
permanenterregte Synchronmaschinen oder Asynchronmaschinen infrage.
Für die Synchronmaschinen spricht ein hoher Wirkungsgrad, insbesondere
bei Teillast (Bild 3), und eine hohe Kraftdichte. Die Asynchronmaschinen
sind wegen ihrer Robustheit, des hohen Drehvermögens aufgrund der
einfacheren Feldschwächbarkeit und der niedrigeren Herstellkosten
interessant, obwohl sie etwas größer bauen.
Das Getriebe hat eine elektrisch betriebene Ölpumpe zur Zahnrad- und
Lagerschmierung, zur Getriebkühlung und zur Druckversorgung der
Schaltelemente. Bei den hier vorgesehenen vier Schaltelementen ist eine
elektrohydraulische Betätigung energetisch sinnvoller als der Einsatz von
mindestens zwei elektrischen Schaltaktoren.
Betriebs- und Schaltzustände im HG 120
Im HG 120 treibt der Verbrennungsmotor VM ohne Anfahrelement das
große Hohlrad und kann über eine Bremse BE mit dem Gehäuse
verbunden werden. In diesem Betriebszustand Rangieren kann das
Fahrzeug rein elektrisch über beide E-Maschinen unabhängig voneinander
mit betragsmäßig hoher Übersetzung betrieben werden.
Betriebs-/Schaltzustand
nVM/nab
nE2/nab
nE1/nab
nH/nab
Dauerbetrieb
BH = geschlossen
1,943
3,2
-1,539
0
nE1 = 0
1,371
1,866
0
0,607
KD = geschlossen
1
1
1
1
BO = geschlossen
0,572
0
2,154
1,454
BE = geschlossen
0
-1,33
3,69
2,06
Rangierbetrieb
Tabelle 1:
92
Drehzahlverhältnisse in den verschiedenen Betriebs-/
Schaltzuständen
Das kleine Hohlrad H ist über eine Bremse BH mit dem Gehäuse
verbindbar. In dieser Schaltstellung ergibt sich eine feste Übersetzung von
i=nVM/nab=1,94 zwischen V-Motor und Abtrieb und ebenfalls betragsmäßig
hohe Übersetzungen zwischen den E-Maschinen und dem Abtrieb, um
auch mit kleinen E-Maschinen große Abtriebsdrehmomente erzeugen zu
können.
Die Kupplung KD verbindet für einen Direktgang den V-Motor direkt mit der
Abtriebswelle. Das Planetengetriebe läuft mit der Übersetzung i=1 als
unbelasteter Block um. Bis auf Schleppverluste an den Bauteilen und
Verluste in den nur durch Gewichtskräfte belasteten Lagern erfolgt die
Leistungsübertragung in diesem Schaltzustand verlustlos.
Mit der Bremse BO kann für einen Overdrive mit i=0,57 die E-Maschine E2
festgehalten werden.
Über eine weitere Bremse ließe sich auch das kleine Sonnenrad mit der
Maschine E1 festhalten. Dadurch ergäbe sich eine feste UnderdriveÜbersetzung von i=1,37. Da so eine Übersetzung bei konstanter
Geschwindigkeit nur selten gefahren wird, verzichten wir auf dieses Schaltelement. Denn auch die Kupplung KD und die Bremse BO sollen nur
betätigt werden, wenn das Fahrzeug z.B. auf der Autobahn mit nahezu
konstanter Geschwindigkeit gefahren wird. Bei geschlossener KD werden
im Direktgang mit höchstem Wirkungsgrad hohe Geschwindigkeiten und
Beschleunigungen erreicht. Bei geschlossener BO fährt ein Fahrzeug mit
den Daten aus Tabelle 2 im Bereich von 80 km/h bis 130 km/h mit
niedrigen Motordrehzahlen zwischen 1220/min und 1900/min, hohem
Wirkungsgrad und geringem Kraftstoffverbrauch.
Die
stufenlose
Übersetzungsverstellung
zwischen
den
festen
Übersetzungen regelt das elektrische Stellgetriebe so, daß bei den
Schaltungen synchrone Drehzahlen an den Schaltelementen vorliegen.
Das elektrische Getriebe ist mit seinen kleinen E-Maschinen so ausreichend dimensioniert, daß im Hauptfahrbereich alle Betriebszustände
auch ohne Betätigung irgendwelcher Schaltelemente fahrbar sind. Die
Schaltelemente KD und BO dienen also nur zur Entlastung des Stellgetriebes und zur Erhöhung des Wirkungsgrades auf das Niveau von
Handschaltgetrieben bei den zwei oft benutzten Gesamtübersetzungen
(incl. Achsantrieb) von iges=3,5 und iges=2. Bei diesen Übersetzungen dreht
der Verbrennungsmotor mit ca. 3100/min bzw. 1800/min bei einer
Geschwindigkeit von 100 km/h.
Das Zusammenwirken des elektrischen Stellgetriebes mit dem Planetengetriebe und dem V-Motor läßt sich besonders einfach anhand mehrerer
Drehzahl- und Drehmomentendiagramme erläutern. In einem Drehzahlleiterdiagramm gibt es für jede Welle eines Planetengetriebes eine
Drehzahlleiter, auf der nach oben die Drehzahl aufgetragen wird.
93
Der Abstand der Drehzahlleitern wird durch die Standübersetzungen bzw.
Zähnezahlen im Getriebe bestimmt. Jeder Betriebszustand läßt sich durch
eine gerade Linie beschreiben, deren Schnittpunkte mit den Drehzahlleitern den momentanen Drehzahlzustand wiedergibt.
Die Drehmomentverhältnisse werden deutlich, wenn man die Linie des
Betriebszustandes als einen Hebel auffaßt und die Drehmomente an den
Getriebewellen als Kräfte an diesem Hebel. Während bei einem
dreiwelligen Planetengetriebe feste Beziehungen zwischen den Drehmomenten der drei Wellen vorliegen, sind in einem fünfwelligen Planetengetriebe vielfältige Drehmomentverhältnisse möglich. Die folgenden Bilder
verdeutlichen, wie der V-Motor, die E-Maschinen und der Speicher in den
verschiedenen Betriebszuständen zusammenarbeiten.
Um ein Fahrzeug mit dem HG 120 aus dem Stillstand zu beschleunigen,
versuchen zuerst beide E-Maschinen alleine die Abtriebslast zu stützen
und die Beschleunigungsleistung aufzubringen (Bild 4). Eine der beiden
E-Maschinen (z.B. E2) wird dabei über das Fahrpedal lastgeregelt. Die
andere (E1) wird drehzahlgeregelt, und zwar so, daß das große Hohlrad
steht (nH=0/min). Die Übersetzungen sind so gewählt, daß das Getriebe
dann mit nVM/nab ca. 2 läuft und daß die Drehzahlleiter des
Steges=Abtriebswelle ziemlich genau in der Mitte zwischen den Drehzahlleitern der beiden E-Maschinen steht. Das Abtriebsdrehmoment belastet
die E-Maschinen daher nahezu gleichmäßig. Wenn die beiden
E-Maschinen, wie in diesem Beispiel max. jeweils 120 Nm aufbringen,
kann so ein Abtriebsdrehmoment von ca. 240 Nm abgestützt werden. Da
E2 eine positive Drehzahl aufweist, fließt von E2 eine Leistung über das
Planetengetriebe zum Abtrieb. Ein Teil dieser Leistung fließt jedoch über
das kleine Sonnenrad, E1 und die Leistungssteuerung im Kreis wieder E2
zu, solange E1 eine negative Drehzahl hat.
Reicht ein Abtriebsdrehmoment von 240 Nm zum Anfahren nicht aus, so
wird das bereits stehende große Hohlrad H mit der Bremse BH ans
Gehäuse gekoppelt (Bild 5). Für BH wäre somit auch ein formschlüssiges
Schaltelement geeignet. Nun kann hier ebenfalls ein Drehmoment abgestützt und E1 entlastet werden. Sobald die Bremse BH Moment
überträgt, wird auch E1 lastgeregelt, da nun beide E-Maschinen
unabhängig voneinander arbeiten. Je mehr E1 entlastet wird, desto mehr
Last übernimmt BH, bis sich bei E1 das Drehmoment sogar umkehrt
(Bild 6). Dann treiben beide E-Maschinen den Abtrieb. Mit BH als
Abstützpunkt des Hebels erzeugen die je 120 Nm der E-Maschinen das
max. erforderliche Abtriebsdrehmoment von ca. 600 Nm. Das reicht sicher
zum Beschleunigen des Fahrzeuges und des V-Motors. Sobald der VMotor seine Mindestdrehzahl erreicht, wird er gestartet (Bild 7). Nach der
Fahrpedalstellung gibt er ein bestimmtes Drehmoment ab.
94
Um den V-Motor möglichst ruckfrei zuzuschalten, werden mit dem
Drehmomentaufbau des V-Motors die Momente in den E-Maschinen
reduziert, und zwar hauptsächlich an E1.
Bei TE1=TE2=0Nm werden beide E-Maschinen geschleppt. Das Fahrzeug
fährt rein verbrennungsmotorisch mit einer Übersetzung von ca. 2. So kann
z.B. bei einer längeren Paßfahrt das elektrische Getriebe entlastet werden
und nur noch bei kurzzeitigen Lastspitzen als „Booster” wirken. Das
Moment am Hohlrad H entspricht dann ungefähr dem Motormoment.
Wirkt das Drehmoment TE1 wie in Bild 8 nach oben und das Drehmoment
TE2 nach unten, so wird Welle H immer weiter entlastet. Sobald TH=0Nm
ist, kann die Bremse BH lastfrei geöffnet werden. Sofort wird E1 wieder
drehzahlgeregelt und E2 lastgeregelt. Damit ist der Anfahrvorgang unter
Vollast beendet.
Die häufigen Anfahrvorgänge mit Abtriebsdrehmomenten kleiner 240 Nm
kommen ohne Schaltung von BH aus. Über die beiden E-Maschinen
werden das Fahrzeug und der V-Motor beschleunigt. Nach dem Starten
des V-Motors befindet sich das Getriebe sofort im Zustand Hybrides
Fahren mit Speicherbetrieb (Bild 8) .
Über die Drehzahlregelung von E1 kann nun stufenlos die Übersetzung
eingestellt werden. Dabei fließt von E1 Leistung ins Getriebe zum Abtrieb.
Über die Lastregelung von E2 wird die Lade- oder Entladeleistung der
Batterie eingestellt. Je nach den Erfordernissen kann während der Fahrt
der Speicher geladen werden, oder Speicherleistung als „Booster”
zusätzlich zum V-Motor wirken. Der maximale „Booster”-Effekt hängt von
den momentan möglichen Vollastdrehmomenten der beiden E-Maschinen
ab, die mit den Maschinendrehzahlen abnehmen. Bei mittleren
Übersetzungen um i=1 kann über alle o.a. Antriebe zusammen ein
Abtriebsdrehmoment erzeugt werden wie bei einem konventionellen
Fahrzeug mit einem über 400 Nm starken V-Motor. Wenn die Summe der
Leistungen beider E-Maschinen und der elektrischen Verlustleistung Null
ist, wird der Speicher momentan nicht benutzt.
Ein Mindestladezustand in der Batterie darf durch den Fahrbetrieb nicht
unterschritten werden, um ausreichend Energie für andere Verbraucher
und für einen Notstart zu haben. Sollte beim Anfahren der Speicher einmal
fast leer sein, kann das Getriebe auch in einem geared neutral-Modus
(Bild 10) beschleunigt werden. Dazu wird im Fahrzeugstillstand über E2
drehzahlgeregelt der V-Motor auf seine Leerlaufdrehzahl beschleunigt
und gestartet. E1 wird dabei so drehzahlgeregelt, daß der Abtrieb
stehenbleibt. Sobald das Fahrpedal betätigt wird, wird der Speicher
geladen und das Fahrzeug beschleunigt bis i=2. Danach wird in den
bekannten Hybridmodus umgeschaltet.
95
PE2
TE2
E2
Tab
ab
Pab
E2
PE2
TE2
ab
ab
Pab
Steuerung
VM
H
PE1
TH TE1
nH =0
E1
PE1
Pab
E1
Bild 5: Anfahren mit mittlerer Last
Speicher
12000/min
10000/min
8000/min
6000/min
4000/min
2000/min
0/min
-2000/min
-4000/min
-6000/min
n
E2
PE2
Steuerung
Speicher
E1
Pab
BE BH
PSp.
PSp..
PE1
TE1
nH =0
H
E1
PE1
Speicher
PSp..
Steuerung
VM
E2
PE2
Steuerung
Bild 4: Anfahren mit kleiner Last
12000/min
10000/min
8000/min
6000/min
4000/min
2000/min
0/min
-2000/min
-4000/min
-6000/min
n
PSp.
H
BE BH
Speicher
H
96
PE2
TE2
E2
Pab
TH
Tab
ab
n
PE2
PVM
Pab
E1
Pab
PE1
TE1
nH =0
PE1
Bild 7: Anfahren mit 3 Antrieben
H
E1
TH
Tab
ab
Steuerung
VM
TE2 TVM
E2
Speicher
12000/min
10000/min
8000/min
6000/min
4000/min
2000/min
0/min
-2000/min
-4000/min
-6000/min
Pvm
E2
PE2
Steuerung
Speicher
TE1
E1
Pab
BE BH
PSp.
PSp.
PE1
nH =0
H
E1
PE1
Speicher
PSp.
Steuerung
VM
E2
PE2
Steuerung
Bild 6: Anfahren mit hoher Last
12000/min
10000/min
8000/min
6000/min
4000/min
2000/min
0/min
-2000/min
-4000/min
-6000/min
n
PSp.
H
BE BH
Speicher
H
97
PE2
TE2
E2
ab
Tab
Pab
Speicher
H
E1
PSp..
Steuerung
VM
E2
PE2
Steuerung
PE1
TE1
PE1
E1
Pab
Bild 8: Hybrides Fahren mit Speicherbetrieb
12000/min
10000/min
8000/min
6000/min
4000/min
2000/min
0/min
-2000/min
-4000/min
-6000/min
n
BE BH
Speicher
H
PSp.
12000/min
10000/min
8000/min
6000/min
4000/min
2000/min
0/min
-2000/min
-4000/min
-6000/min
PVM
PVM
Tab
ab
Pab
Speicher
PSp.
Steuerung
VM
TVM
PE2
TE2
E2
E2
PE2
H
E1
Pab
E1
TE1
PE1
PE1
Steuerung
Bild 9: Elektrisches Bremsen
n
PSp.
BE BH
Speicher
H
98
n
PE2
PVM
E1
H
nab =0
Tab
ab
Pab =0
E2
PE2
TE2
Steuerung
Tab
ab
nvm =0
VM
Pab
H
E1
PE1
TE1
Bild 11: Rangieren vorwärts/rückwärts
Speicher
12000/min
10000/min
8000/min
6000/min
4000/min
2000/min
0/min
-2000/min
-4000/min
-6000/min
n
E2
Steuerung
Speicher
E1
Pab =0
BE BH
PSp.
PSp..
PE1
TE1
PE1
Speicher
PSp..
Steuerung
VM
TE2 TVM
E2
E2
PE2
Steuerung
Bild 10: Anfahren aus geared-neutral
12000/min
10000/min
8000/min
6000/min
4000/min
2000/min
0/min
-2000/min
-4000/min
-6000/min
PVM
PSp.
H
BE BH
Speicher
H
99
E1
Pab
Beim elektrischen Bremsen (Bild 9) hängt das maximale elektrische
Bremsmoment von den Vollastmomenten beider E-Maschinen als Funktion
ihrer Drehzahlen bzw. der Abtriebsdrehzahl und der Getriebeübersetzung
ab. Zum Bremsen wird über das Bremspedal ein Lastwert (z.B. 30%) für
die lastgeregelte E2 vorgegeben. E1 wird auch beim Bremsen
drehzahlgeregelt, so daß mit Abnahme der Fahrgeschwindigkeit die
Übersetzung bis auf maximal i=2 ansteigt. Da über das Bremspedal auch
immer die mechanische Bremse mitbetätigt wird, kann auch bei kleinen
Bremsmomenten nur ein Teil der Fahrzeugenergie rekuperiert werden.
Sobald eine ABS- oder EPS-Regelung aktiviert wird, wird die elektrische
Bremskomponente deaktiviert.
Zum Rückwärtsfahren schaltet das Getriebe in einen Rangiermodus
(Bild 11), bei dem zuerst der V-Motor stillgesetzt wird. Wie beim
elektrischen Anfahren wird nun E2 lastgeregelt und E1 drehzahlgeregelt,
aber so, daß nVM=0/min bleibt. Wenn auch in diesem Betriebszustand
höhere Abtriebsdrehmomente gefordert werden, als über E1 und E2 allein
abstützbar sind, dann wird die Bremse BE geschlossen, so daß ähnliche
Hebel wie bei nH=0/min vorliegen.
Bild 12: Maximale elektrische Bremsmomente am Abtrieb des
Hybridgetriebes
100
Erkennt die Regelung beim hybriden Fahren, daß das Fahrzeug mit
nahezu konstanter Übersetzung im Bereich von i=1 oder i=0.57 gefahren
wird, so wird bei diesen Übersetzungen durch Schließen der Elemente KD
oder BO das Stellgetriebe überbrückt. Da diese Schaltungen im
Synchronpunkt erfolgen und nicht zeitkritisch sind, werden dafür
formschlüssige Schaltelemente eingesetzt. Auch für die Bremsen BH und
BE wären Formschlußelemente möglich. Da jedoch zumindest BH
drehmomentabhängig schnell geschlossen werden muß, bietet eine
reibschlüssige Bremse BH eine höhere Funktionssicherheit.
Tabelle 2 gibt noch eine Übersicht über die einzelnen Betriebszustände.
Betriebsmodus
E-Maschine
Tab
Elektrisches
Welle H
E1
E2
klein
drehzahlgeregelt
lastgeregelt
geschleppt
BH auf
hoch
lastgeregelt
lastgeregelt
geschleppt
BH zu
hoch
lastgeregelt
lastgeregelt
lastgeregelt
BH zu
ca. -2 TVM
geschleppt
geschleppt
lastgeregelt
BH zu
drehzahlgeregelt
lastgeregelt
lastgeregelt
BH auf
klein
drehzahlgeregelt
lastgeregelt
lastgeregelt
BH auf
f(nab,nan)
drehzahlgeregelt
lastgeregelt
geschleppt
BH auf
klein
drehzahlgeregelt
lastgeregelt
BE auf
BH auf
hoch
lastgeregelt
lastgeregelt
BE zu
BH auf
Anfahren
Hybrides Fahren
V-Motor
mit i = i1 ca. 2
Hybrides Fahren
i1 > i > imin
Geared neutral Anfahren i > i1
Elektrisch
Bremsen
Rangieren
Tabelle 2:
Übersicht über die Betriebszustände im Hybridgetriebe
HG 120
101
=
P
Parken
Elektrisch
entriegelte,
federbelastete
mechanische
Parksperre
Abtriebswelle
wirkend
auf
=
Rangieren
Rangieren vorwärts
und
Rangieren
rückwärts in einer
Fahrschalterebene.
Rangieren rückwärts
hat Vorrang.
N
=
Neutral
Beide E-Maschinen
lastfrei,
alle
Schaltelemente
offen
D
=
Fahrbetrieb
Elektrisches
Anfahren + hybrides
Fahren mit adaptiver
Drehzahlregelung.
Rr
Rv
Anfahren mit geared
neutral wird über
den
Ladezustand
des
Speichers
automatisch
erkannt.
Schaltung von KD
und BO wird über
Bewertung
des
Fahrzustandes
automatisch
erkannt.
Tabelle 3:
Fahrschalter für das Hybridgetriebe HG 120
Der Fahrschalter für das HG 120 hat 5 Positionen in 4 Ebenen (Tabelle 3).
Im Rangiermodus geht der Fahrschalter vorrangig in Position Rangieren
rückwärts (Rr). Rangieren vorwärts (Rv) muß besonders aktiviert werden.
102
In diesem rein elektrischen Fahrbetrieb kann das Fahrzeug
Geschwindigkeiten bis ca. 100 km/h erreichen. Im Dauerbetrieb erkennt
die Regelung über den Ladezustand des Speichers, in welchem Modus
angefahren werden soll und wann feste Übersetzungen zu schalten sind.
Regelung des Hybridgetriebes und Simulation des
Betriebsverhaltens
Wie heute bereits von Automatgetrieben bekannt, erhält das
Hybridgetriebe eine adaptive Regelung. Die Zuordnung der Solldrehzahl
des V-Motors zur Fahrgeschwindigkeit hängt dabei vom momentanen
Streckenprofil und der Fahrweise des Fahrers (Geschwindigkeitsprofil) ab.
Aus Fahrgeschwindigkeit, Beschleunigung und Steigung wird in einem
Beobachtungszeitfenster ein mittlerer Dynamikleistungswert bestimmt. Das
Beobachtungsfenster ist geschwindigkeitsabhängig und beträgt im
Stadtverkehr mit max. Geschwindigkeiten bis 70 km/h nur einige
Sekunden. Je höher die Geschwindigkeit außerstädtisch ist, desto größer
wird das Beobachtungsfenster, um das Regelverhalten nicht zu schnell zu
verändern.
Die mittlere Dynamikleistung wird zum Leistungsbedarf für die momentane,
als konstant angenommene Fahrgeschwindigkeit addiert. Über die
Minimalverbrauchskennlinie ergibt sich so eine Solldrehzahl für den
V-Motor.
Der Dynamikwert hat nicht nur Einfluß auf die Regelkennlinie
Solldrehzahl/Fahrgeschwindigkeit, sondern er beeinflußt auch die
zulässigen Übersetzungsgradienten. Bei einem hohen Dynamikanspruch
soll die Motordrehzahl bei einer Lastforderung durch Erhöhung der
Übersetzung schnell steigen können, sie soll aber bei Lastrücknahme nicht
durch Übersetzungsverringerung zu schnell sinken. Im Gegensatz dazu
verlangt
eine
kraftstoffsparende
Fahrweise
eine
schnelle
Drehzahlabnahme, wann immer die Last dies zuläßt, und eine etwas
langsamere Drehzahlsteigerung bei Lasterhöhung. Die zulässigen
Drehzahlgradienten hängen dabei nicht nur vom Dynamikwert ab, sondern
auch noch von der Fahrgeschwindigkeit und der momentanen
Übersetzung. Mit steigender Fahrgeschwindigkeit und fallender
Übersetzung nehmen alle Gradienten ab.
Um Fahrern, die bisher gestufte Getriebe gewohnt sind, ein bekanntes
Fahrgefühl zu vermitteln, soll eine mit der Fahrzeuggeschwindigkeit
progressiv steigende Mindestdrehzahl des V-Motors nicht unterschritten
werden. Später können auch andere, noch mehr auf Kraftstoffsparen
orientierte CVT-Regelungen verwendet werden. Durch den Hybridaufbau
mit Energiespeicher sind sogar getaktete Betriebsweisen möglich, bei
103
denen der V-Motor nur im
Speicherbetrieb immer aktiv ist.
Bestpunkt
betrieben
wird
und
der
Aus den o.a. Algorithmen erhält man die Solldrehzahl des V-Motors und
mit
der
Fahrgeschwindigkeit
auch
die
Sollübersetzung
des
Hybridgetriebes. Solange iSoll>1,943 ist, bleibt das Getriebe im
Anfahrmodus. Dieser wird auch erst verlassen, wenn die Abtriebslast so
weit reduziert ist, daß die Bremse BH lastfrei geöffnet werden kann. Mit
den Drehzahlen beider E-Maschinen sind alle Drehzahlen im Getriebe
eindeutig bestimmbar. Eine Solldrehzahl des V-Motors definiert somit bei
einer bestimmten Fahrzeuggeschwindigkeit die Solldrehzahl der
drehzahlgeregelten E-Maschine.
Der Drehmomentzustand in einem 5-Wellen-Planetengetriebe wird durch 3
Drehmomente eindeutig bestimmt. Kennt man somit die Momente beider
E-Maschinen und das Moment an Welle H, sind auch alle anderen
Drehmomente eindeutig definiert. Die Momente im Stellgetriebe liegen
über eine Strommessung in der Leistungssteuerung vor. Da Welle H nur
bei geschlossener Bremse BH ein Drehmoment führen kann, reicht hier als
Drehmomentsensor ein Kraftsensor am gehäusefesten Teil von BH aus.
Somit kann sich die Regelung stetig ein Bild vom V-Motorkennfeld machen,
die Fahrpedalstellung als Sollantriebsdrehmoment interpretieren und je
nach Betriebszustand das Sollmoment der drehmomentgeregelten
E-Maschine bestimmen.
Bild 13: Ladezustand des Speichers beim Fahren des US-City-Zyklusses
mit dem Sportmotor bei Regelung auf Fahrdynamik mit und ohne
BSP
104
Um mit einem Mittelklassefahrzeug innerstädtisch noch eine Strecke von
20 km rein elektrisch fahren zu können, reicht eine Batteriekapazität von 2
bis 2,5 kWh aus. Möchte man nur den Rangierbetrieb rein elektrisch
abdecken, so reicht für einen Startvorgang unter Extrembedingung und für
einen effektiven Bremsbetrieb eine Speicherkapazität von max. 1 kWh aus.
Bei jedem elektrischen Anfahren, jedem „Booster”-Betrieb und durch
weitere elektrische Verbraucher wird die Batterie entladen. Sinkt der
Ladezustand z.B. unter 60%, wird im Hybridmodus die Batterie geladen.
Somit bleibt immer eine ausreichende Kapazität für einen plötzlich
größeren rein elektrischen Leistungsbedarf. Sinkt der Ladezustand
trotzdem einmal unter 30%, fährt das Fahrzeug nur im geared neutralModus an, bis wieder ein Ladezustand von min. 50% erreicht ist. Steigt der
Ladezustand durch Bremsrekuperation über z.B. 75%, wird auch im
Hybridbetrieb aus der Batterie Leistung entnommen, um immer freie
Kapazität für anfallende Bremsenergie zu haben. In den bekannten
genormten Fahrzyklen treten speicherbare Bremsenergien und rein
elektrische Beschleunigungsenergien von max. 100 Wh pro Bremsung
bzw. Beschleunigung auf. Somit bleibt der Ladezustand der Batterie
zwischen 55% und 80%. Bild 13 verdeutlicht den Verlauf des
Ladezustandes beim Fahren eines Stadtzyklusses. Bei Ladezuständen
unterhalb von Wspmin wird der Speicher auch im Zugbetrieb bei
laufendem V-Motor geladen. Oberhalb von Wspmax wird der Speicher
auch im Zugbetrieb entladen.
Simulation des Betriebsverhaltens
In den letzten Jahren haben wir an der TU Chemnitz ein
Simulationsprogramm entwickelt, mit dem wir das Betriebsverhalten eines
Getriebes in jedem Fahrzeug in Verbindung mit jedem Motor beim Fahren
beliebiger Strecken bis ins Detail beschreiben können. Gemessene oder
gerechnete Wirkungsgradkennfelder jeder Antriebskomponente können
dabei ebenso berücksichtigt werden wie die Dynamik aller Teilsysteme. Die
Erfahrung zeigt, daß erst bei einem sehr hohen Aufwand zur Berechnung
des Leistungsbedarfes und der Wirkungsgrade im Teillastbereich und einer
genauen Abbildung der Regelung einigermaßen mit Versuchsergebnissen
übereinstimmende Kraftstoffverbräuche berechnet werden können.
Im Rahmen dieses Beitrags war das Ziel der Simulationen, den
unterschiedlichen Einfluß des Verbrennungsmotors, der Getrieberegelung
und der Bremsenergierückgewinnung auf den Kraftstoffverbrauch zu
gewichten. Dazu wurde in der Simulation ein Fahrzeug mit einer fahrbereiten Masse von 1545 kg einmal mit einem direkteinspritzenden 81 kW
Turbodieselmotor oder mit einem 150 kW Sportwagenmotor über den
US-City-Zyklus und den US-Highway-Zyklus geschickt.
105
Tabelle 4:
106
=
=
=
Zusatzmasse Batterie (1 kWh)
dyn. Reifenhalbmesser
Luftwiderstandsfläche
3
7,7
27,8
TE2 eff. [Nm]
100,0
TE1 eff. [Nm]
rel. Verbrauch [%]
25,1
TE2 eff. [Nm]
4,57
21,0
Verbr. [L/100 km]
100,0
TE1 eff. [Nm]
Kraftstoffverbräuche beim simulierten Fahren mit
verschiedenen V-Motoren auf unterschiedlichen Strecken
31,3
7,8
97,6
4,46
25,1
21,0
100,0
5,90
31,4
9,3
93,2
4,26
27,4
25,2
86,9
5,13
42,1
9,5
92,3
4,22
30,1
25,0
82,7
4,88
MVK
mit BSP
MVK minus Dynamikleistung
keine BSP
rel. Verbrauch [%]
Regelung entlang
Bremsenergiespeicherung
21,0
8,7
100,0
7,48
27,3
21,0
100,0
9,13
33,6
8,0
90,8
6,79
30,9
21,2
97,1
8,87
33,7
9,5
86,6
6,48
31,0
25,6
81,5
7,44
56,8
11,5
86,6
6,48
37,4
24,2
76,7
7,00
MVK
mit BSP
MVK minus Dynamikleistung
keine BSP
0,45
7300/min
6000/min
iAchs
0,45
3,491
3,497
nabmax
imin
236 km/h
191 km/h
Vmax
ρ(Kraftstoff)
730 kg/m
3
830 kg/m
247 g/kWh
198 g/kWh
Tmax
bemin
150 kW bei 6000/min
245 Nm bei 4500/min
81 kW bei 4150/min
2
235 Nm bei 1900/min
0,63 m
299 mm
30 kg
30 kg
1475 kg
Pmax
5,90
US-HighwayZyklus
0,822°
=
0,692°
=
Fahrzeugmasse
Zusatzmasse Leistungssteuerung
US-City-Zyklus Verbr. [L/100 km]
stufenlose
Betriebsweise
des Getriebes
Motor:
Fahrzeugdaten:
Mit 235 Nm bzw. 245 Nm liefern beide V-Motoren annähernd das gleiche
Spitzendrehmoment. Die spezifischen Bestverbräuche liegen jedoch mit
198 g/kWh und 247 g/kWh weit auseinander. Für beide Motoren sind
Kraftstoffverbrauchskennfelder veröffentlicht.
Bild 14: Häufigkeitsverteilung der Speicherleistung beim Fahren des USCity-Zyklusses mit dem Sportmotor bei Regelung auf Fahrdynamik
mit und ohne BSP
Ebenso gibt es für Fahrzeuge mit beiden Motoren veröffentlichte
Verbrauchsmessungen, um die Simulationsergebnisse vergleichen zu
können. Bei dieser Simulation wurde der Ladezustand der Batterie in
engeren Grenzen gehalten. Die trotzdem verbliebene Energiedifferenz von
wenigen Wh wurde mit dem mittleren spez. Kraftstoffverbrauch im Zyklus
in zusätzlichen Kraftstoffverbrauch umgerechnet.
Tabelle 4 faßt die Simulationsergebnisse zusammen. Der jeweilige
Bezugsverbrauch von 100% ergibt sich beim Fahren mit dem stufenlosen
Hybridgetriebe und einer minimalen Übersetzung, bei der das Fahrzeug
seine Höchstgeschwindigkeit erreicht. Die Motordrehzahl wird dabei so
geregelt, daß von der Minimalverbrauchskennlinie ein Abstand mit der im
Regelzeitfenster ermittelten Dynamikleistung gehalten wird. Außerdem wird
die Bremsenergie noch nicht rekuperiert.
107
Bild 15: Auslastung des Hybridantriebes mit Dieselmotor im US-CityZyklus mit BSP bei Regelung entlang der
Minimalverbrauchskennlinie MVK
108
Bild 16: Auslastung des Hybridantriebes mit Sportmotor im US-City-Zyklus
mit BSP bei Regelung entlang der MVK minus Dynamikleistung
109
Mit dem Sportmotor stellt sich in der Stadt ein Verbrauch von
9,13 L/100 km ein und mit dem Dieselmotor einer von 5,9 L/100 km. Auch
diese Rechnungen zeigen, daß der Verbrennungsmotor nach wie vor den
größten Einfluß auf den Kraftstoffverbrauch hat. Mit einem gestuften
Getriebe wäre der Verbrauch des Dieselfahrzeugs um 0,2 L/100 km und
der der Sportwagen um 0,4 L/100 km höher. Dies resultiert aus dem
Energiebedarf für die häufig zu beschleunigenden Antriebsdrehmassen
und der etwas schlechteren Kennfeldausnutzung.
Eine Vergrößerung des Overdrivebereiches bringt beim Dieselmotor in der
Stadt auch bei stufenloser Übersetzungsänderung fast nichts, weil eine auf
Fahrbarkeit ausgelegte Regelung extremen Overdrive nur kurz zuläßt wie
die Häufigkeitsverteilung der Getriebeübersetzung zeigt. Beim Sportwagen
mit seiner höheren Drive-Übersetzung bringt der große Overdrive noch
eine Kraftstoffeinsparung von 0,26 L/100 km.
Erst die Bremsenergiespeicherung (BSP) führt in beiden Fahrzeugen im
Stadtzyklus zu einer wesentlichen Kraftstoffeinsparung von 0,77 L/100 km
beim Dieselfahrzeug bzw. 1,69 l/100 km beim Sportwagen im Vergleich
zum Fahren ohne Overdrive. Die Häufigkeitsverteilung der Batterieleistung
(Bild 14) verdeutlicht die selbst bei Bremsenergienutzung (BSP) geringe
mittlere Belastung der elektrischen Komponenten. Ohne BSP wird der
Speicher im verbrennungsmotorischen Betrieb geladen, um bei jedem
Anfahren belastet werden zu können.
Regelt man den V-Motor entlang der MVK, kann der Verbrauch in der Stadt
noch weiter gesenkt werden. Dies beeinträchtigt die Fahrbarkeit eines
Fahrzeugs mit einem Hybridgetriebe kaum, weil der Hybridantrieb durch
seine „Booster”-Möglichkeit einen Beschleunigungswunsch des Fahrers
sofort umsetzen kann.
Im US-Highway-Zyklus erreicht das Dieselfahrzeug mit einem gut gestuften
Schaltgetriebe ähnlich gute Verbrauchswerte wie mit einem stufenlosem
Getriebe mit geringerem Wirkungsgrad und ohne extreme CVT-Regelung.
Ein großer Overdrive spart hier 0,1 L/100 km. Da in diesem Zyklus weniger
gebremst wird, kann selbst mit Bremsenergiespeicherung nur ein weiterer
Verbrauchsvorteil von 0,2 L/100km erreicht werden. Da die
Dynamikanforderungen in diesem Zyklus gering sind, wird der V-Motor
immer entlang der MVK geregelt. Beim Sportwagen bewirkt schon der
lange Overdrive eine Verbrauchssenkung von ca. 0,7 L/100km. Durch
Bremsenergiespeicherung kann die Einsparung sogar auf 1 L/100km
gesteigert werden.
Die Bilder 15 und 16 verdeutlichen die Auslastungen der E-Maschinen und
des V-Motors beim Fahren des US-City-Zyklusses. Man erkennt deutlich
die Teillastigkeit des Betriebes und wie sehr die Regelung bemüht ist, den
V-Motor im Bereich niedriger Kraftstoffverbräuche zu halten.
110
Kreise kennzeichnen die Betriebspunkte im Zugbetrieb, Kreuze solche im
Schubbetrieb. Die Bilder verdeutlichen auch den Unterschied zwischen
einer Regelung in Hinblick auf eine gute dynamische Fahrbarkeit des
Fahrzeugs (Bild 15) und einer CVT-Regelung entlang der Minimalverbrauchskennlinie (Bild 16).
Ein getakteter V-Motorbetrieb immer nur im Bestpunkt des Kennfeldes
würde den Verbrauch noch weiter reduzieren, aber den Speicher extrem
belasten. Gleiches gilt für eine Betriebsweise, bei der beim Anfahren
möglichst lange rein elektrisch gefahren wird, um dann im verbrennungsmotorischen Betrieb bei höherem Motorwirkungsgrad den Speicher wieder
zu laden.
Tabelle 4 nennt noch die effektiven Belastungen des Stellgetriebes in den
einzelnen Fahrzyklen und Regelungen. Ein höherer Overdrive-Anteil und
die Regelung entlang der MVK belasten hauptsächlich die E-Maschine 2
zusätzlich. Die höhere Driveübersetzung des Sportwagen führt wegen des
höheren Overdrive-Anteils deshalb zu einer höheren Belastung des
Stellgetriebes. Bremsenergiespeicherung belastet hauptsächlich die
E-Maschine 1 zusätzlich. Bei Bedarf liefert das Simulationsprogramm
detailliert alle Belastungen jedes Getriebeelementes.
Zusammenfassung
Beim TOYOTA Hybridsystem und dem hier vorgestellten Hybridgetriebe
HG120 ist eine weitgehende Systemintegration des elektrischen Antriebes
in einen überwiegend verbrennungsmotorischen Antriebsstrang gelungen.
Beide Systeme kommen mit einer sehr einfachen Mechanik aus, weil hier
das hohe Drehmoment zum Anfahren und Beschleunigen nicht wie bei
bekannten Antrieben über mechanische Übersetzungen aufgebaut wird,
sondern über eine Addition von Drehmomenten aus dem V-Motor und 2
E-Maschinen. Da solche Betriebszustände in Pkws immer nur kurze Zeit
dauern und kleine Energiebeträge erfordern, reicht dafür eine noch relativ
kleine Batterie als Energiespeicher aus. Das 5-Wellen-Planetengetriebe
des HG 120 erlaubt überdies mehrere feste Übersetzungen. Zum einen
kann damit das Fahrzeug auch eine längere Strecke mit hohem
Drehmoment ohne Belastung des elektrischen Zweiges fahren. Zum
anderen kann auch auf der Landstraße oder der Autobahn bei
Konstantfahrt das Stellgetriebe überbrückt werden. Dadurch steigt der
Wirkungsgrad und die thermische Belastung des elektrischen Zweiges
sinkt.
Als Mehraufwand gegenüber einem Standardantrieb sind bei den
Hybridgetrieben die Leistungssteuerung, die Batterie und die zusätzliche
Wasserkühlung des elektrischen Stellgetriebes mit ca. 150 W max.
111
Pumpenleistung zu nennen. Die Leistungssteuerung versorgt neben dem
elektrischen Stellgetriebe das Bordnetz mit sehr stabilen Spannungen und
vielleicht zukünftig verschiedenen Spannungsniveaus. Die gegenüber dem
Standardantrieb größere Batterie bringt den wesentlichen Zusatznutzen
der Bremsenergierekuperation. Über den elektrischen Zweig ist außerdem
jederzeit ein „Booster”-Effekt möglich, als ob das Fahrzeug über einen
wesentlich größeren V-Motor verfügen würde. Gegenüber bekannten
Elektrofahrzeugen ist die Batterie jedoch relativ klein, weil auf eine große
elektrisch fahrbare Reichweite bewußt verzichtet wird. Auch bei niedrigem
Ladezustand der Batterie läßt sich das Fahrzeug in einem geared neutral Modus ohne weitere Batteriebelastung anfahren.
Gegenüber dem Standardantrieb entfallen Starter (Anlasser) und
Generator (Lichtmaschine). Ohne Lichtmaschine wird der Aggregatetrieb
des V-Motors wesentlich entlastet und das Motorpackaging erleichtert.
Über das elektrische Stellgetriebe läßt sich der V-Motor komfortabler
starten als über einen Anlasser. Da die zusätzlichen Komponenten
schwerer sind als die entfallenden, wurde in den Simulationsrechnungen
von einem Mehrgewicht von 70 kg gegenüber einem Fahrzeug mit
Automatgetriebe ausgegangen.
Das HG120 hat ein sehr kompakt bauendes 5-Wellen-Planetengetriebe mit
drei jeweils im Stillstand zu schaltenden Bremsen und einer Kupplung. Bei
diesem Getriebe sind keine Wechselschaltungen mit zwei beteiligten
Schaltelementen nötig, sondern nur Einfachschaltungen, um ein bereits auf
Drehzahl 0 oder Synchrondrehzahl geregeltes Getriebeelement mit dem
Gegenteil zu verbinden. Eine elektrisch angetriebene Ölpumpe versorgt die
Schmierung und die Schaltaktoren mit Druck. Der Wirkungsgrad dieser
Mechanik allein liegt über dem von Handschaltgetrieben.
Die E-Maschinen des elektrischen Stellgetriebes liegen koaxial zum
Planetengetriebe und sind wegen ihrer Spitzendrehzahlen von 11000/min
(E1) und 8000/min (E2) schlank ausgeführt. Für diesen Fahrzeugeinsatz
sind sowohl permanenterregte Synchronmaschinen, als auch Asynchronmaschinen geeigent. Wegen des hohen mechanischen Leistungsanteiles
und
der
festen
Übersetzungen
mit
rein
mechanischer
Leistungsübertragung erreicht das Hybridgetriebe trotz des elektrischen
Zweiges Spitzenwirkungsgrade auf dem Niveau von Automatgetrieben.
Der große Stellbereich des Hybridgetriebes ermöglicht den optimalen
Betrieb des V-Motors. Der in den Simulationen errechnete
Kraftstoffverbrauchsvorteil ergibt sich jedoch bei einem schon sparsamen
Dieselfahrzeug hauptsächlich aus der Bremsenergienutzung. Bei einem
sportlichen Ottomotor überwiegt im instationären Betrieb der Effekt der
Bremsenergienutzung und in fast stationären Zyklen der Effekt der großen
Übersetzungsspreizung.
112
Nur durch einen in allen Details optimierten Verbrennungsmotor und ein
Getriebe, daß diesen Motor optimal zur Geltung bringt, Energie verlustarm
und stufenlos wandelt und speichern kann, sind wirklich sparsame
Fahrzeuge darstellbar. Automatisierte Fahrzeuggetriebe mit elektrischer
Regelung => Hybridgetriebe bieten dafür interessante Alternativen.
113
Literatur
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Toyota Motor Corporation (1997)
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Gesamtsystems. VDI-Berichte 1225 (1995), 9 ... 26
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den Autarken Hybrid. VDI-Berichte 1175 (1995), 621 ... 636
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VDI-Berichte 1225 (1995), 27 ... 44
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[11] R. Busch: Entwicklung und Realisierung einer vollautomatischen Betriebsstrategie für
einen leistungsorientierten Hybridantrieb. Diss. RWTH Aachen (1996)
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VDI-Berichte 1346 (1997), 83 ... 114
[13] P. Tenberge, W. Hofmann: Mechanisch elektrische Fahrzeuggetriebe im Vergleich.
VDI-Berichte 1393 (1998), 551 ... 578
[14] P. Tenberge, W. Hofmann: Elektromechanisches Hybridgetriebe.
VDI-Berichte 1459 (1999), 307 ...330
[15] K. Greubel, J. Brandes: Systemvergleich Synchron-/Asynchronantrieb
Elektroautos. VDI-Berichte 1225 (1995), 179 ... 200
114
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E- Maschinen im Antriebsstrang: Fachvortraege